Ausschüttungspolitik personenbezogener Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung der Einführung des Halbeinkünfterverfahrens
©2002
Diplomarbeit
93 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Gewinnverwendung einer Kapitalgesellschaft ist mit den unterschiedlichsten steuerlichen Konsequenzen verbunden. Diese sind unter anderem von der Art der Gewinnverwendung abhängig. Die Thesaurierung des Gewinns löst z. B. andere steuerliche Folgen aus als die Ausschüttung des Gewinns mit anschließender Anlage außerhalb der Gesellschaft. Die Aufgabe der Ausschüttungspolitik ist es nun, die für den Anteilseigner optimale Gewinnverwendungsalternative zu ermitteln und diese dann anzuwenden. Mit dem Steuersenkungsgesetz ist es zu einem Systemwechsel bei der Besteuerung juristischer Personen gekommen. An die Stelle des bisherigen Anrechnungsverfahrens ist das Halbeinkünfteverfahren getreten. Die Anrechnung der Körperschaftsteuer ist im neuen System nicht mehr möglich, stattdessen muss der Anteilseigner zusätzlich zur definitiven Körperschaftsteuer die Dividende zur Hälfte der Einkommensteuer unterwerfen. Durch diesen Systemwechsel ändert sich grundlegend die Besteuerung der Gewinnverwendung.
Gang der Untersuchung:
Gegenstand dieser Arbeit ist es nun, diese Änderungen darzustellen und zu untersuchen, ob der Systemwechsel eine Änderung der Ausschüttungspolitik personenbezogener Kapitalgesellschaften notwendig macht und welche Konsequenzen durch eine eventuell geänderte Gewinnverwendung entstehen. Dazu sollen in einem ersten Kapitel die Ausschüttungspolitik einer Kapitalgesellschaft und ihre Determinanten grundlegend erläutert werden. Danach folgt in einem weiteren Kapitel ein Überblick über die neuen gesetzlichen Regelungen. Hierbei wird auch kurz auf die in der Literatur geäußerte Kritik am Halbeinkünfteverfahren und die mit seiner Einführung verbundenen praktischen Probleme eingegangen. Im letzten Kapitel erfolgt dann eine genaue Untersuchung der sich durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ergebenden Konsequenzen. Ziel dieser Untersuchung soll es sein, zu Aussagen über die optimale Ausschüttungspolitik nach Einführung des neuen System zu gelangen.
Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisIII
AbkürzungsverzeichnisVI
Abkürzungsverzeichnis für ZeitschriftenVII
AbbildungsverzeichnisVIII
1.Problemstellung1
2.Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und unvollkommenen Märkten2
2.1Theoretische Fundierung der Ausschüttungspolitik2
2.1.1Bedingungen für die Irrelevanz der Ausschüttungspolitik2
2.1.2Bedingungen für die Relevanz der Ausschüttungspolitik6
2.2Nichtsteuerliche […]
Die Gewinnverwendung einer Kapitalgesellschaft ist mit den unterschiedlichsten steuerlichen Konsequenzen verbunden. Diese sind unter anderem von der Art der Gewinnverwendung abhängig. Die Thesaurierung des Gewinns löst z. B. andere steuerliche Folgen aus als die Ausschüttung des Gewinns mit anschließender Anlage außerhalb der Gesellschaft. Die Aufgabe der Ausschüttungspolitik ist es nun, die für den Anteilseigner optimale Gewinnverwendungsalternative zu ermitteln und diese dann anzuwenden. Mit dem Steuersenkungsgesetz ist es zu einem Systemwechsel bei der Besteuerung juristischer Personen gekommen. An die Stelle des bisherigen Anrechnungsverfahrens ist das Halbeinkünfteverfahren getreten. Die Anrechnung der Körperschaftsteuer ist im neuen System nicht mehr möglich, stattdessen muss der Anteilseigner zusätzlich zur definitiven Körperschaftsteuer die Dividende zur Hälfte der Einkommensteuer unterwerfen. Durch diesen Systemwechsel ändert sich grundlegend die Besteuerung der Gewinnverwendung.
Gang der Untersuchung:
Gegenstand dieser Arbeit ist es nun, diese Änderungen darzustellen und zu untersuchen, ob der Systemwechsel eine Änderung der Ausschüttungspolitik personenbezogener Kapitalgesellschaften notwendig macht und welche Konsequenzen durch eine eventuell geänderte Gewinnverwendung entstehen. Dazu sollen in einem ersten Kapitel die Ausschüttungspolitik einer Kapitalgesellschaft und ihre Determinanten grundlegend erläutert werden. Danach folgt in einem weiteren Kapitel ein Überblick über die neuen gesetzlichen Regelungen. Hierbei wird auch kurz auf die in der Literatur geäußerte Kritik am Halbeinkünfteverfahren und die mit seiner Einführung verbundenen praktischen Probleme eingegangen. Im letzten Kapitel erfolgt dann eine genaue Untersuchung der sich durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ergebenden Konsequenzen. Ziel dieser Untersuchung soll es sein, zu Aussagen über die optimale Ausschüttungspolitik nach Einführung des neuen System zu gelangen.
Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisIII
AbkürzungsverzeichnisVI
Abkürzungsverzeichnis für ZeitschriftenVII
AbbildungsverzeichnisVIII
1.Problemstellung1
2.Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und unvollkommenen Märkten2
2.1Theoretische Fundierung der Ausschüttungspolitik2
2.1.1Bedingungen für die Irrelevanz der Ausschüttungspolitik2
2.1.2Bedingungen für die Relevanz der Ausschüttungspolitik6
2.2Nichtsteuerliche […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 5373
Hermann, Jörn: Ausschüttungspolitik personenbezogener Kapitalgesellschaften unter
Berücksichtigung der Einführung des Halbeinkünfterverfahrens / Jörn Hermann - Hamburg:
Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Bochum, Universität, Diplom, 2002
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Inhaltsverzeichnis
III
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
...III
Abkürzungsverzeichnis
... VI
Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften
... VII
Abbildungsverzeichnis
... VIII
1
Problemstellung
...1
2
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen
und unvollkommenen Märkten
...2
2.1
Theoretische Fundierung der Ausschüttungspolitik
...2
2.1.1
Bedingungen für die Irrelevanz der Ausschüttungspolitik
.2
2.1.2
Bedingungen für die Relevanz der Ausschüttungspolitik
..6
2.2
Nichtsteuerliche Einflussfaktoren auf die Ausschüttungs-
politik
...8
2.2.1
Konsumpräferenzen der Anteilseigner
...8
2.2.2
Interne und externe Renditen
... 11
2.3
Auswirkungen der Besteuerung auf die Ausschüttungspolitik
12
2.3.1
Unterschiedliche steuerliche Behandlung von
Thesaurierung und Ausschüttung
... 12
2.3.2
Kapitalgewinnbesteuerung
... 14
2.4 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten der Ausschüttungs-
politik und andere Gewinnausschüttungsformen
... 16
2.4.1
,,Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren" versus ,,Leg-ein-hol-
zurück-Verfahren"
... 16
2.4.2
Weitere Sonderformen
... 19
3
Die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens: Darstellung,
Probleme und Kritik
... 22
3.1
Der Übergang vom Anrechnungsverfahren zum
Halbeinkünfteverfahren
... 22
3.1.1
Begründung für die Einführung des Halbeinkünfte-
verfahrens
... 22
IV
3.1.2
Rechtliche Darstellung des Halbeinkünfteverfahrens
... 23
3.2
Theoretische Kritik an der Einführung des Halbeinkünfte-
verfahrens
... 26
3.2.1
Die Tarifspreizung und ihre Folgen
... 26
3.2.2
Europatauglichkeit erreicht?
... 29
3.3
Übergangsprobleme
... 31
3.3.1
Die Verwendungsreihenfolge der Eigenkapitalpositionen
bei Ausschüttungen während des Übergangszeitraums
. 31
3.3.2
Körperschaftsteuererhöhung bei verspätet abfließender
Gewinnausschüttung
... 33
4
Quantifizierung der Auswirkungen des Halbeinkünfteverfahrens auf
die Ausschüttungspolitik personenbezogener Kapitalgesell-
schaften
... 35
4.1
Methoden zur Feststellung betrieblicher Steuerbelastungen
. 35
4.1.1
Traditionelle Verfahren
... 35
4.1.2
Die Teilsteuerrechnung
... 36
4.2
Die Belastung der Gewinnverwendung durch das Halbein-
künfeverfahren im Vergleich zum Anrechnungsverfahren
... 39
4.2.1
Gesellschafter benötigen Gewinn zu Konsumzwecken in
der Gegenwart
... 39
4.2.2
Gesellschafter benötigen Gewinn erst zu einem späteren
Zeitpunkt
... 44
4.3
Macht die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens eine
Änderung der Ausschüttungspolitik notwendig?
... 58
4.3.1
Gründe für eine geänderte Ausschüttungspolitik
... 58
4.3.2
Gründe für die Beibehaltung der bisherigen Ausschüt-
tungspolitik
... 60
4.4
Berücksichtigung weiterer Aspekte der Ausschüttungspolitik
62
4.4.1
Gestaltungsmöglichkeiten bei noch vorhandenen EK 40
und EK 02-Beständen
... 62
4.4.2
Die Berücksichtigung von Progressionseffekten bei den
Gesellschaftern
... 65
V
4.4.3
Simultane Optimierung von Gewinnausweis und
Gewinnausschüttung
... 69
5
Schlussbetrachtung
... 72
6
Summary
... 73
7
Literaturverzeichnis
... 74
Abkürzungsverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
BGBl
Bundesgesetzblatt
bzw.
beziehungsweise
d. h.
das heißt
EDV
elektronische Datenverarbeitung
EK
Eigenkapital
ESt
Einkommensteuersatz
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische Union
f.
folgende
GewStG
Gewerbesteuergesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg.
Herausgeber
i. S.
im Sinne
i. V. m.
in Verbindung mit
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im
Unternehmensbereich
KStG
Körperschaftsteuergesetz
lt.
laut
Nr.
Nummer
S.
Seite
sog.
sogenannt
StEntlG 1999/2000/2002
Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002
StSenkG
Gesetz zur Senkung der Steuersätze und
zur Reform der Unternehmensbesteuerung
vgl.
vergleiche
VZ
Veranlagungszeitraum
z. B.
zum Beispiel
zzgl.
zuzüglich
Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften
VII
Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften
BB
Betriebsberater
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Pra-
xis
DStR
Deutsches Steuerrecht
FR
Finanzrundschau
GmbHR
GmbH-Rundschau
JoB
Journal of Business
JoPE
Journal of Political Economy
RoES
Review of Economics and Statistics
StuB
Steuern und Bilanzen
StuW
Steuer und Wirtschaft
WPg
Die Wirtschaftsprüfung
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
Abbildungsverzeichnis
VIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Konsumpräferenzen bei vollkommenem Kapitalmarkt
...9
Abbildung 2: Konsumpräferenzen bei nicht-vollkommenem Kapital-
markt
... 10
Abbildung 3: Grundstruktur der Teilsteuerrechnung
... 37
Abbildung 4: Endvermögen bei Thesaurierung, i
Kap
=7% ...
48
Abbildung 5: Endvermögen bei Thesaurierung, i
Kap
=10%
... 49
Abbildung 6: Endvermögen bei Thesaurierung, i
Kap
=7%
... 50
Abbildung 7: Vergleich von Ausschüttung und Thesaurierung im
H
Halbeinkünfteverfahren, i
Kap
=i
ex
=7%, ESt 20%
... 54
Abbildung 8: Vergleich von Ausschüttung und Thesaurierung im
H
Halbeinkünfteverfahren, i
Kap
=i
ex
=7%, ESt 40%
... 54
Problemstellung
1
1 Problemstellung
Die Gewinnverwendung einer Kapitalgesellschaft ist mit den unter-
schiedlichsten steuerlichen Konsequenzen verbunden. Diese sind unter
anderem von der Art der Gewinnverwendung abhängig. Die Thesaurie-
rung des Gewinns löst z. B. andere steuerliche Folgen aus als die Aus-
schüttung des Gewinns mit anschließender Anlage außerhalb der Ge-
sellschaft. Die Aufgabe der Ausschüttungspolitik ist es nun, die für den
Anteilseigner optimale Gewinnverwendungsalternative zu ermitteln und
diese dann anzuwenden. Mit dem Steuersenkungsgesetz
1
ist es zu ei-
nem Systemwechsel bei der Besteuerung juristischer Personen ge-
kommen. An die Stelle des bisherigen Anrechnungsverfahrens ist das
Halbeinkünfteverfahren getreten. Die Anrechnung der Körperschaft-
steuer ist im neuen System nicht mehr möglich, stattdessen muss der
Anteilseigner zusätzlich zur definitiven Körperschaftsteuer die Dividen-
de zur Hälfte der Einkommensteuer unterwerfen. Durch diesen Sys-
temwechsel ändert sich grundlegend die Besteuerung der Gewinnver-
wendung.
Gegenstand dieser Arbeit ist es nun, diese Änderungen darzustellen
und zu untersuchen, ob der Systemwechsel eine Änderung der Aus-
schüttungspolitik personenbezogener Kapitalgesellschaften notwendig
macht und welche Konsequenzen durch eine eventuell geänderte Ge-
winnverwendung entstehen. Dazu sollen in einem ersten Kapitel die
Ausschüttungspolitik einer Kapitalgesellschaft und ihre Determinanten
grundlegend erläutert werden. Danach folgt in einem weiteren Kapitel
ein Überblick über die neuen gesetzlichen Regelungen. Hierbei wird
auch kurz auf die in der Literatur geäußerte Kritik am Halbeinkünfte-
verfahren und die mit seiner Einführung verbundenen praktischen
Probleme eingegangen. Im letzten Kapitel erfolgt dann eine genaue
Untersuchung der sich durch die Einführung des Halbeinkünfteverfah-
rens ergebenden Konsequenzen. Ziel dieser Untersuchung soll es sein,
zu Aussagen über die optimale Ausschüttungspolitik nach Einführung
des neuen System zu gelangen.
1
Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteue-
rung, vom 23.10.2000, BGBl 2000 I, 1433, 1452.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
2
2 Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinan-
ten in vollkommenen und unvollkommenen
Märkten
2.1 Theoretische Fundierung der Ausschüttungspolitik
2.1.1 Bedingungen für die Irrelevanz der Ausschüttungspoli-
tik
In der Literatur finden sich die verschiedensten Definitionen für den
Begriff der Ausschüttungspolitik. Dirrigl und Wagner zum Beispiel ver-
stehen unter Ausschüttungspolitik ,,die zielgerichtete Gestaltung des
Zahlungsstroms zwischen einer Gesellschaft und ihren Anteilseignern
[ ... ],
soweit sich die Zahlungen bilanziell als eine Verminderung des
Eigenkapitals niederschlagen"
2
. Die Verwendung des Begriffs ,,Gestal-
tung" legt nahe, dass die Ausschüttungspolitik für Unternehmen und
Anteilseigner nicht bedeutungslos ist und eine genaue Planung des an-
gesprochenen Zahlungsstroms durchaus sinnvoll erscheint. Die Auto-
ren gehen in diesem Zusammenhang jedoch von unvollkommenen
Märkten, wie sie in der Realität vorherrschen, aus.
Unter den Prämissen vollkommener Märkte, Sicherheit und dem ratio-
nalen Verhalten aller Marktteilnehmer sowie der Außerachtlassung jeg-
licher steuerlicher Konsequenzen bei Ausschüttung bzw. Thesaurierung
zeigen Miller und Modigliani jedoch, dass die Ausschüttungspolitik ei-
nes Unternehmens irrelevant für den Anteilswert ist
3
. Zudem wird vor-
ausgesetzt, dass das Unternehmen das optimale Investitionsprogramm
realisiert
4
. Um das Irrelevanztheorem kurz darstellen zu können, ist es
sinnvoll etwas genauer zu erläutern, was Miller und Modigliani unter
den gesetzten Prämissen verstehen.
Ein vollkommener Kapitalmarkt macht es den Marktteilnehmern unmög-
lich, durch den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren jeglichen Einfluss
2
Dirrigl, Hans/Wagner, Franz W. (1993): Ausschüttungspolitik unter Berücksichtigung
der Besteuerung, in: Gebhardt, Jürgen/Gerke, Wolfgang/Steiner, Manfred (Hrsg.):
Handbuch des Finanzmanagements: Instrumente und Märkte der Unternehmensfi-
nanzierung, München 1993, S. 262-285, hier: S. 262.
3
Vgl. Miller, Merton H./Modigliani, Franco (1961): Dividend Policy, Growth and the
Valuation of Shares, in: JoB 1961, Vol. 34, S. 411-433.
4
Zum optimalen Investitionsprogramm vgl. grundlegend z. B. Hirshleifer, J. (1958): On
the Theory of Optimal Investment Decision, in: JoPE 1958, Vol. 66, S. 329-352, hier:
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
3
auf den Preis des Wertpapiers auszuüben
5
. Alle Marktteilnehmer sind
Preisnehmer. Für keinen Akteur auf dem Markt bestehen Transaktions-
kosten. Sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf von Wertpapieren und
bei der Informationsbeschaffung entstehen keine Kosten. Rationales
Verhalten aller Marktteilnehmer bedeutet in diesem Zusammenhang,
dass jeglicher Marktteilnehmer ein größeres Vermögen einem geringe-
ren vorzieht und dass er hierbei indifferent zwischen einer Dividenden-
zahlung oder einer Wertsteigerung seines Anteils ist
6
. Durch die Prä-
misse der Sicherheit ist zudem gewährleistet, dass zukünftige Investiti-
onen und Gewinne der Unternehmen den Marktteilnehmern bekannt
sind und dass diese mit Sicherheit auch eintreten
7
.
Die Autoren stützen ihre Untersuchung auf das sogenannte ,,funda-
mentale Bewertungsprinzip", das auf Grund der obengenannten Prä-
missen immer Gültigkeit besitzen muss
8
.
(1)
Die Rendite r
j
=r muss unter den gemachten Annahmen für jede Unter-
nehmung erfüllt sein. Sollten die Aktien einer Gesellschaft eine geringe-
re Rendite als die Aktien anderer Unternehmen aufweisen, so werden
die Anleger diese verkaufen und im Gegenzug Anteile mit einer höhe-
ren Rendite erwerben. Dadurch gibt der Kurs der geringer rentierlichen
Aktie nach und der Kurs der anderen Aktien steigt bedingt durch die
größere Nachfrage. Dieser Prozess endet im Renditegleichgewicht.
Löst man Gleichung (1) nach dem Kurs der Aktie in t
0
auf, so erhält man
S. 329-333; Drukarczyk, Jochen (1993): Theorie und Politik der Finanzierung, 2. Auf-
lage, München 1993, S. 38-40.
5
Vgl. Miller, Merton H./Modigliani, Franco (1961), S. 412.
6
Vgl. ebenda.
7
Vgl. ebenda.
8
Die Darstellung des Irrelevanztheorems erfolgt in Anlehnung an König, Rolf Jürgen
(1990): Ausschüttungsverhalten von Aktiengesellschaften, Besteuerung und Kapital-
marktgleichgewicht, Hamburg 1990.
0
0
1
1
j
j
j
j
j
P
P
P
D
r
-
+
=
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
4
(2)
.
Mit n
0
wird im folgenden die Anzahl der Aktien der betrachteten Unter-
nehmung im Zeitpunkt t
0
bezeichnet. Aus Vereinfachungsgründen sei
auf den Indize j verzichtet. Der Gesamtwert aller Anteile ist dann
(3)
.
Und die Summe der Dividenden auf die einzelnen Aktien am Ende von
t
0
ist gegeben durch
(4)
.
Werden zu Beginn der Periode t
1
neue Aktien (m
1
) zum Ex-Dividende-
Kurs P
1
emittiert, so ergibt sich folgender Zusammenhang:
(5)
.
Durch Multiplikation der Gleichung (2) mit n
0
erhält man:
(6)
Nach Umformung folgt daraus
(7)
.
Hier kann man nun die einzelnen Bestimmungsfaktoren des gegenwär-
tigen Gesamtwerts der Anteile erkennen. Miller und Modigliani nehmen
weiterhin an, dass die Unternehmung ein optimales Investitionsvolumen
realisiert, das sich an den Interessen der Anteilseigner orientiert. Die
r
P
D
P
j
j
j
+
+
=
1
1
1
0
0
0
0
P
n
W
·
=
1
0
1
D
n
DIV
·
=
1
0
1
m
n
n
+
=
(
)
1
0
1
1
0
0
0
1
1
P
n
D
n
r
P
n
·
+
·
·
+
=
·
(
)
1
1
1
0
1
1
P
m
W
DIV
r
W
·
-
+
·
+
=
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
5
geplante Investition in t
1
sei mit INV
1
bezeichnet und der in der Vorperi-
ode erwirtschaftete Gewinn mit GEW
1
. Für den Fall, dass der Gewinn
zur Finanzierung der Investition nicht ausreichend groß ist, gehen Miller
und Modigliani davon aus, dass die fehlenden Mittel über eine Kapital-
erhöhung aufgebracht werden
9
. Daraus ergibt sich:
(8)
Setz man diese Gleichung in die vorherige ein, so erhält man:
(9)
Es wird deutlich, dass sich die Dividende nun aus der Gleichung her-
auskürzt. Der Gesamtwert der Anteile ist also unabhängig von der ak-
tuellen Gesamtdividende DIV
1.
Bei Durchführung dieses Beweises für
die Folgeperioden stellt sich heraus, dass der entsprechende Gesamt-
wert der Anteile wiederum unabhängig von der dann erfolgten Aus-
schüttung ist.
Unter den genannten Annahmen ist die Ausschüttungspolitik also irre-
levant für den Anteilswert. Die Entscheidung zwischen Ausschüttung
und Thesaurierung hat keinen Einfluss auf das Vermögen des Anteils-
eigners. Dies beruht letztlich auf der durch den vollkommenen Kapital-
markt identischen in- und externen Rendite
10
. Interne und externe An-
lagen sind also gleichwertig. In diesem speziellen Fall kann daher ei-
9
Vgl. Miller, Merton H./Modigliani, Franco (1961), S. 413.
10
Vgl. z. B. Dirrigl, Hans/Wagner, Franz W. (1993), S. 267 f.; Gordon, Myron J.
(1962): The Savings Investment and Valuation of a Corporation, in: RoES 1962, Vol.
44, S. 37-51.
(
)
1
1
1
1
1
DIV
GEW
INV
P
m
-
-
=
·
(
)
(
)
(
)
(
)
).
(
1
1
1
1
1
1
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
GEW
INV
W
r
W
DIV
GEW
INV
W
DIV
r
W
DIV
GEW
INV
W
DIV
r
W
+
-
·
+
=
-
+
-
+
·
+
=
-
-
-
+
·
+
=
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
6
gentlich nicht von einer Ausschüttungspolitik sui generis gesprochen
werden
11
.
In der Realität herrschen diese idealtypischen Verhältnisse jedoch nicht
vor. Es besteht zum Beispiel Unsicherheit in Bezug auf den Erfolg des
Investitionsprogramms und die Marktteilnehmer müssen zur Anbah-
nung und zum Abschluss von Verträgen Transaktionskosten tragen und
Steuern auf Dividenden entrichten. Was daraus für die Ausschüttungs-
politik folgt, soll im nun folgenden Abschnitt dargestellt werden.
2.1.2 Bedingungen für die Relevanz der Auss-
chüttungspolitik
In nicht-vollkommenen Kapitalmärkten ist die Ausschüttungspolitik von
verschiedensten Einflussfaktoren abhängig, die alle aus der Unvoll-
kommenheit der Kapitalmärkte resultieren. Das Irrelevanztheorem von
Miller und Modigliani hat unter diesen Bedingungen keine Gültigkeit
mehr.
An dieser Stelle sollen nur einige Einflussfaktoren auf die Ausschüt-
tungspolitik in unvollkommenen Märkten genannt werden
12
:
- Steuerliche Folgen der Thesaurierung, Ausschüttung und Wie-
dereinlage
- Steuerliche Folgen der Anteilsveräußerung
- Innerhalb und außerhalb der Unternehmung erzielbare Renditen
- Planungshorizont der Anteilseigner
- Konsumpräferenzen der Anteilseigner
Diese Einflussfaktoren müssen zur Erreichung des Ausschüttungsziels
beachtet werden. Dabei ist das Ziel der Gewinnverwendung abhängig
von der Art der Ausschüttungspolitik, die in der Unternehmung verfolgt
wird. Zwei verschiedene Zielsetzungen sind denkbar
13
:
11
Vgl. Dirrigl, Hans/Wagner, Franz W. (1993), S. 268.
12
Vgl. z. B. ebenda; Swoboda, Peter (1967): Einflüsse der Besteuerung auf die Auss-
chüttungs- und Investitionspolitik von Kapitalgesellschaften, in ZfB 1967, S. 1-16, hier:
S. 7.
13
Vgl. z. B. Dirrigl, Hans/Wagner, Franz W. (1993), S. 266-268; die selben (1980): Die
Steuerplanung der Unternehmung, Stuttgart 1980, S. 296 und S. 299.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
7
1. Die firmenbezogene Ausschüttungspolitik
Sie kann als erhaltensorientierte Ausschüttungspolitik bezeichnet
werden, die den Fortbestand der Unternehmung zum Ziel hat.
Besonders vorteilhaft ist diese Ausschüttungspolitik für diejeni-
gen, deren Einkommenserzielung vom Fortbestand der Unter-
nehmung abhängig ist. Dies können Angestellte oder das Mana-
gement sein, oder aber auch Anteilseigner, die keine anderweiti-
gen Einkunftsquellen besitzen.
2. Die anteilseignerbezogene Ausschüttungspolitik
Im Mittelpunkt dieser Ausschüttungspolitik steht die Vermögens-
maximierung des Anteilseigners. Sein Vermögen besteht in die-
sem Fall aus der Summe der Ausschüttungen und dem nach
Ausschüttung verbleibenden Anteilswert. Weiterhin wird ange-
nommen, dass die Gesellschafter Einfluss auf die Gewinnver-
wendung nehmen können.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird immer von einer anteilseignerbe-
zogenen Ausschüttungspolitik ausgegangen.
Da diese Arbeit die Ausschüttungspolitik personenbezogener Kapital-
gesellschaften zum Inhalt hat, kann auf die Darstellung von Einfluss-
faktoren auf die Ausschüttungspolitik, die auf Informationsasymmetrien
zwischen Anteilseignern und Geschäftsleitung beruhen ( sog. Signal-
ling) verzichtet werden
14
. Bei personenbezogenen Kapitalgesellschaf-
ten kann davon ausgegangen werden, dass die Anteilseigner selbst in
die Geschäftsführung mit einbezogen sind oder aber in engem Kontakt
zu dieser stehen. So sollte das Entstehen von Informationsasymmetrien
verhindert werden.
In welcher Weise sich die genannten anderen Faktoren auf die Aus-
schüttungspolitik auswirken, soll nun in den nächsten Abschnitten dar-
gestellt werden. Dabei wird zuerst auf die nicht steuerlichen Faktoren
eingegangen und danach folgt die Behandlung der steuerlich bedingten
Auswirkungen auf die Ausschüttungspolitik.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
8
2.2 Nichtsteuerliche Einflussfaktoren auf die Ausschüt-
tungspolitik
2.2.1 Konsumpräferenzen der Anteilseigner
Um zeigen zu können, wie sich die Konsumpräferenzen der Anteilseig-
ner auf die Ausschüttungspolitik bei unvollkommenen Märkten auswir-
ken, muss zuerst wieder das Modell des vollkommenen Kapitalmarkts
bemüht werden. Hier sind nun die folgenden Merkmale des vollkom-
menen Kapitalmarkts von besonderer Bedeutung
15
:
- Es existieren weder Transaktionskosten noch Steuern.
- Auf dem Kapitalmarkt gibt es nur einen einzigen Zins i, zu dem
sowohl Geld angelegt als auch Kredit aufgenommen werden
können.
- Bei Kapitalgebern und Unternehmen herrschen die gleichen Er-
wartungen bezüglich der finanziellen Wirkungen eines Investiti-
onsprojekts vor.
Bei diesen idealtypischen Bedingungen kann die Entscheidung über die
Investition bzw. Ausschüttung unabhängig von den Konsumpräferenzen
der Anteilseigner getroffen werden ( sog. Fisher-Seperation). Dies soll
anhand von Abbildung 1 verdeutlicht werden.
14
Zum Signalling vgl. grundlegend Spence, Michael (1973): Job market signalling, in:
QJoE, Vol. 87, S. 355-375.
15
Vgl. Franke, Günter/Hax, Herbert (1999): Finanzwirtschaft des Unternehmens und
Kapitalmarkt, 4. Auflage, Berlin/Heidelberg 1990, S. 153.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
9
Abbildung 1
16
: Konsumpräferenzen bei vollkommenem Kapitalmarkt
Die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen werden durch die Kurve
PP´ gekennzeichnet. Auf ihr befinden sich alle für die Unternehmung
möglichen Investitionsobjekte, die in beliebig kleinen Einheiten realisiert
werden können (unendliche Teilbarkeit). Diese Projekte sind nach fal-
lenden internen Zinsfüßen angeordnet
17
. Das optimale Investitionspro-
gramm wird in Punkt I* erreicht. Hier stimmen der interne Zinsfuß der
zuletzt getätigten Investition und der Kapitalmarktzins überein. Die In-
vestitionen werden durch den erwirtschafteten Gewinn und bei zu ge-
ringem Gewinn zusätzlich durch Kapitalerhöhung finanziert (vgl. Gliede-
rungspunkt 2.1.1). Für einen Anleger, der den durch die Indifferenzkur-
ve I
1
gegebenen Konsumplan verwirklichen möchte, ist I* suboptimal. Er
kann jedoch seinen optimalen Konsumplan erreichen, indem er sich in
der Periode t
1
mit einem Betrag von RC
1
zum einheitlichen Zinssatz i
verschuldet. Auf diese Weise kann der Investor auch den Konsumplan
C verwirklichen, dessen Marktwert mit dem Marktwert von I* (0Z) iden-
tisch ist
18
.
Somit ist die Investitions- und Ausschüttungsentscheidung unabhängig
von den Konsumpräferenzen des Anteilseigners. Jeder Investor kann
mit Hilfe des Kapitalmarkts seine individuellen Konsumwünsche unab-
hängig vom Investitionsprogramm der Unternehmung realisieren.
16
Aus: Drukarczyk, Jochen (1993), S. 36.
17
Vgl. ebenda, S. 35.
18
Vgl. ebenda, S. 36 f.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
10
Bei nicht-vollkommenen Kapitalmärkten existieren jedoch unterschiedli-
che Zinssätze für die Geldaufnahme und anlage. Welche Konsequen-
zen daraus folgen, wird durch Abbildung 2 deutlich.
Abbildung 2
19
: Konsumpräferenzen bei unvollkommenem Kapitalmarkt
C
A
bzw. C
B
stellen hier die Konsumpräferenzen der Investoren A und B
dar. Für Investor A ist das Investitionsprogramm I* optimal zur Errei-
chung des Punktes C
A
. Hingegen ist das Investitionsprogramm I** opti-
mal für Anleger B. Hier stimmen der interne Zinssatz der zuletzt getä-
tigten Investition und der Zinssatz für den Kredit i
V
überein. Die optima-
len Investitionsprogramme resultieren also aus den für die jeweiligen
Konsumpläne relevanten Zinssätzen. Investor B muss zur Realisierung
seines Konsumplans einen Kredit zum Zinssatz i
V
aufnehmen, Investor
A legt hingegen Geld zum Zinssatz i
A
an. Die Unternehmung kann so-
mit unter den Bedingungen des unvollkommenen Kapitalmarkts kein für
alle Anleger optimales Investitionsprogramm realisieren. Somit sind die
Voraussetzungen für das Irrelevanztheorem der Ausschüttung nicht
mehr gegeben. Eine Ausschüttungsplanung ist also nötig, um die Ziele
der Anteilseigner zu realisieren.
19
Aus: Drukarczyk, Jochen (1993), S. 39.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
11
2.2.2 Interne und externe Renditen
Wie im vorherigen Gliederungspunkt dargestellt wurde, existieren auf
unvollkommenen Kapitalmärkten unterschiedliche Zinssätze für die
Geldaufnahme und die Geldanlage. Aber auch im Bereich der Geldan-
lage werden in diesen Märkten regelmäßig unterschiedliche Renditen
erzielt. Unterstellt man auch hier wieder die anteilseignerbezogene
Ausschüttungspolitik, stellt sich die Frage, ob die in der Kapitalgesell-
schaft erwirtschafteten Gewinne innerhalb oder außerhalb der Unter-
nehmung eine bessere Verzinsung erfahren
20
.
Diese Frage kann mit Hilfe des Kapitalwertkalküls beantwortet werden.
Danach sollte eine Thesaurierung der Mittel erfolgen, solange die hier-
mit finanzierten Investitionen einen positiven Kapitalwert aufweisen. Als
Kalkulationszinsfuß dient in diesem Fall, die vom Anteilseigner außer-
halb der Unternehmung erzielbare Rendite. Dementsprechend sollte
eine Ausschüttung der Gewinne erfolgen, wenn auf Unternehmensebe-
ne keine Investitionsmöglichkeiten mehr bestehen, die einen positiven
Kapitalwert besitzen
21
.
Durch die Verwendung des Kapitalwertkalküls erfolgt also eine Gegen-
überstellung der intern und extern erzielbaren Renditen mit dem Ziel,
die erwirtschafteten Gewinne ihrer bestmöglichen Verwendung zuzu-
führen. Hierbei muss beachtet werden, dass die miteinander vergliche-
nen Renditen die gleichen Ertrag/Risiko-Konstellationen besitzen, um
ein Vergleichbarkeit auch gewährleisten zu können. D.h., dass die zu
vergleichenden Investitionsmöglichkeiten alle annähernd mit dem glei-
chen Risiko behaftet sind
22
. Bis jetzt ist aber noch nicht geklärt, wo-
durch auf unvollkommenen Kapitalmärkten die geschilderten unter-
schiedlichen Renditen entstehen. Dies soll nun kurz dargestellt werden.
Die Renditeunterschiede resultieren aus verschiedenen Marktunvoll-
kommenheiten wie z.B. dem Vorhandensein von Transaktionskosten,
20
Vgl. Schneider, Dieter (1993): Selbstfinanzierung als Entscheidungsproblem, in:
WiSt 1993, S. 497-502, hier: S. 499.
21
Vgl. Dirrigl, Hans/Wagner, Franz W. (1993), S. 268 f.
22
Vgl. Franke, Günter/Hax, Herbert (1999), S. 543.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
12
Informationsasymmetrien und Steuern
23
. Angenommen seien identi-
sche Renditen innerhalb und außerhalb der Unternehmung bei Außer-
achtlassung von Transaktionskosten. Verursacht die Ausschüttung des
Gewinns nun Transaktionskosten in Form von Bankgebühren, wird
hierdurch die interne Anlage günstiger. Durch die Thesaurierung kön-
nen in diesem Fall die Transaktionskosten eingespart werden. Zu un-
terschiedlichen Renditen kommt es auf unvollkommenen Märkten vor
allem durch Informationsasymmetrien bei den Marktteilnehmern . Durch
die unterschiedlichen Informationsstände sind die Marktteilnehmer auch
bereit, unterschiedliche Renditen für eine identische Investition zu ak-
zeptieren. Viel gravierender ist jedoch der steuerliche Einfluss auf die
Mittelverwendung, zum Beispiel durch eine unterschiedliche steuerliche
Behandlung von thesaurierten und ausgeschütteten Gewinnen.
Diese steuerlichen Einflüsse auf die Ausschüttungspolitik sollen nun in
den folgenden Gliederungspunkten näher dargestellt werden.
2.3 Auswirkungen der Besteuerung auf die Ausschüt-
tungspolitik
2.3.1
Unterschiedliche steuerliche Behandlung von Thesau-
rierung und Ausschüttung
Bisher wurden nur die nichtsteuerlichen Einflussfaktoren auf die Aus-
schüttungspolitik in unvollkommenen Märkten behandelt. Dabei ist oft
die Besteuerung der dominierende Faktor im Rahmen einer anteilseig-
nerbezogenen Ausschüttungspolitik. In der nun folgenden Beschrei-
bung der steuerlichen Wirkungen auf die Ausschüttungspolitik wird kein
bestimmtes Steuersystem zugrunde gelegt. Vielmehr soll anhand be-
stimmter Steuern beispielhaft dargestellt werden, wie sich die Gewinn-
verwendung aufgrund dieser Steuern verändert, um allgemein die steu-
erlichen Wirkungen auf die Ausschüttungspolitik aufzeigen zu können
24
.
23
Vgl. Moxter, Adolf (1963): Die Bestimmung des optimalen Selbstfinanzierungsgra-
des unter privatwirtschaftlichem Aspekt, in: Fettel, Johannes/Linhardt, Hanns (Hrsg.):
Der Betrieb in der Unternehmung, Festschrift für Wilhelm Rieger, Stuttgart 1963, S.
300-317, hier: S.303 f.
24
Vgl. zu den steuerlichen Einflüssen auf die Ausschüttungspolitik grundlegend Sinn,
Hans-Werner (1987): Capital Income Taxation and Resource Allocation, Amsterdam
1987, S. 91-101.
Die Ausschüttungspolitik und ihre Determinanten in vollkommenen und
unvollkommenen Märkten
13
Die steuerliche Relevanz bei der Gewinnverwendung ist oft auf die
unterschiedliche Besteuerung einbehaltener und ausgeschütteter Ge-
winne zurückzuführen
25
. Diese Besteuerungsunterschiede bestehen
sowohl bei klassischen Körperschaftsteuersystemen als auch beim An-
rechnungsverfahren. Hervorgerufen werden sie durch die jeweils unter-
schiedlichen Tarife in den beiden Besteuerungssphären (natürliche
Personen und Kapitalgesellschaften)
26
. An dieser Stelle soll keines der
genannten Systeme näher untersucht werden, sondern nur die Auswir-
kungen auf die Ausschüttungspolitik anteilseignerbezogener Kapitalge-
sellschaften dargestellt werden, die die unterschiedlich hohe steuerliche
Belastung der jeweiligen Gewinnverwendungsart hervorruft.
Auf den ersten Blick scheint die unterschiedliche Besteuerung keine
großen Probleme im Rahmen der Ausschüttungspolitik zu bereiten. Die
Gewinnverwendung sollte immer so erfolgen, dass die steuerliche Be-
lastung minimiert wird. Dies ist jedoch gar nicht so einfach ist, wie es im
ersten Moment erscheint. Es darf nämlich nicht nur die bei Ausschüt-
tung oder Thesaurierung fällige Steuerzahlung in das Kalkül mit einbe-
zogen werden. Bei einer anteilseignerbezogenen Ausschüttungspolitik
steht die langfristige Vermögensmehrung im Vordergrund. Eine rein
statische Betrachtung allein vermag das Problem nicht zu lösen
27
. Bei
der mehrperiodigen Betrachtung sind dann aber die Erträge, die durch
Investition des erwirtschafteten Gewinns erzielt werden in das Kalkül
mit einzubeziehen. Diese können dann wiederum eine unterschiedliche
steuerliche Belastung erfahren. Zum Bespiel könnte der Gewinn ausge-
schüttet und im Privatvermögen in Zinstiteln angelegt worden sein.
Denkbar wäre dann, dass Zinseinkünfte im Privatvermögen besteuert
werden, wohingegen sie auf Ebene der Kapitalgesellschaft von der Ta-
rifbelastung mit Körperschaftsteuer ausgenommen sind. In diesem Bei-
spiel steht einem anfänglichen Steuervorteil ein späterer Steuernachteil
entgegen. In diesem Zusammenhang ist also auch der Anlagehorizont
des Anteilseigners mit in das Kalkül einzubeziehen, da der Steuervor-
25
Vgl. Dirrigl, Hans/Wagner, Franz W. (1993), S. 272.
26
Vgl. Swoboda, Peter (1967), S. 7.
27
Eine Systematisierung von Konzepten zur Ausschüttungsplanung findet sich bei
Dirrigl, Hans/Schaum, Wolfgang (1989): Ausschüttungsplanung nach der Steuerre-
form 1990, in: ZfB 1989, S. 291-309, hier: S. 292.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Jahr
- 2002
- ISBN (eBook)
- 9783832453732
- ISBN (Paperback)
- 9783838653730
- DOI
- 10.3239/9783832453732
- Dateigröße
- 760 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Ruhr-Universität Bochum – Wirtschaftswissenschaften
- Erscheinungsdatum
- 2002 (April)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- unternehmenssteuerreform