Lade Inhalt...

Lösungsansätze für interkulturelle Spannungs- und Konfliktsituationen in deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen

©2001 Diplomarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den Zeiten der Globalisierung und der Osterweiterung der EU verlagern immer mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion und ihre Tätigkeit in die osteuropäischen Länder. Gründe, wie neue Marktchancen, niedrigere Lohnnebenkosten oder Produktionskosten treiben diese Erweiterung voran. Die Länder Osteuropas hingegen wollen ihre Produkte und Dienstleistungen über die Grenzen hinaus vermarkten, das ihr Bekanntheitsgrad in der internationalen Wirtschaft steigert. Ungarn ist eines von diesen Ländern, das ihre Beziehungen zu Deutschland intensiviert. Aus den Berichten der wirtschaftlichen Lage Ungarns zu entnehmen, stehen die Exporte und Importe nach und aus Deutschland immer noch an erster Stelle der ungarischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Anteile Deutschlands an den ungarischen Ausfuhren im Jahr 2000 betrug 49,6 % und an den ungarischen Einfuhren 43,7 %.1 Nach Angaben2 der Deutsch- Ungarischen Handelskammer kommt etwa ein Drittel aller Direktinvestitionen in Ungarn aus Deutschland. Seit der politischen Wende 1989 summieren diese Investitionen sich auf etwa 20 Mrd. DM und etwa 200.000 Menschen finden nach Schätzung Beschäftigung in Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung. Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird auch im Jahr 2001 weiter steigen. Diese Daten belegen, dass Ungarn und Deutschland eine sehr intensive Wirtschaftsbeziehung pflegen. Diese Beziehungen basieren jedoch auf zwei unterschiedlichen Wirtschaftslagen und auch auf unterschiedliche Völker und Sprachen. So ist in Deutschland die Ausbildung der Arbeitskräfte und Führungskräfte intensiver. Dagegen sind in Ungarn die Ausbildungsmaßnahmen noch förderungswürdig. Die Unternehmen werden nicht nur mit minderen Ausbildungsniveau konfrontiert, sondern auch mit einer anderen Kultur.
Ein möglicher Erfolg oder Misserfolg von Unternehmenskooperationen kann jedoch nicht nur auf bewusste oder unbewusste Vernachlässigung kulturelle Faktoren zurückgeführt werden, sondern auch darauf, dass den Beteiligten keine adäquaten Fähigkeiten zu Verfügung stehen, um die wahrgenommenen Unterschiede zu bewältigen und zu handhaben. In Situationen, in denen sich Personen aus unterschiedlichen Kulturen begegnen und interagieren, können Spannungen und Konflikte dann entstehen, wenn die Beteiligten ihre kulturell begründeten Vorstellungen, Erwartung und Verhaltensweisen, die sie angemessen und universell gültig betrachten, auf ihr Gegenüber projizieren. Andere Verhaltensweisen, Arbeitsweisen, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5337
Auer, Maria: Lösungsansätze für interkulturelle Spannungs- und Konfliktsituationen in deutsch-
ungarischen Wirtschaftsbeziehungen / Maria Auer - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Rosenheim, Fachhochschule, Diplom, 2001
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

- II ­
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...VI
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS...VII
1
EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG ... 1
2
BEGRIFFSERKLÄRUNG KULTUR,
KULTURDIMENSIONEN IM INTERKULTURELLEN SINNE,
KULTURSTANDARDS, KULTURUNTERSCHIEDE UND
DEREN FOLGEN... 2
2.1
D
EFINITION
K
ULTUR
...2
2.2
H
OFSTEDES
K
ULTURDIMENSIONEN INTERNATIONAL UND IN
U
NGARN
...3
2.3
G
RUPPENEINTEILUNG NACH
H
OFSTEDE
...6
2.4
M
ACHTDISTANZ
-
UND
U
NSICHERHEITSVERMEIDUNGSINDEX
P
ORT
-
F
OLIO
-
D
IE
S
TELLUNG
U
NGARNS
...7
2.5
B
EGRIFFSERKLÄRUNG
K
ULTUR IM INTERKULTURELLEN
S
INNE
...8
2.6
K
ULTURSTANDARDS IM DEUTSCH
-
UNGARISCHEN
K
ONTEXT
...9
2.6.1
Einige deutsche marktwirtschaftliche Kulturstandards ...11
2.6.2
Einige ungarische Kulturstandards ...12
2.7
K
ULTURUNTERSCHIEDE UND DEREN
F
OLGEN
...12
3
VON SPANNUNGEN BIS HIN ZU KONFLIKTEN IM
INTERKULTURELLEN ZUSAMMENHANG ... 14
3.1
B
EGRIFFSERKLÄRUNG
S
PANNUNGEN BIS ZUM
K
ONFLIKT
...14
3.2
T
YPOLOGIE VON
K
ONFLIKTEN
...15
3.3
D
IE NEUN
S
TUFEN DER
E
SKALATION NACH
G
LASL
...17
3.3.1
Kurzbeschreibung der Stufen 1 ­ 9 ...17

- III ­
3.4
D
IE
E
NTSTEHUNG UND
A
RTEN VON
K
ONFLIKTEN
...18
3.5
D
IE
K
ONFLIKTPOTENTIALE UND
U
RSACHEN FÜR
K
ONFLIKTE
...20
3.5.1
Potentiale und Ursachen für zwischenmenschliche Konflikte
...20
3.5.2
Potentiale und Ursachen für organisatorische Konflikte ...22
3.6
Ä
UßERUNGSFORMEN VON
K
ONFLIKTEN
...23
3.6.1
Wann ist ein Konflikt ein interkultureller Konflikt? Am
Beispiel Deutschland und Ungarn ­ Veranschaulichung und
Definition...23
4
AUSWERTUNG INTERVIEW MIT HILFE DER
KONFLIKTDIAGNOSE ­ ANWENDUNG AN DEUTSCH-
UNGARISCHEN WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN... 26
4.1
D
AS
I
NTERVIEW
,
EINE
G
RUNDLAGE FÜR
K
ONFLIKTDIAGNOSE
...26
4.1.1
Interview als Werkzeug - Definition, Aufgaben und Formen
...26
4.1.2
Entwicklung eines Leitfadens und Umsetzung in die Praxis
unter Beachtung der Kriterien für Interviewführung und
Aufzeichnung...27
4.1.3
Die Kunst des Interviewens ­ Grundprinzipien ...28
4.2
D
AS
I
NTERVIEW FÜR DIESE
A
RBEIT
...29
4.3
K
ONFLIKTEPISODE UND
D
IAGNOSESCHEMA FÜR PRAKTISCHE
K
ONFLIKTANALYSE
-
A
NWENDUNG ZUR INTERKULTURELLEN
K
ONFLIKTDIAGNOSE IN DEUTSCH
-
UNGARISCHEN
W
IRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN
...30
4.3.1
Die Streitpunkte oder Konflikt- Issues - Worum geht es?...31
4.3.2
Die Parteien - Wer steht im Konflikt gegeneinander?...33

- IV ­
4.3.3
Die Form - Wie äußert sich der Konflikt?...36
4.3.4
Der Verlauf ­ Wie hat sich der Konflikt entwickelt?...38
4.3.5
Das Ergebnis - Was hat der Konflikt gebracht? ...40
5
KONFLIKTBEWÄLTIGUNG ­ STRATEGIEN-
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIE DEUTSCH- UNGARISCHEN
KONSTELLATIONEN ... 42
5.1
K
ONFLIKTFÄHIGKEIT
-
D
IE
V
ORAUSSETZUNG FÜR DIE
K
ONFLIKTBEHANDLUNG
-
K
OMPONENTEN UND
Ü
BUNGSBEISPIELE
.42
5.2
F
ORMEN DER
K
ONFLIKTBEWÄLTIGUNG
...44
5.2.1 Seelische
Konfliktbewältigung- Entscheidungskonflikte,
Rollenkonflikte und deren Bewältigungsmöglichkeiten für
deutsch- ungarische Beziehungen ...45
5.2.1.1 Entscheidungskonflikte ...46
5.2.1.2 Lösungsansatz zu den Entscheidungskonflikten in
den deutsch- ungarischen Wirtschaftsbeziehungen...48
5.2.1.3 Rollenkonflikte und Übungsvorschläge ...48
5.2.2 Strukturelle
Konfliktbewältigung- Konfliktfestigkeit von
Organisationen- Verwendung für ungarische Unternehmen 51
5.2.3
Interpersonelle Methoden und Eingreifen mit
Anwendungsmöglichkeiten für die Praxis...54
5.2.3.1 Phase 1 die Erregung aus dem Konflikt kontrollieren
...55
5.2.3.2 Phase 2 ­ Das Vertrauen mit der Konfliktpartei
aufbauen...56
5.2.3.3 Ansatz der Handhabung für Deutsche und Ungarn 57
5.2.3.4 Phase 3 - Offen Kommunizieren ...58

- V ­
5.2.3.5 Phase 4- Die Problemlösung ...61
5.2.3.6 Phase 5- Vereinbarung treffen- Regelwerk aufstellen
...62
5.2.3.7 Phase 6 ­ Persönlich verarbeiten...63
5.2.4 Formelle
Konfliktbewältigung
mit Hilfe einer dritten Partei-
Moderation, Mediation durch externen Experten...64
5.2.4.1 Strategie der Moderation- Schwerpunkte und
Anwendung...64
5.2.4.2 Mediation ­ Vermittlung in schwieriger Phase-
Ziele, Aufgaben und Einsatz im Unternehmen ...66
5.3
E
IGENS ENTWICKELTER
L
ÖSUNGSANSATZ MIT
H
ILFE DER
M
ODERATION UND
M
EDIATION
...69
5.3.1
Anwendung eines ,,Robinson"- Trainings...70
6
SINN UND NUTZEN VON KONFLIKTEN ... 71
7
FAZIT UND ABSCHLIEßENDE EMPFEHLUNG ... 73
ANHANG ... 75
LITERATURVERZEICHNIS ... 94
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ... 98

- VI ­
Abkürzungsverzeichnis
Aufl.
Auflage
Bd.
Band
Bzw.
Beziehungsweise
d. Verf. geänd.
durch Verfasser/in geändert
engl.
englisch
f.
folgend
Seite
ff.
fortfolgende
Seiten
GLOBE
Global Leadership and Organizational Behaviour
Effectiveness
Hrsg.
Herausgeber
Jg.
Jahrgang
k.A.
keine
Angabe
Nr.
Nummer
o.A.
ohne
Angabe
o.g.
oben
genannt
o.S.
ohne
Seite
S.
Seite
s.
siehe
u.a.
und
andere
u.g.
unten
genannt
u.s.w.
und
so
weiter
Vgl.
vergleiche
Verf.
Verfasser
Vol.
Volume
z.B.
zum
Beispiel

- VII ­
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
A
BBILDUNG
1:
D
IE
S
TELLE DER UNGARISCHEN
M
ARKETINGFÜHRUNGSKRÄFTE AUF DER
INTERNATIONALEN
K
ULTURKARTE
. ... 6
A
BBILDUNG
2:
V
ERGLEICH
M
ACHTDISTANZ UND
U
NSICHERHEITSVERMEIDUNG
... 7
A
BBILDUNG
3:
K
ULTUR NACH
S
PENCER
-O
ATEY
,(1999) ... 8
A
BBILDUNG
4
K
ONFLIKTE UND
N
ICHT
-K
ONFLIKTE
... 16
A
BBILDUNG
5:
K
ONFLIKTARTEN IN EINER
O
RGANISATION
... 19
A
BBILDUNG
6
K
RÄFTEFELD DER INTERKULTURELLEN
Ü
BERSCHNEIDUNGSSITUATION
... 25
A
BBILDUNG
7:
Ü
BERBLICK ÜBER BEFRAGTE
U
NTERNEHMEN
... 29
A
BBILDUNG
8:
E
IGENENTWICKLUNG NACH
G
LASL
´
S
B
ESCHREIBUNG VOM
P
ROZESSMODELL UND
S
TRUKTURMODELL
... 30
A
BBILDUNG
9:
E
IGENENTWICKLUNG AUS
B
ERKEL
´
S
B
EZIEHUNGEN DER
P
ARTEIEN ZUEINANDER
... 35
A
BBILDUNG
10:
H
EIßE UND KALTE
K
ONFLIKTE
... 36
A
BBILDUNG
11:
E
RGEBNISSE AUS DEM
I
NTERVIEW
... 37
A
BBILDUNG
12:
A
BLEITUNG AUS DEN
S
TRATEGIEN DER
K
ONFLIKTBEWÄLTIGUNG
... 38
A
BBILDUNG
13
K
ONFLIKTFÄHIGE
P
ERSÖNLICHKEIT
... 43
A
BBILDUNG
14
A
USZUG AUS
Ü
BUNG ZUM
E
RKENNEN DER GEGNERISCHE
S
IGNALE
... 44
A
BBILDUNG
15:
F
ORMEN DER
K
ONFLIKTBEWÄLTIGUNG
... 45
A
BBILDUNG
16
M
EIN
V
ERHALTEN IN
E
NTSCHEIDUNGSSITUATIONEN
... 47
A
BBILDUNG
17:
R
OLLENVERHANDELN IN DER
G
RUPPE
... 51
A
BBILDUNG
18
V
ERDRÄNGEN ODER
W
ÜTEN
?,,
D
.V
ERF
.
GEÄND
." ... 56
A
BBILDUNG
19
S
TÄRKEN UND
S
CHWÄCHEN
... 58
A
BBILDUNG
20:
K
OMMUNIKATIONSMUSTER BASIEREND AUF DIE
I
NTERVIEWERGEBNISSE
... 59
A
BBILDUNG
21
I
NTERKULTURELLE
K
ONFLIKTSITUATION BEARBEITEN
D
ESIGN
I
NTERKULTURELLE
T
EAMBILDUNG
"
D
.V
ERF
.
GEÄND
." ... 61
A
BBILDUNG
22:
K
REISLAUF KOOPERATIVER
K
ONFLIKTBEWÄLTIGUNG
... 63
A
BBILDUNG
23:
M
EDIATIONSPROZESS
... 68
A
BBILDUNG
24
E
IGENENTWURF
-
F
ESTSTELLUNG AUS DEM
I
NTERVIEW
... 69

- 1 -
1 Einleitung und Problemstellung
In den Zeiten der Globalisierung und der Osterweiterung der EU verlagern immer
mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion und ihre Tätigkeit in die osteuropäi-
schen Länder. Gründe, wie neue Marktchancen, niedrigere Lohnnebenkosten oder
Produktionskosten treiben diese Erweiterung voran. Die Länder Osteuropas hin-
gegen wollen ihre Produkte und Dienstleistungen über die Grenzen hinaus ver-
markten, das ihr Bekanntheitsgrad in der internationalen Wirtschaft steigert. Un-
garn ist eines von diesen Ländern, das ihre Beziehungen zu Deutschland intensi-
viert. Aus den Berichten der wirtschaftlichen Lage Ungarns zu entnehmen, stehen
die Exporte und Importe nach und aus Deutschland immer noch an erster Stelle
der ungarischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Anteile Deutschlands an den unga-
rischen Ausfuhren im Jahr 2000 betrug 49,6 % und an den ungarischen Einfuhren
43,7 %.
1
Nach Angaben
2
der Deutsch- Ungarischen Handelskammer kommt etwa
ein Drittel aller Direktinvestitionen in Ungarn aus Deutschland. Seit der politi-
schen Wende 1989 summieren diese Investitionen sich auf etwa 20 Mrd. DM und
etwa 200.000 Menschen finden nach Schätzung Beschäftigung in Unternehmen
mit deutscher Kapitalbeteiligung. Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird auch
im Jahr 2001 weiter steigen. Diese Daten belegen, dass Ungarn und Deutschland
eine sehr intensive Wirtschaftsbeziehung pflegen. Diese Beziehungen basieren
jedoch auf zwei unterschiedlichen Wirtschaftslagen und auch auf unterschiedliche
Völker und Sprachen. So ist in Deutschland die Ausbildung der Arbeitskräfte und
Führungskräfte intensiver. Dagegen sind in Ungarn die Ausbildungsmaßnahmen
noch förderungswürdig. Die Unternehmen werden nicht nur mit minderen Ausbil-
dungsniveau konfrontiert, sondern auch mit einer anderen Kultur.
Ein möglicher Erfolg oder Misserfolg von Unternehmenskooperationen kann je-
doch nicht nur auf bewusste oder unbewusste Vernachlässigung kulturelle Fakto-
ren zurückgeführt werden, sondern auch darauf, dass den Beteiligten keine adä-
1
Vgl. Wirtschaftstelegramm Ungarn; Archiv, Jg. 4; April 2001; http://www.wtunet.de (15.08.01)
2
Vgl. Breuer, S.; Konjunkturumfrage der Deutsch- Ungarischen Handelskammer; Firmen werden
skeptischer; Budapester Zeitung Online; vom 21.05.2001; http://www.budapester.hu
(18.06.01)

- 2 ­
quaten Fähigkeiten zu Verfügung stehen, um die wahrgenommenen Unterschiede
zu bewältigen und zu handhaben. In Situationen, in denen sich Personen aus un-
terschiedlichen Kulturen begegnen und interagieren, können Spannungen und
Konflikte dann entstehen, wenn die Beteiligten ihre kulturell begründeten Vorstel-
lungen, Erwartung und Verhaltensweisen, die sie angemessen und universell gül-
tig betrachten, auf ihr Gegenüber projizieren. Andere Verhaltensweisen, Arbeits-
weisen, Reaktionen der Kooperationspartner können unter Umständen nicht rich-
tig eingeordnet werden und erzeugen ein Gefühl der Fremdheit und der Hilflosig-
keit. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, interkulturelle Spannungs- und Kon-
fliktpotentiale zwischen ungarischen und deutschen Unternehmen zu identifizie-
ren und darauf aufbauend Lösungsansätze zu ihrer Handhabung zu entwickeln.
Die Identifizierung erfolgt mit Hilfe eines Interviewleitfadens, der eigens auf die
Situation innerhalb des interkulturellen Konflikts für diese Arbeit entworfen wur-
de.
2 Begriffserklärung Kultur, Kulturdimensionen im interkulturellen
Sinne, Kulturstandards, Kulturunterschiede und deren Folgen
2.1 Definition Kultur
In der betriebswirtschaftlichen sowie auch in der soziologischen Literatur lässt
sich eine Vielfalt von Kulturdefinitionen vorfinden. Eine von diesen Definitionen
liefert Keller. Seine Definition basiert auf der Literaturanalyse von Kroeber und
Kluckholm und definiert Kultur folgendermaßen:
,,Unter Kultur versteht man sämtliche kollektiv geteilten, impliziten oder expliziten Verhal-
tensnormen, Verhaltensmuster, Verhaltensäußerungen und Verhaltensresultate, die von den
Mitgliedern einer sozialen Gruppe erlernt und mittels Symbolen von Generationen zu Ge-
nerationen weitervererbt werden. Diese ­ nach innerer Konsistenz strebenden ­ kollektiven
Verhaltensmuster und ­normen dienen dem inneren und äußeren Zusammenhalt und der
Funktionsfähigkeit einer sozialen Gruppe und stellen eine spezifische, generationserprobte
Lösung des Problems der Anpassung an ihre physischen, ökonomischen und sonstigen

- 3 ­
Umweltbedingungen dar. Kulturen neigen dazu, sich einer Veränderung in diesen Bedin-
gungen anzupassen."
3
Nach Keller umfasst Kultur sowohl sichtbare Kulturprodukte, wie spezifische
Verhaltensweisen, Sitten und Gebräuche der Mitglieder einer sozialen Gruppe, als
auch die, hinter diesem beobachtbaren Verhaltensmuster liegenden kollektiv ge-
teilten Überzeugungen, Motive, Werte und Einstellungen. Kultur kann als ein ,,u-
niverselles"
4
, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches
Orientierungssystem bezeichnet werden. Dieses Orientierungssystem wird in der
jeweiligen Gesellschaft aus spezifischen Symbolen gebildet. Es beeinflusst das
Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder und definiert somit
deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert
ein für die sich der Gesellschaft zugehörig fühlenden Individuen spezifischem
Handlungsfeld und schafft damit die Voraussetzung zur Entwicklung eigenständi-
ger Formen der Umweltbewältigung
5
.
2.2 Hofstedes Kulturdimensionen international und in Ungarn
In der kulturellen Forschung ist der Schwerpunkt die Erkundung kultureller Di-
mensionen. Die Dimensionen sind erwünschenswert, wenn man die Unterschiede
in einer Kultur darstellt, analysiert oder abstrahiert. Eine umfassende Studie im
Rahmen der kulturvergleichenden Forschung hat Hofstede durchgeführt. Ziel sei-
ner Untersuchung war es, Kulturdimensionen zu identifizieren, anhand derer die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Ländern festgestellt werden kön-
nen. Dabei hat er den Einfluss der Kultur auf Vorstellungen und das Verhalten
von Mitarbeitern vorausgesetzt. In einer breit angelegten quantitativen Studie hat
Hofstede auf die Datenbank von IBM zurückgreifen können, die schriftliche Be-
fragungsergebnisse von 116.000 IBM-Mitarbeitern aller Hierarchieebenen ent-
3
Keller; E.; Management in fremden Kulturen; 1982, Stuttgart; S. 118
4
Keller; E.; Management in fremden Kulturen; 1982, Stuttgart; S. 114ff.
5
Vgl. Schroll- Machl, S. und Novy. I; Perfekt geplant oder genial improvisiert!; München- Me-
ring; 2000; S.14

- 4 ­
hielt.
6
Hofstede ist es gelungen, auf empirischem Wege vier bzw. fünf Dimensio-
nen zur Kulturanalyse zu identifizieren.
Die fünf Dimensionen nach Hofstede
7:
· Machtdistanz
· Unsicherheitsvermeidung
· Individualismus - Kollektivismus
· Maskulinität ­ Feminität
· Kurz- und langfristige Orientierung
Die erste Dimension ist die Machtdistanz, das Ausmaß der in einer Gesellschaft
vorfindbaren und von ihren Mitgliedern akzeptierten ungleichen Machtvertei-
lung.
8
Die zweite Dimension beschreibt die Unsicherheitsvermeidung, d.h. die
kulturell geprägte Haltung, mit der die Mitglieder einer Gesellschaft unsicherer
bzw. nicht eindeutiger Situation begegnen.
9
Die Unsicherheitsvermeidung kenn-
zeichnet den Grad, ,,...in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse
oder unbekannte Situationen bedroht fühlen..."
10
Im Rahmen seiner dritten Di-
mension unterscheidet er zwischen individualistischen und kollektivistischen
Kulturen. In kollektivistisch geprägten Kulturen sind die Menschen in einem
weiten Familienkreis oder starken geschlossenen Gruppen integriert: Ihre
Aktionen und Handlungen sind nicht nur auf das eigene Wohlergehen
ausgerichtet, sondern sind untrennbar mit dem Wohl ihres gesamten sozialen
Umfeldes verbunden.
11
Während sich kollektivistische Kulturen eher durch ein
ausgeprägtes Wir- Gefühl auszeichnen, sind individualistische Kulturen durch
eine ich- bezogene Betrachtung gekennzeichnet.
6
Vgl. Hofstede, G.; Culture´s Consequences; Newbary Park et al.; Vol.5; 1982, S. 11
7
Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London;1980,S. 52ff
8
Vgl. Hofstede,G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 42.
9
Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London; 1980; S. 153ff.
10
Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 133.
11
Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London; 1980, S. 214ff.

- 5 ­
Als Beispiel ließe sich hier der Kommunismus anbringen: Bis heute sind kom-
munistische Parteien in Europa in den kollektivistischen Ländern, wie ,,Italien,
Spanien"
12
, Ungarn, Griechenland und Russland relativ bedeutend- ganz im Ge-
gensatz zu den individualistischen Ländern wie Großbritannien, Deutschland,
Kanada und den USA. Die Demokratie und freie Marktwirtschaft ebenso eine auf
Individualismus basierte politisch ­ ökonomische Ideologie. Dementsprechend
lässt sich erklären, warum meistens in kollektivistischen Ländern eher unfreie
Marktwirtschaft herrscht, und ebenso kollektivistische Länder eher undemokrati-
sche Regierungsformen haben bzw. hatten.
13
Hinsichtlich der Dimension der Maskulinität - Feminität, führt Hofstede aus, dass
in Gesellschaften, die sich durch hohe Maskulinität auszeichnen, die Rollen von
Mann und Frau klar voneinander abgegrenzt haben.
14
In femininen Gesellschaften
überschneiden sich dagegen die Rollen der beiden Geschlechter und feminine
Werte werden nicht geringer bewertet, sondern durchaus hoch angesehen.
15
Ende der achtziger Jahre hat Hofstede die vier Kulturdimensionen ergänzt.
16
Diese
Dimensionen beinhalten die ,,Zukunftsorientierung" bzw. die ,,langfristige Orien-
tierung" mit dem Fokus auf die Ausdauer bzw. Beharrlichkeit der Kulturmitglie-
der und die ,,Vergangenheits- ­und Gegenwartsorientierung" bzw. die ,,kurzfris-
tige Orientierung" der untersuchten Kulturen.
17
Hofstede hat keine empirische
Forschung in Ost- Europa durchgeführt, sondern nach seiner Schätzung einen
prädikativen Wert gebildet und die Region in zwei Gruppen eingeteilt.
12
Vgl. Einführung in die interkulturelle Kommunikation;
http://www.intercultural-
network.de/einfuehrung/individualismus.html
, (26.11.2001)
13
Vgl. Einführung in die interkulturelle Kommunikation;
http://www.intercultural-
network.de/einfuehrung/individualismus.html
, (26.11.2001)
14
Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London; 1980; S. 261f.
15
Vgl. Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 101.
16
Vgl. Hofstede, G./ Bond, M.; The Confucius connection; Vol. 16,4/ 1988; S.4-22
17
Vgl. Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 190.

- 6 -
2.3 Gruppeneinteilung nach Hofstede
Gruppe
Machtdistanz Individualismus Maskulinität Unsicherheit
I. Gruppe
niedrig hoch hoch hoch
II. Gruppe
hoch mittel niedrig hoch
Abbildung 1: Die Stelle der ungarischen Marketingführungskräfte auf der internationalen Kul-
turkarte.
Quelle:
Hofmeister Tóth, À. und Bauer, A.; Führungswissenschaften; Ausg. 6; Budapest;
1995; S. 38
Zur Gruppe I gehören die Länder wie: ehemalige DDR, Polen, Tschechische Re-
publik und Ungarn. Zur Gruppe II gehören die Länder: wie Rumänien, Bulgarien,
Russland. Seine Einteilung der Gruppen basiert jedoch nicht auf empirische Un-
tersuchungen, sondern nur auf kulturgeschichtlichen Entwicklungen und wirt-
schaftlichen Schätzungen. Diese Einschätzung nach Hofstede diente als Grundla-
ge für eine empirische Forschung von Varga in Ungarn. Im Rahmen seiner Unter-
suchung versuchte er die geschätzten Dimensionen zu belegen. Die Studie wurde
bei 1000 Führungskräften einer Organisation durchgeführt
18
.
18
Vgl. Hofmeister- Tóth., À.; und Bauer, A.; Führungswissenschaften; Ausg. 6; Budapest; 1995;
S. 38ff.

- 7 -
2.4 Machtdistanz- und Unsicherheitsvermeidungsindex Port-Folio-
Die Stellung Ungarns
Abbildung 2: Vergleich Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung
Quelle:
Eigenentwicklung aus Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit;1993; S.163.
und Führungswissenschaften; Jg.1995; Ausg. 6.; Budapest; 1995; S. 39
Aus der Jubiläumsausgabe der Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Buda-
pest ist ein Bericht über die Untersuchungsergebnisse der GLOBE
19
zu entneh-
men, in dem die Einstufung von Ungarns Kulturdimensionen innerhalb 61 Länder
dargestellt werden. Dieser Bericht beschreibt, dass Ungarn zu den Ländern gehört,
wo die Machtdistanz sehr hoch ist. Das Land wird als sehr individualistisches
Land eingestuft. Die hohe Machtdistanz in Ungarn lässt sich mit der geschichtli-
chen Entwicklung des Landes begründen. So wurde es im Sozialismus hoch ange-
sehen, wenn man eine höhere Position hatte. Das bedeutete, dass Personen mit
hoher Position besondere Privilegien besaßen. So ist es auch heute noch relevant,
eine bestimmte Position in der Gesellschaft und im Unternehmen zu besitzen. Die
Einstellung, gleichzeitig besondere Anrechte genießen zu können, ist weiterhin in
allen Bereichen der Gesellschaft vorhanden. Allerdings ist diese nicht mehr mit
der marktwirtschaftlichen Transformation in Ungarn zu vereinbaren. Eine Lösung
19
GLOBE: Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness
HUN

- 8 ­
von Macht ist daher erwünschenswert. Der Unsicherheitsvermeidungsindex hat
einen niedrigen Wert ergeben. Der Wunsch nach Sicherheit und Stabilität ist sehr
hoch.
20
Warum das so ist lässt sich ebenfalls mit dem sozialistischen System er-
läutern. Die Erwartungen gegenüber der Bevölkerung waren mäßig, da in diesem
System Strukturiertheit vom Staat und festes Reglement praktiziert wurden. Das
ungarische Volk musste sich um soziale und wirtschaftliche Belange nicht küm-
mern, denn der Staat übernahm deren Erledigung. Aus diesem Grund wurde jahr-
zehntelang die Selbstständigkeit gehemmt. Diese Eigenschaft, Innovativ zu sein,
ist jedoch in dem Transformationsprozess ein Hauptansatzpunkt.
2.5 Begriffserklärung Kultur im interkulturellen Sinne
In der interkulturellen Forschung wird Kultur verstanden als ,,die Gesamtheit von
Attitüden, Grundsätzen, Annahmen, Werten und Wertvorstellungen, Verhaltens-
normen und Grundeinstellungen die von einer Gruppe geteilt werden, die das
Verhalten der Gruppenmitglieder beeinflussen und mit dessen Hilfe das Verhalten
anderer interpretiert wird".
21
Abbildung 3: Kultur nach Spencer-Oatey,(1999)
22
Quelle: Intercultural
Network;
Internet: http:/www.Intercultural-
network.de/einfuehrung/thema_kultur.shtml; (25.07.01)
20
Vgl. Bakacsi, Gy.; Organisationskultur und Leadership im internationalen Vergleich. Jubi-
läumsausgabe der Hungarien Academy of Science Budapest;Bd.3.; Oktober,1998; S. 2162.
21
Vgl. Intercultural Network Definition nach Spencer- Oatey, 1999;
http:/www.Intercultural-
network.de/einfuehrung/thema_kultur.shtml ;
Besucht am: 25.11.2001
22
Vgl. auch Spencer- Oatey, H.; Culturally speaking; London; 2000; o.S.

- 9 ­
Jede Schicht bedingt die andere - und wird damit beeinflusst. An der Außenseite
des Kulturmodells befinden sich die Rituale und Verhaltensweisen, (Rituals &
Behaviour) sowie die Artefakte und Produkte einer Kultur. Im generellen kann
man unter dieser äußeren Schicht die offensichtlichen Anzeichen der Kultur ver-
stehen: sie sind Teile der Kultur, die z.B. durch eine Reise in ein Land und dem
aufmerksamen Betrachten der Bevölkerung erkannt werden. Die darunter liegende
Schicht bilden die Systeme und Institutionen einer Gesellschaft ­ darunter ver-
steht man sowohl die sozial- ökonomischen Systeme, als auch die politischen le-
gislativen und exekutiven Systeme und Institutionen einer Kultur. Diese Schicht
bedingt und beeinflusst die äußere Schicht. Als nächste Schicht findet man Nor-
men, Attitüden und Grundsätze (beliefs, norms and attitudes) aber auch allgemei-
ne Werte und Wertvorstellungen. Diese Schicht beeinflusst die darüberliegende
Schicht direkt. Unterhalb dieser Schicht befindet sich das Zentrum der Kultur: Die
Grundwerte und fundamentalen Annahmen einer Kultur (basic assumptions and
values). Diese Schicht ist zwar begrenzt in ihren Ausmaßen und Umfang ­ ist
allerdings die wohl wichtigste Schicht des Kulturmodels, da alle oberen Schichten
sich direkt oder indirekt aus ihr ableiten. Ein nur kleiner Unterschied in dieser
Schicht kann drastische Konsequenzen in den oberen Schichten nach sich ziehen
23
Kulturen können sich der Logik ihres Begriffs gemäß eben nur voneinander ab-
setzen, sich gegenseitig verkennen, ignorieren, diffamieren oder erkämpfen, nicht
aber verständigen oder austauschen. Das Konzept der Interkulturalität sucht nun
nach Wegen, wie die Kulturen sich miteinander vertragen, wie sie miteinander
kommunizieren. Dabei ist abzuwägen welche Unterschiede die verschiedenen
Kulturen mit sich tragen.
2.6 Kulturstandards im deutsch- ungarischen Kontext
Wenn Kultur als spezifisches Orientierungssystem bezeichnet wird, dann heißt es,
dass es einzelne Elemente gibt, die in einer strukturierenden Weise aufeinander
bezogen sind. Sie wurden aus der Interaktion ihrer Mitglieder untereinander und
23
.
Vgl. Thema Kultur Einführung Internet:
http://www.intercultural-
network.de/einfuehrung/thema_kultur.shtml;
(06.09.2001)

- 10 ­
mit ihrer Umwelt ins Leben gerufen und weitergegeben. Die Kulturelemente wir-
ken komplexitätsreduzierend und handlungsleitend. Sie ermöglichen den Mitglie-
dern einer Kultur, sich gegenseitig als Interaktionspartner berechenbar zu machen.
Sie geben den Antizipationen und Erwartungen Gehalt. Diese kulturellen Elemen-
te werden als Kulturstandards bezeichnet und folgendermaßen definiert:
,,Kulturstandards können aufgefasst werden als die von den einer Kultur lebenden Men-
schen untereinander geteilten und für verbindlich angesehenen Normen und Maßstäbe zur
Ausführung und Beurteilung von Verhaltensweisen. Kulturstandards wirken als Maßstäbe,
Gradmesser, Bezugssysteme und Orientierungsmerkmale. Kulturstandards sind die zentra-
len Kennzeichen einer Kultur, die als Orientierungssystem des Wahrnehmens, Denkens und
Handelns dienen. Die Kulturstandards bieten den Mitgliedern einer Kultur Orientierung
für das eigene Verhalten und ermöglichen zu entscheiden, welches Verhalten abzulehnen
ist.(Thomas;1999)"
24
Wesentlich ist für diese Arbeit die Wahrnehmung, die das eigene Orientierungs-
system steuert. Dieses kulturelle Orientierungssystem reguliert die Werte. Jede
Kultur hat seine eigenen Werte und so sind die ungarische und deutsche Seite da-
von überzeugt, mit gutem Grund, die eigene Vorgehensweise für effektiv zu hal-
ten und der anderen Seite unterstellen zu können, sich kontraproduktiv zu beneh-
men. Die Kulturstandards sind eine Orientierung in der Entscheidung, welches
Verhalten als normal, typisch, und noch akzeptabel anzusehen ist, und welches
Verhalten abzulehnen ist. Sie beschreiben Charakteristikas auf einem abstrahier-
ten generalisierten Niveau. Sie beziehen sich auf eine Nation gemeinsamer Ele-
mente. Sie beschreiben nicht die Individuen einer Gesellschaft. Ein Kulturstan-
dard ist nicht bei jedem Mitglied einer Kultur in gleicher Ausprägung vorhanden.
So kann es dazu kommen, dass nicht jedes Mitglied die gleichen Merkmale auf-
weist. Daher können manche Verhaltensweisen stärker, andere wiederum weniger
in einer Kultur ausgeprägt sein. Aus diesem Spannungsfeld bezieht jede Kultur
seine Dynamik und unterliegen daher zeitlichen Veränderungen. Grundsätzlich
wird jeder Ausländer und sein Verhalten auf der Basis des zentralen Kulturstan-
dards beurteilt. Entspricht er den Standards, wird er eher anerkannt. Die Befol-
gung der Standards ist die Aufnahmeprüfung zur Akzeptanz in der Fremde
24
Schroll-Machl, S., Nový, I. Perfekt geplant oder genial improvisiert; München--Mering; 2000;
S.15.; Vgl. Auch. Thomas, A.; Kultur als Orientierungssystem und Kulturstandards als Bauteile;
Heft10; Osnabrück; S.91-130.

- 11 ­
Anhand unterschiedlicher Kulturstandards von deutschen und ungarischen Kultu-
ren können Kulturstandardpaare gebildet werden. Sie stecken das Spannungsfeld
zwischen den Antworten ab, die Deutsche einerseits und Ungarn auf eine Zentrale
Frage geben.
2.6.1 Einige deutsche marktwirtschaftliche Kulturstandards
25
1 Ergebnisorientierung:
Nur der Erfolg zählt, der Kunde entscheidet was gut ist und was als Erfolg
betrachtet werden kann, Fehler kann man sich nicht leisten
2 Leistungsorientierung:
Optimierung des Produktionsablaufs zugunsten von Qualität und Kosten,
leistungsgerechte Entlohnung, Wichtigkeit eines Controllings, Einsatzbe-
reitschaft von Führungskräften, Vorrang der Aufgabe und Firmeninteresse
vor Privatem, die Qualifizierung der Mitarbeiter dient der Leistungssteige-
rung und der Motivation.
3 Initiative:
Umsetzen von Wissen, Können, Vereinbarungen, Verantwortungsgefühl
im eigenen Tun gegenüber der Firma, eigene Aktivität, eigene Entschei-
dung als Motor, Selbstdisziplin zur Zielerreichung.
4 Sicherer Interaktionsstil:
Direktheit, Konfliktkonfrontation und Selbstsicherheit.
5 Zeit ist Geld:
Stress und Hektik herrschen hier vor, Zeitdruck ist allgegenwärtig, perma-
nenter Anspruch auf Leistungsoptimierung. Schnelligkeit und zeitliche
Zuverlässigkeit ist unabdingbar.
25
Vgl. Schroll- Machl, S. und Nový, I.; Perfekt geplant oder genial improvisiert?; München- Me-
ring; 2000; S 152 ff

- 12 ­
6 Qualitätsbewusstsein:
Fehlervermeidung ist angestrebt, Misserfolgsvermeidung, mit Schwächen
wird nicht abgefunden, Reklamationen wirken alarmierend, Probleme
werden offen und klar festgestellt und analysiert.
2.6.2 Einige ungarische Kulturstandards
26
1 Gutes Arbeitsklima
Gutes Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten, alles duzt sich, erzählt
sich Privates und trifft sich regelmäßig.
2 Identifikation mit dem Unternehmen
Eine desillusionierte bis resignative Haltung aufgrund der Geschichte und
der wirtschaftliche Lage, Leistung ja aber Begeisterung und Engagement
nein.
3 Skepsis und Zweckpessimismus
Beurteilung der Chancen für gute Zusammenarbeit zurückhaltend, positive
Erfahrungen sind zu wenig, Schuldzuweisung auf andere.
4 Angst vor Ausbeutung
Vollkommene Ablehnung von ,,Besserwissertum", selbstbewusstes Ver-
halten erregt die Aggressionen, Angst vor Unterdrückung aufgrund histori-
scher Ereignisse (seit dem 16.Jahrhundert ständig unter fremder Herr-
schaft), finanzielle Ausbeutung vermeiden.
2.7 Kulturunterschiede und deren Folgen
Die Kulturen sind unterschiedlich. Die Erfahrungen mit Ausländern hierzulande
bestätigen die Ergebnisse der Wissenschaft, die nachgewiesen hat, dass Wahr-
nehmung, Denk- und Erklärungsweisen, Gefühlserleben und ­ vor allem - Verhal-
ten kulturell geprägt sind. Strittig ist hingegen, wie solche Unterschiede zu bewer-
26
Vgl. Harss, C. & Maier, K.; Ungarn- Westen des Ostens; Zeitschrift Personalwirtschaft,
Ausg.11; 1995, S 32-35.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832453374
ISBN (Paperback)
9783838653372
DOI
10.3239/9783832453374
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Rosenheim – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2002 (April)
Note
1,0
Schlagworte
dimensionen interkulturelle konflikte lösungsansätze kulturunterschiede
Zurück

Titel: Lösungsansätze für interkulturelle Spannungs- und Konfliktsituationen in deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
88 Seiten
Cookie-Einstellungen