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Softwaretechnologien zur Unterstützung des Knowledge-Managements

©2000 Diplomarbeit 97 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wissen hat sich heute zum entscheidenden Produktionsfaktor entwickelt. Während in der Agrargesellschaft bis in das 19. Jahrhundert hinein noch die Produktionsfaktoren Arbeit und Boden für die Erzielung eines möglichst hohen Outputs verantwortlich waren, wurde die industrielle Gesellschaft durch den Einfluss des Faktors Kapital geprägt. In der heutigen Wissensgesellschaft können Wettbewerbsvorteile in Unternehmen nur noch über ein ausgeprägtes Management der Ressource Wissen erzielt werden.
Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen fragen, wie sich die veränderte Bedeutung von Wissen auf seine eigene Wettbewerbssituation auswirkt. In der heutigen Wissensgesellschaft müssen Unternehmen mit der explosionsartigen Vermehrung von Wissen zurechtkommen, denn quantitativ betrachtet verdoppelt sich das weltweite Volumen an verfügbaren Informationsmedien inzwischen alle fünf Jahre. Darüber hinaus darf die stark verkürzte Wissenshalbwertszeit und die mit der Globalisierung der Wirtschaft einhergehende Globalisierung von Wissen nicht außer acht gelassen werden.
Wissen ist die einzige Ressource, die sich durch Gebrauch vermehrt. Ein Grund dafür ist der, dass die Mitarbeiter die hauptsächlichen Träger des so wertvollen Guts Wissen sind. Inzwischen basieren 60 bis 80% der Gesamtwertschöpfung eines Unternehmens auf dem Produktionsfaktor Wissen. Trotzdem beschäftigen sich bis jetzt nur sehr wenige Unternehmen intensiv mit dem Thema Wissensmanagement. Eine zentrale Problematik in diesem Zusammenhang wird durch folgenden Satz widergespiegelt: „Wissen ist Macht“. Dieser von dem englischen Philosophen und Staatsmann Sir Francis Bacon (1561-1626) vor 400 Jahren geprägte Spruch ist in vielen Organisationen und Unternehmen noch immer die Richtschnur, die den täglichen Wettbewerb unter Mitarbeitern und Abteilungen bestimmt.
Das Wissen um Produkte, Prozesse, Strukturen und Märkte ist der alles entscheidende Wettbewerbsfaktor – und dieser ist an Personen gebunden. Die größte unternehmerische Herausforderung der nächsten Jahre liegt daher in der Ausschöpfung dieser strategischen Ressource – im sogenannten Wissensmanagement. Oberstes Ziel des Wissensmanagements ist es, durch einen besseren Umgang mit der Ressource Wissen die organisatorischen Fähigkeiten auf allen Ebenen (Individuum, Gruppe, Abteilung, Organisation) zu verbessern und damit die Unternehmung als ganzes handlungsfähiger, innovativer und auch effizienter zu machen. Hierzu ist es […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehensweise

2. Definition und Abgrenzung von Wissen
2.1 Arten des Wissens
2.1.1 Explizites versus Implizites Wissen
2.1.2 Formen der Wissensumwandlung und –übertragung

3. Definition von Wissensmanagement
3.1 Wissensmanagementkonzepte
3.1.1 Genova-Knowledge-Group
3.1.2 Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)

4. Die Rolle des Wissensmanagements in den Unternehmen
4.1 Erwartungen der Unternehmen
4.2 Erfolgspotentiale und Verbesserungen durch Knowledge-Management
4.3 Barrieren

5. Technologien zur Unterstützung des Knowledge-Managements
5.1 Internet – Intranet – Extranet
5.2 Technologien zur Aus- und Weiterbildung
5.2.1 Computergestützte Präsentationshilfen für Vortragende
5.2.2 Computer based training
5.2.3 Telelearning und Web Based Training
5.3 Dokumentenmanagement-Systeme
5.4 Workflowmanagement-Systeme
5.5 Groupware
5.5.1 Electronic Meeting Room
5.5.2 Informationskiosk
5.5.3 Video Conferencing
5.5.4 Desktop Conferencing
5.5.5 E-Mail
5.5.6 Einführung von Groupware und CSCW-Systemen
5.5.7 Lotus Notes
5.6 Data Warehouse
5.6.1 Komponenten eines Data Warehouses
5.6.2 Auswertung und Analyse
5.7 Suchmaschinen – Knowledge Retrieval
5.7.1 Linguistische Textanalyse-Verfahren
5.7.2 Statistische Retrieval-Verfahren
5.7.3 Semantische Verfahren
5.8 Enterprise Information Portal (Unternehmensportale)
5.8.1 Publishing Portals
5.8.2 Collaborative Portals
5.8.3 Decision Portals
5.8.4 Operational Portals

6. Ausgewählte Softwaretechnologien
6.1 Lotus LearningSpace
6.1.1 Zeitplan
6.1.2 MediaCenter
6.1.3 CourseRoom
6.1.4 Profile
6.1.5 Prüfungsmanager
6.1.6 Zugriff auf Lotus LearningSpace
6.1.7 Vorteile von Lotus LearningSpace
6.2 U.S.U.-ValueBase® und U.S.U.-KnowledgeMiner
6.2.1 U.S.U.-ValueBase®
6.2.2 U.S.U.-KnowledgeMiner
6.3 Hyperwave Information Portal
6.3.1 Publizieren im Hyperwave Information Portal
6.3.2 Zugriffsrechte und Dokumentenmanagement-Funktionen
6.3.3 Link-Management
6.3.4 Gezielte Informationsbereitstellung
6.3.5 Groupware-Funktionen
6.3.6 Tracks
6.3.7 Zugriff über Handy
6.4 Lotus Raven
6.4.1 „Personen, Orte und Sachen“
6.4.2 Raven-Architektur

7. Zusammenfassung und Ausblick

8. Abkürzungsverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Wir alle wissen mehr als das, wovon wir wissen, daß wir es wissen“

(Thornton Wilder)

Wissen hat sich heute zum entscheidenden Produktionsfaktor entwickelt. Während in der Agrargesellschaft bis in das 19. Jahrhundert hinein noch die Produktionsfaktoren Arbeit und Boden für die Erzielung eines möglichst hohen Outputs verantwortlich waren, wurde die industrielle Gesellschaft durch den Einfluß des Faktors Kapital geprägt. In der heutigen Wissensgesellschaft können Wettbewerbsvorteile in Unternehmen nur noch über ein ausgeprägtes Management der Ressource Wissen erzielt werden.

Traditionelle Großkonzerne wandeln sich von ehemals sehr hierarchisch geführten Organisationen mit hohen materiellen, bilanzierbaren Vermögenswerten zu dynamischen, virtuellen Organisationen, die zum Teil einen erheblichen Umsatz mit Dienstleistungs- und Beratungsprodukten, also mit immateriellen und wissensintensiven Vermögensanteilen, erwirtschaften. Wie wertvoll Wissen ist, zeigen Vergleiche der Buch- und Marktwerte - bei besonders wissensintensiven und innovativen Unternehmen übersteigen die Marktwerte die Buchwerte häufig um ein Vielfaches. Die Börsenkapitalisierungen von SAP, Netscape oder Yahoo sind hierfür eindrucksvolle Beispiele.

Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen fragen, wie sich die veränderte Bedeutung von Wissen auf ihre eigene Wettbewerbssituation auswirkt. In der heutigen Wissensgesellschaft m-ssen Unternehmen mit der explosionsartigen Vermehrung von Wissen zurechtkommen, denn quantitativ betrachtet verdoppelt sich das weltweite Volumen an verfügbaren Informationsmedien inzwischen alle fünf Jahre.[1] Darüber hinaus darf die stark verk-rzte Wissenshalbwertszeit (bei Fachwissen beträgt die Halbwertszeit gerade noch 5 Jahre[2] ) und die mit der Globalisierung der Wirtschaft einhergehende Globalisierung von Wissen nicht außer acht gelassen werden.

Wissen ist die einzige Ressource, die sich durch Gebrauch vermehrt. Ein Grund dafür ist der, daß die Mitarbeiter die hauptsächlichen Träger des so wertvollen Guts Wissen sind. Inzwischen basieren 60 bis 80% der Gesamtwertschöpfung eines Unternehmens auf dem Produktionsfaktor Wissen.[3] Trotzdem beschäftigen sich bis jetzt nur sehr wenige Unternehmen intensiv mit dem Thema Wissensmanagement. Abgesehen von Unternehmensberatungen, die nicht nur ihr eigenes Wissen verwalten, sondern auch ihre Beratungsleistungen auf diesem Gebiet anbieten, wird derzeit lediglich ein geringer Teil des in Unternehmen vorhandenen Wissens tatsächlich für die Wertschöpfung verwendet. Eine zentrale Problematik in diesem Zusammenhang wird durch folgenden Satz widergespiegelt: „Wissen ist Macht“. Dieser von dem englischen Philosophen und Staatsmann Sir Francis Bacon (1561-1626)[4] vor 400 Jahren geprägte Spruch ist in vielen Organisationen und Unternehmen noch immer die Richtschnur, die den täglichen Wettbewerb unter Mitarbeitern und Abteilungen bestimmt. Unterstützt durch unser derzeitiges Schul- und Bildungssystem hat sich eine Einzelkämpfermentalität herausgebildet, die das individuelle Wissen noch immer als Karriere-Ressource betrachtet und damit den persönlichen Erfolg über den kollektiven Unternehmenserfolg stellt.

Das Wissen um Produkte, Prozesse, Strukturen und Märkte ist der alles entscheidende Wettbewerbsfaktor – und dieser ist an Personen gebunden.[5] Die größte unternehmerische Herausforderung der nächsten Jahre liegt daher in der Ausschöpfung dieser strategischen Ressource – im sogenannten Wissensmanagement.

1.1 Problemstellung

Der Begriff „Wissensmanagement“ ist Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre entstanden und erlangt seither kontinuierlich an Bedeutung. Das Aufkommen von Wissensmanagement ist vor allem das Resultat der Erkenntnis, daß Wissen eine nicht zu vernachlässigende Größe in den Unternehmen darstellt und es zur sinnvollen Nutzung dieser Ressource einiger Veränderungen und Umdenkprozesse bedarf. Zur Zeit finden sich in den einzelnen Unternehmen diesbezüglich noch zahlreiche Problemfelder:

- Teure Eigenentwicklung statt Lizenzierung bestehender Technologien („das Rad neu erfinden“).
- Parallele Projekte zu ähnlicher Problemstellung ohne gegenseitiges Wissen über erreichte Resultate; Projekterfahrungen werden nicht dokumentiert, d.h. es kann vorkommen, daß gleiche Fehler sich innerhalb des Unternehmens wiederholen.
- Informationsüberlastung auf allen Ebenen (Information Overload).
- Interne Wissensträger (Experten/Spezialisten) sind nicht bekannt und werden nicht genutzt.
- Isolierte Wissensinseln: verschiedene Abteilungen tauschen wichtiges Wissen (über Kunden, Märkte etc.) nicht aus.
- Mangelnde Transparenz über externes Wissen (wo sitzen welche Experten, Ansprechpartner etc.).
- Verlust zentraler Wissensträger (Abgang langjähriger Experten ohne Weitergabe deren Wissen).

All diesen Problemfeldern soll ein ganzheitliches Konzept des Wissensmanagements entgegenwirken. Oberstes Ziel des Wissensmanagements ist es, durch einen besseren Umgang mit der Ressource Wissen die organisatorischen Fähigkeiten auf allen Ebenen (Individuum, Gruppe, Abteilung, Organisation) zu verbessern und damit die Unternehmung als ganzes handlungsfähiger, innovativer und auch effizienter zu machen. Hierzu ist es erforderlich, das gemeinsame Wissen eines Unternehmens zu sammeln, koordiniert fortzuentwickeln und weiterzuverbreiten sowie unternehmensweit verfügbar zu halten. Anhand dieser einzelnen Prozesse und Aktivitäten wird ersichtlich, daß es sich hierbei um ein sehr komplexes und aufwendiges Unterfangen handelt. Es ist verständlich, daß ein derartiges Vorhaben ohne den Einsatz dementsprechender Technologien aus Zeit- und Kostenaspekten nicht rentabel sein wird. Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll nun aufgezeigt werden, welche technologischen Möglichkeiten es zur Zeit zur Unterstützung der zentralen Knowledge-Management-Prozesse gibt.

1.2 Vorgehensweise

Nach dieser Einleitung soll im Kapitel 2 abgeklärt werden, was Wissen eigentlich ist und welche unterschiedlichen Arten von Wissen es gibt.

In Kapitel 3 wird Wissensmanagement anhand der detaillierteren Darstellung zweier ausgewählter Wissensmanagementkonzepte definiert.

Kapitel 4 schildert die derzeitige Situation bezüglich der Thematik Wissensmanagement innerhalb der Unternehmen. Dabei wird auf die Erwartungen der Unternehmen, auf bereits erzielte Verbesserungen, aber auch auf in Unternehmen vorhandene Barrieren eingegangen.

Kapitel 5 gibt einen Überblick über die zur Zeit wesentlichsten Technologien zur Unterstützung von Knowledge-Management im Unternehmen.

In Kapitel 6 werden dann vier ausgewählte Software-Technologien des Knowledge-Managements herausgegriffen und detaillierter beschrieben.

2. Definition und Abgrenzung von Wissen

„Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfaßt sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden. Es wird von Individuen konstruiert und repräsentiert deren Erwartungen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. “[6]

Um Wissen effizient managen zu können, muß man sich zu allererst bewußt machen, welche Elemente das Wissen eines Unternehmens tatsächlich ausmachen. Sehr häufig wird „Wissen“ inhaltlich mit „Information“ und „Wissensmanagement“ mit „Informationsmanagement“ gleichgesetzt. Da es aus diesem Grund sehr häufig zu Mißverständnissen bei der Diskussion dieser Themen kommt, erscheint es sinnvoll, die Abgrenzung zwischen Daten, Information und Wissen darzustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Abgrenzung Zeichen, Daten, Information, Wissen[7]

Anhand dieser Abbildung kann man die Beziehungen zwischen den einzelnen Ebenen erkennen. Zeichen werden durch Syntaxregeln[8] zu Daten, welche in einem gewissen Kontext interpretierbar sind und damit für den Empfänger Information darstellen. Daten sind somit nicht interpretierte Zeichen und Symbole, die keine immanente Bedeutung haben. Informationen stellen hingegen Daten dar, die durch die Interpretation der Zeichen mit einer Bedeutung versehen sind. Durch Vernetzung dieser Informationen können Schlußfolgerungen gezogen werden und sich eigene Aktivitäten anschließen. Wissen umfaßt also Erfahrungen, Einsichten in Zusammenhänge und Vorgehensweisen einer Person.[9] Auch Nonaka und Takeuchi betonen den Zusammenhang von Wissen und Handlungsfähigkeit: „...knowledge is essentially related to human action...“[10].

Für ein erfolgreiches Wissensmanagement ist es einerseits erforderlich, daß verantwortliche Führungskräfte zwischen Daten, Informationen und Wissen zu unterscheiden lernen, andererseits aber auch in der Lage sind, deren Zusammenhänge zu erkennen. Statt einer strikten Trennung zwischen den einzelnen Ebenen erscheint es sinnvoller, sich im Rahmen einer integrierten Betrachtungsweise ein Kontinuum zwischen den Polen Daten und Wissen vorzustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kontinuum von Daten und Information zu Wissen[11]

Isolierte Zeichen (Daten) verdichten sich zu kognitiven Handlungsmustern (Wissen). Dieses Wissen wird langsam erworben und setzt sich aus Zusammenfügen und Interpretieren einer Vielzahl von Informationen über einen längeren Zeitraum zusammen. Dieser Entwicklungsprozeß wird durch dieses Kontinuum (siehe Abb. 2) veranschaulicht. In einem Unternehmen vollzieht sich diese Transformation durch die Einordnung zahlreicher Daten in den Kontext der Geschäftsaktivitäten. Erst durch eine derartige Aufbereitung der Daten entsteht für das Unternehmen ein gewisser Wert.

2.1 Arten des Wissens

2.1.1 Explizites versus Implizites Wissen

Der Umgang mit Wissen wird dadurch erschwert, daß es verschiedene Arten von Wissen gibt. Vor allem die Möglichkeiten der Zugängigkeit und der Technologieunterst-tzung sind davon abhängig, um welches Wissen es sich handelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Formen der Wissensumwandlung und –übertragung[12]

Die Schwierigkeiten, die sich dadurch ergeben, sollen anhand des Modells von Nonaka und Takeuchi näher veranschaulicht werden. Bei der wissenschaftlichen Abgrenzung wird zwischen implizitem (tazitem) und explizitem Wissen unterschieden. Explizites Wissen ist in formaler Sprache artikulierbar und beschreibbar. Darüber hinaus ist es prinzipiell allgemein verfügbar und zeitlich stabil. Es ist standardisiert und in Prozessen, in Bibliotheken, in Datenbanken, im Internet oder als E-Mail dokumentiert. Implizites Wissen setzt sich aus jenen Fähigkeiten und Kompetenzen zusammen, die jemand in der Handhabung seiner Aufgaben ausübt, ohne daß dieses subjektive Können vollständig beschrieben ist. Auch jene mentalen Modelle, die unser Bild der Realität bestimmen, bilden einen Teil des impliziten Wissens. Im Gegensatz zu explizitem Wissen ist implizites Wissen nur sehr schwer in formaler Sprache ausdrückbar – es befindet sich in den Köpfen der Mitarbeiter.[13]

2.1.2 Formen der Wissensumwandlung und –übertragung

Sozialisation bezeichnet den Austausch von implizitem Wissen zwischen Individuen, um persönliches Wissen und Erfahrungen zu teilen. Durch gemeinsames Erleben entsteht neues implizites, mit anderen geteiltes Wissen, wie beispielsweise Wertvorstellungen oder technische Fertigkeiten. Der Prozeß der Externalisierung ist insofern problematisch, als hier implizites in explizites Wissen transformiert wird. Man bedient sich hier Methoden, wie Symbolen, Metaphern, Analogien, Erzählungen und Visualisierungshilfsmitteln (z. B. Modellen, Diagrammen oder Prototypen). Wichtig ist insbesondere auch eine konstruktive Diskussion in der Gruppe, um zu kreativen Schlußfolgerungen gelangen zu können. Die Externalisierung spielt besonders im Rahmen der Wissensentwicklung eine Schlüsselrolle, da neue explizite Konzepte aus implizitem Wissen geschaffen werden. Die Umwandlung von explizitem zu komplexerem und systematisierterem expliziten Wissen stellt die Phase Kombination (Vernetzung) dar. Sie dient dazu, verschiedene Bereiche des expliziten Wissens miteinander zu verbinden und organisationsweit zur Verfügung zu stellen. Die Systematisierung und Weiterveredelung steigert den Gebrauchswert des vorliegenden Wissens und dessen Transferierbarkeit auf alle Organisationseinheiten. Internalisierung ist die Verankerung expliziten Wissens in der impliziten Wissensbasis des einzelnen Individuums. Dies erfordert vom Individuum, für sich selbst relevantes Wissen innerhalb des organisationalen Wissens zu erkennen. Kontinuierliches Lernen und das Sammeln von eigenen Erfahrungen durch „learning-by-doing“ unterst-tzen Mitarbeiter bei diesen Internalisierungsprozessen. Auf diese Weise können sowohl Fähigkeiten und Fertigkeiten („Know-How“) als auch Unternehmensvisionen und Leitlinien als eigene Wertvorstellungen verinnerlicht werden. Dieses implizite Wissen und die gewonnenen Erfahrungen auf Individual-Ebene können dann wiederum in Sozialisierungsprozessen zwischen Individuen geteilt werden, d. h. die sogenannte Wissensspirale läßt sich erneut in Gang setzen.[14] Bei der Auswahl adäquater Technologien ist dementsprechend darauf zu achten, um welche Art des Wissens und um welchen zu unterst-tzenden Prozeß es sich handelt.

3. Definition von Wissensmanagement

Vergleicht man das Verständnis des Begriffs Wissensmanagement in der Literatur und anderen Publikationen, kann man erkennen, daß es bisher keinen allgemeinen Konsens über seine exakte inhaltliche Bedeutung gibt. Es gibt weder eine einheitliche Definition noch ein einheitliches Konzept für Wissensmanagement.

3.1 Wissensmanagementkonzepte

Um dennoch einen Einblick in dieses komplexe Gebiet zu vermitteln, werden im folgenden zur Verdeutlichung zwei der bekanntesten Konzepte des Wissensmanagements herausgegriffen und näher erläutert.

3.1.1 Genova-Knowledge-Group

Die Genova-Knowledge-Group ist am Lehrstuhl für Management und Organisation unter dem Vorstand von Gilbert Probst an der Universität Genf angesiedelt. Nach diesem Konzept werden zwei Kreisläufe des Wissensmanagements unterschieden:

1. auf der operativen Ebene ein innerer Kreislauf, bestehend aus sechs Bausteinen, die miteinander vernetzt sind und die Kernprozesse des Wissensmanagements bilden;
2. auf der strategischen Ebene ein äußerer Kreislauf, bestehend aus den beiden pragmatischen Bausteinen Wissensziele und Wissensbewertung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Bausteine des Wissensmanagements[16]

Zur Ermittlung der sechs Bausteine der operativen Ebene arbeiteten Probst und sein Forschungsteam über zwei Jahre intensiv mit Führungskräften verschiedener Branchen zusammen, um jene praktischen Probleme, die im Zusammenhang mit der strategischen Ressource Wissen auftreten, zu identifizieren. Die in den Unternehmen vorgefundenen Problemstellungen wurden abschließend zu größeren Problemkategorien – den Kernprozessen – zusammengefaßt. Diese Kernprozesse weisen untereinander starke Interdependenzen auf, deshalb kann nur eine gemeinsame Optimierung dieser Prozesse wirklich erfolgreich sein. Im Anschluß sollen die einzelnen Kernprozesse näher dargestellt werden[17]:

- Wissensidentifikation: Gegenstand der Wissensidentifikation ist die Analyse und Aufstellung der externen und internen Daten, der Informationen und des Wissens im und um das Unternehmen. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist die Schaffung eines ausreichenden Maßes an Transparenz im Unternehmen und die Unterstützung der Mitarbeiter bei ihren Suchaktivitäten.

- Wissenserwerb: Unter Wissenserwerb versteht man den Erwerb von Wissen externer Wissensträger und den Erwerb von Wissensprodukten. Vor allem auch in den Beziehungen zu Kunden und Lieferanten, zu Konkurrenten sowie zu Partnern in Kooperationen bestehen erhebliche Potentiale des Wissenserwerbs.

- Wissensentwicklung: Wissensentwicklung ergänzt den Wissenserwerb und nimmt eine zentrale Bedeutung im Wissensmanagement ein. Im Mittelpunkt dieses Bausteines steht die Entwicklung neuer Fähigkeiten, neuer Produkte und Dienstleistungen, besserer Ideen und leistungsfähigerer Prozesse. Nicht nur in den Bereichen Forschung & Entwicklung oder Marktforschung, auch in allen anderen Bereichen einer Unternehmung können und sollen neues Wissen und neue Fähigkeiten kreiert werden.

- Wissens(ver-)teilung: Wissensverteilung ist die Voraussetzung für Wissensnutzung. Dieser Baustein enthält alle Methoden, die sowohl die Verteilung als auch die Teilung des Wissens fördern, ohne die Wirtschaftlichkeit außer acht zu lassen. Man sollte sich immer die Frage stellen: Wer sollte was in welchem Umfang wissen oder können und wie können diese Prozesse der Verbreitung bereits vorhandenen Wissens innerhalb des Unternehmens unterstützt werden.

- Wissensnutzung: Wissensnutzung bedeutet den konkreten produktiven Einsatz des Unternehmenswissens zum Nutzen des Unternehmens. Diese Nutzungsorientierung steht im Vordergrund des Wissensmanagements: „Wissen nutzen" ist nicht gleichbedeutend mit „Wissen besitzen". Nach erfolgter Identifikation und (Ver-)teilung zentraler Wissensbestandteile ist deren Nutzung im Unternehmensalltag nämlich noch lange nicht sichergestellt. Sehr häufig stehen dieser Nutzung unternehmensinterne Barrieren (Siehe Kapitel 4.3) entgegen.

- Wissensbewahrung: Zur Wissensbewahrung gehören die Auswahl, die Speicherung und die regelmäßige Aktualisierung des Wissens, der Erfahrungen und Informationen. Vor allem im Rahmen von Reorganisations- oder Umstrukturierungsmaßnahmen muß dem drohenden Wissensverlust entgegengewirkt werden. In den letzten Jahren haben Unternehmen der verschiedensten Branchen verstärkt Restrukturierungen vorgenommen: sie reichen von Fusionen und Akquisitionen bis Outsourcing und Downsizing.[18] In jedem Fall ist die organisationale Wissensbasis davon betroffen und es m-ssen die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden – sei es dem Wissensverlust vorzubeugen oder die aufeinander treffenden Wissensbasen der fusionierten Unternehmen zu homogenisieren.

Die einzelnen Kernprozesse eignen sich in unterschiedlichem Umfang für die Unterstützung durch vorhandene Technologien. Eine zentrale Rolle spielen Technologien aber vor allem bei der Unterstützung der Prozesse Wissensverteilung, Wissensnutzung und Wissensbewahrung. Darauf wird aber später noch genauer eingegangen.

Um den vollen Nutzen des Konzeptes Wissensmanagement ausschöpfen zu können, m-ssen auch auf der Ebene der Unternehmensstrategie die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dafür werden die zwei Bausteine des äußeren Kreislaufes hinzugefügt.

- Wissensziele: Die Wissensziele verdeutlichen die Wichtigkeit einer strategischen Ausrichtung des Wissensmanagements. Sie bilden außerdem den roten Faden für alle Wissensmanagement-Aktivitäten. Sie legen fest, auf welchen Ebenen welche Fähigkeiten aufgebaut werden sollen. Die Wissensziele lassen sich in drei Ebenen gliedern[19]:

1. Normative Wissensziele richten sich auf die Schaffung einer wissensbewußten Unternehmenskultur.
2. Strategische Wissensziele beschreiben den zuk-nftigen Wissensbedarf des Unternehmens.
3. Operative Wissensziele sorgen für die Umsetzung des Wissensmanagements.

- Wissensbewertung: Prozesse der Wissensbewertung schließen nun diesen Kreislauf des Wissensmanagements. Gemäß der Wissensziele werden die Maßnahmen des Wissensmanagements beurteilt. Die größte Schwierigkeit stellt hierbei die Frage dar, wie Wissen gemessen werden soll – es fehlt derzeit noch an allgemein g-ltigen Bewertungsprinzipien und Meßverfahren.

Das Konzept der Genova Knowledge Group hat sich in der Praxis bewährt. Die Definition von Bausteinen im Wissensmanagement bietet folgende Vorteile:

- Strukturierung in logische Phasen,

- Ansätze für Interventionen,

- ein Raster für die Suche nach den Ursachen von Wissensproblemen.

3.1.2 Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)

Einen etwas anderen Zugang zum Thema Wissensmanagement wählt das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Dieses Konzept unterscheidet drei Dimensionen des Wissensmanagements.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Dimensionen des Wissensmangements nach IAO

Bei der Dimension der Human Resources geht es darum, durch eine entsprechende Unternehmenskultur und materielle bzw. immaterielle Anreize die Mitarbeiter dazu zu veranlassen, ihr Wissen zu (ver-)teilen. Da in der heutigen Zeit nur mehr die innovativsten Unternehmen wirklich erfolgreich sind, rückt der Mitarbeiter immer mehr in den Brennpunkt der Unternehmensentwicklung, denn Innovationen entstehen fast ausschließlich durch das Aufeinandertreffen von Wissen. In der Dimension der Organisation steht neben der Entwicklung von Methoden für Wissenserwerb, -speicherung und -transfer die Prozeßorientierung sowie eine eindeutige Zuordnung von Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen im Mittelpunkt. Die Informations- und Kommunikationstechnologien sind eine weitere ebenso wichtige Dimension flexiblen Wissensmanagements.[20] Auf diesen Bereich wird aber später noch im speziellen eingegangen.

Eines wird jedoch aus allen Konzepten (auch wenn hier nur zwei explizit angeführt wurden) ersichtlich: Für Wissensmanagement sind zahlreiche unterschiedliche Bausteine erforderlich, d.h. es ist als kontinuierlicher Prozeß zu verstehen. Die Einführung von Wissensmanagement ist folglich nicht in wenigen Wochen oder Monaten möglich, sondern nimmt in der Regel mehrere Jahre in Anspruch.

4. Die Rolle des Wissensmanagements in den Unternehmen

Die Schlagworte „Wissensmanagement“ oder auch „Knowledge-Management“ sind zum Teil Begriffe für bereits bestehende und vorhandene Aktivitäten, Prozesse und Technologien. Der hauptsächliche Unterschied besteht darin, daß es bei diesem neuen Konzept des Knowledge-Managments um eine ganzheitliche Sichtweise geht. Welche Erwartungen haben nun die Unternehmen an dieses ganzheitliche Konzept des Knowledge-Managements, welche tatsächlichen Erfolge konnten bislang festgestellt werden und welche Hindernisse und Barrieren stehen diesen Erfolgen entgegen.

4.1 Erwartungen der Unternehmen

Noch immer befassen sich bei weitem nicht alle Unternehmen mit dem Thema Wissensmanagement. In den meisten Unternehmen bleibt ein Großteil des Wissens häufig ungenutzt und es fehlt an Konzepten und Methoden, diese strategische Ressource zu managen. Nach einer Studie des Internationalen Instituts für Lernende Organisation und Innovationen (ILOI) geht der Großteil der Führungskräfte davon aus, daß nicht einmal 40 Prozent des in Unternehmen vorhandenen Wissens genutzt wird.[21] Trotzdem sind sich die meisten Unternehmen durchaus bewußt, daß es eines gezielten Managements des Wissens bedarf.

Welche Erwartungen haben aber nun Unternehmen an die Einführung eines verbesserten Wissensmanagements? Eine Studie des Fraunhofer-IAO und des Manager Magazins hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und dazu 311 Unternehmen der Investitions-, Konsumg-ter- und Dienstleistungsbranche befragt (Siehe Abb. 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Erwartungen an ein verbessertes Wissensmanagement[22]

Die Mehrheit der Unternehmen erwartet sich durch den Einsatz von Wissensmanagement vor allem eine Erhöhung der Produktqualität, der Innovationsfähigkeit sowie eine Verbesserung der Kundennähe. Um derartige Ergebnisse erzielen zu können, ist es erforderlich, die Einführung des Knowledge-Managements strategisch zu planen und dieses Konzept dann auch unternehmensweit, d.h. unter Einbeziehung der relevanten Faktoren „Human Resources“, Technologie und Organisation, einzusetzen. Ein isolierter Einsatz würde niemals die erwünschten Erfolge bringen.

4.2 Erfolgspotentiale und Verbesserungen durch Knowledge-Management

Für Unternehmen, die die Einführung eines Knowledge-Management-Systems in Erwägung ziehen, werden die von anderen Unternehmen bereits tatsächlich erzielten Verbesserungen durch Wissensmanagement von Interesse sein, um sich daran zu orientieren. Zu diesem Thema wurden inzwischen mehrere Studien durchgeführt. Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Berlin hat sich beispielsweise mit den erzielten Erfolgen auseinandergesetzt und Unternehmen zu diesem Thema befragt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Verbesserungen durch Wissensmanagement[23]

(nach einer Studie des Fraunhofer-IPK)

Bei dieser Befragung gaben die Hälfte der Unternehmen an, durch aktives Wissensmanagement vor allem Zeit- und Kosteneinsparungen, aber auch Produktivitätsgewinne erzielt zu haben. Grundsätzlich ist es ja auch immer ein wichtiges Ziel, durch Knowledge-Management die Effizienz, die Effektivität und die Qualität der Prozesse und Strukturen zu erhöhen und somit den Marktwert zu verbessern.

Auch Arthur Andersen hat 1998 eine Studie zum Thema „Erfolgspotentiale von Wissensmanagement“ durchgeführt und im Rahmen dessen über einhundert Unternehmen, die aktives Wissensmanagement betreiben, befragt. Hierbei wurden die Hauptauswirkungen als Verbesserung der Produkte und Dienstleistungen, Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit, Erhöhung der Kundenorientierung sowie Stärkung der Marktposition identifiziert.[24] Um diese Erfolge auch tatsächlich erzielen zu können, m-ssen allerdings sehr häufig Barrieren und Hindernisse in den Unternehmen überwunden werden.

4.3 Barrieren

Wissen ist der einzige Produktionsfaktor, der sich bei dessen Gebrauch nicht verringert, sondern sogar vermehren läßt und damit zu einer nahezu unerschöpflichen Ressource wird. Dieser Vermehrung der Ressource Wissen, vor allem durch den Prozeß des Wissensaustausches, stehen aber meist viele Barrieren, insbesondere interpersoneller Herkunft, entgegen. Ein zentrales Hindernis wird durch den viel zitierten Spruch „Wissen ist Macht“ ausgedrückt. Wir wollen unser Wissen nicht teilen, da es für uns wertvolles Kapital im Rahmen unseres Fortkommens darstellt. Daneben gibt es aber noch weitere Barrieren[25]:

- Ignoranz: Die Wissensträger verstehen den Wert ihres Wissens nicht und erkennen darüber hinaus nicht, daß dieses Wissen auch für andere hilfreich sein könnte.
- Unkenntnis: „Unwissende“ wissen nicht, daß das ihrerseits benötigte Wissen bereits im Unternehmen vorhanden ist und generieren es noch einmal („das Rad wird mehrfach erfunden“).
- Mangelnde zwischenmenschliche Beziehungen: Da keine persönlichen Kontakte zwischen den Individuen, die relevantes Wissen austauschen wollen, bestehen, wird Wissen oft nicht ausgetauscht.
- Mangelnde Motivation: Viele Mitarbeiter nehmen die Notwendigkeit sowie die individuellen und gemeinschaftlichen Vorteile des Austausches von Wissen aufgrund mangelnden Verständnisses bzw. Interesses nicht wahr.
- Mangelnde Kapazitäten und unflexible Strukturen: Neben den interpersonellen Barrieren haben die Mitarbeiter häufig auch zu wenig Zeit, Budgetmittel, technische Ausstattung und Managementunterst-tzung, um sich ausreichend dem Faktor Wissen widmen zu können.

Die Implementierung adäquater Technologien ist sicherlich ein wesentlicher Beitrag zur Überwindung dieser Barrieren. Eine ausschließlich technische Lösung des Wissensmanagements wird aber nicht ausreichend sein, da die zugrundeliegenden Erfahrungen und das zu unterst-tzende Expertentum der Mitarbeiter in den Vordergrund zu rücken sind. Ein umfassendes Wissensmanagement schließt daher informations- und kommunikationstechnische Lösungen ein, besteht aber zusätzlich aus Strategien des Managements und der Organisationsentwicklung, auf die die technischen Lösungen zugeschnitten sein m-ssen. Eine Zusammenstellung von Methoden und Technologien kann daher keinen allgemeing-ltigen Regeln folgen, sondern muß sich an der speziellen personellen, organisatorischen, informationellen und ökonomischen Ausgangssituation des jeweils zu unterst-tzenden Unternehmens orientieren.

Im folgenden Teil dieser Arbeit soll ein Überblick über die wesentlichsten Technologien, die zur Unterstützung von Knowledge-Management geeignet sind, vermittelt werden. Je nach Anforderungen der Unternehmen eignen sich unterschiedliche Kombinationen der im folgenden vorgestellten technologischen Lösungen.

5. Technologien zur Unterstützung des Knowledge-Managements

Um die Potentiale, die Knowledge-Management in sich birgt, voll ausschöpfen zu können, m-ssen sämtliche Bausteine und Kernprozesse der operativen und auch strategischen Ebenen integriert werden. Für die einzelnen Wissensprozesse bieten sich die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Technologieunterst-tzung an.

Da es sich bei der Thematik „Knowledge-Management“ noch um ein relativ junges Gebiet handelt, gibt es noch kaum ganzheitliche Komplettlösungen. Darum werden im folgenden geeignete Technologien zur Unterstützung einzelner, aber auch mehrerer Wissensprozesse dargestellt.

5.1 Internet – Intranet – Extranet

Diese Technologien sind zentrale Begriffe des Knowledge-Managements und kommen im folgenden laufend vor. Deshalb soll in diesem Kapitel deren Bedeutung und deren Einsatzmöglichkeit im Bereich des Wissensmanagement geklärt und abgegrenzt werden.

Die Idee des Internets wurde in den 60er Jahren geboren, als das US-Verteidigungsministerium den Auftrag erteilte, ein Computernetz zu schaffen, das nicht von einem zentralen Rechner abhängig ist, um nicht durch einen atomaren Angriff oder durch eine Naturkatastrophe verletzbar zu sein. 1972 wurde dieses militärische ARPANET freigegeben und entwickelte sich zu einem Forschungsnetz, dem Internet. Zunächst nur von wenigen Insidern in Universitäten und Forschungsinstituten genutzt, hat es sich in den letzten Jahren bei exponentiellem Wachstum zu einem weltumspannenden Kommunikationsnetz entwickelt.[26] Aufgrund der urspr-nglich militärischen Zielsetzung wurde das Internet so konzipiert, daß eine völlig dezentrale Administration möglich ist, d.h. es existiert keine zentrale, koordinierende Stelle. Am CERN in Genf, dem Europäischen Zentrum für Teilchenphysik, entwickelten Wissenschafter das World Wide Web (WWW) – die bekannteste Art der Nutzung des Internets – welches auf einer Client-Server-Architektur basiert. Der Terminus Client-Server bedeutet, daß ein von einem Antragsteller, dem Client, ausgehender Auftrag von einem Dienstleister, dem Server, bearbeitet wird. Beim WWW hält der entfernte Server als Datenpool Informationen bereit, der lokale Client bereitet sie mit Browsern[27] für die Präsentation am Bildschirm auf. Die Informationen und Dokumente sind anhand der Uniform Resource Locators (URLs) eindeutig adressiert. Wie eine reale Adresse (Straße, Hausnummer, Ort, Postleitzahl) besteht auch eine „Internet-Adresse“ aus mehreren Bestandteilen: z. B. „http://www.kfunigraz.ac.at/fak-inst/sowi.html“. Der erste Teil, „http://“ besagt nur, daß sich das gesuchte Dokument im World Wide Web (WWW) befindet. „www.kfunigraz.ac.at“ ist der Name des Rechners, auf dem die Daten gespeichert sind. Der Rest der Adresse „/fak-inst/sowi.html“ bezeichnet Pfad und Dateinamen, induziert also, wo auf dem oben genannten Computer der Browser die Webseite findet. Somit ist die Adressierung vollkommen eindeutig. Die Übertragung der Daten basiert auf dem Hypertext Transfer Protocol (HTTP). Die Grundlage für die Kommunikation ist das Transmission Control Protocol / Internet Protocol (TCP/IP), das Protokoll, das die Datenpakete durch das Internet ans Ziel – zu den Usern - bringt.[28] Durch das Internet sind Millionen von Rechnern miteinander verbunden, die alle Dokumente beherbergen können, die über das WWW von überall her abrufbar sind. Die Dokumente des WWW, die Webseiten, können Texte, Bilder, Ton- und Bildsequenzen oder, und das macht den Charakter des WWW aus, Verweise auf andere Dokumente, sogenannte Hyperlinks, enthalten. Der Aufbau eines Dokumentes mit derartigen Querverweisen an andere Stellen des Textes wird als „Hypertext“ bezeichnet. „Hypertext-Dokumenten“ folgt man nicht geradlinig von der ersten bis zur letzten Seite, sondern man kann Verweisen nachgehen und somit kreuz und quer lesen, direkt den eigenen Interessen und dem eigenen Wissensbedarf folgend. Somit kann man schneller das benötigte Wissen erschließen und verschwendet keine Zeit mit unnötigen Passagen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Linearer Text versus Hypertext

Diese technischen Grundlagen des Internets sowie die dahinterstehende Philosophie werden zunehmend auch in geschlossenen Netzen, z. B. innerhalb einer Unternehmung, zum Daten- und Informationsaustausch eingesetzt. Derartige interne Netzwerke, Intranets, werden durch sogenannte „Firewall“-Konzepte gegen unberechtigte Zugriffe von außen gesch-tzt. Bei einer Firewall handelt es sich um einen rechnerbasierten Sicherheitsmechanismus, der als Barriere zwischen private Netzwerke und das Internet plaziert wird.[29] Erstreckt sich ein derartiger interner Informationsverbund auch über die Grenzen eines Unternehmens hinaus, entsteht ein Extranet. Damit können beispielsweise Kunden, Distributoren oder Zulieferer, mit denen besonders eng kooperiert wird, in die technische Vernetzung mit einbezogen werden. Intranets und Extranets bieten somit sämtliche Vorteile des Internets, umgehen aber den zentralen Nachteil der Sicherheitsproblematik, indem Unbefugte durch die Vergabe von Zugriffsrechten vom Zugriff auf den Wissensbestand ausgeschlossen werden können. Beim Internet bestehen noch immer weit verbreitete Bedenken bezüglich des Einsatzes bei vertraulichen Dokumenten.

Urspr-nglich erhoffte man sich, durch das Internet Zutritt zum Wissen der Welt zu verschaffen. Inzwischen beklagen aber sehr viele Internet-User, daß sie zwar auf sehr viele Daten stoßen, diese jedoch selten Antworten und Lösungen auf ihre Fragen und Probleme liefern. Außerdem nimmt die Suche im Internet oft sehr viel Zeit in Anspruch. Schlagworte wie „Informationsüberflutung“ und „Lost im Cyberspace“ sind in diesem Zusammenhang immer wieder zu hören. Um das Internet wirklich sinnvoll für Prozesse des Wissensmanagements (vor allem Wissenserwerb) einsetzen zu können, bedarf es der Kombination mit anderen, zusätzlichen Technologien, wie beispielsweise intelligenten Suchsystemen (Siehe Kapitel 5.7).

Sehr geeignet und inzwischen auch weit verbreitet sind intranetbasierte Wissensmanagementsysteme. Viele Unternehmen gehen von ihrem Intranet aus und bauen darauf ihre individuellen Knowledge-Management-Systeme auf. Die Herlitz PBS AG, Berlin, hat beispielsweise in einem 4-monatigen Projekt gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin und der Altavier GmbH eine intranetbasierte Software-Lösung namens Knowledge Café entwickelt.[30] Dieses Wissensmanagement-System, welches mit Erfolg auf der Cebit ´99 vorgestellt wurde und auch zu einem marktfähigen Produkt weiterentwickelt werden soll, ist modular aufgebaut. Auf der Grundlage eines Basismoduls mit Glossar[31], Newsletter, Such- und Hilfe-Funktionen können weitere Komponenten individuell eingesetzt werden: Gelbe Seiten, Knowledge Base (zur Veröffentlichung von Dokumenten), virtuelle Bibliothek, Diskussions- und Projektdatenbank. Der Zugriff auf die Inhalte sämtlicher Module erfolgt über Hyperlink-Strukturen und Suchmaschinen, wobei alle Dokumente auf Grundlage des Glossars verschlagwortet werden.

[...]


[1] Vgl. Probst, G.; Raub, St.; Romhardt, K.; 1999; S. 23.

[2] Vgl. Fischer, M.; 1999.

[3] Vgl. Fischer, M.; 1999.

[4] Das Neue Duden-Lexikon; 1984; S. 297.

[5] Vgl. Gerick, T.; Suesser, G.; 1999; S. 80.

[6] Probst, G.; Raub, St.; Romhardt, K.; 1999; S. 46

[7] Vgl. Probst, G.; Raub, St.; Romhardt, K.; 1999; S. 36f.

[8] Syntax (= Satzbaulehre): analysiert die Beziehungen zwischen den Zeichen.

[9] Vgl. Loser, K.U.; Hermann, T.; 1998; S. 97 – 100.

[10] Nonaka, I.; Takeuchi, H.; 1995; S. 58 – 59.

[11] Vgl. Probst, G.; Raub, St.; Romhardt, K.; 1999; S. 38.

[12] Vgl. Nonaka, I.; Takeuchi, H.; 1995; S. 62.

[13] Vgl. Schmitz, Ch.; Zucker, B.; 1996; S. 44f.

[14] Vgl. Seufert, A.; Back, A.; von Krogh, G.; 2000; S. 142f.

[15] Vgl. http://www.doculine.de/news/1999/September/wissman.htm (02.07.2000).

[16] Vgl. Probst, G.; Raub, St.; Romhardt, K.; 1999; S. 58.

[17] Vgl. Probst, G.; Raub, St.; Romhardt, K.; 1999; S. 51ff.

[18] Fusion: Verschmelzung mehrerer Unternehmen. Akquisition: Erwerb anderer Unternehmen. Outsourcing: Auslagerung von Unternehmensbereichen. Downsizing: Abstoßen von Unternehmensteilen.

[19] Vgl. http://www.doculine.de/news/1999/September/wissman.htm (02.07.2000).

[20] Vgl. http://www.doculine.de/news/1999/September/wissman.htm (02.07.2000).

[21] Vgl. Götz, K.; Hilt, A.; 2000; S. 216.

[22] Götz, K.; Hilt, A.; 2000; S.216.

[23] http://www.hyperwave.de/index.html (05.07.2000).

[24] Vgl. Alex, B.; Becker, D.; Stratmann, J.; 2000; S. 49.

[25] Vgl. Alex, B.; Becker, D.; Stratmann, J.; 2000; S. 51.

[26] Diepold, P.; 1997.

[27] Browser: Programm, das den Zutritt zum World Wide Web eröffnet – die bekanntesten sind: Microsoft Internet Explorer und Netscape Navigator.

[28] Vgl. Picot, A.; Reichwald, R.; Wigand, R.T.; 1998; S. 162ff.

[29] Picot, A.; Reichwald, R.; Wigand, R.T.; 1998; S. 351.

[30] Vgl. Schönherr; 2000.

[31] Glossar: Erklärungswörterbuch.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832452049
ISBN (Paperback)
9783838652047
DOI
10.3239/9783832452049
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2002 (März)
Schlagworte
wissen wissensmanagement knowleddge-management technologien softwaretechnologien
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Titel: Softwaretechnologien zur Unterstützung des Knowledge-Managements
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