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Effiziente Gestaltung von virtual communities

Eine agenturtheoretische Analyse

©2002 Diplomarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Obwohl die möglichen Auswirkungen des Konzeptes der virtual community auf Wirtschaft und Gesellschaft in den letzten Jahren bereits erkannt und dargelegt wurden, existieren keinerlei Forschungsansätze, in denen die Beziehung zwischen dem Organisator und den Mitgliedern einer virtual community unter Verwendung einer fundierten ökonomischen Theorie analysiert werden. So wird zwar in der Literatur eine mögliche Entlohnung der Mitglieder für die Ausführung der an sie delegierten Tätigkeiten thematisiert; vor welchem theoretischen Hintergrund dies aber geschehen soll, bleibt gleichwohl unklar.
Eine virtuelle Gemeinschaft ist genauso wie ihr realweltliches Pendant auf die aktive Partizipation ihrer Mitglieder angewiesen. Nach Hagel/Armstrong stellen Mitglieder und besonders die von ihnen zur Verfügung gestellten Inhalte einen „einzigartigen Aktivposten“ dar und sind somit ein kritischer Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg einer virtual community.
Die größte Anziehungskraft einer virtuellen Gemeinschaft resultiert in erster Linie aus den Beiträgen der aktiven Mitglieder und erst zweitrangig vom Design der virtual community oder dem redaktionell erstellten Inhalten. „Member participation is seen as a key ingredient in weaving the fabric of a virtual community.“ Der Organisator der virtual community überträgt gewisse Aufgaben an die Mitglieder. Diese Aufgaben umfassen folgende Tätigkeiten: die Veröffentlichung von Erfahrungsberichten und Meinungen, das Anwerben neuer Mitglieder, die Bewertung von Beiträgen anderer Mitglieder, die Ansprache neuer Mitglieder, das „Hosten“ von Chats, und die Verwaltung und Überwachung anderer Mitglieder innerhalb der virtual community.
Je mehr das einzelne Mitglied sein Wissen und seine Erfahrung in Beiträgen publiziert und somit der Gemeinschaft zur Verfügung stellt, desto wertvoller ist es für den Aufbau der virtual community und desto größer wird das Wissen (in) der Gemeinschaft.
Das primäre Ziel des Organisators einer virtual community (VCO) muss somit darauf ausgerichtet sein, die Online-Partizipation der Mitglieder (Sammelbegriff für die Aktivitäten eines Mitgliedes in einer virtual community) zu koordinieren, zu unterstützen und zu fördern, dass die Mitglieder ein kollaboratives Verhalten zeigen, Informationen und Wissen austauschen und weitere Mitglieder akquirieren.
Das Tätigen von Transaktionen durch Mitglieder im Rahmen der virtual community ist eine Tätigkeit, an der der VCO […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5350
Furtner, Stephan Franz: Effiziente Gestaltung von virtual communities: Eine
agenturtheoretische Analyse / Stephan Franz Furtner - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Augsburg, Universität, Diplom, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
iii
Inhaltsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... V
1.
PROBLEMSTELLUNG ... 1
1.1.
Problemstellung der Arbeit... 1
1.2.
Zielsetzung der Arbeit ... 3
1.3.
Vorgehensweise ... 3
2.
VIRTUAL COMMUNITIES ... 5
2.1.
Statische Betrachtung von virtual communities... 5
2.1.1.
aus soziologischer Sichtweise... 8
2.1.1.1.
Konzept der Gemeinschaft... 8
2.1.1.2.
Konzept der Virtualität... 10
2.1.1.3.
Anwendung der Konzepte auf die virtual community ... 12
2.1.2.
aus ökonomischer Sichtweise ... 15
2.1.2.1.
Vorteilhaftigkeit virtueller communities... 15
2.1.2.2.
Elemente einer virtual community ... 19
2.1.3.
Eigene Definition einer virtual community... 21
2.2.
Dynamische Betrachtung von virtual communities ... 22
2.2.1.
Entwicklung von Webseiten zu virtual communities... 22
2.2.2.
Dynamische Kreisläufe in virtual communities ... 25
2.2.3.
Differenzierung unterschiedlicher Mitgliedstypen in virtual communities... 27
3.
AGENTURTHEORIE... 32
3.1.
Eignung der Agenturtheorie für die Beziehung zwischen Organisator und Builder einer
virtual community ... 34
3.2.
Erkenntnisinteresse ... 36
3.3.
Grundannahmen und Konzepte der Agenturtheorie ... 38
3.3.1.
Die vertragliche Beziehung zwischen Prinzipal und Agent... 38
3.3.2.
Eigenschaften der Akteure ... 39
3.3.3.
Agenturkosten als Vorteilhaftigkeitskriterium... 41
3.4.
Hauptaussagen der Agenturtheorie ... 44
3.4.1.
Agenturprobleme ... 44
3.4.1.1.
Adverse selection / hidden information ... 45
3.4.1.2.
Moral hazard / hidden action... 46
3.4.2.
Möglichkeiten zur Disziplinierung des Agenten... 47
3.4.2.1.
Kontrollsysteme ... 48
3.4.2.2.
Informationssysteme ... 49
3.4.2.3.
Anreizsysteme... 50
3.4.2.3.1.
Bemerkungen zum Stand der Forschung... 51
3.4.2.3.2.
Basiselemente eines Anreizsystems ... 55
3.4.2.3.2.1.
Arten von Belohnungen... 56
3.4.2.3.2.2.
Bemessungsgrundlage... 58
3.4.2.3.2.3.
Funktionaler Zusammenhang ... 60

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
iv
4.
ANWENDUNG DER AGENTURTHEORIE AUF DIE
VERTRAGSBEZIEHUNG ZWISCHEN ORGANISATOR UND BUILDER DER
VIRTUAL COMMUNITY ... 61
4.1.
Die Vertragsbeziehung aus agenturtheoretischer Sicht... 61
4.1.1.
Die vertragliche Beziehung zwischen Organisator und Builder einer virtual community ... 61
4.1.2.
Eigenschaften der Akteure ... 63
4.1.3.
Agenturkosten zur Beurteilung des Vertrages zwischen VCO und Builder ... 65
4.2.
Agenturprobleme mit dem Builder ... 66
4.2.1.
bei der Veröffentlichung von Erfahrungsberichten, Meinungen und Wissen ... 67
4.2.2.
bei der Anwerbung neuer Mitglieder ... 68
4.2.3.
bei der Bewertung von Mitgliederbeiträgen... 68
4.2.4.
bei der Ansprache neuer Mitglieder... 68
4.2.5.
beim Hosten von Chats ... 69
4.2.6.
bei der Administration der virtual community... 69
4.3.
Möglichkeiten zur Disziplinierung des Builders ... 70
4.3.1.
Kontrollsysteme ... 70
4.3.2.
Informationssysteme ... 72
4.3.3.
Anreizsysteme... 74
4.4.
Bewertung der Vorteilhaftigkeit der Disziplinierungsmechanismen ... 78
5.
EFFIZIENTE MECHANISMEN ZUR DISZIPLINIERUNG DES BUILDERS
... 80
6.
KRITISCHE WÜRDIGUNG UND AUSBLICK... 82
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... 86
LITERATURVERZEICHNIS... 87

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
v
Abkürzungsverzeichnis
AER
American Economic Review
AJS
American Journal of Sociology
AMJ
Academy of Management Journal
AMR
Academy of Management Review
AR Accounting
Review
ASQ
Administrative Science Quarterly
bspw.
beispielsweise
BJE
Bell Journal of Economics
bzw.
beziehungsweise
CMC
computer-mediated
communication
d.h. das
heißt
Econ.
Econometrica
et al.
et alii (lat: und andere)
etc. et
cetera
f.
folgende Seite
ff. folgende
Seiten
HBR
Harvard Business Review
Hrsg.
Herausgeber
HWO
Handwörterbuch der Organisation
JEP
Journal of Economic Perspectives
Jg. Jahrgang
JITE
Journal of Institutional and Theoretical Economics/
Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft
JLEO
Journal of Law, Economics and Organization
JM
Journal of Management
JoF
The Journal of Finance
JoFE
Journal of Financial Economics
JoLE
Journal of Law and Economics
JPE
Journal of Political Economy
MS Management
Science
Nr. Nummer
S. Seite
url
uniform resource locator
VCO
Organisator der virtual community
vgl.
Vergleiche
Vol.
Volume (engl. für Jahrgang)
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches
Studium
www
world wide web
z.B.
zum Beispiel
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
ZfbF
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
1
1. Problemstellung
1.1. Problemstellung der Arbeit
Obwohl die möglichen Auswirkungen des Konzeptes der virtual community auf
Wirtschaft und Gesellschaft in den letzten Jahren bereits erkannt und dargelegt wurden
1
,
existieren keinerlei Forschungsansätze, in denen die Beziehung zwischen dem
Organisator
2
und den Mitgliedern einer virtual community unter Verwendung einer
fundierten ökonomischen Theorie analysiert werden. So wird zwar in der Literatur eine
mögliche Entlohnung der Mitglieder für die Ausführung der an sie delegierten
Tätigkeiten thematisiert;
3
vor welchem theoretischen Hintergrund dies aber geschehen
soll, bleibt gleichwohl unklar.
Eine virtuelle Gemeinschaft ist genauso wie ihr realweltliches Pendant auf die aktive
Partizipation ihrer Mitglieder angewiesen. Nach Hagel/Armstrong stellen Mitglieder
und besonders die von ihnen zur Verfügung gestellten Inhalte einen ,,einzigartigen
Aktivposten"
4
dar und sind somit ein kritischer Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg
einer virtual community.
Die größte Anziehungskraft einer virtuellen Gemeinschaft resultiert in erster Linie aus
den Beiträgen der aktiven Mitglieder und erst zweitrangig vom Design der virtual
community oder dem redaktionell erstellten Inhalten. ,,Member participation is seen as a
key ingredient in weaving the fabric of a virtual community."
5
Der Organisator der
virtual community überträgt gewisse Aufgaben an die Mitglieder. Diese Aufgaben
umfassen folgende Tätigkeiten: die Veröffentlichung von Erfahrungsberichten und
Meinungen, das Anwerben neuer Mitglieder, die Bewertung von Beiträgen anderer
1
Rheingold, H. (2000); Hagel, J. / Armstromg A.G. (1999); Figallo, C. (1998a)
2
Schubert, P. (2000) S.38 definiert Organisator einer virtual community (VCO) als ,,Instanz, die die
Organisation einer Gemeinschaft übernimmt und die mit den nötigen Mitteln zur Durchsetzung der
aufgestellten Regeln ausgestattet ist."
3
vgl. Brown, J. (1999) o.S.; Hagel, J. / Armstrong, A.G. (1999) S.73; Meyer, J. (2000) S.50f; Paul, C. /
Runte M. (1999) S.133; Panten, C. /Paul, C. / Runte, M. (1999) S.157; Schmidt, M.P. (2000) S.57ff;
Shafer, D (o.J.) o.S.; McWilliams, G. (2001) S.76
4
Hagel, J. / Armstrong, A.G. (1999); S.90f
5
Rothaermel, F. / Sugiyama, S. (2000) S.302

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
2
Mitglieder, die Ansprache neuer Mitglieder, das ,,Hosten" von Chats, und die
Verwaltung und Überwachung anderer Mitglieder innerhalb der virtual community.
Je mehr das einzelne Mitglied sein Wissen und seine Erfahrung in Beiträgen publiziert
und somit der Gemeinschaft zur Verfügung stellt, desto wertvoller ist es für den Aufbau
der virtual community und desto größer wird das Wissen (in) der Gemeinschaft.
6
Das primäre Ziel des Organisators einer virtual community (VCO) muss somit darauf
ausgerichtet sein, die Online-Partizipation der Mitglieder (Sammelbegriff für die
Aktivitäten eines Mitgliedes in einer virtual community) zu koordinieren, zu
unterstützen und zu fördern, dass die Mitglieder ein kollaboratives Verhalten zeigen,
Informationen und Wissen austauschen und weitere Mitglieder akquirieren.
Das Tätigen von Transaktionen durch Mitglieder im Rahmen der virtual community ist
eine Tätigkeit, an der der VCO ebenfalls großes Interesse hat, da er hierdurch
Provisionseinnahmen erzielt. Üblicherweise werden daher vom Organisator auch
entsprechende Anreize gegeben und das Mitglied für getätigte Transaktionen in der
virtual community belohnt, bspw. durch das Anrechnen von Bonuspunkten.
7
Da hier
aber zwischen dem Mitglied und dem Organisator der virtual community keine
Auftragsbeziehung im Sinne der Agenturtheorie entsteht, wird das Tätigen von
Transaktionen durch Mitglieder einer virtual community im weiteren Verlauf der Arbeit
nicht zu den relevanten, delegierten Tätigkeiten gezählt.
Die Weitergabe von Wissen und Informationen ist für den Wissenden mit Kosten
verbunden. Diese entstehen dadurch, dass er Zeit, Mühe und Konzentration aufwenden
muss, um die Information/das Wissen für Dritte zugänglich zu machen.
6
siehe dazu auch Hagel, J. / Armstromg A. G.(1999) S.74ff. Die Einnahmen, die durch einen Builder im
zehnten Jahr des Bestehens der virtual community generiert werden, belaufen sich auf 305$.
7
vgl. Yue, W.T. / Chaturvedi, A. (2000) S.224ff

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
3
,,Geeignete Vergütungs- bzw. Anreizstrukturen für eine aktive Partizipation
­ seien sie sozial oder monetär motiviert ­ repräsentieren einen der
wichtigsten Aspekte im Design von Gemeinschaftsplattformen und sind
daher ein bedeutender Punkt bei der Festlegung des Geschäftsmodells im
Rahmen der Einführungsstrategie."
8
Das Fehlen geeigneter Anreizsysteme führt zum Symptom des ,,free-riding". Die
Mitglieder einer virtual community treten lediglich als Browser auf, d.h., sie
konsumieren die Informationen und das Wissen, leisten aber selbst keinen eigenen
Beitrag zur Generierung von Wissen. Je mehr Mitglieder als ,,free-rider" auftreten,
desto schwieriger gestaltet sich die Gewährleistung nützlicher Informationen und
Interaktionen.
9
1.2. Zielsetzung der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, unter Verwendung des theoretischen Konstruktes der
Agenturtheorie Empfehlungen zu geben, mit denen der Organisator einer virtual
community die Beziehung zu den aktiven Mitgliedern effizient gestalten kann, so dass
diese ihre Online-Partizipation steigern und zum Erfolg der virtual community
beitragen. Rockwell formuliert dazu treffend ,,How can I get the members of my
community to become its co-creators?"
10
Dabei wird unterstellt, dass die virtual
community bereits eine gewisse kritische Anzahl an Mitgliedern überschritten hat, um
eine sinnvolle Interaktion und Kommunikation zwischen den Mitgliedern gewährleisten
zu können. Die vorliegende Arbeit soll nicht zu letzt zur Diskussion um die
ökonomische Fundierung der digital economy beitragen und die hohe Relevanz
ökonomischer Theorien in der digital economy unterstreichen.
1.3. Vorgehensweise
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. In Kapitel zwei werden zunächst das Konzept
der virtual community und der dazu gehörenden Grundbegriffe erläutert. Virtuelle
8
Schubert, P. (1999) S.67f
9
vgl. Kollock, P. / Smith, M. (1996) S.117

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
4
communities werden von Webseiten, Suchmaschinen und Portalen abgegrenzt und
sowohl aus soziologischer als auch aus ökonomischer Perspektive betrachtet. Dabei
werden Analogien zwischen real existierenden Gemeinschaften und virtual
communities aufgezeigt. Neben dieser statischen Sichtweise auf virtual communities
wird im Punkt 2.2 eine dynamische Perspektive eingenommen, von der aus die
Funktionsweise einer virtual community und Entwicklung von gewöhnlichen Webseiten
zu interaktiven Gemeinschaften erläutert wird. Ferner wird das organische Wachstum
einer virtual community durch interagierende Zyklen beschrieben und eine
Differenzierung der unterschiedlichen Typen von Mitgliedern
11
in virtual communities
dargestellt.
Kapitel drei befasst sich mit der Agenturtheorie. Nachdem die Eignung der
Agenturtheorie auf die Beziehung zwischen Organisator und Builder einer virtual
community überprüft wird, werden die Grundannahmen der Agenturtheorie, die
Beziehung zwischen Prinzipal und Agent und mögliche Agenturprobleme beschrieben.
In vierten Kapitel wird eine agenturtheoretisch fundierte Analyse der
Auftragsbeziehung zwischen Organisator und Builder einer virtual community
vorgenommen, wobei zunächst die Vertragsbeziehung zwischen den Akteuren
beschrieben wird, um dann die spezifischen Agenturprobleme nach Tätigkeiten
gegliedert darzustellen. Im Punkt 4.3 werden agenturtheoretisch fundierte
Empfehlungen zur Disziplinierung des Builders aufgezeigt. Das vierte Kapitel schließt
mit einer Bewertung der Vorteilhaftigkeit der Steuerungsmechanismen der
Agenturtheorie.
10
Rockwell, Bob (o.J) o.S.
11
vgl. Hagel, J. / Armstromg A. G. (1999) S.74ff

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
5
2. Virtual communities
,,Communities are built around what people care about."
12
Der Begriff der virtual community wird inflationär gebraucht.
13
Gegenwärtig existiert
eine Vielzahl an unterschiedlichen Auffassungen und Erscheinungsformen virtueller
communities: So stellen bspw. communities of interest, communities of transaction,
internet community, online community, cyber community, electronic community eine
Auswahl verschiedener Arten und Synonymen von virtual communities dar.
Die Unterscheidung zwischen einer virtual community und einer ,,gewöhnlichen"
Webseite fällt um so schwerer, als viele Webseitenbetreiber ihre Internetseite als virtual
community darstellen, wobei dies in Ermangelung eines besseren Ausdruckes geschieht
und vielmehr ein Ziel darstellt. ,,I saw the word [virtual] community being associated
with so many different things that I began to wonder if the idea was in danger of being
watered down into meaningless jargon."
14
So stellen bspw. die Nutzer, die sich bei
einem Internet Service Provider einwählen oder diejenigen, die sich täglich über
aktuelle Börsenkurse informieren, entgegen häufiger Darstellung keine virtual
community dar.
15
2.1. Statische Betrachtung von virtual communities
Im Folgenden wird das Konzept einer virtual community von anderen
Kommunikationsmodellen im Internet abgegrenzt, um seine Eigenschaften
anschließend sowohl aus soziologischer als auch aus ökonomischer Perspektive zu
betrachten. Aufbauend auf diesen Überlegungen wird in Kapitel 2.1.3. eine eigene
Definition einer virtual community eingeführt.
12
Subramaniam, C. et al. (2000) S.160
13
Figallo (1998a) S.IX
14
vgl. ibd. S.2
15
vgl. Biederbeck, O. (2000) S.305

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
6
Eine virtual community unterscheidet sich von einer statischen Seite im www dadurch,
dass die Webseite lediglich Informationen anbietet, ohne die Interessen oder
Präferenzen des Nutzers zu berücksichtigen. Das Informationsangebot ist mit dem eines
Printmediums vergleichbar. Zudem ist der Nutzen dieser Information nicht bewertet und
muss vom Nutzer selbst vorgenommen werden.
16
Suchmaschinen
17
ermöglichen dem Nutzer, sich lediglich eine Auswahl aus zuvor
indexierten Seiten des www anzeigen zu lassen, wobei diese Auswahl erst im Moment
der Suche generiert wird. Das Informationsangebot des www wird entsprechend der
Suchanfrage des Nutzers gefiltert und stellt im Vergleich zu einen Webseite einen
Zugewinn an Individualität dar, wobei allerdings in den meisten Fällen die Anzahl der
relevanten Seiten zu hoch ist, als dass der Suchende die Informationsflut in
angemessener Zeit verarbeiten könnte.
18
Portale sind thematisch strukturierte hierarchische Verzeichnisse, die jedoch im
Gegensatz zu virtual communities keine Inhalte bereitstellen, sondern nur den Weg
dorthin aufzeigen. Hervorgegangen sind die ersten Portale aus Bookmarksammlungen
bspw. Yahoo! aus Jerry's Guide to the world wide web. Im Unterschied zur
Suchmaschine werden diese Verzeichnisse nicht erst im Moment der Anfrage erstellt,
sondern bestehen sowohl bereits vor als auch nach der Informationssuche. Sie stellen
dementsprechend ,,effiziente Sprungbretter"
19
zu den gesuchten Informationen und
Informationsanbietern dar, derer sich jeder Benutzer bedienen kann, wohingegen virtual
communities erst nach erfolgter Registrierung und Identifizierung durch den Benutzer
betreten werden können. Als Weiterentwicklung geben viele Anbieter von Portalen dem
Nutzer inzwischen die Möglichkeit, das Portal gemäß individueller Wünsche
anzupassen, indem bspw. auf einer persönlichen Portalseite eigene Bookmarks einstellt
oder Börsenkurse eines eigenen Portfolios angezeigt werden können.
20
16
vgl. Beinhauer, M. / Markus, U. / Heß, H. / Kronz, A. (1999) S.405
17
bspw. www.google.com; www.altavista.com oder auch Metasuchmaschinen, die sich bei der Suche
anderer Suchmaschinen bedienen, wie www.metager.de
18
vgl. Beinhauer, M. / Markus, U. / Heß, H. / Kronz, A. (1999) S.405
19
vgl. idb. S.406
20
als Beispiele für personalisierte Portale wären http://de.my.yahoo.com oder http://www.my-
siemens.com zu nennen.

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
7
Der bedeutendste Unterschied zwischen den bisher aufgezeigten
Kommunikationsmodellen und einer virtual community besteht darin, dass bei letzterer
die Interaktivität im Mittelpunkt steht. ,,The structural process that is associated with
community is communication."
21
Für das Mitglied einer virtual community ist der
Kontakt und die Kommunikation mit weiteren Mitgliedern essentiell, sowie einer der
Hauptgründe für seine Teilnahme. ,,Virtual Communities basieren somit nicht (nur) auf
der Kommunikation zwischen Anbieter und Nachfrager, sondern primär auf der
regelmäßigen Interaktion zwischen den Nachfragern selbst."
22
Der Benutzer einer Suchmaschine oder eines Portals nimmt andere Benutzer weder
wahr noch bietet ihm das Portal die Möglichkeit, mit ihnen direkt in Kontakt zu treten,
obwohl diese nach ähnlichen Informationen, Produkten oder Kommunikationspartnern
suchen und sich gegenseitig unterstützen könnten.
23
So stellt amazon.de auch, wenn die
Nutzer dazu aufgefordert werden, ihre Erfahrungen in Form von Rezensionen anderen
Nutzern zugänglich zu machen kein Beispiel für eine virtual community dar, da eine
unmittelbare Kommunikation zwischen den Nutzern nicht möglich ist und überdies
gegen die Rezensionsrichtlinien verstößt.
24
21
Fernback, J. / Thompson, B. (1995) o.S.
22
Weiber, R. / Meyer, J. (2000) S.281
23
vgl. Schubert, P. / Ginsburg, M. (2000) S.49
24
vgl. Meyer, J. (2000) S.14; Nach Meyer müsste eine Kommunikationsstruktur ,,Viele zu Vielen" (n:n)
vorliegen, wohingegen im Falle von amazon.de eine Struktur von ,,Einer zu Vielen" (1:n) vorliegt.;
http://www.amazon.de/exec/obidos/subst/community/author-review-guidelines.html

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
8
Interaktivität
Individualität
statische
www-Seite
Suchmaschine
Portal
Enterprise-
Portal
virtual
community
Personal
Portal
Abbildung 1: Differenzierung unterschiedlicher Kommunikationsmodelle im
Internet, in Anlehnung an Beinhauer et al. (1999) S. 405
Grundsätzlich lassen sich in der Literatur zwei Betrachtungsweisen von virtual
communities unterscheiden. Die neuere Perspektive betrachtet virtual communities
unter ökonomischen Gesichtspunkten als ,,Modell zur Unterstützung von Beziehungen
zwischen Verkäufern und Käufern"
25
. Die zweite, ältere Perspektive beleuchtet virtual
communities vor soziologischem Hintergrund und definiert den Begriff der
Gemeinschaft durch starke persönliche Beziehungen zwischen den Mitgliedern.
26
2.1.1. aus soziologischer Sichtweise
Der Begriff der virtual community verbindet zwei Konzepte miteinander: Das Konzept
der Gemeinschaft (dt. für community) und das Konzept der Virtualität.
2.1.1.1. Konzept der Gemeinschaft
In der Soziologie existiert keine eindeutige Definition des Begriffes Gemeinschaft. Der
Begriff der Gemeinschaft wird zuerst von Tönnies thematisiert. In seinem 1887
erschienenen Buch beschreibt er Gemeinschaft, in die ein Individuum geboren wird,
25
Schubert, P. (1999) S.2 Vertreter dieser Perspektive sind u.a.: Hagel, J. / Armstrong, A.G. (1997),
Panten, G. / Paul, C. / Runte M. (1999)
26
vgl. ibd. S.2

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
9
durch vertrautes Zusammenleben. Im Weiteren unterscheidet er drei Arten von
Gemeinschaft: community of kinship, neighbourhood und community of mind.
27
Im
Gegensatz zur Gemeinschaft sieht er die Gesellschaft gleichbedeutend mit dem
öffentlichen Leben.
28
Diese Dichotomie ist für eine weitere Auseinandersetzung mit
dem Begriff der virtual community jedoch wenig hilfreich, da sie allenfalls einer groben
Eingliederung dient.
Neben dieser ersten Begriffsbestimmung existiert in der Soziologie eine Vielzahl von
sich teilweise überschneidenden und ergänzenden Definitionen, über die das Oxford
Dictionary of Sociology anmerkt:
"the ambiguities of the term community make any wholly coherent
sociological definition of communities, and hence the scope and limits for
their empirical study, impossible to achieve."
29
Hillery untersuchte 94 Definitionen von Gemeinschaft und belegt dabei eine
ausgeprägte Vieldeutigkeit und Verwirrung um diesen Begriff.
30
So besteht die einzige
Übereinstimmung in allen untersuchten Definitionen allein darin, dass Menschen als
zentrale Akteure auftreten. In Folge einer unzureichend klaren Definition wird der
Begriff Gemeinschaft oft unpräzise und wenig trennscharf verwendet. Mit
Gemeinschaft werden Gruppen beschrieben, die von lokal begrenzten Nachbarschaften
bis hin zu ganzen Staaten reichen.
31
Erschwerend kommt hinzu, dass das soziale
Konstrukt einer Gemeinschaft nicht statisch ist, sondern einem ständigen Wandel
unterliegt.
32
In Anbetracht dieser semantischen Vielfalt des Begriffes Gemeinschaft in
der Soziologie ist es nicht verwunderlich, dass eine eindeutige Definition des Begriffs
virtual community um so schwerer fallen muss.
27
vgl. Tönnies, F. (1967) S.8f
28
vgl. Tönnies, F. (1991) S.3
29
Marshall, G. (1994) S. 75
30
vgl. Hillery, G. A. (1955) S.111ff
31
vgl. Paccagnella, L. (2001) S.367
32
vgl. Hamman, R.B. (2001) S.73)

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
10
Dessen ungeachtet lässt sich der Begriff der Gemeinschaft durch gewisse Merkmale
charakterisieren. Karp et al.
33
identifizieren drei grundlegende Charakteristika einer
Gemeinschaft, die im Weiteren als grundlegend für die Existenz einer Gemeinschaft
angesehen werden.
· ,,sustained social interaction"
Diese Interaktion vollzieht sich zwischen den Mitgliedern einer Gemeinschaft ,,face-
to-face", muss nicht auf ein konkretes Thema fokussiert sein, aber dennoch eine
gewisse zeitliche Stabilität und Regelmäßigkeit aufweisen.
· ,,shared attributes and values"
Es ist essentiell für eine Gemeinschaft, gemeinsame Berührungspunkte zu haben.
Dies kann bspw. der Zweck der Gemeinschaft sein, aber auch eine gemeinsame
Herkunft oder eine gemeinsame Kultur. Gemeinsamkeiten dienen zur Abgrenzung
gegenüber denjenigen, die nicht Mitglied in einer Gemeinschaft sind.
· ,,delineated geographic space"
Dieses Merkmal spiegelt die lange Tradition des Begriffs Gemeinschaft wider, der
ursprünglich einen begrenzten Raum als Zentrum der Gemeinschaft im Gegensatz
zur Gesellschaft beschreibt.
2.1.1.2. Konzept der Virtualität
,,During the last decade, the adjective "virtual" has become a
commonplace descriptor of social forms where people do not have to live,
meet or work face to face in order to develop or maintain significant social
relationships."
34
Scholz beschreibt virtuell als ,,die Eigenschaft einer Sache [...], die zwar nicht real ist,
aber doch in der Möglichkeit existiert; Virtualität spezifiziert also ein konkretes Objekt
über Eigenschaften, die nicht physisch, aber doch der Möglichkeit nach vorhanden
33
Karp, D. / Stone, G. / Yoels, W. (1977) S.65
34
Igbaria, M. (1998) o.S.

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
11
sind."
35
Diese Abstraktion von physischen Eigenschaften resultiert in der Erschaffung
des Cyberspace
36
als Raum, in dem Kommunikation nicht mehr auf körperlicher
Anwesenheit (face-to-face) basiert, sondern unabhängig von Raum und Zeit über
elektronische Medien stattfindet. Diese Kommunikation wird im Folgenden als
computer-mediated communication (CMC) bezeichnet.
CMC wird differenziert in asynchrone Kommunikation, wie eMail-Foren oder web-
basierte Diskussionsforen, und synchrone Kommunikation, wie Chat-Systeme (z.B.
Internet Relay Chat), oder virtuelle Spielumgebungen (z.B. Multi User Domains).
37
Mit
Hilfe asynchroner Kommunikation, die nach dem Prinzip eines schwarzen Brettes
funktioniert, werden die zwischen den Mitgliedern ausgetauschten Informationen
archiviert, so dass zeitversetzt auf diese zurückgegriffen werden kann. Chats oder
andere synchrone Kommunikationsmittel ermöglichen es den Mitgliedern, zeitgleich
Informationen in Form von Textnachrichten auszutauschen.
38
Die Interaktion im Rahmen von CMC ist nach Thiedeke durch folgende vier Merkmale
charakterisiert:
39
· Anonymität
Die Kommunikation in Computernetzen verläuft in der Regel über Pseudonyme und
gibt keinerlei Auskunft über die Identität des hinter den Äußerungen stehenden
Individuums. Zudem können die reale Identität bewusst verschleiert, oder mehrere
Identitäten aufgebaut werden.
40
· Selbstentgrenzung
Die Möglichkeit zu anonymer Kommunikation begünstigt das Überschreiten
sozialer Grenzen und Normen durch fehlende Sanktionsmöglichkeiten. Es kann
35
Scholz, C. (1994) o.S.
36
für eine Definition des Begriffes Cyberspace siehe Gibson, W. (1984) S.51
37
siehe Wachter, R.M. / Gupta, J.N. / Quaddus, M.A. (2000) S. 482f; Turkle, S.(1996) o.S.;Reid, E.M.
(1991) o.S.; Reid, E.M. (1994) o.S.
38
vgl. Meyer, J. (2000) S.23
39
vgl. Thiedeke, U. (2000) S.25ff
40
vgl. Tu, C.H. (2000) S.41

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
12
somit zu ungehemmtem und non-konformem Verhalten positiver oder negativer Art
kommen.
· Interaktivität
Die Möglichkeit zur 1:1-, 1:n-, n:n- und n:1-Kommunikation stellt eine Erweiterung
der räumlichen Dimension dar.
· Optionalität
Unter Optionalität ist eine beinahe grenzenlose Auswahl an ,,Möglichkeiten,
Themen, Interaktionsformen, Identitäten, Kommunikationsumgebungen und
Wissensständen"
41
zu verstehen. Die Vernetzung einzelner Themenangebote ist
dabei von zentraler Bedeutung.
Da die Kommunikationspartner nicht mehr im physischen Kontakt miteinander stehen,
verschwinden gewisse Merkmale der face-to-face Kommunikation, wie bspw.
Identifikation der Person, nonverbale Kommunikation etc.
42
Darin besteht einerseits ein
Vorteil, da so Kontakte entstehen können, die auf herkömmlichem Wege nicht
entstünden, etwa weil eine Behinderung, Krankheit oder auch fehlende soziale
Kompetenz vorliegen.
43
Andererseits besteht aufgrund der Anonymität die Gefahr einer
gewissen ,,Banalisierung der Kommunikation".
44
Zudem ist gerade bei Transaktionen
die Identität des Vertragspartners von zentraler Wichtigkeit.
45
2.1.1.3. Anwendung der Konzepte auf die virtual community
Neben den Problemen, die aus der ungenauen und vagen Definition des Begriffs der
Gemeinschaft in der Soziologie resultieren, drängt sich die Frage auf, ob virtuelle
Gemeinschaften im Sinne klassischer Gemeinschaften überhaupt im Internet bestehen
können, d.h. ob die Strukturen der Offline-Welt auf die Online-Welt (d.h. das Internet)
übertragbar sind.
41
Thiedeke, U. (2000) S.32
42
vgl. Rheingold, H. (2000) S.151; Schubert, P. (1999) S.28
43
vgl. Etzioni, A. / Etzioni, O. (1999) S. 242; Schubert, P. (1999) S.73
44
Müller, C. (2001) o.S.
45
vgl. Schubert, P. (1999) S.28

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
13
Heintz führte eine empirische Untersuchung zur Frage der ,,virtuellen
Vergemeinschaftung"
46
im Internet durch, in der sie 101 regelmäßige Nutzer von fünf
Kommunikationsdiensten (zwei Usenet-Newsgroups und drei Chats) zu deren
Nutzungsverhalten und persönlichen Netzwerken befragte. Sie kommt zu dem Schluss,
dass es im Internet zu Vergemeinschaftung kommen kann, diese allerdings vielmehr
den Charakter lockerer Netzwerke aufweist, weniger gruppenförmig organisiert ist und
durch eine geringere Gruppenbindung als in der Realität gekennzeichnet ist.
47
In Anlehnung an Karp et al können die drei konstituierenden Charakteristika einer
Gemeinschaft
48
auch für virtual communities nachgewiesen werden.
· ,,sustained social interaction"
Die Interaktion zwischen den Mitgliedern findet nicht mehr face-to-face sondern
über CMC statt. Die verschieden Erscheinungsformen der CMC schaffen den
Rahmen für eine zeitliche Stabilität und Regelmäßigkeit der Interaktion. Die seit
1985 bestehende virtual community ,,The WELL" ist hier als positives Beispiel für
anhaltende Interaktion der Mitglieder zu nennen.
· ,,shared attributes and values"
Virtual communities wie bspw. das Cancerforum
49
oder Parentsplace
50
verfügen
über diesen gemeinsamen Bezugspunkt der Mitglieder, über den Informationen
bereitgestellt und Erfahrungen ausgetauscht werden. Dieses gemeinsame Interesse
besteht im ersten Beispiel in der Krankheit Krebs, im zweiten Beispiel handelt es
sich um Themen der Gesundheit, Schwangerschaft und Erziehung.
· ,,delineated geographic space"
Im Unterschied zur realen Gemeinschaft verfügen Mitglieder einer virtual
community nicht über einen Ort im klassischen Sinne, an dem sie sich treffen und
austauschen können. An seine Stelle tritt bei virtual communities der Cyberspace
46
Heintz, B. (2000) S. 188ff
47
vgl. ibd. S. 213
48
vgl. Karp, D. / Stone, G. / Yoels, W. (1977) S.65
49
das CancerForum ist nur über den Provider CompuServe zugänglich
50
http://www.parentsplace.com

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
14
als Medium, in dem Mitglieder einer virtual community für einen beschränkten
Zeitraum zusammenkommen.
Bezugnehmend auf die Unterscheidung dreier Arten von Gemeinschaften nach Tönnies,
sehen Rothaermel et al. eine virtual community am ehesten am Konzept der
,,community of mind" angelehnt, mit der Ausnahme ,,that it forms through an electronic
communication medium and is not bound by space and time."
51
Rheingold, ein Pionier auf dem Gebiet der virtual communities und Gründer von ,,The
WELL"
52
unterstützt die Behauptung der Existenz virtueller Gemeinschaften im
Internet, indem er sagt: ,,people in virtual communities do just about everything people
do in real life, but we leave our bodies behind."
53
Er definiert virtual communities unter
vorwiegend soziologischen Aspekt und stellt die Beziehung ihrer Mitglieder in den
Vordergrund:
"virtual communities are social aggregations that emerge from the net
when enough people carry on those discussions long enough, with sufficient
human feeling, to form webs of personal relationships in cyberspace."
54
Rheingolds Begriffsbestimmung bleibt nicht ohne Kritik, da er einen Automatismus bei
der Entstehung einer virtual community postuliert, sobald die notwendige Technik
vorhanden ist. ,,whenever computer mediated communications technology becomes
available to people anywhere, they inevitably build [virtual] communities with it:"
55
Die
Technologie als eine hinreichende Bedingung zur Entstehung virtueller communities
anzusehen wurde bereits von Jones/Rafaeli sowohl empirisch als auch theoretisch
widerlegt.
56
51
Rothaermel, F. / Sugiyama, S. (2000) S.299
52
The WELL;(Whole Earth Lectronic Link); eine der ersten virtual communities, gegründet 1985; siehe
auch http://www.well.com
53
Rheingold, H. (2000) S.XVII
54
Rheingold, H. (2000) S.XX
55
ibd. S.XX

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
15
2.1.2. aus ökonomischer Sichtweise
Aufgrund steigender Wettbewerbsintensität in der digital economy und des daraus
resultierenden Kapitalbedarfs wird intensiv nach profitablen Unternehmensstrategien
gesucht. Diese Strategien basierten bisher - unterstützt durch den kontinuierlichen
Preisverfall von Hard- und Software und der zunehmenden Verbreitung von
Internetanschlüssen - auf technologisch getriebenen Konzepten (z.B. Shopping Malls,
virtuelle Marktplätze, Auktionen oder Group-Buying-Systeme). Das Konzept der virtual
community, bei dem Kommunikation und Informationsaustausch zwischen den
Mitgliedern einen kritischen Erfolgsfaktor darstellt, gewinnt zunehmend an Bedeutung.
So erwarb Lycos im Januar 1998 für 58 Mio. US $ das Unternehmen Tripod, das seinen
Nutzern virtuelle Räume ("virtual neighborhoods organized around themes that range
from extrem sports to organic gardening")
57
und entsprechende Werkzeuge für die
Erstellung eigener Homepages zur Verfügung stellt. Im Jahr 1999 kaufte Yahoo! für
etwa US $ 3,5 Mrd. den virtual community-Betreiber Geocities.
58
2.1.2.1. Vorteilhaftigkeit virtueller communities
Ein grundlegendes Problem besteht in der mangelnden Kundenbindung im Internet.
Muss ein Käufer in der realen Welt viel Zeit und Energie zur Informationsbeschaffung
aufwenden, so wird ihm aufgrund der hohen Verfügbarkeit und der Vielfalt an
Informationen der Vergleich von Produkteigenschaften und Preisen im Internet
erleichtert. Dies führt dazu, dass der Käufer eine höhere Wechselbereitschaft aufweist
Aufgrund des rasant wachsenden Informationsangebotes im Internet besteht ein
weiteres Problem in der Informationsüberflutung und einer daraus resultierenden
Unsicherheit und Orientierungslosigkeit des Nutzers. Simon merkt dazu an, ,,a wealth of
information creates a poverty of attention, and a need to allocate that attention
efficiently among the overabundance of information sources."
59
Als drittes Problem, das
vielmehr aus Anbietersicht relevant ist, sind Kosten für die Erstellung von Inhalten zu
56
vgl. Jones, Q. / Rafaeli S (2000) S.215
57
Gross, N. (1999) o.S.
58
vgl. Brown, J. (2001) S.38
59
Simon, H. A. zitiert nach Varian, H. (1995) S.161

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
16
nennen.
60
Diese Kosten resultieren aus der Notwendigkeit zur permanenten
Aktualisierung herkömmlicher Webseiten und werden umso relevanter, je stärker der
Erlösdruck ist.
Durch die Kommunikation zwischen den Mitgliedern einer virtual community entstehen
soziale Netze, die der mangelnden Kundenbindung im Internet entgegen wirken. Der
Austausch in einer virtual community hat für die Mitglieder zudem einen höheren
Informationsgehalt als lediglich die Rezeption von redaktionell erstellten Inhalten. ,,Da
die Mitglieder selbst keine kommerziellen Interessen verfolgen, sondern über ihre
persönlichen Erfahrungen berichten und diese auch von anderen Mitgliedern diskutiert
werden, kann Informationen in [virtual communities] eine hohe Glaubwürdigkeit
unterstellt werden."
61
Meyer bezeichnet diese ,,glaubwürdige Information" als
Kernelement einer virtual community.
62
Der Erfahrungsaustausch zwischen den
Mitgliedern reduziert somit sowohl die wahrgenommene Unsicherheit über das Resultat
und die Konsequenzen einer (Kauf-) Entscheidung und schafft somit Vertrauen in das
Trägermedium und die Identität der Interaktions- und Transaktionspartner. Dieses
Vertrauen der Mitglieder untereinander, aber auch zwischen den Mitgliedern und dem
Organisator der virtual community, bildet das Rückrat der Gemeinschaft. Figallo ist der
Meinung: ,,Trust is the social lubricant that makes communities possible."
63
Ohne
dieses Vertrauen würde sich kein Mitglied der virtual community aktiv engagieren und
Informationen oder Erfahrungen in Beiträgen publizieren. Da in virtual communities ein
Großteil der Inhalte von den Mitgliedern selbst erstellt wird, kann eine Kostenreduktion
erzielt werden. Die Bedeutung einer virtual community wird dadurch gesteigert, dass ihr
Informationsangebot stark strukturiert und konzentriert vorliegt. ,,Virtuelle
Gemeinschaften wirken der Informationsflut entgegen, indem sie eine Einstiegs- und
Orientierungshilfe bieten, die Fülle begrenzen und Inhalte organisieren."
64
Die virtual
community übernimmt somit eine Filterfunktion, versetzt das Mitglied in die Lage, sich
die relevanten Informationen effektiver zu erschließen, und liefert daher einen
Zusatznutzen für das Mitglied. ,,Keine Kombination ,publizierter` Expertenmeinungen
60
vgl. Alt, B. (2001) o.S.
61
Meyer, J. (2000) S.25
62
vgl. ibd. S.25
63
Figallo, C. (1998a) S.X

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
17
reicht an die geballten Einsichten und Erfahrungen einer Gemeinschaft von Menschen
heran, die ein leidenschaftliches Interesse verbindet."
65
What starts off as a group drawn together by common interests ends up as a
group with a critical mass of purchasing power, partly thanks to the fact
that communities allow members to exchange information on such things as
a product's price and quality."
66
Mit dieser Definition sehen Hagel/Armstrong virtual communities als ,,Virtual
Enterprises"
67
, bei denen der kommerzielle Aspekt im Vordergrund steht. Die virtual
community wird als Marktsegment verstanden, das umso wertvoller wird, je größer die
Anzahl der Mitglieder ist. Durch den organisierten Informationsaustausch der
Mitglieder einer virtual community untereinander werden Informationsasymmetrien
abgebaut. Durch die Kanalisierung der Interessen der Mitglieder entstehen ,,reverse
markets", bei denen sich ein Teil des Mehrwertes vom Anbieter auf den Kunden
verlagert.
Marktpreis
Marktpreis
Nor-
maler
Preis
Menge
Menge
Angebot
Angebot
Nachfrage
Nachfrage
Mehrwert
des Anbieters
Mehrwert
des Anbieters
Mehr-
wert des
Kunden
Mehr-
wert des
Kunden
Preis in
der virtual
community
Marktpreis
Marktpreis
Nor-
maler
Preis
Menge
Menge
Angebot
Angebot
Nachfrage
Nachfrage
Mehrwert
des Anbieters
Mehrwert
des Anbieters
Mehr-
wert des
Kunden
Mehr-
wert des
Kunden
Preis in
der virtual
community
Abbildung 2: Verschiebung des Mehrwertes vom Anbieter auf die Kunden in einer
virtual community nach Hagel/Armstrong (1999) S. 37
64
Schubert, P. (1999) S.28
65
Hagel, J. / Armstrong, A.G. (1999) S.42
66
Hagel, J. / Armstromg A. G. (1997) S.143
67
Schubert, P. / Ginsburg, M. (2000) S.46

Effiziente Gestaltung von virtual communities ­ eine agenturtheoretische Analyse
18
Virtual communities bieten aber nicht nur für den Kunden bzw. das Mitglied Vorteile,
sondern sind auch aus Unternehmenssicht vorteilhaft. So stellen virtual communities
eine ideale Plattform für Marketingaktivitäten dar, da sich die Mitglieder bereits durch
ihre Teilnahme an einer spezifischen virtual community in eine relativ homogene
Zielgruppe selektieren.
68
Somit stoßen gezielte Werbebotschaften bereits auf eine
größere Aufmerksamkeit. Ferner weisen Mitglieder eine längere Verweildauer auf den
Seiten der virtual communities auf, wodurch aussagekräftige Profile der Mitglieder
erstellt werden können, die zur individuellen Ansprache genutzt werden.
69
Wie bereits erwähnt, entstehen durch die Kommunikation der Mitglieder untereinander
soziale Netzwerke, die die Fluktuation senken. Speziell in produktnahen virtual
communities lassen sich für den Hersteller wertvolle Informationen über die
Zufriedenheit der Mitglieder mit seinen Produkten generieren und so der Kundenservice
verbessern. Diese Informationen lassen sich ferner für Produktinnovationen oder
Produktentwicklungen einsetzten.
70
Die zwei wichtigsten Vorteile von virtual communities bestehen in einer
· ,,[z]ielgruppengenauen Kundenansprache, bis hin zum One-to-One Marketing durch
die Nutzung von Kundenprofilen und
· Erhöhung der Kundenbindung im Internet durch Generierung eines
Informationspools und sozialer Kundenbindung"
71
bestehen.
Der Vorteil der höheren Kundenbindung wird belegt durch eine Studie der
Unternehmensberatung McKinsey über das Verhalten von 14.000 Internetnutzern. Die
Untersuchung ergab, dass Nutzer auf transaktionsorientierten
72
Webseiten, die virtual
68
gerade produktnahe virtual communities eignen sich hierfür besonders gut.
69
Hagel, J. / Rayport, J.F. (1997) S.65ff
70
Zerdick, A. et al. (2001) S.237
71
Meyer, J. (2000) S.29
72
Beispiel für derartige Webseiten sind: eBay, Amazon, Charles Schwab, E-trade

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832453503
ISBN (Paperback)
9783838653501
DOI
10.3239/9783832453503
Dateigröße
901 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Augsburg – Wirtschafts und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2002 (März)
Note
2,0
Schlagworte
agency anreiz agent agenturtheorie
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Titel: Effiziente Gestaltung von virtual communities
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