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Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?

©2000 Diplomarbeit 59 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit nunmehr über zwanzig Jahren muss sich Deutschland mit dem Problem kontinuierlich wachsender Arbeitslosigkeit auseinandersetzen. Dieser Zeitraum ist durch ein stark wachsendes Staatsbudget gekennzeichnet, das insbesondere notwendig ist, um die vielfältigen sozialen Leistungen des Staates, darunter auch die Arbeitslosenversicherung, zu finanzieren. Dieses wachsende Budget wurde durch eine steigende Staatsverschuldung und höhere Steuern finanziert. Besonders stark nahm dabei die Belastung der Löhne mit Steuern und Sozialabgaben zu. Nach Berechnungen auf Basis von OECD-Daten stieg die Steuerlast für deutsche Lohnempfänger in den zwanzig Jahren von 1968 bis 1988 um 10 Prozentpunkte von 31,2% auf 41,2% an. In den meisten Ländern der Europäischen Union sieht die Situation ähnlich aus.
Angesichts dieser Zahlen liegt es nahe zu fragen, ob zwischen dem Anstieg der Belastung der Löhne und der Zunahme der Arbeitslosigkeit ein Zusammenhang besteht. Diese Frage ist seit Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, wird aber seit einiger Zeit auch in der Öffentlichkeit diskutiert und zunehmend von Politikern aufgegriffen. Dabei zeichnet sich, was das grundsätzliche Bestreben, die Steuer- und Abgabenlast auf die Löhne zu verringern, angeht, ein erstaunlich breiter Konsens ab. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die verschiedensten politischen Gruppen Vorteile von solch einer Politik versprechen: Aus neoklassischer Sicht - also jener Betrachtungsweise, die vor allem Wirtschaftsvertretern und konservativen Politikern nachgesagt wird - sollte das Senken der Belastung von Löhnen ceteris paribus mit einer Verbilligung des Faktors Arbeit und damit mit höheren Gewinnen und steigender Beschäftigung einhergehen. Unter keynesianischen Gesichtspunkten, die insbesondere bei einigen Sozialdemokraten und Gewerkschaften eine große Rolle spielen, kann solch eine Steuersenkung, wenn sie nicht durch Konsumeinschränkungen an anderer Stelle finanziert wird, durch das vermutlich höhere Nettoeinkommen der Haushalte und die daraus resultierende Steigerung der Konsumnachfrage zu einer Erhöhung der wirtschaftlichen Aktivität und somit zu mehr Beschäftigung führen.
Obwohl immer noch große Interessenkonflikte bezüglich der Finanzierung solch einer Senkung der steuerlichen Belastung der Löhne existieren, besteht also weitgehend Einigkeit, dass es sich dabei um ein adäquates Mittel zur Beschäftigungssteigerung handelt. So ist in dem 1998 zwischen der SPD […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5068
Pollak, Andreas: Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur? / Andreas Pollak -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Freiburg im Breisgau, Universität, Diplom, 2000
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Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 1
Inhaltsverzeichnis
Symbolverzeichnis...3
Abkürzungsverzeichnis...4
1. Einleitung ...5
2. Problemstellung ...6
3. Besteuerung von Kapital...9
3.1 Gewerkschaften in einem Verhandlungsmodell...10
3.1.1 Das Grundmodell...10
3.1.2 Der Fall fixer Nettolöhne...11
3.1.3 Gewerkschaften und Lohnverhandlungen...13
3.1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse...16
3.2 Ein Effizienzlohnmodell mit ,,fairen Löhnen"...17
3.2.1 Das Modell...17
3.2.2 Die Wirkung von Faktorsteuern auf die Beschäftigung ...18
3.3 Empirische Evidenz...18
4. Ökologische Steuern: die ,,doppelte Dividende"...20
4.1 Ökologische Steuern in einem Effizienzlohnmodell...21
4.1.1 Das Modell...22
4.1.2 Analyse der Steuerreform ...23
4.1.3 Zusammenfassung der Ergebnisse...26
4.2 Modellrechnungen...26
5. Kosten und Nutzen von Faktorsteuern ...28
5.1 Kapitalmobilität und Steuer...28
5.1.1 Besteuerungsprinzipien...31
5.1.2 Wie mobil ist Kapital?...33
5.1.3 Kapitalsteuern und die Wirschaftsstruktur ...34
5.2 Ökologische Steuern auf Produktionsfaktoren...34
5.3 Lohnsteuer und Beschäftigung ...36
5.3.1 Steuerinzidenz, Löhne und Beschäftigung...36
5.3.2 Empirische Evidenz...38
5.3.3 Kurzfristige versus langfristige Überwälzung ...40
5.3.4 Messung der Beschäftigungswirkung ...41
5.4 Kosten verschiedener Steuern...42
6. Zusammenfassung und Bewertung...42

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 2
Anhang 1 ...45
Anhang 2 ...46
Anhang 3 ...48
Anhang 4 ...50
Literaturverzeichnis ...51
Erklärung zur Urheberschaft ...55

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 3
Symbolverzeichnis
relative Verhandlungsmacht der Gewerkschaft
Arbeitslose pro Beschäftigtem:
)
u
1
/(
u
-
Nachfrageelastizität auf dem Gütermarkt
F,q
Nachfrageelastizität nach dem Faktor F in Abhängigkeit vom
Faktorpreis q
F
Anteil des Aufkommens aus der Besteuerung des Faktors F am
Gesamtsteueraufkommen
Gewinn
Substitutionselastizität
t
Steueraufkommenselastizität von t
x
Elastizität des Nettolohnes in bezug auf x
x
~
Elastizität des Bruttolohnes in bezug auf x
Nash-Maximand
a
Steuergutschrift
a
F
Produktionskoeffizient des Faktors F
b
Arbeitslosengeld
c
Stückkosten
C
Gesamtkosten
D
Nachfragefunktion auf dem Gütermarkt
e
Arbeitseffizienz
E
Emission (Produktionsfaktor)
f
Produktionsfunktion
G
Staatsbudget, öffentliches Gut
K
Kapital
L
beschäftigte Arbeit
LD
Arbeitsnachfragerelation
LS
Arbeitsangebotsrelation des einzelnen Wirtschaftssubjekts
LSU
Arbeitsangebotsrelation der Gewerkschaft
N
Arbeit
p
Preisniveau auf dem Gütermarkt
q
F
Preis des Faktors F
r
Nettozins

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 4
r~
Bruttozins
s
Anteil der Lohnkosten an den Produktionskosten
t
q
Steuersatz auf den Faktorpreis q
T
q
1+t
q
u
Arbeitslosenquote
V
Zielfunktion der Gewerkschaft
w
Nettolohn
w
~
Bruttolohn
Y
Sozialprodukt
Abkürzungsverzeichnis
CO
2
Kohlendioxid
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
EU
Europäische Union
KQ
Kleinstquadrat
MEB
marginal excess burden, Grenzzusatzlast
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 5
1. Einleitung
Seit nunmehr über zwanzig Jahren muß sich Deutschland mit dem Prob-
lem kontinuierlich wachsender Arbeitslosigkeit auseinandersetzen. Dieser
Zeitraum ist durch ein stark wachsendes Staatsbudget gekennzeichnet,
das insbesondere notwendig ist, um die vielfältigen sozialen Leistungen
des Staates, darunter auch die Arbeitslosenversicherung, zu finanzieren.
Dieses wachsende Budget wurde durch eine steigende Staatsverschul-
dung und höhere Steuern finanziert. Besonders stark nahm dabei die Be-
lastung der Löhne mit Steuern und Sozialabgaben zu. Nach Berech-
nungen auf Basis von OECD-Daten stieg die Steuerlast für deutsche
Lohnempfänger in den zwanzig Jahren von 1968 bis 1988 um 10 Prozent-
punkte von 31,2% auf 41,2%
1
an. In den meisten Ländern der Europä-
ischen Union sieht die Situation ähnlich aus.
Angesichts dieser Zahlen liegt es nahe zu fragen, ob zwischen dem An-
stieg der Belastung der Löhne und der Zunahme der Arbeitslosigkeit ein
Zusammenhang besteht. Diese Frage ist seit Jahren Gegenstand wissen-
schaftlicher Forschung, wird aber seit einiger Zeit auch in der Öffentlichkeit
diskutiert und zunehmend von Politikern aufgegriffen. Dabei zeichnet sich,
was das grundsätzliche Bestreben, die Steuer- und Abgabenlast auf die
Löhne zu verringern, angeht, ein erstaunlich breiter Konsens ab. Ein
Grund dafür könnte sein, daß sich die verschiedensten politischen Grup-
pen Vorteile von solch einer Politik versprechen: Aus neoklassischer Sicht
­ also jener Betrachtungsweise, die vor allem Wirtschaftsvertretern und
konservativen Politikern nachgesagt wird ­ sollte das Senken der Belas-
tung von Löhnen ceteris paribus mit einer Verbilligung des Faktors Arbeit
und damit mit höheren Gewinnen und steigender Beschäftigung einherge-
hen. Unter keynesianischen Gesichtspunkten, die insbesondere bei
einigen Sozialdemokraten und Gewerkschaften eine große Rolle spielen,
kann solch eine Steuersenkung, wenn sie nicht durch Konsumeinschrän-
kungen an anderer Stelle finanziert wird, durch das vermutlich höhere Net-
toeinkommen der Haushalte und die daraus resultierende Steigerung der
Konsumnachfrage zu einer Erhöhung der wirtschaftlichen Aktivität und
1
vgl. Mendoza u.a. (1994), Daveri und Tabellini (2000)

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 6
somit zu mehr Beschäftigung führen
2
.
Obwohl immer noch große Interessenkonflikte bezüglich der Finanzierung
solch einer Senkung der steuerlichen Belastung der Löhne existieren, be-
steht also weitgehend Einigkeit, daß es sich dabei um ein adäquates Mittel
zur Beschäftigungssteigerung handelt. So ist in dem 1998 zwischen der
SPD und den Grünen geschlossenen Koalitionsvertrag zu lesen: ,,Die Ent-
lastung der Arbeit durch eine Senkung der gesetzlichen Lohnnebenkosten
ist ein Eckpfeiler unserer Politik für neue Arbeitsplätze."
3
In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Konzepte vorgestellt und
erörtert, eine Entlastung der Löhne durch eine aufkommensneutrale Ver-
änderung der Steuerstruktur zu erzielen. Das Ziel dieser Betrachtungen ist
es, die verschiedenen Maßnahmen in bezug auf ihre Wirksamkeit, die
Arbeitslosigkeit zu senken, zu beurteilen, aber auch, ihre negativen Aus-
wirkungen und Kosten zu erkennen, um eine Bewertung der Maßnahmen
bezüglich ihrer Wünschbarkeit im Vergleich zu anderen denkbaren
Politiken zu ermöglichen.
Dazu wird in Abschnitt 2 die konkrete Problemstellung umrissen, und es
wird versucht, einen Bezug zwischen der folgenden theoretischen Analyse
und der institutionellen Realität herzustellen. Im 3. Abschnitt werden zwei
Modelle vorgestellt, mit deren Hilfe die Möglichkeiten einer Beschäfti-
gungssteigerung durch ein kapitalsteuerfinanziertes Senken der Lohn-
steuer untersucht werden, sowie empirische Befunde zu diesem Thema.
Abschnitt 4 behandelt in analoger Weise die Potentiale einer ökologischen
Steuerreform. Im 5. Teil werden die in den vorangegangenen Abschnitten
angesprochenen Steuern einzeln auf ihre Auswirkungen und die mit ihnen
verbundenen Probleme hin untersucht, wobei der Zusammenhang zwi-
schen Lohnsteuer und Arbeitslosigkeit besondere Berücksichtigung findet.
Schließlich faßt Abschnitt 6 die Ergebnisse der verschiedenen Argumenta-
tionsstränge zusammen und bewertet die untersuchten Politiken.
2. Problemstellung
In der vorliegenden Arbeit sollen Steuerreformen untersucht werden, wel-
che die Steuer auf den Faktor Arbeit reduzieren und dafür einen anderen
2
Die in diesem Zusammenhang oft formulierte These, jegliche Erhöhung der Löhne führe über eine
Steigerung der Konsumnachfrage zu mehr Beschäftigung, ist im Rahmen der keynesianischen
Theorie allerdings so nicht belegbar.
3
Sozialdemokratische Partei Deutschlands und Bündnis 90/Die Grünen (1998), Abschnitt III.3

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 7
Produktionsfaktor steuerlich stärker belasten, ohne das Gesamtsteuerauf-
kommen zu beeinflussen. Die beiden betrachteten ,,anderen" Produktions-
faktoren sind Kapital und Umweltverbrauch, wobei letzterer in Emissions-
mengen oder Energieverbrauch gemessen wird. Bei der Analyse der Steu-
erreformen steht das Ziel im Mittelpunkt, möglichst genaue Aussagen über
ihre Wirkung auf das Ausmaß von Beschäftigung und unfreiwilliger
Arbeitslosigkeit zu treffen. Darüber hinaus wird zu fragen sein, ob die Re-
formen aus wohlfahrtstheoretischer Sicht vertretbar sind oder ob es nahe-
liegende Alternativen zu den vorgestellten Politiken gibt, die ein Erreichen
derselben Ziele unter geringeren volkswirtschaftlichen Kosten ermög-
lichen.
Aufgrund der Komplexität des Steuerrechts sind theoretische Steuerkon-
zepte selten mit einzelnen Begriffen aus der Steuerpraxis zu identifizieren.
So läßt zum Beispiel das deutsche Einkommenssteuersystem aus Sicht
des steuerzahlenden Bürgers die Unterschiede zwischen Gewinn-,
Kapital- und Lohnsteuer verschwimmen. Dennoch hat die abstrahierende
Betrachtung verschiedener Steuertypen insofern ihre Berechtigung, als sie
die Ableitung relativ klarer Ergebnisse bezüglich der Wirkungen verschie-
dener Steuern erlaubt, die als Hinweis auf die Richtung einer sinnvollen
Weiterentwicklung des bestehenden Steuersystems dienen können.
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, daß international mobile Produk-
tionsfaktoren nach dem Quellenprinzip besteuert werden
4
, d.h. daß die
Faktorertäge in dem Land zu versteuern sind, in dem sie erwirtschaftet
werden
5
. Wie sich zeigen wird, ist dies insbesondere im Fall der Kapital-
steuer eine wesentliche Annahme.
Von besonderem Interesse für die folgenden Betrachtungen ist die Be-
steuerung von Löhnen und Gehältern. Hier wird zunächst häufig zwischen
den Teilen der Steuer unterschieden, die vom Arbeitgeber (,,payroll tax")
und vom Arbeitnehmer (,,wage tax") zu entrichten sind. Obwohl es unmit-
telbar einsehbar ist, daß es weder für den Nettolohn noch für die Lohn-
kosten aus Sicht des Unternehmers einen Unterschied macht, wer eine
gegebene Steuer an den Staat abführt, und daß deshalb nur die steuer-
4
In Abschnitt 5.1.1 wird untersucht, inwiefern Unterschiede zwischen Quellen- und Wohnsitzprinzip
der Besteuerung bestehen.
5
Zu Quellen- und Wohnsitzprinzip der Faktorbesteuerung vgl. z.B. Brümmerhoff (1996), S. 370ff.

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 8
liche Gesamtbelastung der Löhne (,,tax wedge") relevant ist
6
, gibt es doch
empirische Untersuchungen, die für kurze Zeiträume wegen kurzfristiger
Rigiditäten der Löhne sehr wohl reale Auswirkungen von Änderungen von
wage tax und payroll tax, die deren Summe unverändert lassen, ermitteln
7
.
Eine weitere Unterscheidung kann zwischen ,,echten" Steuern im Sinne
der Legaldefinition
8
, aus deren Zahlung dem Steuerpflichtigen kein
direkter Vorteil erwächst, und Beiträgen zu gesetzlichen Sozialversiche-
rungen gemacht werden, die einen Leistungsanspruch begründen.
Letztere tragen, so sie vom Arbeitgeber zu entrichten sind, zu den soge-
nannten Lohnnebenkosten bei, denen in der politischen Diskussion oft
große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Um beurteilen zu können, ob
Sozialversicherungsbeiträge sich in ähnlicher Weise wie Steuern auf die
Lohnforderungen von Arbeitnehmern bzw. ihrer Vertreter auswirken, ist zu
untersuchen, in welcher Beziehung aus Sicht der Arbeitnehmer die
Beitragshöhe zum Wert der Leistungen steht. Entsprechen die Beiträge
genau dem Wert der Leistungen, wird der Arbeitnehmer durch die Einfüh-
rung der Sozialversicherung weder besser noch schlechter gestellt, wes-
halb keine Auswirkungen auf seine (Brutto-) Lohnforderungen zu erwarten
sind. Liegt allerdings die Beitragshöhe über dem in Geldeinheiten gemes-
senen Nutzen, den die Versicherung stiftet, hat der Teil des Beitrags, der
über dem Wert der Leistungen liegt, den Charakter einer Steuer. Die Be-
wertung eines realen Sozialversicherungssystems an Hand des beschrie-
benen Kriteriums ist allerdings aus verschiedenen Gründen schwierig.
Zunächst werden viele Sozialversicherungen über lohnabhängige Beiträge
finanziert, auch wenn sie gleiche Leistungen für alle Versicherten verspre-
chen, verfolgen also Umverteilungsziele. Des weiteren werden sie oft über
andere Steuereinnahmen staatlich subventioniert. Zuletzt ist ein Vergleich
mit den Preisen privat angebotener Versicherungen ähnlicher Art nicht un-
bedingt aufschlußreich, da es wegen des Zwangscharakters der staat-
lichen Sozialversicherung fraglich ist, ob es sich um einen vergleichbaren
Markt handelt. Allerdings ist für den Fall, daß für ein auch privat versicher-
6
Zu Definition und Erläuterung des wedge Konzeptes vgl. Layard u.a. (1991), insb. S. 209f. Im
Widerspruch dazu zeigen Koskela und Schöb (1997, 1999b), daß die de jure Inzidenz der Lohn-
steuer in Gegenwart von Gewerkschaften sehr wohl eine Rolle spielen kann.
7
Symons und Robertson (1990) stellen fest, daß die Äquivalenz beider Steuern langfristig gegeben
ist, es jedoch in der kurzen Frist starke Abweichungen von ihr gibt.
8
Nach der Definition in § 3 der Abgabenordnung sind Steuern ,,Geldleistungen, die nicht eine
Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen".

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 9
bares Risiko die Sozialversicherungsbeiträge nicht wesentlich unter dem
versicherungsmathematisch fairen Preis liegen, davon auszugehen, daß
die Sozialversicherung tatsächlich teilweise Steuercharakter hat, da in
diesem Fall der Schaden der zwangsweisen Überversicherung vieler Indi-
iduen den Nutzen der geringen Kostenersparnis gegenüber einer privaten
Versicherung wahrscheinlich überwiegt.
Aufgrund dieser Überlegungen wird im weiteren Verlauf nur noch pauschal
von einer ,,Lohnsteuer" gesprochen, womit sowohl die aus einem bezahl-
ten Beschäftigungsverhältnis resultierenden Steuern als auch Sozialver-
sicherungsbeiträge gemeint sind, unabhängig davon, ob sie formal vom
Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber zu bezahlen sind.
Alle im folgenden vorgestellten Modelle arbeiten mit proportionalen Lohn-
steuern. Diese Modellierung scheint angesichts der Tatsache, daß in ent-
wickelten Industrieländern üblicherweise progressive Steuern auf Lohnein-
kommen erhoben werden, unpassend zu sein. Allerdings läßt sich jeder
differenzierbare Lohnsteuertarif
9
lokal durch eine Kombination aus einer
(möglicherweise negativen) Kopfsteuer und einer proportionalen Lohn-
steuer annähern
10
. Da Kopfsteuern die marginalen Entscheidungen von
Wirtschaftssubjekten nicht beeinflussen, behalten die Aussagen über mar-
ginale Wirkungen proportionaler Steuern dann auch für progressive Steu-
ern ihre Gültigkeit. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß sich die Steuer-
progression grundsätzlich sehr wohl auf das Verhalten von Wirtschafts-
subjekten auswirkt
11
.
3. Besteuerung von Kapital
Wegen der steigenden internationalen Kapitalmobilität sehen sich einzelne
Länder zunehmend dem Druck ausgesetzt, die Steuern auf Kapitalerträge
zu senken, um weiterhin attraktive Investitionsstandorte bieten zu kön-
nen
12
. Dennoch soll in diesem Abschnitt eine Maßnahme zur Senkung der
Arbeitslosigkeit untersucht werden, die mit einer Erhöhung der Kapital-
steuer einhergeht.
9
Der deutsche Lohnsteuertarif ist über die Grenzsteuer definiert und somit differenzierbar.
10
Formal: Sei T(w) der progressive Steuertarif. Für jeden Lohn w gibt es eine Kopfsteuer K und
einen proportionalen Tarif
w, so daß
0
)
x
w
/(
)]
x
K
(
)
x
(
T
[
-
+
-
für
w
x
11
Zur Wirkung der Steuerprogression auf die Beschäftigung vgl. Pissarides (1998) für eine
theoretische Analyse und Lockwood und Manning (1993) für eine empirische Untersuchung. Zu
Auswirkungen auf Arbeitsangebot und Effizienz vgl. z.B. Aaberge u.a. (1995).
12
vgl. Bundesministerium der Finanzen (1999)

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 10
3.1 Gewerkschaften in einem Verhandlungsmodell
Koskela und Schöb (1998) analysieren die Auswirkungen einer aufkom-
mensneutralen Steuerreform, welche die steuerliche Belastung der Löhne
reduziert und die daraus resultierende Verringerung der Steuereinnahmen
durch eine stärkere Besteuerung von Kapital kompensiert, auf ihre Wir-
kungen in bezug auf Arbeitslosigkeit und Wohlfahrt. Sie benutzen dazu ein
Modell einer kleinen offenen Volkswirtschaft, in der eine feste Anzahl iden-
tischer Firmen unter monopolistischem Wettbewerb Güter mit Hilfe der
Faktoren Kapital und Arbeit produzieren. Die Löhne werden zwischen
Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt, die auf der Ebene ein-
zelner Firmen agieren und somit jeweils keinen nennenswerten Einfluß auf
makroökonomische Größen haben. Während Kapital als international
mobil angenommen wird, ist Arbeit immobil.
3.1.1 Das Grundmodell
Die Produktion Y der Volkswirtschaft erfolgt gemäß einer Produktions-
funktion f mit der konstanten Substitutionselastizität
. Als CES-Funktion
ist sie linear-homogen in den Faktoren Kapital K und Arbeit L.
)
K
,
L
(
f
Y
=
(3.1)
Auf den Nettolohn w und den Nettozins r werden Steuern t
w
und t
r
er-
hoben, so daß sich die Bruttofaktorkosten
w
)
t
1
(
w
~
w
+
=
und
r
)
t
1
(
r~
r
+
=
ergeben.
Seien
)
Y
,
r~
,
w
~
(
C
die Kosten der Produktion. Wegen der Linear-Homo-
genität von f ist die Durchschnittskostenfunktion gleich der Grenzkosten-
funktion c und es gilt
Y
)
r~
,
w
~
(
c
)
Y
,
r~
,
w
~
(
C
=
.
(3.2)
Die Güternachfrage D(p) in Abhängigkeit vom Preis p wird als isoelastisch
angenommen, so daß mit der konstanten Nachfrageelastizität
die Nach-
fragefunktion die Gestalt
-
=
p
)
p
(
D
hat. Wird der Gütermarkt geräumt, gilt
somit
-
=
=
p
)
p
(
D
Y
.
(3.3)
Die Anwendung des Gewinnmaximierungskalküls führt nur für
1
>
zu
einem eindeutigen Ergebnis
13
. In diesem Fall setzen die Firmen den Preis
13
Für
1 ist die Gewinnfunktion für Y
0 streng monoton fallend in Y.

Mehr Beschäftigung durch Manipulation der Steuerstruktur?
Seite 11
)
r~
,
w
~
(
c
1
p
-
=
,
(3.4)
der über ihren Kosten liegt und somit positive Gewinne garantiert.
Die Regierung stellt eine feste Menge öffentlicher Güter im Gesamtwert
von G bereit. Darüber hinaus zahlt sie allen Arbeitslosen ein Arbeitslosen-
geld in Höhe von b. Die Gesamtbevölkerung ist N, womit die Zahl der
Arbeitslosen durch
L
N
-
gegeben ist. Beschäftigten wird eine Steuergut-
schrift a gewährt, so daß die Steuerschuld jedes Arbeitnehmers
a
w
t
w
-
beträgt. Unter der Voraussetzung, daß der Staat seine Ausgaben allein
durch die Besteuerung von Löhnen und Kapitalerträgen finanziert, ist die
Bedingung für ein ausgeglichenes staatliches Budget
)
L
N
(
b
G
rK
t
L
)
a
w
t
(
r
w
-
+
=
+
-
.
(3.5)
Weil es sich bei f um eine CES-Funktion handelt, lassen sich die Nach-
frageelastizitäten
G
q
,
F
nach einem Faktor F in Abhängigkeit vom Preis q
G
des Faktors G mit
}
K
,
L
{
G
,
F
explizit angeben.
G
q
,
F
ist dabei definiert als
F
/
q
F
G
q
q
,
F
G
G
=
, also insbesondere
L
/
w
L
w
w
,
L
=
14
. Mit der Substitutions-
elastizität und dem Anteil der Lohnkosten an den Gesamtkosten der Pro-
duktion
]
Y
)
r~
,
w
~
(
c
/[
L
w
~
s
=
läßt sich folgender Zusammenhang ableiten
15
:
)
(
s
w
,
L
-
+
-
=
.
(3.6)
Es wird angenommen, daß Kapital und Arbeit Preiskomplemente sind, d.h.
daß
<
gilt.
3.1.2 Der Fall fixer Nettolöhne
Charakteristisch für kleine offene Volkswirtschaften ist die Annahme, daß
das Zinsniveau exogen durch den Weltmarkt bestimmt ist. Werden alle im
Land erwirtschafteten Zinseinkünfte besteuert, so ist Weltmarktzins
identisch mit dem inländischen Nettozins r, der somit durch die
Steuerpolitik nicht beeinflußbar ist.
Des weiteren wird in der folgenden Analyse, die in späteren Betrach-
tungen als Referenzfall dienen soll, die sehr restriktive Annahme getroffen,
daß die Nettolöhne ebenfalls fest sind, daß also insbesondere Lohnsteuer-
änderungen nur die Bruttolöhne beeinflussen.
14
Es läßt sich leicht zeigen, daß
q~
,
F
q
,
F
=
gilt.
15
vgl. Hamermesh (1993), S. 24, Gleichung (2.7a`)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832450687
ISBN (Paperback)
9783838650685
DOI
10.3239/9783832450687
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2002 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
beschäftigung steuerreform arbeitslosigkeit kapitalsteuer
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