Immobilienzyklen in Deutschland
Ursachen und empirische Analyse
©2001
Diplomarbeit
119 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Auf dem Frankfurter Büroflächenmarkt verzeichnen monatliche Spitzenmieten für Büroimmobilien in zentraler Lage folgenden Verlauf: von 1985 bis 1991 stiegen diese Mieten um ca. 170%, worauf sie von 1991 bis 1995 wieder um ca. 30% nachgaben, um von 1995 bis 2000 wieder um über 27% zu steigen.
Dieses Beispiel versinnbildlicht die enorme praktische Wichtigkeit von Immobilienzyklen für die deutsche Immobilien- und Bauwirtschaft: Für Investoren, Finanzierer oder Bewerter ebenso wie für Projektentwickler sind Schwankungen, wie die oben aufgezeigten, Schlüsselinformationen. Der Investor verlangt eine angemessene Rendite, der Finanzierer die Rückzahlung seines Kredites, der Bewerter benötigt die nachhaltige Miete eines Objektes, um so möglichst genau einen fairen Marktwert berechnen zu können, und der Projektentwickler möglichst hohe, konstante Cash Flows, um eine Finanzierung für seine Objekte von den Banken zu erhalten. Pyhrr, Roulac und Born unterstützen diese Wichtigkeit durch eine Studie, nach der 80% von 685 befragten real estate plan sponsors angeben, dass Immobilienzyklen und ihre Vorhersehbarkeit zu den drei wichtigsten Forschungsgebieten der Immobilienökonomie zählen.
Die theoretische Wichtigkeit des Themas wird deutlich, wenn man Bezug auf das Rahmengerüst zur Immobilienökonomie als wissenschaftliche Disziplin, verbildlicht als das Haus der Immobilienökonomie nimmt, das an der European Business School gelehrt wird. So stellt der Begründer dieses Bezugsrahmens, Prof. Dr. Karl-Werner Schulte, fest, dass viele Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Volkswirtschaftslehre und Immobilienökonomie unzureichend erforscht sind, wie bspw. der Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlichen Konjunktur- und Immobilienzyklen.
Daraus ergeben sich die Ziele für die vorliegende Arbeit, die sich methodisch und inhaltlich aufteilen lassen. Methodisch soll ein Beitrag zur Erforschung von Immobilienzyklen und deren Ursachen in Deutschland geleistet werden. Insbesondere in Deutschland ist ein solches Unterfangen mit Datenproblemen behaftet, da es für deutsche Immobilienteilmärkte nur wenige repräsentative lange Zeitreihen gibt. Zudem existiert kaum deutsche Literatur zu diesem Forschungsgebiet. Deshalb ist es ebenfalls Ziel der Arbeit, auf Basis einer Analyse der angloamerikanischen Literatur Anwendungen für deutsche Immobilienmärkte zu finden.
Inhaltlich sollen vier Ziele erreicht werden: Zuerst soll das Phänomen der […]
Auf dem Frankfurter Büroflächenmarkt verzeichnen monatliche Spitzenmieten für Büroimmobilien in zentraler Lage folgenden Verlauf: von 1985 bis 1991 stiegen diese Mieten um ca. 170%, worauf sie von 1991 bis 1995 wieder um ca. 30% nachgaben, um von 1995 bis 2000 wieder um über 27% zu steigen.
Dieses Beispiel versinnbildlicht die enorme praktische Wichtigkeit von Immobilienzyklen für die deutsche Immobilien- und Bauwirtschaft: Für Investoren, Finanzierer oder Bewerter ebenso wie für Projektentwickler sind Schwankungen, wie die oben aufgezeigten, Schlüsselinformationen. Der Investor verlangt eine angemessene Rendite, der Finanzierer die Rückzahlung seines Kredites, der Bewerter benötigt die nachhaltige Miete eines Objektes, um so möglichst genau einen fairen Marktwert berechnen zu können, und der Projektentwickler möglichst hohe, konstante Cash Flows, um eine Finanzierung für seine Objekte von den Banken zu erhalten. Pyhrr, Roulac und Born unterstützen diese Wichtigkeit durch eine Studie, nach der 80% von 685 befragten real estate plan sponsors angeben, dass Immobilienzyklen und ihre Vorhersehbarkeit zu den drei wichtigsten Forschungsgebieten der Immobilienökonomie zählen.
Die theoretische Wichtigkeit des Themas wird deutlich, wenn man Bezug auf das Rahmengerüst zur Immobilienökonomie als wissenschaftliche Disziplin, verbildlicht als das Haus der Immobilienökonomie nimmt, das an der European Business School gelehrt wird. So stellt der Begründer dieses Bezugsrahmens, Prof. Dr. Karl-Werner Schulte, fest, dass viele Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Volkswirtschaftslehre und Immobilienökonomie unzureichend erforscht sind, wie bspw. der Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlichen Konjunktur- und Immobilienzyklen.
Daraus ergeben sich die Ziele für die vorliegende Arbeit, die sich methodisch und inhaltlich aufteilen lassen. Methodisch soll ein Beitrag zur Erforschung von Immobilienzyklen und deren Ursachen in Deutschland geleistet werden. Insbesondere in Deutschland ist ein solches Unterfangen mit Datenproblemen behaftet, da es für deutsche Immobilienteilmärkte nur wenige repräsentative lange Zeitreihen gibt. Zudem existiert kaum deutsche Literatur zu diesem Forschungsgebiet. Deshalb ist es ebenfalls Ziel der Arbeit, auf Basis einer Analyse der angloamerikanischen Literatur Anwendungen für deutsche Immobilienmärkte zu finden.
Inhaltlich sollen vier Ziele erreicht werden: Zuerst soll das Phänomen der […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 5227
Rottke, Nico: Immobilienzyklen in Deutschland: Ursachen und empirische Analyse / Nico Rottke
- Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Oestrich-Winkel, Internationale Wirtschaftshochschule, Diplom, 2001
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Printed in Germany
"In one recent study of 685 real estate plan sponsors, the results show that approxi-
mately 40% of the sponsors rated ,,Real Estate Cycles and Their Predictability" as the
most important research topic that should be studied, and 80% rated it among the top
three."
Pyhrr / Roulac / Born, Implications, S. 60.
-i-
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... III
TABELLENVERZEICHNIS ... V
INTERVIEWVERZEICHNIS ...VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...VII
SYMBOLVERZEICHNIS... VIII
1
EINLEITUNG...1
1.1 P
ROBLEMSTELLUNG UND
Z
IELSETZUNG
...1
1.2 G
ANG DER
U
NTERSUCHUNG UND
A
BGRENZUNG
...2
2
THEORETISCHE UND KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN...4
2.1 B
EGRIFFSABGRENZUNG
...4
2.1.1 Zyklen...4
2.1.2 Immobilienzyklen ...6
2.2 S
YSTEMATISIERUNG VON
I
MMOBILIENZYKLEN
...8
2.2.1 Ansatz von Pyhrr und Born ...8
2.2.2 Ansatz von Grissom und DeLisle...9
2.2.3 Ansatz von Becker...9
2.3 B
EDEUTUNG VON
I
MMOBILIENZYKLEN FÜR DIE
L
EHRE DER
I
MMOBILIENÖKONOMIE
...10
2.4 M
ETHODISCHE
A
NALYSEPROBLEME IN
D
EUTSCHLAND
...12
2.4.1 Verwendung angloamerikanischer Modelle für Deutschland ...12
2.4.2 Datenlage in Deutschland ...13
3
URSACHEN VON ZYKLEN IN IMMOBILIENMÄRKTEN...16
3.1 B
EGRIFFSABGRENZUNG
...16
3.2 V
IER
P
HASEN DES
I
MMOBILIENZYKLUS
...16
3.3 E
NDOGENE
U
RSACHEN
...18
3.3.1 Cobweb- Theorem...18
3.3.2 Time-lags ...20
3.3.3 Spekulative Blasenbildung...21
-ii-
3.4 E
XOGENE
U
RSACHEN
...22
3.4.1 Konjunkturelle Aspekte...22
3.4.2 Strukturelle Aspekte...25
4
EMPIRISCHE ANALYSE VON IMMOBILIENZYKLEN IN
DEUTSCHLAND AM BEISPIEL AUSGEWÄHLTER BÜROMÄRKTE27
4.1 H
ORIZONT DER EMPIRISCHEN
A
NALYSE
...27
4.1.1 Vorgehen...27
4.1.2 Limitationen der empirischen Analyse ...28
4.1.3 Einteilung in drei Immobilienteilmärkte...29
4.2 L
EISTUNGSMARKT
...31
4.2.1 Spitzenmieten ...31
4.2.2 Leerstände ...32
4.2.3 Arbeitslosigkeit und Bürobeschäftigung...33
4.2.4 Zinsen und Bruttoinlandsprodukt ...35
4.3 V
ERMÖGENS
-
UND
N
EUBAUMARKT
...36
4.3.1 Renditevergleiche und korrelationen...36
4.3.2 Baufertigstellungen und Baugenehmigungen...38
4.3.3 Zinsen und Bruttoinlandsprodukt ...39
5
HANDLUNGSABLEITUNGEN DER ANALYSE...39
5.1 E
INORDNUNG IN DEN
Z
USAMMENHANG
...39
5.2 R
ISIKOSTREUUNG
...40
5.2.1 Investoren ...40
5.2.2 Projektentwickler...41
5.3 T
IMING
...42
5.3.1 Investoren ...42
5.3.2 Projektentwickler...43
5.3.3 Mieter...44
6
SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK ...44
ANHANG ...48
LITERATURVERZEICHNIS ...99
-iii-
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Spitzenmieten in Frankfurt...49
Abbildung 2: Das Haus der Immobilienökonomie...49
Abbildung 3: Parameter eines Zyklus ...50
Abbildung 4: Trend, zyklische Komponente, Saison und Zufallskomponente ...50
Abbildung 5: Phasen des Immobilienzyklus ...51
Abbildung 6: Erwartungen im Immobilienzyklus ...51
Abbildung 7: Idealtypischer, sinusförmiger Immobilienzyklus...52
Abbildung 8: Angebots- und Nachfragephasen eines Immobilienzyklus ...52
Abbildung 9: Szenarioanalyse: Zyklus vs. Trend ...53
Abbildung 10: Cobweb-Theorem: gedämpfter Verlauf ...53
Abbildung 11: Cobweb-Theorem: explosiver Verlauf...54
Abbildung 12: Die Immobilienteilmärkte aus volkswirtschaftlicher Sicht...54
Abbildung 13: Spitzenmieten in DM/qm/Monat ...55
Abbildung 14: Rebasierte Spitzenmieten ...55
Abbildung 15: Prozentuale Mietveränderung im Vergleich zum Vorjahr I ...56
Abbildung 16: Prozentuale Mietveränderung im Vergleich zum Vorjahr II...56
Abbildung 17: Vergleich der prozentualen Leerstände...57
Abbildung 18: Spitzenmieten und Leerstände in Frankfurt, München und
Berlin...57
Abbildung 19: Arbeitslosigkeit in Frankfurt, München, Hamburg und
Düsseldorf ...58
Abbildung 20: Arbeitslosigkeit im Vergleich zur Spitzenmiete in Frankfurt ...58
Abbildung 21: Arbeitslosigkeit im Vergleich zur Spitzenmiete in München ...59
Abbildung 22: Bürobeschäftigte (sozialversicherungspflichtig) in Frankfurt,
München, Hamburg und Düsseldorf ...59
Abbildung 23: Bürobeschäftigtenquote in Frankfurt, München, Hamburg und
Düsseldorf ...60
-iv-
Abbildung 24: Veränderung der Bürobeschäftigten- und Leerstandsrate in
Frankfurt ...60
Abbildung 25: Veränderung der Bürobeschäftigten- und Leerstandsrate in
München ...61
Abbildung 26: Durchschnittliches Niveau der Spitzenmieten im Vergleich zum
Diskontsatz / Basiszinssatz ...61
Abbildung 27: Prozentuale Veränderung des Bruttoinlandsproduktes und
durchschnittliche Spitzenmieten im Vergleich...62
Abbildung 28: Durchschnittsrenditen in Frankfurt, München, Berlin, Hamburg
und Düsseldorf ...62
Abbildung 29: Vergleich der Maximalrenditen...63
Abbildung 30: Vergleich der Minimalrenditen ...63
Abbildung 31: Fertigstellung von Büroflächen ...64
Abbildung 32: Baufertigstellungen und Spitzenmieten in Frankfurt und
München ...64
Abbildung 33: Baugenehmigungen, Baufertigstellungen und durchschnittliche
Spitzenmieten im Vergleich...65
Abbildung 34: Diskontsatz (Bundesbank), respektive Basiszinssatz (EZB)...65
Abbildung 35: Diskontsatz / Basiszinssatz und Baugenehmigungen /
Baufertigstellungen...66
Abbildung 36: Veränderung des BIP alt / neu und Baugenehmigungen /
Baufertigstellungen im Vergleich ...66
Abbildung 37: Veränderung des DAX 30 und der Spitzenmieten in Frankfurt,
München, Berlin, Hamburg und Düsseldorf...67
Abbildung 38: Datenlage in Deutschland...67
-v-
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Subject Classification System: Real Estate Cycle Research...68
Tabelle 2: Classification of Real Estate Cycles according to Grissom / DeLisle ...69
Tabelle 3: Szenarioanalyse: Zyklus vs. Trend ...69
Tabelle 4: Ausgesuchte Wirkungsfaktoren des deutschen Immobilienmarktes...70
Tabelle 5: Economic Forces that transform Office Property Performance ...70
Tabelle 6: Korrelationskoeffizienten der Spitzenmieten ...71
Tabelle 7: Abweichungen vom Durchschnitt der Spitzenmieten ...71
Tabelle 8: Korrelationskoeffizienten der Maximal- und Minimalrendite ...71
Tabelle 9: Abweichungen von der Durchschnittsrendite ...72
-vi-
INTERVIEWVERZEICHNIS
Interview 1: Prof. Dr. Waldo L. Born ...74
Interview 2: Helge Scheunemann...81
Interview 3: Dipl.-Geograph Hartmut Bulwien ...88
Interview 4: Dr. Kurt Becker ...91
Interview 5: Prof. Dr. Terry V. Grissom...95
-vii-
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Aufl.
= Auflage
BIP
= Bruttoinlandsprodukt
BWS
= Bruttowertschöpfung
CREM
= Corporate Real Estate Management
DCF
= Discounted Cash Flow
DID
= Deutsche Immobilien Datenbank
DIFA
= Deutsche Immobilienfonds Aktiengesellschaft
Diss.
= Dissertation
DIW
= Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
DIX
= Deutscher Immobilien Index
ebs
= European Business School
Ed.
= Edition
ESVG
= Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen
EZB
= Europäische Zentralbank
GDP
= Gross Domestic Product
gif
= Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.
GNP
= Gross National Product
GuG
= Grundstücksmarkt und Grundstückswert
IPD
= Investment Property Databank
JLL
= Jones Lang LaSalle
JRER
= Journal of Real Estate Research
MSA
= Metropolitan Statistical Area
NEMAX
= Neuer Markt Aktienindex
NRW
= Nordrhein-Westfalen
PREM
= Public Real Estate Management
REIT
= Real Estate Investment Trust
RICS
= Royal Institution of Chartered Surveyors
TDM
= Tausend Deutsche Mark
-viii-
SYMBOLVERZEICHNIS
µ
= Abschreibungskennziffer
C
= Konstruktionskosten
i
= Kapitalisierungsrate
I
= Investitionsvolumen
I
a
= Investitionsangebot
I
n
= Investitionsnachfrage
K
= Kapitalstock
L
n
= Leistungsnachfrage
P
= Kapitalpreis
p
m
= Mietpreis
qm
= Quadratmeter
Qn
= Bezeichnung des jeweiligen Quadranten im vier-Quadranten-
Schema
r
= Realer Zinssatz
x
a
= Mengenangebot
x
n
= Mengennachfrage
Y
= Summe der exogenen Parameter der Leistungsnachfrage
(z.B. Einkommen, sektorale Bruttowertschöpfung, etc.)
-1-
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Auf dem Frankfurter Büroflächenmarkt verzeichnen monatliche Spitzenmieten für
Büroimmobilien in zentraler Lage folgenden Verlauf: von 1985 bis 1991 stiegen diese
Mieten um ca. 170%, worauf sie von 1991 bis 1995 wieder um ca. 30% nachgaben, um
von 1995 bis 2000 wieder um über 27% zu steigen.
1
Die praktische Relevanz der Thematik wird durch diese Entwicklung auf einem Immo-
bilienteilmarkt verdeutlicht: Für Investoren, Finanzierer oder Bewerter der Immobilien-
branche ebenso wie für Projektentwickler sind Schwankungen, wie die oben aufgezeig-
ten, Schlüsselinformationen. Der Investor verlangt eine angemessene Rendite, der
Finanzierer die Rückzahlung seines Kredites, der Bewerter benötigt die ,,nachhaltige"
Miete eines Objektes, um so möglichst genau einen ,,fairen Marktwert" berechnen zu
können, und der Projektentwickler möglichst hohe, konstante Cash Flows, um eine
Finanzierung für seine Objekte von den Banken zu erhalten. Die oben gezeigten zykli-
schen Schwankungen des Marktes sind also eine der entscheidenden Größen der Immo-
bilienbranche. Dies bestätigt auch eine von Pyhrr, Roulac und Born zitierte Studie, nach
der 80% von 685 befragten ,,real estate plan sponsors" angeben, dass Immobilienzyklen
und ihre Vorhersehbarkeit zu den drei wichtigsten Forschungsgebieten der Immobilien-
ökonomie zählen.
2
Die theoretische Relevanz der Thematik wird deutlich, wenn man Bezug auf das Rah-
mengerüst zur Immobilienökonomie als wissenschaftliche Disziplin, verbildlicht als das
,,Haus der Immobilienökonomie" nimmt.
3
Dieser Bezugsrahmen gründet auf der Be-
triebswirtschaftslehre, doch die interdisziplinären Aspekte wie die Volkswirtschaftslehre
,,dienen [...] dazu, der [...] Vieldimensionalität von Immobilien im Rahmen einer wis-
senschaftlichen Auseinandersetzung Raum zu geben".
4
So stellt der Begründer dieses
Bezugsrahmens fest, dass viele Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Volks-
1
Vgl. Anhang, Abb. 1, S. 49; die vorliegenden Daten wurden freundlicherweise von den Firmen Jones
Lang LaSalle GmbH, Bulwien AG, DTZ Zadelhoff Consulting GmbH und J.P. Morgan Chase & Co.
Inc. zur Verfügung gestellt.
2
Vgl. Pyhrr / Roulac / Born, Implications, S. 60.
3
Vgl. Anhang, Abb. 2, S. 49.
4
Vgl. Schulte / Schäfers, Immobilienökonomie, S. 111.
-2-
wirtschaftslehre und Immobilienökonomie unzureichend erforscht sind, wie bspw. der
Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlichen Konjunktur- und Immobilienzyklen.
5
Dies leitet über zu den Zielen der vorliegenden Arbeit, die sich methodisch und inhalt-
lich aufteilen lassen. Methodisch soll ein Beitrag zur Erforschung von Immobilienzy-
klen und deren Ursachen in Deutschland geleistet werden. Dies ist insbesondere in
Deutschland mit Datenproblemen behaftet, da es für deutsche Immobilienteilmärkte nur
wenige repräsentative Zeitreihen gibt.
6
Zudem existiert kaum deutsche Literatur zu
diesem Forschungsgebiet. Deshalb ist es ebenfalls Ziel der Arbeit, auf Basis einer Ana-
lyse der angloamerikanischen Literatur Anwendungen für die deutschen Immobilien-
märkte zu finden.
Inhaltlich sollen vier Ziele erreicht werden: Zuerst soll das Phänomen der Immobilien-
zyklen abgegrenzt und systematisiert werden, da dies in der bestehenden Literatur sehr
uneinheitlich geschieht. Dabei soll aufgezeigt werden, wie die Thematik in den Gesamt-
zusammenhang einzuordnen ist. Zweitens sollen die endogenen Ursachen von Immobi-
lienzyklen theoretisch erarbeitet und in den Kontext zu den exogenen Ursachen gesetzt
werden. Es soll u.a. gezeigt werden, warum es ,,den" typischen Immobilienzyklus nicht
gibt. Es soll drittens anhand einer empirischen Analyse belegt werden, inwieweit und
welcher Form Immobilienzyklen in Deutschland vorkommen. Viertens ist es Ziel der
vorliegenden Arbeit, Handlungsempfehlungen für Investoren, Projektentwickler und
Mieter aus der empirischen Analyse abzuleiten, um Immobilienzyklen handhabbar zu
machen.
1.2 Gang der Untersuchung und Abgrenzung
Durch das Setzen der o.g. Ziele ergibt sich folgender Gang der Untersuchung: Im An-
schluss an die einleitenden Ausführungen des ersten Kapitels werden im zweiten Kapi-
tel theoretische und konzeptionelle Grundlagen von Immobilienzyklen erarbeitet. Zuerst
wird eine Begriffsabgrenzung der Konzeptionen ,,Zyklen" und Immobilienzyklen" vor-
genommen, da diese in der Literatur unterschiedlich verwendet werden (Kapitel 2.1).
Für die darauffolgenden Ausführungen wird so eine gemeinsame Basis geschaffen.
5
Vgl. Schulte, IMMOBILIENAKADEMIE, S. 39.
6
Vgl. Thomas, Performanceindex, S. 247-248.
-3-
Darauf aufbauend sollen die verschiedenen Ausprägungen von Immobilienzyklen sy-
stematisiert werden (Kapitel 2.2). Es wird die Frage beantwortet, inwiefern sich Immo-
bilienzyklen voneinander abgrenzen. Somit wird zugleich der Grundstein für das Vor-
gehen in der empirischen Analyse erarbeitet.
Nach diesen strukturellen Grundlegungen wird in einem dritten Schritt aufgezeigt, wel-
che Bedeutung Immobilienzyklen für die Rahmenkonzeption, also das ,,Haus der Im-
mobilienökonomie" haben (Kapitel 2.3). Es bietet sich an, vor dem eigentlichen theore-
tischen und empirischen Hauptteil der Untersuchung an dieser Stelle einen Einschnitt zu
machen, um intensiv auf grundsätzliche methodische Probleme der Analyse einzugehen
(Kapitel 2.4).
Erster Schwerpunkt der Arbeit ist die theoretische Erarbeitung der endogenen und exo-
genen Ursachen von Immobilienzyklen im dritten Kapitel. Dies ist von besonderer Be-
deutung für die weitere Analyse, da hier der Erklärungsansatz für Immobilienzyklen
geliefert wird. Nach einer Begriffsabgrenzung (Kapitel 3.1) und der Beschreibung eines
idealtypischen Zyklusverlaufes (Kapitel 3.2) werden die durch exogene Auslöser verur-
sachten, sich fortan unabhängig davon entwickelnden Mechanismen des endogenen
Immobilienzyklus beschrieben (Kapitel 3.3). Diese werden darauffolgend in den Kon-
text zu den ökonomischen exogenen Ursachen der Konjunktur und des Strukturwandels
gesetzt (Kapitel 3.4). Die Analyse erfolgt in Form eines T-Formates.
7
Aus Gründen des
begrenzten Umfanges der Arbeit wird sie von diesem Gliederungspunkt an unter typo-
logischen Aspekten auf Gewerbeimmobilien, und hier weiterhin auf Büroimmobilien
beschränkt. Der Büroimmobilienmarkt bietet sich aufgrund seiner relativ guten Datenla-
ge und seiner internationalen Bedeutung als Forschungsobjekt an.
Der funktionalen Auswahl des Büromarktes folgt eine regionale Beschränkung auf die
Städte Frankfurt, München, Hamburg, Düsseldorf und, mit Einschränkungen, Berlin.
8
Wegen unzureichender Datenlage konnte Leipzig als Standort, an dem die endogenen
und exogenen Mechanismen des Immobilienzyklus aufgrund der konjunkturellen und
strukturellen Sondersituation voll zum Tragen kommen und die an diesem Beispiel gut
hätten erklärt werden können, nicht in die Betrachtung miteinbezogen werden.
7
D.h. ein Vorgehen, bei dem die Breite abgedeckt und an Schlüsselstellen in die Tiefe gegangen wird.
8
Aufgrund der deutschen Wiedervereinigung gibt es für einige Parameter in Berlin einen Datenmangel.
-4-
Im vierten Kapitel folgt eine Quantifizierung der qualitativen Ergebnisse unter Berück-
sichtigung der methodischen Analyseprobleme aus Kapitel 2.4. In Hinblick auf den
Horizont der Analyse (Kapitel 4.1) wird diese anhand der Einteilung Beckers vorge-
nommen.
9
So werden die genannten Büromärkte jeweils in einen Leistungsmarkt,
(=Mietflächenmarkt; Kapitel 4.2), einen Vermögensmarkt (=Immobilienanlagemarkt;
Kapitel 4.3) und einen vorgelagerten Neubaumarkt (Kapitel 4.3) differenziert.
In fünften Kapitel schließlich werden die Erkenntnisse der qualitativen und quantitati-
ven Analyse in Form von Handlungsableitungen dargestellt. Für die marktteilnehmen-
den Investoren, Projektentwickler und, mit Einschränkungen, für die Mieter werden
Risikostreuung und Timing als Strategien vorgeschlagen, um proaktiv dem Phänomen
der Immobilienzyklen begegnen zu können.
Die Arbeit schließt mit dem sechsten Kapitel, in dem eine Zusammenfassung der we-
sentlichen Erkenntnisse und ein Ausblick auf sich potentiell anschließende Forschungs-
gebiete und -schwerpunkte präsentiert wird.
Es sei darauf hingewiesen, dass aus Mangel an substanzieller quantitativer und qualita-
tiver deutscher Literatur zum Thema der Immobilienzyklen die Form des Experteninter-
views gewählt wurde. Auf diese Weise konnte das Fachwissen von Experten aus Wis-
senschaft und Praxis einen erheblichen Beitrag zu dieser Arbeit leisten.
2 Theoretische und konzeptionelle Grundlagen
2.1 Begriffsabgrenzung
2.1.1 Zyklen
In der deutschen Sprache versteht man unter einem Zyklus oder unter einer zyklisch
verlaufenden Welle ein ,,periodisch ablaufendes Geschehen oder einen Kreislauf regel-
mäßig wiederkehrender Ereignisse".
10
Das periodisch ablaufende Geschehen kann maß-
geblich durch die drei Parameter Amplitude, Länge und Phase beschrieben werden.
11
9
Vgl. Becker, Bauinvestitionen, S. 6.
10
Vgl. Duden, Fremdwörterbuch, S. 831f.
11
Vgl. Anhang, Abb. 3, S. 50.
-5-
Die Amplitude misst die Höhe der Welle, also die Stärke der Schwankung. So spricht
man von Wellenkamm oder gipfel und Wellental. Eine Amplitude wird immer von
Wellental zu Wellengipfel gemessen, wobei mehrere, sich wiederholende Zyklen eine
Welle konstituieren.
Die Länge ist die Zeitspanne zwischen zwei Tälern und die Phase
ist die Bestimmung des Zeitpunktes eines Wellentals. Da Täler meist klarer ausgeprägt
sind als Gipfel, wird die Länge von Tal zu Tal und nicht von Gipfel zu Gipfel gemessen.
Die Phasendifferenz wird zwischen den Tälern von zwei Wellen gemessen und drückt
die Phasenverschiebung aus.
12
Mathematisch betrachtet sind Sinus-Kurven das Grundgerüst eines Zyklus. Alle Zyklen
bestehen aus zusammengesetzten Sinus- oder Kosinus-Kurven.
13
In der idealen Modell-
vorstellung werden die Einflussgrößen auf einem Zeitstrahl in vier Zeitreihen darge-
stellt. Dabei stellt der Trend die langfristige Bewegung des Mittelwertes einer Zeitreihe
durch systematische, andauernde Einflussgrößen dar. Um den langfristigen Trend
schwankt die zyklische Komponente, die durch mehrjährige Konjunktur- oder Wach-
stumsschwankungen hervorgerufen wird. Die Saison stellt die unterjährigen Schwan-
kungen bedingt durch natürliche oder institutionelle Ursachen, wie z.B. das Wetter oder
Sommerferien dar, und in der Rest- oder Zufallskomponente werden alle einmaligen,
nicht systematischen Einflussgrößen zusammengefasst.
14
Da sich diese Komponenten in
der Wirklichkeit nicht direkt beobachten lassen, müssen sie durch Zeitreihenzerlegun-
gen isoliert werden. So können z.B. der langfristige Trend und die mittelfristige, zykli-
sche Komponente dargestellt werden, in dem die Methode der gleitenden Durchschnitte
angewandt wird, durch die unterjährige Schwankungen der Saisonkomponente elimi-
niert werden.
15
Zyklische Bewegungen unterliegen den Prinzipien der Summation, Harmonität, Syn-
chronität, Proportionalität und den Prinzipien der Abweichung und Nominalität.
16
Das Prinzip der Summation sagt aus, dass alle Bewegungen einer Welle eine einfache
Addition aller aktiven Zyklen darstellen. Harmonität bedeutet, dass benachbarte Wellen
12
Vgl. Assenmacher, Konjunkturtheorie, S. 10-14.
13
Vgl. Interview vom 18.12.2000 mit Prof. Dr. Born, School of Business Eastern Illinois University.
Siehe Anhang, S. 74; Pyhrr / Roulac / Born, Implications, S. 29.
14
Vgl. Tichy, Konjunktur, S. 6-8; Schulze, Statistik, S. 228f.
15
Vgl. Schulze, Statistik, S. 233-235; Anhang, Abb. 4, S. 50.
16
Vgl. Murphy, Analyse, S. 343-348.
-6-
generell in einer festen Beziehung zueinander stehen, und so bspw. der nächst kürzere
Zyklus zu einem 40-Tages-Zyklus ein 20-Tages-Zyklus sein wird. Das Prinzip der Syn-
chronität besagt, dass Wellen verschiedener Länge oft zur gleichen Zeit einen Boden
bilden und Proportionalität bedeutet, dass Zykluslänge und Amplitude meist in engem
Verhältnis stehen, z.B. Zyklen mit größerer Länge proportional größere Amplituden
haben sollten.
17
Das Prinzip der Abweichung drückt aus, dass die zuvor genannten vier zyklischen Prin-
zipien nur Tendenzen darstellen, also keine festen, starren Regeln. Schließlich basiert
das Prinzip der Nominalität auf der Prämisse, dass es eine nominale Reihe von harmoni-
schen Zyklen gibt, die alle Märkte trotz ihrer Unterschiede beeinflusst.
18
2.1.2 Immobilienzyklen
Auf den Prinzipien der Zeitzyklen aufbauend soll nun erörtert werden, wie in dieser
Arbeit der Begriff der Immobilienzyklen aufgefasst wird. Dazu wird die Definition der
Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) als Grundlage benutzt.
,,The property cycle is taken as `recurrent but irregular fluctuations in the rate of all-
property total return, which are also apparent in many other indicators of property
activity, but with varying leads and lags against the all-property cycle.'"
19
Vier Begrifflichkeiten werden verwendet, die Immobilienzyklen treffend charakterisie-
ren. ,,Recurrent fluctuations" stellen wiederkehrende Schwankungen dar, die aufstei-
gende, dann fallende Bewegungen beschreiben, die dazu neigen, sich zu wiederholen.
,,Irregular fluctuations" beschreiben ungleich der Idealvorstellung eines Zyklus, aber in
Übereinstimmung mit dem Prinzip der Abweichung, dass Bewegungen nicht periodisch
sein oder sich exakt wiederholen müssen, sondern nur eine Ähnlichkeit aufweisen soll-
ten. ,,Rate of all-property return" bezieht sich ähnlich dem Deutschen Immobilienindex
(DIX) auf eine Gesamtrendite. ,,Apparent in most major indicators" bedeutet, dass der
Zyklus systematisch verläuft und alle oder die meisten Variablen der Immobilienwirt-
17
Vgl. Murphy, Analyse, S. 343-347.
18
Vgl. Murphy, Analyse, S. 348.
19
RICS, Property, S. 9.
-7-
schaft beeinflusst, obwohl einige diese Auswirkungen früher, andere erst später
20
er-
kennbar werden.
21
Der in Deutschland geläufige Begriff für einen Immobilienzyklus ist der sog. ,,Schwei-
nezyklus".
22
Der Schweinezyklus wird anhand zyklischer Zeitreihen dargestellt, oder zur
besseren Verdeutlichung als Marketinginstrument auch als sog. ,,Immobilienuhr".
23
Die
dem Begriff zugrunde liegenden Annahmen sind zwar zutreffend, doch der Begriff
selbst ist für die Anpassungsprozesse auf Immobilienmärkten nicht geeignet, da es sich
hier um Investitions- und nicht um Verbrauchsgüter handelt.
24
So ist die Länge eines Schweinezyklus zu kurz und deshalb nicht mit einem Immo-
bilienzyklus zu vergleichen. Z.B. könnte man mit dem Schweinezyklus nicht erklären,
warum der Wohnungsmarkt 1989-1995 boomte, obwohl die Konjunktur schon 1992
eingebrochen war. Sucht man einen Vergleichsmaßstab, so bietet sich eher der Schiffs-
bauzyklus von Tinbergen an.
25
Hier ist ein Vergleich zulässig, da die Bestandsmärkte
dieses Investitionsgutes ähnlich wie die der Immobilienmärkte reagieren. Der Lebens-
zyklus eines Schweines beträgt von Geburt bis Schlachtung ca. zwei Jahre, der eines
Containerschiffes ca. 30 Jahre. Im Vergleich dazu beträgt der Lebenszyklus eines Büro-
gebäude gemäß der ökonomischen Nutzungsdauer ungefähr 30-40 Jahre.
26
Der Unterschied zwischen Schweine-, Schiffsbau- und Immobilienzyklus liegt nun darin
begründet, dass man in einer Periode grundsätzlich alle Schweine schlachten, und so
den Bestand auf null reduzieren könnte, dies auf den Märkten für Containerschiffe oder
Bürogebäude aber nicht möglich ist. Das den Zyklus entscheidend charakterisierende
Merkmal ist also die Lebensdauer und die Schwankungen im Bestand.
27
20
Dieses Phänomen nennen Pyhrr / Roulac / Born "lead-lag-relationship"; vgl. Pyhrr / Roulac / Born,
Implications, S. 40.
21
Vgl. RICS, Property, S. 9.
22
Der Name beruht auf einer 1926 veröffentlichten Studie des deutschen Nationalökonomen Arthur
Hanau, die die Gesetzmäßigkeit der verzögerten Anpassung des Angebotes von Schweinefleisch (Fer-
kelzeugung bis Schlachtreife) an den Marktpreis beschrieb.
23
Vgl. Jones Lang LaSalle, Anlagemarkt 2000, S. 6.
24
Vgl. Interview vom 05.01.2001 mit Herrn Dr. Becker, AHB AG. Siehe Anhang, S. 91;
Vogel, Grund, S. 36.
25
Vgl. Tinbergen, Schiffsbauzyklus, S. 152-154.
26
Vgl. Isenhöfer / Väth, Lebenszyklus, S. 143.
27
Dies ist die Wirkung eines endogenen Zyklus und wird in Kapitel 3.3 erläutert; vgl. Becker, Bauinvesti-
tionen, S. 50-51.
-8-
2.2 Systematisierung von Immobilienzyklen
Immobilienzyklen sind in Deutschland weitgehend unerforscht. Dies liegt an der Multi-
disziplinarität dieser Thematik und an der Uneinigkeit der Forschung. Viele Wissen-
schaftler und Praktiker vertreten die Ansicht, dass Immobilienzyklen irrelevant oder
vernachlässigbar sein.
28
Ernsthafte Forschung begann in den USA erst Anfang der 80er
Jahre. Doch da es keinen einheitlichen Bezugsrahmen für die Thematik gab, war die
Forschung weit gestreut und lief uneinheitlich in verschiedene Richtungen.
29
Erst 1990
unternahmen Pyhrr und Born einen ersten Systematisierungsversuch, den sie über die
nächsten zehn Jahre erweiterten und vertieften.
30
Seitdem findet eine zunehmende Sy-
stematisierung statt. 1999 erschienen von Pyhrr / Born und Grissom / DeLisle zwei
weitere Studien, die das Themengebiet der Immobilienzyklen neu strukturiert haben.
31
Im gleichen Jahr stellten die auf diesem Gebiet führenden Wissenschaftler fest, dass sich
eine gemeinsame Terminologie, Methodik und Agenda für Forschung im Bereich der
Immobilienzyklen noch nicht herauskristallisiert hat.
32
Im deutschen Raum befasst sich
nach Sichtung der Literatur nur eine volkswirtschaftliche Dissertation wissenschaftlich
mit dem Thema.
33
Die wichtigsten Systematisierungsansätze der USA und der deutsche Ansatz sollen im
folgenden vorgestellt werden. Für den empirischen Teil dieser Arbeit wird der Ansatz
von Becker ausgewählt und bildet somit die Grundlage für das weitere Vorgehen.
34
2.2.1 Ansatz von Pyhrr und Born
Pyhrr und Born unterteilen die vorhandene Literatur anhand von acht verschiedenen
Kriterien:
1) Allgemeines / Theorie / Methodik,
2) Wirtschaftszyklen: nationale bzw. regionale Ebene,
3) Wirtschaftszyklen: Stadt- bzw. Stadtteil-Ebene,
28
So zählen Pyhrr / Roulac / Born eine Liste von 16 Gründen für die Irrelevanz von Immobilienzyklen
auf; vgl. Pyhrr / Roulac / Born, Implications, S. 11.
29
Vgl. Mueller / Pyhrr / Born, Introduction, S. 3.
30
Vgl. Pyhrr / Born / Webb, Investment Strategy, S. 39.
31
Vgl. Pyhrr / Born, Knowledge, S. 5f; Grissom / DeLisle, Index Analysis, S. 100.
32
Vgl. Mueller / Pyhrr / Born, Introduction, S. 3.
33
Vgl. Becker, Bauinvestitionen, S. 6-8.
34
Dies liegt darin begründet, dass sich in der US-Literatur praktische Forschungsansätze mit dem Thema
befassen, bei denen nicht feststellbar ist, wie sie auf die deutschen Immobilienmärkte anwendbar sind.
-9-
4) Politische, soziale, kulturelle und verhaltensbezogene Zyklen,
5) Physische Marktzyklen,
6) Finanzmarktzyklen,
7) Spezifische Investitionsvariablen: Projekt oder Portfolio,
8) Internationale Immobilienzyklen.
35
Diese Kategorien werden weiter unterteilt, so dass die Autoren auf insgesamt 64 ver-
schiedenen Zuordnungen kommen. In einer gröberen Unterteilung beschränken sich die
Autoren auf drei Kategorien: makroökonomische Immobilienzyklen, mikroökonomische
Immobilienzyklen und ,,Praktiker"-Zyklen.
36
Alle Subkategorien des oben genannten
Klassifikationssystems können in diese drei Bereiche eingeteilt werden.
37
2.2.2 Ansatz von Grissom und DeLisle
Dagegen bilden Grissom und DeLisle Kategorien anhand von Variablen, die Einfluss
auf die Immobilienzyklen nehmen könnten. Fünf Kriterien werden unterschieden:
1) Makroökonomische Perspektive,
2) Kapitalmärkte,
3) Investitionsvariablen,
4) Einkommensteuerangelegenheiten und Kapitalgewinne,
5) Strukturwandel.
38
Grissom und DeLisle betonen dabei, dass die Vielzahl der Ansätze und die unterschied-
lichen Ergebnisse in der Forschung über Immobilienzyklen Zeugnis der hohen Komple-
xität und der Mangel an konsistenten Datensätzen für die Messung der Immobilienper-
formance seien.
39
2.2.3 Ansatz von Becker
Becker beschränkt sich in seiner Studie über gewerblich-industrielle Bauinvestitionen
auf die Abgrenzung funktionaler, respektive sektoraler und regionaler Teilmärkte.
35
Eigene Übersetzung; im Original mit Nennung der Subkategorien vgl. Anhang, Tabelle 1, S. 68; Pyhrr /
Born, Knowledge, S. 10-11.
36
Unter Praktiker-Zyklen verstehen die Autoren Literatur, die z.B. von Beratungen oder Pensionsfonds
schon früh entwickelt wurde. Oft spricht sie ,,praktische" Themen wie Portfoliodiversifizierung oder
Identifizierung von unterbewerteten Märkten an; vgl. Pyhrr / Roulac / Born, Implications, S. 24-27.
37
Vgl. Pyhrr / Roulac / Born: Implications, S. 10-12.
38
Eigene Übersetzung; für Original mit Nennung der Variablen vgl. Anhang, Tabelle 2, S. 69; Grissom /
DeLisle, Index Analysis, S. 100; Pyhrr / Born, Knowledge, S. 5; Interview vom 08.01.2001 mit Prof.
Dr. Grissom, Georgia State University, Department of Real Estate. Siehe Anhang, S. 95.
39
Vgl. Pyhrr / Born, Knowledge, S. 5.
-10-
Sektoral werden Bauinvestitionen ohne Differenzierung nach ihrer produktionstechni-
schen Ausrichtung gemäß den Wirtschaftssektoren unterteilt. Die Funktionalität stellt
eine Verfeinerung dieses Konzeptes dar, indem die Bauinvestitionen nach ihrer Ver-
wendung in den verschiedenen Produktionsprozessen und stufen unterteilt werden. So
lassen sich anhand der Bauinvestitionen nach dem funktionalen Kriterium z.B. Lager-,
Büro-, Verwaltungs-, Anstalts- und Betriebsgebäude voneinander abgrenzen.
40
Ebenfalls kann nach Becker eine regionale Einteilung vorgenommen werden, also etwa
vergleichbar den ,,Wirtschaftszyklen" bei Pyhrr und Born. Becker betont, dass eine
Klassifikation anhand einer Kombination funktionaler und regionaler Aspekte möglich
sei, so z.B. auf funktionaler Ebene eine Betrachtung des Büromarktes, die sich regional
bspw. auf Frankfurt bezieht.
41
2.3 Bedeutung von Immobilienzyklen für die Lehre der Immobilienökonomie
An der interdisziplinären Schnittstelle der Immobilienökonomie zur Volkswirtschafts-
lehre haben Immobilienzyklen eine zentrale Bedeutung für die Lehre der Immobilien-
ökonomie. Ihre Wichtigkeit wird deutlich, wenn diese Schnittstellen anhand des ,,Hau-
ses der Immobilienökonomie" abgearbeitet werden.
42
Es bietet sich ein Fokus auf die Management-Aspekte an, da hier die Entscheidungsträ-
ger aktiv Handlungsalternativen bezüglich Immobilienzyklen vornehmen können.
Die strategiebezogenen Aspekte Portfoliomanagement, Corporate Real Estate Manage-
ment (CREM) und Public Real Estate Management (PREM) stehen in enger Verbin-
dung zu Immobilienzyklen. Während beim Immobilien-Portfoliomanagement das Ziel
besteht, durch ,,systematische Planung, Steuerung und Kontrolle eines Bestandes von
Grundstücken und Gebäuden [...] Erfolgspotentiale aufzubauen", wird unter CREM und
PREM eine Führungskonzeption verstanden, die ,,einen Beitrag zur nachhaltigen Wett-
bewerbsfähigkeit der Unternehmung leisten will".
43
40
Vgl. Becker, Bauinvestitionen, S. 145.
41
Vgl. Interview vom 05.01.2001 mit Herrn Dr. Becker, AHB AG. Siehe Anhang, S. 91.
42
Vgl. Anhang, Abb. 2, S. 49.
43
Vgl. Schulte, IMMOBILIENAKADEMIE, S. 44.
-11-
Für alle drei Aspekte spielen Immobilienzyklen eine entscheidende Rolle. So ist z.B. das
Timing von Kauf und Verkauf im Zyklus sehr wichtig, da dieses einen enormen Ein-
fluss auf die Rendite hat. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Ein Portfo-
liomanager eines offenen Immobilienfonds verwaltet ein Appartementkomplex mit
jährlich erneuer- und verhandelbaren Mietverträgen. Es ist ein Verkauf nach Ablauf des
zehnten Jahres geplant. Der Portfoliomanager geht von Mieteinnahmen aus, die mit der
Inflation jährlich um ca. 2% ansteigen. In einem einfachen Modellbeispiel ohne Steuern
führt dies zu einer Rendite von 8,7%.
44
Wenn sich der Markt aber nicht linear, sondern
zyklisch entwickelt, wird sich die Rendite, je nach Form des zugrundegelegten Zyklus,
erheblich ändern. Im Modell wurden drei verschiedene Zyklenszenarien zugrundegelegt.
Es traten Renditeveränderungen auf, die im schlechtesten Fall 6,6%, im besten Fall
9,4% betrugen.
45
Dieses Beispiel zeigt, welchen Einfluss Immobilienzyklen auf die
Performance von Gebäuden haben können und weshalb sie berücksichtigt werden müs-
sen.
Dies trifft ebenso auf die funktionsspezifischen Aspekte zu, da bspw. die Angebots- und
Nachfragesituation eines Immobilienteilmarktes von Immobilienzyklen beeinflusst
wird.
46
In der Bewertung von Immobilien ist z.B. zu bedenken, dass schon eine minima-
le Veränderung des Vervielfältigers große Auswirkungen bei der Wertermittlung hat.
Dieser Vervielfältiger unterliegt ebenfalls zyklischen Einflüssen.
47
Ebenso ist die Im-
mobilienfinanzierung von Marktzyklen abhängig, da z.B. Kredite auf Grundlage von
Sicherheiten im Immobilienbestand vergeben werden. Wenn diese Sicherheiten aller-
dings wie in Japan über einen sehr kurzen Zeitraum bis zu 80% an Wert verlieren und
die Kredite platzen, dann steht das Kreditwesen selbst vor dem Bankrott.
48
Ähnlich
verhält es sich auch mit der Immobilieninvestition, die die direkte Kehrseite der Immo-
bilienfinanzierung darstellt und deshalb ebenso abhängig vom Zyklus ist. Das Immo-
bilienmarketing schließlich unterliegt auch zyklischen Schwankungen. So können bspw.
44
Vgl. Anhang, Tabelle 3, S. 68; Abbildung 9, S. 53.
45
Vgl. Anhang, Tabelle 3, S. 68; Abbildung 9, S. 53; Pyhrr / Born / Webb bestätigen dieses Ergebnis und
die Wichtigkeit des ,,Timing". Vgl. Pyhrr / Born / Webb, Investment Strategy, S. 189.
46
Vgl. Anhang, Abb. 8, S. 52.
47
Vgl. Björklund / Söderberg, Bubbles, S. 153.
48
Vgl. Magnier, Japan, S. 39.
-12-
Hochpreis- oder Niedrigpreisstrategien nur erfolgreich durchgesetzt werden, wenn die
Marktlage auch dazu geeignet ist.
49
Es lässt sich festhalten, dass Immobilienzyklen für das Haus der Immobilienökonomie
deshalb eine entscheidende Rolle spielen, da dieses eine Abbildung der immobilienwirt-
schaftlichen Realität darstellt, die interdisziplinär ebenfalls die Volkswirtschaftslehre
einbindet und von ihr und somit von Immobilienzyklen beeinflusst wird.
2.4 Methodische Analyseprobleme in Deutschland
2.4.1 Verwendung angloamerikanischer Modelle für Deutschland
Die Problematik der vorliegenden Arbeit besteht u.a. darin, dass die große Mehrheit der
Konzepte für Immobilienzyklen und die vorgeschlagenen Lösungen aus dem angloame-
rikanischen Raum kommen. Dieser Sachverhalt macht es zwingend notwendig, Immobi-
lienzyklen anhand angloamerikanischer Literatur theoretisch aufzuarbeiten, um die
gewonnenen theoretischen und konzeptionellen Einsichten dann auf die deutschen Im-
mobilienteilmärkte anzuwenden.
Hier ist die Gefahr von unzulässigen Verallgemeinerungen gegeben. Denn was z.B. für
Büromärkte in den USA gilt, muss nicht unbedingt für den Büromarkt in Frankfurt
gelten. Eine Reaktion einer Variablen auf einem Teilmarkt kann folglich international,
national oder sogar regional andere Konsequenzen haben. Deshalb wird in der empiri-
schen Analyse so vorgegangen, dass Mechanismen, die sich z.B. für die USA als kon-
stant herausgestellt haben, nicht einfach übernommen, sondern, soweit es die Datenlage
zulässt, anhand eigener Analyse überprüft werden, ob diese für deutsche Immobilien-
teilmärkte Gültigkeit besitzen.
Die zu diesem Thema befragten Experten kommen zu einem ähnlichen Schluss. Von
allen wird die Meinung vertreten, dass kein Einwand gegen eine Übernahme angloame-
rikanischer Modelle nach den entsprechenden Adjustierungen erhoben wird.
50
So vertritt
bspw. Grissom die Ansicht, dass die Modelle bis auf einige institutionelle Differenzen
49
Zu Preisstrategien auf Immobilienmärkten vgl. Bobber / Brade, Immobilienmarketing, S. 635.
50
Vgl. Interview vom 18.12.2000 mit Prof. Dr. Born, School of Business Eastern Illinois University.
Siehe Anhang S. 77; Interview vom 19.12.2000 mit Herrn Scheunemann, Jones Lang LaSalle GmbH.
-13-
nicht unterschiedlich seien, besonders, wenn man die zunehmende Globalisierung und
das Zusammenwachsen Europas in Betracht zieht. Entscheidend sei, dass die Institutio-
nen ,,Eigentum" und ,,Grundbesitz" die gleichen seien. Als Vorgehen, so Grissom, bietet
es sich an, die Ergebnisse amerikanischer Zyklenforschung in Deutschland anhand von
langen Datenzeitreihen zu überprüfen, indem man diese auf Signifikanz untersucht. So
hat Grissom selbst für die USA festgestellt, dass Steuerpolitik nur in der Reagan-
Administration eine Rolle spielte und ansonsten nicht mit einer Veränderung der immo-
bilienbezogenen Renditen oder Mietpreisen korrelierte.
51
2.4.2 Datenlage in Deutschland
Ein wesentlicher Grund, der die Analyse von Immobilienzyklen auf den Immobilien-
teilmärkten in Deutschland erschwert und die Anwendung von angloamerikanischen
oder deutschen Modellen vor teilweise unlösbare Probleme stellt, ist die unbefriedigen-
de Datenlage in Deutschland, die sich wie folgt beschreiben lässt:
52
Im Vergleich zu den USA sind konsistente Datenzeitreihen in Deutschland durch die
außergewöhnlichen Ereignisse zweier Weltkriege, der Deutschen Wiedervereinigung
und den Umstellungen zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrech-
nungen (ESVG 1995) oft nicht vorhanden. Hier liegen bisher lediglich Zeitreihen ab
1991 vor, was für eine Analyse struktureller Entwicklungen nicht ausreichend ist.
53
Selbst Unternehmen wie Jones Lang LaSalle können auf konsistente, immobilienbezo-
gene Zeitreihen von höchstens 20 Jahren zurückgreifen.
54
Es darf nicht verwirren, dass es für Büromärkte wie Frankfurt oder München immobili-
enbezogene Daten gibt. Betrachtet man die Gesamtgröße des deutschen Büromarktes
von ca. 305 Mio. qm, dann sind hierfür, sieht man einmal vom Wohnimmobilien ab, im
Vergleich zu anderen Immobilienarten noch die meisten Daten vorhanden. Trotzdem
haben die acht größten Büromärkte mit ca. 67 Mio. qm Bürofläche nur einen Anteil von
Siehe Anhang, S. 83; Interview vom 08.01.2001 mit Prof. Dr. Grissom, Georgia State University, De-
partment of Real Estate. Siehe Anhang, S. 97.
51
Vgl. Interview vom 08.01.2001 mit Prof. Dr. Grissom, Georgia State University, Department of Real
Estate. Siehe Anhang, S. 97.
52
Vgl. Anhang, Abb. 38, S. 67.
53
Vgl. Partisch, Industriekonjunktur, S. 6.
-14-
ca. 22% am Gesamtmarkt.
55
Auch sind z.B. analysetaugliche Daten für eine Mittelstadt
wie Münster nicht oder nur in unzureichender Quantität und Qualität beschaffbar.
56
Der o.g. Umstand des Mangels an konsistenten, langen Zeitreihen ist ein Umstand, der
nicht geändert werden kann. Andere Probleme dagegen könnten behoben werden.
Immobilienbezogenes Datenmaterial ist in Deutschland schlecht zugänglich. Nur offene
Immobilienfonds sind gesetzlich gezwungen, Verkehrswerte ihres Immobilienbestandes,
Bewirtschaftungskosten oder Mieteinnahmen offen zu legen. Doch dies geschieht meist
nur in hochaggregierter Form.
57
Die Deutsche Immobilien Datenbank (DID) hat sich mit
der Gründung des Deutschen Immobilien Index (DIX) dieses Problems angenommen.
58
Der DIX ist ein Bestandsperformanceindex, der den Effekt aus der Wertänderungsren-
dite und der Netto-Cash-Flow-Rendite misst, deren Kombination den Total Return er-
gibt.
59
Er entspricht also der ,,rate of all-property total return", den die Zyklus-Definition
der RICS als zentrale Maßgröße definiert.
60
Der DIX löst das Problem des immobilienbezogenen Datenmangels und der Datenin-
konsistenz und ermöglicht zusätzlich, Rendite und Risiko unterschiedlicher Anlagefor-
men wie Aktien, Renten oder Immobilien national sowie international zu vergleichen.
Auch kann er als Immobilienperformanceindex zum Benchmarking eingesetzt werden
und vergrößert die Markttransparenz, was die Liquidität des deutschen Immobilien-
marktes langfristig weiter erhöhen wird.
61
Mittlerweile partizipieren 19 Großinvestoren,
darunter sämtliche Offene Publikums-Immobilienfonds, mit einem Immobilienbestand
mit einem Verkehrswert von ca. 55 Mrd. DM. Für 2001 wird eine Summe von 65 Mrd.
DM erwartet, so dass man mittlerweile von einer allgemeinen Akzeptanz des DIX aus-
gehen kann.
62
Die Kritik, mit der der Index zu kämpfen hat, ist die Frage nach der Un-
54
Vgl. Interview vom 19.12.2000 mit Herrn Scheunemann, Jones Lang LaSalle GmbH.
Siehe Anhang, S. 84.
55
Vgl. Schulze, gif-Büromarkterhebung, S. 35.
56
Vgl. Interview vom 19.12.2000 mit Herrn Scheunemann, Jones Lang LaSalle GmbH.
Siehe Anhang, S. 86.
57
Vgl. Thomas, Performanceindex, S. 247.
58
Vgl. Thomas, Index, S. 49.
59
Vgl. Schulze, DIX-ieland Teil 1, S. 20.
60
Vgl. RICS, Property, S. 9.
61
Vgl. Schulte, Immobilien-Index, S. 14.
62
Vgl. Leykam, Immobilien Index, S. 5.
-15-
abhängigkeit, da die offenen Immobilienfonds als Datenlieferanten gleichzeitig Bezieher
der von der DID gelieferten Analysen sind.
63
Ein weiteres Problem liegt in der ungenügenden Differenzierung des bestehenden, im-
mobilienbezogenen Datenmaterials. Auch dieser Missstand könnte behoben werden. In
einer Expertenanhörung der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.
wurden in Diskussion mit dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes Hahlen Vor-
schläge erarbeitet, wie die immobilienwirtschaftliche Statistik verbessert werden könn-
te.
64
Es wurden u.a. eine Differenzierung der Bautätigkeitsstatistik, der Beschäftigtensta-
tistik, der Bürobeschäftigten und des Bürobestandes gefordert. So tritt z.B. Bulwien
dafür ein, die Datenbasis so zu differenzieren, dass Baugenehmigungen als Einzelinfor-
mation erhältlich werden und die Vermietungssituation noch stärker betrachtet wird.
65
Scheunemann hingegen fordert eine genaue Abgrenzung des Begriffes ,,Bürohaus", eine
einheitliche Statistik der Bürobeschäftigten und z.B. auch eine weitere Differenzierung
dieser Gruppe für die deutschen Großstädte auf Bezirksebene.
66
Es bleibt abzuwarten,
inwieweit eine Umsetzung der Forderungen Gehör findet.
Als letztes Problem soll die Dateninkonsistenz behandelt werden, die komplette Daten-
sätze unbrauchbar und damit für eine Analyse ungeeignet macht. Um Zyklen auf Immo-
bilienmärkten zu erforschen, ist es notwendig, dass anhand der gleichen Basis argumen-
tiert wird. Immer noch ist nicht eindeutig, wie Quadratmeterzahlen gemessen werden,
wenn von ,,Neuvermietungen" gesprochen wird. So ergeben sich, je nach Definition,
Unterschiede von bis zu 20%.
67
Aber auch hier sind Lösungen angestrebt, z.B. in Form
von Richtlinien der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V., die so
zu einer höheren Einheitlichkeit und Datenkonsistenz beitragen will. Viele Experten aus
der Praxis gehören bereits ihren Arbeitskreisen an, und Unternehmen unterstützen diese
Institution, trotzdem haben sich die Richtlinien am Markt erst teilweise durchgesetzt.
68
63
Vgl. O.V.: Deutscher Immobilienindex, S. 14.
64
Expertenanhörung der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V., Frankfurt,
07.11.2000.
65
Vgl. Interview vom 04.01.2001 mit Herrn Bulwien, Bulwien AG. Siehe Anhang, S. 88.
66
Vgl. Interview vom 19.12.2000 mit Herrn Scheunemann, Jones Lang LaSalle GmbH.
Siehe Anhang, S. 85.
67
Vgl. Schulte, Flächen-Wirrwarr, S. 37.
68
Vgl. Unterreiner, Leerstand, S. 34.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2001
- ISBN (eBook)
- 9783832452278
- ISBN (Paperback)
- 9783838652276
- DOI
- 10.3239/9783832452278
- Dateigröße
- 989 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- European Business School - Internationale Universität Schloß Reichartshausen Oestrich-Winkel – Betriebswirtschaftslehre
- Erscheinungsdatum
- 2002 (März)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- bauwirtschaft zyklus konjunktur strategie
- Produktsicherheit
- Diplom.de