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Lampenfieber

Probleme und Bewältigungsstrategien bei Musikschulschülern. Erfahrungen aus einer Instrumentalklasse.

©1999 Diplomarbeit 35 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das „ Lampenfieber“ ist wohl das bekannteste Bühnenphänomen. Es wird als Begleiterscheinung spätestens mit dem „revolutionären“ Lebensabschnitt sich entwickelnder und verändernder Emotionen der Pubertät bewusst empfunden und lässt auch den routinierten Musiker und Referenten nicht mehr gänzlich los. Die meisten Menschen, die sich auf ein Podium begeben, werden den Zustand situativ ausgelöster Gefühle, mit denen sich „Lampenfieber“ oberflächlich beschreiben lässt, kennen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich als Musiker oder in irgend einer anderen Weise den Erwartungen eines Publikums stellt. Jede öffentliche Äußerung ist zugleich Selbstoffenbarung - wir geben uns zu erkennen, ob wir das wollen oder nicht. „Lampenfieber“, das ist die Summe aus emotionalen Spannungen, welche auch die Merkmale des Gefühls zur Podiumsangst auslösen. „Lampenfieber“ ist zwiespältig: Zum einen kann es als ein Erregungszustand erlebt werden, als positives Stimulans, das zu erhöhter Wachsamkeit, zu stärkerer Konzentration und damit zur Leistungssteigerung führt, zum anderen als ein Verhindert- oder Gebremst werden und Blockiert sein in der Leistungsfähigkeit. „Lampenfieber“ kann Belastung oder auch positiver Nervenkitzel sein. Es ist die verständliche Reaktion auf eine Situation, in der man sich dem Urteil und dem Echo der Umwelt aussetzt.
„Lampenfieber“, meist als ein von Spannung, Unruhe, unangenehmen Angst- und Schamgefühlen geprägter Zustand vor und auch noch während eines Auftritts beschrieben, hat körperlich-seelische Folgen auf Denken, Wahrnehmung und Bewegung. Ängste sind wie Freude, Trauer oder Zorn Gefühlszustände, die aus wissenschaftlicher Sicht mit spezifischen Veränderungen von Denkvorgängen, mit Handlungsimpulsen und mit physiologischen Körperreaktionen und deren Wahrnehmungen einhergehen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Einleitung/Definition3
Wie entsteht Lampenfieber? Warum?6
Wie äußert sich Lampenfieber?7
Äußere Bedingungen und Situationen zur Entstehung von Lampenfieber8
Wie lässt sich Lampenfieber in Grenzen halten?10
Entspannungstechniken13
Eigene Erfahrungen im Umgang mit Lampenfieber15
Positive Wirkung von Lampenfieber16
Unterschiede (emotional) bei Schülern unterschiedlicher Altersgruppen17
Training zur Bewältigung von Lampenfieber19
Medikamente: natürliche und synthetische Mittel/Alkohol21
Wirkung von Lampenfieber auf Zuhörer/Publikum25
Prüfungen26
Lampenfieber […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5097
Henke, Uwe: Lampenfieber: Probleme und Bewältigungsstrategien bei Musikschulschülern.
Erfahrungen aus einer Instrumentalklasse. / Uwe Henke -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Dresden, Kunst- und Musikhochschule, Diplom, 1999
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2
Gliederung zu "Lampenfieber"
Einleitung / Definition:
3
Wie entsteht Lampenfieber? Warum?
6
Wie äußert sich Lampenfieber ?
7
Äußere Bedingungen und Situationen zur Entstehung von Lampenfieber 8
Wie läßt sich Lampenfieber in Grenzen halten ?
10
Entspannungstechniken 13
Eigene Erfahrungen im Umgang mit Lampenfieber 15
Positive Wirkung von Lampenfieber 16
Unterschiede (emotional) bei Schülern unterschiedlicher Altersgruppen
17
Training zur Bewältigung von Lampenfieber
19
Medikamente: natürliche und synthetische Mittel / Alkohol
21
Wirkung von Lampenfieber auf Zuhörer/ Publikum
25
Prüfungen 26
Lampenfieber Stimmungsabhängig? 26
Lampenfieber in Wartezeiten
27
Lampenfieber beim Musizieren im Ensemble,
in der Gruppe, im Orchester
27
Versagen durch Lampenfieber 28
Schlußfolgerungen für meine weitere berufliche Tätigkeit
29
Literatur zur Arbeit
31

3
Einleitung
Das ,, Lampenfieber" ist wohl das bekannteste Bühnenphänomen. Es wird als
Begleiterscheinung spätestens mit dem ,,revolutionären" Lebensabschnitt sich
entwickelnder und verändernder Emotionen der Pubertät bewußt empfunden
und läßt auch den routinierten Musiker und Referenten nicht mehr gänzlich los.
Die meisten Menschen, die sich auf ein Podium begeben, werden den Zustand
situativ ausgelöster Gefühle, mit denen sich ,,Lampenfieber" oberflächlich
beschreiben läßt, kennen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich als Musiker
oder in irgend einer anderen Weise den Erwartungen eines Publikums stellt.
Jede öffentliche Äußerung ist zugleich Selbstoffenbarung - wir geben uns zu
erkennen, ob wir das wollen oder nicht. ,,Lampenfieber", das ist die Summe aus
emotionalen Spannungen, welche auch die Merkmale des Gefühls zur
Podiumsangst auslösen. ,,Lampenfieber" ist zwiespältig: Zum einen kann es als
ein Erregungszustand erlebt werden, als positives Stimulans, das zu erhöhter
Wachsamkeit, zu stärkerer Konzentration und damit zur Leistungssteigerung
führt, zum anderen als ein Verhindert- oder Gebremstwerden und Blockiertsein
in der Leistungsfähigkeit. ,,Lampenfieber" kann Belastung oder auch positiver
Nervenkitzel sein. Es ist die verständliche Reaktion auf eine Situation, in der
man
sich
dem
Urteil
und
dem
Echo
der
Umwelt
aussetzt.
,,Lampenfieber", meist als ein von Spannung, Unruhe, unangenehmen Angst-
und Schamgefühlen geprägter Zustand vor und auch noch während eines
Auftritts beschrieben, hat körperlich - seelische Folgen auf Denken,
Wahrnehmung und Bewegung. Ängste sind wie Freude, Trauer oder Zorn
Gefühlszustände, die aus wissenschaftlicher Sicht
·
mit spezifischen Veränderungen von Denkvorgängen,
·
mit Handlungsimpulsen und
·
mit physiologischen Körperreaktionen
und deren Wahrnehmungen einhergehen.
Spezifische Denkvorgänge, das erste der genannten Merkmale der erlebten
Emotion, sind: - Gedanken an erwartete Ereignisse
- Erinnerungen
- bei Angst Befürchtungen vor Offenbarungen eventueller
Schwächen und deren Konsequenzen
-Überlegungen, welche schlimmen Dinge geschehen
könnten
- und häufig auch Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit
und Scham für Offenbarungen realer Unzulänglichkeiten
Durch das zweite Merkmal, die Handlungsimpulse, kann durch mimisches
oder ganzkörperliches Ausdrucksverhalten und Handlungen die Emotion nach
außen sichtbar werden. Ängstliches Zurückweichen oder Angriff, auch
Inangriffnahme einer Aufgabe, furchtsamer Gesichtsausdruck und die
entsprechende Körperhaltung können typische Beispiele für Handlungsimpulse
der zu beschreibenden Gefühlszustände sein. Als Handlungsmotive sind die
Emotionen manchmal organisierende, manchmal desorganisierende Momente
der Tätigkeit. In den Handlungsimpulsen zeigt sich auch ein positiver Aspekt

4
von Angst. Sie kann anregen und somit durch verstärkte Aktivität einen
drohenden Mißerfolg verhindern. Manche Menschen scheinen erst dann alle
Leistungsreserven zu mobilisieren, wenn solche angstauslösenden Situationen
zu bewältigen sind. Der erhöhte Spannungszustand bei Angst kann noch
einen anderen positiven Aspekt haben. Er wird von einigen Menschen als
angenehmer Nervenkitzel erlebt, und diese Mischung von Angst und Lust wird
von vielen, sich künstlerisch beschäftigenden nicht viel anders als bei der
Ausübung mancher Extrem - Sportarten immer wieder angestrebt. Auch mit
angebotenen Möglichkeiten auf Vergnügungsplätzen führen sich Menschen
ganz zielgerichtet Angst als Lust zu; selbst Kleinkinder können Angst genießen.
Das dritte Merkmal von Emotionen ist die Wahrnehmung der physiologischen
Reaktion des vegetativen Nervensystems. Beispiele dieser Wahrnehmungen
sind die Beschleunigung des Herzschlages, Schweißausbruch, ,,weiche Knie"
oder zittern der Hände bzw. der in dem Moment beanspruchten
Muskelgruppen. Diese oft als störend empfundenen vegetativen
Begleitreaktionen von Emotionen stellen den eigenen Körper auf ein höheres
Leistungsniveau ein.
,,Lampenfieber" ist letztlich auch ein Streß, der durch die Faktoren
Leistungsdruck, Perfektionismus, Angst und Scham ausgelöst wird.
Mit ,,Streß" bezeichnet man in der Medizin einen Zustand, bei dem der Körper
durch einen Reiz von außen in einen Alarmzustand versetzt wird. Die
Ursachen für einen solchen Alarmzustand sind vielfältig und reichen von
körperlicher Schädigung bis hin zu emotionalen Blockaden. Formen von Streß
drücken sich in Schmerz, Allergie und Angst aus. Zu der letzt genannten Form
gehört auch das ,,Lampenfieber". Wenn es auch sehr viele Ursachen für Streß
gibt, so sind doch die Auswirkungen auf Körper und Seele sehr ähnlich: Nur
der Teil des Körpers funktioniert, der ein Überleben in der Alarmsituation
garantiert. Unter besonderen Umständen, wenn es zum Beispiel um das
Überleben geht, kann eine ungeheure Menge zusätzlicher Energie freigesetzt
werden. Man nennt die Körperreaktion auf eine Überlebenssituation Kampf-
Flucht-Reaktion. Dieser ,,Modus" steht uns noch aus den frühen Tagen des
Menschen zur Verfügung, als er wesentlich näher mit Tier und Natur
zusammenlebte und zum Überleben die notwendige Kraft zu kämpfen oder zu
fliehen mobilisieren mußte. Die dabei ausgeschütteten in der Nebennierenrinde
gebildeten Hormone Adrenalin und Noradrenalin wirken gefäßverengend,
erhöhen den Blutdruck, beschleunigen die Herzfrequenz, verändern den
Atmungsrhythmus, erweitern die Bronchien und die Pupillen, verändern die
Blutzuckerwerte, das Blut wird intensiver von den Kapillaren in die Muskeln
gepumpt, erhöhen vorsorglich für eventuelle Verletzungen die
Gerinnungsfähigkeit des Blutes und hemmen die Verdauung. Adrenalin steigert
die Voraussetzungen für körperliche und geistige Leistungen. Das bei Streß
freigesetzte Hormon Kortisol greift besonders in Stoffwechselvorgänge ein,
baut zum Beispiel Eiweiß zu Kohlehydraten um, die dem Körper zur raschen
Energiegewinnung zur Verfügung stehen und hemmt die in der
Belastungssituation störenden körperlichen Abwehrreaktionen gegen

5
Infektionen und Entzündungen (antiphlogistisch). Diese sich in der Evolution
des Menschen entwickelnden körperlichen Reaktionen auf Streß dienen
eigentlich einer sinnvollen Einstellung des Körpers auf zusätzliche Belastungen.
Während im Fall einer lebensbedrohlichen Situation ein solches Umschalten auf
den Überlebensmodus ,,Kampf- Flucht" angemessen ist, ist es dagegen auf der
Bühne unangebracht, denn weder kämpfen wir körperlich mit dem Zuhörer,
noch fliehen wir vor ihm. Dafür geschieht etwas anderes: Es tritt eine Art
Betäubung und Lähmung auf, ein Gefühl von bleierner Schwere -- ,,Lampen-
fieber". Hier geht es um ein emotionales ,,Überleben". Dennoch läuft bei
Lampenfieber der gleiche biochemische Prozeß ab, der eigentlich nur zur
Bewältigung körperlicher Extremsituationen notwendig ist. Der große
Unterschied besteht nur darin, daß man auf der Bühne die unter Streß
bereitgestellten Hormone nicht mehr in angemessener Weise durch eine
erhöhte Muskeltätigkeit abbauen und ausgleichen kann.
Streß war ursprünglich ein engbegrenzter Begriff der physischen
Überbelastung. Heutzutage ist Streß als Situation verallgemeinert, durch die
sich jemand als belastet fühlt. Die Vieldeutigkeit des Begriffs rührt von der
Vielschichtigkeit menschlicher Belastungen her. Individuell empfundene
Belastungsmomente sind unüberschaubar. Jeder Mensch erlebt sie anders,
reagiert auf sie anders und wird ihrer unterschiedlich Herr. Eine allgemeine
Verarbeitungsweise von Streß kann es folglich nicht geben.

6
Wie entsteht Lampenfieber? Wozu? Warum?
Lampenfiebergefühle werden aus innerer Beteiligung, Betroffenheit und
Faszination für ein kommendes Ereignis geboren und zählen wegen ihrer
Erregungsgrundlage zu den subjektivsten psychischen Erscheinungen.
Entscheidend für körperliche Reaktionen auf öffentliche Belastungssituationen
ist die innere Haltung und das Ausmaß an persönlicher Betroffenheit, das man
einem Ereignis gegenüber einnimmt. Psychologisch gesehen spielt eine
öffentliche Bewährungssituation die bedeutsame Rolle der Bestätigung und
Anerkennung, beziehungsweise des Erlebens einer Diskrepanz zwischen ,,Soll"
und ,,Ist" und der dadurch häufig ausgelösten Korrektur oder Kritik.
Ganz im Gegensatz zum Üben ist man sich bewußt, daß während eines
öffentlichen Auftritts eigentlich nichts wiederholt werden kann und es keinem
zweiten oder dritten Anlauf gibt, um eine in sich geschlossene Darbietung
gekonnter zu präsentieren. Es gibt nur diese eine Chance von enormer
Tragweite. Ein schlechtes Selbstwertgefühl und geringes Selbstvertrauen,
überhöhte Ansprüche an die eigene Leistung und prinzipiell schlechte
Erwartungen für kommende Ereignisse sind eine denkbar ungünstige
Konstellation und können übergroße Angst und Depressionen nach sich
ziehen. Unangenehme Erfahrungen mit vergangenen Situationen heften sich
wie ein Etikett auf neue Situationen und sorgen für eine ,,Programmierung" von
Lampenfieber. Unrealistisches Anspruchsdenken, perfekt, unfehlbar und in
jedem Falle besser als andere sein zu müssen, sind ebenfalls Gründe, die die
Existenz von Versagensängsten begünstigen und immer weiter steigern. Aber
auch eigene Unsicherheiten und Zweifel an den Bewältigungsmöglichkeiten der
gestellten Anforderungen sind schwerwiegende Gründe für die Entwicklung
gesteigerter pessimistischer Erwartungshaltungen. Diese wiederum führen
meist zu akuten Erregungszuständen und verdrängen mit Zukunftsfurcht alle
positiven Gefühle der Spannung und Vorfreude. Deprimiert durch diese Angst-
und Zwangsvorstellungen kann sich das Lampenfieber zu einem echten
Problem entwickeln.
In unserer Zivilisation, die die Polarität Leistung - Versagen zum vorrangigen
Urteilsschema in fast allen Lebensbereichen macht, kommt eine Angst vor den
strengen Richtern in uns und auch um uns herum nicht von ungefähr.
Lampenfieber ist dennoch kein generell zu bekämpfendes Übel, sondern gibt
wertvolle Hinweise auf eigene Verletzlichkeiten für den Weg zur Freisetzung
schöpferischer Potentiale.
Die allgemeinen Funktionen des Lampenfiebers scheinen darin zu liegen, ein
Ungleichgewicht zwischen bestehenden oder erwarteten Anforderungen
bestimmter öffentlicher Situationen und unseren auf Selbstwahrung
ausgerichteten Bewältigungsmöglichkeiten zu melden.

7
_
______________________________
__
Wie äußert sich Lampenfieber ?
Es gibt nicht das Lampenfieber, sondern jeder hat sein unverwechselbares
Lampenfieberprofil, da jeder Mensch seine eigenen inneren Resonanzen im
Körperlichen, im Emotionalen, im Kognitiven, im Verhalten, der Phantasie und
im Bereich erinnerter Szenen unterschiedlichster Erlebnisse und Erfahrungen
hat. Typische Störungen bei Klarinettisten bei einer gewissen inneren
Überspannung sind neben den spezifischen Veränderungen von
Denkvorgängen starkes Transpirieren ( emotional ausgelöstes Schwitzen tritt
besonders, wenn auch nicht ausschließlich, an den Handflächen und Fußsohlen
auf und wird vom zentralen Anteil des sympathischen Nervensystem
ausgelöst),Trockenwerden des Mundes, Anspannung des Kehlkopfes,
Steifwerden des Nackens, kalte Hände und das leider sehr offenkundige und
dem Musizieren sehr hinderlichen Zittern der Finger.
Verkrampfungserscheinungen können eine Verengung des Kehlkopfes und des
Rachenraumes bewirken. Auch wird wegen einer typischen Beschleunigung der
Atemfrequenz und daraus zwangsläufig auch flachen Atmung während eines
Klarinettenvortrags von einem permanenten Luftüberschuß berichtet. Er tritt ein,
wenn auf längere Zeit die eingeatmete Luft immer nur zum Teil verbraucht wird.
Mit jedem folgenden Atemzug wird der inzwischen zu Kohlendioxyd
umgewandelte restliche Atem in die untere Lungenhälfte gedrückt. Das
Sauerstoffreservoir verringert sich, so daß die Atmung in immer kürzeren
Abständen erfolgen muß. Dies führt aber unbedingt zu Atemnot, die sich bis zu
leichten Erstickungsanfällen steigern kann.
Wie sehr das vom vegetativen Nervensystem gesteuerte Körpergeschehen
zum Repräsentationsfeld für Gefühlsvorgänge werden kann, wird eindrucksvoll
im Zustand der Angst erfahrbar. Aufgrund einer Ängstlichkeit vor zu großer
Beachtung und Beobachtung der eigenen Person kommt es oft zu einer
plötzlichen und flüchtigen Serotoninausschüttung ins Blut (Serotonin: im
Nervensystem vorkommender hormonähnlicher Stoff). Diese führen innerhalb
von Sekunden zu einer sichtbaren Rötung des Gesichts (Flush-Syndrom),
während der Betroffene ein Hitzegefühl verspürt. Die Funktionen dieser
typischen Integritätsemotion werden im allgemeinen in der sozialen Regulation
gesehen, als Achtung fremder Persönlichkeiten oder eines kritisch wachen
Publikums. Das Ausmaß der emotionalen und physiologischen Veränderungen
durch Lampenfieber hängt individuell von vielen Faktoren ab.
Für einen unbeteiligten Beobachter kann das Lampenfieber eines Betroffenen in
seinem Ausdrucksgeschehen von Mimik, Gestik, Haltung, Bewegung und
Sprache erkennbar sein.

8
Äußere Bedingungen und Situationen zur Entstehung von
Lampenfieber
Eine schon sehr alte noch erhaltene Anweisung zum Umgang mit Lampenfieber
findet man in Johann Joachim Quantzens ,,Versuch einer Anweisung die Flöte
traversiere zu spielen" aus dem Jahre 1752. Er schreibt: ,,Ist der Flötenist, der
sich öffentlich will hören lassen, furchtsam, und noch nicht gewohnt, in
Gegenwart vieler Menschen zu spielen; so muß er seine Aufmerksamkeit, in
währendem Spielen, nur allein auf die Noten, die er vor sich hat, zu richten
suchen; niemals aber die Augen auf die Anwesenden wenden: denn hierdurch
werden die Gedanken zerstreuet, und die Gelassenheit geht verlohren. Er
unternehme nicht solche schwere Sachen, die ihm bey seiner besondern
Uebung noch niemals gelungen sind; er halte sich vielmehr an solche, die er
ohne Anstoß wegspielen kann. Die Furcht verursacht eine Wallung des
Geblütes, wodurch die Lunge in ungleiche Bewegung gebracht wird, und die
Zunge und Finger ebenfalls in Hitze gerathen. Hieraus entsteht nothwendiger
Weise ein im Spielen sehr hinderliches Zittern der Glieder: und der Flötenspieler
wird also nicht im Stande seyn, weder lange Passagien in einem Athem, noch
besondere Schwierigkeiten,so wie bey einer gelassenen Gemüthsverfassung,
herauszubringen."
Bedingungen für die Entstehung von Lampenfieber sind soziale Situationen mit
Öffentlichkeitscharakter, die ihre Bedeutsamkeit durch die Gegenwart und
Teilnahme von Zuschauern erhalten. In einer Isolation würde kein Lampenfieber
entstehen.
Ob man sein Lampenfieber positiv leistungssteigernd oder negativ angstbesetzt
erlebt, immer bezieht es sich auf das Phänomen des Bewertet-Werdens durch
ein mehr oder weniger anonymes Publikum, ganz gleich wie groß oder klein es
sein mag. Lampenfieber wurzelt in einem Milieu des Bezogenseins und der
Verbundenheit zu einem Publikum, welches einem auch ständig in Gedanken
gegenwärtig ist, auch wenn man sich dessen nicht bewußt ist. Dieses Publikum
bildet wegen seiner Fähigkeit zu einer Bewertung von außen die wichtigste
Quelle für die Entstehung des Lampenfiebers.
Gehören die von einer Person übermittelten Wunschvorstellungen und deren
emotionale Wirkungen nicht unmittelbar zu lebens- und existenznotwendigen
Tätigkeiten, so sind diese Handlungen einer besonderen Verletzlichkeit
ausgesetzt. Je spezialisierter man sich auf eine Kompetenz einläßt, desto
verletzbarer wird man genau an der Stelle, über die man sich in seinem Können
definiert. Unglücklicherweise produzieren gerade jene Bereiche, auf die man
sein öffentliches Handeln am meisten fixiert hat, Angriffsflächen für
Verletzlichkeit. Die Anfälligkeit für bestimmte individuelle Lampenfieberreaktio-
nen hängt entscheidend von den auf die perfektionierte und spezialisierte
Fertigkeit und Kompetenz bezogenen Verletzlichkeiten ab.
Auffallende Beispiele zu den negativen Auswirkungen des Lampenfiebers auf
spezielle Spieltätigkeiten sind:

9
bei Bläsern - Mundtrockenheit, wobei die tonliche Ansprache
und Tongestaltung beeinträchtigt werden
bei Pianisten - kalte, feuchte Hände, die ein Abrutschen von
den Tasten verursachen können
bei Organisten - weiche Knie, die die Treffsicherheit des
Pedalspiels behindern
bei Streichern - Zittern des bogenführenden Armes
.
Welche Einflüsse nun in welchem Ausmaß Veränderungen bedingen und wie
sie sich wechselseitig beeinflussen, ist letzten Endes schwer zu bestimmen.
.
.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832450977
ISBN (Paperback)
9783838650975
DOI
10.3239/9783832450977
Dateigröße
403 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden – Musikpädagogik
Erscheinungsdatum
2002 (März)
Note
2,0
Schlagworte
lampenfieber probleme bewältigungsstrategien musikschulschülern erfahrungen instrumentalklasse
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Titel: Lampenfieber
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book preview page numper 8
35 Seiten
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