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Staatliche Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich auf regionaler Ebene

Bestandsaufnahme und Vergleich

©2001 Diplomarbeit 219 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Bürgerinformation“ ist die erste Pflicht staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Sachlich, neutral und objektiv zu informieren ist dabei zentraler Anspruch und Wesenselement funktionierender Demokratien gleichermaßen.
In der vorliegenden Arbeit werden mögliche Lücken zwischen diesem Anspruch und der Wirklichkeit untersucht. Ausgangspunkt hierfür sind zunächst die Vorgaben aus der PR-Theorie bzw. Forschung sowie die aktuellen gesetzlichen Vorgaben für staatliche Öffentlichkeitsarbeit, welche den normativen Rahmen des Tätigkeitsfeldes prägen. Ob diese „idealtypischen“ Ansprüche in der Praxis verwirklicht werden, wird eine an diesen Grundlagen orientierte empirische Untersuchung erbringen. Das Augenmerk gilt dabei insbesondere den Teilbereichen Struktur, Aufgaben und Arbeitsweisen staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Zentraler Untersuchungsgegenstand ist die noch wenig bearbeitete regionale Ebene.
Gleichzeitig wird ein länderübergreifender Ansatz verfolgt: Deutschland (wie zu zeigen sein wird: die Bundesländer) und in Frankreich (die régions) werden untersucht und verglichen. Ziel ist es, länderspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erarbeiten, und mit den Ergebnissen zu einem Ausbau des Forschungsstandes Öffentlichkeitsarbeit beizutragen. So ist auch hier, wie Bischoff bereits vor mehr als 20 Jahren auf kommunaler Ebene bemerkt, „für die vorliegende Untersuchung die Beobachtung entscheidend, dass es in unserem Staat nicht unbedingt an Werten mangelt, die davon abhängen, dass eine aktive Gesellschaft existiert, sondern an deren Realisierung.“.
Gang der Untersuchung:
Zunächst wird, ausgehend von den Prämissen vergleichender Forschung, anhand historischer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller Faktoren, die funktionale Äquivalenz französischer Regionen und deutscher Bundesländer als notwendige Bedingung der Vergleichbarkeit erarbeitet (Kapitel 2).
Die Definition (Kapitel 3) und Geschichte (Kapitel 4) staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Frankreich und Deutschland wird kurz nachgezeichnet.
Aufbauend auf den idealtypischen Vorgaben aus der Theorie (Kapitel 5) und den normativen Ansprüchen der jeweiligen Gesetzgebung (Kapitel 6) folgt eine Zusammenschau des Stands der Forschung auf gesamtstaatlicher, regionaler und kommunaler Ebene zum Themenfeld staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in den beiden Ländern (Kapitel 7).
Auf dieser Basis wird das Untersuchungsziel, die Analyse regionaler […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5315
Hezel, Stefan: Staatliche Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich auf regionaler
Ebene: Bestandsaufnahme und Vergleich / Stefan Hezel - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Berlin, Universität, Diplom, 2001
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http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
2
Gliederung
1 Einführung
7
2 Vergleichsforschung und funktionale Äquivalenz der Regionen
2.1 Probleme der Vergleichsforschung und Auswahl der Untersuchungsobjekte
2.2 Zur funktionalen Äquivalenz deutscher Bundesländer und französischer Regionen
2.2.1 Europa als Bezugspunkt
2.2.2 Deutsche Bundesländer
2.2.3 Französische Regionen
9
9
11
11
14
16
3 Definition von Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
21
4 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
4.1 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland
4.2 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Frankreich
23
23
24
5 Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in
idealtypischer Darstellung
5.1 Idealtypische Struktur
5.2 Idealtypische Aufgaben
5.3 Idealtypische Arbeitsweise
26
26
27
30
6 Normative Vorgaben staatlicher Öffentlichkeitsarbeit nach dem Gesetz
32
6.1 Deutschland
6.2 Frankreich
32 / 37
6.1.1 Staatliche Ebene
6.2.1 Staatliche Ebene
32 / 37
6.1.2 Regionale Ebene
6.2.2 Regionale Ebene
34 / 39
6.1.3 Kommunale Ebene
6.2.3 Kommunale Ebene
35 / 39
7 Stand der Forschung
41
7.1 Deutschland
7.2 Frankreich
41 / 50
7.1.1 Staatliche Ebene
7.2.1 Staatliche Ebene
41 / 50
7.1.2 Regionale Ebene
7.2.2 Regionale Ebene
43 / 53
7.1.3 Kommunale Ebene
7.2.3 Kommunale Ebene
46 / 54

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
3
8 Operationalisierung des Untersuchungsziels
8.1 Voruntersuchungen
8.1.1 Voruntersuchung 1: Öffentlichkeitsarbeit und regionale Identität
8.1.2 Voruntersuchung 2: Öffentlichkeitsarbeit und Tourismus
8.2 Entwicklung der Arbeitsannahmen
8.2.1 Drei Teilbereiche der Untersuchung
8.2.2 Formulierung der Arbeitsannahmen
8.3 Die Untersuchungsmethode
8.3.1 Art und Auswahl der Untersuchungsmethode
8.3.2 Wahl eines zweiteiligen Untersuchungsaufbaus
58
58
58
60
64
64
65
67
68
70
8.4 Der Fragebogen
8.4.1 Rolle des Fragebogens
8.4.2 Erläuterung der Fragen
8.5 Pretests
8.5.1 Zwei mal zwei Pretests
8.5.2 Ergebnisse der Pretests
73
73
74
89
90
92
8.6 Weitere Schriftstücke
8.6.1 Das Anschreiben
8.6.1.1 Ansprechpartner und Anrede
8.6.1.2 Inhalt des Anschreibens
8.6.1.3 Äußeres Erscheinungsbild
8.6.2 Das Begleitschreiben
8.6.3 Umschlag und Adressierung
8.7 Vorbereitung der Erhebung
8.7.1 Die Adressermittlung
8.7.2 Die Rücksendeoptionen
8.7.3 Zum Versand
8.7.4 Erhebungszeitpunkt und Antwortzeitraum
8.8 Untersuchungsverlauf
8.8.1 Überblick über den Untersuchungsverlauf
8.8.2 Schriftliche Nachfassaktion
8.8.3 Telefonische Nachfassaktion
8.8.4 Ergebnisse und Rücklaufquoten
94
94
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95
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96
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99
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Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
4
9. Auswertung
102
9.1 Auswertung Deutschland
9.2 Auswertung Frankreich
102 / 122
9.3 Vergleich Deutschland ­ Frankreich
9.4 Abgleich der Arbeitsannahmen
138
144
10. Zusammenfassung und Ausblick
147
11. Literatur und Quellen
11.1 Literatur
11.2 Online
11.2.1 Internetseiten der Regionen
11.2.2 Weitere Internetseiten
11.3 Weitere Quellen
11.4 Abkürzungsverzeichnis
150
150
159
159
160
160
161
12. Anhang
162
12.1 Schriftstücke Deutschland
12.1.1 Anschreiben
12.1.2 Fragebogen
12.1.3 Begleitschreiben
12.1.4 Adressliste
12.2 Schriftstücke Frankreich
12.2.1 Anschreiben
12.2.2 Fragebogen
12.2.3 Begleitschreiben
12.2.4 Adressliste
162 / 170
162 / 170
164 / 172
168 / 176
169 / 177
12.3 Numerierung der Antwortvariablen / Kodebuch
12.4 Übersichten zum Antwortverhalten
12.4.1 Antworten nach Regionen
12.4.2 Antworten nach Häufigkeiten
12.5 Übersicht zu Recherchegesprächen und Pretests
12.6 Voruntersuchungen
12.6.1 Übersicht zur Voruntersuchung 1: Logos und Wappen
12.6.2 Fragebögen zur Voruntersuchung 2
12.6.3 Recherchegespräche zur Voruntersuchung 2
178
181
181
182
201
202
202
205
207

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
5
12.7 Übersichten zu Gesetzen und Rechtsprechung
209
12.7.1 Gesetze und Rechtsprechung /
Deutschland
12.7.2 Gesetze und Rechtsprechung /
Frankreich
209 / 211
12.8 Übersichten zu Image- und Kommunikationskampagnen
213
12.8.1 Imagekampagnen / Deutschland
12.8.2 Imagekampagnen / Frankreich 213 / 216
12.9 Ergänzende Übersichten
12.9.1 Schulferien im Erhebungszeitraum
12.9.2 Wahltermine im Erhebungszeitraum
12.10 Erklärung
217
217
217
218

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
6
Vielen Dank an
alle teilnehmenden französischen Regionen und deutschen Bundesländer
Anja Hadré
Dr. Anna-Louise Hübner
Caroline Lavaret
Dr. Kai-Uwe Merz
Carole Spada
Christoph Tapper
Jürgen Büsselberg
Edo Gerdes
Dinah Goebel
Erika Reimann
Albrecht Richter
Nina Weinmann
Prof. Dr. Barbara Baerns
Prof. Philipp J. Maarek
Prof. Dr. Joachim Trebbe
& an meine Familie.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
7
1 Einführung
,,Bürgerinformation" ist die erste Pflicht staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Sachlich, neutral und objektiv zu informieren ist dabei zentraler Anspruch und
Wesenselement funktionierender Demokratien gleichermaßen. In der vorliegenden Arbeit
werden mögliche Lücken zwischen diesem Anspruch und der Wirklichkeit untersucht.
Ausgangspunkt hierfür sind zunächst die Vorgaben aus der PR-Theorie bzw. Forschung
sowie die aktuellen gesetzlichen Vorgaben für staatliche Öffentlichkeitsarbeit, welche den
normativen Rahmen des Tätigkeitsfeldes prägen. Ob diese ,,idealtypischen" Ansprüche in
der Praxis verwirklicht werden, wird eine an diesen Grundlagen orientierte empirische
Untersuchung erbringen. Das Augenmerk gilt dabei insbesondere den Teilbereichen
Struktur, Aufgaben und Arbeitsweisen staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Zentraler Untersuchungsgegenstand ist die noch wenig bearbeitete regionale Ebene.
Gleichzeitig wird ein länderübergreifender Ansatz verfolgt: Deutschland (wie zu zeigen
sein wird: die Bundesländer) und in Frankreich (die régions) werden untersucht und
verglichen. Ziel ist es, länderspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erarbeiten,
und mit den Ergebnissen zu einem Ausbau des Forschungsstandes Öffentlichkeitsarbeit
beizutragen. So ist auch hier, wie Bischoff (1978: 3) bereits vor mehr als 20 Jahren auf
kommunaler Ebene bemerkt, ,,für die vorliegende Untersuchung die Beobachtung
entscheidend, daß es in unserem Staat nicht unbedingt an Werten mangelt, die davon
abhängen, daß eine aktive Gesellschaft existiert, sondern an deren Realisierung."
Was den Aufbau der Arbeit anbetrifft, wird zunächst, ausgehend von den Prämissen
vergleichender Forschung, anhand historischer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller
Faktoren, die funktionale Äquivalenz französischer Regionen und deutscher Bundesländer
als notwendige Bedingung der Vergleichbarkeit erarbeitet (Kapitel 2). Die Definition
(Kapitel 3) und Geschichte (Kapitel 4) staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Frankreich und
Deutschland wird kurz nachgezeichnet. Aufbauend auf den idealtypischen Vorgaben aus
der Theorie (Kapitel 5) und den normativen Ansprüchen der jeweiligen Gesetzgebung
(Kapitel 6) folgt eine Zusammenschau des Stands der Forschung auf gesamtstaatlicher,
regionaler und kommunaler Ebene zum Themenfeld staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in den
beiden Ländern (Kapitel 7). Auf dieser Basis wird das Untersuchungsziel, die Analyse
regionaler Öffentlichkeitsarbeit in den Bereichen Struktur, Aufgaben und Arbeitsweisen,

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
8
operationalisiert, und anschließend in Deutschland und Frankreich empirisch erhoben
(Kapitel 8). In der abschließenden Analyse- und Vergleichsphase (Kapitel 9) werden
Charakteristika regionaler Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich aufgezeigt
und mit zuvor aufgestellten Arbeitsannahmen abgeglichen. Das abschließende Kapitel fasst
die Ergebnisse zusammen, beschäftigt sich mit möglicher Kritik und gewährt einen
Ausblick auf zukünftige Forschungsmöglichkeiten im Themenbereich (Kapitel 10).

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
9
2 Vergleichsforschung und funktionale Äquivalenz der Regionen
2.1 Probleme der Vergleichsforschung und Auswahl der Untersuchungsobjekte
,,Mehr Programmstunden als Schafe"
1
Was die Möglichkeiten und Grenzen komparativer Forschung betrifft, bietet der Vergleich
als wissenschaftliche Methode reichhaltige Möglichkeiten. So trägt er dazu bei, Forschern
beim Blick über den eigenen Tellerrand zu helfen, und die Chancen, aber auch Risiken
anderer Systeme kennenzulernen. Eine ,,Horizonterweiterung" (Kleinsteuber 1993: 319) ist
die Folge, diese wirkt augenöffnend und bringt neue Entdeckungen hervor. So kann das
Ziel eines Vergleichs ein idealtypisches Modell des Untersuchungsgegenstandes sein,
welches in der Zukunft als Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen dient. Schon früh
war der Vergleich ein Mittel, eine ,,Theorie vom besseren Staat zu formen" (Kleinsteuber
1993: 325).
Darüberhinaus kann komparative Forschung die Generalisierbarkeit von Theorien
wissenschaftlich bestätigen oder deren Allgemeingültigkeit in Frage stellen. Dabei lässt
sich generell prüfen, in welcher Weise sich sozioökonomische Bedingungen verschiedener
Systeme auf ein und denselben Untersuchungsgegenstand auswirken (z.Bsp. zentralistische
und föderale Systeme auf die Medienvielfalt). Untersucht werden können dabei nicht nur
aktuelle und deshalb statische Zustände, sondern auch dynamische Prozesse.
Um ein (zumindest in Europa) allgemeingültiges Ergebnis zu erhalten, müßten in die
Untersuchung regionaler Öffentlichkeitsarbeit idealerweise alle europäischen Regionen
einbezogen werden. Dies ist aber aufgrund des damit verbundenen Aufgabenumfangs
sowie der notwendigen finanziellen und zeitlichen Mittel hier nicht durchführbar. Die
geplante Untersuchung ist vielmehr als ,,Zweistaatenvergleich" angelegt. Dies stellt die
Form eines ,,expliziten" Vergleichs dar; vgl. Kleinsteuber 1993: 328-330. Ein-Staaten-
Analysen, die nicht explizit kompararativ arbeiten, beruhen bei der Befassung von
,,Phänomenen in der Fremde" nach Kleinsteuber (1993: 319) auf einem impliziten
Vergleich mit der eigenen Basiserfahung und stellen so eine (Sonder-)Form des Vergleichs
dar. Methodologisch liegt das Problem im vorliegenden Fall zum einen in der geringen
Zahl der Staaten (zwei) sowie der Auswahl der Untersuchungsobjekte (Deutschland und
1
Titel eines Artikels zur Mediensituation in Neuseeland, zitiert nach Kleinsteuber 1993: 317.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
10
Frankreich). Die geringe Zahl der Staaten kann zum einen begründet werden durch den
weitgehend explorativen Charakter der Studie. Dies zeigt sich durch den geringen Stand
der Forschung in den Staaten selbst als auch speziell länderübergreifend. Außerdem kann
so die (aufgrund der abnehmenden Zahl an konstanten Vergleichsparametern) steigende
Komplexität von Mehrnationenvergleichen eingeschränkt werden. Kleinsteuber (1993:
320) bestätigt, daß bei Vielstaatenvergleichen ,,der Untersuchungsgegenstand entsprechend
eingeschränkt werden" müsse. Im Umkehrschluß wird mittels des Vergleichs von nur zwei
Staaten ein tiefergehender Einblick in die Untersuchungsobjekte möglich.
Aufgrund geringer, aber dennoch bereits vorliegender Forschungsergebnisse in
Deutschland und Frankreich kann zwischen den beiden Staaten eine quantitative
Untersuchung erfolgen. Die bisher erhobenen Daten liegen jedoch relativ heterogen vor
und sind darüberhinaus jeweils nur Ein-Staaten-Darstellungen ohne generalisierbare
Gültigkeit. Aus diesem Grunde bietet sich eine übergreifende Untersuchung an, welche die
vorhandenen Daten zum einen nutzt und aktualisiert, zum anderen aber durch einen
einheitlichen Untersuchungsaufbau miteinander vergleichbar macht. Dies ist mittels der
bisher erhobenen Daten nur eingeschränkt durchführbar und markiert somit die Chance
und das Forschungsinteresse dieser Arbeit.
Bereits vorliegende Erkenntnisse und (wie noch auszuführen sein wird) die weitgehende
Einheitlichkeit des normativen Handlungsrahmens im Bereich deutscher und französischer
Öffentlichkeitsarbeit liefern somit die Rechtfertigung für eine quantitative und
repräsentative Untersuchung. Um mit Kleinsteuber (1993: 324) zu argumentieren,
existieren meist ,,weltweit gültige handwerkliche Regeln", die hier im Fall
Öffentlichkeitsarbeit aufgezeigt werden können. Diese werden in der Folge aber
,,nationalisiert, also in ökonomisch, politisch und kulturell sehr ungleiche Milieus
eingepaßt, und zeigen dabei erstaunliche Variationsbreiten" (Kleinsteuber 1993: 324). Also
muß ­ wie in den vorangegangenen Grenzen komparativer Forschung aufgezeigt ­ eine
Betrachtung des soziopolitischen Umfelds in die Untersuchung miteinfließen. So schreibt
Teune (1992: 49) passend zum deutsch-französischen Vergleichspaar ,,comparing highly
centralized systems and very decentralized ones" sei durchaus möglich, wenn man diese
Betrachtung ergänzend in der Analyse berücksichtigt und darauf aufbauend Schlüsse zieht.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
11
Was die Auswahl der Untersuchungsobjekte betrifft, muß diese aus der Logik des
Untersuchungsdesigns hervorgehen. Auch Deutschland und Frankreich weisen ­ nach
Kleinsteuber (1993: 320) eine Grundvoraussetzung aller Vergleiche ­ spezifische
Ähnlichkeiten (,,Konkordanz") aber auch Unterschiede (,,Differenz") ­ auf, deren Existenz
für einen Vergleich notwendig ist. Außerdem kann den beiden Regionentypen ,,funktionale
Äquivalenz" attestiert werden (vgl. Kap. 2.2). Desweiteren spielen die beiden Staaten
Deutschland und Frankreich eine entscheidende Rolle in der Europäischen Union / EU,
ergänzend gibt es zahlreiche historische Bezüge (siehe nachfolgendes Kapitel 2.2). Weiter
spielt für die Auswahl die persönliche gute Kenntnis der beiden Staatensysteme eine
entscheidende Rolle. Dieses Auswahlkriterium lässt sich durch Øyen (1992: 1-18) stützen:
Sie weist auf die Gefahr des Ethnozentrismus bei ungenügendem Wissen über den
,,fremden" Untersuchungsgegenstand hin und spricht von dem Problem, damit
möglicherweise Artefakte zu produzieren. Somit ist eine gute Kenntnis des
Untersuchungsgegenstands unerlässlich und kann im vorliegenden Fall ebenfalls als
Auswahlkriterium begründet werden.
2.2 Zur funktionalen Äquivalenz deutscher Bundesländer und französischer
Regionen
Äquivalenz bedeutet ,,Gleichwertigkeit" oder ,,Gleichartigkeit", ,,funktional" bzw. ,,in
Funktion" bedeutet ,,in Tätigkeit, Aufgabe oder Leistung" (Drosdowski 1994: 241 sowie
1188). Funktionale Äquivalenz kann folglich sinngemäß übersetzt werden mit
,,Gleichartigkeit in Aufgabe oder Leistung". Inwiefern dies für die Untersuchungsobjekte
französische Regionen und deutsche Bundesländer zutrifft, soll nachfolgend ermittelt
werden.
2.2.1 Europa als Bezugspunkt
Zentrales Moment der Vergleichbarkeit beider Staaten ist die europäischer Ebene. Europa
ist mit Beginn der 80er Jahre zunehmend in Bewegung geraten. Mit dem Fall der Mauer
und dem Zusammenbruch des bipolaren Systems der beiden Großmächte Anfang der 90er
Jahre konnte sich die EU zum zentralen Bezugspunkt der Politik aller europäischen Staaten
entwickeln. Durch mehrere grundlegende Vertragswerke wie das von Maastricht
1990/1991 und Amsterdam 1996/1997 sah sich der europäische Einigungsprozess und
damit die Europäisierung der teilnehmenden Staaten zunehmendem Tempo ausgesetzt. Die
Orientierung an der europäischen Ebene wird zur handlungspolitisch entscheidenden

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
12
Achse für die europäischen Staaten. Dies gilt insbesondere auch für Frankreich und
Deutschland, da diese Länder gemeinsam treibende Kräfte des europäischen
Integrationsprozesses verkörpern
2
. Desweiteren bestehen zwischen Deutschland und
Frankreich Parallelen etwa in Aufgabe und Organisation der zu untersuchenden
Gebietskörperschaften sowie in bezug auf deren historische, kulturelle und ökonomische
Grundlagen, wie in der Folge dargelegt werden soll.
Aus europäischer Sicht nun können sowohl die französischen régions als auch die
deutschen Bundesländer als ,,Regionen" bezeichnet werden. Gemeinhin ist der Begriff der
Region zunächst sehr ungenau definiert
3
. Die Anerkennung der Regionen zeigte sich
erstmals mit dem Vertrag von Maastricht 1993. Dieser wird unter anderem geschlossen in
dem ,,Bestreben, ihre [die der Mitgliedsländer] Volkswirtschaften zu einigen und deren
harmonische Entwicklung zu fördern, indem sie den Abstand zwischen den einzelnen
Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringen" (Präambel des EG
Vertrages 1994; vgl. Läufer 2000: 48/49). In diesem Vertrag werden die Regionen erstmals
offiziell als subnationale Einheiten erwähnt. 1993 wird ergänzend der ,,Ausschuß der
Regionen" gegründet.
Dem Verständnis vom ,,Europa der Regionen" folgend, bezeichnet der Begriff ,,Region" in
Deutschland seither die Bundesländer, in Frankreich die régions. Ähnlich vielfältig wie die
Konzepte und Definitionen des Begriffs ,,Region" sind dabei die Ansätze und
Vorstellungen vom ,,Europa der Regionen". Der Begriff ,,Europa der Regionen" soll fortan
das Verständnis bezeichnen, welches als Grundidee die Stärkung der regionalen Ebene
innerhalb der Europäischen Union vorsieht (vgl. Raich 1995: 25-27 sowie Klatt 1995).
Dieser Ansatz läßt sich aus der Satzung der Versammlung der Regionen Europas / VRE
ableiten, welche europäische Regionen als ,,die unmittelbar unterhalb der
zentralstaatlichen Ebene bestehenden Gebietskörperschaften mit einer politischen
Vertretung" (VRE 1996: Artikel 2) definiert
4
. Der Ansatz für die Vergleichbarkeit der
beiden Gebietskörperschaften ist also die Sichtweise aus einem europäischen Blickwinkel.
Die beiden folgenden Schaubilder zeigen die Vorgehensweise noch einmal graphisch auf.
2
Zur Entwicklung Europas sowie der deutschen und französischen Rolle in der EU vgl. Weidenfeld 1999.
3
So stellt etwa Raich (1995: 23) fest, daß ,,ungeachtet seiner in jüngster Zeit erfahrenen Verbreitung der
Begriff der Region alles andere als inhaltlich eindeutig bestimmt ist. Infolgedessen ruft er oft völlig
unterschiedlichen Assoziationen etwa hinsichtlich der Größe einer Region, deren Abgrenzung oder der von
ihr wahrzunehmenden Funktion hervor."
4
Die Versammlung der Regionen Europas / VRE wurde 1985 als jährlich tagende Konferenz gegründet.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
13
Schaubild 1: Verwaltungsstrukturen
Europäische Union
,,Europa der Regionen"
Deutschland
Frankreich
Bundesländer
Regierungsbezirke
5
Landkreise (+kreisfreie Städte)
Kommunen (Städte und Gemeinden)
Regionen
Départements
-
Kommunen (Städte und Gemeinden)
Schaubild 2: Aufbau des Vergleichs
Europäische Union
Europa der Regionen
Deutschland
Frankreich
Bundesländer
Regierungsbezirke
Landkreise (+kreisfreie Städte)
Kommunen (Städte und Gemeinden)
Regionen
Départements
-
Kommunen (Städte und Gemeinden)
Im folgenden soll der Begriff Region also auf französischer Seite die Verwaltungseinheit
région bezeichnen, auf deutscher Seite das Bundesland.
Betrachtet man Ansätze, welche sich um den Vergleich von französischen mit deutschen
,,Regionen" als quasi kulturelle Einheit im Sinne von ,,Kulturregionen" (also nicht
gleichzusetzen mit den Bundesländern) bemühen, ergibt sich eine weitere Möglichkeit
funktionaler Äquivalenz. Diese wäre zu fassen anhand des identifikationsstiftenden
Moments der ,,Region" als kulturellem Raum. Diese könnte beim vorliegenden
Untersuchungsansatz ebenfalls als Vergleichsobjekt dienen. Der französisch-deutsche
Vergleich würde so nicht auf der Ebene Region-Bundesland, sondern auf der Ebene
Region-Region ansetzen, was das Problem des politischen Gewichts deutscher
Bundesländer als Vergleichsobjekte umgehen würde. Es zeigt sich aber, daß dieser Ansatz
weniger fruchtbar und erfolgversprechend wäre als der Vergleich von Regionen und
Bundesländern.
5
Regierungsbezirke existieren nicht in allen Bundesländern. Der ,,Regierungsbezirk" als Unterkategorie der
Bundesländer kann somit nicht als Vergleichsobjekt herangezogen werden. Ähnlich verhält es sich mit den
,,Kreisen", für die es aufgrund ihrer Vielzahl kein Pendant und deshalb keine Vergleichsmöglichkeit auf
französischer Seite gibt.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
14
Nun zum Vergleich der beiden Staaten: Frankreich und Deutschland sind demokratische
europäische Staaten, die auf ähnlichen Prinzipien des Staatsaufbaus gründen (vgl. Ismayr
1997). Im traditionell zentralistischen und ,,unteilbaren" Frankreich
6
sind diese
Gebietskörperschaften zunächst die régions, gefolgt von den départements und den
communes
7
. Im föderalen System der Bundesrepublik
8
stellen zunächst die Bundesländer,
dann die Kommunen die beiden relevanten Ebenen unterhalb des nationalen Niveaus dar.
Anhaltspunkte für eine Vergleichbarkeit aufgrund funktionaler Äquivalenz gibt es viele.
Diese werden nachfolgend vorgestellt.
2.2.2 Die deutschen Bundesländer
Was die Geschichte der deutschen Bundesländer betrifft, sind dies meist Einheiten, welche
ab 1945 weitgehend (wieder-)entstanden sind. Die Länderneugründungen fußten nach der
überkommenen Zentralisierung des dritten Reichs mitunter auf historischem Gebiet (bspw.
Bayern), teils wurden aber auch historisch und kulturell unterschiedliche Einheiten
zusammengefasst (wie etwa Baden-Württemberg) oder gänzlich neu gegründet (wie das
Saarland 1957, das zuvor weder eine historische noch eine kulturelle Einheit bildete)
9
.
Ähnliches gilt für die fünf ostdeutschen Bundesländer: Nach dem 2. Weltkrieg unter
vergleichbaren Bedingungen kurzzeitig wiedereingeführt, wurden diese 1952 zugunsten
einer zentralistischen Einteilung in Bezirke kurzerhand abgeschafft. Erst 1990
10
, also vor
rund zehn Jahren erst, wurde das System der Länder erneut im östlichen Teil Deutschlands
wiederbelebt. Somit zeigt sich, daß sowohl im Ost- als auch im Westteil der BRD die
Strukturen der Länder mitunter auf relativ heterogenen geschichtlichen und kulturellen
Beständen gründen. Es sind Parallelen zur Entwicklung der französischen Regionen
ausmachbar (vgl. nachfolgendes Kapitel 2.2.3)
11
.
Die Funktion im Staat betreffend findet sich die föderale Struktur der BRD zunächst
verfassungsrechtlich garantiert
12
. Mit der Angliederung der neuen Bundesländer an die
BRD bestehen seit den 90er Jahren 16 Länder mit eigenen Verfassungen und
6
,,La France est une république indivisible" (Art. 2 der franz. Verfassung).
7
Grundlage dieses Verwaltungsaufbaus ist neben Art. 75 der franz. Verfassung das Gesetz vom 5. Juli 1972.
8
,,Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat [...]" (Art. 20 GG).
9
Vgl. zur Geschichte der Bundesländer: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg 1999.
10
Grundlage ist das Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990.
11
Auch diese Parallelen können als Indiz der Vergleichbarkeit gewertet werden. Insbesondere gilt die
Möglichkeit des ,,diachronen Vergleichs" zeitlich verschobener, aber inhaltlich ähnlicher Phänomene nach
Kleinsteuber 1993: 317/318.
12
Art. 20 GG.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
15
Staatsorganen. Die Länder als sog. Gliedstaaten verfügen über weitreichende eigene
Kompetenzen, die aus historischen Gründen vor allem der Zentralisierung der Staatsmacht
vorbeugen sollen. So ist die ,,Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher
Aufgaben Sache der Länder" (Art.30 GG). Dies wird nur eingeschränkt durch die
,,Gemeinschaftsaufgaben"
13
, die ,,konkurrierende Gesetzgebung"
14
sowie die
,,ausschließlichen Aufgaben"
15
des Bundes. Die Länder nehmen den wesentlichen Teil der
Verwaltung wahr und verfügen außerdem über eigene legislative Kompetenzen, was diese
wesentlich von den Gebietskörperschaften anderer Staaten unterscheidet.
Aktuell zeichnet sich aber mit der vielfach diskutierten Entwicklung zugunsten des
,,Kooperativen Föderalismus" zunehmend der Verlust von Länderkompetenzen an den
Bund ab (vgl. Donoth 1996: 35). Dies birgt wiederum die Gefahr, daß sich die föderale
Idee des Grundgesetzes in der Praxis in Richtung eines ,,unitarischen Bundesstaates"
(Ismayr 1997b: 446) entwickelt. Verstärkt wird diese Tendenz dadurch, daß auf
europäischer Ebene zunehmend über Kompetenzbereiche entschieden wird, welche
eigentlich in den Hoheitsbereich der Länder und nicht den des Bundes hineingehörten
16
.
Damit wird die bisher unangreifbar starke föderale Länderstuktur der BRD zunehmend
vergleichbar mit regionalen Strukturen anderer Staaten, hier insbesondere der Frankreichs:
Die französischen Regionen gewinnen, wie nachfolgend aufgezeigt wird, zunehmend an
Stärke, die deutschen Länder verlieren dagegen an Kraft und Einfluß, es kann von einer
Tendenz zur Annäherung der Macht- und Kompetenzpotentiale gesprochen werden, wie es
sich auch durch die gemeinsame Repräsentation in europäischen Gremien wie dem Rat der
Regionen zeigt.
Auf europäischer Ebene wird der ,,Ausschuß der Regionen / AdR"
17
mit 24 deutschen
Vertretern besetzt
18
. ,,Regionen ­ das sind in der Bundesrepublik die deutschen Länder"
(Schmuck 1995: 158). Diese sind berechtigt, mit anderen Gebietskörperschaften
Partnerschaften abzuschließen, solange diese nicht in die Angelegenheiten des Bundes
hineinreichen. Eine zunehmende Verflechtung von Bundes- und Landesinteressen macht
13
Art. 91a GG.
14
Art. 72-75 GG.
15
Art. 71 GG.
16
Zur Sicherung der Wahnehmung der Länderinteressen auf europäischer Ebene ist 1992 der sog. ,,Europa-
Artikel" 23GG in Kraft getreten. Dieser unterstreicht die Mitwirkung der Bundesländer in europäischen
Angelegenheiten über den Weg des Bundesrates. Dessen Wirksamkeit bleibt jedoch begrenzt.
17
Der Ausschuß der Regionen besteht aus 189 europäischen Mitgliedern und besitzt auf europäischer Ebene
beratende Funktion. Zu Aufgaben und Rechten vgl. Art. 263-265 (ehemals Art. 198) des Europäischen
Gemeinschaftvertrages / EGV vom 2. Oktober 1997 sowie Donoth 1996: 308-312.
18
Deutschland entsendet (wie Frankreich) neben regionalen auch einige kommunale Vertreter.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
16
aber wie erörtert die strikte Trennung der Kompetenzen gerade auf europäischer Ebene
unmöglich.
2.2.3 Die französischen Regionen
Die Geschichte der französischen Regionen ist vergleichsweise alt. Diese gründeten i.d.R.
auf Gebiete, die bereits im 16. Jahrhundert unter dem Titel von Provinzen Bestand hatten,
mit der französischen Revolution jedoch abgeschafft wurden
19
. Im Jahr 1972, also fast 200
Jahre später, wurden auf Grundlage dieser Provinzen die heutigen 22 Regionen wieder
eingeführt
20
. Diese bestehen jeweils aus mehreren Départements und gründen oft auf
historischen Gebieten (etwa im Beispiel des Alsace). Der Vorwurf Bodens (1995: 33/34)
,,die Regionen sind Verwaltungseinheiten ohne Bezug zu kulturellen und sprachlichen
Besonderheiten" kann also nicht vorbehaltslos übernommen werden. Allerdings wurden
die Bezüge zur Vergangenheit nicht immer respektiert (bspw. die Haute- bzw. Bas-
Normandie). In einigen Fällen vereinigten die neuen Regionen sogar bisher gänzlich
unterschiedliche Gebiete (wie im Fall der Region Provence-Alpes-Côtes d´Azur). Das
Regionalbewußtsein entwickelte sich in den Regionen parallel zur Historizität des
jeweiligen Gebietes; in historisch gewachsenen Regionen relativ stark, in noch jungen
Regionen langsamer, aber dennoch konstant (vgl. Constantinesco 1990: 208-215).
Die Funktion im Staat betreffend erhalten die 1972 eingeführten Regionen 1982 den Status
eigenständiger Gebietskörperschaften
21
. Seither ist die région als Verwaltungseinheit mit
eigenen Kompetenzen ausgestattet. Seit 1986 wird ein eigener Regionalrat, der sog.
,,conseil régional" bestellt. Dessen Besetzung erfolgt ­ für das traditionelle
Mehrheitswahlrecht in Frankreich eine Neuerung ­ nach dem Verhältniswahlrecht.
Gewählt wird direkt und auf eine Dauer von sechs Jahren, was für die politischen Vertreter
der Gebietskörperschaft ein nicht unbedeutendes Machtpotential darstellt.
Wichtig in bezug auf die regionalen Kompetenzen ist, daß sich die Gebietskörperschaften
im Sinne des Subsidaritätsprinzips Aufgaben mit der übergeordneten nationalen Ebene
19
Die 34 sog. provinces verkörperten historisch und kulturell eigenständige Einheiten. Dies widersprach zu
Zeiten der französis chen Revolution aber dem Gedanken der égalité, der Gleichheit aller. Sie wurden
deshalb 1790 abgeschafft.
20
Diese fungieren unter dem Titel ,,établissements publics régionaux / EPR" und verfügen zunächst kaum
über Kompetenzen. 1984 kommen vier überseeische Gebiete zu den 22 Regionen hinzu. Diese werden aber
aufgrund ihrer besonderen Lage nicht mit in die Untersuchung einbezogen.
21
Gesetzliche Grundlage war das ,,Loi de décentralisation" vom 2. März 1982, ergänzt am 6. Januar 1986.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
17
teilen
22
. Gleichwohl steht die Region rechtlich nicht über, sondern neben den
Départements und Kommunen
23
. Dies zeigt sich nachfolgend auch an der
(gleichberechtigen) Besetzung des Senats sowie des Auschußes der Regionen durch die
verschiedenen französischen Gebietskörperschaften.
Die Zuständigkeit der Regionen manifestiert sich vor allem im ökonomischen Bereich.
Desweiteren finden sich bei den Regionen Kompetenzen für Raumplanung,
Berufsausbildung und Bau sowie Unterhalt der Höheren Schulen. Sie sind darüber hinaus
zuständig für das Hochschulwesen, Forschung und die öffentlichen Verkehrsmittel (vgl.
Hoffmann-Martinot 1999: 365-369 sowie Conseil économique et social 1991: 48-53). In
dieser Aufgabenabtretung des Staates finden sich also Ansätze zum Subsidaritätsprinzip
begründet. Hoffmann-Martinot (1999: 375) spricht mit Blick auf das französische System
davon, daß Frankreich auf den ersten Blick noch immer zentralistisch sei, internationale
Statistiken ,,erlauben jedoch den Vergleich der Dezentralisierung Frankreichs mit anderen
Industrieländern." Gründe hierfür seien:
- die Freiheit bzw. Handlungsspielraum der lokalen Akteure gegenüber den staatlichen
Behörden
- die Partizipations- und Einflußchancen der Bürger vor Ort
- die Effizienz der Gebietskörperschaften.
Eine zunehmende Stärkung der regionalen Ebene ist indes nicht aufzuhalten: ,,An der
Dynamik [der Region] besteht kein Zweifel; sie äußert sich sowohl in der kräftigen
Aufstockung ihres Haushalts als auch in den vielfältigen politischen Innovationen, die sie
bereits eingeleitet hat" (Hoffmann-Martinot 1999: 369). So steht sie aber auch in
,,wachsender Konkurrenz" (Hoffmann-Martinot 1999: 369) mit den Départements und den
bedeutendsten Städten.
Auf europäischer Ebene werden den drei französischen Gebietskörperschaften
Repräsentationsfunktionen zugestanden, insbesondere im Ausschuß der Regionen. So
entsendet Frankreich 24 Vertreter in den AdR. Diese setzen sich zu gleichen Teilen aus
regionalen, departementalen und kommunalen Vertretern zusammen. Laut der Verfassung
22
So am Beispiel Alsace: ,,Toutefois, l´état partage certains de ses propres compétences avec les differentes
collectivités territoriales et particulièrement avec les régions" (www.cr-alsace.fr, Stand 03/2001).
23
Dieses Grundprinzip von Abwesenheit der Vormundschaft einer Gebietskörperschaft über eine andere
macht ein wesentliches Element des französischen Staatsaufbaus aus.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
18
gilt in Frankreich in Sachen Außenpolitik jedoch der Alleinvertretungsanspruch
auschließlich durch den Zentralstaat
24
. Den Vertretern im AdR wird aber eingeräumt, ihre
Funktion als Repräsentanten der jeweiligen Einheit wahrzunehmen und in deren Interesse
und Auftrag zu handeln. Dies kommt aufgrund der zur Verfügung stehenden finanziellen
Mittel vor allem den Regionen zugute. Der Ausschuß der Regionen selbst tritt wiederum
für eine Stärkung der regionalen Ebene im europäischen Kontext ein, was die Rolle der
Regionen zunehmend stützen dürfte.
In einer ersten Zusammenfassung läßt sich die Gegenüberstellung der beiden Regionen auf
folgende Formel bringen: Es bestehen vergleichbare Aufgaben bei unterschiedlichen (aber
sich annähernden) politischen Strukturen in einem gemeinsamen europäischen Kontext. Im
Vergleich der beiden Regionentypen fallen weitere Gemeinsamkeiten auf.
Ein Indiz für funktionale Äquivalenz sind interregionale Abkommen, welche zwischen
Frankreich
25
und Deutschland
26
geschlossen wurden: Diese fanden zwischen der
regionalen Ebene in Frankreich und der Länderebene in Deutschland statt, wie die
nachfolgenden Beispiele verdeutlichen:
- die Verbindung Saar-Lor-Lux aus dem Saarland, Elsaß-Lothringen und Luxemburg;
- die interregionale Zusammenarbeit der ,,Vier Motoren für Europa" Baden-Württemberg
(BRD), Katalonien (Spanien), Lombardei (Italien) und Rhône-Alpes (Frankreich);
- die Kooperation von Rheinland-Pfalz mit der Bourgogne (vgl. zu den genannten
Beispielen Luchaire, Dolez und Vantroys 1992: 34).
Darüberhinaus weisen aber auch ganz formale Kriterien Äquivalenzen französischer
Regionen und deutscher Bundesländer auf: Beide Gebietskörperschaften sind, wie bereits
angedeutet, die größte administrative Einheit unterhalb der nationalen Ebene. Frankreich
ist unterteilt in 22 Regionen, die BRD umfasst 16 Bundesländer. Die durchschnittliche
Größe einer Region (24.720 km²) weicht nur wenig von der eines Bundeslandes (22.310
km²) ab (vgl. Engel 1997: 133).
24
Art. 52-55 der französischen Verfassung.
25
Vgl. zur Kompetenz der französischen Regionen, ihre Interessen nach außen vertreten zu dürfen, Art. 63
des Gesetzes vom 2. März 1982.
26
Vgl. zur selben Kompetenz der Bundesländer Art. 24 GG von 1992.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
19
Ebenso verhält es sich mit wirtschaftlichen Aspekten innerhalb beider Staaten. Diese
können zwischen verschiedenen Regionen mitunter sehr ausgeprägt sein, zeigen aber auf
staatlicher Ebene gleichzeitig beachtliche Parallelen:
Schaubild 3: Wirtschaftsdaten im Vergleich
So beträgt das Bruttoinlandsprodukt 1997 bei einem auf 100 gesetzten europäischen
Mittelwert in Frankreich 112 , in Deutschland 107 Punkte (vgl. Skrzypczak 1997: 30). Die
Region Ile-de-France ist mit 169 französischer, das Land Hamburg mit 196 Punkten
deutscher Spitzenreiter. Den geringsten Wert verzeichnen Korsika mit 79 und Thüringen
mit 38 Punkten. Diese Aufstellung verdeutlicht zum einen die national vergleichbaren
Niveaus, zum anderen gleichartige Tendenzen auf regionaler Ebene. Sie liefern
gleichzeitig den Beweis für beachtliche Strukturunterschiede innerhalb der beiden Staaten,
und damit einen Indikator für den unausweichlichen interregionalen Wettbewerb der
Regionen. Die europäischen Regionen in Deutschland und Frankreich stehen also
wirtschaftlich vor ähnlichen Anforderungen, auf die sie reagieren müssen
27
.
Faßt man die genannten Vergleichsaspekte zusammen, können folgende Thesen entwickelt
werden:
1. Politisch sind die deutschen Bundesländer traditionell mit deutlich mehr Kompetenzen
ausgestattet als die französischen Regionen. Die Entwicklung der politischen Systeme
zeigt aber, daß die Bundesländer zunehmend Kompetenzverluste, die französichen
27
Als Folge dieser Entwicklungen entsteht ein ,,zunehmender Wettbewerb der Städte und Regionen
untereinander" (Töpfer und Mann 1995: 6). Die eigene Region und ,,ihre" Interessen und Existenzsicherung
angemessen zu vertreten ist somit wichtiges Ziel. Dieses manifestiert sich u.a. in den Bereichen
Wirtschaftsansiedlung und Tourismuswerbung durch verstärkte kommunikative Anstrengungen wie
Imagekampagnen. Diese Entwicklung wird im Rahmen eines zunehmend europäischen Wettbewerbs (im
Sinne des Europas der Regionen) weiter voranschreiten.
Wirtschaftsdaten: Vergleich der Bruttoinlandsprodukte
79
38
169
196
112
107
100
Frankreich
Deutschland
Europa
Gesamt
Reichste Region
Ärmste Region

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
20
Regionen zunehmend Kompetenzgewinne erfahren: Die beiden Gebietskörperschaften
bewegen sich machtpolitisch aufeinander zu.
2. Auf europäischer Ebene findet ein zunehmender Ausgleich der Kompetenzen regionaler
Gebietskörperschaften statt. Die jeweils erste subnationalen Ebene unterhalb des
Zentralstaates gilt aus europäischem Blickwinkel als gleichwertige Einheit, als europäische
Region.
3. Die Regionen auf französischer und die Länder auf deutscher Seite zeigen zahlreiche
Übereinstimmungen im Hinblick auf Zahl und Größe der Gebietskörperschaften in den
beiden Staaten, auf ökonomische Faktoren, sowie in bezug auf kulturelle und
geschichtliche Gründungsumstände.
Die Vergleichbarkeit französischer Regionen und deutscher Bundesländer ist unter den
genannten Vorbedingungen gegeben. Die folgende Übersicht benennt abschließend die
einzelnen Regionen, welche im folgenden Gegenstand der Untersuchung sein werden:
Schaubild 4: Die deutschen und französischen Regionen
Nr
Deutschland
Kürzel
Nr
Frankreich
Kürzel
1
Berlin
Ber
1
Ile-de-France
IdF
2
Baden-Württemberg
BW
2
Alsace
Als
3
Bayern
Bay
3
Aquitaine
Aqu
4
Brandenburg
BB
4
Auvergne
Auv
5
Bremen
Bre
5
Basse-Normandie
BN
6
Hamburg
HH
6
Bourgogne
Bou
7
Hessen
Hes
7
Bretagne
Bre
8
Mecklenburg-Vorpommern
MV
8
Centre
Cen
9
Niedersachsen
Ns
9
Champagne-Ardenne
CA
10
Nordrhein-Westfalen
NRW
10
Corse
Cor
11
Rheinland-Pfalz
RP
11
Franche-Comté
FC
12
Saarland
Saa
12
Haute-Normandie
HN
13
Sachsen
Sax
13
Languedoc-Roussillon
LR
14
Sachsen-Anhalt
SA
14
Limousin
Lim
15
Schleswig-Holstein
SH
15
Lorraine
Lor
16
Thüringen
Thü
16
Midi-Pyrenées
MP
17
Nord-Pas-de-Calais
NPdC
18
Pays de la Loire
PdlL
19
Picardie
Pic
20
Poitou-Charentes
PC
21
Provence-Alpes-Côtes-d´Azur
PACA
22
Rhônes-Alpes
RA

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
21
3 Definition von Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
,,Si ça ne circule pas dans tous les sens, on ne peut plus parler de communication"
28
Wichtiges Element des Vergleiches von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland
und Frankreich ist neben der funktionalen Äquivalenz der Gebietskörperschaften (vgl.
Kap. 2.2) die Äquivalenz der verwendeten Begrifflichkeiten. So sieht Kleinsteuber ein
zentrales Problem der Vergleichsforschung in der Pluralität von Sprache und Symbolik
(vgl. Kleinsteuber 1993: 324). Es gilt den ,,ethnozentrischen bias" (Kleinsteuber 1993:
321) zugunsten des eigenen Systems weitmöglichst zu vermeiden (vgl. auch die Probleme
der Vergleichsforschung in Kap. 2.1). So müssen die Grenzen der Vergleichbarkeit
aufgezeigt werden, und es ist ,,insbesondere darauf zu achten, daß derselbe Begriff oft sehr
Unterschiedliches bedeutet und Konzepte nicht unbesehen aus ihrem sozioökonomischen
oder kulturellen Kontext herausgerissen werden" (Kleinsteuber 1993: 321).
Folglich kann der Vergleich nur zum Erfolg führen, wenn auf Basis einheitlich definierter
und in der jeweiligen Sprache inhaltlich gleicher Begriffe gearbeitet wird. Folglich müssen
gültige Definitionen von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gefunden und begründet
werden, die den Vergleich auf eine gemeinsame Basis stellen.
In Forschung und Praxis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit und auch der
Öffentlichkeitsarbeit generell werden eine Vielzahl von Begriffen verwendet: Die Termini
reichen von staatlicher, regierungsamtlicher, öffentlicher oder non-profit-Information und
Kommunikation bis Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bzw. Public Relations
29
. Die Begriffe
werden teilweise miteinander kombiniert und ziehen damit eine noch größere Zahl an
Bedeutungen und Definitionen nach sich. Dies verhält sich auf deutscher wie auf
französischer Seite ähnlich und diffundiert bis in die Bezeichung der einzelnen
Abteilungen, welche sich mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beschäftigen.
In Frankreich gilt für Public Relations äquivalent der Begriff ,,relations publiques"
30
. Wird
dieser im Zusammenhang mit staatlicher Kommunikation verwendet, findet er sich meist
subsumiert unter der Bezeichnung ,,communication (publique)" als ,,öffentliche
28
[Wenn es nicht in alle Richtungen zirkuliert, kann man nicht mehr von Kommunikation sprechen];
Direktor einer französischen Zentralverwaltung auf nationaler Ebene, zitiert nach Zémor 1992: 143.
29
Weiter tauchen Begriffe wie Informationspolitik, Kommunikationspolitik, Staatspflege, politische
Bildungsarbeit, Selbstdarstellung etc auf; vgl. beispielhaft den Überblick von Lieb 1991: 108-125. Wichtig
auch die Abgrenzung zu Werbung und Propaganda, vgl. bspw. Mannhart 1963: 306.
30
Für den deutschen Begriff Pressearbeit wird äquivalent ,,relations presse" verwendet.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
22
Kommunikation" welche gemeinhin offizielle, d.h. von staatlicher oder administrativer
Seite initiierte Öffentlichkeitsarbeit umfasst (vgl. Long 1991: 185/186, Zémor 1991: 187-
200 sowie Maarek und Wahnich 1998).
Um der vorliegenden Arbeit einen einheitlichen Begriff von Öffentlichkeitsarbeit zugrunde
zu legen, soll auch hier auf die europäische Sichtweise zugegriffen werden. Dies
ermöglicht die Bezugnahme auf internationale PR-Definitionen, welche von den in
Deutschland und Frankreich anerkannten Berufsverbänden ausgehen. Dies ist zum einen
die International Public Relations Association / IPRA, ergänzend das Centre Européen des
Relations Publiques / CERP. Die IPRA definiert 1955 Public Relations als ,,dauerhafte und
organisierte Leitungsfunktion, durch die ein Unternehmen oder eine Organisation sich um
den Aufbau und den Erhalt von Verständnis, Sympathie und Mitwirkung betroffener Teil-
Öffentlichkeiten bemüht"
31
.
Da es sich bei der vorliegender Untersuchung um eine Analyse staatlicher
Öffentlichkeitsarbeit handelt, lässt sich diese allgemeine Definition noch spezifizieren. So
wird staatliche Öffentlichkeitsarbeit als zweiseitige Form der Kommunikation zwischen
Verwaltung und Öffentlichkeit, speziell dem Bürger, verstanden, welche dem Austausch
von Informationen und Interessen sowie der Erklärung und dem Werben um Verständnis
von Verwaltungs- bzw. Regierungshandeln dienen soll (vgl. beispielhaft Ronneberger
1978).
Communication publique, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Public Relations werden
also aus Gründen äquivalenten Inhalts in der Folge synonym verwendet
32
.
31
Die IPRA wurde 1955 gegründet, die CERP 1959. Deutschland und Frankreich sind Mitglieder in beiden
Gremien. Auf französischer Seite verweist Prost (1967: 218-221) auf die IPRA und die CERP, in
Deutschland die DPRG (1993: 17/18).
32
Vgl. auch die Gegenüberstellung der jeweiligen deutschen, französischen und englischen Fachtermini im
Lexikon der Public Relations von Pflaum und Pieper (1993: 559-574).

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
23
4 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
4.1 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit / Deutschland
Öffentlichkeitsarbeit in Europa, darüber ist sich die Forschung einig, ist ein Kind der
Public Relations in den Vereinigten Staaten. Dort wird PR zunächst im wirtschaftlichen
und politischen Bereich verwendet, eine Ausweitung auf die verschiedenste
Tätigkeitsfelder folgt. Die Entwicklung der PR in den USA nimmt mit Beginn des 20.
Jahrhunders ihren Lauf. In Europa hingegen setzt der Trend zur Öffentlichkeitsarbeit erst
Mitte der 50er Jahre ein
33
.
Die Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit und damit der Informationspolitik ist
gerade in Deutschland sehr wechselhaft und widersprüchlich verlaufen
34
. Schon früh wird
im politischen Bereich auf die Gefahr einseitiger staatlicher ,,Öffentlichkeitsarbeit"
hingewiesen
35
. Seit den 50er Jahren wird die gesamtstaatliche Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit der Regierung über das Bundespresseamtes / BPA koordiniert. Dieses
dient der Information über die Regierung und ist darüberhinaus für übergeordnete, alle
Länder betreffenden Fragen der Öffentlichkeitsarbeit zuständig (vgl. Schürmann 1992: 79).
Seit 1990 gilt dies auch für die ostdeutschen Länder
36
. Das BPA gründet seine Arbeit auf
Prinzipien der Transparenz, Offenheit sowie wahrheitsgemäßer, sachlicher und
parteiunabhängiger Kommunikation (vgl. Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung 1977 sowie Schürmann 1992).
Die Gleichschaltung im dritten Reich unterbindet zunächst alle eigenen
Kommunikationsaktivitäten der Bundesländer. Mit der Neubildung von Regierungen
wurden in den alten Bundesländern nach dem 2. Weltkrieg auch wieder Presseämter auf
Landesebene eingerichtet.
Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Länder im Ostteil Deutschlands entwickelte sich
dagegen erst spät, wurde doch dort das föderale System 1952 gänzlich abgeschafft und erst
33
Zur Geschichte von Public Relations / Öffentlichkeitsarbeit vgl. Oeckl 1993 und Hategan 1988.
34
Auf eine ausführliche Darstellung zur Entwicklung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit soll aufgrund der
zahlreich vorliegenden Literatur zum Thema verzichtet werden. Vgl. beispielhaft Sänger 1966: 11-24,
Böckelmann und Nahr 1979 sowie Jarren, Sarcinelli, und Saxer 1998.
35
So heißt es in einem Kommentar aus dem Jahr 1920 zu den ersten Informationsstellen für staatliche
Politik: ,,Ist es auf der einen Seite gewiß erfreulich, daß diese Agenturen ihre Blätter über die politischen
und finanziellen Ereignisse so ausgiebig als möglich informieren und zu diesem Zweck mit den
maßgeblichen Stellen beste Verbindungen unterhalten, so liegt auf der anderen Seite die Gefahr sehr nahe,
daß die Bureaux allzusehr unter den Einfluß jener Kreise geraten, die natürlich ihrerseits wieder ein hohes
Interesse daran haben, daß die Agenturen nur über das berichten, was ihre Pläne und Absichten nicht stört"
(Heerdegen 1920: 35).
36
Vgl. zur ,,Öffentlichkeitsarbeit" in der DDR Swoboda 1986: 27-30.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
24
nach dem Mauerfall 1989/90 wieder eingeführt. Aber auch hier folgen die Gründungen der
jeweiligen Referate für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Neubildung von
Länderregierungen auf den Fuß
37
.
Sehr gut erforscht findet sich die Entwicklung kommunaler Stellen für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit in der Literatur wieder
38
. Die Städte begannen als erste mit der
Einrichtung von Pressestellen, zunächst 1906 in Magdeburg.
4.2 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit / Frankreich
Als Geburtsstunde der Öffentlichkeitsarbeit in Frankreich gilt das Jahr 1949
39
. Auf
staatlicher Seite wird 1958, mit Beginn der V. Republik, ein zentrales
Informationsministerium ­ das ,,Ministère de l´Information" ­ gegründet, welches lange
Zeit maßgeblich die französische Informationspolitik bestimmen sollte
40
. Dieses
Informationsministerium erkennt 1964 offiziell den Beruf des ,,Conseiller en relations
publiques" an.
Lange Zeit lebte die staatliche Verwaltung Frankreichs unter dem Ministère de
l´Information hinter verschlossenen Türen, Öffentlichkeitsarbeit im Sinne direkter,
öffentlicher Kommunikation war weitgehend unbekannt, weil ungewollt. Eine
Zustandsbeschreibung dieser bis in die späten 70er Jahre reichenden Ära stellte fest, ,,die
Verwaltung lebt noch unter einer Glashaube" (übersetzt nach Chaumely und Huisman
1962: 65). Doch dies sollte sich im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte zum positiven
bewenden. Mit der Entwicklung von einseitiger und kurzfristiger Informationspolitik zu
transparenter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vollzieht sich im Frankreich der 70er Jahre
ein grundlegender Wandel. Das Informationsministerium wird 1976 durch den ,,Service
d´Information et de Diffusion" / SID abgelöst. ,,La communication publique [...] devient
ainsi un nouveau moyen de gouvernement" stellt Le Net (1993: 8) zur Rolle nationaler
Öffentlichkeitsarbeit fest.
37
Die Referate für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werden, in der Regel nach westdeutschem Vorbild, meist
noch 1990 eingerichtet; vgl. zur Geschichte Kordes und Pollmann 1989: 15.
38
Vgl. zur Geschichte städtischer Presseämter beispielhaft Müller 1977: 9-44.
39
1949 trifft sich im Pariser Hôtel d´Astorg ein Dutzend französischer PR-Pioniere um ihre Ideen
auszutauschen, und gründen bei dieser Gelegenheit den ,,Club de la Maison de Verre," einen Vorläufer
späterer französischer PR-Vereinigungen wie der ,,Association Française des Relations Publiques." Vgl.
Prost 1967.
40
Die Bildung eines eigenständigen Informationsministeriums zeugt von starker Geschlossenheit sowie von
der Ansicht, daß die ,,freien" Medien dem Wohle des Staates (in Form der Regierung) zu dienen hätten.
Das Ministerium existiert von 1958-1969 und von 1973-1982. Vgl. bspw. Machill 1997.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
25
Mit dem SID existiert im heutigen Frankreich ein dem deutschen Bundespresseamt
entsprechendes Pendant für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
41
welches mit der
Sprachrohrfunktion des bisherigen Informationsministeriums bricht. Es leitet fortan die
Regierungskommunikation und in übergeordneten Fragen die Kommunikation
nachgeordneter Behörden und Gebietskörperschaften, wie es in der BRD der Fall ist. Diese
Entwicklung führte zu einer spürbaren Öffnung und Entspannung staatlicher
Informationspolitik.
Im selben Jahr, in dem die Regionen ihre politische Eigenständigkeit erhalten (1982), fällt
der Entschluss zur Liberalisierung des bisher staatlich monopolisierten (audiovisuellen)
Medienmarktes, das Gesetz zur Freiheit der Kommunikation
42
. Diese Begebenheit wirkt
Hand in Hand mit der politische Emanzipierung der Regionen und legt diesen gleichzeitig
die Nutzung medialer Mittel auch im Rahmen von privatrechtlichen Kooperationen (bspw.
Regionalfernsehen) in die Hand.
Der Boom regionaler Kommunikationsaktivitäten entwickelt in dieser Zeit ein
zunehmendes Gegengewicht zum bis dato immensen nationalen Einfluss. Die Entwicklung
der ,,multiplication des espaces territoriaux" (Pailliart 1992: 77) im Rahmen der
Einführung der Regionen 1982 gilt gleichzeitig als Zeichen der Dezentralisierung
gegenüber dem Einheitsstaat. Die Regionen treten mit der Erlangung eigener Kompetenzen
gleichzeitig in einen harten Wettbewerb mit der Kommunikation der Kommunen und der
Départements ein. Die Folge der vergrößerten Zahl an Gebietskörperschaften ist, daß die
einzelnen Ebenen versucht sind, ihre Identität (neu) zu definieren und zu kommunizieren:
,,Le ressort principal de la communication territoriale est bien à l`heure actuelle la
recherche de la difference" (Pailliart 1992: 78). Der Einsatz von Mitteln und Methoden ist
dabei breit gefächert.
Auch in Frankreich haben die Kommunen einen traditionellen Vorsprung bei den
Kommunikationsaktivitäten, haben sich doch wie auf deutscher Seite Stellen für Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit zunächst in den Städten herausgebildet. Allerdings scheint die
Gründungsgeschichte der kommunalen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nicht so gut
erforscht zu sein wie auf deutscher Seite.
41
Das SID wurde mit dem Dekret Nr. 75124 am 6. Februar 1976 gegründet. Es ist direkt dem
Generalsekretariat und damit dem Premierminister zugeordnet. Vgl. Le Net 1993: 40-42.
42
Grundlagenentscheidung zur ,,audiovisuellen Freiheit" vom 29. Juli 1982; Genehmigung von privatem
Rundfunk und Fernsehen.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
26
5 Staatliche Öffentlichkeitsarbeit in idealtypischer Darstellung
,,Erblickt man dagegen in der Demokatie einen Weg zur Teilnahme und Teilhabe aller
Bürger am politischen Leben durch Mobilisierung ihrer Neugier, ihres Wissens und ihrer
Anteilnahme, so erscheint das Öffentlichmachen von Problemen der Verwaltung als
wesentlicher, d.h. unabdingbarer Bestandteil des Verwaltungs- und Staatshandelns"
(Ronneberger 1981: 11).
Die anschließenden Ausführungen für die idealtypische Darstellung von staatlicher
Öffentlichkeitsarbeit sind gültig für Deutschland und Frankreich. Dies lässt sich zum einen
durch die grundlegende Notwendigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit als wichtigen
Baustein jedweder Demokratie belegen (vgl. nachfolgendes Kap. 5.2). Zum anderen sind
die Normen und Ansprüche für Öffentlichkeitsarbeit bspw. in Form der PR-Codizes
international angelegt, gelten als Standards (vgl. IPRA und CERL in Kap. 3). Sie
legitimieren so ihre Gültigkeit über Staatsgrenzen hinaus. Es kann vorweggreifend für
Frankreich und Deutschland im Hinblick auf die idealtypischen Grundlagen von gleichen
normativen Voraussetzungen für staatliche PR gesprochen werden. Unterschiede sind
indes möglich in der Umsetzung dieser Ansprüche zum einen in gesetzlichen Grundlagen
sowie vor allem in der jeweiligen länderspezifischen
Praxis staatlicher
Öffentlichkeitsarbeit.
5.1 Idealtypische Struktur
Die idealtypische Struktur der Stellen staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zeichnet
sich allen voran durch eine hohe hierarchische Einbindung aus. Die Öffentlichkeitsarbeit
sollte von einer zentralen Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zumindest koordiniert
werden, welche über die Politik sowie ressortübergreifend über die Ministerien berichtet.
Idealerweise sind die Stellen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nicht in die
Behördenhierarchie eingeordnet, sondern direkt der Leitung, also dem Ministerpräsidenten,
unterstellt (vgl. Remmele 1993: 298). So ist bspw. der Grad der Zugänglichkeit eines
Regierungssprechers zu den Entscheidungsprozessen auf politischer Ebene, besser: zur
Information, ein wesentlicher Indikator für dessen Informiertheit und damit für die Qualität
seiner Aussage (vgl. Baerns und Höffken 1991: 35-42), deshalb ist eine hohe Einbindung
in die Hierarchie und die so kurzen Wege zu Entscheidungsprozessen eine wichtige
strukturelle Voraussetzung. Die Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollte

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
27
hauptamtlich geführt sein, eine ausreichende Austattung mit Mitteln sowie
Handlungsautonomie sind kennzeichnend für eine idealtypische Ausprägung. Das
Vorhandensein journalistischer Kenntnisse gilt als weiteres Qualitätskriterium, gleichwohl
die Unabhängigkeit von parteipolitischen Interessen
43
. Auch ein hoher Grad an
Koordination, den die zentrale Stelle als Bindeglied der Kommunikationsaktivitäten
innerhalb der Region übernimmt, kann als Indikator für eine sinnvolle strukturelle
Einbindung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gewertet werden.
5.2 Idealtypische Aufgaben
Demokratie setzt als Grundlage aufgeklärte und informierte Bürger voraus. Dies kann nur
mittels sachlicher und objektiver Information, hier in Form staatlicher
Öffentlichkeitsarbeit, gewährleistet werden. Die Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
ist es, und dies gilt für alle politischen Ebenen, den Bürger mit rationalen Argumenten über
das Staatshandeln zu informieren und aufzuklären
44
. Bürgerinformation ist somit die
wichtigste Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Die Stelle für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit dient dabei als zentrale Vermittlungsinstanz zwischen Verwaltung
und Öffentlichkeit. Der Bürger ist somit wichtigste Teilöffentlichkeit staatlicher
Kommunikationsarbeit.
Als Grundlage für diese Vermittlung zwischen Verwaltung und Bürgern soll hier das
Modell der Politikvermittlung von Sarcinelli angeführt werden. Dieses beruft sich im
wesentlichen auf vier Aspekte der Politikvermittlung durch staatliche Öffentlichkeitsarbeit,
welche im folgenden dargestellt werden sollen:
Schaubild 5: Modell der Politikvermittlung nach Sarcinelli (1987:19-45)
Politikvermittlung
I
I
I
I
Information
Appelation
Partizipation
Politische Bildung
Für die vorliegende Arbeit sollen dabei im wesentlichen der Bereich der Politkvermittlung
durch Information sowie Partizipation als Grundlage dienen. Grundlage dieser beiden
Bereiche sind zum einen staatliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der
Informationsvermittlung, zum anderen die Beteiligung der Bürger als Wesenselement
43
Vgl. zur idealtypischen Organisation der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Müller 1977: 56-57 sowie
Kutscher-Klink 1994: 35-57.
44
Vgl. Ronneberger 1980: 146 sowie zur Aufgabe staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in
idealtypischer Darstellung Müller 1977: 45-54.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
28
partizipativer Demokratie (vgl. Sarcinelli 1987: 30-43). Insbesondere für die damit
verbundenen Aufgaben staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind dabei wesentliche
Elemente zu beachten, wie die nachfolgende Argumentation erläutern wird.
So ist es Aufgabe staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation nach
außen und nach innen, also gegenüber der eigenen Verwaltung, zu betreiben. Staatliche PR
muß dabei immer ein wechselseitiger Prozeß sein
45
. Aufgrund der zunehmenden
Kritikfähigkeit der Bürger in hochentwickelten Gesellschaften kann die Rolle von PR also
nicht mehr nur in der Übermittlung von Information aus dem staatlichen Bereich in
Richtung der Bürger sein. Es gilt, die Kommunikationsbeziehung als zweiseitigen Dialog
zu begreifen, Öffentlichkeitsarbeit muß Organisationsinteressen vertreten und öffentliche
Interessen in die Organisation einfließen lassen" (DPRG 1990: 28).
Der Bürger muß über die Staatstätigkeit informiert und aufgeklärt werden, um einen
Grundkonsens im Staat aufrecht zu erhalten. So ist der moderne Staat ,,nicht nur
Exekutive, sondern auch Mitgestalter der Willensbildung des Volkes" (Böckelmann und
Nahr 1979: 9). Im Zuge dessen wird die Notwendigkeit einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit
gefordert, welche über die Verlautbarung von Vorgängen und Maßnahmen hinausgeht
(Böckelmann und Nahr 1979: 15-39). Die Verpflichtung zur Öffentlichkeitsarbeit gilt gar
als ,,Bringschuld" (Bergsdorf 1993: 95) der Regierung.
Bestimmte gesellschaftliche Begleitumstände sind für die Notwendigkeit von PR
ausschlaggebend. Dies ist allen voran die zunehmende Komplexität des politischen
Systems und damit die ansteigende Schwierigkeit, dem Bürger Sachverhalte wie
Entscheidungen und Problemfelder ausreichend nahebringen zu können.
Gleichwertige Aussagen zur Rolle staatlicher PR finden sich in der französischsprachigen
Forschung.
Die Funktion von Öffentlichkeitsarbeit als unverzichtbares Element
demokratischer Legitimierung wird hervorgehoben: ,,Celle-ci doit être un instrument d´action
publique, un vécteur pour l´amélioration de l´image du secteur public, un levier [Hebel] de
changement dans la société, un facteur essentiel de la démocratie" (Zémor 1992: 27). In
Idealform ist die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung und des gesamten politischen
Apparates nach außen und innen gerichtet und stellt das Relais zwischen den
Informationsansprüchen der Bürger und der Vermittlung politischer Entscheidungen auf

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
29
Seiten des Staates dar (vgl. Zémor 1992: 30/31). Ziel ist die Verbesserung der Beziehung
zwischen Verwaltung und Bürgern, die Steigerung der Identifikation der
Verwaltungsmitarbeiter nach innen und das Ermöglichen von Veränderung durch
kommunikative Mittel (vgl. Zémor 1992: 30/31). Dies macht Öffentlichkeitsarbeit zu einem
unverzichtbaren Bestandteil pluralistischer Demokratie.
Gleichfalls existieren eindeutige Grenzen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. So ist es zwar
Aufgabe staatlicher PR, ,,um Vertrauen für die Regierung zu werben" (Bergsdorf 1993:
96). Auch Fehlau und Neddens nennen (1975: 77) neben der Erläuterung von
Regierungsprogrammen und der Unterrichtung über laufende Tätigkeiten die
,,Aufmerksamkeitswerbung" als Teil der ,,allgemeinen Information" innerhalb der
Öffentlichkeitsarbeit von Regierungen. Die Vermischung von Werbung und PR bei
staatlicher Öffentlichkeitsarbeit ist allerdings nicht zu dulden. So können in diesem
Zusammenhang die ,,im Bereich der Privatwirtschaft entwickelten Instrumente moderner
Public Relations in der Hand des Staates besonders gefährlich werden" (Hoffmann-Riem
und Schulz 1998: 164).
Die Gefahr zur Vermischung von Werbe- und PR-Arbeit vergrößert sich dabei in selbem
Maße, wie sich die wirtschaftliche und kommunikative Konkurrenz der
Gebietskörperschaften untereinander verstärkt
46
. Diese herrscht auf einer Vielzahl von
Gebieten
47
. Es muß klargestellt werden, daß nichts gegen regionale Werbemaßnahmen
spricht (!). So liegt es sogar im vitalen Interesse der Regionen, Standortwerbung zu
betreiben: ,,Gebietskörperschaften [...] vertreten zwar ihrerseits kein unternehmerisches
Interesse, bemühen sich aber aufgrund ihrer Verpflichtung zur Daseinsfürsorge für die
Bevölkerung nachhaltig um ökonomische Standortstärkung und ­absicherung." Diese darf
nur nicht von der jeweiligen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ausgehen, sondern von den
für solche Aufgaben vorgesehenen Stellen. Trotz dieser für die Regionen lebenswichtigen
Behauptung im Wettbewerb dürfen hier nicht PR- mit Marketing-Aufgaben verwechselt
45
Die gleichgewichtige zweiseitige Kommunikation wird dabei aber zunehmend als nicht durchführbar
bewertet; vgl. insbesondere Sarcinelli 1987: 23-24. Dennoch gilt es, staatliche PR für
Rückkopplungsprozesse offen zu halten.
46
So halten nach einer empiris chen Untersuchung von 1995 57% der deutschen Kommunen den Wettbewerb
untereinander für ,,stark oder sehr stark", 78% glauben, daß der Wettbewerb in Zukunft noch zunehmen
wird; vgl. Töpfer und Mann 1995: 61/62.
47
So etwa durch Differenzen der Bruttoinlandsprodukte / BIPs einzelner Regionen (vgl. Skrzypczak 1997:
30), durch Bevölkerungswanderungen (vgl. am deutschen Beispiel Statistisches Bundesamt 2000: 2),
wahrgenommene Imageunterschiede (vgl. o.V. 1999: 3) oder Rankings im internationalen Wettbewerb (wie
die ,,Olympiade der Regionen"; vgl. o.V. 1990: 204-223).

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
30
oder vermengt werden. Diese Ansicht finden wir auch in Frankreich bestätigt. Ausgehend
von der monopolistischen Sonderstellung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit argumentiert
Bille (1991: 215) gegen die Imagekommunikation öffentlicher Einrichtungen: ,,Il y a une
inconguité certaine à dépenser de l´argent public pour valoriser l´image d´un service que
l´on est seul, de par loi, à rendre. La moindre des choses, lorsqu´on est en situation de
monopole, c´est de rendre service au public. Il n´y a donc aucune raison de dépenser
l´argent du contribuable pour dire ce qui doit être l´évidence." So muß PR weiterhin der
sachlichen Information der Bürger als Teil des demokratischen Prozesses dienen,
konkurrentielle oder wirtschaftliche Aspekte haben hier nichts verloren. Dennoch gleiten
zahlreiche Stellen für Öffentlichkeitsarbeit in diese Bereiche ab, wie der spätere Blick auf
die Praxis zeigen wird.
Nachfolgend soll auf einige Stichpunkte zur idealtypischen Arbeitsweise in der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit eingegangen werden. Aufgrund der zu diesem Themenfeld
ausreichend vorhandenen Literatur wird dies nur so weit wie für die vorliegende Arbeit
notwenig unternommen, und auf die weiterführende Literatur verwiesen.
5.3 Idealtypische Arbeitsweise
Wie im wirtschaftlichen Bereich gelten die Grundlagen professioneller PR-Arbeit für den
staatlichen Bereich. Professionelle PR setzt als grundlegende Phasen die Analyse der Ist-
Situation, (langfristige) Planung, (kohärente) Umsetzung intern und extern sowie Kontrolle
der Erreichung gesetzter Ziele voraus. Das nachfolgende Schaubild vermittelt einen
Überblick zu den Inhalten der einzelnen Planungsphasen.
Schaubild 6: Planungsmodell Öffentlichkeitsarbeit
Planungsphase
Inhalt
Analyse
Analyse der Ist-Situation
Planung
Definition der PR-Ziele
Definition der Teilöffentlichkeiten
Festlegung des Maßnahmenkatalogs
Festlegung des Budgets
Festlegung des Zeitplans
Realisation
Realisation der Maßnahmen auf Grundlage der PR-Ziele
Kontrolle
Abgleich der Zielerreichung mit den gesteckten PR-Zielen
Quelle: Nach Bläse 1982: S.194/195

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
31
Daß PR-Arbeit nur dann idealtypisch funktionieren kann, wenn diese Phasen
berücksichtigt werden, zeigen zahlreiche Arbeiten
48
. Nur mittels gründlicher Analyse der
Ausgangssituation können vernünftige und angemessene Ziele gesteckt werden. Nur
mittels langfristiger Planung lassen sich diese umsetzen, da nur langfristige Prozesse
dauerhaften Effekte bei den Teilöffentlichkeiten zulassen. Die gesetzten Ziele müssen
innerhalb einer ganzheitlichen Kommunikation umgesetzt werden, kohärent und
glaubwürdig sowohl nach innen als auch nach außen. Und eine abschließende Evaluation
der Ergebnisse ist notwendig, um den Grad der Erreichung gesteckter Ziele erheben zu
können sowie Daten als Ausgangssitation für nachfolgenden Aktionen der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit sammeln zu können. Daß dies aber in der Praxis nur selten
berücksichtigt wurde, konnte ebenfalls nachgewiesen werden
49
. Ein weiterer wichtiger
Punkt neben der Einhaltung der vier Planungsphasen sowie einer langfristigen Ausrichtung
der PR-Maßnahmen ist ein hohes Maß an Koordination, d.h. Abstimmung innerhalb der
Umsetzung bzw. Realisation von PR-Projekten.
48
Vgl. zum idealtypischen Ablauf die Arbeit von Bläse 1982: 187-198 sowie Baerns 1995: 9-29.
49
Vgl. zur tatsächlichen PR-Praxis die Ergebnisse von Pracht 1991: 39-46

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
32
6. Normative Vorgaben staatlicher Öffentlichkeitsarbeit nach dem Gesetz
,,Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu
verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die
Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk, Film und Fernsehen
werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. [...]"
50
In der Folge werden relevante Rahmenbedingungen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit auf
(gesamt-)staatlicher sowie regionaler und kommunaler Ebene vorgestellt. Grund ist ­ wie
in der Folge argumentiert werden soll ­ zum einen die Übertragbarkeit der einzelnen
Ergebnisse auf andere Ebenen sowie der bisher nur oberflächliche Forschungsstand auf
regionaler Ebene, welcher sich als Argument für eine solche Herangehensweise nutzen
lässt. So lassen sich wesentliche Elemente der gesamtstaatlichen und kommunalen
Rahmenbedinungen auf die regionale Ebene in Deutschland bzw. Frankreich übertragen
51
.
Die Forschungslücke auf Länderebene kann damit weitgehend geschlossen werden,
darüberhinaus wird mit dieser offenen Sichtweise ein besseres Verständnis für die Lage der
Dinge möglich.
6.1 Deutschland
6.1.1 Staatliche Ebene / Deutschland
Zentraler Ausgangspunkt von Öffentlichkeitsarbeit auf (gesamt-)staatlicher Ebene ist Art.
5 GG (vgl. Zitat oben). Dieser unterstreicht eine (nicht explizit formulierte)
Auskunftspflicht der Behörden und ein weitgehendes Informationsrecht der Presse
52
. Beide
sind im Rahmen der Informations- und Meinungsfreiheit und der konstitutiven Rolle einer
freien Presse in der pluralistischen Gesellschaft Grundvoraussetzung für Demokratie (vgl.
50
Art. 5, Abs. 1 GG.
51
Grundlage der Übertragbarkeit auf die regionale Ebene ist zunächst die Notwendigkeit von
Öffentlichkeitsarbeit in der Demokratie, unabhängig von und damit für alle staatlichen Ebenen.
Darüberhinaus können einerseits nationale normative Ansprüche (Gesetze) auf die regionale Ebene
übertragen werden (Stichwort ,,Nationales Recht bricht regionales Recht"). Ergänzend gilt weitgehend das
,,Subsidaritätsprinzip" mit der Prämisse weitmöglichster Aufgabenabtretung des Zentralstaates an die
Regionen. Andererseits können Regelungen der kommunalen (speziell städtischen) Ebene vereinzelt auf die
regionale Ebene übertragen werden: Dies zeigt sich insbesondere in Deutschland durch die Existenz der
Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, welche gleichzeitig als Bundesland fungieren.
52
Welches entsprechend für Hörfunk und Fernsehen gilt; vgl. Schürmann 1992: 202-239.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
33
bspw. Jarren, Sarcinelli und Saxer 1998)
53
. Grundlage dessen sind das Demokratiegebot,
sowie das Rechts- und Sozialstaatsprinzip (vgl. insbesondere Schürmann 1992: 156-170
und Jerschke 1971: 64-86). So beruht die Demokratie der Idee nach auf öffentlich
verlaufenden Prozessen der Willens- und Entscheidungsbildung, die vom Volk zu den
Staatsorganen gerichtet ist. Denn die politische Willensbildung hat ihren Ursprung in der
politischen Meinungsbildung im Volk (vgl. bspw. Langenbucher 1993: 5-26, Esser und
Pieper 1993: 143-147 sowie Fehlau und Neddens 1975: 24-32). Und dafür bedarf es der
öffentlichen politischen Kommunikation als grundsätzlicher Entstehungs- und
Gewährleistungsbedingung der aktiven und informierten Bürgerschaft im Staat:
,,Democracy is government by public opinion" (Berka 1993: 19). In der Folge
,,verpflichten" die drei Staatsformbestimmungen des Demokratie-, Rechts- und
Sozialstaates ,,die staatliche Gewalt zur Öffentlichkeitsarbeit" (Jerscke 1971: 86).
Die genannten ausdrücklichen Öffentlichkeitsgebote der Verfassung werden ergänzend
durch den Informationsanspruch von Bürgern und insbesondere der Presse sowie den
Grundrechten der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG zu einem Rechtebündel verknüpft,
welches die staatlichen Organe in ihrer Gesamtheit zur Publizität verpflichtet.
Zur aktuellen Rechtssprechung im Bereich staatlicher Öffentlichkeitsarbeit liefert
Schürmann (1992: 28-49) eine ausführliche Aufstellung relevanter Urteile (vgl. auch die
Übersicht zu Gesetzen und Rechtssprechung in Kap. 12.7.1 im Anhang). Dabei verweist er
als Grundlage staatlicher Öffentlichkeitsarbeit im Gegensatz zu den meisten Autoren zu
Recht bereits auf das erste Fernsehurteil von 1961, welches die gesetzlichen Grundlagen
für die ,,Notwendigkeit nationaler Repräsentation nach innen, d.h. der Selbstdarstellung der
Nation vor der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland"
54
festlegt. In der Folgezeit
verfeinert sich die Rechtssprechung der Gerichte
­ allen voran des
Bundesverfassungsgerichts ­ zunehmend und differenziert sich in verschiedene Bereiche
(Informationstätigkeit, Abgrenzung zur Werbung, Öffentlichkeitsarbeit in Zeiten des
Wahlkampfs etc.) aus. Die Rechtssprechung ist im allgemeinen besonders für die ,,heiße"
Zeit des Wahlkampfs ausdifferenziert. Dies gilt zum einen für alle staatlichen Ebenen und,
wie das nachfolgende Kap. 6.2 erweisen wird, nicht nur für Deutschland, sondern auch für
Frankreich. Ein erstes im wahren Wortsinne ,,öffentlichkeitswirksames" Urteil spricht das
53
Zu Einschränkungen der Informationsleistung der Presse in der Praxis vgl. Baerns (1981: 69), die am
Beispiel belegt, daß Journalismus ,,als autonomes Informationsleistungssystem" unter dem Einfluß
staatlicher Öffentlichkeitsarbeit ,,nur ausnahmsweise existiert".
54
BVerfGE 12, S. 205.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
34
Bundesverfassungsgericht / BVerfG im Sommer 1976: Die damalige Opposition rügt das
Verhalten der Regierung, welche kurz vor der Bundestagswahl Anzeigenserien in der
Tagespresse, in politischen Magazinen und aktuellen Illustrierten schaltet. Das
Bundesverfassungsgericht erklärt schließlich in einem Grundsatzurteil am 2. März 1977
55
die Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften sowohl für
verfassungsrechtlich zulässig als auch notwendig
56
. Dennoch habe die Bundesregierung
1976 Druckwerke verbreitet, ,,die nach Inhalt und Aufmachung dazu angetan waren, eine
mehr oder minder große Werbewirkung zu entfalten,"
57
so das Urteil. Seit dem Urteil
findet staatliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit damit ihre Grenzen speziell in Zeiten des
Wahlkampfes oder in parteilicher Einflußnahme
58
. Das Grundsatzurteil von 1977 wurde in
den Jahren darauf durch zahlreiche Folgeurteile ergänzt und verfeinert (vgl. Kap. 12.7.1 im
Anhang).
Ronneberger (1980: 150) sieht mit diesem Urteil zentrale Aufgaben der staatlichen
Öffentlichkeitsarbeit in der ,,Darlegung und Erläuterung der Politik [...], Offenlegung [...]
und Weckung von Verständnis [...] sowie sachgerechter, objektiv gehaltener Information"
der Bürger. Parteilichkeit und offene oder versteckte Werbung für bestimmte politische
Gruppen ist somit ausgeschlossen. Hier finden sich 1976 die Anforderungen der PR-
Forschung an staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (vgl. zu den idealtypischen
Aufgaben Kap. 5.2) erstmals mit einer gesetzlichen Grundlage versehen.
6.1.2 Regionale Ebene / Deutschland
Vergleicht man die drei Verwaltungsebenen der Bundesrepublik Deutschland, die Bundes-,
Landes- und Kommunenebene, miteinander, fällt ein Umstand besonders auf: Im Bereich
der staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist die Länderebene eindeutig
unterrepräsentiert, dies gilt zum einen für die normativen Ansprüche aus Theorie und
Gesetz. Diese sind auf Bundes- sowie kommunaler Ebene sehr viel intensiver ausgelotet
worden als dies auf regionaler Ebene der Fall ist (vgl. beispielhaft den Überblick von Lieb
1991).
55
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1977: Sammlungen der Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts, Band 44, S.125ff, S. 147ff.
56
,,Die Demokratie des Grundgesetzes bedarf ­ unbeschadet sachlicher Differenzen in Einzelfragen ­ eines
weitgehenden Einverständnisses der Bürger mit der vom Grundgesetz geschaffenen Staatsordnung. [...]
Diesen Grundkonsens lebendig zu halten ist Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit" (2 BVerfGE 1/76, S.
27, zitiert nach Böckelmann und Nahr 1979: 93).
57
2 BVerfGE 1/76, S. 23
58
Das BPA verfasst als Reaktion auf das Urteil ein ,,Merkblatt für Bezug und Verteilung von
Informationsmaterial in der Bundesrepublik", welches verbindliche Handlungsanweisungen für staatliche
Öffentlichkeitsarbeit ausspricht. Diese werden aber bis heute nicht immer berücksichtigt.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
35
Dennoch existieren auf Länderebene zentrale gesetzliche Grundlagen. Dies sind zunächst
die Landespressegesetze
59
sowie ergänzend die Geschäftsordnungen der jeweiligen
Länder. Wie Öffentlichkeitsarbeit auf Bundesebene unterliegt die PR von
Landesregierungen der Pflicht umfassender, planmäßiger und wahrheitsgemäßer
Unterrichtung der Bevölkerung.
Darüberhinaus darf die Öffentlichkeitsarbeit der Länder ihren Kompetenzbereich nicht zu
weit ausdehnen, sondern muß auf ihre (Länder-) Aufgabenbereiche beschränkt bleiben.
Umgekehrt darf auch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung nicht in den
Kompetenzbereich einzelner Länder eingreifen
60
. Genau wie in der Aufteilung staatlicher
Aufgaben nach dem Subsidaritätsprinzip gilt die Zuständigkeit bzgl. der
Öffentlichkeitsarbeit auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene: Diese haben sich in der
Öffentlichkeitsarbeit ,,an ihre jeweiligen Zuständigkeiten" (Bergsdorf 1993: 97) zu halten.
Die Rechtssprechung auf staatlicher Ebene gilt wie diskutiert ebenfalls für die
Länderebene; so ist auch hier die strikte Trennung von Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
zu beachten. Die rechtlichen Regelungen zur Öffentlichkeitsarbeit werden in Folge der
Grundsatzentscheidung von 1976 auf Länderebene weiter ausdifferenziert. Die Urteile
verkörpern wie auf staatlicher Ebene häufig Einzelfallentscheidungen zu staatlicher PR,
und dies vor allem im Zeitraum des Wahlkampfes (vgl. auch die Übersicht in Kap. 12.7.1
im Anhang). Ein viel beachtetes Urteil zur Öffentlichkeitsarbeit auf Länderebene fällt das
Oberverwaltungsgericht Münster 1988: Auch im Zeitraum des Wahlkampfes ist
Öffentlichkeitsarbeit via Presseerklärungen, Pressegesprächen und (eingeschränkt bei)
Publikationen notwendig und unbedenklich im Hinblick auf die Chancengleichheit der
Parteien
61
.
6.1.3 Kommunale Ebene / Deutschland
Ebenso wie die (gesamt-)staatliche Ebene ,,von oben" Einfluß auf die regionale
Öffentlichkeitsarbeit ausübt, ist dies ,,von unten" durch die kommunale Ebene der Fall. So
stellen innerhalb des kommunalen Bereichs insbesondere die Städte wichtige Einheiten
59
In Bezug auf den Informationsanspruch der Presse gelten i.d.R. die Paragraphen 3 oder 4 der
Landespressegesetze; vgl. bspw. Baerns 1981: 57. Zu den Landespressegesetzen und deren Regelungen
bzgl. Öffentlichkeitsarbeit vgl. ergänzend Sänger 1966: 25/26 sowie 90-94.
60
Vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1977, BVerfGE 44, 149.
61
Mit dem Urteil von Münster wurde das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1977 mit
vergleichbaren Prämissen auf die regionale Ebene heruntergebrochen; vgl. OVG Münster, Urteil vom
19.8.1988 ­ 15 A 924/86. Relevante Auszüge des Urteils finden sich bei Peter und Müller 1998: 246-255.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
36
dar, welche sich für die regionale Ebene als relevant erweisen. Dies gilt insbesondere
durch die Existenz von Stadtstaaten in Deutschland, welche jeweils gleichzeitig Teil der
kommunalen wie auch der regionalen Ebene darstellen. Die Verflechtung der
Öffentlichkeitsarbeit der Länder mit der kommunalen (speziell städtischen) Ebene wird
deutlich.
Wichtige Eigenschaft dieser kommunalen Ebene ist die Bürgernähe. So kommt der Bürger
mit kaum einer Verwaltung in so engen Kontakt wie mit seiner eigenen Gemeinde. Das
Prinzip der Identifikation mit dem Nächsten gilt hier allen voran
62
. So muß sich auch ,,die
kommunale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der alltäglichen Arbeit ihrer
demokratischen Funktion nach dem Grundgesetz bewußt sein" (Peter und Müller 1998: 3).
Was die aktuelle Rechtssprechung betrifft, gilt auch auf kommunaler Ebene das Verbot
von Einflußnahme mittels Werbung (vgl. Peter und Müller 1998: 7/8). Dies findet sich in
zahlreichen Urteilen bestätigt, die hier kurz überblickend erwähnt werden sollen (vgl.
insbes. die Übersicht in Kap. 12.7.1 im Anhang)
63
. So sind häufig Eingriffe in die
Chancengleichheit im Wahlkampf Grund für Auseinandersetzungen, welche die Gerichte
beschäftigen. Dennoch zulässig und notwendig ist die alltägliche Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit, welche auch in Zeiten des Wahlkampfes unerlässlich für die
Information der Bürger ist. Die Rechtssprechung schließt insgesamt an den bereits auf
regionaler und nationaler Ebene gefassten Rahmen zulässiger staatlicher Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit an.
Wie in den vorangegangenen Abschnitten zur staatlichen, regionalen und kommunalen
Ebene aufgezeigt wurde, zieht sich die Gesetzgebung zu staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
durch alle Verwaltungsebenen hindurch. Außerdem muß festgehalten werden, daß
staatliche Öffentlichkeitsarbeit sich am Subsidaritätsprinzip orientiert, womit innerhalb des
einheitlichen rechtlichen Rahmens die jeweils naheliegendste Verwaltungseinheit die
Kompetenzen zur Öffentlichkeitsarbeit und damit der Information der Bürger übernimmt.
62
Den Beweis der höchsten Identifikation mit ,,dem Nächsten" und damit großer Bürgernähe kommunaler
Verwaltung liefert Werthmöller (1995: 139-142) am Beispiel des Münsterlandes. Per Fragebogen werden
1003 Fälle repräsentativ ausgewählt. Es zeigt sich, daß die Identifikation der Bewohner jeweils mit dem
unmittelbaren Wohnort am höchsten ist. Somit ist auf kommunaler Ebene das größte Potential für
praktizierte Bürgernähe durch die Verwaltung vorhanden.
63
Einen sehr ausführlichen Beitrag zur PR in den Kommunen liefert seit 1988 Remmele: Die vier Bände zu
,,Musteraktionen erfolgreicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Bürgermeister und Behördenchefs". Er
stellt zum einen die umfangreichen rechtlichen Grundlagen kommunaler Öffentlichkeitsarbeit vor und
bietet zum anderen eine breite Sammlung an Beispielen kommunaler PR aus der Praxis.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
37
So haben wie aufgezeigt die jeweils übergeordneten Entscheidungen für die
nachfolgende(n) Ebene(n) handlungspolitische Relevanz, gegenseitige Bezüge können
hergestellt werden.
6.2 Frankreich
6.2.1 Staatliche Ebene / Frankreich
,,Das freie Mitteilen von Gedanken und Meinungen gehört mit zu den wertvollsten Rechten
des Menschen; somit kann jeder Bürger in Freiheit reden, schreiben und drucken mit
lediglich der Einschränkung, daß er sich in bestimmten vom Gesetz festgelegten Fällen für
den Mißbrauch dieser Freiheiten zu verantworten hat"
64
In Deutschland wie in Frankreich stellt staatliche Öffentlichkeitsarbeit eine elementare
Grundvoraussetzung der funktionierenden Demokratie dar. Wichtige Elemente sind die
Informationspflicht des Staates und die Informationsfreiheit der Medien. Dennoch war in
Frankreich der staatliche Einfluß auf die Medien lange Zeit enorm. So zog bspw. jeder
politische Kurswechsel zwangsläufig personelle und funktionale Veränderungen im
Medienbereich nach sich.
Dabei entstammt die französische Rechtssprechung und speziell das französische
Kommunikations- und Medienrecht weitaus älteren Grundlagen als die vergleichbaren
Regelungen auf deutscher Seite (vgl. hier und nachfolgend die Übersicht zu Gesetzen und
Rechtssprechung in Kap. 12.7.2 im Anhang). So fußt etwa die gesetzliche Regelung der
Informations-, Meinungs- und Pressefreiheit auf den bereits 1789 beschlossenen
Menschen- und Bürgerrechten. Das noch heute gültige Gesetz zur Freiheit der Presse
stammt aus dem Jahre 1881. Beide stellen ­ wie in Deutschland nicht in expliziter Form
(vgl. Art. 5 GG) ­ außerdem die Grundlagen für den Auskunftsanspruch der Medien
gegenüber den staatlichen Behörden dar.
64
Erklärung der französischen Menschen- und Bürgerrechte, Artikel 11, vom 26. August 1789. Artikel 11
gilt bis heute als Grundlage des französischen Medienrechtes. Vgl. zum genauen Wortlaut der Gesetze hier
und nachfolgend www.legifrance.gouv.fr.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
38
1978 und 1979 werden erste Gesetze zur Öffnung der staatlicher Kommunikation nach
außen beschlossen
65
. 1983 befindet eine Verordnung über die Notwendigkeit der
Verbesserung der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern
66
. Erklärtes Ziel ist
es, regierungsamtliches Handeln und staatliche Politik gegenüber dem Bürger zu erklären
und zu legitimieren, auf das Verständnis der Bürger hinzuarbeiten. Zémor (1992: 59)
urteilt über die Absicht der Gesetzgeber, daß ,,la motivation [Begründung] des décisions
donne l´image d´une administration plus ouverte."
Was die aktuelle Rechtsprechung betrifft, wird die mit dem demokratischen Grundprinzip
einhergehende Notwendigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sowie deren Anforderungen
wie auch Grenzen 1990 noch einmal in einem Grundsatzurteil (Deutschland 1977)
festgelegt
67
. Wie in Deutschland werden in der Folge vor allem Urteile zur staatlichen
Öffentlichkeitsarbeit für die ,,heiße" Wahlkampfzeit beschlossen.
Einzelfallentscheidungen jedoch gehen dem viel beachteten Grundsatzurteil von 1990 um
viele Jahre voraus. Es sind diese Urteile, welche schon früh den Rahmen staatlicher
Öffentlichkeitsarbeit abstecken: So bspw. die Genehmigung des Zugangs zu staatlichen
Dokumenten zum Zwecke der Information der Öffentlichkeit 1978 (vgl. Zémor 1992: 60)
oder die Unbedenklichkeit öffentlicher Plakatierung zur Erklärung und dem Werben um
Verständnis bei Regierungsentscheidungen 1979 (vgl. Zémor 1992: 59/60).
Insgesamt verhält sich die Rechtssprechung in Frankreich mit dem Verbot von werbenden
Maßnahmen oder parteilicher Einflußnahme nahezu kongruent zur deutschen
Gesetzgebung: Mit einem Monat Unterschied zur BRD (die Periode dauert hier fünf
Monate) ist das Verbot von Kommunikationsmaßnahmen in Wahlkampfzeiten in
Frankreich für sechs Monate gültig. Dies gilt für alle Gebietskörperschaften
gleichermaßen. So war es ausdrückliche Intention des Gesetzgebers, der zunehmenden
Vermischung institutioneller und parteilicher Öffentlichkeitsarbeit einen Riegel
vorzuschieben; es galt, ,,de ne pas permettre le financement de campagnes politiques sur
65
Gesetz Nr. 78-753 vom 17. Juli 1978 sowie Gesetz Nr. 79-587 vom 11 Juli 1979. Beide Gesetze schreiben
sich in eine Reihe von Entscheidungen ein, welche die ,,amélioration des relations entre l´adminstration et
le public" zum Ziel haben.
66
Ziel ist mehr Bürgernähe, mehr Personalisierung, mehr Objektivität und Transparenz, kurz mehr Offenheit
der Verwaltung. So heißt es, das Projekt ,,s'inscrit dans le cadre de la mise en oeuvre de la nouvelle
citoyenneté qui a pour corollaire la définition d'un nouveau statut de l'usager du service public. Des règles
assurant une meilleure protection de ses droits, des rapports moins dépersonnalisés avec les agents publics,
une information systématique des usagers sur les décisions que l'administration prend ou envisage de
prendre [...]"; vgl. ,,Rapport au Président de la République" im Décret Nr. 83-1025 vom 28. November
1983.
67
Gesetz Nr. 90-55 vom 15. Januar 1990, modifiziert 1995 und 1996.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
39
les fonds publics d´une collectivité et de tenter d´établir une frontière entre communication
institutionnelle et propagande politique" (Zémor 1992: 39). Diese Tendenz der Auslegung
von Notwendigkeit und Grenzen staatlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit setzt sich auf
regionaler Ebene fort.
6.2.2 Regionale Ebene / Frankreich
,,Pour être mieux compris, il faut être mieux connus"
68
unterstrich ein führender
französischer Politiker den Sinn staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Einschränkungen gibt es
auf regionaler Ebene für diese wie in Deutschland speziell im Vorwahlzeitraum. Diese
Regelungen gründen auf das erwähnte Grundsatzurteil vom 15. Januar 1990
69
(vgl. hier
und nachfolgend die Übersicht in Kap. 12.7.2 im Anhang).
So wurde mittels der Bestimmung des zulässigen Zeitraums der Wahlwerbung
70
gleichzeitig ein Rahmen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der amtierenden
politischen Vertretung der Gebietskörperschaft abgesteckt. Neben der Sicherstellung der
Chancengleichheit der Kandidaten werden mit den ab 1990 erlassenen Gesetzen vor allem
die Kompetenzen der regionalen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit näher bestimmt als dies
bisher der Fall war: ,,Mais elle [la loi] a aussi est surtout encadré la communication des
collectivités territoriales" (Larrain 1997: 105). Dies wirkt sich in der Folge merklich ­ in
Form der Einschränkung von Publikationen aller Art im Zeitraum direkt vor Wahlen­ auf
die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Regionen aus. Gleichwohl räumt die
Rechtssprechung wie in Deutschland zahlreichen Formen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
den Status von Ausnahmen (vgl. Larraine 1997: 95-97 sowie 101/102) ein. Diese ­ in der
Praxis oft auf kommunaler Ebene angesiedelt ­ gelten vor allem für bereits etablierte
Kommunikatinsmaßnahmen der Gebietskörperschaften, insbesondere für Publikationen.
6.2.3 Kommunale Ebene / Frankreich
Parallel zur Vorgehensweise im deutschen Beispiel werden nachfolgend die gesetzlichen
Regelungen auf kommunaler Ebene in Frankreich vorgestellt
71
. Es muß jedoch vorweg
geschickt werden, daß wie bereits angedeutet die kommunale Ebene nicht ähnlich auf die
der Regionen übertragbar ist wie im Fall der deutschen Kommunen bzw. Städte auf die
68
,,Um besser verstanden zu werden. muß man besser bekannt sein", Aussage des damaligen Vize-
Präsidenten des französischen Staatsrates Marceau Long; vgl. Long 1991: 185.
69
Gesetz Nr. 90-55 vom 15. Januar 1990; vgl. zum Wortlaut des Gesetzes Larrain 1992: 114-124.
70
Der eigentliche Wahlkampf mittels Plakaten und Broschüren darf erst 2 Wochen vor dem angesetzen
Wahltermin beginnen. Klassische Werbung über Massenmedien ist dabei untersagt.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
40
Bundesländer. Grund ist ­ der vorangegangenen Argumentation folgend ­ insbesondere
die fehlende Existenz von Stadtstaaten nach deutschem Vorbild, wodurch in Deutschland
einige Städte gleichzeitig als Bundesländern gelten (vgl. Kap. 6.1).
Dennoch soll hier die kommunale Ebene Frankreichs kurz Erwähnung finden. Für den
kommunalen Bereich lässt sich zusammenfassend festhalten, daß sich (zumindest) die
Gesetzgebung an den übergeordneten Ebenen orientiert. Aufgrund der räumlichen Nähe
und nicht zuletzt der Vielzahl der Gemeinden
72
und der damit einhergehenden Vielfalt
kommunaler Öffentlichkeitsarbeit scheint die Rechtslage hier auch am weitesten
ausdifferenziert. Die Vielzahl der Urteile bestätigt dies auf eindrucksvolle Weise (vgl. hier
und nachfolgend Kap. 12.7.2 im Anhang). Wie auf regionaler Ebene gilt auch in den
Kommunen die Unbedenklichkeit bereits etablierter Kommunikationsmaßnahmen im
Wahlzeitraum.
Zusammenfassend kann also im Bereich der normativen Vorgaben aus den Gesetzen und
der Rechtssprechung in Deutschland und Frankreich von vergleichbaren Grundlagen
ausgegangen werden. Diese Feststellung bietet eine solide Basis für die Fortführung des
Vergleichs regionaler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den beiden Staaten.
71
Gleichzeitig kann aufgrund einer mangelnden Vergleichsebene auf deutscher Seite auf eine Darstellung der
Départements verzichtet werden.
72
So ist die Zahl der Kommunen in Frankreich höher als in jedem anderen europäischen Land, mit ca. 36.500
mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland (ca. 16.000). Diese Zahl erklärt das überdimensionale
Gewicht der kommunalen Ebene in Frankreich.

Stefan HEZEL 2001 ­ Regionale Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich
41
7 Stand der Forschung
7.1 Deutschland
7.1.1 Staatliche Ebene / Deutschland
,,Zwischen Bundesebene und Länderebene zeigen sich nur selten beträchtliche
Diskrepanzen in der Gestaltung der Pressearbeit"
73
Der Charakter staatlicher Öffentlichkeitsarbeit auf gesamtstaatlicher, also nationaler Ebene
liegt in Deutschland weitgehend erforscht vor. So war allen voran die Arbeit des
Bundespresseamtes / BPA zentrales Untersuchungsobjekt
74
. Das BPA beschäftigt sich
neben der allgemeinen Politik auf Ebene der Bundesregierung auch mit der
Kommunikation über Staatsgrenzen hinaus. Es nimmt somit ergänzend eine übergeordnete
Vertretungsfunktion für alle Länder wahr
75
und verfügt deshalb in Sachen historischer
Entwicklung und Struktur über eine Art ,,Vorbildcharakter" für die nachgeordneten
Ebenen.
Im Hinblick auf die zahlreichen Ergebnisse zur Öffentlichkeitsarbeit auf staatlicher Ebene
soll hier weitgehend auf die oben genannte Literatur verwiesen werden. Stärker
nutzbringend für die vorliegende Untersuchung sind Forschungsergebnisse, welche sich
mit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland
generell, will heißen
ebenenübergreifend, beschäftigen und damit die Übertragbarkeit auf Länderebene
vereinfachen.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf staatlicher, regionaler und kommunaler Ebene wurde
mit einer zentralen Studie erfasst: Böckelmanns Untersuchung von ,,Pressestellen der
öffentlichen Hand" aus dem Jahr 1991. Ihre Ergänzung auf französischer Seite findet diese
mit den Studien Zémors von 1991 und 1992. Beide Autoren beschäftigen sich übergreifend
mit allen Ebenen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit, d.h. auf nationalem, regionalem und
kommunalem Niveau, und bieten so eine geeignete Grundlage, um Tendenzen und
Stukturen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in beiden Staaten aufzuzeigen. Da die
73
Böckelmann 1991: XVI. Die Bezeichnung ,,Pressearbeit" wird von Böckelmann als Oberbegriff für Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit verwendet.
74
Vgl. bspw. Fischer 1981a, Kordes und Pollmann 1989, Schürmann 1991, sowie den bibliographischen
Überblick zu Themenbereichen der Öffentlichkeitsarbeit von Lieb 1991.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832453152
ISBN (Paperback)
9783838653150
DOI
10.3239/9783832453152
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Politik- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2002 (April)
Note
1,7
Schlagworte
regionen
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Titel: Staatliche Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und Frankreich auf regionaler Ebene
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