Lade Inhalt...

Zum Praxisbezug der wirtschaftswissenschaftlichen FH-Studiengänge

Vergl. Studie: Österreich - Baden-Württemberg

©2000 Doktorarbeit / Dissertation 288 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Die Arbeit gibt zu Beginn einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen in Baden-Württemberg und Österreich. Ausgehend vom Hochschulgesamtplan wird die Entwicklung der Fachhochschulen bis heute beschrieben. Am Beispiel einer Fachhochschule wird die regionale Bedeutung dieser Schulform gezeigt. Ein kurzer statistischer Teil und die Skizzierung einer “wahrscheinlichen“ zukünftigen Entwicklung des FH-Sektors und jener Faktoren, die diese heute schon determinieren, runden das Bild ab.
Der zweite Teil beschäftigt sich, ausgehend von gesetzlichen Rahmenbedingungen, mit jenen Faktoren, welche den Fachhochschulsektor vom universitären Sektor unterscheiden und hier vor allem mit dem postulierten Praxisbezug. Der Autor entwickelt einen Ansatz, der die Marktorientierung der wirtschaftswissenschaftlichen Fachhochschul-Studiengänge unter den Bedingungen des IT-Zeitalters in den Vordergrund stellt. Neben der Qualitätssicherung im Fachhochschulbereich werden auch jene Absolventenqualifikationen behandelt, die in der derzeitigen und zukünftigen Unternehmenspraxis von tragender Bedeutung sind. Der Auslobung der Studiengänge durch die Betreiber und der Untersuchung der Lehrpläne auf praxisorientierte Ausbildungsteile wird in einer Analyse breiter Raum gewidmet. Abschließend wird die Wettbewerbssituation in Österreich thematisiert und die fundamentalen Veränderungsprozesse im gesamten Hochschulsystem dargelegt.
Der letzte Teil, das eigentliche Herzstück der Arbeit, stellt die Einschätzung der Brauchbarkeit der Fachhochschule im Vergleich zur Universität durch eine Befragung der größten Unternehmungen in Österreich und Baden-Württemberg in den Vordergrund. In einer empirischen Studie wird die Meinung der Wirtschaft zu Faktorenbündel, wie der Zusammenarbeit mit Fachhochschulen bei Projekten und Praxis(halb)jahr, der “wahrscheinlichen“ betrieblichen Einstellungsbereiche und Aufgabengebiete für Absolventen, der Wunschvorstellungen an ein praxisorientiertes, tertiäres Ausbildungssystem hinsichtlich Lehrplan, Lehrende und Trägervereinigung, aber auch Mankos der derzeitigen Ausbildung im tertiären Bildungssegment, abgebildet.
Die Arbeit zeigt, dass dem Absolventen von Fachhochschulen im allgemeinen, gewisse, klar abgegrenzte Aufgaben und Positionen in den Unternehmungen vorrangig zugedacht sind und dass sie aufgrund des Praxis(halb)jahres eine erhöhte Sicherheit haben, hier rascher eine Anstellung zu finden. Sie […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5149
Angerer, Roland: Zum Praxisbezug der wirtschaftswissenschaftlichen FH-Studiengänge: Vergl.
Studie: Österreich - Baden-Württemberg / Roland Angerer - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Linz, Universität, Dissertation, 2000
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Kurzfassung
Die Arbeit gibt zu Beginn einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der
Fachhochschulen in Baden-Württemberg und Österreich. Ausgehend vom
Hochschulgesamtplan wird die Entwicklung der Fachhochschulen bis heute
beschrieben. Am Beispiel einer Fachhochschule wird die regionale Bedeutung dieser
Schulform gezeigt. Ein kurzer statistischer Teil und die Skizzierung einer
"wahrscheinlichen" zukünftigen Entwicklung des FH-Sektors und jener Faktoren, die
diese heute schon determinieren, runden das Bild ab.
Der zweite Teil beschäftigt sich, ausgehend von gesetzlichen Rahmenbedingungen,
mit jenen Faktoren, welche den Fachhochschulsektor vom universitären Sektor
unterscheiden und hier vor allem mit dem postulierten Praxisbezug. Der Autor
entwickelt einen Ansatz, der die Marktorientierung der wirtschaftswissenschaftlichen
Fachhochschul-Studiengänge unter den Bedingungen des IT-Zeitalters in den
Vordergrund stellt. Neben der Qualitätssicherung im Fachhochschulbereich werden
auch jene Absolventenqualifikationen behandelt, die in der derzeitigen und
zukünftigen Unternehmenspraxis von tragender Bedeutung sind. Der Auslobung der
Studiengänge durch die Betreiber und der Untersuchung der Lehrpläne auf
praxisorientierte Ausbildungsteile wird in einer Analyse breiter Raum gewidmet.
Abschließend wird die Wettbewerbssituation in Österreich thematisiert und die
fundamentalen Veränderungsprozesse im gesamten Hochschulsystem dargelegt.
Der letzte Teil, das eigentliche Herzstück der Arbeit, stellt die Einschätzung der
Brauchbarkeit der Fachhochschule im Vergleich zur Universität durch eine Befragung
der größten Unternehmungen in Österreich und Baden-Württemberg in den
Vordergrund. In einer empirischen Studie wird die Meinung der Wirtschaft zu
Faktorenbündel, wie der Zusammenarbeit mit Fachhochschulen bei Projekten und
Praxis(halb)jahr, der "wahrscheinlichen" betrieblichen Einstellungsbereiche und
Aufgabengebiete für Absolventen, der Wunschvorstellungen an ein
praxisorientiertes, tertiäres Ausbildungssystem hinsichtlich Lehrplan, Lehrende und
Trägervereinigung, aber auch Mankos der derzeitigen Ausbildung im tertiären
Bildungssegment, abgebildet.
Die Arbeit zeigt, daß dem Absolventen von Fachhochschulen im allgemeinen,
gewisse, klar abgegrenzte Aufgaben und Positionen in den Unternehmungen
vorrangig zugedacht sind und daß sie aufgrund des Praxis(halb)jahres eine erhöhte
Sicherheit haben, hier rascher eine Anstellung zu finden. Sie zeigt aber auch, daß
zwischen dem Bild, welches die Betreiber von Fachhochschulen den Bildungswilligen
vermitteln und dem Image, welches Fachhochschulen und deren Absolventen in der
Wirtschaft haben, zum Teil erhebliche Unterschiede bestehen.

Abstract
At the beginning the work gives an insight about the history of "Fachhochschulen" in
Baden-Württemberg and Austria. Starting with the "Hochschulgesamtplan" the
development of the "Fachhochschulen" is described. The regional value of this type
of school is pointed out through an example. A short statistical chapter and the
outlining of a "most likely" future development, in this for Austria relatively new
educational sector, completes the relatively comprehensive picture.
The second part starts with the legal framework and consequently then, deals with
those factors which determine the difference between the "Fachhochschulen" and the
university sector; mainly the practical experience within the process of education.
The author develops an approach which focuses on the market orientation of
"Fachhochschul" -courses under conditions of ´information age´. Among quality
assurance and a better education in ´social skills´ and some sort of ´visions´
pronounced to the public, an analysis of curricula structure was conducted, giving an
overview about educational parts based on practical experience. Finally the
competitive market situation and the driving forces behind are on discussion.
The third part focuses on a poll which should mirror the estimates of the biggest
corporations (employers) in Austria and Baden Württemberg about the usefulness of
an education in "Fachhochschulen" compared to the "University" system. Co-working
on projects, willingness to assist on a practical term, the assumed functional
workplaces for graduates, finally wishes on a practical tertiary educational system
with respect to curricula, trainers, administrational staff and providers, as well as
weaknesses in the actual tertiary academic market were examined and commented.
The dissertation proves that graduates of "Fachhochschulen" will have clearly defined
and structured task oriented jobs (positions) in certain organizational segments, and
also will have the better chance to get a job right after graduation due to the practical.
term in their education. However, the research also proves, that there are major
differences in the images of "Fachhochschulen" as marketed to prospective students
on the one side and the ´pay value´ of this tertiary education as seen by prospective
employers on the other side!

Danksagung
Besonderer Dank an erster Stelle gebührt Herrn Christian Leeb, welcher im
herzhaften Diskurs den Autor vor allem von der Wesentlichkeit der Nachjustierbarkeit
von Bildung an sich und in der zukünftigen Praxis überzeugen konnte und dem Autor
so des öfteren neue Betrachtungsperspektiven im Kontext der Bildungsarbeit
ermöglichte.
Herrn Günter Matzinger möchte der Autor aus zweierlei Gründen Lob aussprechen.
Zum ersten zeichnet er verantwortlich für die künstlerisch-grafische Gestaltung der
Arbeit und zum anderen war er für Überlegungen verantwortlich, welche die
zukünftige Praxisrelevanz der derzeitigen Ausbildungen betreffen und letztendlich im
Arbeitsansatz Eingang fanden. Seinem Bruder Dietmar verdanke ich durch seine
langjährige Erfahrung Einsichten in produktions(praxis)nahe Tätigkeitsbilder im
internationalen Anlagengeschäft.
Herrn Dr. Merl gelang es, den Autor immer wieder für diese Arbeit zu motivieren und
ihm zu helfen, sich ­ über eine Fülle von gleichzeitig zu behandelnden
Entscheidungstatbeständen hinweg - auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Meiner Weggefährtin und Mutter meiner Kinder Ilse möchte ich für die Endkorrektur
danken. Möge das Vorliegen dieser Arbeit das Entstehen ihrer eigenen Abschluß-
arbeit beflügeln, das wünsche ich sehr!
Schlußendlich bedanke ich mich bei meinen beiden Begutachtern
Herrn o. Univ. Prof. Dr. Zapotoczky und Herrn o. Univ. Prof. Dr. Rudolf Kropf.
Erstens gelang es beiden, mich so zu unterstützen, daß die Arbeit mit dem nötigen
Engagement verfaßt wurde und zweitens zeigten sie Verständnis und Geduld bei
manchmal verschobenen Terminen. Daß ich von den begleitenden Seminaren zu
dieser Arbeit einiges als Erinnerung mitgenommen habe, versteht sich von selbst.
Dankeschön!

VI
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort
XII
TEIL I
Entwicklungsgeschichte der Fachhochschulen (unter besonderer
Berücksichtigung der Situation in Baden-Württemberg)
1. Einleitung und Vorgeschichte
1. 1. Einleitung
1
1. 2. Vorgeschichte (unter besonderer Berücksichtigung der Ingenieurschulen
in Baden-Württemberg)
2
2. Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
2. 1. Auf dem Weg zur Fachhochschule ­ Hochschulgesamtplan
4
2. 2. Das Jahr 1968 in der Retrospektive
7
2. 3. Die Fachhochschulen bis in die 90er Jahre
8
2. 3. 1. Gründungsphase: 1971 ­ 1975
8
2. 3. 2. Konsolidierungsphase: 1976 ­ 1980
13
2. 3. 3. Ausbauphase: 1981 ­ 1990
14
2. 3. 4. Die Situation in den 90er Jahren
15
2. 3. 4. 1. Empfehlungen der Strukturkommission "FH 2000"
15
2. 3. 4. 2. Empfehlungen des Wissenschaftsrates
18
2. 4. Die Entwicklung der Hochschullandschaft aus statistischer Sicht
21
2. 5. Regionalgeschichte: FHF - Fachhochschule Furtwangen
24
3. Die Entwicklung der Fachhochschulen in Österreich
3. 1. Zur Diskussion über nichtuniversitäre Hochschulstrukturen
29
3. 2. Fachhochschulkonzepte und die Installierung von Fachhochschul-
Studiengängen
32
3. 3. Die Entwicklungs- und Finanzierungsplanung für den Fachhochschul-
bereich
34
3. 4. Die quantitative Entwicklung aus statistischer Sicht
35
4. Zukünftige Entwicklungen
4. 1. Zukünftige Entwicklungen in Baden-Württemberg
37
4. 1. 1. Anstehende Problematiken
38

VII
Seite
4. 1. 2. Kernziele einer Reform
40
4. 1. 2. 1. Hochschulstrukturentwicklung
40
4. 1. 2. 2. Studienstrukturreform
41
4. 1. 2. 3. Hochschulzugang
41
4. 1. 2. 4. Hochschulfinanzierung
42
4. 1. 2. 5. Stärkung der strategischen Kompetenz der Hochschule
42
4. 1. 2. 6. Personalautonomie
42
4. 1. 2. 7. Neue Technologien für Lehre und Forschung
43
4. 1. 2. 8. Private Hochschulen als Ergänzung und Stimulans
44
4. 2. Überlegungen zur österreichischen Entwicklung
45
TEIL II
Determinanten des Praxisbezuges beim Auftritt der Fachhochschul-
Studiengänge am Markt
1. Einleitung
49
2. Gesetzliche Rahmenbedingungen
2. 1. Das Fachhochschul-Studiengesetz ­ FHStG
52
2. 1. 1. Ziele und leitende Grundsätze von Fachhochschul-Studiengängen
52
2. 1. 2. Die staatliche Regelung im Überblick
54
2. 1. 3. Der Fachhochschulrat als zentrales Element der Qualitätssicherung
55
2. 2. Kritische Betrachtung des Gesetzes
56
2. 3. Mögliche Fehlentwicklungen aufgrund des Regelungssystems
59
2. 4. Absichtserklärung der Regierung zur zukünftigen Entwicklung
61
3. Problemdefinition und Arbeitsansatz
3. 1. Zur Niveauproblematik von Fachhochschule und Universität
62
3. 2. Zum Problem des Praxisbezuges in der Ausbildung
64
3. 3. Arbeitsansatz
69
4. Qualitätssicherung im FH-Bereich
4. 1. Bewertungsproblem Qualität
71
4. 2. Das Verfahren der internen und externen Evaluation
73
4. 3. Die österreichische Situation
75
4. 4. Die studentische Lehrevaluation
78

VIII
Seite
5. Absolventenqualität - Schlüsselqualifikationen
5. 1. Das Konzept von Mertens
80
5. 2. Der Ansatz von Brater
84
5. 3. Der Ansatz von Grabowski
87
6. Ausgewählte Parameter des Marktauftrittes der einzelnen FH-Studiengänge
6. 1. Selbstdarstellung im Informationsmaterial ­ Kommunikation
89
6. 2. Analyse des Lehrplans
94
6. 2. 1. Analysestruktur und Restriktionen
94
6. 2. 2. FIRST ­ Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen
95
6. 2. 3. Marketing and Sales
97
6. 2. 4. Unternehmensführung für die mittelständische Wirtschaft ­ Management
98
6. 2. 5. Tourismusmanagement
99
6. 2. 6. Kommunikationswirtschaft
101
6. 2. 7. Europäische Wirtschafts- und Unternehmensführung
102
6. 2. 8. Bank- und Finanzwirtschaft
103
6. 2. 9. Wirtschaftsberatende Berufe
104
6. 2. 10. Tourismusmanagement und Freizeitwirtschaft
105
6. 2. 11. Exportorientiertes Management EU-ASEAN-NAFTA
106
6. 2. 12. Internationale Wirtschaftsbeziehungen
107
6. 2. 13. Produktions- und Managementtechnik (PMT)
108
6. 2. 14. Marketing (Verkaufsmanagement bzw. Internationale
Geschäftstätigkeit)
109
6. 2. 15. Kommunales Management
110
6. 2. 16. Informationswirtschaft und ­management
111
6. 2. 17. Unternehmensgestaltende Berufe
112
7. 1. 18. Internationale Wirtschaft & Management
113
6. 2. 19. Betriebliches Prozeß- und Projektmanagement
114
6. 3. Der Andrang an die Fachhochschul-Studiengänge
115
7. Abschließende Betrachtungen
7. 1. Kritische Würdigung der aufgearbeiteten Materie
119
7. 2. Praxisorientierung und Wettbewerb unter Berücksichtigung von
Marktsättigung und Anbieterstruktur
122
7. 2. 1. Fehlendes Marktpotential für Praxisplätze und Projekte
122
7. 2. 2. Anbieteroligopole und die Steuerung von Ausbildungssegmenten
123
7. 3. Der standortgerechte Dienstleistungsbetrieb "Hochschule"
125

IX
Seite
TEIL III
Zur Position der FH-Studiengänge in Österreich und Baden-Württemberg aus
der Sicht der Personalverantwortlichen der mitarbeitergrößten Unternehmen
1. Einleitung
129
2. Eindimensionale Auswertung (Österreich)
133
3. Eindimensionale Auswertung (Baden-Württemberg)
161
4. Mehrdimensionale Auswertungen
186
5. Resümee zur Forschung
5. 1. Zusammenfassung der Ergebnisse
203
5. 1. 1. Indikatoren der Zusammenarbeit von Fachhochschulen mit Unter
nehmen bei Projekten (Studenten/Trainer ­ Projektarbeit ­ Wirtschaft)
203
5. 1. 2. Faktoren, die Einschätzungen von Absolventenqualitäten darstellen
(Student ­ Absolventeneinschätzung ­ Unternehmen)
205
5. 1. 3. Das Bündel Hochschulimage, Lehrplan etc. - also Agenda der Institution
als solche (Student ­ Hochschulmarketing ­ Unternehmen)
208
5. 1. 4. Faktoren, die sich mit Qualitäten der Ausbilder an Hochschulen
beschäftigen (Student ­ Trainererfahrung ­ Unternehmen)
210
5. 1. 5. Sonstige Faktoren, insbesondere Sozialkompetenz
(Student ­ Absolventeneinschätzung ­ Unternehmen)
211
5. 2. Kritische Bemerkungen zur Erhebung
216
Schlußwort
XIII
Abkürzungsverzeichnis
X
Darstellungsverzeichnis
XI
Quellen- und Literaturverzeichnis
a) Quellenverzeichnis
XVI
b) Literaturverzeichnis
XXVII
Anhang
a) Fragebogen Österreich
XXXII
b) Fragebogen Baden-Württemberg
XXXVIII
c) Detailauswertungen der offenen Fragen
XLIV
Curriculum vitae des Autors
XLVIII

X
Abkürzungsverzeichnis
ABWL
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
ATS
Austrian Schilling
AHS
Allgemeinbildende Höhere Schule
APO
Außerparlamentarische Opposition
BA
Berufsakademie
BBRZ
Berufs-, Bildungs- und Rehabilitationszentrum
BFI
Berufsförderungsinstitut
BHS
Berufsbildende Höhere Schule
B-W
Baden-Württemberg
CAD
Computer Aided Design
CAM
Computer Aided Manufacturing
CIM
Computer integrated Manufacturing
CNC
Computer Numeric Control
CHE
Centrum für Hochschulentwicklung
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
FH
Fachhochschule
FHF
Fachhochschule Furtwangen
FHG
Fachhochschulgesetz (Baden ­ Württemberg)
FHK
Fachhochschulkonferenz
FHR
Fachhochschulrat
FHW
FH-Studiengänge der Wiener Wirtschaft
FHStG
Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge
FIRST
FH-Studiengang: Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen
GIF
Gemeinsame Innovationsberatung (IHK und FHF)
GPA
Gewerkschaft der Privatangestellten
HAK
Handelsakademie
HGP
Hochschulgesamtplan
HIS
Hochschulinformationssystem GmbH
HRG
Hochschulrahmengesetz
HRK
Hochschulrektorenkonferenz
HTL
Höhere Technische Lehranstalt
IHK
Industrie- und Handelskammer
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologie
IMC
International Management Center (Krems)
IT
Informationstechnologie
KM
Kultusministerium (B-W)
KMU
Kleine und mittlere Unternehmungen
MA
Mitarbeiter
MCI
Management Center Innsbruck
NC
Numerus Clausus
NPO
Non Profit Organization
NUS
Nichtuniversitärer Sektor
ÖSTAT Österreichisches Statistisches Zentralamt
PH
Pädagogische Hochschule
RKF
Rektorenkonferenz
RWZ
Regionale wissenschaftliches Dienstleistungszentrum
SDS
Sozialistischer Deutscher Studentenbund
SWS
Semesterwochenstunden
USD
United States Dollar
WIFI
Wirtschaftsförderungsinstitut
WR
Wissenschaftsrat

XI
Darstellungsverzeichnis
Seite
Tabelle I,2/1
Studierende nach Hochschularten und Geschlecht seit dem WS 50/51 (B-W)
21
Tabelle I,2/2
Schüler an öffentlichen und privaten Schulen in Baden-Württemberg seit dem
Schuljahr 1952/53 nach Schularten und Geschlecht (B-W)
22
Tabelle I,2/3
Entwicklung der Studierendenzahlen an den Fachhochschulen (B-W)
23
Tabelle I,3/1
Entwicklung der Zahl der Studierenden an Hochschulen in Österreich
35
Tabelle I,3/2
Verteilung der Geschlechter an Fachhochschul-Studiengängen im WS 1997/98
in Österreich
36
Tabelle II,3/1
Globale Technologie Trends
67
Tabelle II,6/1
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Finanz-, Rechnungs- u. Steuerwesen
95
Tabelle II,6/2
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Marketing & Sales
97
Tabelle II,6/3
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Unternehmensführung für die
mittelständische Wirtschaft
98
Tabelle II,6/4
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Kommunikationswirtschaft
101
Tabelle II,6/5
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Europäische Wirtschafts- und
Unternehmensführung
.102
Tabelle II,6/6
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Wirtschaftsberatende Berufe
104
Tabelle II,6/7
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Tourismusmanagement und Freizeitwirtschaft 105
Tabelle II,6/8
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Exportorientiertes Management
EU-ASEAN-NAFTA
106
Tabelle II,6/9
Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Internationale Wirtschaftsbeziehungen
107
Tabelle II,6/10 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Produktions- und Managementtechnik
108
Tabelle II,6/11 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Marketing
109
Tabelle II,6/12 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Kommunales Management
110
Tabelle II,6/13 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Informationswirtschaft und -management
111
Tabelle II,6/14 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Unternehmensgestaltende Berufe
112
Tabelle II,6/15 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Internationale Wirtschaft und Management
113
Tabelle II,6/16 Lehrplanstruktur FH-Studiengang: Betriebliches Prozeß- und Projekt-
Management
114
Tabelle II,6/17 Der Andrang an die Fachhochschul-Studiengänge
115
Tabelle III,1/1 Rücklaufquoten der Aussendungen
131
Tabelle III,1/2 Regionaler Rücklauf
131
Grafik I,4/1
Standorte von FH-Studiengängen in Österreich
48

XII
Vorwort
Es war ein Workshop, der den Autor letztlich zum Verfassen der nunmehr
vorliegenden Arbeit veranlaßte. Auf einer Art Erfahrungsaustausch verschiedener
Projektleiter fiel das Wort "Realprojekt". Auf die etwas humoristisch vorgetragene
Anfrage, ob es denn sinnvoll sei, daß Wort "Projekt" noch weiter zu segmentieren,
wurde erklärt, daß man hier eine didaktische Methode entwickelt habe, die den
Praxisbezug der Studenten gewährleisten solle. Der Autor erfuhr, daß man hier im
Klassenraum eine Projektsituation simuliert, wo der Projektleiter gewisse Aufgaben
verlange, die dann bis zu einer gewissen ´deadline´ zu erarbeiten wären. Auf die
Frage, ob man denn mit den Studenten in die Betriebe gehe, dort Konzepte erarbeite
und eventuell auch bei der Implementierung mithelfe und dafür auch einen Lohn
verlange, antwortete man ihm, daß die Leute doch während der Ausbildung ,,noch
nicht so weit seien", sondern erst danach; von Geld wolle man gar nicht reden.
Im Verlaufe des Abends wurde dann noch über Fachhochschulen und deren
Entwicklungen ausgiebig diskutiert; der Autor allerdings war nachdenklich geworden.
Hatte er ein falsches, etwa veraltetes Verständnis von Praxis? Er erinnerte sich an
sein erstes Projekt mit einem Studententeam für einen Umschlagsbetrieb, wo die
Studenten zu seiner eigenen Verwunderung zwei Wochen nach dem Briefing mit
blauer Montur antraten und nicht zusahen, sondern mithalfen ein ankommendes
Schiff zu entladen, damit sie die Arbeit von der "Picke" auf kannten. Die Idee, in ein
Projekt im Managementbereich auf diese Art und Weise einzusteigen, kam von ihnen
selbst. Auch wurde von den Studenten ein Preis für das Konzept ausgehandelt, der
zwar unter dem Marktpreis lag, aber dennoch seine motivierende Wirkung nicht
verfehlte.
Seit diesem Tag begann sich der Autor mehr und mehr für die Fachhochschulen zu
interessieren und vor allem dafür, welches Praxisverständnis diese an den Tag legen
würden. Er besuchte Veranstaltungen, sprach mit Betreibern, aber auch Vertretern
der Wirtschaft, und es reifte der Entschluß, eine Arbeit über dieses Thema
anzufertigen. Er wußte nur noch nicht, wie er es "anpacken" sollte. Doch schließlich
stand fest, einerseits eine empirische Arbeit durchzuführen mit dem Zweck,
Unternehmen über ihre Einschätzung der Fachhochschulen zu befragen und
andererseits aus Sekundärinformationen in einer Art Analyse die derzeitige
Marktsituation in diesem Sektor zu untersuchen. Der entwicklungsgeschichtliche
Hintergrund sollte dann das Bild abrunden. Diese Arbeit, die natürlich gegensätzliche
Perspektiven bietet, liegt nun vor und der Autor wünscht den Lesern, daß sie daraus
einige wertvolle Schlüsse ziehen können.
St. Pantaleon, im November 1999


1. Einleitung und Vorgeschichte

TEIL I/1
Einleitung und Vorgeschichte
1
1. 1. Einleitung
Bei diesem Teil geht der Autor davon aus, daß die geschichtliche Entwicklung
des Schulsystems in Österreich dem Leser in den meisten Fällen schon aus
Altersgründen besser vertraut ist als jene in Baden-Württemberg. Daher
stellen einige der nun folgenden Kapitel die Situation dort in den Vordergrund.
Die anschließende Vorgeschichte über das Schulwesen in Baden-
Württemberg vor der Installation des FH Sektors (1971) stellt die Ingenieur-
schulen in den Mittelpunkt. Der Grund liegt nicht nur in der produktions-
orientierten Wirtschaftsstruktur, sondern auch in der enormen Dichte dieser
Schulen in diesem Land. Desgleichen eignet sich diese Darstellung als
Hintergrund zur genaueren Betrachtung der Problematik der zukünftigen
Position der HTL (resp. HAK) in Österreich.
Bei der Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
wurde dem Hochschulgesamtplan unter dem Hintergrund der großen
Studentenrevolten 1968 hinreichend Platz eingeräumt, ebenso der
Entwicklung bis in die 90er Jahre hinein. Auf die Entwicklung einer dieser
Fachhochschulen wurde unter dem Gesichtspunkt der Regionalentwicklung
genauer eingegangen. Für Österreich wurde auf eine langatmige Darstellung
der Diskussion vor 1990 verzichtet und eher versucht die Entwicklung der
Fachhochschulen aus quantitativer Sicht sowohl bei den Studierenden als
auch vom Angebot her darzustellen.
Ein kurzer quantitativ statistischer Teil, welcher vorwiegend für Vergleichs-
zwecke, aber auch für die Einschätzung zukünftiger Entwicklungen dient, soll
das Bild abrunden. Einer ,,wahrscheinlichen" Entwicklung des FH-Sektors und
jener Faktoren, die diese heute schon determinieren, wurde hinreichend Platz
im Rahmen dieser Arbeit eingeräumt.
Österreich ist natürlich, von der Erfahrungskurve her gesehen, in manchen
Bereichen noch zurück, mag also aus der Entwicklung in Baden-Württemberg
in einigen Punkten lernen können.

TEIL I/1
Einleitung und Vorgeschichte
2
1. 2. Vorgeschichte (unter besonderer Berücksichtigung der
Ingenieurschulen in Baden-Württemberg)
Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden im deutschen Südwesten mehrere
Einrichtungen des beruflichen Schulwesens, die alle dem gleichen Zweck - der
Gewerbeförderung dienten. In Karlsruhe war es 1825 eine Polytechnische
Schule, ihr wurde 1832 eine Ingenieurschule angegliedert, und schließlich gab
es ab 1878 die Großherzoglich Badische Baugewerkschule, deren Nachfolger
die Staatliche Ingenieurschule Karlsruhe war. 1845 entstand die Staatsbau-
schule Stuttgart; aus ihr gingen die staatlichen Ingenieurschulen in Stuttgart
und Esslingen hervor.
In Württemberg gab es eine Königliche Zentralstelle für Gewerbe und Handel,
die 1855 in Reutlingen eine Webschule gründete, aus der, über das
Technikum für Textilindustrie, die Staatliche Ingenieurschule für Textilwesen
wurde, der 1967 das genannte Technikum noch angeschlossen war
(1)
.
Weitere Gründungen von Schulen folgten, die meist mit jenem Gewerbe
(Branche) zu tun hatten, die in der betreffenden vorwiegend ruralen Gegend
vorherrschend war.
Für Württemberg ist auch noch das Dekret von Wilhelm I über die
Verwaltungsdienstprüfung von 1837 zu nennen, die zur Gründung von
mehreren Verwaltungsschulen (heute Verwaltungsfachhochschulen), im
speziellen der in Ludwigsburg, führte, zu nennen. Und schon in diesem Dekret
wurde in den Anforderungen für die ´niedere´ Dienstprüfung u. a. die
,,praktische Fertigkeit in den hierher gehörenden Geschäften, besonders in der
Behandlung schwieriger Rechnungsfälle", explizit angeführt.
(2)
Anfang dieses
Jahrhunderts etablierte sich eine neue Gruppe von Schulen; sie hatten mit
Sozialwesen zu tun und wurden vorwiegend von Frauen besucht, so z. B. die
,,Soziale Frauenschule in Stuttgart", heute ,,Fachhochschule für Sozialwesen
Esslingen"
(3)
Jedenfalls ging das Land Baden-Württemberg erst Mitte der 50er Jahre daran,
sein Sekundarschulwesen zu organisieren, und dessen bundesweite
Vereinheitlichung begann erst Anfang der 60er Jahre. Auch die Politik merkte
inzwischen, daß z. B. der Ausbau der deutschen Ingenieurschulen für die
wirtschaftliche Stellung der Bundesrepublik immer bedeutsamer wurde. Das
Problem war nach Meinung des Autors eine Frage, was nun als Ingenieur-
schule zu betrachten wäre. So gab es auch Schulen, die ab der Volksschule
an eine theoretisch/praktische Ausbildung vermittelten, jedoch in einem sehr
speziellen Teilbereich, wie etwa die Uhrmacherschule in Furtwangen.
Zwischen 1945 und 1960 wurden in Baden-Württemberg also eine Reihe von
Ingenieurschulen gegründet bzw. "alte" Fachschulen etc. zu Ingenieurschulen
adaptiert.

TEIL I/1
Einleitung und Vorgeschichte
3
Innerhalb von 10 Jahren hatte sich dann die Kapazität der Bau- und
Ingenieurschulen das Landes Baden Württemberg nahezu verdoppelt.
Trotzdem mußten immer noch geeignete Interessenten abgewiesen werden,
und zwar in erster Linie in den Fachrichtungen Maschinenbau und
Elektrotechnik, wo hunderte Studienwünsche unerfüllt blieben.
So wurde 1961 in Heilbronn eine neue Ingenieurschule gegründet und in
Mannheim ein neuer Maschinenbau-Zug angeschlossen. Das Land plante
auch drei neue Ingenieurschulen in Aalen, Pforzheim und einem noch
unbestimmten Ort, die heute alle Fachhochschulen sind.
Im WS 60/61 studierten an 9 Ingenieurschulen etwa 5600 Studierende und in
5 Höheren Fachschulen noch einmal 1200. Die Ingenieurschulstandorte waren
in Esslingen und Ulm, Karlsruhe und Konstanz, Mannheim, Reutlingen, Aalen.
Höhere Fachschulen gab es insgesamt 5, von denen 4 auch Fachhochschulen
wurden.
(4)
Im Vergleich dazu: Die Zahl der Studierenden an Ingenieurschulen in der
Bundesrepublik stieg zwischen WS 57/58 und 60/61 von 35.800 auf 43.500,
also um 21 %. Die Zahl der Ingenieurschulen stieg von 78 auf 84. Die Zahl der
Studenten an wissenschaftlichen Hochschulen stieg zwischen WS 56/57 und
59/60, also ebenfalls in 4 Jahren, um 34 % auf 190.100. Es gab 18
Universitäten, 8 Technische und 7 sonstige Hochschulen.
(5)
1967 beschloß die Kultusministerkonferenz mit der Zuerkennung der
fachgebundenen Hochschulreife für Absolventen höherer Fachschulen deren
Möglichkeit zum Übergang auf wissenschaftliche Hochschulen, wie sie bislang
nur Absolventen der Ingenieurschulen zustand. Dies kam einer Abwertung des
Ausbildungsabschlusses der Ingenieurschulen und einer Fixierung der
Stellung dieser Ausbildungsstätten unterhalb der Hochschulen gleich.
Allerdings sollte sich dies ändern. In den Ingenieurschulen wuchs der Unmut
Bis 1970 nahmen sich hauptsächlich einige Verbände und Vereinigungen, der
Sache der Weiterentwicklung der Ingenieurschulen an, wie etwa der Verband
der Dozenten an Bayrischen Ingenieurschulen, der in Bayern z. B. eine
Ingenieurakademie im tertiären Sektor ohne Promotionsrecht forderte.
(6)
Und eben diese Unzufriedenheit der Ingenieurschulen mit ihrer Einordnung im
baden-württembergischen Bildungssystem und der zukünftigen Anerkennung
von Titeln und Graden in der EWG, sollte zu den Unruhen von 1968 beitragen
und den Weg und die Art und Weise der Einrichtung von Fachhochschulen
maßgeblich mitbestimmen und dies nicht nur in Baden-Württemberg.

2. Die Entwicklung der Fachhochschulen
in Baden-Württemberg

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
4
2. 1. Auf dem Weg zur Fachhochschule ­ Hochschulgesamtplan
In der Zeit zwischen 1967 und 1971 wurde nicht nur in Baden-Württemberg
sondern in der gesamten BRD an einer Veränderung der Hochschullandschaft
gearbeitet. Die Kultusministerkonferenz beschäftigte sich z. B. mit einer
Überleitung von gewissen Fachschultypen in die Akademieform, was aber nur
einen Schilderwechsel bedeutet hätte und einem einheitlichen Fachhochschul-
bereich eher kontraproduktiv gegenübergestanden wäre, aber auch mit der
Anhebung von Eingangsniveaus etc. Ebenso fielen in diese Zeit die großen
Studentenrevolten, vor allem 1968, die zum Teil auch den im folgenden
beschrieben "Dahrendorf Plan" zur Ursache hatten, zumindest was die
Ingenieurschulen betrifft.
Der Hochschulgesamtplan oder auch "Dahrendorf Plan" brachte die Zeugung
der Fachhochschule. Der HGP wurde von Dahrendorfs "no-nonsense-
commitee" erarbeitet bzw. dem "Arbeitskreis Hochschulgesamtplan", der im
Kultusministerium installiert wurde.
Dahrendorf wurde im Januar 1967 beauftragt, nachdem schon im Juli 1966
eine konstituierende Sitzung stattgefunden hatte. Die zu berücksichtigenden
Parameter waren wachsende Widerstände. Die Wirtschaft wollte an
traditionellen Fach- bzw. Ingenieurausbildungen festhalten, die
Hochschulabteilung die Universitäten retten und die Pädagogischen
Hochschulen ihre Eigenständigkeit als wissenschaftliche Hochschulen
entwickeln. Dennoch wurde der Plan nach relativ kurzer Zeit im Juli 1967 dem
Minister übergeben und im Oktober 1967 als HGP I (zunächst ohne ``I")
veröffentlicht.
(7)
Ministerialrat Dr. von Alberti, der ab 1967 für 17 Jahre lang das Referat
Ingenieurschulen bzw. Fachhochschulen im KM leitete, schrieb in seiner
Geschichte der Fachhochschulen Baden-Württembergs, daß der HGP I für die
zukünftige Gestaltung das Hochschulbereichs einen verhältnismäßig weiten
Rahmen steckte, indem er, von einem "differenzierten Hochschulbereich
ausgehend, bereits zwischen integrierter und kooperativer Gesamthochschule
unterschied."
(8)
Laut Dahrendorf-Plan sollte der Ort, innerhalb dessen solche Differenzierung
erfolgt, die Gesamthochschule sein. Die kooperative Gesamthochschule sollte
Universität, PH, FH, Kunsthochschule und Studienseminar umfassen, die
selbständige Einrichtungen bleiben; so wären die Fachhochschulen in den
Hochschulbereich eingeordnet.
Der allgemeine Aufgabenkatalog für die "differenzierte Gesamthochschule"
enthielt neben der Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Gliedern und
Flexibilität etwa die folgenden Konditionen: Austausch von Dozenten,

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
5
gleichzeitiges Studium an verschiedenen Institutionen, Verbindung von
Lehrveranstaltungen, neue und arbeitsteilige Studiengänge, gemeinsames
Kontaktstudium, Zusammenarbeit in Fragen der Hochschuldidaktik, gemein-
same Berufungs- und Prüfungskommissionen, inhaltliche Abstimmung von
Lehr- und Studienplänen, gemeinsame Raumnutzung (z. B. bei Bibliotheken),
die Bildung gemeinsamer Zentralverwaltungen u. a. für Immatrikulation und
Auslandsamt, einheitliche soziale Betreuung durch ein gemeinsames Studen-
tenwerk usw.
Bei dem im April 1969 vorgelegten HGP wurde für die Fachhochschulen mit
einem überproportionalen Anstieg der Studentenzahlen ausgegangen und die
rasche Vorlage eines FH-Gesetzes gefordert. In den Jahren zwischen 1954
und 1968 hatten die Studentenzahlen an den Universitäten um 127 %
zugenommen, an den Pädagogischen Hochschulen um 526 % und an den
Ingenieurschulen um 148 %.
(9)
Es war eine der Grundvoraussetzungen des
HGP und einer seiner Anlässe, daß auch in Zukunft mit einem starken
Anwachsen der Studienberechtigten zu rechnen war, was die weiter unten
angestellten statistischen Betrachtungen bestätigen.
Schließlich kam es Ende Oktober 1968 zum Abkommen der Minister-
präsidenten, das den Weg zur Fachhochschule allgemein ebnete. Wenn auch
manche Fragen, wie die der Rechtspersönlichkeit, zunächst noch nicht
endgültig geregelt waren, ging man 1969 in den Ländern eifrig daran
Fachhochschulgesetze zu schaffen, wobei die Vorgaben der Minister-
präsidenten nur teilweise übernommen wurden; allerdings waren sich alle
Länder rasch darüber einig, daß die Fachhochschulen rechtsfähige öffentliche
Körperschaften sein sollten.
Im folgenden soll nun kurz auf die wohl größte Problemstellung, nämlich der
Reform der Ingenieurausbildung eingegangen werden, ohne die die Fach-
hochschulen nicht das geworden wären, was sie heute darstellen. Der Wort-
laut des HGP dazu: ,,Die Ingenieurschulen und vergleichbare Einrichtungen
sind als Fachhochschulen einzurichten. Der Studiengang umfaßt sechs
Studiensemester und in der Regel zwei Industriesemester. In Verbindung mit
den beruflichen Gymnasien werden Fachoberschulen eingerichtet, ... Status
und Organisation der Fachhochschulen sind durch ein Gesetz zu regeln."
(10)
Der Kerngedanke von Dahrendorfs Plan war es, daß die Hochschullandschaft
künftig durch ein Nebeneinander von Lang- und Kurzzeitstudiengängen
gekennzeichnet sein sollte. Im technischen und wirtschaftlichen Bereich
sollten die Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen die Keimzelle für die
Kurzzeitstudiengänge bilden; allerdings bestand die Vorstellung, daß man die
Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen gewissermaßen teilen, d. h. zum
einen Teil in die Hochschullandschaft einbeziehen, zum anderen Teil aber in
die Fachschulen hinabstufen solle.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
6
Der FDP Abgeordnete (und Konstanzer) Professor Ralf Dahrendorf, warf
nämlich die Grundsatzfrage auf, ob alle Ingenieurschulen Fachhochschulen
werden und damit in den Hochschulbereich eingegliedert werden sollten.
Seinen Vorstellungen entsprechend sollte nur ein Teil dieser Schulen den
Hochschulstatus zugebilligt bekommen, der andere aber als Fach- oder
Technikerschule eingestuft werden, wobei sich Dahrendorfs Grundsatzfrage
jedoch nicht auf gestufte Ausbildungs- oder Studiengänge bezog, sondern
darauf, ob alle Orte, in denen sich Ingenieurschulen befanden, als Standorte
von Hochschulen geeignet wären.
(11)
Diese Frage erscheint dem Autor vor
allem aus Gründen der Platzfrage in urbanen Zentren, und da lagen ja die
,,alten" Ingenieurschulen, gerechtfertigt. Waren diese Schulen auch für den
Ausbau zu einer Fachhochschule mit eigenem Campus geeignet?
Eine Totalanhebung der Ingenieurschulen, die sie zum stärksten Segment des
Fachhochschulsektors machen sollte, war insbesondere auf berufs- und
gesellschaftspolitische Forderungen der Ingenieure und der Wirtschaft
zurückzuführen, denn was sollten Wirtschaft und Verwaltung, ginge es nach
dem HGP, mit vier verschiedenen Ingenieurarten anfangen? Und so wurde
aus den Ingenieurschulen das Modell der neuen Fachhochschulen, die ja im
wesentlichen technische Studiengänge anboten.
Die Diskussion um die "Ingenieurschulreform" konzentrierte sich auch auf die
"Fachhochschulreife". Baden-Württemberg hatte hier auch den Beschluß der
Ministerpräsidenten zu berücksichtigen, der die Einrichtung von Fachober-
schulen vorsah, die am Ende der Klasse 12 zur Fachhochschulreife führen.
Baden-Württemberg führte zwar die Fachoberschulen nicht ein, übernahm
aber die Fachhochschulreife am Ende der Klasse 12, allerdings des
Gymnasiums, also die "Obersekundarreife".
(12)
Vom Dahrendorf-Plan waren aber auch die Universitäten betroffen. Aber nicht
nur von diesem, denn die studentische Protestbewegung hatte einen weiter-
gehenden Hintergrund. In der Chronik der Universität Tübingen liest man:
"Nachdem die von der studentischen Protestbewegung in den Vordergrund
gerückten Postulate einer Organisationsreform der Universität mit dem Ziel
ihrer Demokratisierung durch den gesetzlich festgelegten Übergang zum
System der Gruppenuniversität bis auf weiteres als erfüllt gelten konnten,
konzentrierte sich die Diskussion ... auf die Studienreform."
(13)
Würdigt man den Plan heute im Rückblick, so mag es sein, daß er für den
Bereich der Universitäten manche Anreize gegeben hat, spektakuläre Än-
derungen hat der Plan dort jedoch nicht zur Folge gehabt. Dauer ist jedoch
dem Vorschlag beschieden gewesen, die Ingenieurschulen in den Hoch-
schulbereich einzubeziehen, wenn auch aus der vorgeschlagenen
Teilanhebung eine Totalanhebung wurde. Dem HGP I folgte 1972 der
Hochschulgesamtplan II für Baden-Württemberg, ein Entwicklungsplan für
einen in Gesamthochschulen gegliederten Hochschulbereich.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
7
2. 2. Das Jahr 1968 in der Retrospektive
,,Jahrestage verführen zu Legendenbildungen", schrieb eine Wochenzeitung
am 5.Juni 1987
(14)
. Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg am 2.Juni 1967
wird gelegentlich als der Auslöser der Studentenrevolte bezeichnet. Aber
diese Revolte hat schon früher begonnen.
Wie weit dieser Prozeß vorangeschritten war, konnte man daran erkennen,
daß der Tod jenes Studenten fast gleichzeitig an allen Universitäten der
Bundesrepublik zu Protestunruhen führte. Kultusminister Hahn stellte im
übrigen zu Recht fest, daß die Protestbewegung keineswegs ein Resultat der
restaurativen Politik der Adenauer-Ära war, sondern sich von Berkley
ausgehend ,,rund um die Welt wie eine Welle fortsetzte"
(15)
.
Am Gründonnerstag 1968, wurde Rudi Dutschke bei einem Revolverattentat
auf dem Berliner Kurfürstendamm schwer verletzt; er war der Führer des
Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Überall löste dieser
Mordanschlag Demonstrationen und zum Teil blutige Zusammenstöße mit der
Polizei aus. Der Anschlag traf nämlich den führenden Kopf der sogenannten
Außerparlementarischen Opposition (APO), und vor allem Studenten sahen
darin eine Folge der Berichterstattung der "Springerpresse" über die Unruhen
der letzten Monate. In München gab es bei Auseinandersetzungen zwei Tote,
Ende April hielt der Deutsche Bundestag eine Sondersitzung wegen der
Studentenunruhen ab.
Im Mai herrschte Chaos in Frankreich. Heftigen Studentenunruhen und einer
Streikwelle versuchte die Regierung mit Polizeimitteln zu begegnen. Anlaß der
Unruhen war die Schließung einer Fakultät der Sorbonne; eine Straßen-
schlacht im Studentenviertel Quartier Latin folgte. Die Auseinandersetzungen
mit der Polizei nahmen in Paris und anderen Universitätsstädten
bürgerkriegsähnliche Ausmaße an. Das Vorgehen der Polizei gegen die
Studenten führte zu Solidaritätsstreiks der Gewerkschaften, Arbeiter besetzten
Fabriken, gleichzeitig aber ließen die Gewerkschaften die Streikziele mit
gewerkschaftseigenen und -typischen Zielen besetzen: Lohnerhöhungen und
kürzere Arbeitszeit. Nun griff Präsident de Gaulle ein. Er erklärte die
Bereitschaft der Regierung zu sozialen Reformen und einer Neuordnung des
Universitätswesens. Damit konnte er sich auch politisch behaupten.
Im Mai 1968 gingen auch in der Bundesrepublik die Studenten auf die Straße.
Sie protestierten gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze. Am 13.Mai
machten 3000 Demonstranten einen Sternmarsch auf Bonn, am 14. wurde
Andreas Baader, eine Gallionsfigur der APO, zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
8
Trotzdem sollte man das, was sich 1968 tat, auch mit studentischen Augen
sehen. Die ´Neue Züricher Zeitung´ leitete eine Reportage mit der Bemerkung
ein, "studentische Störaktionen gehören eigentlich zu jeder Feier oder
öffentlichen Kundgebung in der Universität"; oder es war die Rede vom
"pseudorevolutionären Gesangsverein".
(16)
Soziologen und Politologen zeigten Verständnis: Jürgen Habermas
veröffentlichte schon 1968 "6 Thesen über Taktik, Ziele und Situations-
analysen der oppositionellen Jugend"; Erwin Scheuch schrieb eine "Anleitung
zum Verständnis studentischer Protestaktionen"; "Das Gewerbe der
Rebellen" wurde analysiert; Ralf Dahrendorf - damals Konstanzer Soziologe -
wurde zu der Frage veranlaßt, ob "die Universitäten tot sind".
(17)
Alle Regierungserklärungen hatten plötzlich die Hochschulreform zum Thema,
welche gegen die Studenten, gegen die Universität und auch gegen die
Professoren gerichteten Emotionen in der Öffentlichkeit mobilisierten.
Hauptsächlich aber war die Studentenreform ein Aufbegehren gegen die
Oligarchie der Lehrstuhlinhaber und deren restriktiv handhabbare Organisa-
tionshilfen; auf den Punkt gebracht mit dem \/ers: "Den Mief von tausend
Jahren blasen wir aus den Talaren".
(18)
Die Abstufung Student ­ Doktorand
­ Habilitand - Privatdozent - Lehrstuhlinhaber bilde für die Verfassung der
akademischen Beschlußgremien kein verläßliches Orientierungsmerkmal, sie
verbürge keine optimale Sachgerechtigkeit und so weiter.
Karl Steinbuch sprach von einer Kulturrevolution zwischen 1966 und 1974 und
schrieb. "Vor der Kulturrevolution verfügten wir mit unseren hochwertigen
Universitäten über wissenschaftliche Instanzen, von denen man glaubwürdige
Auskünfte bekam. Aber seit der Kulturrevolution verbreitet sich der Verdacht,
man könne für jede wissenschaftliche Aussage einen passenden Professor
finden".
(19)
1972 schrieb Steinbuch an den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt in
einem offenen Brief u.a.: ,,Die Kritik der ,,Kritiker" zielt nur scheinbar auf die
Verbesserung des Kritisierten, tatsächlich ist ihr Ziel aber die Verunsicherung
der Verantwortlichen, die Verschlechterung der Zustände..., und so die
Vorbereitung der Systemzerstörung. Die erste Etappe der Systemzerstörung
ist bald erreicht, die Universitäten von der Wissenschaft zum Klassenkampf
umzufunktionieren und die Verteidiger der Wissenschaft als egoistische
Starrköpfe abzuqualifizieren."
Brandt antwortete hierzu: "Auch die Universität mußte und muß reformiert
werden. Dabei gibt es zeitweilige Fehlentwicklungen, die nur zum Teil ver-
meidbar sind. Es ist im übrigen mein Eindruck, daß das ungestüme Drängen
aus den Reihen der jungen Generation doch auch einen positiven Beitrag
geleistet hat, denn es hat geholfen, erstarrte Formen zu erneuern."
(20)

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
9
Kultusminister Wilhelm Hahn (Heidelberger Hochschulprofessor), ohne Zweifel
nicht nur in Baden-Württemberg die entscheidende Kraft bei der Reform des
Hochschulbereichs, sondern auch bei der Kulturpolitik des Bundes, erlebte
diese Zeit in der die Begriffe "Gesamthochschule" und "Fachhochschule"
erdacht wurden, so:
Über Heidelberg schrieb er, daß es zu einem Brandherd der studentischen
Unruhe wurde. Für verantwortlich hielt er den SDS, dessen Ideologie die
Frankfurter Schule um Marcuse, Adorno und Habermas hervorbrachte. Selbst
Toleranz sei ein Mittel kapitalistischer Repression und einziges Hilfsmittel sei
die totale Verweigerung. Daß sich die deutsche studentische Protest-
bewegung stärker ideologisierte als die anderer Länder, führte Hahn auf
"unseren Nationalcharakter" zurück, dem es entspreche, den "Aufguß vulgär-
marxistisch präparierter Thesen wie ein Evangelium" zu begrüßen.
,,Einige Zeit hielten uns die Studenten der Ingenieurschulen besonders in
Atem. Obgleich diese Institutionen die besten Aufstiegsmöglichkeiten für Real-
und Hauptschüler waren, forderten die Studenten nun für ihre Nachfolger die
Hochschulreife um ihren eigenen Status zu verbessern. Demagogisch wurde
behauptet: Wenn die Ingenieurschulen nicht zu Fachhochschulen angehoben
würden, hätte der deutsche Fachschulingenieur keine Arbeitsmöglichkeit in
der EWG".
(21)
Hermann Kahn stellte 1982 im Rückblick zu den Ereignissen lapidar fest: ,,Der
deutschen Bildungsreform hat das wesentliche Motiv gefehlt, nämlich die
Bildung zu verbessern."
(22)

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
10
2. 3. Die Fachhochschulen bis in die 90er Jahre
2. 3. 1. Gründungsphase: 1971 - 1975
Die Einrichtung von Fachhochschulen stand in Baden-Württemberg in einem
engen Zusammenhang mit der Planung von Gesamthochschulen. In Baden
Württemberg wurden alle bisherigen Ingenieurschulen und Höheren
Fachschulen, staatliche wie private, selbständige Fachhochschulen. Obwohl
prinzipiell die Möglichkeit bestand, noch nicht ausgebaute Fachhochschulen
zusammen- oder zu verlegen, oder Regional-Fachhochschulen zu bilden,
wurde davon nie Gebrauch gemacht. Dies lag unter anderem daran, daß die
Vorläuferinstitutionen schon an Orten konzipiert wurden, die ein regional
ausgeglichenes berufliches Bildungsangebot sichern sollten. Das sollte nicht
verlorengehen - im Gegenteil: die Fachhochschulen erhielten später einen
ausdrücklichen regionalen Bildungsauftrag.
In anderen Bundesländern wurde anders verfahren. Stellte Baden-
Württemberg mit seinen 22 selbständigen staatlichen Fachhochschulen
(ohne Verwaltung etc.) ein Extrem dar (allein in Stuttgart 4 Fachhochschu-
len), so Rheinland-Pfalz ein anderes, dort errichtete das Land eine einzige
staatliche Fachhochschule mit dem Namen "Fachhochschule des Landes
Rheinland-Pfalz", und unter diesem Dach wurden alle früheren Ingenieur-
schulen usw. als unselbständige Abteilungen zusammengefaßt.
(23)
In
Bayern wurden aus 27 Vorläuferinstitutionen 8 Fachhochschulen organisiert.
Lediglich das kleinste Bundesland, Bremen, machte es wie Baden-
Württemberg, nannte seine 5 Fachhochschulen aber Hochschulen, z. B.
Hochschule für Technik.
(24)
Das Fachhochschulgesetz (FHG) von Baden-Württemberg wurde jedenfalls
im Dezember 1971 vom Landtag beschlossen und rückwirkend zum
1.10.1971 in Kraft gesetzt. Im Februar 1972 fand in Stuttgart die 76. und
letzte Direktorenkonferenz der Staatlichen Ingenieurschulen, Höheren Wirt-
schaftsfachschulen und Kunst- und Werkschulen des Landes
Baden-Württemberg statt. Abgelöst wurde sie von einer Rektorenkonferenz.
Die Rektorenkonferenz ist eine Institution aller Rektoren der
Fachhochschulen in Baden-Württemberg. Sie tagt unabhängig und faßt
Beschlüsse.
Die 3. Sitzung der RKF im Juli 1972 brachte die ganze Problematik der
Anpassung an das FHG zutage, wie Dauer der Vorbereitungskurse,
Einrichtung eines ´Akademierings´ und dessen Verhältnis zur FH
Zugangsbedingungen (d.h. Relation von FH- zu allgemeiner Hochschulreife),
Abschlußgrad der FH, integrierte Studiengänge in den Gesamthochschulen,
Zielvorstellungen zur Studienstruktur, Gewerbelehrerausbildung, Industrie-
semester-Planungen, Ausbauplanung, Studentenwerksfragen etc.
(25)

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
11
Ein großes Problem war die Anerkennung deutscher Ingenieure in Europa.
Diese ging zurück auf die Römischen Verträge von 1957 und danach sollte
schon 1970 eine Entscheidung getroffen sein. Richtlinienvorschläge der
EWG-Kommission teilten die Ingenieure bei der gegenseitigen Anerkennung
der Diplome bzw. sonstigen Befähigungsnachweise zur Aufnahme
selbständiger Tätigkeiten in drei Gruppen.
Die Gruppe 1 umfaßte Personen mit Abitur und entweder einem vierjährigen
Studium auf "niveau universitaire", (also "wissenschaftlich und theoretisch"
und ohne Berücksichtigung von Praxis) oder einem "technisch und praktisch
betonten dreijährigen Studium" (ebenfalls auf "niveau universitaire" plus min-
destens einjährigem gelenkten Praktikum).
Die Gruppe 2 betraf Personen, die eine zwölfjährige Schulzeit
(möglicherweise einschließlich praktischer Ausbildung) und eine dreijährige
technische Ausbildung deutlich unterhalb dem zuvor genannten Niveau
haben.
In die Gruppe 3 gehörten alle "qualifizierten Techniker".
Entscheidende Kriterien waren also Vor- und Ausbildung. Die deutschen
Ingenieurschul- und auch die FH-Absolventen kamen nach Gruppe 2; daran
konnten auch zwei in das Studium integrierte Praxissemester nichts ändern.
Unter dem Stichwort "Neue Wege der beruflichen Bildung" stellte das
Kultusministerium im Jahr 1973 eine Alternative zu der bisherigen
Einbahnstraße über das Abitur zur Hochschule vor. Es handelte sich dabei
um die Ankündigung der Schaffung eines "Akademierings", dessen konkrete
Form die Berufsakademien waren. Den Grundstock des Akademierings soll-
ten die Berufsakademien in Stuttgart und Mannheim bilden.
(26)
Ursprünglich sollten den Akademiering Fach- und Berufsfachschulen und
ähnliche Institute bilden. Der Akademiering II, die Berufsakademien, aber
machten den Fachhochschulen größere Sorgen. Sie rückten ihnen so nahe,
daß sie aus Sicht der Fachhochschulen entweder gefährlich oder überflüssig
wurden. Wenn sie funktionierten, nahmen sie den Fachhochschulen
Abiturienten als Studienbewerber weg; damals konnte das noch
problematisch sein. Zudem waren die BA-Ausbildungsrichtungen identisch
mit denen der Fachhochschule, nämlich Technik, Wirtschaft und
Sozialwesen. Diese Rivalität führte zu einer Verunsicherung der
Wirtschaftstreibenden.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
12
Die Berufsakademie hob das duale Berufsbildungssystem auf die
akademische Ebene. Sie war und ist zwar keine Hochschule, sie ressortierte
allerdings in der Hochschulabteilung und es war die große Frage, welchen
Abschlußgrad sie verleihen sollte. Dieses Dilemma löste das HRG. Auch hier
wurde der erste berufsqualifizierende Abschluß das Diplom "Diplom-
lngenieur (BA)".
Hauptziel des Akademieplans war es, die beruflichen Ausbildungsgänge, die
auf einem mittleren Abschluß aufbauen, nachhaltig zu verbessern und damit
eine Alternative anzubieten, die die Überschwemmung der Hochschulen
vermied.
Im Herbst 1972 - knapp ein Jahr nach dem Inkrafttreten des FHG ­ nannte
das Kultusminister unter den nächsten Schritten, die zur Hochschulreform zu
tun seien, auch den verstärkten Ausbau kürzerer Studiengänge im Hoch-
schulgesamtbereich, insbesondere durch Hereinnahme weiterer Fach-
richtungen in die Fachhochschulen im Rahmen von Gesamthochschulen.
An den Höheren Verwaltungsfachschulen studierten zu jener Zeit rund
eintausend Verwaltungsinspektoranwärter. Das Ganzjahresstudium dauerte,
auch später an der FH, zweimal 3 Trimester; schließlich bekamen die
Beamtenanwärter Gehalt und bald auch ein Diplom (FH) nach zwei Jahren!
Und obwohl sich die Rektorenkonferenz die staatlichen Verwaltungsfach-
hochschulen als nicht in den Hochschulbereich gehörend einstufte, wurden
die verwaltungsinternen Fachhochschulen trotzdem so geschaffen. Und nicht
nur die beiden in Kehl und Stuttgart (später Ludwigsburg), sondern noch eine
ganze Reihe weiterer. Auch der Bund gründete eine ganze Reihe von
Fachhochschulen ebenso wie die Deutsche Bundespost, die Deutsche
Bundesbank und die Bundeswehr.
(27)
. Dazu kamen zu jener Zeit auch noch
die privaten Fachhochschulen, die hauptsächlich im Bereich Sozialwesen,
Rehabilitation und Gestaltung tätig waren und sind.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
13
2. 3. 2. Konsolidierungsphase: 1976 - 80
Das Hochschulrahmengesetz wurde im Dezember 1975 beschlossen und
trat im Jänner 1976 in Kraft. Das HRG brachte, wenn auch nicht gleich, mit
der Diplomierung der FH-Absolventen eine effektive Steigerung der
Attraktivität der Fachhochschulen. Auch ansonsten brachte es Änderungen
für die Hochschulen. Es zeigte endgültig das Ende an für die "Ordinarien-
Universität". "Professor" wurde vom Titel zur Berufsbezeichnung.
Den Ländern räumte es eine Frist von drei Jahren ein für die nachfolgenden
Gesetzesanpassungen; es dauerte bis zum 1. Januar 1978 bis das FHG
geändert war.
(28)
Das Studium wurde neu gegliedert und in zwei Abschnitte eingeteilt, Grund-
und Hauptstudium, die jeweils mit einer übergreifenden Prüfung abge-
schlossen werden. Das geänderte FHG gab der Fachhochschule die
Möglichkeit die Fachbereichsgliederung neu zu regeln. Ein weiterer
Entwicklungsschwerpunkt, betraf die praxisorientierte und industrienahe
Forschung an Fachhochschulen. Nicht nur die Studienreform, auch die
Forschung und Entwicklung im Rahmen ihres Bildungsauftrags war und ist
gesetzliche Aufgabe der Fachhochschulen. Anders als in den übrigen
Bundesländern war dafür die Lage der Fachhochschulen in Baden-
Württemberg besonders günstig, da es seit 1970 als Organisationsträger die
Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung gab.
(29)
Sehr stark wurden 1976 die Auswirkungen virulent, die die geburtenstarken
Jahrgänge bringen würden. Dabei entdeckte man den "Studentenberg", an
dessen Fuß auf der ansteigenden Flanke man Mitte der 70er Jahre stand.
Man wußte aber nicht, auf welchem Niveau sich die Zahl der Studien-
anfänger schließlich einpendeln würde. In dem Bewußtsein, daß man
Studienplätze weder kurzfristig noch in dem Ausmaß schaffen konnte, das
der Spitze des Berges gerecht geworden wäre, erfand man einen Plan der
"Untertunnelung" des Studentenbergs.
Die in Baden-Württemberg Regierungsverantwortung tragende Partei
drängte dann auch auf eine neue Bildungspolitik. Sie ging davon aus, daß
sich in den nächsten 20 Jahren die Zahl der Erwerbspersonen mit Hoch-
schulausbildung von damals 1,75 Mio auf 4 bis 5 Mio erhöht, was heißt, daß
dann jede 5. bis 6. Erwerbsperson eine Hochschule absolviert haben wird.
Es ging darum die Studienplätze an Fachhochschulen um mehr als 50 % zu
vermehren. Der Beschluß des Ministerrates war die Grundlage des sog.
Stufenplanes, der ab 1978 konkretisiert wurde. Lothar Späth, der wenige Zeit
später Ministerpräsident wurde, führte aus, ,,daß den Fachhochschulen in der
Gegenwart eine besondere Schlüsselposition im Hochschulbereich
zukomme, weil an den Universitäten die Möglichkeit der Einführung einer
Überlastquote und die Reduzierung der Studienzeiten begrenzt sei".
(30)

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
14
,,Und es sei notwendig, junge Menschen möglichst praxisnah auszubilden,
damit ihnen die Aufnahme der Berufstätigkeit erleichtert werde. Für die
Bundesrepublik als Exportland folge daraus die Notwendigkeit von mehr
Technologie und einer Schwerpunktverlagerung auf Ausbildung für
technische Berufe."
(31)
Damit begründete er den Ausbau der
Fachhochschulen und deren Richtung.
Im August 1978 wurde vom Ministerrat ein "Stufenplan für den Ausbau der
Fachhochschulen'' verabschiedet. Er sah einen Ausbau um 6500 Studien-
plätze auf Dauer und um 5100 Studienplätze auf Zeit vor.
Baden Württemberg blieb aber bewußt weiterhin das einzige Bundesland,
das jungen Menschen mit mittlerer Reife und (mindestens) zweijähriger
Praxis die Möglichkeit bot, durch eine einjährige Vorbereitungszeit die
Fachhochschulreife zu erwerben.
2. 3. 3. Ausbauphase: 1981 - 1990
Die frühen 80er Jahre waren geprägt von der Entwicklung eines klaren
Images im Hochschulbereich und der damit verbundenen Position in der
Hochschullandschaft. Überall in Baden-Württemberg wurden Transfer-
zentren, Technische Beratungsdienste, u. ä. Institutionen die eine verstärktes
Angebot an die Unternehmen darstellten, gegründet.
Das erste Transferzentrum welches im Rahmen der Steinbeis Stiftung
gegründet wurde, war das "Transferzentrum für Mikroelektronik und
Systemtechnik" an der FH Furtwangen, und hatte die Aufgabe, Forschungs-
und Entwicklungsaufgaben im Bereich mikroelektronischer Geräte
durchzuführen, vorzugsweise in Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen.
Es war damit das erste Transferzentrum in Deutschland überhaupt und ist
seither ständig ausgelastet.
(32)
Bis 1989 wurden neun weitere Transferzentren eingerichtet, mit Ausnahme
des Freiburger ,,Transferzentrums für Controlling und Management" alle in
Technik- oder Informatikbereichen.
Das für die Fachhochschulen wesentliche an dieser Entwicklung war, daß
durch die Bewilligung innovativer Projekte im FH-Bereich der ganzen
Bundesrepublik der Einstieg von Professoren in Forschung und Entwicklung
im Hauptamt erstmals gelungen ist; wenn es auch eher anwendungs-
orientierte Forschung war und bis heute ist.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
15
Die zweite große Stoßrichtung war die Regionalisierung der Fachhoch-
schulen und die damit verbundene Gründung von Außenstellen.
Baden-Württemberg war mit 64 Hochschulen und 8 Berufsakademien das
Land mit den meisten Hochschulen, die Gründung selbständiger
Einrichtungen des tertiären Bereichs kam deshalb und auch aus
ökonomischen Gründen nicht in Frage. Es entstanden sogenannte
Außenstellen.
Das Kultusministerium veröffentlichte 1988 den Bericht einer Projektgruppe
von Rektoren zum Thema "Regionaler Bildungsauftrag der Fachhoch-
schulen". Wissenschaftsminister Engler schrieb in einem Vorwort: "Wegen
der Bedeutung des Praxisbezugs und der regionalen Orientierung der
Ausbildung an Fachhochschulen hielt es die Landesregierung für geboten,
die Zielsetzungen an der Wirklichkeit zu messen und festzustellen, inwieweit
die Fachhochschulen den regionalen Bildungsauftrag - in die Praxis
eingebunden - erfüllen." und: "Die Landesregierung sieht in der Studie ihr
Konzept einer dezentralen Fachhochschulpolitik bestätigt und wird es daher
weiter konsequent verwirklichen".
(33)
Wie gesagt, dies meinte aber nicht die
Gründung neuer Fachhochschulen, sondern die Installierung neuer
Fachbereiche in den Außenstellen.
Insgesamt kann man diese Zeit als Periode der "Identitätsfindung"
bezeichnen. Das ist insofern zutreffend, als in den Jahren 1976 bis 1980 mit
dem Begriff "Praxisbezug" und dessen formaler und institutioneller
Begründbarkeit durch enge Kooperation mit der Industrie der Schlüssel
gefunden wurde, der für die Fachhochschulen das Tor öffnete, durch das ihr
Weg sie in eine bislang erfolgreiche Zukunft führte.
2. 3. 4. Die Situation in den 90er Jahren
2. 3. 4. 1. Empfehlungen der Strukturkommission "FH 2000"
Die Strukturkommission "Fachhochschule 2000" wurde vom Land Baden-
Württemberg 1988 als ein unabhängiges Gremium von zwölf Personen
aus den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft berufen. Im Februar 1990
erschien der Abschlußbericht, der u. a. Einzelempfehlungen zur
Entwicklung der Fachhochschulen enthielt.
Aus der Ist-Analyse der Strukturkommission ,,Fachhochschule 2000" nur
ein paar Zahlen: Im WS 88/89 studierten in Baden-Württemberg an den
Universitäten 143.884 Studenten, an den Fachhochschulen (ohne
verwaltungsinterne FH) 40.705, also 22 %; 50 % studierten
Ingenieurwissenschaften. Seit dem "Stufenplan für den Ausbau der
Fachhochschulen" aus dem Jahre 1978, wurden 3500 neue Studienplätze
geschaffen, d. h. die Aufnahmekapazität um 50 % gesteigert.
(34)

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
16
Bei den Studienfächern dominierten mit gut 21.200 Studenten, also der
Hälfte aller FH-Studenten, die Ingenieurwissenschaften; mit 5.000
Studenten stellte die Elektrotechnik ein Viertel der Ingenieur-Studenten.
4.100 Informatik-Studenten machten etwa 10 % aller FH-Studenten aus.
1990 hatten 61 % aller Studienanfänger das Abitur; Mitte der 80er Jahre
waren es 71 %, bei Studienanfängerinnen sogar 83 %. Der zuletzt
gesunkene Abiturientenanteil kann als eine neuerliche Zuwendung der
Abiturienten zu den Universitäten interpretiert werden. Ein Grund dafür
könnten aber auch Numerus clausus-Hürden sein, die bei gewissen
Fachhochschul-Studiengängen höher liegen als bei vergleichbaren
Fächern einer Universität.
Die Kommission ging auf folgende Themen ein. Bildungsexpansion und
Arbeitsmarkt, eigenständiger Bildungsauftrag der Fachhochschulen (wobei
das Prinzip "Andersartigkeit aber Gleichwertigkeit" aufgegriffen wurde),
Status und Ausstattung der Lehr- und Prüfungsformen, nationale und
internationale Anerkennung der FH-Abschlüsse, Weiterbildung und
Begabtenförderung, angewandte Forschung und Entwicklung, die
Kooperation mit der Wirtschaft und das Regionalisierungsprinzip in Baden-
Württemberg (wobei festgestellt wurde, es sei genügend regionalisiert
worden).
(35)
Die allgemeinen Empfehlungen der Kommission zu Studium und Lehre
befaßten sich u. a. mit dem Hochschulzugang und hier kamen die
Forderungen, das 13. Schuljahr ebenso abzuschaffen wie auch die
Fachhochschulreife. Zur Betreuung von Studenten in den
Praxissemestern wurden 60 Professorenstellen vorgeschlagen. Auch
Studieninhalte waren Empfehlungsgegenstand: "Das Fächerangebot soll
... um allgemein-wissenschaftliche Fächer ergänzt werden".
(36)
Die
Kommission war der Auffassung, das FH-Fächerspektrum entspreche
weitgehend dem Bedarf und "eine Erweiterung des Studienangebots in
Richtung Geistes- und Gesellschaftswissenschaften wird ... nicht
empfohlen, zumal sie auch nicht dem Bedarf des Arbeitsmarktes
entspricht".
(37)
Interessant war die Empfehlung, größere Fachbereiche einzurichten, in
denen mehrere Studiengänge zusammengefaßt sind, was interdisziplinäre
Kooperationen möglich machte.
Auf der Tagung des "Bad Wiesseer Kreises" 1990 sprach MDir. Dr.
Dettinger-Klemm vom Stuttgarter Kultusministerium über die Vorschläge
der Strukturkommission aus der Sicht des Ministeriums. Eine seiner sechs
Thesen befaßte sich mit ,,Licht und Schatten des baden-württem-
bergischen regionalen Fachhochschulsystems". Darin führte er aus:

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
17
,,Das baden-württembergische Fachhochschulkonzept ist betont regional-
bezogen. Dahinter steht die Überzeugung, daß hochschulpolitische und
strukturpolitische Ziele vielfach gemeinsam realisiert werden können, daß
sie keineswegs a priori Gegensätze bilden, die zwangsläufig zu Konflikten
führen müssen. Trotzdem ist überregional nichts so umstritten wie das
Regionalisierungskonzept, und damit auch das baden-württembergische.
Selbstverständlich kann man nicht für jeden Landtagsabgeordneten eine
Fachhochschule gründen ... aber warum soll man nicht dieses
Regionalisierungs-Konzept etwas ausarbeiten? Es gibt doch keine
bestimmte Größe für eine Fachhochschule. Fachhochschulen haben den
Vorzug, daß sie mit 300 Studenten funktionieren, daß sie mit 5000
funktionieren, daß sie, wenn die Studiengänge geschickt aufeinander
abgestimmt sind, durchaus auch mit 5 auskommen können und nicht 50
haben müssen. In dieser Geeignetheit, die die Fachhochschule für die
Regionalisierung hat, steckt (...) ein Kapital, das nicht genug genutzt wird.
Man tut immer so, als sei es unanständig, über Strukturprogramme und
Regionalförderung zu reden. Früher hat sich kein Fürst etwas daraus
gemacht zu sagen, ich gründe eine Universität, eine Technische
Lehranstalt, eine Ingenieurakademie für mein Fürstentum. Sie haben zwar
immer betont, Kunst und Kultur sollten aufblühen, gemeint haben sie
natürlich, es muß Geld ins Haus."
(38)
Nach dieser Ansicht sind die Fachhochschulen besonders für
strukturpolitische Maßnahmen geeignet, da sie mit Unternehmen der
Region kooperieren und dies solle verstärkt werden. Diese Textpassagen
kennzeichnen nach Meinung des Autors die strategische Richtung des
Weges der Fachhochschulen in das nächste Jahrtausend, allerdings gibt
es auch strukturpolitische Grenzen.
Bei der gleichen Tagung bemerkte FH-Rektor von Pforzheim/Wirtschaft:
,,Die Situation der starken Studienbewerberzahlen quer durch das
Bundesgebiet wird in absehbarer Zeit gleich sein und gilt für nahezu alle
Fachhochschulen, insbesondere in den Bereichen der Ingenieur-
wissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre. Die daraus gezogenen
Konsequenz des flächendeckenden numerus clausus ist jedoch in den
einzelnen Ländern unterschiedlich. Ich bin der Auffassung, wenn es nicht
zu einem nachhaltigen Kapazitätsausbau in adäquater Qualität kommt,
wird eine generelle NC-Situation zum Zweck einer qualitativ hoch-
stehenden Ausbildung unvermeidbar werden. Ein solcher harter NC hat
auch positive Konsequenzen. Denn knappe Güter steigen bekanntlich in
ihrem Ansehen und Wert."
(39)
Mit der NC-Situation hatte er recht, mit
dem Wertanstieg allerdings nicht unbedingt.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
18
2. 3. 4. 2. Empfehlungen des Wissenschaftsrates
Ebenfalls 1990 veröffentlichte der Wissenschaftsrat (WR) seine
,,Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen in den 90er
Jahren". Der Bericht beschreibt noch einmal die Ausgangslage und die
Entwicklung der Fachhochschulen in den 80er Jahren, also seit der Zeit,
da der WR sich erstmals mit den Fachhochschulen beschäftigte, bringt
jedoch dabei einige neue "Berechnungen".
Zwischen 1975 und 1989 hat an allen staatlichen Fachhochschulen (ohne
Verwaltung) die Zahl der Studienanfänger um 58 % (auf 65.130)
zugenommen, die der Stellen für wissenschaftliches Personal (also im
wesentlichen Professoren) um 4,2 % (auf 9.408). Von Land zu Land gab
es dabei aber große Unterschiede.
Das zeigt ein Vergleich der "Betreuungsrelation", bei der die Zahl der
Studienanfänger auf die Stellen für Professoren bezogen wird. Baden-
Württemberg hatte den Wert 7. Die "schlechteste" Betreuungsrelation
hatte 1989 Schleswig-Holstein mit 10,6, gefolgt von Bayern (8,6) und
Hessen (8,1). Die "besten" Betreuungsrelationen finden sich in den
Stadtstaaten Hamburg (5,0) und Berlin (4,2).
Zum Ausbaustand der Fachhochschulen wurden nun Flächenrichtwerte
angegeben, z. B. war der vom Wissenschaftsrat errechnete Richtwert für
Ingenieurwissenschaften 12 qm je Studienplatz. Aus den Studien-
platzzahlen lassen sich interessante Ländervergleiche ziehen. Wieviele
Studienplätze sind z. B. je 10.000 Einwohner vorhanden? Am besten
schnitten hier die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin ab. Bei den
Flächenstaaten liegt Baden-Württemberg an erster Stelle mit 15,4, gefolgt
von Rheinland Pfalz (14,3) und NRW (13,9); Schlußlichter sind Bayern
(10,4) und das Saarland (9,4) bei einem Bundesdurchschnitt ohne
Stadtstaaten von 12,5 qm..
Aus diesen Zahlen lassen sich auch Raumauslastungen berechnen. Die
höchsten oder hier schlechtesten Werte erreichen bei einem Bundes-
durchschnitt von 178 % die Länder Hessen (315 %), Bayern (243 %) und
Schleswig-Holstein (237 %); Baden-Württemberg liegt mit 154 % relativ
gut. Hamburg und Berlin haben mit 129 % und 119 % die günstigsten
Werte.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
19
Bedeutender als die obigen Zahlen sind die Empfehlungen des WR für die
Weiterentwicklung der Fächerstruktur. Hier schlägt er vier "Leitlinien" vor.
Die erste betraf neue fachliche Schwerpunkte in den traditionellen
Fachgebieten wie Maschinenbau und Elektrotechnik und deren Kombi-
nationen mit Informatik bzw. Automatisierungstechnik. Die zweite Leitlinie
befaßt sich im wesentlichen mit der innovativen Weiterentwicklung von
Informatik-Studiengängen. Die dritte Leitlinie betraf ,,integrierte
Auslandsstudiengänge" und die vierte Leitlinie ,,neue berufsorientierte
Studiengänge mit sprach-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Inhalten",
die auf Tätigkeiten in der Wirtschaft bezogen sein sollten. Der WR vermied
hier, die Geisteswissenschaften zu nennen, meinte aber das, was die
Kommission "FH 2000" als vom Arbeitsmarkt nicht nachgefragt,
ausschloß.
(41)
Der WR stellte auch Möglichkeiten für die Erweiterung des
FH-Studienangebots zur Diskussion, nämlich "Aufbaustudiengänge für
FachhochschulabsoIventen an Pädagogischen Hochschulen und
Universitäten, die zur Qualifikation als Berufsschullehrer dienen".
(integrativ oder konsekutiv), wodurch nach Meinung des Autors in einem
Falle die Fachhochschulen diese Ausbildung an sich ziehen, im anderen
aber die pädagogischen (Hoch)Schulen.
Die wesentlichen Auswirkungen der WR-Empfehlungen auf die
Fachhochschulen in Baden-Württemberg waren:
Es wurden verstärkt berufsintegrierte Studiengänge als eigenständige
Studienangebote angeboten. Es erfolgte eine verstärkte Konzentration auf
Elemente der strategischen Erfolgspositionen der Fachhochschulen,
nämlich die Einhaltung der kurzen Studienzeiten und damit wiederum die
Motivation der Studenten zu einem effektiven und dann auch kurzen
Studium. Ebenso empfahl der WR den Fachhochschulen, ,,die Evaluation
der Lehre, wozu auch die Entwicklung hochschulgemäßer Maßstäbe für
die Qualität der Lehrleistungen gehört, zu ihrem eigenen Thema zu
machen".
(42)
In den Vordergrund des Bereiches Forschung und Entwicklung wurde in
den 90er Jahren aber vor allem der Ausbau von Fachhochschulen als
"Regionales wissenschaftliches Dienstleistungszentrum" (RWZ) gestellt.
Dies bedeutete, daß sich die Fachhochschule verstärkt der anwendungs-
bezogenen Forschung widmen sollte und auch der Weiterbildung. Speziell
die Weiterbildung sollte in einer Art ´Wissens-Transferzentrum´ in
Analogie zu den Technologie-Transferzentren geschehen und haupt-
sächlich von privatrechtlich organisierten Einrichtungen getragen werden.
Auch in diesem Vorschlag war ähnlich der Berufschullehrerausbildung ein
weiteres Marktsegment für die Fachhochschulen zu sehen.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
20
F&E war nunmehr Dienstaufgabe von FH-Professoren. Dies wurde
befördert durch die Möglichkeit, Forschungsprojekte im Hauptamt an der
Hochschule oder an externen Forschungsinstituten durchzuführen, was
den Empfehlungen von WR und Strukturkommission "FH 2000" entspricht.
Drittmitteln können aus Programmen des Bundes und der EG
eingeworben werden.
Weitere Aufgaben im Bereich "Internationalisierung des Studiums" an den
Fachhochschulen war die Etablierung eines Netzes internationaler
Beziehungen; dies auch zum Nutzen der regionalen Wirtschaft, in erster
Linie aber zur Festigung und Verbesserung der Berufschancen der
Absolventen in einem sich verschärfenden europäischen Wettbewerb. Das
Studium an der FH soll eine ´europäische Dimension´ gewinnen, gefordert
durch die fortschreitende Integration Europas zu einem gemeinsamen
Markt für Güter und Arbeit.
Der Autor möchte hier mit einer Rede anläßlich der Festveranstaltung ,,20
Jahre Fachhochschule" in Konstanz am 28. Mai 1991 abschließen, die
Minister von Trotha hielt und die nach Meinung des Autors die
wesentlichen Aufgaben der Fachhochschulpolitik in Baden-Württemberg
im vergangenen (damals zukünftigen) Jahrzehnts beschreibt, und die für
die gegenwärtige Situation in Österreich in etwa zutrifft.
Der Minister machte für die FH-Politik der 90er Jahre die Vermehrung der
Studienplätze zum obersten Ziel. Ferner betonte er die Notwendigkeit die
Qualität der Lehre zu festigen; dies durch Einreizsysteme. durch
intensivere Betreuung der Praxissemester, durch Projektstudien und durch
die Einrichtung von Tutorien. Als wichtigen qualitativen Aspekt
bezeichnete der Minister den zukünftigen Zugang qualifizierter Absol-
venten zur Promotion - was man "die vertikale Durchlässigkeit des
Bildungssystems" nannte. Weiters bekannte sich der Minister in seiner
Festrede zum Regionalisierungsprinzip, zur regionalen Funktion der
Fachhochschulen als Wissenschaftszentren und zu ihren Bemühungen
um Internationalität.
(43)

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
21
2. 4. Die quantitative Entwicklung der Hochschullandschaft aus
statistischer Sicht
Im folgenden werden hier einige wenige Tabellen zusammengefaßt, die die
quantitative Entwicklung darstellen sollen und auf die sich einige Angaben im
Text beziehen.
(44)
Tabelle I,2/1
Studierende nach Hochschularten und Geschlecht seit dem Wintersemester 50/51
Winter-
Studenten
davon an
Semester an Hochschulen
Universitäten
Pädagogischen
Kunst-
Fach-
Hochschulen
Hochschulen
Hochschulen
insgesamt weibl.
insgesamt weibl. insgesamt weibl. insgesamt weibl. insgesamt
weibl.
1950/51
.
.
21 146 3 327
.
.
1 329
642
.
.
1955/56
.
.
24 741 4 500
.
.
1 624
782
.
.
1960/61
.
.
38 044 8 397
.
.
2 100
907
.
.
1965/66
.
.
45 974 10 221
.
.
2 043
891
.
.
1970/71
.
.
61 509 15 773
14 464 8 620
2 520 1 081
.
.
1973/74
118 746
39 111
79 924 22 220
20 873 12 929
2 623 1 150
15 326 2 812
1974/75
127 224
43 243
84 228 24 301
22 751 14 101
2 836 1 281
17 409 3 560
1975/76
132 093
44 765
86 388 25 555
22 248 13 674
2 960 1 356
20 497 4 176
1980/81
147 768
52 377
102 124 34 468
13 127 8 741
3 332 1 598
29 185 7 570
1985/86
190 301
69 001
132 224 47 653
9 785 6 929
3 848 1 937
44 444 12 482
1990/91
215 242
79 204
148 780 53 757
11 851 8 850
4 028 2 083
50 583 14 514
1995/96
226 512
89 638
142 960 55 729
19 038 13 840
4 105 2 262
60 409 17 807
1996/97
219 353
88 523
131 771 55 199
18 657 13 537
4 060 2 276
58 865 17 511
1997/98
206 550
84 954
127 412 52 187
17 739 13 010
3 995 2 210
57 404 17 547
Anmerkung: die Tabelle wurde in 5 Jahresintervalle gegliedert, nur die Gründungsphase und
die derzeitige Entwicklung sind genauer dargestellt.
Es fällt auf, daß die sogenannte ,,Untertunnelung" des Studentenberges erst
relativ langfristig gewirkt hat bzw. die Fachhochschulen in dieser Hinsicht zu
spät gegründet wurden. Ebenso ersichtlich wird, daß in den letzten Jahren die
Zahl der Studenten insgesamt rückläufig ist. Die Nachfrage im tertiären
Bildungsbereich stagniert also derzeit.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
22
Die nächste Tabelle zeigt die Entwicklung der wesentlichen Auffahrtsschienen
zu den Fachhochschulen:
Tabelle I,2/2
Schüler an öffentlichen und privaten beruflichen Schulen in Baden-Württemberg
Seit dem Schuljahr 1952/53 nach Schularten und Geschlecht
Schuljahr Schüler an
beruflichen Schulen
darunter an:
Berufsschulen
Berufsfach-
Berufs-
Fachschulen
schulen
kollegs
insgesamt weiblich zusam.
weiblich zusam.
weiblich zusam.
weiblich zusam.
weiblich
1952/53
.
. 291 078 120 285
26 694
21 124
.
.
.
.
1955/56
361 341 166 319 308 951 132 746
33 989
25 699
.
.
12 441
3 669
1960/61
250 533 114 820 199 443
85 202
27 159
19 794
.
.
16 177
4 575
1965/66
292 983 137 138 233 244 103 214
35 781
24 395
.
.
12 524
3 324
1970/71
315 387 139 020 238 164
98 840
38 596
24 753
-
-
14 248
.
1975/76
341 833 151 616 226 710
88 231
56 129
34 530
.
.
21 225
8 822
1980/81
436 004 195 169 288 207 115 483
63 280
34 526
19 579
14 611
14 820
3 852
1985/86
446 780 203 564 295 668 123 010
53 440
27 537
28 978
19 899
15 176
4 238
1990/91
382 884 175 736 233 378 101 219
48 161
25 283
28 199
16 373
19 256
3 983
1995/96
354 902 161 771 195 062
79 698
51 105
26 703
30 965
18 901
18 001
4 223
1996/97
359 032 166 369 192 916
79 329
52 075
27 501
33 304
20 438
17 171
4 459
1997/98
364 870 169 804 193 494
79 220
53 978
28 243
35 618
21 905
16 168
4 540
Der ´Peakwert´ der Schülerzahlen lag in den frühen 80er Jahren, seither sind
die Zahlen rückläufig. Die Berufsfachschulen liegen hier vorne, jedoch
verzeichnen die Berufkollegs den höheren Anstieg. Die Proportionen, was den
weiblichen bzw. männlichen Anteil in den einzelnen Schultypen betrifft, ist
divergent. Die Kollegs attraktieren mehr Frauen und haben Zuwachsraten.
Hier könnte eine Aufforderung an die Fachhochschulen gesehen werden,
,,frauenfreundlichere" Studiengänge einzurichten.
Die Berufsschulen verlieren seit den 50er Jahren ständig Schülerzahlen; der
sogenannte ,,klassische Weg" des Berufseinstiegs verliert immer mehr an
Bedeutung.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
23
Die letzte hier gezeigte Tabelle, bietet sich vor allem für Vergleichszwecke mit
Österreich und Überlegungen zur zukünftigen Entwicklung von Hochschul-
standorten an.
Tabelle I,2/3
Entwicklung der Studierendenzahlen an den
Fachhochschulen
Wintersemester
1994/95
1990/91
1980/81
1970/71
Aalen
2.390
2.286
1.180
709
Albstadt-Sigmaringen
1.589
1.172
362
73
Biberach
1.307
835
452
242
Esslingen (Sozialwesen)
678
625
706
139
Esslingen (Technik)
3.777
3.398
1.945
1.169
Furtwangen
2.130
1.728
992
602
Heilbronn
3.334
3.496
1.870
731
Karlsruhe
4.743
4.134
2.861
1.503
Konstanz
2.758
2.333
1.467
1.195
Mannheim (Sozialwesen)
416
344
458
228
Mannheim (Technik)
2.789
2.477
1.376
899
Nürtingen
2.579
2.148
1.202
267
Offenburg
1.776
1.671
605
349
Pforzheim (Gestaltung+Wirtschaft)
2.981
3095
1883
699
Ravensburg-Weingarten
1.278
1.379
559
267
Reutlingen
2.858
2.982
1.127
422
Stuttgart (Bibliothekswesen)
586
604
393
219
Stuttgart (Druck)
1.433
1.141
808
290
Stuttgart (Technik)
2.332
2.113
1.373
858
Ulm
2.289
2.192
1.243
704
Staatliche Fachhochsch. Ca.
44.000
41.000
23.000
12.000
Nichtstaatl.Fachhochsch. ca.
6.300
3.300
2.600
900
Verwaltungsfachhochsch.Land ca.
6.200
4.400
3.500
-
Verwaltungsfachhochsch.Bund ca.
2.900
2.400
-
-
Berufsakademien ca.
10.300
11.100
2.600
-
Die größten Fachhochschulstädte sind Karlsruhe, Esslingen, Heilbronn und
Pforzheim. Aber es gibt auch nichtstaatliche Fachhochschulen erwähnens-
werter Größe wie z. B. die FH Lahr (FH für Berufstätige!) mit 2676
Studierenden. Ebenso hat die Berufsakademie Stuttgart mit ca. 3000
Studierenden eine den großen Fachhochschulen vergleichbare Größe.
Manche Fachhochschulstädte scheinen noch Wachstumspotential zu haben,
andere stagnieren. Auffallend ist aber, daß die Fachhochschulen für Sozial-
wesen eine andere ,,Betriebsgröße" haben, über die sie nicht hinauswachsen.
Es bleibt abzuwarten, ob Österreich eine ähnliche Entwicklung zeigen wird.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
24
2. 5. Regionalgeschichte: FHF - Fachhochschule Furtwangen
Die Geschichte der FHF beginnt in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. In
diesen Jahren zwang die wirtschaftliche Lage des Uhrengewerbes im
Schwarzwald Betroffene und Verantwortliche zur Diskussion hilfreicher
Maßnahmen, deren eine die 1850 gegründete Großherzogliche Badische
Uhrmacherschule in Furtwangen war.
Im Laufe der Zeit kamen neue Fachrichtungen hinzu. Kurz vor dem zweiten
Weltkrieg wurden an der Schule die Fachrichtungen Uhrmacherei,
Feinmechanik, Elektromechanik und Funktechnik für von der Volksschule
kommende
Schüler unterrichtet. Die vierjährige Ausbildung setzte
sich
aus 3 Halbjahren Vorfachschule mit fast ausschließlich praktischem Unterricht
und 5 Halbjahren Fachschule mit praktischer und theoretischer Ausbildung
zusammen. Dann kam der Krieg.
(45)
Am 15. Oktober 1947, zu Beginn des Wintersemesters 1947/48 eröffnete die
Staatliche Uhrmacherschule, die Fach- und Ingenieurschule für
Feinwerktechnik Furtwangen/Schwarzwald. Der Name 'Staatliche
Uhrmacherschule' wurde vorerst beibehalten, nachdem die Schule unter
dieser Bezeichnung fast 100 Jahre weit über die Grenzen von Furtwangen
bekannt war.
Die Studierenden an der Ingenieurschule waren "Schüler".
Nach 2jähriger
Ausbildung folgte die Ingenieur-Vorprüfung, bei Erfolg konnte sich der
Kandidat "Techniker" nennen. Nach 3jährigem Schulbesuch und bestandener
Ingenieurprüfung war der Kandidat "Ingenieur". Jedes Semester hatte um die
50 Semesterwochenstunden, wovon ca. 50 % praktische Tätigkeiten
beinhalteten. Die Schüler verfügten meist über den Gesellenbrief, fast ein
Drittel hatte Abitur.
Innerhalb von nur wenigen Jahren gelang es dieser Schule aus einem
,,Halbzug" (Aufnahme nur im Wintersemester) einen Vollzug
zustandezubringen. Im nächsten Jahrzehnt spezialisierte sich die Schule auf
Feinwerktechnik und Automatisierung (Gerätebau). 1960 begann man mit dem
Aufbau einer zweiten Abteilung für Feinwerktechnik und 1966 hatte man
bereits 500 Studenten in den verschiedenen Zügen. 1968 kam jeder dritte
Feinwerktechnik-Student in Baden-Württemberg aus Furtwangen.
(46)
Trotz dieses Wachstums gehörte Furtwangen nicht unbedingt zu den
Anwärtern für einen Fachhochschulstandort, denn sie war verhältnismäßig
klein. Doch 1971 ging schließlich aus der Staatlichen Ingenieurschule die
Fachhochschule Furtwangen hervor.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
25
Der wichtigste Schritt in der ersten Phase war es, die Studentenzahlen zu
steigern, um jene Mindestgröße (1000) zu erreichen, welche als unterste
Schwelle für eine selbständige Fachhochschule angesehen wurde. Dabei gab
es Probleme: Dem klassischen Ingenieurschulbewerber fehlte es nun an der
Fachhochschulreife. Daher bot Furtwangen verstärkt Vorbereitungslehrgänge
für alle, die über den zweiten Bildungsweg kamen, an. Dies sollte sich bezahlt
machen.
1971 startete man aber zunächst mit 121 aufgenommenen Erstsemestrigen in
vier Zügen in Elektrotechnik, Feinwerktechnik und Informatik. Die zentrale
Frage in dieser Zeit war, mit welchem Angebot man in das nächste Jahrzehnt
gehen und welche Fachbereiche man einrichten sollte. Letztendlich entschied
man sich für folgende Fachbereiche:
(47)
- Feinwerktechnik
- Allgemeine Informatik
- Elektrotechnik
- Gerätebau und Automatisierungstechnik
- Ingenieurinformatik
- Naturwissenschaftliche Grundlagen
- Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Obwohl man in den letzten Fachbereichen keine Studiengänge anbot, legte
man damit aber bereits hier den Grundstein für die strategische Entwicklung.
Im SS 1975 waren bereits 749 Studenten immatrikuliert. Nur 14 % der
Erstsemestrigen hatten Abitur, aber fast die Hälfte hatte Vorbereitungskurse
absolviert. Die FH war also noch immer die "Hochschule des kleinen Mannes",
der über den zweiten Bildungsweg zum Hochschulstudium kam.
Mitte der 70er Jahre erfolgte aber auch eine gezielte Innovationsstrategie , die
kleinere und mittlere Unternehmen über die Vorteile einer Kooperation mit den
Fachhochschulen - speziell mit der Furtwanger FH und über deren Beiträge
zum Technologie-Transfer unterrichtete. Man gründete den Technischen
Beratungsdienst, welcher Entwicklungsarbeiten für die Wirtschaft leistete und
1980 bereits 600.000 DM erwirtschaftete.
(48)
Anfang 1979 wurde mit der GIF, (Gemeinsame Innovationsberatungsstelle der
IHK und der FH Furtwangen), eine Einrichtung geschaffen, die den Firmen bei
der "Produktfindung über die Beschaffung von Fördermitteln bis zur
Produktionsbetreuung" helfen soll.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
26
Im SS 81 waren in den Fachbereichen der Fachrichtung Feinwerktechnik 225
Studenten eingeschrieben, in denen der Fachrichtung Informatik aber 355 und
bei Elektrotechnik 395. 90 % aller Absolventen der Feinwerktechnik in Baden-
Württemberg kamen von Furtwangen. Hierin zeigte sich zweierlei: Einerseits
gab es insgesamt und insbesondere in Baden-Württemberg zu viele
Feinwerktechnik-Studiengänge und andererseits ersetzte der Technologie-
wandel viele mechanische Lösungen durch elektronische; eine Veränderung
der Feinwerktechnik an der FHF wurde nötig.
Das Konzept hieß "Product-Engineering". Die Inhalte des neuen
Studienganges, der mittlerweile auch Fachbereich ist, waren modern und
zweckmäßig und es konnten auch Fähigkeiten vermittelt werden, die zu
,,üben" waren. Der Studiengang wurden mit 1982 genehmigt und war damals
einzigartig in Deutschland.
(49)
Am 1. 12. 83 nahm das "Transferzentrum für Mikroelektronik und
Systemtechnik" als eine Einrichtung der Steinbeis Stiftung an der FH
Furtwangen seine Arbeit auf, welches die Aufgabe hatte und hat Forschungs-
und Entwicklungsaufgaben vorzugsweise in Zusammenarbeit mit Industrie-
unternehmen durchzuführen. Damit war es das erste Transferzentrum in
Deutschland überhaupt und ist seither ständig ausgelastet. Die Handels-
kammer (IHK) stattete das Transferzentrum mit einem erheblichen Startgeld
aus und damit waren modernste Forschungseinrichtungen möglich. Das
"Furtwanger Modell" wurde 1984 auf die Fachhochschulen Aalen, Heilbronn,
Karlsruhe, Konstanz, Offenburg, Stuttgart (Druck) und Ulm ausgedehnt.
In Freiburg wurde 1987 ein "Transferzentrum für Informations- und Kommuni-
kationsmanagement" eingerichtet. Es war das erste Transferzentrum im
wirtschafts-wissenschaftlichen Bereich und hat sich die Unterstützung
mittelständischer Industrieunternehmen in den Bereichen strategischer
Informationskonzepte und informationsbezogener Unternehmensanalysen
zum Ziel gesetzt. Im Jahr 1988 wurde in Villingen-Schwenningen "das
Transferzentrum Neue Produkte" gegründet. Es arbeitet auf dem Gebiet der
Planung und Umsetzung von Innovationen und Diversifikationen für die
Industrie.
Um dem gesetzlichen Auftrag für Weiterbildung in größerem Umfang
entsprechen zu können, wurde 1988 die Einrichtung einer Technischen
Akademie für Weiterbildung, die ebenfalls gemeinsam mit der IHK betrieben
wird, beschlossen. An diesen Beispielen ist schön ersichtlich, wie fruchtbar
sich die Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Handelskammer erwies.

TEIL I/2
Die Entwicklung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg
27
1989 wurde regionalisiert. Die Außenstelle Villingen-Schwenningen der FH
Furtwangen wurde mit folgenden Studiengängen eingerichtet:
- Werkstoff- und Oberflächentechnik
- (Verfahrenstechnik mit zwei Schwerpunkten)
- chemische Verfahrenstechnik
- Bioverfahrenstechnik
Diese Gebiete ergänzten das Studienangebot in Furtwangen und stellten
keinen Kristallisationspunkt für eine selbständige Hochschule dar. Außerdem
war durch dieses Angebot die ortsansässige Berufsakademie nicht betroffen.
Anfang der 90er Jahre konnte man stolz auf eine überlegte und gelungene
Aufbauarbeit zurückblicken. Dennoch gab es noch einige Schwachstellen. Zu
den internationalen Beziehungen der FH Furtwangen gehörten die Kontakte
zum Leicester Polytechnic, aber erst 1989 verbrachten zwei Studenten ein
Semester in Leicester, wobei ihre dortigen Studienleistungen in Furtwangen
angerechnet wurden. Eine Intensivierung dieser Kontakte und eine
Internationalisierung sollten folgen. Ein weitere Problem in Furtwangen war die
Altersstruktur des Lehrkörpers; es war im übrigen ein allgemeines im FH
Bereich. In Furtwangen waren 1987 51 % des Lehrkörpers zwischen 50 und
60, weitere 11 % im Pensionsalter 60 bis 65. Eine Verjüngung stand bevor.
10 Jahre später scheinen diese Vorhaben gelungen und die FHF präsentiert
sich höchst erfolgreich in einem nunmehr gesättigten Marktsegment. Das
Angebot folgt nach wie vor der in den 80er Jahren gelegten strategischen
Richtung und sieht wie folgt aus.
(50)
Fachbereiche:
Lehrgänge:
Allgemeine Informatik (AI)
Allgemeine Informatik
Grundlagen (GF)
Keine Studiengänge
Digitale Medien(DM)
Informationssysteme
Maschinenbau/Automatisierungstechnik (MA)
Maschinenbau/Automatisierungstechnik
Werkstoffdesign und Recycling
Product Engineering (PE)
Product Engineering
Marketing & Vertrieb
Dokumentation & Design
Wirtschaft (W)
Internationale Betriebswirtschaft
Informationssysteme (IS)
Communication Engineering
Elektronik
Technische Informatik
Mechatronik und Mikrosysteme (MM)
Feinwerktechnik
Mikrosystemtechnik
Umwelt und Verfahrenstechnik (UV)
Umwelt und Verfahrenstechnik
Wirtschaftsinformatik (WI)
Wirtschaftsinformatik
Das Schwergewicht liegt nicht mehr auf Feinwerktechnik, sondern bereits auf
Informatik und Product Engineering; mit neuen Medien wird begonnen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832451493
DOI
10.3239/9783832451493
Dateigröße
6.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2002 (März)
Note
1,0
Schlagworte
wirtschaftswissenschaften praxisbezug fachhochschule praxis ausbildung
Zurück

Titel: Zum Praxisbezug der wirtschaftswissenschaftlichen FH-Studiengänge
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
book preview page numper 41
288 Seiten
Cookie-Einstellungen