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Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion

Aufbau und Betrieb zwischenbetrieblicher Kooperation

©1999 Diplomarbeit 145 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im heutigen postindustriellen Zeitalter haben die Auswirkungen des vielfach diskutierten Strukturwandels im Zuge der Globalisierung nachhaltigen Einfluss auf produktionstechnische Unternehmen. Der vereinfachte Zugang internationaler Märkte eröffnet den Unternehmen ein chancenreiches Absatzpotential, sorgt aber gleichzeitig für einen enormen Kostendruck durch die zunehmende Anzahl an Wettbewerbern. Zudem verlangt die heutige Gesellschaft ein Höchstmaß an Individualität der angebotenen Produkte, die durch klassische Produktionsstrategien nicht mehr zu verwirklichen ist. Die Unternehmen sind somit gezwungen, anderweitige Strategien zu verfolgen, um sich von ihren Konkurrenten zu differenzieren. Deshalb wird es in den dynamischen und stark umkämpften Märkten der Zukunft entscheidend sein, neue Marktbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und möglichst schnell in kundenindividuelle Systemlösungen umzusetzen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird daher ein Konzept für den strategischen Aufbau und Betrieb einer kundennutzenbasierten Netzwerkarchitektur entwickelt. Sie vereint in idealer Weise die Synergieeffekte großer Organisationen mit der Wandlungsfähigkeit kleiner Einheiten und bietet somit insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Der besondere Kundennutzen dieser Mehrwertnetzwerke entsteht durch die Bündelung komplementärer Kernkompetenzen, die mit dem Aufbau einer Know-how-Plattform die Entwicklung eines hybriden Angebots von Produkten und Dienstleistungen mit einem einzigartigen Mehrwert für den Kunden ermöglichen. Dazu werden zunächst die Anforderungen zur Realisierung eines Kooperationsvorhabens und die Besonderheiten von Unternehmensnetzwerken dargestellt. Daraus abgeleitet werden die notwendigen Schritte zum Aufbau und Betrieb eines Mehrwertnetzwerks beschrieben - von der Auswahl der Partner, über anfallende Aufgaben und daraus abgeleitete Rollen zum Betrieb des Netzwerks, bis hin zur strategischen Ausrichtung der Netzwerkarchitektur. Abschließend werden die Erfahrungen in den einzelnen Entstehungsphasen eines im Aufbau befindlichen Mehrwertnetzwerks von KMU geschildert. Gleichzeitig eröffnet sich damit ein zusätzliches Aufgabenfeld für die Fabrikplanung, die durch die Konfiguration und Pflege der Netzwerkarchitektur eine auf die strategische Zielsetzung der Kooperation ausgerichtete unternehmensübergreifende Fabrikstruktur […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5100
Hamacher, Oliver: Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion: Aufbau und Betrieb
zwischenbetrieblicher Kooperation / Oliver Hamacher -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Hannover, Universität, Diplom, 1999
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Abstract
Im heutigen postindustriellen Zeitalter haben die Auswirkungen des vielfach diskutier-
ten Strukturwandels im Zuge von Globalisierung und Informatisierung nachhaltigen
Einfluß auf produktionstechnische Unternehmen. Der vereinfachte Zugang interna-
tionaler Märkte eröffnet den Unternehmen ein chancenreiches Absatzpotential, sorgt
aber gleichzeitig für einen enormen Kostendruck durch die zunehmende Anzahl an
Wettbewerbern. Zudem verlangt die heutige Gesellschaft ein Höchstmaß an Indivi-
dualität der angebotenen Produkte, die durch klassische Produktionsstrategien nicht
mehr zu verwirklichen ist. Die Unternehmen sind somit gezwungen, anderweitige
Strategien zu verfolgen, um sich von ihren Konkurrenten zu differenzieren. Deshalb
wird es in den dynamischen und stark umkämpften Märkten der Zukunft entschei-
dend sein, neue Marktbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und möglichst schnell in
kundenindividuelle Systemlösungen umzusetzen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird daher ein Konzept für den strategischen Aufbau und
Betrieb einer kundennutzenbasierten Netzwerkarchitektur entwickelt. Sie vereint in
idealer Weise die Synergieeffekte großer Organisationen mit der Wandlungsfähigkeit
kleiner Einheiten und bietet somit insbesondere für kleine und mittelständische
Unternehmen eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfä-
higkeit. Der besondere Kundennutzen dieser Mehrwertnetzwerke entsteht durch die
Bündelung komplementärer Kernkompetenzen, die mit dem Aufbau einer Know-how-
Plattform die Entwicklung eines hybriden Angebots von Produkten und Dienstleistun-
gen mit einem einzigartigen Mehrwert für den Kunden ermöglichen. Dazu werden
zunächst die Anforderungen zur Realisierung eines Kooperationsvorhabens und die
Besonderheiten von Unternehmensnetzwerken dargestellt. Daraus abgeleitet werden
die notwendigen Schritte zum Aufbau und Betrieb eines Mehrwertnetzwerks be-
schrieben - von der Auswahl der Partner, über anfallende Aufgaben und daraus
abgeleitete Rollen zum Betrieb des Netzwerks, bis hin zur strategischen Ausrichtung
der Netzwerkarchitektur. Abschließend werden die Erfahrungen in den einzelnen
Entstehungsphasen eines im Aufbau befindlichen Mehrwertnetzwerks von KMU
geschildert. Gleichzeitig eröffnet sich damit ein zusätzliches Aufgabenfeld für die
Fabrikplanung, die durch die Konfiguration und Pflege der Netzwerkarchitektur eine
auf die strategische Zielsetzung der Kooperation ausgerichtete unternehmensüber-
greifende Fabrikstruktur sicherstellt.

Weder die Stärksten einer Spezies überleben,
noch die Intelligentesten,
sondern die Veränderungsfähigsten.
Charles Darwin,
from the New Economy Index

Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... V
Formelzeichen und Abkürzungen ... VII
1 Einleitung ... 1
1.1 Bedeutungswandel der Fabrikplanung... 1
1.2 Fabrikplanung in dezentralen Strukturen ... 2
1.3 Netzwerkarchitektur als evolutionäre Weiterentwicklung der
Fabrikplanung ... 4
1.4 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ... 6
2 Produzieren in postindustriellen Gesellschaften... 9
2.1 Wandel der Rahmenbedingungen produzierender Unternehmen ... 9
2.1.1 Technologie... 10
2.1.2 Wirtschaft ... 14
2.1.3 Gesellschaft ... 15
2.1.4 Politik ... 16
2.1.5 Umwelt ... 17
2.2 Aufbruch zu neuen Wettbewerbsstrategien ... 18
2.2.1 Ansätze der Natur ... 18
2.2.2 Ansätze der Wirtschaft ... 19
2.2.3 Wachstum durch Individualität ... 21
2.2.4 Individualität durch Differenzierung ... 24
2.2.5 Verknüpfung von Produkt und Dienstleistung ... 25
2.3 Anforderungen an neuartige Produktionsstrukturen... 26
2.3.1 Differenzierung durch Wandlungsfähigkeit... 27
2.3.2 Wandlungsfähigkeit durch Kooperation... 28
2.3.3 Erschließung neuer Marktfelder durch Lern- und
Innovationsfähigkeit ... 29
2.3.4 Neuartige Unternehmensformen ... 31
2.3.5 Die Fabrik der Zukunft in Szenarien vorausdenken ... 34

II Inhaltsverzeichnis
3 Entstehung und Durchführung von Kooperationen ... 39
3.1 Städte als Resultat frühzeitlicher Kooperationsbestrebungen ... 39
3.2 Motive und Ziele einer Kooperation ... 40
3.3 Formen und Grundtypen der Kooperation ... 42
3.4 Chancen und Risiken von Kooperationen ... 45
3.5 Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kooperation... 47
3.5.1 Personelle Voraussetzungen für Kooperationen ... 48
3.5.2 Betriebliche Voraussetzungen für Kooperationen... 48
3.5.3 Unternehmensübergreifende Voraussetzungen für
Kooperationen ... 50
3.6 Zentrale Aspekte bei der Anbahnung und Umsetzung von
Kooperationen ... 51
3.6.1 Analyse der eigenen Stärken und Schwächen ... 52
3.6.2 Partnerwahl ... 52
3.6.3 Kooperationsvertrag ... 53
3.6.4 Kooperationsmanagement... 54
3.7 Fazit... 55
4 Unternehmensnetzwerke als wandlungsfähige und robuste
Kooperationsplattform ... 57
4.1 Merkmale wandlungsfähiger Strukturen ... 57
4.2 Merkmale robuster Strukturen ... 57
4.3 Merkmale von Unternehmensnetzwerken ... 58
4.4 Entstehung von Unternehmensnetzwerken ... 61
4.5 Netzwerktypen... 63
4.5.1 Strategisches Netzwerk ... 64
4.5.2 Virtuelle Unternehmung ... 65
4.5.3 Regionales Netzwerk... 66
4.5.4 Operatives Netzwerk ... 66
4.6 Kooperationsbörsen als Kommunikationsplattform... 67
4.7 Potentiale der Wandlungsfähigkeit im Unternehmensnetzwerk... 68
4.7.1 Interne Wandlungsfähigkeit ... 69
4.7.2 Externe Wandlungsfähigkeit ... 71
4.7.3 Hemmnisse und Befähiger des Wandels... 75

Inhaltsverzeichnis III
4.8 Beispiele erfolgreich agierender Unternehmensnetzwerke ... 79
4.8.1 Netzwerke als Managementinstrument - Lewis Galoob Toys Inc... 79
4.8.2 Kompetenzverbund im Bereich IT - The Virtual Company ... 80
4.8.3 Netzwerk für ein Großprojekt - CargoLifter AG ... 81
4.8.4 Modulares Produktionsnetzwerk - Micro Compact Car AG ... 83
4.8.5 Stabile Kooperationsplattform - Virtuelle Fabrik Euregio
Bodensee ... 84
5 Beschreibungssystematik für den Aufbau und Betrieb von
Mehrwertnetzen ... 87
5.1 Kombination stabiler und dynamischer Strukturen ... 87
5.2 Merkmale und Potentiale von Mehrwertnetzwerken... 89
5.3 Entstehungsphasen eines Mehrwertnetzwerks ... 91
5.4 Zusammenführung geeigneter Partnerressourcen... 93
5.4.1 Definition der Mehrwertidee ... 94
5.4.2 Ableitung notwendiger Kompetenzen und Kapazitäten... 95
5.4.3 Partnersuche und -bewertung ... 96
5.4.4 Partnerintegration... 99
5.5 Zusammenhalt herstellen und ,,Spielregeln" festlegen ... 100
5.6 Aufgaben und Rollen zum Betrieb von Mehrwertnetzwerken... 103
5.6.1 Innovator ... 103
5.6.2 Konfigurator... 104
5.6.3 Marktleistungsmanager... 105
5.6.4 Moderator... 105
5.6.5 Auditor / Controller ... 105
5.6.6 Mentor... 106
5.7 Realisierung einer Systemlösung... 106
5.8 Nutzen von Mehrwertnetzwerken... 108
5.8.1 Sicht der Partnerunternehmen ... 108
5.8.2 Sicht der Kunden... 111
6 Verifizierung des Ansatzes am Beispiel der ,,Gruppe XYZ" ... 113
6.1 Vision ... 113
6.2 Projekt ,,Grobkonzeptionierung" ... 114

IV Inhaltsverzeichnis
6.3 Projekt ,,Potentialanalyse"... 115
6.4 Projekt ,,Strategische Netzwerkarchitektur"... 116
6.5 Resümee ... 119
7 Schlußbetrachtung ... 121
7.1 Zusammenfassung ... 121
7.2 Ausblick ... 122
8 Literaturverzeichnis ... 123
9 Anhang... 129

Abbildungsverzeichnis V
Abbildungsverzeichnis
Bild 1.1: Neue Gestaltungsfelder der Fabrik [Sch99] ... 2
Bild 1.2: Neue Rollenverteilung bei Fabrikplanung und -betrieb [Sch99] ... 3
Bild 1.3: Analogie zwischen Fabrikplanung und Netzwerkarchitektur ... 5
Bild 1.4: Aufbau der Arbeit ... 6
Bild 2.1: Visualisierung des Umfeldes produzierender Unternehmen [Gau99] ... 9
Bild 2.2: Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen ... 21
Bild 2.3: Kombination der klassischen Wettbewerbsstrategien... 22
Bild 2.4: Steigende Marktanforderungen bedürfen erhöhter Leistungen... 23
Bild 2.5: Möglichkeiten strategischer Differenzierung ... 24
Bild 2.6: Mögliche Dienstleistungsangebote während des Produktlebenszyklus ... 26
Bild 2.7: Daten werden zu Wissen [Gau99] ... 29
Bild 2.8: Die klassischen Zielgrößen erweitern sich... 31
Bild 2.9: Wirkungszusammenhänge produzierender Unternehmen... 34
Bild 2.10: Szenario Trichter... 35
Bild 2.11: Anforderungen zur Steuerung der Entwicklungslinie eines
Gestaltungsfeldes ... 36
Bild 3.1: Grundtypen der Unternehmenskooperation... 44
Bild 3.2: Interesse an Kooperationen [Fra97]... 47
Bild 3.3: Arbeitsschritte zum systematischen Aufbau einer Kooperation ... 51
Bild 4.1: Analoge Entwicklung der Mikro- und Makrostrukturen von
Unternehmen... 62
Bild 4.2: Grundlegende Netzwerktypen [Bus96] ... 64
Bild 4.3: Wandlungsfähigkeit eines Unternehmensnetzwerks... 68
Bild 4.4: Technische Bausteine einer wandlungsfähigen Fabrikstruktur ... 70
Bild 4.5: Mögliche Netzwerkbeziehungen zu Erhöhung der eigenen
Wandlungsfähigkeit ... 72
Bild 4.6: Hemmnisse in den einzelnen Phasen des Wandels ... 75
Bild 4.7: Maßnahmen zur Befähigung des Wandels ... 77
Bild 4.8: Unternehmensstruktur der CargoLifter AG ... 82
Bild 5.1: Ebenenmodell mit Kooperationsplattform und
Leistungserstellungsebene... 88
Bild 5.2: Wertschöpfungskette zur Realisierung einer Mehrwertidee... 89

VI Abbildungsverzeichnis
Bild 5.3: Querschnittsthemen in den einzelnen Entstehungsphasen eines
Netzwerks ... 92
Bild 5.4: Entstehung eines Mehrwertnetzwerks... 94
Bild 5.5: Kernplattformansatz nach Hamel/Prahalad ... 95
Bild 5.6: Bewertung potentieller Netzwerkpartner ... 96
Bild 5.7: Normstrategien bei Make, Cooperate or Buy-Entscheidungen ... 97
Bild 5.8: Klassifizierungsmodell zur Bewertung der Leistungsersteller... 98
Bild 5.9: Rollen zur Aufgabenerfüllung in Mehrwertnetzen... 103
Bild 5.10: Realisierung einer Systemlösung durch Aktivierung von Teilbereichen
des Mehrwertnetzwerks ... 107
Bild 5.11: Marktpotentiale für Partnerunternehmen... 109
Bild 5.12: Zielfelder und Nutzen eines Mehrwertnetzwerks für die
Partnerunternehmen ... 111
Bild 6.1: Bausteine des Businessplans ... 116
Bild 9.1: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 1/8... 129
Bild 9.2: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 2/8... 130
Bild 9.3: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 3/8... 130
Bild 9.4: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 4/8... 131
Bild 9.5: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 5/8... 131
Bild 9.6: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 6/8... 132
Bild 9.7: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 7/8... 132
Bild 9.8: Analogie Einzelunternehmen / Unternehmensnetzwerk 8/8... 133
Bild 9.9: Werbeanzeige zur Rekrutierung geeigneter Partner ... 134

Formelzeichen und Abkürzungen VII
Formelzeichen und Abkürzungen
Zeichen
Erläuterung
AG
Aktiengesellschaft
ATM
Asynchronous Transfer Mode
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
CAE
Computer Aided Engineering
CAM
Computer Aided Manufacturing
CIM
Computer Integrated Manufacturing
d.h.
das heißt
eCommerce
electronic commerce
EDM
Engineering Data Management
ggf.
gegebenenfalls
IHK
Industrie- und Handelskammer
ISDN
Integrated Services Digital Network
IT
Informationstechnologie
IuK-Techik
Informations- und Kommunikationstechnik
KMU
Kleine und mittelständische Unternehmen
MCC
Micro Compact Car
o.ä.
oder ähnliches
PDM
Product Development Management
PPS
Produktionsplanung und -steuerung
u.a.
und andere
UNW
Unternehmensnetzwerk
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
VU
Virtuelles Unternehmen
WFMS
Workflow Management System

Kapitel 1: Einleitung 1
1 Einleitung
1.1 Bedeutungswandel der Fabrikplanung
Die zurückliegenden Jahre des Industriezeitalters, in denen Unternehmen die
überwältigende Nachfrage nach Gütern und Leistungen durch standardisierte
Massengüter befriedigen konnten, haben das Aufgabenspektrum der klassischen
Fabrikplanung geprägt. Dazu zählt für ein gegebenes Produktionsprogramm die
unter den vorgegebenen räumlichen, zeitlichen, personellen und finanziellen Rand-
bedingungen optimalen Produktionseinrichtungen nach Art und Menge dem Ablauf
entsprechend zu bestimmen (Strukturierung), ihre räumliche Anordnung festzulegen
(Gestaltung) und die eigentliche Ausführung zu koordinieren (Umsetzung). Der
Planungsumfang reicht dabei von der Neu- oder Reorganisation der einzelnen
Maschine mit ihren Nebeneinrichtungen bis zur Erstellung eines neuen Werkes. Die
Aufgaben werden wegen ihres meist einmaligen Charakters in Form von Projekten
durch ein Team mit Methoden des Projektmanagements abgewickelt [Eve96].
Der Wandel, dem die Industrie seit Beginn der postindustriellen Phase in verstärktem
Maße unterworfen ist, macht auch vor dem Aufgabenfeld der Fabrikplanung nicht
halt. Zum einen sind die Produkt- und Systemlebenszyklen inzwischen so kurz und
unvorhersehbar, daß die Anpassung von Strukturen und deren Dimensionierung zu
einer permanenten Aufgabe geworden ist. Zum anderen läßt die Kurzatmigkeit der
Entwicklungsdynamik Prognosen, wie sie als Grundlage für die Fabrikplanung
unerläßlich sind, nur noch mit extrem kurzem Zeithorizont zu. Sowohl die Geschwin-
digkeit als auch die Ungewißheit des Wandels läßt konventionelle Planungsmetho-
den immer mehr versagen.
Folglich hat sich das Aufgabenfeld der heutigen Fabrikplanung dahingehend erwei-
tert, eine Fabrikstruktur sicherzustellen, die diesem permanenten Wandel gewachsen
ist. Durch eine hohe Wandlungsfähigkeit der Fabrikstruktur werden die produktions-
technischen Voraussetzungen für eine aufwandsarme Rekonfiguration von Wert-
schöpfungsketten geschaffen, die eine schnelle Nutzung plötzlicher Marktchancen
ermöglichen. Die Bedeutung der Fabrikplanung hat somit drastisch zugenommen, da
sie in starkem Maße direkt verantwortlich für die Umsetzung der strategischen

2 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
Zielsetzung der Geschäftsführung ist. Nur durch die Bereitstellung einer Fabrikstruk-
tur, die in ihrer Gesamtheit jederzeit optimal auf die aktuellen Anforderungen des
Marktes bzw. der Kunden abgestimmt ist, kann das Unternehmen erfolgreich am
Markt agieren.
Standorte
Märkte
Automatisierung
Nutzungsgrad
Kooperation
Risikoverteilung
F
O
K
U
S
Produktstruktur
Flexibiltät
Autonome
Einheiten
Prozesse
Mitarbeiter
Produktivität
Bild 1.1: Neue Gestaltungsfelder der Fabrik [Sch99]
Neue Planungs- und Gestaltungsmethoden, die diesen erweiterten Anforderungen
genügen, orientieren sich deshalb an den strategischen Zielgrößen des Unterneh-
mens. Unter den zukünftigen strategischen Gestaltungsfelder der Fabrikplanung
stellen die in Bild 1.1 miteinander verbundenen Gestaltungsfelder gleichzeitig
Spannungsfelder aufgrund von Zielkonflikten dar. Entsprechend müssen die Lösun-
gen der einzelnen Gestaltungsfelder immer im Hinblick auf die gesamte Fabrik als
System ermittelt werden. Der Aufgabenschwerpunkt der Fabrikplanung wird auf vier
miteinander verbundenen Gestaltungsfeldern liegen, der vor allem von unterneh-
mensübergreifenden Wertschöpfungsketten bestimmt wird.
1.2 Fabrikplanung in dezentralen Strukturen
Die permanenten und schnellen Veränderungen der produktionstechnischen Rah-
menbedingungen haben auch direkten Einfluß auf den organisatorischen Aufbau der
Fabrik. In diesem dynamischen Umfeld versagt die klassische sequenzielle und

Kapitel 1: Einleitung 3
strukturelle Aufteilung in disponierende, steuernde und ausführende Funktionen
immer mehr. Heute sind Fertigungstiefe, Fertigungsbreite und Fertigungsvolumen in
einem permanenten Wandel. Daraus resultiert eine hohe Komplexität der Strukturen
und Abläufe sowohl im Unternehmensumfeld als auch im Unternehmen selbst.
Es existieren bereits eine Reihe unterschiedlicher Modelle und Methoden, um diese
Komplexität zu beherrschen bzw. zu reduzieren. Mit Hilfe der Komplexitätsbeherr-
schung werden vorzugsweise und vermehrt integrierte oder objektorientierte Soft-
waresysteme für die Disposition und Steuerung eingesetzt, die eine durchgängige
Kontrolle komplexer Prozesse und Prozeduren ermöglicht. Bei der Komplexitätsredu-
zierung wird vor allem eine Dezentralisierung industrieller Aufgaben angestrebt, die
zu einer deutlichen Reduzierung innerbetrieblicher Schnittstellen führt. Segmentie-
rung, Fabrik in der Fabrik, Profit Center oder Fraktale Fabrik sind Schlagworte dieser
Dezentralisierungsmaßnahmen.
Endprodukt-
hersteller
Logistik-
dienstleister
plant
erstellt
vermietet
Maschinen-
lieferant
Systempartner
Facility
Manager
produziert mit
eigenen
Ressourcen
Zuliefer-
Systeme
vor Ort
plant
baut
betreibt
beschafft
lagert
transportiert
bewirtschaftet
Gebäude
Gebäude
Material
Anlage bzw.
Maschine
Investor
Bild 1.2: Neue Rollenverteilung bei Fabrikplanung und -betrieb [Sch99]
Im Rahmen dieser Maßnahmen wurden auch eine Reihe von Aufgaben, die ur-
sprünglich in den Bereich der Fabrikplanung gehörten, mehr und mehr auf das direkt
produktive Personal bzw. an Dienstleister übertragen. Deshalb beschränkt sich heute
die Rolle des Fabrikplaners vermehrt auf die Konzepterstellung, Funktions- und
Leistungsbeschreibungen für eine Vergabe aller Lieferungen und Leistungen an

4 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
externe Unternehmen mit garantierten Kosten und Terminen sowie auf die Abnahme
und Inbetriebnahme mit dem Betreiber (Bild 1.2). Aufgaben von externen Dienstlei-
stungen sind beispielsweise die Planung, Erstellung, Vermietung und Bewirtschaf-
tung der Gebäude. Auch die Anlagen und Maschinen werden von Dienstleistungsun-
ternehmen fremdbetrieben und erbaut. Für die Materialbewirtschaftung ist ein
Logistikdienstleister und für die Zuliefersysteme und -komponenten ein vor Ort
produzierender Systempartner verantwortlich.
Diese dezentralen Strukturen erfordern ein durchgängiges und übergreifendes
Planungs- und Steuerungswerkzeug, das eine kontinuierliche Anpassung und
Rekonfiguration der gesamten Fabrikstruktur auf die sich permanent wandelnden
Rahmenbedingungen ermöglicht.
1.3 Netzwerkarchitektur als evolutionäre Weiterentwicklung der
Fabrikplanung
Im Zuge von Kooperationsbestrebungen produzierender Unternehmen haben sich
diese dezentralen Strukturen in Form von zwischenbetrieblichen Wertschöpfungsket-
ten ausgeweitet. Folglich erweitert sich das Aufgabengebiet der Fabrikplanung
dahingehend, eine unternehmensübergreifende Fabrikstruktur sicherzustellen, die
den strategischen Erfordernissen genügt.
Als typische Handlungsplattform kooperierender Unternehmen haben sich Netzwerke
etabliert. Aus fabriktechnischer Sicht bieten sie durch die direkte Konfiguration der
Netzwerkarchitektur eine einfache Möglichkeit zur Planung und Steuerung der
unternehmensübergreifenden Fabrikstruktur. Der Netzwerkarchitekt pflegt zum einen
das Netzwerk durch die gezielte Aufnahme bzw. Abgabe von Partnerunternehmen,
um stets eine optimale Netzwerkkonstellation zu gewährleisten. Dabei begleitet er die
Partnersuche, deren Befähigung und Integration in das Netzwerk, aber auch deren
Desintegration aus dem Netzwerk. Zum anderen erstellt und pflegt er die Informati-
ons- und Kommunikationsinfrastruktur, welche die Basis für eine effektive Zusam-
menarbeit zwischen den Partnerunternehmen darstellt.

Kapitel 1: Einleitung 5
Planung und Aus-
legung von Produk-
tionsstätten
Überwachung der
Realisierung bis zum
Start der Produktion
Aufbau und Betrieb
von Unternehmens-
netzwerken
Einzelunternehmen
Permanent
Partnerunternehmen
im Netzwerk
Einmalige oder fort-
dauernde Projekte
Überwachung der Kon-
stellation und Konfigura-
tion des Netzwerks
Klassische
Fabrikplanung
Netzwerkarchitektur
Aufgabe
Umsetzung
Tätigkeitsfeld
Zeithorizont
Fokus
Alle Strukturierungs-
ebenen der Fabrik
Netzwerkebene
Bild 1.3: Analogie zwischen Fabrikplanung und Netzwerkarchitektur
Der Netzwerkarchitekt dient somit als Experte, der Netzwerke entwirft und gestaltet,
Strukturen ausarbeitet und deren Realisierung sicherstellt. Bild 1.3 stellt das Aufga-
benspektrum der klassischen Fabrikplanung dem eines Netzwerkarchitekten gegen-
über. Während die klassische Fabrikplanung für die Pflege und Sicherstellung einer
optimalen Fabrikstruktur (interne Fabrikplanung) verantwortlich ist, liegt der Aufga-
benschwerpunkt der Netzwerkarchitektur in der Optimierung der Netzwerkkonstellati-
on und -koordination (externe Fabrikplanung). Das Aufgabenspektrum der Fabrikpla-
nung hat sich durch die Entstehung von Kooperationen dahingehend erweitert, eine
Gesamtkoordination und Optimierung der Netzwerkarchitektur sicherzustellen. Aus
Unternehmenssicht müssen daher zur Verwirklichung einer wandlungsfähigen
Fabrikstruktur sowohl die interne, als auch die externe Struktur konfiguriert und
aufeinander abgestimmt sein.

6 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
1.4 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Mit dem Wandel der Rahmenbedingungen in der postindustriellen Gesellschaft und
dem nachhaltigen Einfluß auf produzierende und insbesondere auf mittelständische
Unternehmen entstand die Zielsetzung dieser Diplomarbeit: Die Erarbeitung eines
Konzepts für den strategischen Aufbau und Betrieb einer wandlungsfähigen und
robusten Netzwerkarchitektur mit dem Ziel, mittelständischen Unternehmen Wettbe-
werbsvorteile durch den Zusammenschluß in sogenannten Mehrwertnetzwerken zu
eröffnen. Einleitend wurde dazu bereits die notwendige Erweiterung des Aufgaben-
spektrums der Fabrikplanung dargestellt, die in Zukunft Netzwerkarchitekturen
koordinieren und konzipieren wird.
Die Arbeit besteht aus 5 Bausteinen, die sich zu einer durchgängigen Argumentati-
onskette verbinden. Diese reicht von dem Veränderungszwang der Unternehmen
ausgelöst durch die verschärften Rahmenbedingungen bis zur Strategie der Koope-
ration in Unternehmensnetzwerken - insbesondere der Bildung von Mehrwertnetz-
werken durch KMU - als mögliche Antwort auf die Veränderungen.
Verifizierung des Ansatzes
in der Praxis
Unternehmensnetzwerke als
Kooperationsplattform
Aufbau und Betrieb von
Mehrwertnetzen
Produzieren in postindustriellen
Gesellschaften
2
3
4
5
6
Fabrikplanung
Netzwerkarchitektur
Entstehung und Durchführung
von Kooperationen
Bild 1.4: Aufbau der Arbeit

Kapitel 1: Einleitung 7
·
Produzieren in postindustriellen Gesellschaften (Kapitel 2): Auf dieser Ebene
werden zunächst die neuen Rahmenbedingungen für die Produktion in postindus-
triellen Gesellschaften dargestellt, um zukünftige Erfolgspotentiale und Risiken zu
erkennen. Als mögliche Antwort auf diese Veränderungen werden neuartige
Wettbewerbsstrategien vorgestellt, die teilweise Analogien zu Überlebensstrate-
gien in der Natur aufweisen. Darauf aufbauend werden die resultierenden Anfor-
derungen an Unternehmen sowie mögliche zukünftige Produktionsstrukturen zur
Erfüllung dieser Anforderungen aufgezeigt.
·
Entstehung und Durchführung von Kooperationen (Kapitel 3): Hier werden
die Bedingungen und vor allem die Motive für die Entstehung einer Kooperation
aufgezeigt, aus denen sich die unterschiedlichen Formen und Grundtypen der
Kooperation ableiten lassen. Zudem wird das Chancen- und Risikenpotential von
Kooperationen dargestellt, um die Vor- und Nachteile einer solchen Zusammen-
arbeit zu verdeutlichen. Entscheidend für die erfolgreiche Durchführung einer
Kooperation sind letztendlich die personellen, die betrieblichen und vor allem die
unternehmensübergreifenden Voraussetzungen.
·
Unternehmensnetzwerke als wandlungsfähige und robuste Kooperations-
plattform (Kapitel 4): Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kooperation ist
eine durchgängig integrierte Handlungsplattform. Die hohe Wandlungsfähigkeit
und Robustheit dieser Plattform sind dabei die essentiellen Merkmale zur Errei-
chung einer hohen Adaptionsfähigkeit bei veränderten Kooperationsbedingungen.
Neben den gängigen Netzwerktypen und deren Merkmalen werden vor allem die
Potentiale der Wandlungsfähigkeit im Unternehmensnetzwerk jeweils aus der
internen und externen Sichtweise aufgezeigt. Deren Nutzung hängt entscheidend
von der Ausprägung wandlungsfördernder und -hemmender Faktoren im unter-
nehmerischen Umfeld ab. Anhand unterschiedlicher Praxisbeispiele werden die
Potentiale sowie das breite Einsatzspektrum dieser neuartigen Produktionsstruk-
turen verdeutlicht.
·
Beschreibungssystematik für den Aufbau und Betrieb von Mehrwertnetzen
(Kapitel 5): In Mehrwertnetzen bündeln KMU ihre komplementären Kernkompe-
tenzen zu einer gemeinsamen Know-how-Plattform und können dem Kunden so
eine individuelle Kombination aus Produkten und/oder Dienstleistungen offerie-

8 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
ren, die einen einzigartigen Mehrwert bieten. Für den Aufbau muß deshalb im
Hinblick auf die gemeinsame Mehrwertidee eine visionskonforme Suche, Auswahl
und eventuelle Befähigung der Partner erfolgen. Während der eigentlichen Be-
triebsphase des Netzwerks fallen Aufgaben an, die identifiziert und durch ent-
sprechend verteilte Rollen erfüllt werden. Die Leistungserstellung zur Realisierung
einer spezifischen Systemlösung erfolgt letztendlich durch die Aktivierung einzel-
ner Teilbereiche des Mehrwertnetzwerks.
·
Verifizierung des Ansatzes am Beispiel der Gruppe XYZ (Kapitel 6): Das
erarbeitete Konzept für den Aufbau und Betrieb eines Mehrwertnetzwerks beruht
größtenteils auf den Arbeitsergebnissen des im Aufbau befindlichen Mehrwert-
netzwerks der Gruppe XYZ. Deshalb werden hier vornehmlich die Erfahrungen in
den einzelnen Entstehungsphasen und Projektfeldern aufgezeigt.

Kapitel 2: Produzieren in postindustriellen Gesellschaften 9
2 Produzieren in postindustriellen Gesellschaften
2.1 Wandel der Rahmenbedingungen produzierender Unternehmen
Nachdem Unternehmen in den zurückliegenden Jahren des Industriezeitalters die
überwältigende Nachfrage nach Gütern und Leistungen durch standardisierte
Massengüter befriedigen konnten, haben sich die Produktionsbedingungen im
heutigen postindustriellen Zeitalter vollständig gewandelt. Aufgrund der Komplexität
und Dynamik des wirtschaftlichen Umfeldes in dem Unternehmen heute operieren
müssen, werden im folgenden die Einflußgrößen des produktionstechnischen
Umfeldes im einzelnen dargestellt.
Unternehmen
Branche
Branchenumfeld
Globales Umfeld
Politik
Wirtschaft
Gesellschaft
Technologie
Umwelt
Politische
Stabilität
Steuern
Globalisierung
Ressourcen
Natur-
katastrophen
Umwelt-
schutz
IuK-Technologie
Individualisierung
Bevölkerungs-
wachstum
Handelsbe-
stimmungen
Kunden/
Märkte
Substitutionen
Komplementär-
leistungen
Lieferanten
Gesetzgebung
Virtual
Reality
Joint
Ventures
Global
Engineering
Simulation
Rapid Product
Development
Laserbearbeitung
Beschleunigung
der Entwicklung
Weltweite
Standorte
Käufermarkt
Verteiltes
Wissen
Groupware
Videokonferenz
Bild 2.1: Visualisierung des Umfeldes produzierender Unternehmen [Gau99]

10 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
Das Umfeld eines Unternehmens kann grundsätzlich in drei Systemebenen unterteilt
werden, bestehend aus Einflußsphären wie Branche, Branchenumfeld und globalem
Umfeld. Die Branchenebene betrachtet Einflußfaktoren, die sich aus dem Wettbe-
werb zwischen den gegenwärtigen Mitbewerbern ergeben, beispielsweise das
Preisniveau oder Vertriebskanäle. Eine Vielzahl weiterer Einflußfaktoren ergibt sich
aus dem Branchenumfeld. Dies umfaßt die Lieferanten, die Abnehmer, potentielle
Konkurrenten, Substitutionsprodukte sowie potentielle Partner und Komplementär-
produkte. Für N
ALEBUFF
und B
RANDENBURGER
ist ein Komplement zu einem Produkt
oder zu einer Dienstleistung jedes andere Produkt oder Dienstleistung, welche(s) die
das andere attraktiver für den Kunden macht - beispielsweise Kinos und Videos,
Drucker und Papier [Nal96]. Für die strategische Unternehmensführung bedeutet
dies vor allem, daß neben gegenwärtigen und zukünftigen Wettbewerbern auch
gegenwärtige und zukünftige Partner (Komplementoren) in die Überlegungen
einzubeziehen sind.
Zu einer erfolgreichen Unternehmensgestaltung gehört vor allem ein tiefes Verständ-
nis von den Vorgängen im globalen Umfeld. So ist H
AMEL
überzeugt, ,,daß ein
Unternehmen, das die Zukunft verstehen möchte, die für die Zukunft wirklich wichti-
gen Erkenntnisse weitgehend außerhalb der eigenen Branche suchen muß"
[Ham95]. Im folgenden werden deshalb die technischen, wirtschaftlichen, gesell-
schaftlichen, politischen und umweltspezifischen Einflußbereiche des globalen
Umfelds im einzelnen betrachtet.
2.1.1 Technologie
In der Vergangenheit führten Innovationen immer wieder zur rasanten Entwicklung
neuer Branchen und Wirtschaftsfelder. Solche Innovationen finden sich nach
S
CHUMPETER
in neuen Produkten, Dienstleistungen und Technologien, in der Öffnung
neuer Märkte oder neuer Quellen für Rohstoffe und in neuen Formen der Unterneh-
mensorganisation wieder [Sch93]. Diese Perioden mit hohen Wachstumsquoten für
bestimmte Branchen können zu generellem Wachstum und Wohlstand ganzer
Volkswirtschaften führen. Solche Zyklen (Kondratieff-Wellen) entstehen, wenn
technologische Basisinnovationen zu technologischen Revolutionen führen, die dann
neue führende industrielle oder kommerzielle Sektoren hervorrufen. W
ARNECKE
sieht

Kapitel 2: Produzieren in postindustriellen Gesellschaften 11
die Entwicklung der industriellen Produktion in vier technologischen Revolutionen
[War93]:
·
Die erste industrielle Revolution beschreibt den Übergang von der reinen
Handarbeit zur Maschinenproduktion, die vor allem durch die Erfindung der
Dampfmaschine durch J
AMES
W
ATT
(1776) vorangetrieben wurde. Grundlage für
diese Entwicklung waren zunächst rein mechanische Systeme.
·
Die zweite industrielle Revolution beschreibt eine explosionsartige Mechanisie-
rungswelle, die ein erhebliches Wachstum und damit die Versorgung der entste-
henden Massenmärkte ermöglicht. Wesentliche Merkmale der durch T
AYLOR
ge-
prägten Rationalisierung dieser Epoche waren die Arbeitsteilung, die Präzisions-
fertigung sowie die Fließfertigung. Die Elektrizität löste darüber hinaus das we-
sentliche Problem des Energietransports und ermöglichte damit die Dezentralisie-
rung der mechanischen Systeme.
·
Die erste Informationsrevolution basiert auf der Entwicklung des Mikroprozes-
sors und ermöglichte eine zunehmende Automatisierung von Fertigungsprozes-
sen. Hohe Bedeutung hatten zentrale informationstechnische Systeme.
·
Heute befinden wir uns in der zweiten Informationsrevolution, in der sich ein
Wandel von den nationalen, durch Informationstechnik unterstützten Industriege-
sellschaften zur globalen Informationsgesellschaft vollzieht. Informations- und
Kommunikationstechnik (IuK-Technik) wachsen zusammen und durchdringen alle
Lebensbereiche.
In der Industrie führen die technischen Möglichkeiten der IuK-Technik zu einem
Paradigmenwechsel. So wird die zentral organisierte Automatisierung durch die
dezentrale intelligente Automatisierung abgelöst. Zentrale Computersysteme (Main-
frames) werden durch dezentrale Datenverarbeitungssysteme (Personal Computer
und Workstations) abgelöst. Parallel dazu findet die Informationstechnik in mehr
Funktionsbereichen der Produktion Anwendung (CAE, CAM und PPS-Systeme) und
führt langfristig zum Computer Integrated Manufacturing (CIM) mit dem Ziel, die
Inseln der rechnergestützten Informationsverarbeitung zu integrieren. Es entstehen
vernetzte Funktionsbereiche, die unternehmensintern oder unternehmensübergrei-
fend miteinander kooperieren können.

12 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
Mit der heute verfügbaren IuK-Technik lassen sich nunmehr auf der Basis eines
gegebenen Systems völlig unterschiedliche innerbetriebliche Organisationsformen
sowie Kunden- und Lieferantenbeziehungen verwirklichen. Wide Area Netzworks und
Virtual Private Networks innerhalb öffentlicher Kommunikationsnetze gestatten die
Verflechtung mehrerer Standorte eines Unternehmens und die Integration von
Zulieferern und Abnehmern in Wertschöpfungsketten auf globaler Ebene. Diese
Kommunikationsnetze werden zum ,,Nervensystem" zwischen Zulieferern, Unter-
nehmen und Kunden.
Die logische Integration im Sinne eines nahtlosen Zusammenschlusses von Informa-
tions- und Kommunikationsströmen zwischen heterogenen Partnern führt zu offenen
Kommunikationsbeziehungen zwischen nahezu beliebigen Teilnehmern an dem
Prozeß der Leistungserstellung. Der dazu notwendige Informationsaustausch kann
durch verschiedene multimediale Komponenten erfolgen, die zu einer technischen
Kommunikationsplattform über Telekommunikationsnetze verbunden sind. Dabei ist
die Übertragungskapazität oder auch ,,Bandbreite" zwischen den einzelnen Worksta-
tions oder PCs die Schlüsselgröße für Leistungsfähigkeit des Netzwerks. Derzeit
werden zwei Ansätze zur Erfüllung der Nutzenanforderungen hinsichtlich der Über-
tragungskapazität verfolgt. Zum einen die Erhöhung der im Netz verfügbaren Band-
breite beispielsweise durch die Verwendung von Glasfasersystemen und zum
anderen durch die Verringerung der für die jeweilige Anwendung erforderlichen
Übertragungsrate durch Datenreduktion mittels Kompressionsalgorithmen [Kne96].
Das Internet stellt einen überragenden Netzwerktyp dar, da es nicht als klassisches
Kommunikationsnetz, sondern als ein leistungsfähiger, weltweiter Rechenverbund
entstanden ist. Im Zuge der Ausbreitung der ISDN- und ATM-Kommunikationsnetze
avanciert das Internet zum ,,Informations Superhighway" für den globalen Informati-
onsaustausch. Damit stellt das Internet eine geeignete Plattform für das vernetzte
Unternehmen dar, vorausgesetzt, es werden Maßnahmen zum Schutz interner
Informationen vor Fremdzugriff (Firewalls, Verschlüsselung) getroffen.
Für die computergestützte, effektive Zusammenarbeit unterschiedlicher Bereiche wie
Entwicklung, Produktion, Einkauf, Vertrieb, Marketing, Controlling und Verwaltung
bedarf es speziell konfigurierter Softwareprogramme, um die Brücke zwischen
Hardware-Plattform und konkreter Anwendung zu schlagen. Heute gibt es bereits

Kapitel 2: Produzieren in postindustriellen Gesellschaften 13
eine Vielzahl neuer Hardware-/Software-Lösungen. Groupware dient der Unterstüt-
zung der Teamarbeit räumlich verteilter Arbeitsgruppen in der Bearbeitung gemein-
samer Projekte. Wichtige Bestandteile sind Electronic Mail, Dokumentenmanage-
ment durch EDM/PDM-Systeme, Planungswerkzeuge, Electronic Blackboard und der
Zugriff auf gemeinsame Ressourcen. Das Workflow-Management unterstützt
vernetzte Arbeitsabläufe durch Applikationenen, die eine manuelle oder
automatische Bewegung und Administration von Dokumenten und Informationen
zwischen verantwortlichen Bereichen ermöglichen. Außer der bildgestützten
Sprachkommunikation zwischen mehreren Teilnehmern an verschiedenen Orten
erlauben Videokonferenzen auch die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten und
die direkte Interaktion gemeinsam genutzter Applikationen.
Diese innovativen Werkzeuge zur effektiven Zusammenarbeit räumlich verteilter
Mitarbeiter führen zu neuen Organisationsformen wie Telearbeit und Telekooperati-
on, die wiederum die Realisierung neuartiger Wettbewerbs- und Produktionsstrategi-
en ermöglichen. Die bereits weit fortgeschrittene Vernetzung innerhalb der Großun-
ternehmen sowie die zunehmende Anbindung von KMU und Privatpersonen an die
,,Datenautobahn" wird das globale Umfeld kontinuierlich beeinflussen. So werden
neue Formen der Zusammenarbeit die Leistungserstellung und die Abläufe in den
Unternehmen verändern. Aber auch durch neue Schnittstellen zum Kunden ganz
neue Geschäftsfelder entstehen, wie beispielsweise der in jüngster Zeit stark zuneh-
mende elektronische Handel und Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen via
Internet.
Neben dieser revolutionären Entwicklung der IuK-Technik haben aber auch innovati-
ve Verfahren die produzierenden Unternehmen nachhaltig beeinflußt. So hat die
Entwicklung des Lasers mit seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten zu neuen
produktionstechnischen Verfahren wie Rapid Prototyping, Rapid Tooling und vor
allem der hochflexiblen 3D-Materialbearbeitung geführt. Im Entwicklungsprozeß
machen rechnergestützte Verfahren die aufwendige Erstellung von Modellen und
Prototypen durch virtuelle Modellierung und Simulation nahezu überflüssig. Insge-
samt führen diese Verfahren zu einer erheblichen Einsparung von Zeit und Kosten
sowohl im Produktentstehungsprozeß als auch im Produktionsprozeß.

14 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
2.1.2 Wirtschaft
Im Zuge der Informatisierung erfolgte eine Intensivierung des weltweiten Wettbe-
werbs - die Globalisierung. Globalisierung bedeutet, daß Marktsegmentierungen
abgebaut werden und damit die Interdependenz der Produktion in verschiedenen
Ländern durch den Austausch von Gütern und Dienstleistungen intensiver wird.
Märkte werden bestreitbarer, die heute noch üblichen Preisdifferenzierungen durch
die zunehmende Preistransparenz weiter abnehmen und der Wettbewerb damit
härter. Dies gilt aber nicht nur im Verhältnis zwischen Schwellen- und Industrielän-
dern. Die Intensität des Wettbewerbs nimmt auch zwischen den Unternehmen der
Industrienationen zu, nicht zuletzt wegen immer kürzer werdenden Produktlebenszy-
klen, so daß gegebene Unternehmenspositionen schneller erodieren können.
Gleichzeitig vollzieht sich in der Weltwirtschaft ein gewaltiger Umbruch. Mit den
neuen Marktwirtschaften Mittel- und Osteuropas und mit China treten wichtige
Regionen der Welt, die in der Vergangenheit mehr oder weniger ausgegrenzt waren,
in die internationale Arbeitsteilung ein. Damit vollzieht sich ein historischer Prozeß,
bei dem nahezu die Hälfte der Weltbevölkerung in die Weltwirtschaft integriert wird
[Nun94].
Diese Markterweiterung ungewöhnlichen Ausmaßes hat zur Folge, daß Unterneh-
men mit ihren Produkten und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt um Absatzchan-
cen und Marktanteile wetteifern. Bisher marktfremde Anbieter können ohne spezielle
Kenntnisse in fremde Märkte eintreten. Folglich erhöht sich der Wettbewerbsdruck,
dem besonders KMU nur durch eine Bündelung ihrer Kompetenzen und Kapazitäten
in Form von Kooperationen begegnen können. Andererseits bietet sich Unternehmen
die Chance, selbst auf fremden Märkten zu agieren und eventuell durch die Zusam-
menarbeit mit dort ansässigen Unternehmen ihre Absatzchancen zu steigern.
Parallel dazu konkurrieren die Länder um die mobilen Produktionsfaktoren wie
Kapital oder technisches Wissen. Investitionen eines internationalen Großkonzerns in
einen neuen Produktionsstandort führen zu wirtschaftlichem Aufschwund und neuen
Arbeitsplätzen in der Region. Die Standorte in fremden Ländern ermöglichen den
Unternehmen einen interkulturellen Know-how Aufbau mit dem sie ihr Produktange-
bot besser auf die Anforderungen der jeweiligen Märkte abstimmen können und

Kapitel 2: Produzieren in postindustriellen Gesellschaften 15
davon durch höhere Absatzzahlen profitieren. Durch die Entwicklung der IuK-Technik
wird das Know-how der weltweiten Standorte noch wertvoller, da der zeitliche und
finanzielle Aufwand für global verteilte Wertschöpfungsketten immer geringer wird.
Die Unternehmen werden aber auch direkt durch die Entwicklung zur Informations-
gesellschaft und die damit verbundene Digitalisierung der Wirtschaft beeinflußt.
Durch die weltweit integrierten elektronischen Netzwerke können Kunden jederzeit
das weltweit günstigste Angebot ausfindig machen. Folglich werden viele Handels-
stufen und Dienstleistungsfunktionen entbehrlich und Unternehmen, die bisher
Konkurrenten waren, werden zu Partnern. Einige Branchen werden sich auflösen,
andere Unternehmen, die mehr die Integration von Produkt und Dienstleistung
verfolgen, entstehen.
2.1.3 Gesellschaft
Moderne Gesellschaften zeichnen sich durch eine starke Beschleunigung ihrer
Entwicklung aus und bewirken damit zwangsweise eine drastische Verkürzung der
Produktlebenszyklen. Damit kommt dem Faktor ,,Zeit" eine wachsende Bedeutung
zu. Für die Unternehmen ergibt sich daraus die Forderung nach einer möglichst
schnellen Umsetzung von neuen technischen Erkenntnissen in marktreife Produkte.
Dies ist nur mit einer schnellen und wandlungsfähigen Produktionsstruktur möglich,
die in der Lage ist, umgehend auf Marktveränderungen zu reagieren, oder besser
noch durch eigenständiges Agieren Veränderungen auszulösen. Zudem stellen die
Kunden höhere Anforderungen an die Produkte und zeichnen sich dabei durch eine
ausgeprägte Individualisierung ihrer Bedürfnisse aus. Sinkende Stückzahlen bei
gleichzeitig steigender Variantenvielfalt und Komplexität der Produkte und Prozesse
sind die Folge.
In diesem wechselhaften und heterogenen Umfeld neigen auch die Produktionsab-
läufe innerhalb eines Unternehmens zur Turbulenz und sind nur schwer zu beherr-
schen. Angepaßt an die steigende Komplexität der Abläufe müssen demzufolge die
Produktionsstrukturen in den Unternehmen heterogener und dynamischer auf die
Anforderungen reagieren können. Zur Komplexitätsverringerung in Planung und
Steuerung werden deshalb zunehmend dezentrale Organisationsstrukturen gewählt,
die sich durch Verschiebung von Verantwortung hin zu kleinen Einheiten auszeich-

16 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
nen. So werden im Segmentierungsgedanken von W
ILDEMANN
- inzwischen eine
vielfach bewährte Organisationsform - sämtliche indirekten Funktionen, wie z.B.
Instandhaltung, Qualitätssicherung oder Fertigungssteuerung auf unteren Hierar-
chiestufen ausgeführt [Wil95]. Im Zusammenhang mit kleinen Einheiten sind Konzep-
te, wie die Fraktale Fabrik, die Holonische Fabrik oder Lean-Production zu nennen.
Mittlerweile hat auch der Bedarf an variantenreichen Produkten und Gütern aller Art
einen hohen Sättigungsgrad erreicht, so daß jetzt neue Anreize erforderlich sind, die
den Kunden zum Kaufentscheid bewegen. Es vollzieht sich ein Wandel vom Verkäu-
fer- zum Käufermarkt, der eine Neuorientierung der Unternehmen verlangt. Nur eine
kontinuierliche Gestaltung des Wandels mit dem Ziel, den Kunden als Ergebnis
technologischer, sozialer und ökologischer Innovationen zu jeder Zeit attraktive
Produkte und Dienstleistungen anzubieten, macht es Unternehmen möglich, Techno-
logie- und Marktführerschaft zu erlangen und zu erhalten.
Schließlich führt auch der demographische Übergang der westlichen Gesellschaft,
die durch einen signifikanten Alterungsprozeß charakterisiert wird, zu einer kritischen
Entwicklung für Unternehmen. Im Jahre 2030 entspricht der Anteil erwerbstätiger
Menschen dem Anteil im Ruhestand befindlicher Menschen. Folglich muß jeder
Erwerbstätige einen Rentner finanzieren. Wenn das heutige Leistungsniveau der
Kranken- und Pflegeversicherung beibehalten wird, müßten rund 60 Prozent vom
Bruttoeinkommen allein für Sozialbeiträge abgehen. Das wäre nicht nur für die
Arbeitnehmer, sondern auch für viele Unternehmen eine untragbare Belastung, die
langfristig den finanziellen Ruin bedeuten würde.
2.1.4 Politik
Die politische Stabilität eines Landes ist grundlegende Voraussetzung für einen
ungestörten Produktionsbetrieb und Warenvertrieb auf dem Weltmarkt. In Deutsch-
land gibt es seit dem 8.6.1967 das Stabilitätsgesetz, das die Förderung der Stabilität
und des Wachstums der Wirtschaft sicherstellen soll. Das Gesetz stellt die rechtliche
Grundlage für eine antizyklische Konjunkturpolitik dar und fordert das gleichzeitige
Anstreben von Preisstabilität, hohem Beschäftigungsstand und außenwirtschaftli-
chem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum.

Kapitel 2: Produzieren in postindustriellen Gesellschaften 17
Demgegenüber stellen die hohe steuerliche Belastung, hohe Arbeitskosten und vor
allem hohe Sozialabgaben für die deutsche Industrie einen gravierenden Nachteil im
internationalen Wettbewerb dar. Im internationalen Vergleich erfolgt in Deutschland
die höchste Besteuerung des Gewinns. Folglich sind besondere Anstrengungen
notwendig, um eine wirtschaftliche Produktion zu realisieren. Somit ist die gesamtpo-
litische Situation jedes Landes ausschlaggebend für die Attraktivität als Produktions-
standort.
Der internationale Warenaustausch wird zudem durch Handelsbeschränkungen und
Normen beeinflußt. So müssen die Fahrzeuge der Automobilfirmen, die auf dem
amerikanischen Markt angeboten werden, eine strengere Abgasnorm erfüllen als
dies auf dem europäischen Markt notwendig ist. Bei der strategischen Ausrichtung
des Produktspektrums auf zukünftige Zielmärkte sind für die Unternehmen somit
eventuell erhöhte Entwicklungskosten verbunden.
2.1.5 Umwelt
Nicht zuletzt werden Unternehmen heute mit verschärften ökologischen Normen und
Umweltschutzgesetzen konfrontiert, die in ihrer Anwendung bei produktionstechni-
schen Prozessen erheblichen finanziellen Aufwand mit sich bringen. So wurden in
den vergangenen Jahren in großem Umfang neue Entsorgungsanlagen wie Filter-,
Wasch- und Sorptionsanlagen zur Entstaubung und Abgasreinigung, biologische und
chemische Abwasserreinigungsanlagen sowie Anlagen zur thermischen Behandlung
von Abgasen oder flüssiger und fester Abfälle errichtet. Der geleistete Aufwand für
Entwicklung, Bau und Betrieb derartiger Anlagen kommt in den jährlichen Umwelt-
schutzaufwendungen zum Ausdruck. Sie stiegen allein in der chemischen Industrie in
Deutschland von 1,3 Mrd. DM 1975 auf heute über 8 Mrd. DM an [Beh99].
Die Verknappung der Ressourcen und die daraus resultierende Erhöhung der
Energiepreise zwingt die Unternehmen immer mehr, energiesparende aber in der
Anschaffung meist teurere Verfahren anzuwenden. Häufig investieren Unternehmen
auch aus Imagegründen in teurere und umweltfreundlichere Fertigungsverfahren
sowie in eine umweltschonendere Betriebsweise ihrer Produkte (geringe Emission
und niedriger Energieverbrauch). Langfristig zahlt es sich für Unternehmen aus, nur

18 Netzwerkarchitektur für die postindustrielle Produktion
Produkte auf den Markt zu bringen, die für den Menschen nützlich und für die Umwelt
in ihrer Herstellung, Anwendung und Entsorgung verträglich sind.
Die Gefahr unvorhersehbarer Naturkatastrophen, vor allem durch Erdbeben wie sie
in letzter Zeit häufig im mittelamerikanischen und südostasiatischen Raum auftraten,
können Produktionsbetriebe schädigen und zu erheblichen finanziellen Einbußen
durch Produktionsausfälle und Zerstörung der Anlagen und Gebäude führen. Solche
Unwägbarkeiten führen immer wieder zur Existenzgefährdung der in Gefahrengebie-
ten ansässigen Unternehmen.
2.2 Aufbruch zu neuen Wettbewerbsstrategien
2.2.1 Ansätze der Natur
In der Natur findet bis zum heutigen Tage ein wettbewerbsähnlicher Entwicklungs-
und Optimierungsprozeß statt - die Evolution. Dabei können nur Lebewesen und
Organismen überleben, die in der Lage sind, sich den ständig wandelnden Umge-
bungseinflüssen anzupassen (vgl. Deszendenztheorie von Darwin). Die ständige
Veränderung des Lebensraumes ist Garant für eine kontinuierliche Weiterentwick-
lung der Lebewesen, ihrer Eigenschaften und Verhaltensweisen. Werden diese
Veränderungen positiv umgesetzt, wird sich die Spezies trotz zahlreicher Konkurren-
ten in Zukunft sogar ausbreiten und vermehren.
In diesem ständigen Kampf ums Dasein haben verschiedene Lebewesen zahlreiche
Strategien entwickelt, um auch ohne überragende Kräfte und Stärken überleben zu
können. Zu diesen Strategien zählen vornehmlich die Spezialisierung, die
Generalisierung und vor allem die Bildung von Symbiosen [Hak95].
·
Spezialisierung: Konkurrenz kann natürlich nur dann entstehen, wenn die
verschiedenen miteinander konkurrierenden Arten in derselben Umgebung leben.
Räumliche Spezialisierung führt entsprechend dazu, daß Arten, die um dieselben
Nahrungsquellen konkurrieren, sich in unterschiedlichen Lebensräumen
entwickeln. Von einer eher funktionellen Spezialisierung zur Erschließung
ökologischer Nischen wird gesprochen, wenn Arten, die sich den gleichen

Kapitel 2: Produzieren in postindustriellen Gesellschaften 19
Lebensraum teilen, in ihren speziellen Fähigkeiten die Besten sind. Dies ist
beispielsweise der Fall, wenn Vogelarten, die denselben Lebensraum besiedeln,
unterschiedliche Schnabelformen entwickeln, um sich unterschiedliche
Nahrungsquellen zu erschließen.
·
Generalisierung: Die Generalisierung als Überlebensstrategie findet sich in der
Natur bei Tierarten wieder, die auf ein sehr breit gefächertes Nahrungsprogramm
zurückgreifen können, wie beispielsweise Wildschweine. Diese Tiere fressen
meist Pflanzen und Samen, gelegentlich aber auch Mäuse, Vögel, Schnecken,
Würmer und Insekten. Sie umgehen so den direkten Konkurrenzkampf um eine
bestimmte Nahrung und geraten nicht in Existenzgefahr, falls eine bestimmte
Nahrungsquelle versiegt.
·
Symbiose: Ein besonders interessanter Weg, im Wettbewerb zu überleben, ist
die Symbiose, bei der das Zusammenleben artverschiedener, aneinander ange-
paßter Organismen (Symbionten) zu gegenseitigem Nutzen führt,
beziehungsweise die gegenseitige Existenz erst ermöglicht. In der Natur
existieren zahlreiche Beispiele, die den besonderen Reiz symbiotischer
Beziehungen verdeutlichen. Pilze und Algen, die eine Flechte bilden. Ameisen
und Ameisen-Akazien, bei denen die Bäume den Ameisen eine Behausung und
Nahrung geben, während die Ameisen dafür die Bäume schützen. Bienen und
Korbblütler, bei denen die Bienen den Nektar der Blüten als Nahrung für ihren
Nachwuchs nutzen und gleichzeitig der Bestäubung und Besamung für die Pflan-
ze dienen. Vögel, die Krokodilen ins offene Maul fliegen, wo sie Nahrung finden
und zugleich das Gebiß der Reptilien reinigen.
2.2.2 Ansätze der Wirtschaft
Die zuvor aufgezeigten Strategien der Natur haben sich über Jahrmillionen entwickelt
und bewährt. Somit erscheint es äußerst vielversprechend, diese Erfolgsstrategien
auf die Situation von Unternehmen im Wettbewerb zu übertragen. Diese These
belegen die folgenden Beispiele eindrucksvoll:
·
Spezialisierung: Die erfolgreiche Erschließung ökonomischer Nischen durch
Spezialisierung finden sich u.a. in einer Analyse der Hidden Champions, in denen
die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer aufgedeckt und systematisiert

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832451004
ISBN (Paperback)
9783838651002
DOI
10.3239/9783832451004
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Maschinenbau
Erscheinungsdatum
2002 (März)
Note
1,3
Schlagworte
kooperationen unternehmensnetzwerk virtuelle unternehmen organisation wandel
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