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Auswirkungen des Löhr-Centers auf den Einzelhandel und das Einkaufsverhalten in der Koblenzer Innenstadt

©2001 Diplomarbeit 121 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Rahmen der grundlegenden Veränderungen, die der Einzelhandel in der Bundesrepublik Deutschland seit den 60er Jahren erfährt, nimmt die rasche Ausbreitung von Shopping-Centern zweifellos eine besondere Stellung ein. Das in Koblenz ansässige Einkaufszentrum „Löhr-Center“ ist am Innenstadtrand gelegen und optimal an die Haupteinkaufsstraße angebunden. Diese Arbeit untersucht, ob eine Stärkung des Standortes „Innenstadt Koblenz“ durch das Löhr-Center stattgefunden hat sowie ob es eine Änderung des Standortgefüges in der Innenstadt gab und inwieweit dies durch das Löhr-Center beeinflusst wurde.
Für eine genauere Beleuchtung dieser Aspekte wurden Experten der Koblenzer Wirtschaft und des Einzelhandels interviewt. Zudem wurde eine Passantenbefragung in der Koblenzer Innenstadt, inklusive des Löhr-Centers, durchgeführt. Anhand von Indikatoren wie Mietniveau, Filialisierung und Branchenkonzentration, Fußgängerfrequentierung, Einzugsgebiet der Innenstadt, Einkaufspräferenzen und -gewohnheiten sowie dem Aktivitätsradius der Passanten konnte ein Überblick über die gegenwärtige Situation des Einzelhandels in der Koblenzer Innenstadt erstellt werden. Zusammenhänge und Ursachen wurden herausgearbeitet. Hierdurch wurden Synergien deutlich, die durch gezielte Planung in der Zukunft gestärkt werden sollen. Weiter werden Fehlentwicklungen analysiert und Alternativen besprochen, um diesen entgegenzuwirken und sie langfristig zu beheben.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass durch die Magnetfunktion des Löhr-Centers die Innenstadt als Ganzes gestärkt werden konnte. Innerhalb des Stadtzentrums kam es jedoch durch die Dominanz des Einkaufscenters zu einer Verlagerung des Haupteinkaufsgeschehens zugunsten des centernahen Innenstadtgebietes und damit zu einer Veränderung des Standortgefüges. Um weiterhin eine intakte Innenstadt zu erhalten, müssen jetzt stadtplanerische Maßnahmen ergriffen werden. Hierbei sind nun insbesondere Experten der Wirtschaftsförderung und des Stadtmarketings gefragt, ein zukunftsträchtiges Konzept zu erarbeiten.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Fragestellung4
1.1Untersuchungsdesign6
1.2Aufbau der Arbeit9
2.Strukturwandel im Einzelhandel10
2.1Merkmale des Strukturwandels im Einzelhandel10
2.2Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel20
2.2.1Handelsendogene Faktoren20
2.2.2Handelsexogene Faktoren23
2.3Standortstruktur28
2.4Konzept der Shopping-Center30
2.4.1Typen von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5232
Neuwirth, Rebecca: Auswirkungen des Löhr-Centers auf den Einzelhandel und das
Einkaufsverhalten in der Koblenzer Innenstadt / Rebecca Neuwirth - Hamburg: Diplomica
GmbH, 2002
Zugl.: Bonn, Universität, Diplom, 2001
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1
Fragestellung ... 4
1.1
Untersuchungsdesign ... 6
1.2
Aufbau der Arbeit ... 9
2
Strukturwandel im Einzelhandel... 10
2.1
Merkmale des Strukturwandels im Einzelhandel ... 10
2.2
Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel... 20
2.2.1 Handelsendogene Faktoren... 20
2.2.2 Handelsexogene Faktoren ... 23
2.3
Standortstruktur... 28
2.4
Konzept der Shopping-Center ... 30
2.4.1 Typen von Einkaufszentren ... 31
2.4.2 Shopping-Center-Entwicklung in Deutschland ... 33
2.5
Einzelhandel und Innenstadt... 37
2.5.1 Bedeutung des Einzelhandels für die Innenstadt ... 37
2.5.2 Probleme von Innenstädten ... 39
2.5.3 Konsequenzen von innerstädtischen Shopping-Centern ... 43
3
Untersuchungsraum... 45
3.1
Rahmenbedingungen der Stadt Koblenz ... 45
3.2
Situation des Einzelhandels im Raum Koblenz/Neuwied... 48
3.2.1 Einzelhandelsentwicklung ... 49
3.2.2 Einzugsbereich... 52
3.2.3 Marktpotenzial und Kaufkraftbindung... 53
3.3
Einzelhandelsangebot der Koblenzer Innenstadt ... 55
3.4
Löhr-Center... 58

Inhaltsverzeichnis
4
Auswirkungen des Löhr-Centers in der Innenstadt ... 62
4.1
Auswirkungen des Löhr-Centers auf den Einzelhandel... 62
4.1.1 Folgen für den Einzelhandel der Innenstadt von Koblenz ... 63
4.1.2 Verschiebung des Standortgefüges der Koblenzer Innenstadt ... 65
4.1.3 Erweiterung des Einzugsgebiets der Koblenzer Innenstadt ... 68
4.1.4 Stärkung des Standortes Koblenzer Innenstadt ... 68
4.2
Auswirkungen des Löhr-Centers auf das Einkaufsverhalten in der Koblenzer
Innenstadt... 71
4.2.1 Soziodemografisches Profil der befragten Passanten ... 73
4.2.2 Einzugsgebiet und Verkehrsmittelnutzung... 78
4.2.3 Besuchsmotive ... 84
4.2.4 Hauptziel... 89
4.2.5 Kundenbindung... 92
5
Das Löhr-Center ­ ein Segen für Koblenz? ... 103
6
Literaturverzeichnis... 108
7
Interviewverzeichnis ... 114
8
Anhang ... 115

Fragestellung
Seite 4
1
Fragestellung
Während der letzten vier Jahrzehnte haben in der Bundesrepublik Deutschland tief greifende
Umwälzungen des tertiären Wirtschaftssektors, insbesondere des Einzelhandels stattgefunden.
Dazu gehörten Konzentrations- und Rationalisierungsprozesse und ohne Zweifel die rasche
Ausbreitung großflächiger Einzelhandelsbetriebe, wie sie überall als Verbrauchermärkte und
SB-Warenhäuser, als Discountbetriebe und in Form von Einkaufszentren anzutreffen sind.
Wenngleich mittlerweile niemand mehr die außerordentliche Bedeutung dieser Betriebsfor-
men bestreiten kann, werden die Folgen der Ansiedlung solcher Einzelhandelsgroßprojekte
überaus kontrovers diskutiert. Die Entstehung von Einzelhandelsgroßprojekten auf der ,,grü-
nen Wiese", seit der Wiedervereinigung in besonderem Maße in den neuen Bundesländern zu
beobachten und in der jüngeren Vergangenheit zunehmend am Innenstadtrand, ist Teil des
strukturellen Wandels, der Einzelhandel und Innenstadt gleichermaßen erfasst. Die neu auf-
gekommenen großflächigen Betriebsformen führten zu einem hohen Konkurrenzdruck auf
den Einzelhandel der Innenstädte. Heute steht der Einzelhandel einem flexiblen Kunden ge-
genüber, der weniger als früher auf bestimmte Einkaufsorte festgelegt ist. Dies gilt umso
mehr, je größer die Zahl konkurrierender Einzelhandelsstandorte in erreichbarer Nähe der
Bevölkerung ist. Unterschiedliche Betriebsformen und Standorte des Einzelhandels werden
akzeptiert und je nach Bedarf genutzt.
Eine entsprechende Entwicklung hat auch in Koblenz zu einer Polarisierung von Innenstadt
und Peripherie geführt. Wobei die City zunehmend für den Erlebniseinkauf steht und beson-
ders die Einzelhandelsstandorte an der Stadtperipherie, wie in den Gewerbegebieten an der B9
und in Mühlheim-Kärlich, in denen in den letzten Jahren große Einzelhandelsflächen entstan-
den sind, für den Versorgungseinkauf genutzt werden. Der Einkaufsvorgang ist ein komplexer
sozialer Prozess, in dem Emotionen und Erlebnisse eine wesentliche Rolle spielen. In Verbin-
dung mit seinen Einkäufen fragt der Kunde zunehmend nach Unterhaltung und Kommunika-
tion. Einkaufskultur und Einkaufsatmosphäre werden zu wesentlichen Kriterien, die die Qua-
lität des Erlebniseinkaufs in der Innenstadt bestimmen. Die Schaffung von Fußgängerzonen,
Kaufhauskomplexen und Einkaufszentren sowie das dadurch ermöglichte Window-shopping
kommen diesen Kundenanforderungen entgegen, die Innenstädte erleben zurzeit eine regel-
rechte Renaissance. Auch vom Bau des Löhr-Centers in der Koblenzer Innenstadt verspra-
chen sich die Verantwortlichen Impulse für die Belebung der gesamten Innenstadt. Das 1984
eröffnete Einkaufszentrum am Rand der Koblenzer Innenstadt sollte nicht nur eine kriegsbe-
dingte Baulücke schließen, sondern gleichzeitig die Attraktivität des Einkaufsstandorts Kob-

Fragestellung
Seite 5
lenz steigern. Mit seiner Innenstadtrandlage war das Löhr-Center zum Zeitpunkt des Baus ein
Vorreiter der innerstädtischen Einkaufszentren in Deutschland. Seit der Eröffnung des Centers
sind 17 Jahre vergangen, in denen sich das Center in Koblenz etabliert und das Stadtbild so-
wie den ansässigen Einzelhandel geprägt hat.
Welche Auswirkungen das Löhr-Center im Laufe der Zeit auf den Einzelhandel der Koblen-
zer Innenstadt und das heutige Einkaufsverhalten der Besucher der Koblenzer Innenstadt hat,
soll im Laufe dieser Arbeit untersucht und erörtert werden. Damit knüpft die vorliegende Un-
tersuchung an eine große Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen zu Einkaufszentren in der
Bundesrepublik an. Bei diesen Analysen fällt auf, dass Einkaufszentren Forschungsgegen-
stand unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen sind, etwa der Handelsforschung, der
Architektur und des Städtebaus, nicht zuletzt aber auch der Geografie und der Raumplanung.
Inhaltliche Schwerpunkte der Untersuchung von Einkaufszentren in den Nachbarwissenschaf-
ten der Geografie stellen insbesondere Standortfragen, Planung, Finanzierung, Gesamtent-
wicklung, Momentaufnahmen der Angebotsstruktur sowie Verwaltung und Management der
Einkaufszentren dar. Die Analyse der Branchenstruktur und deren Änderungen, Einzugsberei-
che der Einkaufszentren, Besucherprofile der Shopping-Center bis hin zu innerstädtischen
Auswirkungen sowie planerische Folgeprobleme standen hingegen im Rahmen der geografi-
schen Arbeiten im Vordergrund. Beginnend mit dem ersten Einkaufszentrum in der Bundes-
republik Deutschland, dem Main-Taunus-Zentrum bei Frankfurt wurden in der Folgezeit zahl-
reiche detaillierte Analysen von großflächigen Einkaufszentren erarbeitet, denen die genann-
ten Untersuchungsschwerpunkte zugrunde gelegt waren. (Dittmeier et al. 1999: 2-3). Diese
Studie beinhaltet jedoch einen neuen Sachverhalt, der in den bisherigen Arbeiten nur am Ran-
de thematisiert wurde. Während die Entwicklung der Shopping-Center bis Ende der 80er Jah-
re vorwiegend auf der ,,grünen Wiese" stattfand, ist zwischenzeitlich eine Rückkehr dieser
Verkaufsform in die Innenstadt bzw. an den Rand der Innenstadt zu erkennen. Dies wiederum
hat zur Folge, dass innerstädtischer Handel und der Einzelhandel im Einkaufszentrum zusätz-
lich in direkte räumliche Konkurrenz treten, wobei sich dadurch gleichzeitig für die Innen-
städte die Möglichkeit einer Wiederentdeckung bietet. Zudem wurden im Rahmen der bishe-
rigen Studien vor allem Vorher-Nachher-Untersuchungen durchgeführt, die sich mit den aku-
ten Auswirkungen der Einkaufszentren befassten. Das 17 Jahre alte Löhr-Center bietet jedoch
die Möglichkeit, langfristige Auswirkungen dieses Centers auf die betroffene Innenstadt ge-
nauer zu beleuchten. Welche Verschiebungen, Wechselwirkungen und Konzentrationen sind
aufgetreten? Hat es langfristige Standortverlagerungen in der Innenstadt gegeben? Konnte die

Fragestellung
Seite 6
gesamte Koblenzer Innenstadt durch den Bau des Löhr-Centers profitieren oder gibt es auch
Verlierer? Welche Auswirkungen hat das Center auf den Einzugsbereich der Koblenzer In-
nenstadt? Wie verteilen sich die Besucher auf die einzelnen Teilbereiche der Innenstadt?
Welche langfristigen Auswirkungen hat das Löhr-Center auf das Einkaufsverhalten in der
gesamten Koblenzer Innenstadt? Wie kann Koblenz Kunden an die gesamte Innenstadt bin-
den? Anhand dieser Aspekte sollen die beiden Hauptfragen der vorliegenden Diplomarbeit
bearbeitet werden.
1.
Stärkt das Löhr-Center den Standort Koblenzer Innenstadt?
2.
Hat eine Änderung des Standortgefüges in der Koblenzer Innenstadt stattgefunden?
Die erste Frage geht eher in Richtung einer regionalen Betrachtung. Untersucht wird eine
mögliche Stärkung des Standortes ,,Koblenzer Innenstadt" gegenüber dem Einzelhandelsan-
gebot in den peripheren Gewerbegebieten und den umliegenden Grund- und Mittelzentren.
Die zweite Frage betrachtet die lokale Situation der Koblenzer Innenstadt und die dort ablau-
fenden Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Innenstadtgebieten. Hier werden auch
mögliche Synergieeffekte des Löhr-Centers mit einzelnen Bereichen der Innenstadt unter-
sucht.
1.1
Untersuchungsdesign
Zur Ermittlung der Grundstruktur des Einzelhandels in der Koblenzer Innenstadt wurden zu-
nächst sowohl im Löhr-Center als auch in der übrigen Koblenzer Innenstadt Standort und
Branche aller Einzelhandelsbetriebe und ausgewählter einzelhandelsnaher Dienstleistungsbe-
triebe mittels einer Kartierung erfasst. Die in den Untersuchungsgebieten vertretenen Ge-
schäfte sind in Branchengruppen gegliedert und nach Bedarfsstufen systematisiert. Welche
Auswirkungen das Einkaufszentrum ,,Löhr-Center" auf den Einzelhandel und das Einkaufs-
verhalten in der Koblenzer Innenstadt hat, soll anhand einer Passantenbefragung und zusätzli-
cher Expertengespräche mit Vertretern des ansässigen Einzelhandels sowie von der Industrie-
und Handelskammer zu Koblenz und Vertretern der Stadt Koblenz überprüft werden.
Zur Ermittlung der Situation im Einzelhandel wurde von Beginn an keine Totalerhebung an-
gestrebt, da eine Befragung der insgesamt gut 550 Einzelhändler und einzelhandelsnahen
Dienstleister der Koblenzer Innenstadt im Rahmen einer Diplomarbeit nicht durchführbar ist.
Deshalb wurden Expertengespräche mit Vertretern des Einzelhandels geführt, um die Mei-
nungen und Sichtweisen der Einzelhändler der Koblenzer Innenstadt zu erfahren. Zu den In-

Fragestellung
Seite 7
terviewten gehörten die Vorsitzenden verschiedener Interessen- und Werbegemeinschaften
der Koblenzer Innenstadt, der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Mittelrhein,
Vertreter der Industrie- und Handelskammer zu Koblenz und des Amts für Wirtschaftsförde-
rung der Stadt Koblenz, der Beigeordnete des Baudezernats der Stadt Koblenz und der Cen-
ter-Manager des Löhr-Centers. Es wurden insgesamt 12 Expertengespräche geführt. Die Ex-
pertengespräche wurde in der Form halbstrukturierter Interviews mit Hilfe eines Leitfadens
durchgeführt. Der Leitfaden diente dem Zweck, im Interview möglichst alle relevanten As-
pekte und Themen anzusprechen und damit eine gewisse Vergleichbarkeit der Antworten ver-
schiedener Befragter zu erreichen. (Diekmann 1996: 446). Die Reihenfolge der Fragen wurde
soweit nötig dem Erzählfluss angepasst. Durch die Expertengespräche sollten folgende As-
pekte ermittelt werden: die Situation des Einzelhandels in der Koblenzer Innenstadt, der Ein-
fluss des Löhr-Centers auf den ansässigen Einzelhandel und den Standort Koblenz sowie auf
die Wechselwirkungen innerhalb des Koblenzer Einzelhandels und Auswirkungen des Löhr-
Centers auf die Zentralität und die Kundenbindung von Koblenz. Die Auswertung der in den
Interviews gewonnenen qualitativen Daten erfolgte mittels einer Matrix, die sowohl nach den
Experten als auch nach Themen gegliedert ist. Die Aussagen der Experten können nur als
Einzelaussagen verwendet werden, da bei einer Anzahl von 12 Interviews keine statistische
Auswertung möglich ist. Bei der Vorstellung der Ergebnisse werden somit Meinungen und
teilweise Thesen der einzelnen Experten wiedergegeben.
Zur Erfassung der Nachfrageseite wurden sowohl im Löhr-Center als auch in der übrigen In-
nenstadt Passantenbefragungen durchgeführt. Die Befragung stellte eine einfache Zufallsaus-
wahl dar. Dies bedeutet, jedes Element aus der Grundgesamtheit besitzt die gleiche Chance,
gezogen zu werden. (Dreier 1994: 30). Jede Person, die sich während der Erhebungszeit in der
Koblenzer Innenstadt befand, konnte somit ,,Opfer" des Interviewers werden. Dabei wurden
alle Befragungen als Einzelinterviews mit Hilfe von standardisierten Fragebögen durchge-
führt. Die Standardisierung des Interviews minimiert den Einfluss des Interviewers, denn
werden in standardisierten Interviews allen Befragten die gleichen Fragen in der gleichen
Reihenfolge mit den gleichen Antwortkategorien vorgelegt, sollten im Idealfall die Antwort-
reaktionen und letztlich die Daten unabhängig davon ausfallen, welche Person das Interview
durchführt und welche Person es auswertet. Dies erhöht die Objektivität und zudem wird ein
hohes Maß an Vergleichbarkeit erreicht. Bei standardisierten Fragebögen gibt es jedoch den
Nachteil, dass bei geschlossenen Fragen keine Informationen jenseits des Spektrums der vor-
gelegten Antwortkategorien gegeben werden und das Interview oftmals als künstlich empfun-

Fragestellung
Seite 8
den wird. (Diekmann 1996: 374-375 und 408-410). Bei der Gestaltung des Fragebogens wur-
de daher eine Mischform mit teilweise standardisierten und einigen weniger hoch strukturier-
ten Fragen gewählt. So konnten zusätzlich offene Fragen (ohne Antwortvorgaben) berück-
sichtigt werden, die das Interview für den Befragten abwechslungsreicher und interessanter
gestalteten, vgl. Fragebogen im Anhang. Der Fragebogen ist darauf ausgelegt, folgende we-
sentliche Aspekte zu erfragen: Herkunft und Anreise der Befragten zur Definition von Ein-
zugsbereichen, benutztes Verkehrsmittel und Parkplatzwahl sowie Wegekarte zur Ermittlung
der räumlichen Beziehungen innerhalb der Koblenzer Innenstadt und der herrschenden Wech-
selbeziehungen, Einkaufshäufigkeit und -dauer sowie Produktwahl zur Ermittlung der Kun-
denbindung und schließlich Bewertung der Einkaufssituation im Untersuchungsgebiet um
Aussagen zum Verhältnis zwischen dem Löhr-Center und der übrigen Innenstadt aus Sicht
der Kunden zu erhalten. Zur Überprüfung des Fragebogens wurde vor der eigentlichen Frage-
bogenaktion ein Pretest durchgeführt. Nach der Erhebung der Daten wurden diese zunächst
aufbereitet und in eine analysefähige Form gebracht. Dazu wurden die ,,sprachlich formulier-
ten" Rohdaten codiert. Dieser Prozess ist eine unabdingbare Voraussetzung für quantitative
Untersuchungen, da die Daten mittels Computerprogrammen analysiert werden sollten. Bei
der Codierung wird jeder Antwortmöglichkeit eine Zahl zugeordnet. Die Entscheidung wel-
che Zahl welcher Merkmalsausprägung zugeordnet wird, wurde im Codeplan festgelegt.
(Dreier 1994: 32; Schmidt 1995: 56-57). Die so aufbereiteten Daten wurden anschließend
gemäß den zentralen Fragestellungen dieser Arbeit ausgewertet. Bei der Verwendung von
Kreuztabellen wurde je nach Fragestellung der Grad des Zusammenhangs durch das auf dem
Chi-Quadrat basierende Assoziationsmaß ,,Kontingenz-Koeffizienten C" nach Pearson be-
rechnet. Dieser Koeffizient ist eine Maßzahl für die Stärke des Zusammenhangs zwischen
zwei nominalskalierten Variablen, wenn mindestens eine der beiden Variablen mehr als zwei
Ausprägungen hat. Besteht keinerlei Zusammenhang zwischen den beiden Merkmalen, hat C
den Betrag von 0 (Null). Problematisch ist, dass das Maximum von C von der Zahl der Aus-
prägungen der Variablen abhängt und daher variiert, in der Regel ist C (max) kleiner als 1.
Deshalb sind Vergleiche zwischen mehreren Koeffizienten nur sinnvoll, wenn die Tabellen-
größe identisch ist. (Bahrenberg et al. 1999: 211-213; Dreier 1994: 206-210). Aufgrund der
geringen Grundgesamtheit von insgesamt knapp 400 durchgeführten Fragebogeninterviews,
die im Rahmen einer Diplomarbeit nur möglich sind, wurde die Passantenbefragung von
vornherein darauf ausgelegt, Tendenzergebnisse zu liefern. Die hier vorgestellten Ergebnisse
geben somit Trends wieder, ohne den Anspruch auf Repräsentativität.

Fragestellung
Seite 9
1.2
Aufbau der Arbeit
Im allgemeinen Teil der Arbeit wird der Strukturwandel des Einzelhandels in Deutschland
grundlegend dargestellt, da dieser Voraussetzung für die Entwicklung und schließlich die
Verbreitung von Shopping-Centern war. Die Darstellung beschränkt sich jedoch im Wesentli-
chen auf die Entwicklung in Westdeutschland, weil eine zusätzliche Betrachtung der Entwick-
lung in Ostdeutschland den Rahmen dieser Arbeit übersteigt und dem Thema nicht gerecht
wird. In diesem Kapitel wird zudem das Konzept ,,Shopping-Center" vorgestellt und die Ent-
wicklung von Einkaufszentren in Deutschland behandelt. Ein weiterer Unterpunkt ist der Zu-
sammenhang von Einzelhandel und Innenstadt und damit die Bedeutung des Einzelhandels
für Innenstädte; aber auch einzelhandelsrelevante Probleme von Innenstädten werden bespro-
chen. Daran anschließend wird der Untersuchungsraum dieser Arbeit vorgestellt. Neben der
Erläuterung der Rahmenbedingungen wird das Oberzentrum Koblenz in das räumliche Um-
feld eingeordnet und dessen Einzelhandelsentwicklung dargestellt. Dies ist die Voraussetzung
für die spätere Einordnung der Ergebnisse der Untersuchung zu den Auswirkungen des Cen-
ters. Zudem wird das Löhr-Center vorgestellt, dessen Entwicklung, Aufbau, Branchenstruktur
und Management. Im vierten Kapitel finden sich die Ergebnisse der durchgeführten empiri-
schen Arbeiten. So wurde, um die Fragestellungen beantworten zu können, eine Kartierung
des Einzelhandels in der Innenstadt und im Löhr-Center, eine Passantenbefragung und Inter-
views mit Experten des Einzelhandels und der Stadt Koblenz durchgeführt. Eine abschließen-
de Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse enthält das Kapitel fünf.

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 10
2
Strukturwandel im Einzelhandel
Die heutige Gestalt des Einzelhandels in Deutschland ist das Ergebnis eines nachhaltigen
Strukturwandels im Zuge des gesellschaftlichen Wandels, der sich seit den 60er Jahren des
20. Jahrhunderts vollzieht. Dabei zählt der Einzelhandel zu den Wirtschaftsbereichen, die am
stärksten mit Strukturveränderungen konfrontiert wurden. Der Begriff des Strukturwandels
beinhaltet eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen, wechselseitig abhängigen oder sich ge-
genseitig bedingenden Entwicklungsprozessen sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der
Angebotsseite. (Bastian 1999: 1; Hatzfeld 1988: 5).
Zunächst werden die wichtigsten Merkmale des Strukturwandels im Einzelhandel in Deutsch-
land besprochen, daran anschließend die Ursachen des Strukturwandels, unterteilt in handels-
endogene und -exogene Faktoren. Die folgende Darstellung wird sich auf die wesentlichen
und in der Literatur meistdiskutierten Aspekte beschränken.
2.1
Merkmale des Strukturwandels im Einzelhandel
Im Laufe des Strukturwandels des Einzelhandels haben sich fünf Hauptmerkmale herauskris-
tallisiert, die im Folgenden genauer betrachtet werden, um das heutige Bild des Einzelhandels
in Deutschland erklären zu können. Die Merkmale sind Unternehmenskonzentration, Umsatz-
konzentration, Verkaufsflächenwachstum und das Aufkommen neuer Betriebsformen, womit
die Umschichtung von Marktanteilen der unterschiedlichen Betriebsformen direkt verknüpft
ist sowie die Veränderung der Beschäftigtenstruktur im Einzelhandel.
Unternehmenskonzentration
Die Unternehmenskonzentration gilt als das augenfälligste und meist diskutierte Merkmal des
Strukturwandels in den letzten Jahrzehnten. (Beck 1995: 33). Betrachtet man die Entwicklung
der Unternehmenszahlen seit den 1950er Jahren, so nahm nach Kriegsende die Zahl der Ein-
zelhandelsunternehmen in der Bundesrepublik zunächst stark zu. (Hatzfeld 1987: 13). In den
alten Bundesländern stieg die Zahl der Betriebsstätten von 475.476 im Jahre 1950 auf den
Höchstwert von 607.974 in 1961. (Thomi 1998: 8). Wesentliche Ursachen der bis Anfang der
60er Jahre anhaltenden Handelsexplosion waren das steigende Einkommen, welches die Mög-
lichkeit bot, erhöhte Konsumwünsche zu realisieren und die Lockerung der restriktiven Ge-
setzgebung. Hinzu kam die Hoffnung der Menschen auf die Gründung einer selbstständigen
Existenz. Zwischen 1950 und 1964 stieg der durchschnittliche Umsatz pro Einzelhandelsun-
ternehmen nominal um ca. 435 %. (Hatzfeld 1987: 13).

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 11
Bereits zu diesem Zeitpunkt konnte man erste Anzeichen einer Unternehmenskonzentration
feststellen, die durch die neue Verkaufstechnik ,,Selbstbedienung" unterstützt und vor allem
von den Filialunternehmen und den Konsumgesellschaften getragen wurde. Denn die Um-
satzzuwächse, welche bereits ein deutliches Größenwachstum der Einzelhandelsunternehmen
anzeigen, waren keinesfalls gleich verteilt. (Hatzfeld 1987: 13-14). Das Ladensterben großen
Umfangs wie es bis heute anhält, setzte spätestens Ende der 60er Jahre ein. (Thomi 1998: 8).
Bereits Anfang der 60er Jahre begann die Zahl der Unternehmen kontinuierlich zurückzuge-
hen. Mit Beginn der 80er Jahre konnte sich die Situation stabilisieren (Beck 1995: 33), es war
sogar ein leichter Anstieg des Gesamtbestandes zu verzeichnen. Wobei nach vorherrschender
Meinung diese Entwicklung hauptsächlich auf die Gründung kleiner Spezialgeschäfte sowie
Nebenerwerbsbetriebe zurückzuführen ist. Ihren Nachkriegshöhepunkt hatte die Insolvenz-
quote im Jahre 1985 erreicht. (Hatzfeld 1988: 5). Insgesamt sank die Zahl der Betriebe im
Gesamteinzelhandel zwischen 1961 und 1993 um 120.000 auf 487.320 Betriebe. Das bedeu-
tet, dass innerhalb der drei Jahrzehnte fast jeder fünfte Betrieb verloren ging, wobei sich hin-
ter den Nettozahlen eine ungleich höhere Fluktuation verbirgt. (Thomi 1998: 8-9). Besonders
stark war diese Entwicklung im Lebensmitteleinzelhandel, dort ging die Zahl der Betriebe im
gleichen Zeitraum sogar um die Hälfte zurück. (Dittmeier et al. 1999: 5).
Umsatzkonzentration
Trotz des Rückgangs der Unternehmenszahlen stieg der Gesamtumsatz des Handels weiter an.
Diese beiden Entwicklungen führen im Schnitt zu immer umsatzstärkeren Unternehmen. Zwi-
schen 1962 und 1982 erhöhte sich der nominelle Umsatz eines Betriebes im statistischen Mit-
tel um mehr als das Fünffache. (Hatzfeld 1987: 13-14). Die Umsatzkonzentration ist also
nicht nur das Ergebnis der rückläufigen Betriebszahlen, sondern auch des Größenwachstums
der verbleibenden Betriebe. (Beck 1995: 34). Das Wachstum ist bedingt durch ein starkes
internes Konzernwachstum, genauso aber auch durch die Zunahme der Fusionen, Firmenauf-
käufe und -übernahmen seit den 70er Jahren. (Hatzfeld 1988: 5-6). Dies bedeutet, dass immer
weniger Betriebe einen immer größeren Anteil des Umsatzes auf sich vereinigen. (Beck 1995:
34-35). Die Entwicklung der Umsatzkonzentration oder auch von Hatzfeld (1987: 16) ,,relati-
ve Konzentration" genannt, begann in den 1960er Jahren. Während die Einzelhandelsunter-
nehmen in der Größenklasse bis 100.000 DM Jahresumsatz einen Umsatzverlust von 4,4 % zu
verzeichnen hatten, konnten die in den Jahren 1950 bis 1964 neu entstandenen oder sich re-
konstruierenden Großunternehmen der Größenklasse mit über 10 Mio. DM Jahresumsatz eine
knapp 13fache Umsatzsteigerung verbuchen. Damit ist bereits damals die Entwicklung zu

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 12
marktträchtigen Großunternehmen, die sich in den darauf folgenden Jahrzehnten noch ver-
stärken sollte, festzustellen. In den nächsten 20 Jahren nahm die Bedeutung der Großbetriebe
mit einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. DM weiterhin zu. Obwohl diese Gruppe 1964
nur 0,1 % der Betriebe ausmachte, konnte sie damals schon 27,7 % des Umsatzes auf sich
vereinigen. 1982 haben die knapp 3.200 Einzelhandelsgroßunternehmen dieser Gruppe bereits
47,3 % des Umsatzes erzielt. (Hatzfeld 1987: 13-17).
Noch deutlicher ist diese Tendenz im Lebensmitteleinzelhandel zu erkennen. So vereinigten
1995 die 50 größten Unternehmen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels 98,2 % des Um-
satzes auf sich. Im selben Jahr konnten die fünf großen Handelsunternehmen Metro, Edeka,
Tengelmann, Rewe und Aldi zusammen etwa 60 % des Umsatzes erwirtschaften. (Thomi
1998: 16). Schäfer (1999: 54) spricht hierbei von einem ,,Bedeutungsverlust der Klein- ge-
genüber den Großunternehmen des Einzelhandels." Folge dieser Konzentrationsbewegung ist
die Kontrolle der Märkte durch große Handelsgruppen bzw. Konzerne, die ihre Konkurrenten
aufkaufen und sich in verschiedenen Betriebsformen am Markt positionieren. Die meisten
Handelsketten verfügen bereits über Warenhäuser, Verbraucher- und Fachmärkte, Supermärk-
te, Discount- und Baumärkte. Zusätzlich führt die Konzentration dazu, dass die Einkaufs- und
Marketingpolitik im Einzelhandel, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel, von einer Rei-
he von ökonomisch mächtigen Zentralen der großen Handelsketten bestimmt wird. Denn die
Machtkonzentration stärkt die Verhandlungsposition der Großunternehmen gegenüber den
eher mittelständisch strukturierten Produktionsbetrieben und schwächt die Konkurrenzfähig-
keit der kleinen Einzelhandelsbetriebe, die ihre Lage durch die Bildung von Bezugsgemein-
schaften jedoch verbessern können. (Hatzfeld 1987: 17; Thomi 1998: 16).
Verkaufsflächenwachstum
Begleitet wurde die Entwicklung zu immer umsatzstärkeren Betrieben und der damit verbun-
denen Machtkonzentration der Großunternehmen von einem stetigen Wachstum der Gesamt-
verkaufsfläche im Einzelhandel. (Hatzfeld 1987: 17). Im Jahre 1960 betrug die Gesamtver-
kaufsfläche des Einzelhandels noch etwa 22 Mio. m², bis zum Jahre 1984 war die Gesamtver-
kaufsfläche bereits um fast 200 % auf ca. 61 Mio. m² angestiegen. 1993 waren es schließlich
87 Mio. m² Verkaufsfläche im Einzelhandel in Deutschland, und Prognosen zufolge wird sich
diese Entwicklung auch in Zukunft fortsetzen. (Hatzfeld 1992: 32; Schäfer 1999: 55; Thomi
1998: 9). Die steigende Verkaufsfläche bei gleichzeitig immer weniger Betrieben führt zur
Zunahme der durchschnittlichen Betriebsgröße. Dieses Phänomen ist auch unter der Bezeich-
nung ,,Maßstabsvergrößerung" bekannt. (Klein 1995: 32).

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 13
Das starke Wachstum der Verkaufsflächen im Einzelhandel hat mehrere Ursachen. Einerseits
vergrößerten sich die Handelssortimente kontinuierlich; zwischen 1968 und 1978 fand eine
Verdopplung der durchschnittlich im Sortiment eines traditionellen Lebensmittelgeschäfts
geführten Waren statt. Andererseits setzte sich gleichzeitig das Selbstbedienungsprinzip im-
mer mehr durch, welches das Motto ,,Ersatz von Personal durch Verkaufsfläche" umsetzt und
dadurch einen höheren Flächenbedarf hat. (Hatzfeld 1988: 7). Zusätzlich entstanden neue
Verkaufsflächen aufgrund des Betriebsformenwettbewerbs, welche als Wettbewerbsinstru-
ment gegen die kleineren Bedienungsläden dienten. (Hatzfeld 1992: 32). Das Verkaufsflä-
chenwachstum im Einzelhandel ist jedoch nicht gleich verteilt auf alle Betriebsformen. Bei
SB-Warenhäusern und Lebensmittelfilialunternehmen lässt sich ein weitaus größerer Zu-
wachs registrieren als bei Fach- und Spezialgeschäften, die ein unterdurchschnittliches
Wachstum zeigen. (Klein 1995: 32). Da die so genannte Verkaufsflächenexplosion nicht von
einem Rückgang der durchschnittlichen Flächenproduktivität begleitet wurde, ist zu vermu-
ten, dass im Verkaufsflächenbereich Überkapazitäten aufgebaut wurden. (Hatzfeld 1987: 18).
In räumlicher Hinsicht führte das Verkaufsflächenwachstum zu erheblichen Bedeutungsver-
schiebungen und geänderten Schwerpunktsetzungen. Am stärksten ist die Entwicklungsdy-
namik des Ladeneinzelhandels in der verstädterten Zone und in den Randzonen der Stadtregi-
onen, gefolgt von den ländlichen Räumen. Die Zunahme der Verkaufsflächen verlief in den
Citys hingegen unterdurchschnittlich. Nach Hatzfeld ,,haben die Stadtinnenbereiche in dem
Zeitraum zwischen 1979 und 1985 an Standortqualität für den Einzelhandel deutlich verloren;
erst seit Mitte der 80er Jahre ist eine Stabilisierung der Handelsfunktion in der Innenstadt zu
beobachten." (Hatzfeld 1992: 32-33). Ursache der Zunahme der Verkaufsflächen im Umfeld
der Städte ist das Vordringen neuer, großflächiger Handelsbetriebsformen wie den SB-
Warenhäusern und den Verbraucher- und Fachmärkten. (Hatzfeld 1992: 33). Zu beachten ist
weiter, dass mit steigendem Flächenbedarf und zunehmenden Umsatzerwartungen des Ein-
zelbetriebs auch eine Vergrößerung des Einzugsgebiets verbunden ist. (Klein 1995: 32).
Betriebsformendynamik
Die Zunahme der Gesamtverkaufsfläche im Einzelhandel lässt auf ein weiteres Merkmal des
Strukturwandels schließen: das Vordringen neuer, vor allem großflächiger Handelsbetriebs-
formen, die Verbrauchermärkte und Einkaufszentren in den 70er Jahren und die Fachmärkte
in den 80er Jahren und die damit verbundene Umschichtung von Marktanteilen der verschie-
denen Betriebsformen. (Hatzfeld 1988: 7). Als Folge des Konzentrationsprozesses, dem Ver-
drängungswettbewerb und der Änderung der Betriebsführung konnten sich bestimmte bereits

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 14
bestehende und neu hinzugekommene Betriebsformen besonders gut entwickeln und beträcht-
liche Umsatzanteile verbuchen. (Klein 1995: 33; Thomi 1998: 11). Andere Betriebsformen
stagnierten oder mussten erhebliche Verluste einbüßen. (Beck 1995: 35) Selbst innerhalb der
Gruppe der großflächigen Betriebstypen gab es große Unterschiede. (Hatzfeld 1988: 7). Denn
die Entwicklung der Betriebstypen ist stark abhängig von der Entwicklung des Einzelhandels
im Raum und den sich daraus ergebenden Konsequenzen. (Heider 1997: 55).
Abbildung 1: Entwicklung der Marktanteile nach Betriebsformen des Einzelhandels
(in % des Gesamtumsatzes)
8
4
16
21
26
25
5,5
5,8
17,5
14
21,8
35,4
5,1
5,6
17
12
21,2
39,1
5,3
5,6
15,3
7,5
19,6
46,7
5,5
7,2
11,9
2
18
55,4
0%
20%
40%
60%
80%
100%
1980
1986
1992
1995
2010*
Versandhandel
Warenhäuser
Verbrauchermärkte/SB-Warenhäuser
Fachmärkte
Kleine und mittlere Filialen
Kleine und mittlere traditionelle Fachgeschäfte
* Schätzung
Quellen: eigene Darstellung nach Daten aus Thomi 1998: 10; Vogels et al. 1998: 8
Seit dem 19. Jahrhundert war das Fachgeschäft bis in die 1970er Jahre die bedeutendste Be-
triebsform des Einzelhandels. Doch innerhalb von nur 30 Jahren wurde der Facheinzelhandel
fast bedeutungslos. 1965 betrug der Umsatzanteil der kleinen Mittelstandsunternehmen (Le-
bensmittel und Nicht-Lebensmittel) noch rund 88 % des Gesamtumsatzes der Ladengeschäfte
des Einzelhandels, bis 1980 war ihr Anteil auf 55,4 % gesunken und betrug 1995 schließlich
nur noch 35,4 %. (Hatzfeld 1987: 20; Heider 1997: 57; Thomi 1998: 11). Betrachtet man die
Entwicklung der Fachgeschäfte mit einem Betrieb oder maximal vier Filialen, so blieb deren
Umsatzentwicklung zwischen 1970 und 1994 wesentlich hinter der allgemeinen Umsatzent-
wicklung zurück, obwohl sie eine Verdreifachung ihrer Umsätze erreichten. Betriebe mit fünf
oder mehr Filialen konnten hingegen Umsatzzuwächse bis zum Sechseinhalbfachen verbu-

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 15
chen und erheblich expandieren. Die Situation des mittelständischen Einzelhandels, vor allem
der Betriebe mit wenigen Filialen, wird in Zukunft erhebliche Probleme aufweisen. Heider
(1997) erwartet für die Fachgeschäfte, insbesondere für die mittelständischen, inhabergeführ-
ten Einzelbetriebe einen ,,deutlichen Anteilsrückgang am Markt." (Heider 1997: 57-58). Bei
länger anhaltenden Verlusten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie aus dem Markt gedrängt
werden, was besonders bei kleinen, unorganisierten Betrieben jetzt zu beobachten ist. (Peter-
sen 1992: 40-41).
Wie auch der Facheinzelhandel können die Kauf- und Warenhäuser auf eine lange Geschichte
von über 100 Jahren zurückblicken. (Hatzfeld 1988: 7). Mitte der 1970er Jahre bekamen die
traditionellen Warenhäuser als Citymagneten jedoch die Krise ihrer Betriebsform ,,Vollsorti-
menter" zu spüren. (Thomi 1998: 9). In der recht kurzen Zeitspanne zwischen 1975 und 1985
sank ihr Marktanteil von knapp 11 % auf etwa 5,8 %. Dieser Marktanteilsverlust wurde von
starken Besucherrückgängen begleitet, das Besucherverhältnis pro m² sank von 2,4 (1965) auf
1,9 (1984). Hauptursachen der schwachen Umsatzentwicklung waren die starke Konkurrenz
innerstädtischer Fachgeschäfte und die neuen Betriebsformen im Außenbereich der Städte.
Vielerorts kommt die verstärkte Konkurrenz des Einzelhandels in den städtischen Nebenzent-
ren hinzu. (Hatzfeld 1987: 7-8). Stabilisieren konnten sich deren Marktanteile teilweise durch
Betriebstilllegungen, aber auch durch die Entwicklung neuer spezialisierter Angebotsformen.
(Thomi 1998: 9). So wurden vermehrt Strategien zur Sortiments- und Betriebstypendiversifi-
kation verfolgt, welche zu einer Verbesserung der Betriebsergebnisse führen. (Hatzfeld 1988:
8). Beim Marktanteil der Warenhäuser gab es zwischen 1980 und 1995 kaum Veränderungen
und seit 1986 ist der Verlauf recht konstant. (Thomi 1998: 9). Der umsatzbezogene Marktan-
teil der Kauf- und Warenhäuser fiel jedoch zwischen 1980 und 1991 um 3,7 Prozentpunkte
auf 6,6 %. (Petersen 1992: 38). 1990 und 1991 erlebten die Kauf- und Warenhäuser nochmals
einen Aufschwung, der durch den Vereinigungsboom begünstigt wurde. Bereits 1994 mussten
sie jedoch einen Marktanteilsverlust von 0,5 Prozentpunkten auf insgesamt 5 % des Gesamt-
umsatzes des Einzelhandels hinnehmen. (Petersen 1995: 30).
Ende der 60er Jahre bzw. Anfang der 70er Jahre begannen SB-Warenhäuser und Verbrau-
chermärkte mit bis zu 5.000 m² Verkaufsfläche an Bedeutung zu gewinnen, bis Ende der 70er
kamen Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser mit zum Teil bis zu 30.000 m² Verkaufsflä-
che hinzu. (Dittmeier et al. 1999: 7). Die großflächige Betriebsform ist die mit Abstand er-
folgreichste und wird wegen ihrer starken Wettbewerbsstellung im Handel oft als ,,Katalysa-

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 16
tor des Strukturwandels" bezeichnet. (Hatzfeld 1988: 8). Als Verbrauchermarkt werden Ein-
zelhandelsbetriebe mit mindestens 1.000 m² Verkaufsfläche bezeichnet, die vor allem Nah-
rungs- und Genussmittel und als Randsortiment Waren anderer Branchen (sog. Nonfood) an-
bieten, die für die Selbstbedienung geeignet sind und rasch umgeschlagen werden. SB-
Warenhäuser hingegen sind Einzelhandelsbetriebe mit einer Mindestgröße von 3.000 m², die
ein umfassendes und für die Selbstbedienung geeignetes Sortiment anbieten. In der Regel
werden die Begriffe Verbrauchermarkt und SB-Warenhaus zusammengefasst und nur als
,,Verbrauchermarkt" bezeichnet. (Dittmeier et al. 1999: 9). Das betriebliche Organisations-
prinzip sowie das Wettbewerbsinstrumentarium der Verbrauchermärkte waren im Vergleich
zu anderen großflächigen Vorläufern nicht neu. Der grundlegende Unterschied zu den tradier-
ten Verkaufsformen ist die Konzentration auf so genannte schnelldrehende Artikel und Mas-
sengüter, vor allem aus dem Lebensmittelbereich, zusätzlich wurde das Selbstbedienungsprin-
zip noch konsequenter angewendet und die Großflächigkeit mit einem nicht integrierten
Standort verbunden. Die aggressive Preispolitik ermöglichte den erfolgreichen Marktzugang
und dessen rasche Durchdringung. Durchführbar war dies aufgrund der für diese Betriebsform
spezifischen Kostenstruktur, die sich im Wesentlichen auf Einsparungen in vier betrieblichen
Kostenbereichen zurückführen lässt. Die Kosten werden im Warenbereich durch Eigenpro-
duktion, Optimierung der Logistik, erhöhte Umschlaggeschwindigkeit und die Ausübung von
Nachfragemacht reduziert. Dazu kommen Vorteile auf dem Kapitalmarkt durch Minimierung
der Eigenkapitalbasis und Kooperationen mit Banken und anderen Handelsbetrieben sowie
Einsparungen beim Personal (zentrales Management, Übertragung von Arbeiten auf den Kon-
sumenten, Ersatz von Personal durch Verkaufsfläche, Arbeitsplätze mit geringen Qualifikati-
onsanforderungen). Der letzte Punkt sind Einsparungen durch Standortplanungen, dies bedeu-
tet eine Minimierung der Grundstückskosten bzw. der Miete und der Betriebskosten sowie die
Vereinfachung der Betriebsabläufe. Durch diese Einsparungsmaßnahmen beträgt die durch-
schnittliche Belastung des Umsatzes durch Betriebskosten in Verbrauchermärkten nur etwa
die Hälfte des im konkurrierenden Facheinzelhandel üblichen Wertes. (Hatzfeld 1987: 26-27).
Weitere Merkmale von Verbrauchermärkten sind ihre Pkw-Orientiertheit, meist besitzen sie
großflächige Parkflächen direkt vor dem Eingangsbereich, und ihr Standort liegt außerhalb
der geschlossenen Bebauung am Standrand oder in Industrie- und Gewerbegebieten. Über
gute Erreichbarkeit wird mangelnde Zentralität ausgeglichen und Verbrauchernähe geschaf-
fen. (Dittmeier et al. 1999: 10). Die großflächigen Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser
sind überproportional an der Verkaufsflächenexplosion beteiligt, so konnten sie zwischen
1980 und 1991 ihre Verkaufsfläche um 36,5 % erhöhen. (Hatzfeld 1987: 7; Petersen 1992:

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 17
38). Der Marktanteil der großen Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser stieg zwischen
1980 und 1995 von 11,9 auf 17,5 %. (Petersen 1992: 38; Thomi 1998: 11).
Anfang der 70er Jahre entstanden auch die ersten großflächigen Fachmärkte, die die gleichen
Rationalisierungsmöglichkeiten und Marketingstrategien wie die Verbrauchermärkte verfolg-
ten und eine ähnlich starke Expansion aufweisen. Die wesentlichen Unterschiede zwischen
Verbraucher- und Fachmärkten liegen im Warensortiment und der Beratungs- und Service-
kompetenz. Fachmärkte haben in der Regel ein breites und tiefes Sortiment einer Branche und
gute bis sehr gute Beratungs- und Serviceleistungen durch fachkundiges Personal. Die ersten
Erscheinungsformen dieses Betriebstyps waren Möbelmärkte, Baumärkte und Gartencenter,
seit 1980 gibt es immer mehr Fachmärkte mit Sortimenten wie beispielsweise Bekleidung,
Schuhe oder Unterhaltungselektronik. Ergänzt werden sie durch Betriebe anderer Branchen,
des Handwerks, Restaurants oder Freizeitanlagen. Mitte der 80er Jahre wurde damit begon-
nen, gezielt Agglomerationen im Bereich der Fachmärkte mit Gesamtverkaufsflächen von bis
zu 50.000 m² an der Peripherie zu bauen. Der Aspekt des Erlebniseinkaufes als zentrales
Marketinginstrument rückt hierbei immer stärker in den Vordergrund. (Dittmeier et al. 1999:
7-8; Hatzfeld 1987: 20). Gemeinsame Kennzeichen dieser Betriebstypen sind die konsequente
Anwendung des Selbstbedienungsprinzips, die im Gegensatz zu den bereits länger bestehen-
den Formen größeren Verkaufsflächen und die Preisstellung mit Discountelementen. (Klein
1995: 33). Die flächenextensiven und preisaggressiven Fachmärkte hatten Anfang der 80er
Jahre noch so gut wie keine Bedeutung. Im Laufe von fast zehn Jahren haben sie jedoch einen
Marktanteil von knapp 9 % (1990) erreicht, 1995 waren es bereits 14 % und in einzelnen
Branchen liegt deren Anteil noch höher bei steigender Tendenz. (Petersen 1992: 38; Thomi
1998: 11).
Heute nehmen Verbraucher- und Fachmärkte nicht nur in Verdichtungsräumen eine zentrale
Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen ein. Es entwickelt
sich jedoch neben dem höheren Verkehrsaufkommen auch eine Zersiedlung der Stadtrandbe-
reiche und es entstehen weitere, damit verbundene Probleme. Der Bau von Verbraucher- und
Fachmärkten geht mit Negativentwicklungen in anderen traditionellen Einzelhandelsberei-
chen in den Innenstädten einher, außerdem findet ein Verdrängungswettbewerb von kleinen
und mittleren Betrieben statt. Hinzu kommt die Verminderung der Wahlmöglichkeiten der
Verbraucher bei der Warenart, Preisstellung, Service und Beschaffenheit und die Benachteili-
gung von Bevölkerungsgruppen ohne Pkw mit geringem Einkommen, da diese durch den
Ausfall gut erreichbarer Einzelhandelsgeschäfte Probleme bei der Versorgung mit Waren des

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 18
kurzfristigen, täglichen Bedarfs haben. (Dittmeier et al. 1999: 9). Insgesamt wird sowohl bei
SB-Warenhäusern als auch bei den Verbrauchermärkten damit gerechnet, dass sie ihre Markt-
position verteidigen können und eine gute Zukunftsperspektive haben. Noch besser werden
die Wachstumsaussichten der Fachmärkte eingeschätzt, da diese ein hohes Verdrängungspo-
tenzial gegenüber konkurrierenden Betriebsformen besitzen. (Heider 1997: 65 und 70-71).
Die klassischen Bedienungsläden des Lebensmitteleinzelhandels werden seit Mitte der 1950er
Jahre immer mehr von SB-Läden (unter 250 m² Verkaufsfläche), SB-Märkten (250-400 m²
Verkaufsfläche) und Supermärkten (400-1.500 m² Verkaufsfläche) abgelöst. 1956 betrug der
Anteil dieser drei Betriebsformen im Lebensmittelhandel nicht einmal 5 %. Ganz anders
zwanzig Jahre später, 1970 lag er bei knapp 79 %. Auf diesem Niveau ist der Anteil verblie-
ben, bis durch die Zuwächse der Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser ein stetiger Markt-
anteilsverlust festzustellen war, 1990 betrug er noch rund 70 %. (Heider 1997: 58-59) Seit
Anfang der 70er Jahre gibt es die Aufteilung innerhalb dieser Betriebsform in eine servicebe-
zogene und eine diskontorientierte Ausrichtung. Merkmale der servicebezogenen sind das
Vorhandensein von Bedienungsabteilungen, anspruchsvolle Ladenausstattung und Warenprä-
sentation und ein umfassendes Frischesortiment. Bei der diskontorientierten Ausrichtung fehlt
die Bedienung, der Laden und die Warenpräsentation sind einfach gehalten und der Frischwa-
renanteil ist gering. Dadurch liegen die Preise und Kosten der Discounter um bis zu 10 % des
Umsatzes niedriger als bei den serviceorientierten Betreibern. Dies führt dazu, dass bei den
serviceorientierten Einheiten Marktanteilsverluste und bei den diskontorientierten Lebensmit-
telmärkten weitere Wachstumspotenziale zu erwarten sind. (Heider 1997: 59). Zwischen 1980
und 1989 stieg die Zahl der Lebensmittel-Discountgeschäfte um 85 % und der erzielte Umsatz
um 123 %. Zusammen mit der Expansion der Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser ging
diese Entwicklung vor allem zu Lasten des Lebensmittelfachhandels. (Petersen 1992: 39).
Die Schwankungen der Marktanteile des Versandhandels zwischen 1980 und 1995 sind mit
5,1 bis 5,5 % vernachlässigbar. Diese Zahlen zeigen jedoch nicht die innere Differenzierung
der Umsatzentwicklung, denn beim großen Sortimentversand, der etwa zwei Drittel des Ge-
samtumsatzes ausmacht, ist die Umsatzentwicklung leicht rückläufig. Der Spezialversand
kann hingegen Wachstumsraten von über 5 % aufweisen. (Thomi 1998: 9). Außerdem wird
der Boom des Versandhandels 1990 und 1991 nicht berücksichtigt. Nachdem die Zuwachsra-
ten jahrelang sehr gering waren und zum Teil Verluste gemacht wurden, erlebte der Versand-
handel zu Beginn der 90er Jahre eine Renaissance. Es konnte ein Umsatzzuwachs von

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 19
10,9 Mrd. DM auf insgesamt 36 Mrd. DM erreicht werden und das, nachdem der Umsatz zwi-
schen 1980 und 1989 nur um 2,4 Mrd. DM zugelegt hatte. Wesentliche Ursache dieses
Booms waren die Bestellungen der ostdeutschen Bürger nach der Wiedervereinigung
Deutschlands. Aufgrund des Mangels an bedarfsgerechten stationären Einzelhandelskapazitä-
ten vor Ort wurden zum einen direkte Käufe in Westdeutschland getätigt und zum anderen
Güter über die Versandhauskataloge bestellt. (Petersen 1992: 41). Bereits 1994 konnten die
Spitzenumsätze von 1990 und 1991 nicht mehr erreicht werden, der Gesamtumsatz lag wieder
um ca. 2 Mrd. DM unterhalb des Umsatzgipfels. Denn in der Zwischenzeit wurden neue oder
modernisierte Einzelhandelsverkaufsstätten in Ostdeutschland aufgebaut und dadurch ist ein
wichtiges Motiv für Versandhausbestellungen weggefallen. Von diesem Umsatzrückgang
waren vor allem die Vollsortimenter betroffen, die Fach- und Spezialversender haben deutlich
besser abgeschnitten. (Petersen 1995: 33).
Veränderung der Beschäftigtenstruktur
In direktem Zusammenhang mit dem Aufkommen neuer, großflächiger Handelsbetriebsfor-
men steht die Veränderung der Beschäftigtenstruktur im Einzelhandel. Dem Prinzip des Er-
satzes von Personal durch Verkaufsfläche folgend ist die Zahl der Beschäftigten seit dem Auf-
kommen der großflächigen Betriebsformen stark gesunken. Zwischen 1960 und 1970 ging die
Gesamtzahl der Beschäftigten im Einzelhandel (Voll- und Teilzeitbeschäftigte, Selbstständige
und mithelfende Familienangehörige) im Jahresmittel um 0,5 % zurück, zwischen 1970 und
1980 um etwa 1 % und bis Mitte der 80er Jahre um etwa 1,6 %. Im Vergleich zu anderen
Wirtschaftssektoren ist dieser Beschäftigungsabbau als gering zu bezeichnen, dafür haben
starke Veränderungen in der Beschäftigtenstruktur stattgefunden. (Hatzfeld 1987: 23). Im
Wesentlichen handelt es sich hierbei um zwei Strukturverschiebungen: die Teilzeitbe-
schäftigung wird immer bedeutender und es werden mehr Stellen mit geringerem Qualifikati-
onsniveau geschaffen. (Vogels et al. 1998: 2). Ende der 80er Jahre waren rund ein Drittel der
Arbeitsplätze im Einzelhandel mit Teilzeitkräften besetzt, etwa 70 % aller Beschäftigten da-
von sind Frauen. Dies ist möglich, da die flächenintensiven Betriebsformen vor allem Ar-
beitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen bieten. Deshalb wird bei dieser Um-
wandlung auch von einer Dequalifizierung der im Einzelhandel Beschäftigten gesprochen.
(Hatzfeld 1988: 7). Begleitet wurde die Verbreitung der konkurrenzstarken Großbetriebsfor-
men von einem Bedeutungsrückgang der Selbstständigkeit. (Hatzfeld 1987: 23).

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 20
2.2
Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel
Welche Mechanismen sind für die Stärke und Dynamik des Umstrukturierungsprozesses im
Handel verantwortlich und führten zu einem, im Vergleich zur übrigen Wirtschaft, so tief
greifenden Konzentrationsprozess im Einzelhandel?
Zur Erklärung der Entwicklung des Einzelhandels müssen eine Vielzahl von Einflussfaktoren
betrachtet werden, da monokausale Ansätze der Komplexität dieses Prozesses nicht gerecht
werden. In der Literatur hat sich eine Zweiteilung der Einflussfaktoren durchgesetzt, demnach
scheint eine Unterscheidung in handelsendogene und handelsexogene Faktoren sinnvoll.
Handelsendogene Ursachen lassen sich auf die Aktivitäten des Handels selbst zurückführen,
handelsexogene Faktoren hingegen beeinflussen die Handelsentwicklung von außen. Diese
Einteilung der Ursachen ist jedoch nicht unproblematisch, da die beiden Faktorengruppen von
einander abhängen und sich wechselseitig beeinflussen. (Beck 1995: 32; Hatzfeld 1987: 23).
2.2.1
Handelsendogene Faktoren
Die handelsendogenen Ursachen des Strukturwandels im Einzelhandel haben ihren Ursprung
innerhalb des Einzelhandels selbst. So sind beispielsweise Veränderungen der Größenstruktur
ein Ergebnis der zunehmenden Konzentration als Folge von Rationalisierungsbemühungen,
deren Ziel das Bestehen im Preiswettbewerb um die Nachfrage ist. (Dittmeier et al. 1999: 6).
Rationalisierung
Die Rationalisierung ist eine innerbetriebliche Anpassung an veränderte Kostenstrukturen und
auch im Einzelhandel notwendig. Im Allgemeinen verläuft die Kostenreduzierung durch Rati-
onalisierung in vier Stufen. Die erste ist die Einkaufskonzentration; durch die aus den wach-
senden Marktanteilen resultierende Nachfragemacht können gegenüber den Herstellern und
Lieferanten niedrigere Einkaufspreise realisiert werden. Die Servicereduktion ist die zweite
Stufe der Rationalisierung. Die Verminderung des Services ermöglicht die Einsparung von
Personalkosten. Die dritte ist die totale Selbstbedienung und direkt mit der Servicereduktion
verknüpft. Denn durch die Ausweitung der selbstbedienungsfähigen Waren kann weiteres
Personal eingespart werden. Aufgrund der dafür nötigen Präsentation ist dies jedoch nur durch
Flächenexpansion möglich. Die vierte Stufe der Rationalisierung ist schließlich die Dezentra-
lisierung des Standortes. Dies ermöglicht die Senkung von Miet- und Grundstückskosten und
sichert gleichzeitig die Nachfrage, da die Pkw-Orientierung der dezentralen Standorte die
Möglichkeit des One-Stop-Shoppings bietet. (Beck 1995: 42-43; Dittmeier et al. 1999: 6).

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 21
Auslöser der ersten Rationalisierungswelle war die Einführung der Selbstbedienung Ende der
60er, Anfang der 70er Jahre. Voraussetzung dafür war die Entwicklung geeigneter Sortimen-
te. Die so genannten ,,problemlosen Waren" sind durch die Werbung bereits vorverkauft,
durch Konservierungsstoffe haltbar gemacht und durch entsprechende Beschriftung und Ge-
staltung beratungsfrei. (Hatzfeld 1988: 11). Die neuen, großflächigen Betriebsformen nutzten
die Selbstbedienung und verbanden sie mit Großflächigkeit und Niedrigpreispolitik und wur-
den damit zu den wichtigsten Konkurrenten des etablierten Einzelhandels. Viele kleinere Be-
triebe konnten sich nicht an die neuen Konkurrenzverhältnisse anpassen und mussten schlie-
ßen. Hinzu kommt, dass die notwendige Umstellung von Handelsbetrieben auf Selbstbedie-
nung zusätzliche Verkaufsflächen erfordert und damit Investitionen nötig wurden, die die
Kapitalkraft von kleinen Unternehmen oft überstiegen. (Hatzfeld 1987: 23-24). Den Anstoß
zur zweiten Rationalisierungswelle gab die Groß- und Schwerindustrie. Aufgrund der 1966
und 1967 vorherrschenden Überproduktionskrise der Warenhersteller durch die Einführung
der Massenproduktion musste sich dieser Wirtschaftsbereich neue Absatzmöglichkeiten su-
chen. Die Gründung von Verbrauchermärkten bot die Möglichkeit, die durch Massenproduk-
tion gefertigten Waren mittels jetzt notwendiger Massenvertriebssysteme umzuschlagen. Im
Gegensatz zur ersten Rationalisierungswelle liegt der Ursprung der zweiten nicht im Einzel-
handel selbst, da hinter den Verbrauchermarktgründung zu Beginn keine marktträchtigen Mit-
tel- und Großbetriebe standen. Beide Rationalisierungswellen hatten jedoch die gleiche Folge,
sowohl die Einführung der Selbstbedienung als auch die neu geschaffenen Einrichtungen der
Massendistribution trieben den Konzentrationsprozess voran. (Hatzfeld 1987: 24).
Sortimentsänderung
In den letzten Jahren hat sich die Zahl der verfügbaren Artikel kontinuierlich erhöht. (Beck
1995: 47) Innovationen von Seiten der Produzenten führen genauso wie die zunehmende Dif-
ferenzierung der Nachfrage der Konsumenten zu einer stetigen Ausweitung der Einzelhan-
delssortimente. Tatsächlich wurde die steigende Konsumnachfrage zum Teil erst durch inten-
sive Marktforschung und die dadurch mögliche Bedürfnis weckende Werbung hervorgerufen.
Neben der Selbstbedienung ist die Sortimentserweiterung eine weitere Hauptursache der Flä-
chenexpansion im Einzelhandel und begünstigt die Großbetriebsformen. (Hatzfeld 1988: 12;
Klein 1995: 33). Aufgrund des ständig wachsenden Sortimentumfangs reagierten einige
Händler mit Spezialisierung oder der so genannten ,,Miniaturisierung des Sortiments", dabei
wird die Sortimentsbreite extrem eingeschränkt und die Sortimentstiefe dafür ausgebaut. Ähn-
liche Spezialisierungsstrategien zeichnen sich auch bei Fachmärkten ab. Die Polarisierung

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 22
einzelner Betriebsformen ist ein weiterer Trend neben der Spezialisierung. Innerhalb einer
Betriebsform spalten sich konkurrierende Unternehmen in preisaggressive Billiganbieter und
in qualitäts- und serviceorientierte Anbieter auf. Zu erkennen ist diese Polarisierung vor allem
bei SB-Warenhäusern und ansatzweise auch bei Fachmärkten. (Beck 1995: 47).
Steigender Wettbewerb
Außer den bisher genannten konzentrationsfördernden Faktoren war es auch die Konkurrenz
im Handels selbst, die in erheblichem Maße zum Ladensterben beitrug. Trotz des Rückgangs
der Zahl der Einzelhandelsbetriebe in den letzten Jahrzehnten hat sich der Wettbewerb und
der Kampf um Marktanteile verschärft. Inzwischen setzt sich die Konzentration auf höherem
und zum Teil sogar internationalem Niveau fort. Bedingt durch die größer gewordenen Markt-
felder der konkurrierenden Unternehmen, sowohl vom Sortiment her als auch räumlich, er-
höhte sich die Wettbewerbsintensität, obwohl die Zahl der Wettbewerber abnimmt. Mittler-
weile hat der Wettbewerb Formen angenommen, die nur noch darauf zielen, den Konkurren-
ten vom Markt zu drängen. Der ruinöse Wettbewerb richtet sich nicht nur gegen im betriebs-
wirtschaftlichen Sinn ohnehin gefährdete Betriebe, sondern auch gegen leistungsfähige Klein-
und Mittelbetriebe. Letztendlich ist entscheidend, welcher Konkurrent den Wettbewerb länger
durchstehen kann und damit, welcher die größeren Kapitalmittel zur Verfügung hat, um einen
Verlust auch über längere Zeit zu verkraften. Für viele selbstständige Einzelhändler besteht
dann nur noch der Ausweg, sich an eine kapitalkräftige Kette oder an eine Konsum- und Ein-
kaufsgenossenschaft anzuschließen. (Hatzfeld 1987: 24).
Ein Wettbewerbsinstrument, welches in solchen Fällen oft eingesetzt wird, ist die Sonderan-
gebotspolitik, die im Extremfall dazu führt, dass Waren noch unter dem Einstandspreis oder
sogar unter dem Einkaufspreis an den Verbraucher weitergegeben werden. Diese Methode
wird vor allem von Anbietern des kurzfristigen Bedarfs wie der Lebensmittelbranche einge-
setzt, da aufgrund des im Grundversorgungsbereichs höheren Preisbewusstseins des Konsu-
menten die Sonderangebote besonders beachtet werden. (Hatzfeld 1988: 12). Davon profitie-
ren wiederum die großflächigen Betriebsformen, die ihre Marktanteile weiter steigern können,
was zu einer starken Nachfragemacht der Betreiber gegenüber den Lieferanten und Produzen-
ten führt. Ausdrucksformen der Nachfragemacht sind Vergünstigungen wie Rabatte, Werbe-
zuschüsse oder Regalmieten, die die marktträchtigen Unternehmen von ihren Zulieferern ver-
langen. Die den Großbetrieben dadurch gewährten Sonderkonditionen werden den Kleinbe-
trieben verweigert, zum Teil wird von der Beschaffungsseite sogar versucht, die fehlenden
Einnahmen durch die gegebenen Sonderkonditionen auf die kleinen Unternehmen umzu-

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 23
schichten, um damit den Verlust zu kompensieren. Teilweise finanzieren die Kleinbetriebe
somit den Wettbewerbsvorsprung der Großbetriebe mit. (Hatzfeld 1987: 25; Klein 1995: 34).
2.2.2
Handelsexogene Faktoren
Die Hauptursachen des strukturellen Wandels im Einzelhandel sind jedoch nicht nur auf der
Angebotsseite bei den Unternehmen zu finden, sondern auch auf der Nachfrageseite bei den
Verbrauchern. (Vogels et al. 1998: 2). Voraussetzung für die bestehenden Einzelhandelsstruk-
turen und die sich vollziehenden Veränderungsprozesse ist die Warennachfrage im Einzel-
handel, und der überragende Umsatzfaktor des ladenbezogenen Einzelhandels ist die Nach-
frage der privaten Haushalte. (Heider 1997: 35). Die Haushaltsstruktur gehört genauso wie
das Verbraucherverhalten zu den handelsexogenen Faktoren, an die sich der Einzelhandel
anpassen muss, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. (Dittmeier et al. 1999: 6). Weiter
gehören eine Vielzahl demografischer, ökonomischer, sozialpsychologischer und technologi-
scher Veränderungsprozesse zu den handelsexogenen Faktoren, die die Entwicklung des Ein-
zelhandels beeinflussen, soweit diese Prozesse nicht auf die Aktivitäten der Handelsunter-
nehmen selber zurückzuführen sind. (Hatzfeld 1987: 25).
Demografische Struktur
Die Nachfrage im Handel wird unter anderem von der Bevölkerungsgröße beeinflusst. In den
letzten Jahren wurde die negative natürliche Bevölkerungsentwicklung durch Zuwanderung
kompensiert, sodass die Gesamtbevölkerung von knapp 70 Mio. im Jahre 1950 auf etwa
82 Mio. im Jahre 1996 zunahm. Experten prognostizieren für die weitere Zukunft jedoch ei-
nen Bevölkerungsrückgang. (Beck 1995: 49; Thomi 1998: 17).
Die in Tabelle 1 dargestellten Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung zeigen
den Trend einer deutlichen Zunahme der älteren Bevölkerung bei gleichzeitigem Rückgang
des Anteils der unter 15-Jährigen. (Thomi 1998: 17). Für die Gruppe der über Sechzigjährigen
wird prognostiziert, dass ihr Anteil bis zum Jahr 2020 auf 30 % anwachsen und dass er 2035
etwa 35 % der Gesamtbevölkerung ausmachen wird. (Beck 1995: 49; Heider 1997: 38). Für
den Handel bedeutet dies eine Modifikation der Nachfrage, da ältere Personen spezifische
Einkommens- und Konsummuster aufweisen und über besondere Wohnstandorte und aktions-
räumliche Bewegungsmuster verfügen. (Thomi 1998: 17).

Strukturwandel im Einzelhandel
Seite 24
Tabelle 1: Daten zum soziodemografischen Strukturwandel in Deutschland
1950
1995
Absolute Bevölkerungszahlen
Veränderung in der Altersstruktur:
Anteil der unter 15-Jährigen (in %)
Anteil der über 65-Jährigen (in %)
Anzahl der Haushalte
1
Mittlere Haushaltsgröße (Personen)
1
Anteil der Ein-Personen-Haushalte (in %)
1
ca. 69 Mio.
23
9,7
16.650
2,99
19,4
ca. 82 Mio.
16,2
15,6
30.144
2,2
35,9
1
Alte Länder
Quelle: Thomi 1998: 17
Die Zunahme des Durchschnittsalters der Bevölkerung bewirkt also eine veränderte Schwer-
punktsetzung der Nachfrage nach Konsumgütern, welcher die Industrie durch die Entwick-
lung spezieller Produkte für den Altenmarkt gerecht zu werden versucht. Denn mittlerweile
verfügen die über Vierzigjährigen über etwa zwei Drittel der einzelhandelsrelevanten Kauf-
kraft. (Klein 1995: 34; Vogels et al. 1998: 16). Gleichzeitig verändert der enorme Rückgang
von Kindern die Nachfrage. Dies ist insbesondere bei der innerstädtischen Bevölkerung der
Fall, da durch die Suburbanisierung der Anteil der unter 15-Jährigen überproportional gesun-
ken ist. (Thomi 1998: 17).
Obwohl die Bevölkerungszahlen rückläufig sind, nimmt die Zahl der Haushalte zu und wird
auch in Zukunft weiter ansteigen, da die durchschnittliche Haushaltsgröße abnimmt. (Beck
1995: 49). Im Jahre 1950 lag die absolute Zahl der Haushalte in den alten Ländern bei 16.650
und ist bis 1995 auf 30.144 Haushalte angestiegen. Gleichzeitig sank die durchschnittliche
Haushaltsgröße in diesem Zeitraum von 2,99 auf 2,2 Personen und der Anteil der Ein-
Personen-Haushalte nahm von 19,4 % (1950) auf 35,9 % (1995) zu. Diese Entwicklung ist
einerseits eine Folge der steigenden Lebenserwartung und andererseits der veränderten Le-
bensführung der jüngeren Generationen. Mit der Siedlungsgröße erfolgt auch die räumliche
Konzentration der kleinen Haushalte. So lag 1994 der Anteil der Ein-Personen-Haushalte bei
Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern bei 11,5 %, während er in Gemeinden mit
mehr als 100.000 Einwohnern 45,3 % betrug. (Thomi 1998: 17-18). Die Veränderungen der
Haushaltsstruktur haben wie die Veränderungen der Bevölkerungsstruktur Einfluss auf die
Nachfrage von Gütern. Der Handel reagiert darauf beispielsweise in der Nahrungsmittelbran-

Strukturwandel im Einzelhandel
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che mit einem erweiterten Angebot von Kleinpackungen. (Vogels et al. 1998: 17). Es wird
angenommen, dass die Einkaufsfrequenz trotz Großeinkauf, Versandhandel etc. aufgrund des
hohen Anteils der Kleinhaushalte weiterhin stark zunehmen wird. (Beck 1995: 49).
Für die Entwicklung des Handels ist die einzelhandelsrelevante Kaufkraft entscheidend.
(Beck 1995: 49). Der in Westdeutschland 1983 einsetzende Wirtschaftsaufschwung führte zu
steigenden Einkommen der privaten Haushalte bis zum Ende des Vereinigungsbooms 1991.
Mit Beginn des Abschwungs 1992 bekam diese Entwicklung einen Knick. Das reale, verfüg-
bare Einkommen der privaten Haushalte ist zwischen 1992 und 1994 jahresdurchschnittlich
um 0,2 % gesunken. (Petersen 1995: 28). Als Folge des gesamten Einkommensanstiegs er-
höhte sich die Zahl der gekauften Güter und es wurden mehr höherwertige Waren, insbeson-
dere des mittel- und langfristigen Bedarfs, erworben. Diese beiden Faktoren begünstigen
Zentren mit einem vielfältigen Angebot und der Möglichkeit zur Kopplung von Einkäufen.
Benachteiligt werden kleine Orte aufgrund der sinkenden Nachfrage in den Wohngebieten.
(Kulke 1996: 9). Trotz der insgesamt positiven Entwicklung des privaten Einkommens muss
die seit 1993 rückläufige Zahl der Beschäftigten beachtet werden, denn die Gruppe der Ar-
beitslosen fragt vor allem Güter des Niedrigpreissegments nach. (Thomi 1998: 18). Hinzu
kommt die verstärkte Nachfrage nach Do-it-yourself-Produkten, Sonderposten und Halbfabri-
katen. (Heider 1997: 38).
Mobilität
Noch stärker als die Veränderung der Sozialstruktur beeinflusste der 1960 einsetzende An-
stieg des Pkw-Bestandes das Verbraucherverhalten. (Vogels et al. 1998: 17). 1970 gab es ins-
gesamt 13,9 Mio. Pkws in der Bundesrepublik, 1980 waren es 23,2 Mio. und 1989 schließlich
29,8 Mio. (Beck 1995: 51). Mitte der 90er Jahre verfügte jeder Haushalt im Durchschnitt über
1,2 Pkws, was die räumliche Flexibilität erheblich vergrößerte. Es ist davon auszugehen, dass
sich der Pkw-Bestand weiter erhöhen wird. (Kulke 1996: 8).
Die gestiegene Motorisierung und die besseren Lagerungsmöglichkeiten machten Großein-
käufe möglich, die vor allem bei Massengütern bequemer sind und außerdem die Einkaufsfre-
quenz senken. Das Einkaufsverhalten wurde weiträumiger und die festen Standortbeziehun-
gen lösten sich zunehmend. Dadurch vergrößerten sich die Einzugsbereiche der Einzelhan-
delseinrichtungen und eine Zentralisierung der Verkaufsstellen konnte eingeleitet werden. Die
klassischen räumlichen Versorgungsstrukturen, wie sie etwa dem Modell der zentralen Orte
zu Grunde liegen, brachen auf und der räumliche Versorgungsschwerpunkt verlagerte sich

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832452322
ISBN (Paperback)
9783838652320
DOI
10.3239/9783832452322
Dateigröße
5.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn – unbekannt, Geographie
Erscheinungsdatum
2002 (März)
Note
2,0
Schlagworte
geomarketing einkaufszentrum shopping-center wirtschaftsgeographie koblenz
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Titel: Auswirkungen des Löhr-Centers auf den Einzelhandel und das Einkaufsverhalten in der Koblenzer Innenstadt
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