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Sozialdynamik und Beschwichtigung in einem Löwenrudel

©2001 Diplomarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Dipolmarbeit befaßt sich mit Verhaltensbeobachtungen an einer Gruppe von Löwen, die in einem Safaripark in Holland, Safari Beeske Bergen, gehalten werden. Dieses Löwenrudel wurde im Laufe einer dreimonatigen Untersuchung beobachtet. Dabei wurden soziale Interaktionen dokumentiert und anschließend in Bezug auf das Konfliktverhalten interpretiert. Des weiteren wurde das Versöhnungsverhalten untersucht. Versöhnungsverhalten wird als Technik des Konfliktmanagements von „Tieren“ eingesetzt.
Der Zusammenschluß von geschlechtsreifen Artgenossen zu dauerhaften Gruppen kann bei vielen Tierarten beobachtet werden. Dieser Zusammenschluß hat für die Tiere Vorteile und Nachteile. Dabei kann es innerhalb der Gruppe zur intraspezifischen Aggression kommen, wenn Konfliktsituationen vorliegen. Das stellt einen erheblichen Nachteil dar, wenn diese aggressiven Konflikte eine Belastung für die sozialen Beziehungen sein sollten. Um die Belastung so klein wie möglich zu halten, stehen die Tiere vor den Alternativen, entweder den Wettbewerb zu reduzieren oder den Schaden nach der Austragung des Konfliktes zu reparieren. Bei der zweiten Alternative handelt es sich um Versöhnung. Bisher wurden zahlreiche Studien zu diesem Problem, überwiegend bei Primaten durchgeführt.
Meine Diplomarbeit nimmt diese Fragestellung auf, um zu untersuchen, ob auch bei Löwen (Panthera leo) ein solches Verhalten nachzuweisen ist. Dabei wurden verschiedene „Sampling Methoden“ genutzt.
Für die Beobachtung wurde eine Gruppe von Löwen mit 8 Individuen gewählt. Nach der ersten- dritten Beobachtungswoche (Pilotphase) wurde ein Atlas der Tiererkennungsmerkmale erstellt, um die einzelnen Gruppenmitglieder individuell ansprechen zu können. Des weiteren wurde ein Ethogramm erstellt, bei dem sich auf aggressive und affilative Verhaltensweisen beschränkt wurde.
Für die Untersuchung des Versöhnungsverhaltens wurde die PC-MC-Methode benutzt. Nach Aufnahme eines Konfliktes wurde focal samples (kontinuierliche Beobachtung) von beiden beteiligten Konfliktpartnern für die Dauer von 60 Minuten, die PC-Phase (post conflict observation), erstellt.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung2
2.Untersuchungsgebiet5
2.1Safaripark Beeske Bergen5
2.2Historie des Safariparks5
2.3Löwengebiet7
3.Material und Methoden8
3.1Systematik und Vorkommen8
3.2Der Löwe (Panthera leo)11
3.3Das Löwenrudel16
3.3.1Die Geschichte und Entwicklung des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

- 1 Einleitung

- 2 Untersuchungsgebiet
2.1 Safaripark Beeske Bergen
2.2 Historie des Safariparks
2.3 Löwengebiet

- 3 Material und Methoden
3.1 Systematik und Vorkommen
3.2 Der Löwe (Panthera leo)
3.3 Das Löwenrudel
3.3.1 Die Geschichte und Entwicklung des Löwenrudels
3.3.2 Identifikationsmethode
3.4 Untersuchungsmethoden
3.5 Berechnung der Versöhnungstendenz
3.6 Statistische Methoden

- 4 Ergebnisse
4.1 Häufigkeiten von Interaktionen
4.2 Soziale Beziehungen
4.3 Rolligkeit und Homosexualität
4.4 Wirkung der Temperatur auf die Verhaltensweisen
4.5 Wirkung des Autoverkehrs auf die Verhaltensweisen
4.6 Konflikte
4.7 Versöhnungstendenz
4.8 Versöhnung und Konfliktintensität
4.9 Soziale Beziehungen und Konfliktbeteiligung
4.10 Beschwichtigung als aggressionsmindernde Verhaltensweise

- 5 Diskussion
5.1 Häufigkeiten von Interaktionen
5.2 Soziale Beziehungen
5.3 Homosexuelles Verhalten
5.4 Der Einfluss der Temperatur auf die Verhaltensweisen
5.5 Der Einfluss des Autoverkehrs auf die Verhaltensweisen
5.6 Versöhnung und Konfliktintensität
5.7 Zusammenhang zwischen den sozialen Beziehungen und der Konfliktbeteiligung
5.8 Versöhnung als Technik des Konfliktmanagements
5.9 Sozialdynamik und Beschwichtigung

- 6 Zusammenfassung

- 7 Danksagung

- 8 Literatur

- 9 Anhang

1 Einleitung

-Einen der interessantesten und bedeutsamsten Predatoren konnte ich als Gegenstand meiner Arbeit untersuchen: den Löwen (Panthera leo). Er lebt als einziger der Familie Felidae in Rudeln. Dementsprechend vielfältig gestaltet sich sein Verhalten: affiliative und aggressive Verhaltensweisen treten zum Teil sehr vielseitig auf (Rudnai, 1973).

-Der Zusammenschluss von geschlechtsreifen Artgenossen zu dauerhaften Gruppen kann bei vielen Tierarten beobachtet werden. Dieser Zusammenschluss hat für die Tiere Vorteile und Nachteile. Dabei kann es innerhalb der Gruppe zur intraspezifischen Aggression kommen, wenn Konfliktsituationen vorliegen. Das stellt einen erheblichen Nachteil für die Gruppe dar, wenn diese aggressiven Konflikte eine Belastung für die sozialen Beziehungen sein sollten. Um die Belastung so klein wie möglich zu halten, stehen die Tiere vor den Alternativen, entweder den Wettbewerb untereinander zu reduzieren oder den Schaden nach der Austragung des Konfliktes zu reparieren. Bei der zweiten Alternative handelt es sich um Versöhnung (de Waal 1991, de Waal 1996, Cords & Aureli 1996). Versöhnungsverhalten wird als Technik des Konfliktmanagements von „Tieren“ eingesetzt oder als aggressionsmindernde/-begrenzende Strategien werden von den unterlegenen Tieren Beschwichtigungsgebären (Fox, 1969; zitiert bei Eibl – Eibesfeldt, 1999) gezeigt. Dadurch wird die Aggressionsbereitschaft des Gegners vermindert (Franck, 1997). Immelmann, Pröve und Sossinka (1996) sehen eher, dass die Aggression gehemmt wird, wobei die Beschwichtigungsgebärden aus dem Bereich Eltern-Kind Beziehungen oder aus dem sexuellen Bereich zur Anwendung kommen.

-Bisher wurden zahlreiche Studien zu dieser Fragestellung überwiegend bei Primaten, durchgeführt, bei denen aktiv die Versöhnung eingesetzt wird (Cheney & Seyfarth, 1994; Hofer & East, 1999; Judge & de Waal, 1993).

-Erstaunlich ist, dass Löwen in dramatischen Beziehungen von Aggressivität und brutaler Rivalität leben, jedoch obendrein Friedfertigkeit und Harmoniebedürfnis auftreten..

-Aggressives Verhalten, verbunden mit Beschwichtigungstechniken, ist für sozial lebende Löwen zur dynamischen Sicherung des Miteinander lebensnotwendig.

-Seit nun mehr über 30 Jahren wird fortlaufend in der Serengeti an Löwen geforscht. Als erster untersuchte 1966 Schaller die Löwen im Serengeti Nationalpark, danach folgten nacheinander Bertram, Bygott, Hanby, Packer und Pussey (Bertram, 1998). Die Untersuchungen bezogen sich in erster Linie auf die Ökologie, das Beute-/ Jagdverhalten, die Männchenkoalitionen sowie Rudelleben und Sozialverhalten. Bisher gibt es keine tiefergehenden Studien, die sich mit sozialen Interaktionen, sowohl affiliative und aggressive Interaktionen, insbesondere Konflikten, Beschwichtigungen und Versöhnung befassen. Zum einen kann es daran liegen, dass freilebende Löwen 80 Prozent der Zeit inaktiv sind (schlafen, liegen oder sitzen, nichts tun), 10-15 Prozent laufen (5-8 km/Tag), 5-8 Prozent jagen und nur 1-2 Prozent für soziale Interaktionen nutzen (Bertram, 1998). Meistens finden diese sozialen Interaktionen in Form von ²Greeting ceremony², ²Grooming² des Nackens oder des Kopfes anderer Rudelmitglieder, nach der Rast, kurz vor dem Aufbruch zur Jagd oder nach der Jagd statt. Aggressive Verhaltensweisen treten meist nur im Kontext der Begegnungen mit fremden Rudeln, bei der Rudelübernahme durch andere Männchen oder an einer zu kleinen Beute auf (Rudnai, 1973).

-Um zu untersuchen, ob die Löwen im Safaripark Beeske Bergen mehr soziale Interaktionen, insbesondere aggressive Interaktionen zeigen, als die freilebenden Löwen, und inwieweit bei auftretenden Konflikten die Versöhnung eine Rolle spielt, wurde von folgenden Hypothesen ausgegangen:

-(1) Sollten die Löwen im Safaripark intensivere harmonische soziale Beziehungen haben, als die freilebenden Löwen, so müssten mehr affiliative Interaktionen als aggressive Interaktionen auftreten.
(2) Stellen für Löwen, Panthera leo, ihre sozialen Beziehungen eine Ressource mit Fitnesskonsequenz dar, dann müsste es durch aggressive Interaktionen zu einer Belastung dieser Beziehungen und damit zu Fitnessnachteilen kommen, und die Tiere sollten deshalb Verhaltensweisen zeigen, die diese Fitnessnachteile aufheben, indem sie die Belastung verringern. Bei dieser Formulierung der Hypothese wurde sich auf eine in der Literatur bereits existierende ähnliche Fassung bezogen (Hofer&East,1999).

-Von diesen Hypothesen und der näheren Betrachtung der sozialen Beziehungen der Löwen, wurden folgende Fragen abgeleitet:

-(1) Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Verwandtschaftsgrad der Tiere und der Häufigkeit der affiliativen Interaktionen?
(2) Besteht ein erkennbarer Zusammenhang zwischen der Konfliktdauer und der Zeit bis zur Versöhnung?
(3) Unterscheiden sich Dyaden, die einen Konflikt miteinander hatten, von solchen, die keinen Konflikt hatten, in der Häufigkeit der affiliativen Verhaltensweisen?
(4) Benutzen Löwen zur Vermeidung negativer Auswirkungen innerartlicher Aggression Mechanismen der Beschwichtigung? Für die Safariparkbetreiber ist es interessant zu wissen, ob externe Faktoren Einfluss auf das Sozialverhalten der Löwen haben, darum wurde untenstehenden Fragen nachgegangen:
(5) Führt erhöhtes Autoaufkommen zu mehr Aggression innerhalb des Löwenrudels?
(6) Hat die Änderung der Temperatur einen Einfluss auf affiliative und/oder aggressive Interaktionen?

1 2 Untersuchungsgebiet

2.1 Safaripark Beeske Bergen

-Im südlichen Teil der Niederlanden gelegen, nahe der Stadt Tilburg, liegt der Safaripark Beekse Bergen.

-Als einer der größten Tierparks Europas beherbergt das 110 Hektar große Areal über 100 verschiedene Arten Säugetiere und Vögel. Mehrere Tierarten, auch in Herden lebende, wie Nashörner, Zebras, Antilopen und Giraffen, leben in einem großen Gebiet zusammen, wobei Käfige und Gitter überwiegend fehlen. Carnivoren wie Löwen, Geparden und Hyänenhunde leben in getrennten Gehegen. (Anlage 1)

2.2 Geschichte des Safariparks

-Am 1. Juni 1968 wurden die Gemeindegrenzen von Tilburg und Hilvarenbeek zu Beeske Bergen zusammengelegt. Vier Löwengruppen besiedelten als erste Tiere den Park (Löwenpark), den Jimmy Chipperfield (entstammt einer Zirkusfamilie) gründete. Danach folgten 1970 Geparden, 1972 Nashörner und Affen, 1974 Giraffen, Gnus, Mufflons und Gemsen. Schon 1976 gab es den ersten Nachwuchs bei den Nashörnern. Anschließend wurden Zebras, Lamas, Elen- und Säbelantilope, Wasserböcke, Elefanten, Strauße und Nandus angesiedelt.

-Auch ein Streichelzoo wurde errichtet. Mit 1978 kamen weitere Carnivoren: Afrikanische Wildhunde und Tiger hinzu.

-Die Sektion Wildpark entstand 1980 mit Przewalskipferden, Edelhirschen, Damwild, Sikahirschen, schottischem Hochrind und Gänsen. 1982 erfolgte die Anlegung eines Wanderweges (Wandersafari). Die erste Raubvogelvorführung fand 1984 statt.

-1985/86 führten Gemeindeprobleme zur Schließung des Parks. Es wurde die Stiftung der Safarifreunde gegründet. Mit Libema BV wurde 1987 ein neuer Eigentümer gefunden, der maßgebliche den natürlichen Charakter des Parks prägte. Die erste Safaribootsfahrt erfolgte 1988. Später wurden die Tiere nach geographischen, und natürlichen Lebensräumen zusammengelegt. Mit der Teilnahme am Europäischen Zuchtprogramm bestand durch Gratis-Austauschprogramme für z.B. Greyzebra, Sibirischen Tiger und Przewalskipferde, die Möglichkeit, Inzest zu vermeiden. 1992 begann ein Zuchtprogramm für Afrikanische Wildhunde.

-Eine Erweiterung des Wanderweges mit der ersten begleitenden Führung, und weiteren Tieren: Davidhirschen, Warzenschweinen, Erdmännchen, Servals, Persischen Gazellen sowie neuer australischer Sektion (Wombats, Känguruhs, Emus) erschloss dem Besucher 1996 weitere „Tierparadiese“. Die Beteiligung am Programm zur Durchführung von koordinierten Zuchtprogrammen (EEP) erfolgte 1996. Das EEP beschäftigt sich mit der Themen zur Konservierung und Reproduktion von Tieren sowie Schulung von Besuchern und er bietet zudem ein Schutzprogramm für von Aussterben bedrohte Tierarten. Der Park wurde ebenfalls Mitglied im EAZA – „ European Association of Zoological Gardens and Aquarice“. Es erfolgten erste Auswilderungsprogramme: der Europäische Wisent wurde in Polen ausgesetzt und die Oryxantilope wurden in Arabien ausgewildert.

-Der Park beherbergt z.Z.. 1000 Säugetiere und 125 Vogelarten.

2.3 Löwengebiet

-Das Löwengebiet ist für die Besucher in Form eines Rondells passierbar. Die Einfahrt erfolgt durch ein Schleusentor. Anschließend fährt man um einen Hügel herum, um dann durch ein anderes Schleusentor das Löwengebiet zu verlassen, wobei einem ein weitreichender freier Blick in das komplette Territorium gegeben ist. Begrenzt wird die Löwenanlage durch einen 4 Meter hohen Zaun. Auf knapp 70 Meter ist ein Panzerglasabschnitt eingefügt, der den zu Fuß gehenden Besuchern Einblick in die Anlage gewährt.

-Das Territorium der Löwen umfasst 140x100 Meter (1,4 Hektar). Was einer Fläche von 0,175 qkm pro Löwe entspricht. Für den Ngorongoro Krater argumentiert Fosbrooke 1963 (zitiert bei Rudnai, 1973) mit 0,2 qkm pro Löwe. Schaller und Makacha (1966, zitiert bei Rudnai, 1973) geben 0,38 qkm dafür an.

-Der Baumbestand ist durch die Kiefer (Pinus sylvestris) geprägt.

-In der Mitte ist ein größerer Hügel zu sehen, von dem aus der „Lionkeeper“ in einem Auto die Löwen bewacht. Linker Hand vom Eingangsschleusentor gelegen, befindet sich der Nachtkäfig mit Außenkäfig. Der Nachtkäfig gliedert sich in vier miteinander verbundene Käfigabteile. In Höhe des Sichtfensters befindet sich die größte offene, fast baumlose Ebene mit ein paar gestapelten Granitfelsbrocken (Anlage 2). Leider fehlt eine Wasserstelle, die gerade nach der Fütterung gegen 12 Uhr den Durst löschen soll. Meist trinken die Löwen aus Pfützen oder sie müssen bis zum Einschluss warten.

3 Material und Methoden

3.1 Systematik und Vorkommen

-Das Verbreitungsgebiet von Löwen im 19.Jhd. erstreckte sich vom Kapland bis an den Südrand der Sahara und bis ins Bergland von A^r, desgleichen in Marokko, Algerien und Tunesien (Guggisberg, 1960). Noch vor ungefähr 250 Jahren kamen Löwen auch in Libyen und Ägypten vor (Guggisberg, 1960).

-Weit verbreitet fand man den Löwen auch im Sudan, Tanganyika, Portugiesisch-Ostafrika, Südafrika und Kenya, eher weniger zahlreich war er in Abessinien, Französisch-Westafrika, Ghana, Nigeria, Kamerun, Ubangi, Gabun und Mittelkongo, Belgischer Kongo, Britisch-Somaliland, Somalia, Uganda, Angola, Rhodesien und Njassaland vertreten (Guggisberg, 1960). In Europa war der Löwe noch zwischen 80 und 100 unserer Zeitrechnung anzutreffen (Guggisberg, 1960). Bis ca. 1890 fand man ihn noch in Kleinasien vertreten (Guggisberg, 1960). Zur Zeit der Kreuzzüge verschwand der Löwe aus Palästina (Guggisberg, 1960). Hingegen in Syrien, Mesopotamien und Persien hielt er sich viel länger, bis ca.1935 (Guggisberg, 1960). Um 1850 konnte er in Afghanistan gesichtet werden (Guggisberg, 1960). Früher war der Löwe in Indien sehr verbreitet ( Abb. 1).

-Auf Grund vieler Ausrottungs- und Jagdzüge ist der Löwe heute nur noch in sehr wenigen Gebieten seines ehemaligen Verbreitungsgebietes anzutreffen. Meistens lebt er in besonderen Schutzgebieten: Nationalparks und Wildreservaten (Abb. 2). Positiv zu bewerten ist die Schutzkampagne für den Indischen Löwen, der nur noch im indischen Gir Forest anzutreffen ist. Seine Zahl ist in Laufe der Jahre auf 300 Individuen angestiegen. Zuviel für das kleine Reservat. Deshalb soll ein Teil der Löwen in das 800 km entfernte Kuno - Wildschutzgebiet umgesiedelt werden (Klum, 2001) (Abb.3).

-Abb.1: Löwenverbreitung im 19 Jahrhundert nach Guggisberg 1960 (verändert)

-Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

-Abb. 2: Löwenverbreitung aktuell nach Nowell & Jackson 1996 (aufgeführt bei Bertram, 1998) (verändert)

-Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

-Abb. 3: Löwenverbreitung in Indien Klum 2001 (verändert)

-Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

-Man unterscheidet verschiedene Unterarten (Guggisberg, 1961; zitiert bei Rudnai, 1973): den indischen Löwen [ Panthera leo goojratensis (Smee)], den Kaplöwen…[ Panthera leo melanochaitus (Hem Smith) oder Panthera leo capensis (Fischer)], den Berberlöwen…[ Panthera leo leo (Linnaeus)], den Senegallöwen [ Panthera leo senegalensis (Meyer)], den Masailöwen [ Panthera leo massaicus (Neumann)], vielleicht auch den Krügerlöwen [ Panthera leo krugeri (Roberts)] und den Kalaharilöwen [ Panthera leo vernayi (Roberts)].

-Die Stellung des Löwen innerhalb der systematischen Einordnung:
Species. Panthera leo spec.
Genus : Panthera leo
Familia: Felidae
Ordo: Carnivora
Classis: Mammalia
Phylum: Chordata

3.2 Der Löwe (Panthera leo)

-Morphologie

-Der König der afrikanischen Carnivoren ist groß und kraftvoll und von den 35 Katzenarten der weltweit zweit größte Canivor nach dem Tiger. Kennzeichnend für den Löwen ist der auftretende Sexualdimorphismus. Das Männchen besitzt eine sehr ausgeprägte Mähne mit Haarbüscheln am Ellenbogen.

-In der Literatur sind unterschiedliche Gewicht- und Größenangaben beschrieben, nachfolgend aufgeführt:

- % Gewicht:189 - 260 kg (Estes,1992), 200 - 230 kg (Cowie,1976), 148 - 191 kg (Meinertzhagen, zitiert bei , 1960).

- & Gewicht: 126 kg (Estes,1991), 180 kg (Cowie,1976)121 - 185 kg (Meinertzhagen, zitiert bei Guggisberg, 1960). % Länge: 2,47 -2,84 m (Meinertzhagen, zitiert bei Guggisberg, 1960), 1,80-1,90 m (Cowie,1976).

- & Länge: 2,41-2,73 m (Meinertzhagen, zitiert bei Guggisberg, 1960), 1,60 m (Cowie,1976). % Schulterhöhe: 1,20 m (Estes,1992), 0,81 -1,06 m (Meinertzhagen, zitiert bei Guggisberg, 1960), 1 m (Cowie,1976). & Schulterhöhe: 1,10 m (Estes,1992), 0,86 -1,02 m (Meinertzhagen, zitiert bei Guggisberg, 1960), 0,90 m (Cowie,1976). Natürlich gab es auch ein paar besonders große Exemplare.z.B.3,30 m und 3,23 m, aber das war eher die Ausnahme.

-Lebensraum / Nahrung

-Der Löwe ist überwiegend in der Savannenlandschaft und im Flachland, aber auch in Höhenlagen bis zu 4000 m (Bertram,1998), anzutreffen. Aber auch in der Subsahara und nicht allzu tief im Regenwald fühlt er sich wohl, solange genügend große Beutetiere vorhanden sind.

-Seine Nahrung setzt sich aus Gnus, Zebras, Warzenschweinen, Giraffen, Elenantilopen und Büffeln zusammen. Sollte er Hunger leiden, so verschmäht er auch nicht Weidevieh, Ziegen, Vögel, Fische und, eher sehr sehr selten, den Menschen. Der ideale Lebensraum sollte auch Wasserstellen bieten, was gerade dann bedeutsam ist, nachdem die Löwen gefressen haben.

-Soziale Organisation

-Die Löwen bilden eine große Familie, die sehr lange dauerhaft zusammen lebt, wobei die Weibchen alle untereinander als Mütter, Töchter, Großmütter, Tanten, Cousinen etc. verwandt sind. Die Basis eines Löwenrudels bilden die Weibchen. Sie übernehmen die Aufzucht der Jungen und sind für die Nahrungsbeschaffung zuständig. Meistens besteht ein Rudel aus über 13 Individuen: 2 - 4 Männchen, 2 – 9 Weibchen und 4-12 Juvenile (Estes,1992). Es wurden durchaus wesentlich größere Rudel mit über 20 Tieren beobachtet (Guggisberg 1961 und Wright; zitiert bei Rudnai, 1973). Ein Rudel wurde mit über 35 Löwen im Serengeti National Park gesichtet (Schaller, 1969; zitiert bei Rudnai, 1973). Im Ambosseli Park in Kenya bestand ein Löwenrudel aus über 40 Löwen (persönliche Mitteilung von Rangern).

-Im Alter von 2 Jahren (Guggisberg,1960) und 2,5 Jahren (Estes,1992) müssen die Männchen das Rudel verlassen (Estes,1992). Meistens sind sie mit ihren Brüdern zu sehen oder schließen sich anderen Löwenmännchen in s.g. „male coalitions“ an. Sie ziehen als Nomaden umher, bis sie auf ein neues Löwenrudel stoßen und es übernehmen. Löwen leben territorial, mit einer „home range“ von 20 bis 400 qkm (Estes,1999). Rudnai (1973) fand in ihren Untersuchungen über das Sozialverhalten der Löwen heraus, das auf 1 qkm 0,24 (1968) und 0,23 (1969) Löwen leben. Bertram (1998) fand im Serengeti Nationalpark heraus, das ein Löwenrudel auf 25 qkm und 20 Löwen auf 100 qkm kommen.

-Fortpflanzung und Paarung

-Die Löwen sind polygyn d.h., ein Männchen paart sich mit vielen Weibchen.

-Mit vier Jahren werden die Weibchen und die Männchen mit fünf Jahren geschlechtsreif (Estes,1992). Schaller (1976) beobachtete Löwinnen die schon mit 12 Monaten und Männchen, die mit 22 und 26 Monaten Paarungsbereit waren. Bei in Gefangenschaft gehaltenen Löwen tritt die sexuelle Reife mit 24 Monaten ein, z.B. im Lincoln Zoo.

-Der Östrus ist extrem variabel zwischen 30 Tagen bis zu 16 Monaten (Cooper, entnommen Guggisberg 1960). Guggisberg (1961, zitiert bei Rudnai, 1973) gibt an, dass Löwinnen alle paar Wochen rollig werden.

-Die beobachteten Löwinnen waren fast drei- bis vierwöchig paarungsbereit.

-Das Paarungsverhalten wurde von mir mehrfach beobachtet und spielte sich wie folgt ab:

-Das Weibchen lief meist um das Männchen herum, ihr Schwanz strich um den Kopf des Männchens (Wodan). Wodan drehte meistens den Kopf weg. Sie stieß ihren Kopf gegen den seinen und streifte mit ihrem Körper den ganzen Körper von Wodan.

-Er fauchte, sie warf sich auf den Rücken und rollte sich (daher der Begriff der Rolligkeit von Katzen), drehte sich dann auf den Bauch (Liegeposition), das Signal für das Männchen. Und sogleich kam Wodan auf sie zu, bestieg sie, fauchte, machte eine Beißandeutung in ihren

-Nacken und kopulierte und wobei er dabei eine Grimasse zog.

-Nach 10 bis 20 Sekunden fauchte sie, schlug mit der Pranke nach ihm. Er stieg daraufhin herunter. Sie rollte sich anschließend ausgiebig auf dem Boden, manchmal rollte sich das Männchen auch. Nach 10 bis 30 Minuten wiederhole sich diese ganze Szenerie (Abb.4). Damit kamen sie auf über 40 Kopulationen in fünf Stunden. Während der Paarungszeit sonderten sich das Männchen und das Weibchen von dem Rudel ca. 300 Meter ab.

-Die Paarungszeit erstreckte sich über 3 bis 13 Tage, in denen sich die beiden fast fortlaufend paarten.

-Die meisten Paarungen vollzogen sich, wie hier geschildert, vielleicht kam ab und zu eine Spieljagd (Weibchen rennt weg und Männchen läuft hinterher) vor. Das beobachtete Verhalten entspricht weitgehend dem der wildlebenden Löwen. Guggisberg (1961, zitiert bei Rudnai, 1973) führt an, dass die Mehrheit der Kopulationen alle

-8 bis 18 Minuten erfolgen.

-Die Trächtigkeit liegt zwischen 100 bis 113 Tagen (Sclater, 1900; zitiert bei Rudnai, 1973), 111 Tagen (Brown, 1936; zitiert bei rudnai, 1973), 31/2 Monate (Estes, 1992) und im Regents Park Zoo 108 bis 120 Tagen.

-Die Wurfgröße ist 3 Tiere (Estes,1992). Aber sie kann von 1 bis 6 Tieren pro Wurf (Rudnai, 1973) variieren.

-Löwen können bis zu 13 Jahre alt werden. Im Kölner Zoo soll angeblich ein Löwe das absolute Höchstalter von 30 Jahren erreicht haben (Guggisberg 1960).

-Abb. 4: Paarungsverhalten von Löwen

-Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3 Das Löwenrudel

-Die Arbeiten zu dieser Diplomarbeit wurden am16. Dezember 2000 begonnen zu diesem Zeitpunkt umfasste das Löwenrudel acht Individuen, ab 11. Januar 2001 nur noch sieben Löwinnen. In Tabelle 1 ist die Rudelzusammensetzung hinsichtlich Geschlecht, Alter und Verwandtschaft aufgeführt.

-Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

-Tabelle 1: Beschreibung der Löwenpopulation

-Das Rudel setzt sich aus sieben Weibchen und einem Männchen zusammen.

-Carla und Sandra sind die Jüngsten des Rudels. Wodans Eltern sind unbekannt und stammen vermutlich aus einem Wildfang. Sein Herkunftsort war der Rotterdamer Zoo. Der Stammbaum (Abb. 4a) zeigt uns die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den einzelnen Individuen.

-Abbildung 4a : Stammbaum des Löwenrudels

-Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3.1 Die Geschichte und Entwicklung des Löwenrudels

-Am 27. Februar 1996 kam Evelyne mit ihrem Nachwuchs (Victoria, Welpie und Woepie) aus dem Antwerpener Zoo in dem sie sich seit 1993 befand wieder nach Beeske Bergen zurück. Der Vater dieses Nachwuchses stammt erster oder zweiter Generation aus Afrika.

-Wodan und Donar (Brüder) kamen schon am 21. Dezember 1994 nach Beeske Bergen.

-Das war der Anfang der Rudelneubildung: zwei adulte Männchen, ein adultes Weibchen und drei juvenile (12-24 Monate) Weibchen.

-Welpie wurde zuerst mit fünf Jungen trächtig. Susanne wurde lebend, die anderen drei dagegen tot geboren, das fünfte lag tot in der Gebärmuttertasche und wurde zur Rettung der Löwin operativ aus dem Geburtskanal entfernt. Sie wurde auch sogleich sterilisiert. Fünf Tage lang war Susanne (Susi) von ihrer Mutter und der Muttermilch getrennt. In dieser Zeit wurde sie von ihren Zieheltern (Hanny Verberkmoes und den Tierpflegern) versorgt.

-Welpie war ohne Milch, nachdem sie wieder da war, konnte sie Susi nicht säugen, so dass Susi weiterhin die Milchflasche bekam. Sie blieb mit ihrer Mutter bis zum 19. September 1997 von den anderen Löwen isoliert. Nur morgens kamen beide allein für eine halbe Stunde heraus. Normalerweise werden Löwenbabies dem Rudel nach zwei Monaten vorgestellt und nicht erst nach ca. vier Monaten. Dieses kann unter Umständen die soziale Entwicklung negativ beeinflussen. An dem Tag an dem Welpie und Susi wieder Kontakt mit dem Rudel hatten, gebar Woepie vier Jungen, die innerhalb von zwei Wochen starben. Auch Victoria gebar zwei Monate später ein totes Junges. Erst im Februar 1998 bekam das Rudel durch Woepie neuen Nachwuchs: ein Männchen (Piet) und zwei Weibchen. Dieser Wurf wurde dem Rudel auch regulär nach zwei Monaten vorgestellt. Nur bei Victoria blieb der Nachwuchs aus; sie war zwar wieder mit fünf Jungen trächtig, aber diese wurden nicht älter als zwei Jahre.

-Während der Studie wurden Woepie und Victoria noch einmal trächtig, wahrscheinlich durch die Paarung mit Piet (Inzest und Inzucht). Nachts, am 26. Dezember 2000, bekam Woepie drei Junge, eines wurde aber vermutlich von Carla tot gebissen: sie hatte es morgens auch im Maul, wohingegen Victoria ihre Babys selbst aufgefressen hatte. Sie wurde vom 6.Januar bis 11. Januar 2001 von den anderen getrennt.

-In der Wildnis liegt die Mortalität der Jungen bei 15-50 % (Rudnai,1973). In anderen Zoos wird die Jungensterblichkeit mit 9-72% (Rudnai,1973) angegeben.

-Anfang September 2000 griffen die beiden Brüder das Lionkeeperauto an. Danach stand fest, das Donar keinen Respekt mehr vor dem Auto hatte. Er wurde kurz darauf am 5. September 2000 erschossen.

-Sein Bruder wurde bis zum 13. Dezember eingesperrt. Er wurde anfangs nur mit den adulten Weibchen zusammengelassen.

-Am nächsten Tag kam das ganze Rudel heraus. Wodan wurde den ersten Tag nur gejagt.

-Innerhalb der nächsten Tage änderte sich die Situation und zunehmend jagte Wodan die Weibchen. Am 4. Januar 2001 attackierte Wodan wieder das Lionkeeperauto, wahrscheinlich wollte er seine Weibchen verteidigen, denn diese wurden vom Lionkeeperauto verfolgt. Zusätzlich war Paarungsstimmung, denn Wodan kopulierte mit Evelyne. Trotzdem er kastriert war, paarte er sich häufig. Bis zum 11. Januar 2001 wurde er wieder eingesperrt, um danach zu Piet umgesiedelt zu werden.

-Piet wurde im September 2000 in eine andere Sektion verlegt, um einen eventuellen tödlichen Kampf zwischen den Männchen zu verhindern.

-Donar und Wodan sahen sich zum Verwechseln ähnlich, sodass nicht genau zu unterscheiden war, mit wem sich wer jeweils paarte. Dieses könnte nur durch einen DNA-Test an Wodan, Susanne, Carla und Sandra geklärt werden, der jedoch nicht erfolgte.

-Mit diesem Hintergrundwissen der Sozialisierungsphase und der Rudelentwicklung können wir eher mögliche Diskrepanzen des Soziallebens verstehen.

3.3.2 Identifikationsmethode

-Für eine Studie über das Sozialverhalten von Tieren ist es fundamental wichtig, die einzelnen Tiere unterscheiden zu können. Bei Löwen bedient man sich der Methode, die Anzahl und die Position der schwarzen Punkte an der Schnauze der Löwen anzugeben. Diese schwarzen Punkte sind individuell und von Geburt an vorhanden (Rudnai, 1973).

-Diese Methode ließ sich aber bei der Beobachtung nicht anwenden, da die Löwen im Gegensatz zu ihren freilebenden Artgenossen sehr aktiv sind. Meistens bekam man sie nur von hinten zu sehen. Zur Anwendung kam die Aufnahme aller Narben, Farb-, und Größenunterschiede. In Anlage 3 befindet sich eine Übersicht aller Löwen.

-Wodan % (Anlage 3a)
- voluminöse, lange und dunkelbraune Mähne, die zum Unterbauch verläuft
- im Gesichtsbereich ist die Mähne gelblich braun
- Ellenbogen mit Haarbüscheln
- schmale Kruppe
- ein großes Loch im Fell auf der rechten Seite
- mehrere kleine Löcher im Fell auf der Kruppe
-Evelyne & (Anlage 3b)
- dunkelbraunes Fell
- kräftig gebaut, mit stark ausgeprägten Unterbauch
- starke, weiße Brustbehaarung
- an der rechten Kinnbacke schwarzer Fleck
-Victoria & (Anlage 3c)
-dunkelbraunes Fell
- schlanker Körper
- ähnliches Gesicht wie Susi
- große, stark ausgeprägte Zitzen
-Welpie & (Anlage 3d)
- dunkelbraunes Fell
- wirkt gedrungen, breiter Kopf, kurzer Schwanz
- ausgeprägte Brustbehaarung
- leichtes Hohlkreuz
-Woepie & (Anlage 3e)
- sandbraunes Fell
- gedrungener, rundlicher Körper
- rundlicher Kopf
- ausgeprägte Brustbehaarung

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832450519
ISBN (Paperback)
9783838650517
DOI
10.3239/9783832450519
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald – Biologie
Erscheinungsdatum
2002 (Februar)
Note
3,0
Schlagworte
löwen homosexualität konfliktverhalten versöhnungsverhalten beschwichtigung
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Titel: Sozialdynamik und Beschwichtigung in einem Löwenrudel
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