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Dienstleistungsmarketing unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften

Am Beispiel niedergelassener Allgemeinärzte

©2002 Diplomarbeit 85 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Generell ist die Dienstleistung des Arztes eine Dienstleistung wie jede andere. Aufgrund des medizinischen Aufgabenfeldes, der Gesundheit - dem höchsten Gut des Menschen, nimmt sie in unserer Gesellschaft jedoch einen besonders hohen Stellenwert ein. Die Ärzte selbst sehen ihre Tätigkeiten hauptsächlich unter ethischen und sozialen Gesichtspunkten. Mit zunehmend marktwirtschaftlicher Orientierung des Gesundheitswesens, muss sich die Ärzteschaft jedoch auf diese neue Situation ausrichten, will sie auch in Zukunft ein vergleichbares Einkommen erzielen.
Die niedergelassenen Allgemeinmediziner sind durch ihrer Praxis Unternehmer. Um diese Unternehmen auch erfolgreich zu führen, bedarf es eines unternehmerischen Denken und Handelns. Ihre größte Einnahmequelle bzw. den größten Anteil des Honorars, beziehen die Ärzte von den gesetzlichen Krankenkassen. Die Einnahmemöglichkeit in diesem Sektor ist für Ärzte wegen der gedeckelten Kassenbudgets jedoch begrenzt. Eine zusätzliche Einnahmequelle bietet sich den Ärzten im Selbstzahlerbereich, denn die Gesundheit ist ein zunehmend wachsender Wirtschaftsmarkt, mit hohem finanziellen Potential. Damit sich die Mediziner auf diesem Teilmarkt erfolgreich gegenüber Wettbewerbern durchsetzen, und ihren Patientenstamm halten bzw. ausbauen können, müssen sie sich zunehmend von diesen absetzen.
Im Rahmen der Arbeit werden aus den oben genannten Gründen die zur Differenzierung einsetzbaren Marketingmaßnahmen unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen aufgezeigt. Die möglichen Aktivitäten im Bereich der ärztlichen Dienstleistung sind hier auf die niedergelassenen Allgemeinärzte ausgerichtet.
Gang der Untersuchung:
Die Begriffsabgrenzung Marketing sowie die Darstellung des Aufgabenbereichs der Allgemeinmediziner, als auch die Charakteristiken der Dienstleistung und die daraus resultierenden Besonderheiten im Bereich des Dienstleistungsmarketings werden in Kapitel 2 dargestellt.
In Kapitel 3 werden die rechtlichen Rahmenbedingungen betrachtet, die sich in die allgemein gültigen Gesetze und in die berufsrechtlichen Vorschriften unterteilen. Durch die Aufhebung des generellen Werbeverbots für Ärzte im Mai 2000, lassen sich heutzutage mehr Aktivitäten realisieren.
Um im Folgenden zu erörtern, warum die Ärzte vermehrt im Marketingbereich aktiv werden müssen, wird zuvor in Kapitel 4 die aktuelle Situation der niedergelassenen Ärzte, sowie deren Wettbewerbssituation beleuchtet. Ferner […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Dienstleistung
2.2 Marketing
2.3 Dienstleistungsmarketing
2.4 Allgemeinarzt

3 Rechtliche Rahmenbedingungen für das Marketing
3.1 Allgemeine gesetzliche Vorschriften
3.1.1 Grundgesetz
3.1.2 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
3.1.3 Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens
3.2 Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte
3.2.1 Allgemeine Erläuterungen
3.2.2 Reglementierungen

4 Aktuelle Situation der niedergelassenen Ärzte
4.1 Wettbewerb auf dem Markt der niedergelassenen Allgemeinmediziner
4.2 Wettbewerbsbedingungen unter dem Punkt der Qualitätssicherung
4.3 Notwendigkeit des Einsatzes von Marketingmaßnahmen für niedergelassene Ärzte

5 Praxismarketing
5.1 Ärztliche Dienstleistungen
5.1.1 Diagnose und Therapie
5.1.2 Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen
5.1.3 Prophylaxe
5.2 Standortwahl für Praxisneueröffnungen
5.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen für die Praxisniederlassung
5.2.2 Auswahl des geeigneten Praxismodells
5.3 Honorarpolitik
5.3.1 Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen
5.3.2 Zahlungen der Privatpatienten
5.3.3 Selbstzahlerbereich
5.4 Kommunikationspolitik
5.4.1 Corporate Identity
5.4.2 Praxiseinträge/-darstellungen in Verzeichnissen
5.4.3 Praxisinformationen für Patienten
5.4.4 Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations
5.4.5 Arzt-Patienten-Beziehung
5.4.6 Patientenservice
5.5 Mitarbeiterführung
5.5.1 Personalschulung
5.5.2 Mitarbeitermotivation

6 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Internetquellenverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der in den Fußnoten und im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen angefertigt habe.

Bosau, den 27. Mai 2002

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten*

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht über die werberegelnden Gesetze für Ärzte

Abbildung 2: Darstellung der sachlichen Information

Abbildung 3: Der Leistungsbereich der GKV

Abbildung 4: Das wünschen sich Patienten von ihrem Arzt.

1 Einleitung

„... health care has always been a business and needs to be recognized as such by physicians.”[1]

Ralph O. Bischof and David B. Nash, 1996

Mit dem Wandel im Gesundheitswesen gewinnt die Aussage von Bischof und Nash zunehmend an Bedeutung.

Generell ist die Dienstleistung des Arztes eine Dienstleistung wie jede andere. Aufgrund des medizinischen Aufgabenfeldes, der Gesundheit - dem höchsten Gut des Menschen, nimmt sie in unserer Gesellschaft jedoch einen besonders hohen Stellenwert ein. Die Ärzte selbst sehen ihre Tätigkeiten hauptsächlich unter ethischen und sozialen Gesichtspunkten. Mit zunehmend marktwirt­schaftlicher Orientierung des Gesundheitswesens, muss sich die Ärzteschaft jedoch auf diese neue Situation ausrichten, will sie auch in Zukunft ein vergleichbares Einkommen erzielen.

Die niedergelassenen Allgemeinmediziner sind durch ihrer Praxis Unter­nehmer. Um diese Unternehmen auch erfolgreich zu führen, bedarf es eines unternehmerischen Denken und Handelns. Ihre größte Einnahmequelle bzw. den größten Anteil des Honorars, beziehen die Ärzte von den gesetzlichen Krankenkassen. Die Einnahmemöglichkeit in diesem Sektor ist für Ärzte wegen der gedeckelten Kassenbudgets jedoch begrenzt. Eine zusätzliche Einnahmequelle bietet sich den Ärzten im Selbstzahlerbereich, denn die Gesundheit ist ein zunehmend wachsender Wirtschaftsmarkt, mit hohem finanziellen Potential. Damit sich die Mediziner auf diesem Teilmarkt erfolgreich gegenüber Wettbewerbern durchsetzen, und ihren Patientenstamm halten bzw. ausbauen können, müssen sie sich zunehmend von diesen absetzen.

Im Rahmen der Arbeit werden aus den oben genannten Gründen die zur Differenzierung einsetzbaren Marketingmaßnahmen unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen aufgezeigt. Die möglichen Aktivitäten im Bereich der ärztlichen Dienstleistung sind hier auf die niedergelassenen Allgemeinärzte ausgerichtet.

Die Begriffsabgrenzung Marketing sowie die Darstellung des Aufgaben­bereichs der Allgemeinmediziner, als auch die Charakteristiken der Dienstleistung und die daraus resultierenden Besonderheiten im Bereich des Dienstleistungsmarketings werden in Kapitel 2 dargestellt.

In Kapitel 3 werden die rechtlichen Rahmenbedingungen betrachtet, die sich in die allgemein gültigen Gesetze und in die berufsrechtlichen Vorschriften unterteilen. Durch die Aufhebung des generellen Werbeverbots für Ärzte im Mai 2000, lassen sich heutzutage mehr Aktivitäten realisieren.

Um im Folgenden zu erörtern, warum die Ärzte vermehrt im Marketingbereich aktiv werden müssen, wird zuvor in Kapitel 4 die aktuelle Situation der niedergelassenen Ärzte, sowie deren Wettbewerbssituation beleuchtet. Ferner werden die Wettbewerbsbedingungen unter dem Punkt der Qualitätssicherung betrachtet. Es wird aufgezeigt, warum es für Mediziner notwendig ist, Marketingmaßnahmen durchzuführen.

In Kapitel 5 wird anschließend auf das Praxismarketing eingegangen. Dargestellt werden hier die ärztliche Dienstleistung und ihre einzelnen Aufgabenbereiche. Unter dem Aspekt der Praxisneueröffnung wird die Standortwahl erörtert und zudem werden verschiedene Einnahmequellen der Ärzte unter dem Punkt der Honorarpolitik aufgelistet. Anschließend befasst sich dieses Kapitel mit den einzelnen Maßnahmen der Kommunikationspolitik und es behandelt abschließend die Mitarbeiterführung. Die Arbeit endet mit der Schlussbetrachtung.

2 Begriffliche Grundlagen

2.1 Dienstleistung

In der Literatur existiert keine feste Definition für den Begriff „Dienstleis­tung“, vielmehr gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionsan­sätzen. Das Augenmerk dieser Arbeit richtet sich auf die personenbezogene Dienstleistung. In diesem Fall definiert sich die Dienstleistung als eine Handlung einer Person an einer anderen Person.[2]Projiziert auf die ärztliche Dienstleistung, beinhaltet dies die Behandlung des Patienten durch den Arzt. Zur weiteren Verdeutlichung der Begriffsbestim­mung wird die Dienstleistung der Sachleistung gegenübergestellt.

Bei Dienstleistungen handelt es sich um ein abstraktes, immaterielles Gut. Im Gegensatz zu Sachgütern sind sie weder greifbar, noch kann man sie fühlen, hören oder riechen. Des Weiteren können Dienstleistungen weder auf Vorrat produziert werden, noch sind sie transportfähig oder weiterveräußerbar. Es besteht auch nicht die Möglichkeit des Eigentumserwerbs. Sie werden vielmehr zur gleichen Zeit und am gleichen Ort produziert und konsumiert. Anders ist es bei den materiellen Güter, die sich im Voraus produzieren lassen, lagerfähig sind und anschließend benutzt, verbraucht oder auch wiederverkauft werden können. Demgegenüber kann eine Sachleistung jedoch ohne begleitende Dienstleistung nicht erfolgreich abgesetzt werden, wobei Dienstleistungen durchaus allein als Absatzleistungen Kundenbedürfnisse erfüllen. Zu einem typischen Dienstleistungsmerkmal zählt ferner das Zusammenspiel zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger. Beide Seiten tragen zum Erfolg oder Misserfolg bei. Trotz gleichartiger Dienstleistung ist es möglich, dass diese aufgrund der personellen Unterschiede bei der Leistungserstellung stark voneinander variieren. Die Qualität der Dienstleistung hängt dabei sowohl von der ausführenden Person, als auch von dem Wann, Wo und Wie eine Leistung ausgeführt wird, ab. Als Gegensatz hierzu weisen die maschinell erstellten Güter eine uneingeschränkte Reproduzierbarkeit auf, die kaum qualitativen Schwankungen unterliegen.[3]

2.2 Marketing

Seinen Ursprung hat der Begriff Marketing in den USA, wo er nach dem Ersten Weltkrieg entstand. Ende der 50er Jahre hat sich dann das Schlagwort auch in Europa durchgesetzt, wobei es keinen exakten deutschen Terminus hierfür gibt. Anfänglich war Marketing als die Gesamtheit der Maßnahmen, die unmittelbar auf Verkauf und Distribution von Gütern ausgerichtet sind, definiert. Insoweit war der Begriff Marketing gleichbedeutend mit Absatz.[4]

Mit dem Übergang vom Verkäufer- zum Käufermarkt änderte sich auch zunehmend die damalige Marketingdefinition. Marketing wird nunmehr als eine Philosophie der Unternehmensführung angesehen.[5]Eine aus der Vielzahl von Definitionen für das Marketing lautet:„Unter Marketing versteht man die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Unterneh­mensaktivitäten, welche darauf abzielen, durch eine konsequente Ausrichtung des eigenen Leistungsprogramms an den Wünschen der Kunden die absatz­marktorientierten Unternehmensziele zu erreichen.“[6]

2.3 Dienstleistungsmarketing

Durch das enorme Wachstum des Dienstleistungssektors und der zunehmenden Dynamik des Wettbewerbs, steigt auch das Interesse an den speziellen Problemen des Marketings für Dienstleistungen. Der auf die Vermarktung von Produkten ausgerichtet traditionelle Marketingansatz kann nicht ohne weiteres auf den Dienstleistungssektor angewandt werden. Vielmehr ist den dienstleistungsspezifischen Eigenschaften mit einem speziellen Marketingan­satz Rechnung zu tragen.[7]

Aufgrund der bereits angesprochenen Besonderheiten der Dienstleistungen wird dem externen Marketing, das interne und das interaktive Marketing, wie es teilweise in der Literatur bezeichnet wird, hinzugefügt. Bei dem externen Marketing handelt es sich um die sogenannten “vier P’s” (product, price, place and promotion), die sich mit den Aktivitäten zur Bereitstellung, Preisfindung, Distribution und Absatzförderung der Dienstleistung für Kunden beschäftigen. Mit den Handlungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern befasst sich hingegen das interne Marketing. Spezieller gesagt zählen hierzu alle Schulungen und Motivationsmaßnahmen der Mitarbeiter, um Kunden­zufriedenheit zu erreichen. Von beträchtlicher Bedeutung für das Dienstleistungsmarketing ist die Qualifikation, die Motivation und der Teamgeist aller Mitarbeiter. Ein Motivationsanreiz, z.B. eine monetäre Incentivierung, kann mit einem Kundenzufriedenheitssensor gekoppelt werden. Der richtige Kundenumgang wird unterdessen durch das interaktive Marketing erzielt. Hierbei spielt das zwischenmenschliche Verhalten bzw. die Käufer-Verkäufer-Beziehung eine sehr wichtige Rolle. Denn wie der Kunde die Dienstleistungsqualität bewertet hängt davon ab, wie die Dienstleistung erbracht und in welcher Weise der interaktive Kontakt zwischen den Mitarbeitern und dem Kunden gepflegt wird.[8]Dabei misst der Patient dem psychischen Beistand, neben dem physischen Erfolg der Behandlung, einen besonders hohen Stellenwert bei. Aber auch das Auftreten des Praxispersonals bzw. ihr Verhalten gegenüber den Patienten beeinflusst die Bewertung der gesamten Behandlungsumstände. Ein Erfolg des interaktiven Marketings ist dann erzielt, wenn der Patient mit dem gesamten Praxisauftritt zufrieden ist.[9]

Trotz der bereits erwähnten Wettbewerbsdynamik betreiben noch längst nicht alle Dienstleistungsanbieter Marketing. Die Gründe hierfür sind unterschied­lichsten Ursprungs. Zum einen bestehen für ärztliche Dienstleistungen rechtliche Einschränkungen.[10]Zum anderen ist in der Literatur immer wieder die Auffassung zu finden, dass es für Ärzte unethisch[11]sowie unprofessionell ist, Marketing für ihre Leistungen zu betreiben.[12]Welche Möglichkeiten den Ärzten innerhalb der für sie gültigen Vorschriften für Marketingmaßnahmen zur Auswahl stehen, wird in Kapitel 3 (Rechtliche Rahmenbedingungen für das Marketing) näher aufgezeigt.

2.4 Allgemeinarzt

Der Allgemeinarzt ist auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin tätig und wird auch als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Hausarzt bezeichnet. Für Ärzte besteht die Möglichkeit nach ihrer Approbation die Gebietsbezeichnung „Allgemeinarzt“ zu erwerben. Grundvoraussetzung hierfür sind rechtlich vorgeschriebene Weiterbildungsmaßnahmen in Kliniken und Praxen sowie die Teilnahme an Seminaren und das Bestehen der Facharztprüfung.[13]

Das Aufgabenfeld des Allgemeinmediziners ist weit gefächert und umfasst die lebensbegleitende hausärztliche Betreuung von Menschen jeden Alters und bei jeder Art von Gesundheitsstörung. Hierunter fällt u.a. die Vorsorge, die Gesundheitsberatung, die Früherkennung von Krankheiten, die Behandlung von akuten oder chronischen Erkrankungen, die Integration von medizinischen, sozialen und psychischen Hilfen im Krankheitsfall, sowie die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen. Die Behandlung des Patienten ist dabei unter Berücksichtigung des psychischen, biologischen und sozialen Ausmaßes ihrer gesundheitlichen Leiden, Probleme oder Gefährdungen durchzuführen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die gezielte Zusammenarbeit mit Ärzten anderer Fachbereiche sowie das Zusammentragen aller wichtigen medizinischen Daten des Patienten.[14]

Als erste Anlaufstelle für Menschen mit gesundheitlichen Problemen und als Koordinator zwischen den behandelnden Fachärzten der Patienten, nimmt der Hausarzt eine zentrale Figur im Gesundheitssystem ein. Mit Einführung der Chip-Karte hat sich das Bild jedoch etwas verändert. Patienten suchen häufig nicht mehr zuerst ihren Hausarzt auf, sondern wenden sich zumeist direkt an einen Facharzt. Dabei versuchen die Krankenkassen die Situation des Hausarztes wieder zu stärken. Es wird angestrebt, dass der Hausarzt als „gatekeeper“ eine sogenannte „Lotsenfunktion“ übernimmt. Die Patienten sollen zuerst den Allgemeinarzt aufsuchen und wenn er es für notwendig hält, nimmt er eine entsprechende Überweisung an einen Facharzt vor. Die Krankenkassen können durch diese Vorgehensweise wesentliche finanzielle Einsparungen erzielen, da i.d.R. die Zahlungen an Allgemeinmediziner geringer ausfallen als an Fachärzte. Modelle der Krankenkassen, die diese Vorgehensweise befürworten, stützten sich dabei auf eine rein freiwillige Mitgliederteilnahme. Um Mitglieder der Krankenkassen jedoch zur Teilnahme zu bewegen, ist es den Krankenkassen erlaubt, finanzielle Anreize zu schaffen.[15]

Den Hausarzt in seiner Lotsenfunktion zu stärken hat aber nicht nur Nutzen für die Krankenkasse. Für die Patienten ergibt sich hierdurch ebenfalls ein Vorteil. So laufen auf dem Tisch des Allgemeinmediziners alle dokumentierten Krankheitsfälle zusammen. Er kann anhand der Karteikarte des Patienten nachvollziehen, welche Erkrankungen oder Beschwerden der Patient hat oder bereits hatte, was für die Genesung unternommen bzw. verabreicht wurde und anhand der Berichte von Fachärzten erkennen, was die Kollegen festgestellt und unternommen haben. Der Hausarzt hat einen Überblick über das komplette Krankheitsbild seiner Patienten, was bei weiteren Behandlungen hilfreich sein kann.[16]

3 Rechtliche Rahmenbedingungen für das Marketing

Beabsichtigt der Arzt Marketing zu betreiben, dann hat er die Einschränkungen bezüglich des Werberechts der Musterberufsordnung (MBO) bzw. der Berufsordnungen (BO), dem Gesetz gegen unlautern Wettbewerb (UWG) und dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) zu beachten. Bevor in den nachfolgenden Unterpunkten näher auf die angeführten Vorschriften eingegangen wird, gewährt nachfolgende Abbildung einen Überblick über die Grenzen des ärztlichen Werberechts.[17]

Abbildung 1: Übersicht über die werberegelnden Gesetze für Ärzte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Bahner, B. (2001). S. 136.

3.1 Allgemeine gesetzliche Vorschriften

3.1.1 Grundgesetz

Rechtliche Grundlage für das ärztliche Werberecht ist u.a. das Grundgesetz. Hier ist das Recht auf Berufs-, Meinungs- und Informationsfreiheit verankert.„Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“[18]Hiermit ist neben der freien Berufswahl auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient, gemeint. Dazu zählt laut Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. April 2000, Aktenzeichen: 1 BvR 721/99, auch die berufliche Außendarstellung einschließ­lich der Werbung für die Inanspruchnahme von Diensten. Das Bundesverfas­sungsgericht plädiert außerdem darauf, dass dem gesellschaftlichen Wandel und den zeitbedingten Veränderungen im Rahmen der Werbeeinschränkungen nachzukommen ist.[19]

Aus dem Grundgesetz wird des Weiteren das Selbstbestimmungsrecht der Patienten abgeleitet,[20]das das Recht der freien Arztwahl mit einschließt. Um jedoch die richtige Arztwahl treffen zu können, bedarf es entsprechender Informationen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dieser Informa­tionsanspruch ist in Art. 5 Abs. 1 GG geregelt und kann nur dann erfüllt werden, wenn Ärzte über ihr Angebot und ihre Qualifikationen umfassend und ungehindert informieren können.[21]

Ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 GG ist das Recht auf freie Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten, verankert.[22]Hierdurch wird Ärzten das Recht gewährt, sich in einer Weise zu präsentieren die auch positive werbewirksame Effekte bewirken können.[23]

3.1.2 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb

Neben dem Grundgesetz gelten für die Angehörigen der freien Berufe und somit auch für Ärzte, die Regeln des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Das Wettbewerbsrecht regelt Fragen bezüglich eines rechtmäßigen und zulässigen Wettbewerbs und dient sowohl dem Schutz der Wettbewerber untereinander, als auch den übrigen Marktteilnehmern, speziell den Verbrau­chern. An die Vorschriften des UWG werden aufgrund der Fülle und der sich ständig weiter entwickelnden wettbewerbsrechtlichen Sachverhalte besondere Ansprüche gestellt, die voraussetzen, dass ein umfassender Rechtsschutz gesichert ist.[24]

Nach § 1 UWG sind Wettbewerbshandlungen unzulässig, die gegen die guten Sitten verstoßen, was im Gesetzestext wie folgt bestimmt ist:„Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.“[25]Anhand dieser elastischen Generalklausel, entwickelt sich das Wettbewerbsrecht fortlaufend durch umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechungen weiter.

Auch bei dem Irreführungsverbot handelt es sich um eine Generalklausel, die nach § 3 UWG festlegt:„Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse ... irreführende Angaben macht, kann auf Unterlassung der Angaben in Anspruch genommen werden.“[26]

Für Ärzte gelten hinsichtlich der werblichen Selbstdarstellung neben den Gesetzen des UWG besondere berufsrechtliche Werbeverbote, die für Ärzte grundsätzlich vor denen des UWG stehen.[27]Auf die einzelnen berufsrecht­lichen Vorschriften wird in Kapitel 3.2 (Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte) und dessen Unterpunkte näher eingegangen. Der wesentliche Unterschied des allgemeinen Wettbewerbsrechts zum ärztlichen Standesrecht besteht darin, dass die Berufsordnung nur Ärzte zu rechtmäßigem Werbever­halten verpflichtet. Den Werbebeschränkungen des UWG unterliegen hingegen auch außenstehende Dritte, wie etwa Kliniken, Sanatorien u.a. gewerbliche Unternehmen.[28]

3.1.3 Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens

Ein weiteres Gesetz, welches die ärztliche Werbefreiheit einschränkt, ist das Heilmittelwerbegesetz. Der Grundgedanke des Gesetzes ist die Gesundheit der Verbraucher und die Gesundheitsinteressen der Allgemeinheit zu schützen.[29]„Dieses Gesetz findet Anwendung auf die Werbung für Arzneimittel ... andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaus­sage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch ... bezieht.“[30]. Zu dem ist auch nach § 3 HWG eine irreführende Werbung unzulässig.[31]Doch auch hier gelten die Vorschriften des Berufsrechts, vor denen des HWG.

3.2 Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte

3.2.1 Allgemeine Erläuterungen

Einmal im Jahr treffen sich die Delegierten der 17 deutschen Ärztekammern auf dem Deutschen Ärztetag, der Hauptversammlung der Bundesärztekammer (BÄK)[32]. Im Anschluss an diese Versammlung wird aufgrund der dort erzielten Ergebnisse, die Musterberufsordnung angepasst.[33]Die Musterberufsordnung zeigt u.a. die Regeln zur ärztlichen Berufsausübung und die Überzeugung der Ärzteschaft zum Verhalten von Ärzten gegenüber den Patienten, den Kollegen, den anderen Partnern im Gesundheitswesen als auch zum Verhalten in der Öffentlichkeit auf. Um einen Einblick in die Musterberufsordnung zu bekommen, sind nachfolgend die wesentlichen Aufgaben des Arztes nach § 1 Abs. 2 MBO zitiert:„Aufgabe des Arztes ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.“[34]Zu den Pflichten des Arztes gegenüber seinen Patienten zählt u.a. die Schwei­gepflicht.[35]Demnach hat der Arzt über das ihm von Patienten Anvertraute auch nach deren Tod zu schweigen.[36]

Die Musterberufsordnung ist aber nicht rechtsverbindlich für die Ärzte. Sie dient vielmehr als Grundlage für die Berufsordnung der einzelnen Landesärztekammern, mit dem Ziel, gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Berufsordnungen zu verhindern. Hierzu kann angeführt werden, dass i.d.R. alle Ärztekammern den Text der Musterberufsordnung nahezu wort­gleich in ihre Berufsordnung übernehmen.[37]

Insgesamt gibt es in Deutschland 17 Berufsordnungen die in Form einer Satzung von den einzelnen Ärztekammern erlassen werden und die im Gegensatz zur Musterberufsordnung für die Ärzte des jeweiligen Kassen­

[...]


*Textinhalte, deren Information auf Angaben aus dem Internet beruhen, werden im Text fortlaufend durchnummeriert und am Ende der Arbeit mit der genauen Quellenangabe unter dem Punkt „Internetquellen“ angeführt.

[1]Zitiert nach Bischof, R. O. und Nash, D. B. (1996). S. 228.

[2]Vgl. Scharf, A. und B. Schubert (2001). S. 61.

[3]Vgl. Kotler, P. u.a. (1999). S. 579 ff..

[4]Vgl. Brockhaus-Enzyklopädie in 24 Bänden (1991). S. 217.

[5]Vgl. Böcker, F. (1991). S. 22.

[6]Zitiert nach Scharf, A. und B. Schubert (2001). S. 4.

[7]Vgl. Scharf, A. und B. Schubert (2001). S. 60 f..

[8]Vgl. Kotler, P. und F. Bliemel (1995). S. 715 ff..

[9]Vgl. Kotler, P. u.a. (1999). S. 587.

[10]Vgl. Pepels, W. (1995). S. 19.

[11]Vgl. Federer, H. (1999). S. 143.

[12]Vgl. Kotler, P. u.a. (1999). S. 585.

[13]Vgl. Brockhaus-Enzyklopädie in 24 Bänden (1996). S. 399.

[14]IQ 1 - Bundesärztekammer: (Muster-)Weiterbildungsordnung.

[15]Nach telefonischer Auskunft der AOK Schleswig-Holstein (01.04.2002) und vgl. Binder, S. (1999). S. 98.

[16]Vgl. Musil, A. (2000). S. 7.

[17]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 136.

[18]Zitiert nach Grundgesetz (2001). S. 15. (Art. 12 Abs. 1 GG).

[19]IQ 2 - Bundesverfassungsgericht - 1 BvR 721/99.

[20]Vgl. Art. 1 Abs. 1 GG und Art.2 GG. In Grundgesetz (2001). S. 13.

[21]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 35 ff..

[22]Vgl. Grundgesetz (2001). S. 14.

[23]Vgl. Barth, D. (2001). In V. J. Kreyher (Hrsg.). S. 600 f..

[24]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 145.

[25]Zitiert nach Bahner, B. (2001). S. 146.

[26]Zitiert nach Bahner, B. (2001). S. 147.

[27]Vgl. Köhler, H. und H. Piper (2001). S. 174. (§ 1 Rn. 282 UWG).

[28]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 152 f..

[29]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 153 f..

[30]Zitiert nach IQ 3 - Heilmittelwerbegesetz. (§ 1 Abs. 1 HWG).

[31]IQ 3 - Heilmittelwerbegesetz.

[32]Als Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung vertritt die BÄK die berufspolitischen Interessen aller Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland. Zudem wirkt sie als Arbeitsgemeinschaft der 17 deutschen Ärztekammern aktiv am gesundheitspolitischen Meinungsbildungsprozess der Gesellschaft mit und entwickelt Perspektiven für eine bürgernahe und verantwortungsbewusste Gesundheits- und Sozialpolitik. (IQ 4 - Bundes­ärztekammer: Aufgaben der Bundesärztekammer).

[33]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 15.

[34]IQ 5 - Bundesärztekammer: MBO. (§ 1 Abs. 2 MBO).

[35]Vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 MBO.

[36]IQ 5 - Bundesärztekammer: MBO.

[37]Vgl. Bahner, B. (2001). S. 602.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832457303
ISBN (Paperback)
9783838657301
DOI
10.3239/9783832457303
Dateigröße
692 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Kiel – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2002 (August)
Note
2,0
Schlagworte
marketing ärzte berufsordnung ärztinnen einnahmen
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Titel: Dienstleistungsmarketing unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften
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