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Globalisierung der Finanzmärkte

Folgen und Maßnahmen

©2001 Diplomarbeit 94 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit einigen Jahren gerät der Begriff der Globalisierung – darunter wird die Entstehung weltweiter Märkte, also die zunehmende Internationalisierung der Finanz-, Waren- und Dienstleistungsmärkte – immer mehr ins öffentliche Interesse. Politiker und Unternehmenslenker begründen beinahe täglich unpopuläre Entscheidungen mit „Zwängen der globalisierten Wirtschaft“. Der Deutsche Bundestag setzt sich mit dem Thema in der Enquetekommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ auseinander. Private Organisationen und Vereine, die diesem Prozeß entgegentreten wollen, haben enormen Zulauf.
Dabei richtet sich die Hauptkritik auf die globalisierten Finanzmärkte, in denen viele Menschen eine Bedrohung sehen. Vor allem die zahlreichen und heftigen Finanzkrisen der neunziger Jahre werden mit der zunehmenden Internationalisierung begründet. Aber auch spektakuläre Zusammenbrüche von Finanzinstituten, welche die Stabilität ganzer Länder bedrohten, lassen den Finanzsektor erscheinen, als sei er außer Kontrolle geraten.
Zu fragen ist deshalb: Wie kam es zu dieser Entwicklung, und was hat sie begünstigt? Welche Nachteile können resultieren? Warum entstehen Krisen, und wie verlaufen diese? Was kann dagegen getan werden?
Gang der Untersuchung:
Kapitel 2 zeigt die Entstehung der Euromärkte, die als die ersten internationalen Finanzmärkte betrachtet werden, und erläutert die Umstände, die zu ihrer Entwicklung beigetragen haben.
Kapitel 3 beschreibt die Vorteile, die aus offenen Finanzmärkten resultieren können, und die auch die grundsätzlichen Motive für die Öffnung darstellen.
Kapitel 4 und 5 erläutern die potentiellen Nachteile. In Kapitel 4 werden grundsätzliche Probleme für die Marktteilnehmer und die Politik betrachtet. Kapitel 5 befaßt sich mit einem spezielle Problem, den Finanzkrisen, in modelltheoretischer Sichtweise, und anhand von Beispielen, der Asienkrise und der aktuellen Krise in Südamerika.
Kapital 6 führt kurz die aktuellen Vorschläge zur Verhinderung solcher Krisen an.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
2.Die Entwicklung der Finanzmärkte nach dem Zweiten Weltkrieg2
2.1Der Euromarkt als neuer Finanzmarkt3
2.2Liberalisierung und Deregulierung5
2.3Finanzinnovationen und technischer Fortschritt7
2.3.1Der technische Fortschritt in der Kommunikation7
2.3.2Instrumente zur Risikoabsicherung8
2.3.3Innovative Finanzinstrumente9
2.4Volumen und Struktur internationaler Finanzströme10
2.4.1Induzierte […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Entwicklung der Finanzmärkte nach dem Zweiten Weltkrieg
2.1 Der Euromarkt als neuer Finanzmarkt
2.2 Liberalisierung und Deregulierung
2.3 Finanzinnovationen und technischer Fortschritt
2.3.1 Der technische Fortschritt in der Kommunikation
2.3.2 Instrumente zur Risikoabsicherung
2.3.3 Innovative Finanzinstrumente
2.4 Volumen und Struktur internationaler Finanzströme
2.4.1 Induzierte Finanztransaktionen
2.4.2 Autonome Finanztransaktionen
kurzfristige Finanztransaktionen
langfristige Finanztransaktionen
2.4.3 Kapitalströme in Entwicklungs- und Schwellenländer

3 Vorteile und Gewinne aus offenen Kapitalmärkten
Allokation
Diversifikation
Risikoabsicherung und Spezialisierung
Disziplinierung
Verschuldung und Wachstum

4 Marktversagen und Probleme durch integrierte Finanzmärkte
4.1 Kapitalverkehr, Wechselkurs und Geldpolitik – das „Open Economy Trilemma”
4.2 Asymmetrische Information

5 Finanzkrisen und ihre Ursachen
5.1 Krisen im theoretischen Modell
5.1.1 Das Diamond-Dybvig Modell: Bank Runs und Sunspots
Modellannahmen
Autarkie
Finanzmarkt
Optimale Allokation
Banken
Gleichgewichte
Gegenmaßnahmen
5.1.2 Allen und Gale: Optimale Bank Runs
5.2 Die Asienkrise
5.2.1 „Wegbereiter“ der Krise
Wirtschaftswachstum, Inflation und Staatshaushalt
Leistungsbilanz
Außenverschuldung
Rentabilität
Finanzielle Fragilität und „Crony Capitalism“
Vermögensmärkte
5.2.2 Die Krise
Kapitalströme
Vermögensmärkte
Devisenmärkte
Inflation
Wirtschaftswachstum
Arbeitslosigkeit
5.2.3 Die Rolle des Internationalen Währungsfonds
5.2.4 Erklärungsansätze
5.3 Südamerika 2000/2001

6 Gegenmaßnahmen
6.1 Stärkung der inländischen Finanzsektoren
6.2 Kapitalverkehrskontrollen
6.3 Die Tobin-Steuer
6.4 Reform internationaler Institutionen

7 Zusammenfassung und Schlußbemerkung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Systematische Aufgliederung der Finanzmärkte

Abbildung 2: Direkt- und Portfolioinvestitionen der Gruppe der sieben größten westlichen Industrieländer seit 1970 in Mrd. US-Dollar

Abbildung 3: Entwicklung privater Kapitalströme in Entwicklungs- und Schwellenländer

Abbildung 4: Optimaler Einlagekontrakt

Abbildung 5: Leistungsbilanzdefizite von 1990 bis 1997

Abbildung 6: Zusammenhang zwischen Kapitalströmen und Leistungsbilanz anhand der Daten für Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Thailand und Südkorea

Abbildung 7: Entwicklung ausgewählter Aktienindizes aus dem Immobiliensektor zwischen 1990 und 1997 (Jahresendwerte).

Abbildung 8: Private Kapitalströme in die asiatischen Krisenländer Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Thailand und Südkorea

Abbildung 9: Entwicklung der Aktienmärkte der Krisenländer seit September 1996

Abbildung 10: Die Wechselkursentwicklung gegenüber dem US-Dollar

Abbildung 11: Inflationsraten in Südkorea, Philippinen, Singapur, Malaysia, Thailand und Indonesien seit 1995

Abbildung 12: Wirtschaftswachstum der Krisenländer seit 1986

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Außenverschuldung und Schuldendienst in 1996

Tabelle 2: Veränderung der Aktienmärkte von Anfang der neunziger Jahre bis zum Höchststand (Jahresendwerte).

Tabelle 3: Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Krisenländern ab1996

Tabelle 4: Zugesagte Finanzhilfen für die Krisenländer in Milliarden US-Dollar

1 Einleitung

Seit einigen Jahren gerät der Begriff der Globalisierung – darunter wird die Entstehung weltweiter Märkte, also die zunehmende Internationalisierung der Finanz-, Waren- und Dienstleistungsmärkte – immer mehr ins öffentliche Interesse. Politiker und Unternehmenslenker begründen beinahe täglich unpopuläre Entscheidungen mit „Zwängen der globalisierten Wirtschaft“. Der Deutsche Bundestag setzt sich mit dem Thema in der Enquetekommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ auseinander. Private Organisationen und Vereine, die diesem Prozeß entgegentreten wollen, haben enormen Zulauf.

Dabei richtet sich die Hauptkritik auf die globalisierten Finanzmärkte, in denen viele Menschen eine Bedrohung sehen. Vor allem die zahlreichen und heftigen Finanzkrisen der neunziger Jahre werden mit der zunehmenden Internationalisierung begründet. Aber auch spektakuläre Zusammenbrüche von Finanzinstituten, welche die Stabilität ganzer Länder bedrohten, lassen den Finanzsektor erscheinen, als sei er außer Kontrolle geraten.

Zu fragen ist deshalb: Wie kam es zu dieser Entwicklung, und was hat sie begünstigt? Welche Nachteile können resultieren? Warum entstehen Krisen, und wie verlaufen diese? Was kann dagegen getan werden?

Kapitel 2 zeigt die Entstehung der Euromärkte, die als die ersten internationalen Finanzmärkte betrachtet werden, und erläutert die Umstände, die zu ihrer Entwicklung beigetragen haben.

Kapitel 3 beschreibt die Vorteile, die aus offenen Finanzmärkten resultieren können, und die auch die grundsätzlichen Motive für die Öffnung darstellen.

Kapitel 4 und 5 erläutern die potentiellen Nachteile. In Kapitel 4 werden grundsätzliche Probleme für die Marktteilnehmer und die Politik betrachtet. Kapitel 5 befaßt sich mit einem spezielle Problem, den Finanzkrisen, in modelltheoretischer Sichtweise, und anhand von Beispielen, der Asienkrise und der aktuellen Krise in Südamerika.

Kapital 6 führt kurz die aktuellen Vorschläge zur Verhinderung solcher Krisen an.

2 Die Entwicklung der Finanzmärkte nach dem Zweiten Weltkrieg

Während der Großen Depression in den dreißiger Jahren und dem darauffolgenden Zweiten Weltkrieg regulierten die großen Industrieländer ihre zuvor meist offenen Kapitalmärkte, und schotteten sie vom Rest der Welt ab. Durch das Abkommen von Bretton Woods wollte man den internationalen Warenhandel wieder liberalisieren und fördern, nicht aber den internationalen Kapitalverkehr. Nach dem Scheitern von Bretton Woods und folgender Liberalisierung erreichte die Weltwirtschaft erst in den neunziger Jahren des 20.Jahrhunderts eine Integration, wie sie bereits ein Jahrhundert vorher existierte[1]. Die Offenheit der Finanzmärkte hat jetzt erst eine Tiefe, Vielseitigkeit und Elastizität erreicht, die mit der zu Zeiten des klassischen Goldstandards vergleichbar ist[2]. Das Volumen der Kapitalströme, gemessen an durchschnittlichen Absolutwerten der Leistungsbilanz in Prozent des Bruttoinlandsprodukts, ging seit Ende des 19. Jahrhunderts (1870-1889) von 3,7% bis auf 1,2% in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg (1932-1939) zurück. Nach 1945 stieg es langsam wieder und erreichte zwischen 1989 und 1996 durchschnittlich 2,3%[3].

In den letzten Jahren hat vor allem der reine Kapitalverkehr stark zugenommen. Dies wird am Verhältnis der induzierten Finanztransaktionen zu den autonomen Finanztransaktionen deutlich. Induzierten Finanztransaktionen liegt ein realwirtschaftliches Geschäft des internationalen Handels- oder Dienstleistungsverkehrs zugrunde, autonome Finanztransaktionen hingegen finden ohne solche realwirtschaftlichen Geschäfte statt, werden also nur aus finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten getätigt. In den siebziger Jahren lag dieses Verhältnis noch bei 90:10, heute liegt es bei 5:95[4]. Daraus ergibt sich die Frage nach den Gründen dieses immensen Wachstums der autonomen Finanztransaktionen.

2.1 Der Euromarkt als neuer Finanzmarkt

Als Euromärkte, Eurowährungsmärkte oder Eurodollarmärkte werden Finanzmärkte bezeichnet, in denen Konten in einer anderen als der Landeswährung der Bank gehalten werden.

Der Eurodollarmarkt kann als erster Schritt in Richtung integrierter Finanzmärkte gesehen werden, weil es wenig Regulierungen und einheitliche Zinsen für Einleger unterschiedlicher Nationen gibt. Er entstand in den späten Vierzigern, als die neue kommunistische Regierung Chinas ihre Dollareinnahmen aus dem Warenhandel bei einer sowjetischen Bank in Paris deponierte. Auch die Sowjetunion mußte Dollarkonten für den Handel mit dem Westen unterhalten. Um sich aber nicht von amerikanischen Banken und somit indirekt von der amerikanischen Regierung abhängig zu machen, diese könnte ja im Krisenfall die Konten einfrieren, tat man dies nicht an der Wallstreet, sondern an den Eurodollarmärkten.

Die Einführung einiger Gesetze in den USA, wie der „Regulation Q“, welche die Zinsen auf Bankeinlagen begrenzte, gab den Euromärkten in den sechziger Jahren zusätzlich Auftrieb. Weil die Euromarktzinsen über die US-Zinsen anstiegen, und um die strikten heimischen Auflagen zu umgehen, wollten viele Amerikaner ihre Ersparnisse in Euromärkten anlegen. Dies konnten sie auch, da die großen amerikanischen Banken mittlerweile Niederlassungen in Europa, vor allem in London, und somit Zugang zu den Euromärkten hatten.

In den siebziger Jahren stiegen die Ölpreise innerhalb kurzer Zeit um ein Vielfaches an und bescherten den OPEC-Staaten einen Kapitalzufluß, den sie unmöglich verkonsumieren, oder im eigenen Land investieren konnten. Sie legten dieses überschüssige Kapital – die sogenannten Petrodollars – an den Euromärkten an und finanzierten so die gestiegenen Leistungsbilanzdefizite der stark vom Öl abhängigen Volkswirtschaften.

So erreichte der Gesamtbestand an Einlagenverbindlichkeiten in den Euromärkten Anfang der neunziger Jahre ein Volumen von sechs Billionen US-Dollar, verglichen mit sieben Milliarden US-Dollar im Jahr 1963[5]. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate beträgt 20%[6]. Der Euromarkt ist hauptsächlich ein Zwischenbankenmarkt, lediglich ein Fünftel der Einlagen werden von Nichtbanken gehalten[7]. Die wichtigste Währung ist nach wie vor der Dollar.

Der Hauptgrund für das rasante Wachstum dieses Finanzmarktes liegt in den Kostenvorteilen gegenüber anderen, z.B. nationalen Finanzmärkten. Diese ergeben sich aus einer fehlenden Mindestreservepflicht und weil keine Beiträge zu Einlagensicherungsfonds geleistet werden müssen. Daneben ergeben sich noch Einsparungen im administrativen Bereich, da Geschäfte erst ab einem sehr hohen Volumen getätigt werden, und Banken oft aus Kosten- und Risikogründen kooperieren.

Mittlerweile gibt es Euromärkte nicht mehr nur – wie ursprünglich – in Europa, sondern um die ganze Welt verteilt. Euromärkte existieren unter anderem auf den Bahamas, den Cayman Inseln, in Hongkong, Singapur, Bahrain, Tokio oder New York, der wichtigste befindet sich aber nach wie vor in London. Daraus resultiert ein weiterer wichtiger Vorteil, Euromärkte haben faktisch rund um die Uhr geöffnet.

Die Interbank Offered Rates (IBOR) geben die Zinssätze an, zu welchen die Eurobanken sich untereinander Kredite gewähren. Beispielsweise gibt der EURIBOR den Euromarkt-Interbankzinssatz in Frankfurt an, der LIBOR den Interbankzins in London.

Ursprünglich war der Euromarkt ein reiner Geldmarkt mit kurzen Laufzeiten bei Einlagen- und Kreditgeschäften. Mittlerweile werden aber auch mittel- und langfristige Titel – die sogenannten Eurobonds – am Eurokapital gehandelt.

2.2 Liberalisierung und Deregulierung

Möglich wurde diese Entwicklung aber erst in diesem Ausmaß, weil mit dem Scheitern des Systems von Bretton Woods Anfang der siebziger Jahre, und der Freigabe der Wechselkurse, die meisten Industrieländer keine Notwendigkeit mehr sahen, ihre Kapitalmärkte für eine autonome Geldpolitik abzuriegeln. Wie in Kapitel 4 gezeigt wird, ist es einem Land nicht möglich, gleichzeitig eine autonome Geldpolitik zu betreiben, die Wechselkurse zu fixieren und den Kapitalmarkt zu öffnen. Weil 1973 der zweite Punkt weggefallen war, konnte man den dritten verwirklichen, da man von den Vorteilen offener Kapitalmärkte überzeugt war.

Deutschland, Kanada und die Schweiz bauten ihre Kapitalmarktregulierungen bereits im Jahr 1973 ab, die USA 1974, Großbritannien 1979, Japan 1980, Australien 1983, Frankreich, Italien, Belgien 1990, Spanien und Portugal 1992[8]. Erst Ende der achtziger Jahre öffneten die späteren asiatischen Krisenländer ihre Kapitalmärkte[9].

Ein Indikator, mit dem sich die Offenheit der Finanzmärkte eines Landes anzeigen läßt, ist die Differenz zwischen inländischen und vergleichbaren ausländischen Zinsen, die sogenannten Zins-Spreads. Wirken Kapitalverkehrskontrollen gut, können diese Differenzen sehr groß werden. Ansonsten würden Arbitragegeschäfte diese Spreads tendenziell ausgleichen. Beispielsweise betrug in Frankfurt 1973 der Unterschied zwischen den inländischen Zinsen und denen am Euromarkt zehn Prozentpunkte[10]. Nach erfolgter Liberalisierung 1973 haben sie sich nahezu angeglichen, von marginalen, Transaktionskosten bedingten Schwankungen abgesehen. Dies ist weltweit bei allen Ländern, die Beschränkungen des Kapitalverkehrs abbauten, beobachtbar[11].

Diese Entwicklung wird als Liberalisierung der Finanzmärkte verstanden und ging einher mit einer anderen, der Deregulierung der Finanzmärkte.

Koch bezeichnet die Deregulierung als „Prozeß..., in dem vor allem die bestehenden nationalen Regelungen einer eingehenden Revision unterzogen werden, mit dem Ziel, inzwischen als überflüssig erachtete Bestimmungen und Regeln (Überregulierung) abzubauen um Hindernisse für die Marktkräfte zu beseitigen.[12]

So wurden – und werden noch – Auflagen, Gesetze und Steuern abgeschafft, die diesem freien Spiel der Marktkräfte entgegen zu wirken scheinen. Zu diesem Prozeß gehört auch der weltweit beobachtbare Trend zur Privatisierung von Staatsunternehmen. In Deutschland gibt es eine Reihe prominenter Beispiele dafür, wie die Privatisierung der Deutschen Telekom oder der Deutschen Post.

In den USA wurden Gesetze, wie die bereits erwähnte „Regulation Q“ oder die „Interest Equalization Tax“, die Zinsen auf ausländische Forderungen beschränkte, aufgehoben. Sogar das seit den dreißiger Jahren geltende „Glass-Steagall Act“, das den amerikanischen Banken das Handeln mit Wertpapieren verbot, wurde 1994 aufgehoben.

Daneben machten die meisten Industrieländer in den siebziger und achtziger Jahren ihre Währungen voll konvertibel, was die Devisenmärkte enorm beflügelte. Dies kommt in einigen – zur Zeit heftig diskutierten Zahlen – zum Ausdruck. So betrug der jährliche Umfang an Devisentransaktionen Ende der siebziger Jahre 30 Billionen US-Dollar, 1995 bereits 300 Billionen US-Dollar[13]. 1998 wurden schätzungsweise täglich 1500 Milliarden Dollar an den Devisenmärkten umgesetzt, zur Finanzierung der Exporte hätten 18,5 Milliarden Dollar gereicht[14], was ungefähr 1,2% entspricht. Die letzte Erhebung im April 2001 von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), in der 48 Zentralbanken und mehrere Hundert Geschäftsbanken teilgenommen haben, ergab indes einen Rückgang der täglichen Transaktionen auf gut 1200 Milliarden US-Dollar. Hauptgrund ist die Einführung des Euro, weil dadurch der innereuropäische Devisenhandel weggefallen ist[15].

Devisengeschäfte werden nicht mehr hauptsächlich zur Finanzierung des internationalen Warenhandels betrieben. Vor allem Banken und Finanzinstitute wollen durch reine Devisenspekulation, also Geschäfte auf die künftige Kursentwicklung, vergleichbar mit Wettgeschäften, Gewinne erzielen. Arbitrage auf Zins- oder Kursunterschiede spielen auch eine wichtige Rolle.

2.3 Finanzinnovationen und technischer Fortschritt

Zwei Faktoren haben diese Entwicklung noch extrem beschleunigt: der technische Fortschritt in der Kommunikation und neue Finanzinstrumente.

2.3.1 Der technische Fortschritt in der Kommunikation

Die rasante Entwicklung auf dem Kommunikationssektor haben zum einen die Geschwindigkeit erhöht, mit der Informationen aktualisiert und für jeden zugänglich werden – marktrelevante Daten und Nachrichten sind beinahe von jedem Ort der Welt über Internet oder Telefon abrufbar. Zum anderen sind auch die Kosten drastisch gefallen. Betrugen 1930 die Kosten für ein dreiminütiges Telefonat von New York nach London noch 244,65 US-Dollar, so waren es 1990 nur noch 3,32 US-Dollar und Anfang 2000 weniger als ein US-Dollar[16].

Die Kosten für moderne Computer sind bei stark steigender Leistung gefallen. Neue Entwicklungen wie das Telefax, Mobiltelefone oder das Internet haben die Verfügbarkeit von Daten und deren Verbreitungsgeschwindigkeit enorm erhöht.

2.3.2 Instrumente zur Risikoabsicherung

Durch die Aufgabe des Festkurssystems 1973 entstanden auch neue Finanzinstrumente, da sich die Akteure im internationalen Handel vor Wechselkursrisiken – welche es im Bretton Woods System eigentlich nicht gab[17] – absichern wollten.

Standardmäßig werden Handelsgeschäfte gegen solche Wechselkursrisiken am Devisenterminmarkt abgesichert. Ein Devisentermingeschäft ist dadurch gekennzeichnet, daß der Abschluß und die Durchführung des Geschäftes zeitlich auseinander liegen. Beispielsweise kauft ein Importeur mit einem Zahlungsziel von drei Monaten die Fremdwährung jetzt zum aktuellen Preis auf dem Terminmarkt, bekommt sie aber erst in drei Monaten – er kauft sie per Termin. Umgekehrt verfährt der Exporteur, der eine Aufwertung befürchtet und ebenfalls in Fremdwährung bezahlt wird. Er verkauft die Fremdwährung per Termin. Diese Geschäfte werden als „Hedge“ Geschäfte oder „Hedging“ bezeichnet. Gleiches gilt natürlich für Investoren, die Wertpapiere mit bestimmter Fälligkeit im Ausland kaufen, oder für im Ausland verschuldete Kreditnehmer.

Der Devisenterminmarkt machte 1995 ungefähr 45% des gesamten Devisengeschäftes aus, mit steigender Tendenz[18].

Daneben haben sich noch, hauptsächlich von Zentralbanken benutzte, sogenannte Devisenswapgeschäfte etabliert. Eine Zentralbank kauft Devisen per Kasse von einer Geschäftsbank und verkauft sie gleichzeitig per Termin. Hierbei stehen geldpolitische Erwägungen im Hintergrund, die hier nicht weiter erläutert werden.

2.3.3 Innovative Finanzinstrumente

Liberalisierung, Deregulierung und die sinkenden Kosten in der Telekommunikation haben aber auch ganz neue Finanzinstrumente entstehen lassen, die nicht der Risikoabsicherung dienen, sondern die Liquidität, die Kreditgewährung und die Kapitalbeschaffung fördern, und nicht zuletzt verschiedene Anlagewünsche befriedigen wollen.

So ist es in Deutschland auch für Privatpersonen seit kurzer Zeit möglich, kurzfristige Geldmarkteinlagekonten zu unterhalten. Oder Geldmarktfondsanteile, Null-Kupon-Anleihen (Zerobonds) oder floating rate notes (variabel verzinsliche Kredite und Anleihen) zu erwerben.

Starkes Wachstum haben die sogenannten derivativen Finanzinstrumente verzeichnet. Sie werden von Basiswerten abgeleitet, wobei es durch die Hebelwirkung möglich ist, mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz große Gewinne zu erzielen – große Verluste sind natürlich auch möglich.

Eine bedeutende Entwicklung stellt die sogenannte „Securitization“ dar. Honeygold definiert diese als „...zunehmende Verlagerung in der Form der Kreditaufnahme – von direkt ausgehandelten Bankdarlehen und syndizierten Krediten auf verbriefte Forderungen, vorwiegend commercial papers (Firmenschuldverschreibungen, die der kurzfristigen Aufnahme von Betriebskapital dienen) und internationale Anleihen.[19]

Vor allem Großunternehmen gehen verstärkt dazu über, Fremdkapital direkt an einem Finanzmarkt über Anleihen aufzunehmen, und finanzieren sich immer weniger über Bankkredite. Die Vermittlung von Leihern und Verleihern durch Banken rückt dadurch zunehmend in den Hintergrund (Disintermediation). Aber auch die Kreditinstitute selbst verbriefen von ihnen vergebene Kredite in Wertpapieren, um sie handelbar zu machen.

Dieser Trend, hin zu handelbaren Wertpapieren, und die vielen neuen Finanzinstrumente und Finanzmärkte, verbunden mit den Errungenschaften des technischen Fortschritts in der Kommunikation, aber auch das enorme Wachstum der Kapitalvermögen der Anleger, haben erheblich zum Wachstum der internationalen Finanzmärkte beigetragen.

Voraussetzung dafür war und ist aber die Liberalisierung und Deregulierung von Seiten der Politik.

2.4 Volumen und Struktur internationaler Finanzströme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Systematische Aufgliederung der Finanzmärkte[20].

Abbildung 2 stellt verschiedene Kriterien dar, nach denen Finanzmärkte unterschieden werden. Zu beachten ist aber, daß die Begriffe in der Literatur häufig mehrdeutig verwendet werden. Vor allem, wenn von Kapitalmärkten gesprochen wird, werden meistens auch Kreditmärkte, teilweise auch Geldmärkte gemeint.

FK und EK bezeichnen Eigen- und Fremdkapital. In Over-the-counter (OTC) Märkten werden Wertpapiere gehandelt, die nicht zum offiziellen Börsenverkehr zugelassen sind – in Deutschland beispielsweise der komplette Freiverkehr, oder Aktien vor Emission. Der Telefonhandel zwischen Händlern und Maklern zählt auch zu den OTC-Geschäften.

Im folgenden erfolgt die Aufgliederung und Beschreibung der Transaktionen nach deren Ursache, unabhängig davon, in oder zwischen welchen Märkten sie abgewickelt werden[21].

2.4.1 Induzierte Finanztransaktionen

Zahlungen aus internationalem Handel, grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen, sowie Zinsen und Dividenden aus dem Ausland gehören zu den induzierten Finanztransaktionen. Gleiches gilt für Zahlungen aus internationalen staatlichen Verträgen. Gemeinsam ist diesen ein realwirtschaftliches Geschäft oder ein Vertrag als Hintergrund.

Der Waren- und Dienstleistungshandel spielt sich zum größten Teil in drei Regionen der Welt ab. Aus Westeuropa stammen 44%, aus Nordamerika 17%, und aus Ostasien 22% der Wertexporte[22]. Diese sind seit 1985 von 1950 Milliarden Dollar auf 5083 Milliarden Dollar in 1995 gewachsen. Verglichen mit den 300 Billionen Dollar, die 1995 am Devisenmarkt umgesetzt wurden, erscheint diese Zahl recht gering und kann folglich auch nicht für die Zunahme der gesamten Finanztransaktionen verantwortlich sein[23].

2.4.2 Autonome Finanztransaktionen

Das Wachstum hat seinen Grund in den autonomen Finanztransaktionen, also Transaktionen ohne realwirtschaftliches Geschäft als Grundlage. Dabei wird wiederum zwischen kurz- und langfristigen Transaktionen unterschieden.

kurzfristige Finanztransaktionen

Die kurzfristigen machen mit einem Volumen von 70% der gesamten Finanztransaktionen den Großteil aus. Zinsänderungen auf Wertpapiere und damit verbundene Kursänderungen lösen solche Geschäfte aus – zinsinduzierte Transaktionen. Oder Änderungen in den Wechselkursen – wechselkursinduzierte Transaktionen. Die Laufzeit solcher Geschäfte beträgt oftmals weniger als einen Tag, da Banken alle offenen Posten zum Tagesabschluß glattstellen, egal ob Gewinne oder Verluste erwirtschaftet wurden, um ihr Risiko einzugrenzen. Die Gelder, mit denen in solchen Intraday-Geschäften spekuliert wird, werden häufig als „Hot Money“ bezeichnet[24]. Ihre Wirkung auf Wechselkurse wird als problematisch und häufig auch als Auslöser von Finanzkrisen angesehen. Sie einzudämmen wird in der aktuellen Politik häufig debattiert und später noch näher dargestellt.

langfristige Finanztransaktionen

Die klassischen langfristigen Finanztransaktionen sind die Direktinvestitionen (foreign direct investment, FDI). Ausländische Investoren halten direkt Beteiligungen an Unternehmen, um auf die Geschäftstätigkeit Einfluß zu nehmen, oder halten eine Kapitalbeteiligung von mehr als zehn Prozent der Stimmrechte[25]. FDI werden von den meisten Ländern als wünschenswert angesehen.

Portfolioinvestitionen (Aktien, Anleihen) können nicht eindeutig zu den langfristigen gezählt werden[26]. Zwar werden sie meist aus längerfristigen Anlagestrategien getätigt, können aber dennoch kurzfristig veräußert werden, was bei FDI nicht so einfach ist. Auffällig ist das erhebliche, doch unterschiedlich starke Wachstum der beiden. Während 1970 die Direktinvestitionen (14,45 Mrd.$) die Portfolioinvestitionen (5,26 Mrd.$) noch knapp um das dreifache überstiegen, sind sie 1998 nur noch gut halb so groß (Direktinvestitionen: 728,51 Mrd.$; Portfolioinvestitionen: 1406,4 Mrd.$)[27].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Direkt- und Portfolioinvestitionen der G7 seit 1970 in Mrd. US-Dollar[28].

Diese wachsende Internationalisierung kann auch an einer anderen Relation gesehen werden. Die jährlichen grenzüberschreitenden Wertpapiertransaktionen, gemessen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), sind in Deutschland von 5,3% in 1975 auf 250,9% in 1999 gestiegen[29]. Für die USA betrugen die entsprechenden Werte 4,0% und 125,8%. Umsätze (Bruttokäufe und –verkäufe) bei Aktien im Verhältnis zum BIP sind in Deutschland von 1,6% (1975) auf 83,4% (1999), in den USA von 1,9% (1975) auf 53,1% (1999) gestiegen[30].

2.4.3 Kapitalströme in Entwicklungs- und Schwellenländer

Kapitalströme in Entwicklungs- und Schwellenländer können sowohl außerordentlich positive Effekte, in Form von hohem Wachstum, als auch sehr negative Effekte, meistens in Form einer Finanzkrise, haben, und werden deshalb kurz dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Entwicklung privater Kapitalströme in Entwicklungs- und Schwellenländer[31].

Netto-Kapitalflüsse sind die Summe der drei anderen dargestellten Größen: private Netto-Direktinvestitionen, private Netto-Portfolioinvestitionen und andere Netto-Kapitalflüsse (öffentliche und private Kreditgewährung und andere kurz- und langfristige Kapitalflüsse).

Auffällig ist die starke Zunahme der Netto-Kapitalflüsse von gut zehn Milliarden US-Dollar Anfang der siebziger Jahre auf rund 224 Milliarden in 1996. Der folgende drastische Rückgang im Rahmen der Asienkrise wurde vor allem durch den Abzug der Kredite (Andere Netto-Kapitalflüsse in der Spitze bei minus 136 Milliarden Dollar) verursacht. FDI hingegen haben sich während der Krise auf einem relativ hohen Niveau bei 150 Milliarden Dollar gehalten. Portfolioinvestitionen sind ebenfalls stark von 110 Milliarden Dollar auf nahezu null in 1998 zurückgegangen. Mittlerweile haben sie sich bei rund 20 Milliarden Dollar eingependelt.

Diese Zahlen bestätigen die obige These von Koch[32], daß Portfolioinvestitionen nicht eindeutig den langfristigen Finanztransaktionen zugeordnet werden können, hier haben sie eher kurzfristigen Charakter.

Außerdem wird die Stabilität von FDI, auch in Finanzkrisen, deutlich.

3 Vorteile und Gewinne aus offenen Kapitalmärkten

Ökonomen, Regierungen und internationale Institutionen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) oder die Weltbank, betonen immer wieder die Vorteile aus offenen Kapitalmärkten, weswegen sie geöffnet und dereguliert werden. Gewinne können aus verschiedenen Gründen entstehen.

Allokation

Kapital kann aus reichen Ländern, in denen es mangels guter Investitionsmöglichkeiten nur noch eine geringe Rendite erzielt, in Länder mit wenig Kapital und hoher Rendite fließen. Dies entspricht dem Satz des abnehmenden Grenzertrags. Internationale Kapitalmärkte können die Weltersparnisse zu ihren produktivsten Verwendungen leiten, und führen im optimalen, theoretischen Fall zu Allokationseffizienz.

Allerdings spielen in der Praxis zusätzliche Faktoren eine wichtige Rolle, so daß der allgemeine, theoretische Fall nur noch eingeschränkt gilt. Ein Land muß zusätzlich über hinreichend Humankapital und Infrastruktur verfügen, um die Kapitalzuflüsse überhaupt produktiv verwenden zu können. Kann es das nicht, wird es auch kein internationales Kapital erhalten.

Des weiteren ist politische und soziale Stabilität eine notwendige Voraussetzung.

Diversifikation

Kapitalanleger haben bei offenen Kapitalmärkten eine viel größere Auswahl an Investitionsobjekten. Dies ist vor allem für Anleger in kleinen Ländern von großem Vorteil, in denen es vielleicht den Wirtschaftszweig gar nicht gibt, in den sie investieren möchten. Beispielweise kann sich ein Österreicher bei keinem österreichischen Autohersteller beteiligen. Offene Kapitalmärkte ermöglichen es ihm, wenigstens in Deutschland oder einem anderen Land, entsprechend seinen Wünschen zu investieren.

Risikoabsicherung und Spezialisierung

Darüber hinaus werden solche kleinen Länder durch die Möglichkeit, ihre Einkommensportfolios zu diversifizieren und damit das Risiko von starken Rückgängen zu minimieren, erst ermutigt, sich in ihrer Produktion noch mehr zu spezialisieren und dadurch ihre Gewinne weiter zu vergrößern.

Genauso können Anleger ihr Portfolio international ausrichten und somit beispielsweise spezifische Länderrisiken streuen.

Disziplinierung

Bewegliches Kapital kann „schlechte“ Politik bestrafen und abgezogen werden. Exzessive Staatsschulden, übertriebene Bankregulierung oder Regulierungen anderer Wirtschaftszweige können solche schlechten Politiken sein. Diese Disziplinierung der Politik/Politiker wird aber auch häufig als gravierender Nachteil offener Kapitalmärkte angesehen, beispielsweise kann sie auch zu internationalem Steuerwettbewerb führen oder andere sinnvolle nationale Regelungen, wie Arbeitsbedingungen, aushöhlen.

Verschuldung und Wachstum

Entwicklungsländer haben nur geringe Ersparnisse und Sparquoten. Alleine können sie folglich auch nur wenig investieren. Offene Kapitalmärkte erlauben es ihnen, Investitionen vom Ausland finanzieren zu lassen und dadurch ein höheres Wirtschaftswachstum zu erzielen, ohne die eigenen Ersparnisse auf Kosten des Konsums steigern zu müssen. Gleiches gilt für Länder in Rezession.

Auch sind die Kapitalkosten in ein einem integrierten Kapitalmarkt geringer als in einem fragmentierten, nationalen Kapitalmarkt. Insbesondere für Unternehmen, die viel Kapital benötigen, ist dies von großem Nutzen. Der Vorteil aus integrierten Kapitalmärkten entspricht dann den Kosten, die durch segmentierte Kapitalmärkte entstehen[33].

Es kann ein signifikanter Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum einerseits, und Kapitalzuflüssen im Verhältnis zum BIP andererseits festgestellt werden, der sich in den letzten Jahrzehnten sogar noch verstärkt hat[34]. Dies ist besonders in Ländern mit gut ausgebildeten Arbeitern und einer guten Infrastruktur feststellbar. Wirtschaftswachstum wird nicht nur durch zusätzliche Investitionen, sondern auch durch Produktivitätszuwächse generiert.

Dabei profitiert aber nur der Teil der Entwicklungsländer, der in der Vergangenheit bereits große Kapitalzuflüsse verbuchen konnte, und der selbst schon relativ hohe Einkommen erzielte. Kapitalzuflüsse zu den ärmsten Ländern haben sogar abgenommen, so daß ihr Wirtschaftswachstum auch am geringsten war[35].

Die Kluft zwischen armen und reichen Ländern wird – auch innerhalb der Entwicklungsländer – größer.

Des weiteren ist der Zusammenhang, Kapitalzuflüsse fördern Wirtschaftswachstum, nicht eindeutig, und auch in der Wissenschaft noch umstritten. Es könnte auch das Umgekehrte gelten, inländisches Wirtschaftswachstum ruft erst Kapitalzuflüsse hervor[36].

Eichengreen verweist aber auf empirische Studien, nach denen Länder, die ihre Finanzmärkte liberalisiert haben, tendenziell ein höheres Wachstum aufweisen, als solche, die nicht liberalisierten[37]. Diese Studien bekräftigen die Vermutung, daß die obige Kausalität gilt, und nicht die umgekehrte.

4 Marktversagen und Probleme durch integrierte Finanzmärkte

4.1 Kapitalverkehr, Wechselkurs und Geldpolitik – das „Open Economy Trilemma”

Der Wechselkursen wird als der wichtigste Preis einer Volkswirtschaft gesehen, da er zum einen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gegenüber den ausländischen Konkurrenten direkt beeinflußt, und zum anderen über die Importe das inländische Preisniveau mitbestimmt. Um die Nachteile von übermäßiger Volatilität[38] oder einem Misalignment[39] zu verhindern, fixieren die Länder den Wechselkurs häufig, oder koppeln ihn an eine andere Währung.

Die Geldpolitik wird zur Steuerung der Wirtschaft als sehr wirksam angesehen. Fällt das Wirtschaftswachstum oder droht eine Rezession, werden die Zinsen gesenkt. Bei drohender Überhitzung der Wirtschaft und Inflation werden sie erhöht.

Wollen diese Länder auch an den oben beschriebenen Gewinnen aus offenen Kapitalmärkten partizipieren und liberalisieren diese, müssen sie einen der erstgenannten Vorteile – entweder die Wechselkursfixierung oder die unabhängige Geldpolitik – aufgeben.

Ein Versuch, alle drei Ziele beizubehalten, scheitert spätestens dann, wenn sich die Zinsen zwischen dem Land, an das der Wechselkurs fixiert wurde, und dem Inland unterscheiden.

Freier Kapitaltransfer erlaubt es Arbitrageuren, sich im Land mit den niedrigeren Zinsen zu verschulden, und das Kapital in einem anderen mit höheren Zinsen zu verleihen. Dieses Geschäft ist absolut risikolos, da der Wechselkurs ja fixiert ist, und wird deshalb in starkem Maße betrieben.

[...]


[1] Obstfeld, Taylor, 1997, S.1

[2] ebd., S.2

[3] ebd., S.7, Tabelle 2.1, Werte zusammengefaßt für 12 Länder: Argentinien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Norwegen, Österreich, Schweden, und Vereinigte Staaten von Amerika

[4] Koch, 2000, S.36

[5] Krugman, Obstfeld, 2000, S.657

[6] Willms, 1995, S.280

[7] Krugman, Obstfeld, 2000, S.657

[8] Herr, 2001, S.321

[9] ebd.

[10] Caves, Frankel, Jones, 1999, S.421

[11] Caves, et al., 1999, S.422ff.

[12] Koch, 2000, S.8

[13] UNCTAD, 1996, S.292

[14] Spiegel, 11.02.2001

[15] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2001

[16] Koch, 2000, S.14

[17] Mit Ausnahme einer Paritätenanpassung aufgrund grundsätzlicher Verschiebungen fundamentaler makroökonomischer Daten.

[18] Caves, et al., S.430

[19] Honeygold, 1989, S.30

[20] vgl. Büschgen, 1997, S.91

[21] vgl. Koch, 2000, S.38

[22] ebd. S.30

[23] ebd. S.35

[24] Koch, 2000, S.37

[25] Laut Definition der Vereinten Nationen.

[26] Koch, 2000, S.37

[27] Herr, 2000, S.322

[28] Datenquelle: Herr, 2000, S.322; die Gruppe der sieben größten westlichen Industrieländer (G7) sind: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA

[29] Herr, 2000, S.322

[30] ebd.

[31] Datenquelle: World Economic Outlook database, 2001, im Internet unter http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2001/01/data/index.htm

[32] Koch, 2000, S.37

[33] Akdogan, 1995, S.63

[34] Mishra, Mody, Murshid, 2001

[35] ebd.

[36] ebd.

[37] Eichengreen, 1998, S.3

[38] Volatilität ist die kurzfristige Schwankung des Wechselkurses um seinen Gleichgewichtswert.

[39] Misalignment ist eine Fehlanpassung des Wechselkurses, die dadurch zustande kommt, daß der reale Wechselkurs durch eine dauerhafte Veränderung des nominellen Wechselkurses von seinem Gleichgewichtswert abweicht.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2001
ISBN (eBook)
9783832448899
ISBN (Paperback)
9783838648897
DOI
10.3239/9783832448899
Dateigröße
962 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Regensburg – Philosophische Fakultät III
Erscheinungsdatum
2002 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
bank runs argentinienkrise asienkrise schuldenkrisen finanzmarktarchitektur
Produktsicherheit
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Titel: Globalisierung der Finanzmärkte
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