Währungskrisen
Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder?
©2001
Diplomarbeit
96 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Für den Begriff Währungskrise gibt es in der Außenwirtschaftslehre eine Vielzahl von Definitionen. Während einige Autoren, wie Milesi-Ferretti und Razin (2000), unter einer Währungskrise nur eine signifikante Abwertung der Währung verstehen, definieren andere (z.B. Eichengreen, Rose und Wyplosz (1996)) eine Krise als eine Situation, in der ein Land sowohl eine außergewöhnlich starke Währungsabwertung als auch einen massiven Verlust an Währungsreserven erlitten hat. Die Erfahrungen mit der Asienkrise (1997/98) haben jedoch gezeigt, dass diese Definitionen viel zu eng sind. Hier sahen sich die betroffenen Länder neben Wechselkurssteigerungen und Reserveverlusten zudem noch drastischen Sozialproduktsrückgängen ausgesetzt. Der Ökonom Krugman hat dieses Definitionsdilemma erkannt und schreibt dazu resignierend in seinem Buch Currency Crises: There is no generally accepted formal definition of a currency crisis, but we now them when we see them..
Ähnlich verhält es sich auch bei der Frage nach den Ursachen von Währungskrisen. Bisweilen wird die Verantwortung dafür irrationalen Anlegern zugeschrieben. Dabei wird ihnen vorgeworfen, dass sie ihr Kapital ohne jede Vorwarnung und unabhängig vom jeweils konkret vorherrschenden ökonomischen Umfeld aus einem Land abziehen und auf diese Weise den Kollaps der Währung herbeiführen würden. Als Paradebeispiel wird von den Anhängern dieses Standpunkts häufig die Asienkrise genannt. In diesem Fall hätte der Abzug von über 100 Mrd. US-Dollar im Zeitraum von Mitte 1997 bis Ende 1998 nichts mit unsoliden Wirtschaftsdaten in den betroffenen Ländern zu tun gehabt. Verantwortlich dafür seien allein psychologische Faktoren gewesen. Der Chefökonom der Weltbank Stiglitz bezeichnet dieses Verhalten der Anleger in Anlehnung an Alan Greenspans Begriff der Irrational Exuberance als Irrational Pessimism.
Die Gegner dieser Betrachtungsweise führen dagegen an, dass die Kapitalflucht aufgrund makro- und mikroökonomischer Schieflagen in den asiatischen Ländern (z.B. hohe Leistungsbilanzdefizite, Krisen im Finanzsektor) begründet gewesen wäre. Darüber hinaus hätten die betroffenen Volkswirtschaften im Vorfeld und zum Zeitpunkt der Krise schwere geldpolitische Fehler gemacht, die den Zusammenbruch der Währungen und den wirtschaftlichen Niedergang noch beschleunigt hätten. Allgemein spricht man hier auch von hausgemachten Fehlern (engl. Homemade Mistakes).
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit […]
Für den Begriff Währungskrise gibt es in der Außenwirtschaftslehre eine Vielzahl von Definitionen. Während einige Autoren, wie Milesi-Ferretti und Razin (2000), unter einer Währungskrise nur eine signifikante Abwertung der Währung verstehen, definieren andere (z.B. Eichengreen, Rose und Wyplosz (1996)) eine Krise als eine Situation, in der ein Land sowohl eine außergewöhnlich starke Währungsabwertung als auch einen massiven Verlust an Währungsreserven erlitten hat. Die Erfahrungen mit der Asienkrise (1997/98) haben jedoch gezeigt, dass diese Definitionen viel zu eng sind. Hier sahen sich die betroffenen Länder neben Wechselkurssteigerungen und Reserveverlusten zudem noch drastischen Sozialproduktsrückgängen ausgesetzt. Der Ökonom Krugman hat dieses Definitionsdilemma erkannt und schreibt dazu resignierend in seinem Buch Currency Crises: There is no generally accepted formal definition of a currency crisis, but we now them when we see them..
Ähnlich verhält es sich auch bei der Frage nach den Ursachen von Währungskrisen. Bisweilen wird die Verantwortung dafür irrationalen Anlegern zugeschrieben. Dabei wird ihnen vorgeworfen, dass sie ihr Kapital ohne jede Vorwarnung und unabhängig vom jeweils konkret vorherrschenden ökonomischen Umfeld aus einem Land abziehen und auf diese Weise den Kollaps der Währung herbeiführen würden. Als Paradebeispiel wird von den Anhängern dieses Standpunkts häufig die Asienkrise genannt. In diesem Fall hätte der Abzug von über 100 Mrd. US-Dollar im Zeitraum von Mitte 1997 bis Ende 1998 nichts mit unsoliden Wirtschaftsdaten in den betroffenen Ländern zu tun gehabt. Verantwortlich dafür seien allein psychologische Faktoren gewesen. Der Chefökonom der Weltbank Stiglitz bezeichnet dieses Verhalten der Anleger in Anlehnung an Alan Greenspans Begriff der Irrational Exuberance als Irrational Pessimism.
Die Gegner dieser Betrachtungsweise führen dagegen an, dass die Kapitalflucht aufgrund makro- und mikroökonomischer Schieflagen in den asiatischen Ländern (z.B. hohe Leistungsbilanzdefizite, Krisen im Finanzsektor) begründet gewesen wäre. Darüber hinaus hätten die betroffenen Volkswirtschaften im Vorfeld und zum Zeitpunkt der Krise schwere geldpolitische Fehler gemacht, die den Zusammenbruch der Währungen und den wirtschaftlichen Niedergang noch beschleunigt hätten. Allgemein spricht man hier auch von hausgemachten Fehlern (engl. Homemade Mistakes).
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 5343
Stenzel, Christian: Währungskrisen: Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler
der betroffenen Länder? / Christian Stenzel - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Stuttgart, Universität, Diplom, 2001
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http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
I
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
... III
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
... V
1. Einleitung
... 1
2. Klassische Ansätze zur Erklärung von Währungskrisen
... 3
2.1 Der Ansatz von Krugman und Flood/Garber ...4
2.2 Der Ansatz von Obstfeld ...10
3. Neuere Ansätze zur Erklärung von Währungskrisen
...18
3.1 Der Ansatz von Chang/Velasco ...20
3.2 Der Ansatz von Bird/Rajan...23
3.2.1 Die Grundversion des Mundell-Fleming-Modells ...23
3.2.1.1 Das Gütermarktgleichgewicht (IS-Kurve)...24
3.2.1.2 Das Geldmarktgleichgewicht (LM-Kurve) ...26
3.2.1.3 Das Zahlungsbilanzgleichgewicht (ZB-Kurve)...28
3.2.1.4 Internes und externes Gleichgewicht bei festen Wechselkursen ...32
3.2.2
Die
Modelldynamik ...33
3.2.2.1 Phase I (Boom-Phase)...34
3.2.2.2 Phase II (Sättigungs-Phase) ...36
3.2.2.3 Phase III (Bust-Phase)...36
3.3 Der Ansatz von Krugman...40
3.3.1 Die modifizierte Version des Mundell-Fleming-Modells...40
3.3.1.1 Die
modifizierte
IS-Kurve ...40
3.3.1.2 Die
LM-Kurve im (e/Y)-Diagramm...43
3.3.1.3 Die
ZB-Kurve im (e/Y)-Diagramm ...44
3.3.1.4 Internes und externes Gleichgewicht bei flexiblen Wechselkursen...45
3.3.2
Die
Modelldynamik ...48
3.3.3 Die Effekte einer kontraktiven Geld- und Fiskalpolitik...50
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
II
4. Relevanz der Krisenansätze für die Thailandkrise ...
52
4.1 Überprüfung des Ansatzes von Krugman und Flood/Garber...52
4.2 Überprüfung des Ansatzes von Obstfeld ...56
4.3 Überprüfung des Ansatzes von Bird/Rajan ...60
4.3.1 Phase I (1990 bis 1996) ...61
4.3.2 Phase II (1996 bis 1997)...64
4.3.3 Phase III (1997 bis zum 2. Juli 1997)...65
4.4 Überprüfung des Ansatzes von Chang/Velasco...66
4.4.1 Die Entwicklung des thailändischen Finanzsektors...67
4.4.2 Die thailändische Finanzkrise...69
4.5 Überprüfung des Ansatzes von Krugman ...72
5. Zusammenfassung
...76
Anhang ...
VII
Literatur- und Hyperlinkverzeichnis
... VIII
Erklärung...
XVII
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
III
Abkürzungsverzeichnis
Abb. =
Abbildung
ADB
= Asian Development Bank
ARIC
= Asia Recovery Information Center
Aufl. =
Auflage
Bd. =
Band
BIBF
= Bangkok International Bank Facility
BIS
= Bank for International Settlements
BIZ
= Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
BoT
= Bank of Thailand
CIES
= Centre for International Economic Studies
FDI
= Foreign Direct Investment
FRBNY
= Federal Reserve Bank of New York
G & DL
= Export/Import von Gütern und Dienstleistungen
GDP
= Gross Domestic Product
H
= Half of the Year
IMF
= International Monetary Fund
IWF =
Internationaler
Währungsfonds
LIBOR
= London Interbank Offer Rate
Mio. =
Millionen
MIT
= Massachusetts Institute of Technology
MoF
= Ministry of Finance
Mrd. =
Milliarden
n.a. =
not
available
NBER
= National Bureau of Economic Research
NESDB
= National Economic and Social Development Board (Thailand)
NRBA
= Non-Resident Baht Accounts
NSO
= National Statistical Office (Thailand)
Q
= Quarter of the Year
SP =
Sozialprodukt
Tab. =
Tabelle
TDI
= Thai Direct Investment
Vol. =
Volume
Diplomarbeit:
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IV
Symbolverzeichnis
B =
Monetäre
Basis
C =
Konsum
E =
Erwartungsoperator
e =
Wechselkurs
Ex =
Exporte
G =
Staatsausgaben
H
= Heimische Komponente der monetären Basis
i =
Inlandszins
I =
Nettoinvestitionen
Im =
Importe
KB =
Kapitalbilanzsaldo
L =
Geldnachfrage
LB =
Leistungsbilanzsaldo
M =
Geldmenge
NKI =
Nettokapitalimporte
P =
Preisniveau
R =
Währungsreserven
RG =
Zinsreagibilität
w =
Lohnsatz
Y =
Nettosozialprodukt
ZB =
Zahlungsbilanzsaldo
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
V
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Schattenwechselkurs und Zeitpunkt der Zahlungsbilanzkrise...8
Abb. 2: Entwicklung der Geldmenge und ihrer Komponenten...9
Abb. 3: Kosten der Verteidigung eines Festkurssystems...16
Abb. 4: Die Beziehungen und das Anlageverhalten der Bank ...20
Abb. 5: Der (langfristige) Nutzen der Bank für den inländischen Anleger...21
Abb. 6: Die Illiquidität der Bank ...22
Abb. 7: IS-Kurve einer offenen Volkswirtschaft ...25
Abb. 8: LM-Kurve einer offenen Volkswirtschaft ...25
Abb. 9: ZB-Kurve und ihre Lageparameter...31
Abb. 10: Internes und externes Gleichgewicht ...31
Abb. 11: Phase I...35
Abb. 12: Phase II und Phase III...35
Abb. 13: Keine Neutralisierung der Devisenabflüsse...38
Abb. 14: Flexible Wechselkurse...38
Abb. 15: IS-Kurve im (e/Y)-Diagramm...43
Abb. 16: IS
*
-Kurve im (e/Y)-Diagramm...43
Abb. 17: LM-Kurve im (e/Y)-Diagramm ...44
Abb. 18: ZB-Kurve im (e/Y)-Diagramm...44
Abb. 19: Expansive Fiskalpolitik...47
Abb. 20: Expansive Geldpolitik...47
Abb. 21: Das Krugmann´sche Modell...50
Abb. 22: Das erweiterte Krugmann´sche Modell ...50
Abb. 23: Kontraktive Fiskalpolitik...51
Abb. 24: Kontraktive Geldpolitik...51
Abb. 25: Entwicklung des thailändischen Regierungsbudgets...52
Abb. 26: Monatliche Einnahmen und Ausgaben der Regierung ...53
Abb. 27: Entwicklung der verfügbaren Währungsreserven ...54
Abb. 28: Veränderungen der Geldbasis...55
Abb. 29: Wechselkursentwicklung ...56
Abb. 30: Wachstum des Sozialprodukts...58
Abb. 31: Entwicklung der Arbeitslosenquote...58
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VI
Abb. 32: Exportindizes ...59
Abb. 33: Rendite von Anlagen in thailändischen Baht ... V
Abb. 34: Jährliche Zahlungsbilanzentwicklung ...62
Abb. 35: Vierteljährliche Zahlungsbilanzentwicklung...66
Abb. 36: Finance Company Borrowing and Commercial Bank Deposits ...69
Abb. 37: Forderungen der BoT an Banken und andere Finanzinstitutionen ...70
Abb. 38: Zentralbankkredit an Finanzinstitutionen... V
Abb. 39: Beitrag zum Wachstum des Sozialprodukts ...73
Abb. 40: Indizes ...74
Abb. 41: Leistungsbilanzanpassungen ...75
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Durchschnittliche Monatslöhne in Thailand...57
Tab. 2: Inflationsrate in Thailand ...57
Tab. 3: Net Capital Flows (1990 1996)...61
Tab. 4: Zinsdifferenz ...62
Tab. 5: Money and Credit...63
Tab. 6: Entwicklung des Sozialprodukts und seiner Komponenten...64
Tab. 7: Net Private Capital Flows (1996 1997) ...65
Tab. 8: Distribution of Commercial Bank Loans...67
Tab. 9: Distribution of Loans extended by Finance Companies ...68
Tab. 10: Thailand: External Debt ...68
Tab. 11: Net Private Capital Flows (1997 1998) ...71
Tab. 12: Debt-to-Equity Ratio in Selected Sectors ...73
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
1
1. Einleitung
Für den Begriff ,,Währungskrise" gibt es in der Außenwirtschaftslehre eine Vielzahl von Defini-
tionen. Während einige Autoren, wie Milesi-Ferretti und Razin (2000), unter einer Währungskrise
nur eine signifikante Abwertung der Währung verstehen, definieren andere (z.B. Eichengreen,
Rose und Wyplosz (1996)) eine Krise als eine Situation, in der ein Land sowohl eine außerge-
wöhnlich starke Währungsabwertung als auch einen massiven Verlust an Währungsreserven erlit-
ten hat.
1
Die Erfahrungen mit der Asienkrise (1997/98) haben jedoch gezeigt, dass diese Defini-
tionen viel zu eng sind. Hier sahen sich die betroffenen Länder neben Wechselkurssteigerungen
und Reserveverlusten zudem noch drastischen Sozialproduktsrückgängen ausgesetzt. Der Öko-
nom Krugman hat dieses ,,Definitionsdilemma" erkannt und schreibt dazu resignierend in sei-
nem Buch ,,Currency Crises":
,,There is no generally accepted formal definition of a currency crisis, but we now them when we see them."
2
Ähnlich verhält es sich auch bei der Frage nach den Ursachen von Währungskrisen. Bisweilen
wird die Verantwortung dafür irrationalen Anlegern zugeschrieben. Dabei wird ihnen vorgewor-
fen, dass sie ihr Kapital ohne jede Vorwarnung und unabhängig vom jeweils konkret vorherr-
schenden ökonomischen Umfeld aus einem Land abziehen und auf diese Weise den Kollaps der
Währung herbeiführen würden. Als Paradebeispiel wird von den Anhängern dieses Standpunkts
häufig die Asienkrise genannt. In diesem Fall hätte der Abzug von über 100 Mrd. US-Dollar im
Zeitraum von Mitte 1997 bis Ende 1998 nichts mit unsoliden Wirtschaftsdaten in den betroffe-
nen Ländern zu tun gehabt. Verantwortlich dafür seien allein psychologische Faktoren gewesen.
3
Der Chefökonom der Weltbank Stiglitz bezeichnet dieses Verhalten der Anleger in Anlehnung an
Alan Greenspans Begriff der ,,Irrational Exuberance" als ,,Irrational Pessimism".
4
Die Gegner dieser Betrachtungsweise führen dagegen an, dass die Kapitalflucht aufgrund makro-
und mikroökonomischer Schieflagen in den asiatischen Ländern (z.B. hohe Leistungsbilanzdefizi-
te, Krisen im Finanzsektor) begründet gewesen wäre.
5
Darüber hinaus hätten die betroffenen
Volkswirtschaften im Vorfeld und zum Zeitpunkt der Krise schwere geldpolitische Fehler ge-
macht, die den Zusammenbruch der Währungen und den wirtschaftlichen Niedergang noch be-
schleunigt hätten. Allgemein spricht man hier auch von hausgemachten Fehlern (engl. ,,Home-
made Mistakes").
1
Vgl. Milesi-Ferretti/Razin (2000), S. 303 ff. und Eichengreen/Rose/Wyplosz (1996), S. 21
2
Krugman (2000b), S. 1
3
Vgl. Bikhchandani/Sharma (2000), S. 1 ff. und Chari/Kehoe (2000), S. 1 ff.
4
Vgl. Stiglitz (1998), http://www.worlbank.org/html/extdr/extme/jssp031298.htm
5
Vgl. Lane (1999), http://www.imf.org/external/pubs/ft/fandd/1999/09/lane.htm und Schnatz (1998), S. 52 ff.
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
2
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit diesen konträren Standpunkten auseinander, indem am Bei-
spiel der Thailandkrise die mikro- und makroökonomischen Entwicklungen sowie das Verhalten
der Marktakteure mit Hilfe unterschiedlicher Ansätze zur Erklärung von Währungskrisen syste-
matisch und umfassend untersucht werden. Der Grund für die Fokussierung auf die thailändi-
sche Währungskrise liegt darin, dass diese in der Fachwelt als Auslöser der Asienkrise angesehen
wird. Zum anderen waren die für die Untersuchung benötigten statistischen Daten in hinreichend
aussagekräftiger Qualität vorhanden. Darüber hinaus wäre eine länderübergreifende Krisenstudie
in diesem Rahmen nicht abzuhandeln gewesen, da jede Währungskrise in ihrer Art einzigartig ist
und eine detaillierte Analyse erfordert hätte.
Die Arbeit gliedert sich insgesamt in fünf Kapitel. Nach der Einleitung werden im zweiten und
dritten Kapitel insgesamt fünf unterschiedliche Ansätze zur Erklärung von Währungskrisen vor-
gestellt. Das Ziel besteht dabei darin, die Vorhersagen der einzelnen Modelle genau herauszuar-
beiten. Dazu wird auf eine rigoros analytische Darstellung zurückgegriffen, wobei insbesondere
bei den Modellen von Bird/Rajan (1999) und Krugman (1999b) auf eine Darstellung innerhalb
eines einheitlichen analytischen Rahmens geachtet wird. An dieser Stelle sei noch darauf hinge-
wiesen, dass diese beiden Modelle vom Bearbeiter der Diplomarbeit wesentlich ausführlicher
beschrieben werden, als dies die Autoren getan haben. Nach der inhaltlichen Analyse werden im
vierten Kapitel die Modellprognosen mit den empirischen Fakten der Thailandkrise verglichen.
Dabei erfolgt eine Überprüfung, ob sich die Ansätze zur Erklärung der Thailandkrise eignen. Das
fünfte Kapitel fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
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Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
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2.
Klassische Ansätze zur Erklärung von Währungskrisen
Gegenstand der nachfolgenden Abschnitte des 2. Kapitels sind zwei klassische Theorieansätze,
die in der Außenwirtschaftstheorie über längere Zeit zur Erklärung der Ursachen und den Ver-
lauf von Währungskrisen herangezogen wurden.
Abschnitt 2.1 beschäftigt sich dabei mit einem von Krugman (1979) und Flood/Garber (1984)
entwickelten Krisenmodell, in dem die inländische Notenbank zur Finanzierung eines Budgetde-
fizits eine expansiv ausgerichtete Geldpolitik betreibt. Unter der Annahme vollkommener Kapi-
talmobilität und konstanter inländischer Geldnachfrage führt eine solche Politik in einem System
fester Wechselkurse zu einem kontinuierlichem Verlust an Devisenreserven. Angesichts des be-
grenzten Bestands an Währungsreserven, welcher der Zentralbank zur Verteidigung der Wech-
selkursparität zur Verfügung steht, würde das Wachstum der inländischen Komponente der
Geldentstehung im Zeitablauf den natürlichen Zusammenbruch des Festkurssystems und so den
Übergang auf ein System flexibler Wechselkurse bewirken. Da aber die rational handelnden Wirt-
schaftssubjekte erkennen, dass der feste Wechselkurs auf die Dauer nicht mit der expansiven
Ausrichtung der Geldpolitik vereinbar ist, kommt es noch vor dem natürlichen Regimekollaps zu
einer spekulativen Attacke gegen die inländische Währung. In deren Verlauf werden die Wäh-
rungsreserven vollständig aufgebraucht und auf diese Weise wird die Aufgabe des Festkurssys-
tems erzwungen. Der exakte Zeitpunkt des spekulativen Angriffs lässt sich dabei mit Hilfe des
Konzepts der Shadow-Floating-Rate ermitteln. Der erzwungene Wechsel zu einem flexiblen
Wechselkurssystem wird von Krugman (1979) und Flood/Garber (1984) als Zahlungsbilanzkrise
einer Volkswirtschaft bezeichnet. Zu beachten ist bei diesem Modell, dass die spekulative Attacke
(bzw. die Zahlungsbilanzkrise) von den inländischen Wirtschaftsakteuren zum Schutz ihrer Ver-
mögensbestände ausgelöst wird und nicht willkürlich erfolgt. Die Zahlungsbilanzkrise wäre prin-
zipiell vermeidbar, wenn die Notenbank auf die Monetisierung des Budgetdefizits verzichten
würde. Sie ist demzufolge selbstverschuldet. Krisenmodelle, die auf dem Ansatz von Krugman
(1979) und Flood/Garber (1984) basieren, erhalten den Terminus First-Generation-Modelle.
6
Im Gegensatz dazu behandelt Abschnitt 2.2 einen von Obstfeld (1994a) entwickelten Theoriean-
satz, in dem der Zusammenbruch fester Wechselkurse (bzw. die Abwertung der inländischen
Währung) nicht auf die in Unterkapitel 2.1 beschriebenen Inkonsistenz zwischen interner und
externer Zielsetzung (d.h. inländische Kreditexpansion zur Finanzierung eines Budgetdefizits
versus Aufrechterhaltung der Wechselkursparität), sondern auf eine Politikentscheidung der Re-
gierung zurückzuführen ist. Im Zentrum der Betrachtung steht eine Regierung, welche die Wech-
6
Vgl. Eichengreen/Rose/Wyplosz (1994), S. 3 und Krugman (1998), http://web.mit.edu/krugman/www/crises.html
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Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
4
selkursanbindung aufgibt, wenn der mit einer Abwertung verbundene Verlust (z.B. Reputations-
kosten, inflationärer Bias, etc.) geringer ist, als der aus einer Aufrechterhaltung des Wechselkurses
resultierende Verlust (z.B. Beschäftigungskosten, Sozialproduktsverluste, etc.). Die Marktteil-
nehmer kennen dieses Nutzen-Kosten-Kalkül der Regierung und berücksichtigen es in ihren
Wechselkursänderungserwartungen. Die Politikentscheidung der Regierung hängt wiederum von
diesen Wechselkursänderungserwartungen ab. Diese Zirkularität bzw. dieses Erwartungsspiel
kann multiple Gleichgewichte und selbsterfüllende Erwartungen erzeugen. Wenn die Wechsel-
kursänderungserwartungen hoch (niedrig) sind, dann sind die Kosten, die mit einer Wechselkurs-
anbindung verbunden sind, hoch (gering) und die Regierung wird sich bei Auftreten eines öko-
nomischen Schocks für die Aufgabe (Weiterführung) des Systems fester Wechselkurse entschei-
den. Die Währungsreserven der Zentralbank spielen dabei keine Rolle. Durch diese Entschei-
dung erfüllen sich im nachhinein die Erwartungen der Marktteilnehmer (d.h. selbsterfüllende
Erwartungen). Krisenmodelle, die auf dem Ansatz von Obstfeld (1994a) basieren, bezeichnet
man als Second-Generation-Modelle.
7
2.1
Der Ansatz von Krugman und Flood/Garber
Das Modell von Krugman (1979) und Flood/Garber (1984) beschreibt eine kleine offene Volks-
wirtschaft, deren Zentralbank ein festes Wechselkurssystem betreibt. Auf den Vermögensmärk-
ten werden drei Assets gehandelt, nämlich inländisches Geld sowie in- und ausländische Anlei-
hen. Die in- und ausländischen Finanztitel sind als vollkommene Substitute anzusehen.
Es herrscht vollkommene Kapitalmobilität. Das Modell besteht aus den folgenden Gleichungen:
In den Gleichungen (1) bis (5) stellen griechische Buchstaben positive und konstante Parameter
dar. Ein tiefgestelltes t bezeichnet den Zeitindex, während ein hochgestellter Punkt die Verände-
rung einer Variablen in der Zeit beschreibt. Ein hochgestellter Stern kennzeichnet eine konstante
7
Vgl. Eichengreen/Rose/Wyplosz (1994), S. 4 und Krugman (1998), http://web.mit.edu/krugman/www/crises.html
.
(5)
.
(4)
.
0
,
(3)
.
(2)
.
mit
0
,
(1)
*
0
1
0
1
+
=
=
>
=
=
+
=
=
>
>
-
=
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
e
e
E
i
i
e
P
P
BD
H
H
R
M
Y
i
Y
P
M
&
&
µ
µ
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5
ausländische Variable. Die rechte Seite von Gleichung (1) repräsentiert eine reale Geldnachfrage-
funktion, die vom Einkommen
Y
t
positiv und vom inländischen Zinssatz i
t
negativ abhängig ist.
Für die weitere Analyse wird das Einkommen
Y
t
als konstant angesetzt und durch den Parame-
ter
0
substituiert (
Y
t
=
0
).
8
Der Parameter
1
gibt die Reagibilität der Geldnachfrage auf Zins-
änderungen an. M
t
und P
t
bezeichnen das Geldangebot und das inländische Preisniveau.
Das Geldangebot (bzw. hier die monetäre Basis) M
t
setzt sich aus den Währungsreserven R
t
und
der inländischen Komponente der Geldentstehung H
t
(auch als inländische Kreditmenge be-
zeichnet) zusammen (vgl. Gleichung (2)). Die Gleichung (3) drückt aus, dass die inländische Kre-
ditmenge mit einer konstanten Rate
µ
wächst. Diese expansiv ausgerichtete Geldpolitik dient zur
Finanzierung eines Budgetdefizits BD
t
. Gleichung (4) beschreibt die Kaufkraftparität, wobei P
*
das ausländische Preisniveau und e
t
den Wechselkurs angeben. Die ungedeckte Zinsparität ist
durch Gleichung (5) gegeben. E ist als Erwartungsoperator und i
*
als ausländischer Zinssatz de-
finiert. Zur Vereinfachung des Fundamentalmodells wird i
*
= 0 und P
*
= 1 angenommen.
9
Die Erwartungsbildung erfolgt ausschließlich auf Basis aller zu einem bestimmten Zeitpunkt ver-
fügbaren Informationen.
10
Dabei wird vollkommene Voraussicht im Rahmen eines deterministi-
schen Modells unterstellt, d.h. Zufallseinflüsse existieren nicht. Somit entsprechen sich in jedem
Zeitpunkt die erwartete und die realisierte prozentuale Abwertungsrate der heimischen Währung
vollständig und es gilt:
Unter Berücksichtigung von (6) kann man die Gleichung (5) jetzt wie folgt schreiben:
Durch Einsetzen der Gleichungen (4) und (7) in Gleichung (1) erhält man für die inländische
Geldnachfrage folgende Formulierung:
In einem System fester Wechselkurse fixiert die Notenbank den Wechselkurs auf e
f
. Somit ist die
erwartete Änderung des Wechselkurses in der Zeit
t
gleich null (
t
= 0) und es gilt e
t
= e
f
. Die Glei-
chung (8) lässt sich jetzt in der nachstehenden vereinfachten Form aufstellen:
8
Vgl. Mann (1998), S. 76
9
Vgl. ebenda (1998), S. 77
10
Vgl. Naser (1999), S. 19
.
(8)
1
0
1
0
*
t
t
t
t
t
t
t
e
e
M
e
e
e
P
M
&
&
-
=
-
=
.
(6)
t
t
t
t
t
e
e
e
e
E
&
&
=
.
(7)
*
t
t
t
e
e
i
i
&
+
=
Diplomarbeit:
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6
Wenn (9) in (2) eingesetzt wird, dann ergibt sich für die Entwicklung der Währungsreserven fol-
gendes (Auflösen nach R
t
):
Die Gleichung (10) bringt zum Ausdruck, dass bei festen Wechselkursen jede Änderung der in-
ländischen Komponente der Geldentstehung einen entsprechenden Ausgleich durch An- oder
Verkauf von Währungsreserven seitens der Notenbank erfordert, um ein Gleichgewicht am in-
ländischen Geldmarkt zu gewährleisten. Durch totale Differentiation von (10) lässt sich die Än-
derung der Währungsreserven im Zeitablauf ermitteln. Unter Berücksichtigung von Gleichung
(3) erhält man:
Die Gleichung (11) zeigt, dass die Währungsreserven der Notenbank im Zeitablauf mit derselben
negativen Wachstumsrate
µ
abnehmen, mit der die inländische Kreditmenge zur Finanzierung
des angenommenen Budgetdefizits zunimmt.
In einem Regime fester Wechselkurse kann die Zentralbank nicht die Höhe des Geldangebots,
sondern lediglich die Aufteilung in R
t
und H
t
beeinflussen (d.h. die Höhe der Geldnachfrage be-
stimmt allein das Geldangebot). Da der Bestand an Währungsreserven zur Aufrechterhaltung
eines festen Wechselkurses begrenzt ist, führt das inländische Kreditwachstum im Zeitablauf
unweigerlich zum Zusammenbruch des Festkurssystems und zum Übergang auf ein System fle-
xibler Wechselkurse. Dieser ,,natürliche Regimekollaps" bzw. die Zahlungsbilanzkrise ist von der
Zentralbank selbst verschuldet. Wenn sie das Wachstum der inländischen Komponente des
Geldangebots nicht zugelassen hätte, dann wäre auf dem Devisenmarkt auch keine Überschuss-
nachfrage nach ausländischer Währung entstanden. Somit wäre das feste Wechselkurssystem
auch nicht zusammengebrochen. Das Modell verlangt aber, dass die Zahlungsbilanzkrise schon
vor dem natürlichen Regimekollaps eintritt. Diese dem Fundamentalmodell zugrundeliegende
Logik wird mit dem Konzept der Shadow-Floating-Rate (d.h. Schattenwechselkurs) von
Flood/Garber (1984) dargestellt.
11
Unter dem Schattenwechselkurs versteht man den Wechsel-
kurs, der sich einstellen würde, wenn die Notenbank das Festkurssystem nicht mehr durch Devi-
senmarktinterventionen verteidigen würde.
12
Die Shadow-Floating-Rate kann zu jedem Zeitpunkt
während der Lebensdauer des Festkurssystems unter der Nebenbedingung R
t
= 0 aus der Bedin-
gung (8) bestimmt werden.
11
Vgl. Mann (1998), S. 79 und Naser (1999), S. 23 f.
12
Vgl. Flood/Marion (1998), S. 5
.
(9)
0
f
t
e
M
=
.
(10)
0
t
f
t
H
e
R
-
=
.
0
für
,
(11)
=
=
-
=
-
=
t
t
t
t
M
BD
H
R
&
&
&
µ
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
7
Mittels der Methode nicht determinierter Koeffizienten lässt sich die partikuläre Lösung für die
Shadow-Floating-Rate e
t
s
berechnen:
Der fiktive flexible Wechselkurs in Gleichung (12) wird im Zeitablauf proportional zur Wachs-
tumsrate der inländischen Kreditmenge ansteigen:
Die Substitution von (13) in (8) ergibt:
Durch einen Vergleich der Gleichungen (12) und (14) resultiert für die nicht determinierten Ko-
effizienten
1
und
0
:
Durch Einsetzen von (15) und (16) in Gleichung (12) erhält man:
Substituiert man (18) in (17) und berücksichtigt, dass wegen Gleichung (3) das Geldangebot mit
gegeben ist, erhält man für die Shadow-Floating-Rate den nachstehenden Ausdruck:
Grafisch lässt sich das Konzept der Shadow-Floating-Rate in einem Wechselkurs-Zeit-Diagramm
darstellen (vgl. Abb. 1). Die e
t
f
-Kurve repräsentiert die Entwicklung des Schattenwechselkurses,
während die e
f
-Kurve den von der Zentralbank fixierten Wechselkurs abbildet. Beide Kurven
schneiden sich in einem gemeinsamen Schnittpunkt P, der den Zeitpunkt z der Zahlungsbilanz-
krise angibt.
.
0
für
wobei
,.
(13)
1
=
=
=
=
t
t
t
s
t
R
µ
H
M
e
&
&
&
µ
.
(14)
1
0
1
0
1
1
0
µ
µ
+
=
-
=
t
s
t
s
t
t
M
e
e
M
.
(12)
1
0
t
s
t
M
e
+
=
µ
µ
2
0
1
0
1
0
1
0
0
1
0
1
0
(16)
1
0
(15)
=
=
-
=
=
-
t
t
M
M
.
(17)
0
2
0
1
µ
t
s
t
M
e
+
=
0
für
,
(18)
0
=
+
=
t
t
R
t
H
M
µ
0
0
2
0
1
(19)
µ
µ
t
H
e
s
t
+
+
=
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
8
Verbal lässt sich der Ablauf der Zahlungsbilanzkrise folgendermaßen erklären: Sobald der Schat-
tenwechselkurs den Wert des festen Wechselkurses erreicht hat (d.h. e
z
s
= e
f
), kaufen die privaten
Wirtschaftsakteure den Restbestand an Währungsreserven von der Zentralbank noch vor dem
zwangsläufigen Zusammenbruch des Festkurssystems auf (R
z
= 0). Auf diese Weise wollen sie
sich ihren Anteil an den verbleibenden Währungsreserven sichern und damit Verluste aus Be-
ständen an inländischer Währung, die sie halten, vermeiden. Dieser Vorgang wird auch als speku-
lative Attacke bezeichnet.
13
Die Shadow-Floating-Rate dient den ,,Spekulanten" also als eine Art
Kontrollvariable, um das exakte Timing der Zahlungsbilanzkrise zu determinieren.
14
Die Abb. 1
zeigt, dass sich der Wechselkurs beim Übergang vom festen zum flexiblen Wechselkurssystem
nicht sprunghaft ändert. Verantwortlich dafür, dass kein diskreter Wechselkurssprung stattfindet,
ist die Annahme vollkommener Voraussicht.
15
Denn in Modellen mit vollkommener Voraussicht
kann es keine erwarteten Gewinne oder Verluste geben und deshalb muss der Wechselkursüber-
gang stetig sein.
16
e
t
t
z
e
f
e
t
s
P
Festkurssystem
Flexible Kurse
Abb. 1: Schattenwechselkurs und Zeitpunkt der Zahlungsbilanzkrise
17
Rechnerisch lässt sich der genaue Zeitpunkt der Zahlungsbilanzkrise bestimmen, indem man die
Bedingung e
z
s
= e
f
berücksichtigt und z für t in die Gleichung (19) einsetzt. Dadurch erhält man:
Anschließend wird nach z aufgelöst:
13
Vgl. Krugman/Obstfeld (2000), S. 527
14
Vgl. Mann (1998), S. 79 f.
15
Vgl. Jarchow/Rühmann (2000), S. 299
16
Vgl. Naser (1999), S. 21 und S. 27
17
In Anlehnung an Flood/Marion (1998), S. 57
.
(20)
0
0
2
0
1
µ
µ
z
H
e
f
+
+
=
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
9
Aus der Gleichung (21) kann man folgern, dass die Zahlungsbilanzkrise bzw. der Kollaps des
Festkursystems umso früher stattfindet, je höher die Wachstumsrate der inländische Komponen-
te des Geldangebots
µ
, je niedriger der Ausgangsbestand an Währungsreserven R
0
und je höher
die Reagibilität der Geldnachfrage auf Zinsänderungen
1
sind.
Der Bestand bzw. der Verlust an Währungsreserven zum Zeitpunkt z wird aus den Gleichungen
(20) und (10) ermittelt (Anmerkung: Auflösen der Gleichung (10) nach e
f
):
Aus der Abb. 2 lässt sich die Entwicklung der Währungsreserven, der internen Komponente der
Geldentstehung sowie des Geldangebots im Zeitablauf ablesen.
H
t
,
M
t
, H
t
t
z
M
0
H
0
R
0
R
t
H
t
M
t
=
H
t
+
R
t
M
t
=
H
t
Abb. 2: Entwicklung der Geldmenge und ihrer Komponenten
18
Es ist klar ersichtlich, dass während der Dauer des festen Wechselkurssystems das Geldangebot
konstant bleibt, wobei sich jedoch die Zusammensetzung ändert.
18
In Anlehnung an Naser (1999), S. 26
(
)
.
1
(21)
1
z
0
1
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
0
2
0
1
0
0
µ
µ
µ
µ
µ
µ
-
=
-
-
=
-
-
=
-
-
=
=
R
z
H
e
H
e
z
H
e
R
f
f
f
4 3
4 2
1
.
(22)
0
1
0
1
0
0
2
0
1
0
µ
µ
µ
µ
=
+
=
+
+
+
=
+
=
=
z
z
z
z
H
M
z
z
R
H
H
R
z
H
H
R
z
z
48
4 7
6
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
10
Zum Zeitpunkt z sinken die Währungsreserven und die Geldmenge um den Betrag
µ
1
/
0
(vgl.
Gleichung 22). Nach dem Zusammenbruch des Festkurssystems besteht das Geldangebot nur
noch aus der inländischen Geldentstehungskomponente, da der Bestand an Währungsreserven
vollkommen erschöpft ist (R
z
= 0).
Was den Inlandszins anbetrifft, ergibt sich folgende Veränderung: Bis z-1 bleibt der Zins kon-
stant, weil sich die Variablen der Geldmarktgleichgewichtsbedingung nicht verändern. Zwischen
z-1 und z kommt es durch den Rückgang der Geldmenge um
µ
1
/
0
zu einem Zinsanstieg (es
gilt: e
z-1
= e
z
= P
z-1
= P
z
, da P
*
= 1). Rechnerisch lässt sich der Anstieg des Zinses aus (1) herleiten:
19
Die Abwertungsrate der inländischen Währung wird mit Hilfe der Gleichung (19) bestimmt.
Dazu geht man wie folgt vor:
20
Gemäß (24) wird der flexible Wechselkurs mit der konstanten Rate
t
=
µ
/
0
ansteigen.
2.2
Der Ansatz von Obstfeld
Im Modell von Obstfeld (1994a) sind sämtliche Variablen natürliche Logarithmen. Es gilt die
Kaufkraftparität, wobei der Logarithmus des ausländischen Preisniveaus auf Null normalisiert
wird. Deshalb entsprechen sich der Wechselkurs e
t
und das inländische Preisniveau vollständig.
Das Güterangebot y
t
wird durch Gleichung (1) beschrieben:
Die Variable w
t
kennzeichnet den Lohnsatz, während u
t
die Schockvariable angibt. Sie ist abhän-
gig von ausländischen Zinsen, privaten und staatlichen Nachfrageänderungen. Gleichung (2)
drückt die Lohnbildungshypothese aus. Die Nominallöhne der Periode t werden von den Arbeit-
nehmern und den Unternehmen am Ende der Periode t-1 festgelegt und behalten für eine Perio-
de ihre Gültigkeit. Es gilt die Beziehung:
19
Vgl. Naser (1999), S. 27
20
Vgl. Mann (1998), S. 83
(
)
.
(24)
0
0
0
2
0
1
0
0
2
0
1
µ
µ
µ
µ
µ
z
t
H
z
t
H
e
e
s
t
s
z
t
=
+
-
-
+
+
+
=
-
+
(
)
.
(1)
t
t
t
t
u
w
e
y
-
-
=
( )
.
(2)
1
t
t
t
e
E
w
-
=
(
)
.
/
(23)
0
1
0
1
1
1
1
1
1
0
1
1
0
1
z
z
z
z
z
z
z
z
z
e
P
P
M
P
M
P
M
i
i
µ
µ
=
-
-
=
-
=
+
-
-
=
-
-
-
-
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
11
Bei rationalen Erwartungen stimmt der Nominallohn in t mit dem in t-1 für diese Periode erwar-
teten Wechselkurs e
t
überein. Die Starrheit der Löhne (d.h. Normallohnrigidität) weist der Stabili-
sierungspolitik eine Rolle zu. Während die in t festgelegten Löhne nicht auf Nachfrageschocks in
der gleichen Periode reagieren können, kann dies die Regierung durch Änderungen des Wechsel-
kurses. Dabei verfolgt die Regierung das Ziel, die einperiodige Verlustfunktion L
t
zu minimieren. Der Parameter
in Gleichung (3) beschreibt den Grad der Inflationsaversion.
Der 1. Summand gibt die Kosten an, die sich aus einer Abweichung der Inflationsrate von einem
auf Null normierten Zielwert ergeben, während der 2. Summand jene Kosten repräsentiert, die
mit einer Abweichung des Vollbeschäftigungsoutputs von einem Zielwert y
*
verbunden sind.
21
Unter Berücksichtigung von (1) lässt sich Gleichung (3) wie folgt darstellen:
Die Ableitung von (4) nach e
t
ergibt (Bedingung für ein Optimum: L
t
/ e
t
= 0):
Wenn man definiert, dass
dann lässt sich die Optimumbedingung in (5) schreiben als:
Die Gleichung (7) wird als Optimierungsregel der Regierung bezeichnet. Sie bringt zum Aus-
druck, dass die Regierung den Wechselkurs unter Berücksichtigung des sich in der jeweiligen Pe-
riode einstellenden Nominallohns und der Ausprägung der Schockvariable jeweils so wählt, dass
die Verlustfunktion in (4) minimiert wird. Zudem wird die Regierung bestrebt sein, den Vollbe-
schäftigungsoutput durch Abwertung auf den Zielwert y
*
zu erhöhen.
21
Vgl. Naser (1999), S. 235
(
)
(
)
2
2
1
2
1
2
(3)
-
-
+
-
=
y
y
e
e
L
t
t
t
t
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
.
(5)
0
2
2
1
2
2
1
2
1
2
1
2
2
2
1
1
-
-
-
-
-
-
+
+
+
+
-
+
=
-
+
+
=
+
-
+
+
+
=
+
-
=
-
-
-
+
-
=
y
u
e
w
e
e
y
u
w
e
e
e
y
u
w
e
e
e
y
u
w
e
e
e
e
L
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
(
)
.
(7)
1
1
-
-
+
+
-
=
-
y
u
e
w
e
e
t
t
t
t
t
,
(6)
2
2
+
=
(
)
(
)
(
)
.
e
2
1
2
(4)
2
t
2
1
-
-
-
-
+
-
=
y
u
w
e
e
L
t
t
t
t
t
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
12
Den Arbeitnehmern ist dieses Optimierungskalkül den Regierung natürlich bekannt und dement-
sprechend legen sie ihre Nominallöhne fest.
22
Dies lässt sich formal folgendermaßen darstellen:
Für E
t-1
(u
t
) = 0 erhält man:
Durch Kombination von (7) und (9) ergibt sich die Gleichgewichtsabwertungsrate:
Das Bestreben der Regierung, den Vollbeschäftigungsoutput durch eine Wechselkurserhöhung
(d.h. Abwertung) zu steigern, impliziert einen inflationären Bias in der Wirtschaft.
23
Denn die
Arbeitnehmer werden die Abwertung antizipieren, weil die Nominallöhne eine Periode vor Fest-
legung des Wechselkurses ausgehandelt werden. Daraus resultieren höhere Nominallohnforde-
rungen. Somit ist es für die Regierung vorteilhaft, den Erwartungen im nachhinein zu entspre-
chen und tatsächlich abzuwerten. Man spricht hier auch von selbsterfüllenden Erwartungen.
Diesen inflationären Bias kann die Regierung nur durch eine vollkommen glaubwürdige Wech-
selkursfixierung beseitigen. Dann werden die Arbeitnehmer nämlich keine Wechselkursänderun-
gen mehr erwarten und demzufolge auch auf Lohnerhöhungen verzichten. Wenn die Regierung
einen festen Wechselkurs aufrechterhält, gilt e
t
= e
t-1
und die Verlustfunktion lautet unter Berück-
sichtigung von Gleichung (1):
Ein fester Wechselkurs wird diesen inflationären Bias zwar eliminieren, aber er hindert die Regie-
rung auch daran, auf unvorhersehbare ökonomische Schocks zu reagieren. Eine Wechselkursan-
passung (engl. ,,Realignment") bietet der Regierung hingegen die gewünschte Flexibilität ange-
sichts der Existenz von positiven oder negativen Schocks. Allerdings wird diese Flexibilität unter
Umständen teuer erkauft. So wird die Wirtschaft eventuell durch einem sehr hohen inflationären
Bias belastet. Darüber hinaus entstehen Kosten, die eine Wechselkursanpassung mit sich bringt
(z.B. Reputationskosten). Diese Kosten werden im Modell explizit durch den Parameter c be-
schrieben. Für den Fall eines ,,Realignments" erhält man unter Berücksichtigung von (1) als Ver-
lust der Regierung:
22
Vgl. Flood/Marion (1998), S. 21
23
Vgl. Naser (1999), S. 236
( )
(
)
.
(8)
1
1
1
1
-
-
-
-
+
-
+
+
=
=
y
e
w
u
E
e
e
E
w
t
t
t
t
t
t
t
t
(
)
(
)
.
1
1
(9)
1
1
1
1
-
-
-
-
-
+
=
+
+
-
=
+
-
+
=
y
e
y
w
e
y
e
w
e
w
t
t
t
t
t
t
t
.
1
1
1
(10)
2
2
1
-
-
+
=
+
-
+
=
+
+
-
=
-
y
u
y
u
y
u
y
e
e
t
t
t
t
t
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
.
2
1
2
1
2
1
(11)
2
1
2
1
2
-
-
+
+
-
=
-
-
-
=
-
=
y
u
e
w
y
u
w
e
y
y
L
t
t
t
t
t
t
t
f
t
Diplomarbeit:
Währungskrisen Ergebnis irrationaler Anleger oder hausgemachter Fehler der betroffenen Länder ?
13
Durch Einsetzen von (7) in die Verlustfunktion (12) erhält man:
Nach weiteren Umformungen von (13) ergibt sich:
In diesem Zusammenhang gilt:
Abschließend lässt sich die Verlustfunktion bei einem Realignment wie folgt aufstellen:
Zu einem Realignment kommt es, wenn der mit einer Abwertung/Aufwertung verbundene Ver-
lust geringer ist, als der aus einer Aufrechterhaltung des Wechselkurses resultierende Verlust:
24
24
Vgl. Naser (1999), S. 237
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
.
2
1
2
2
1
2
(12)
2
1
2
2
1
c
y
u
w
e
e
e
c
y
y
e
e
L
t
t
t
t
t
t
t
t
r
t
+
-
-
-
+
-
=
+
-
+
-
=
-
-
(
)
(
)
.
2
1
2
(13)
2
1
1
2
1
c
y
u
w
y
e
w
u
e
y
u
e
w
L
t
t
t
t
t
t
t
t
t
r
t
+
-
-
-
+
-
+
+
+
+
+
-
=
-
-
-
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
.
1
2
1
(14)
1
2
1
2
2
1
2
2
1
(15)
vgl.
2
2
2
2
1
2
1
2
2
2
1
1
2
1
c
y
u
w
e
L
c
y
u
w
e
y
u
w
e
L
c
y
u
w
e
y
u
w
e
y
u
w
e
L
t
t
t
r
t
t
t
t
t
t
t
r
t
t
t
t
t
t
t
t
t
t
r
t
+
-
-
-
-
+
=
+
-
-
-
-
+
-
-
-
=
+
-
-
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
=
-
-
-
-
-
-
4
4 3
4
4 2
1
(
)
(
)
(
)
.
1
2
1
2
-
1
2
1
(15)
2
2
1
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
-
=
-
+
=
+
+
=
+
-
+
=
-
+
=
43
4 2
1
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
(
)
.
1
2
1
1
2
1
(16)
2
1
2
1
c
y
u
e
w
c
y
u
w
e
L
t
t
t
t
t
t
r
t
+
+
+
-
-
=
+
-
-
-
-
=
-
-
(
)
(
)
.
0
2
1
(17)
2
1
>
-
+
+
-
=
-
-
c
y
u
e
w
L
L
t
t
t
r
t
f
t
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2001
- ISBN (eBook)
- 9783832453435
- ISBN (Paperback)
- 9783838653433
- DOI
- 10.3239/9783832453435
- Dateigröße
- 1.1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Stuttgart – Betriebswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftliches Institut
- Erscheinungsdatum
- 2002 (April)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- asien modelle
- Produktsicherheit
- Diplom.de