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Zertifikate als umweltpolitisches Instrument vor dem Hintergrund des Kyoto-Protokolls

©2000 Examensarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit geraumer Zeit ist bekannt, daß der Mensch einen globalen Klimawandel zu induzieren vermag. Obwohl diesbezüglich noch viele Unsicherheiten bestehen, erhärtet sich der wissenschaftliche Konsens über die Gefahren des sogenannten anthropogenen Treibhauseffektes zusehends. Deutlich wird dies an der Intensivierung der internationalen Bemühungen zum Klimaschutz.
Als bisheriger Höhepunkt der umweltpolitischen Entwicklung kann die Verabschiedung des Kyoto-Protokolls durch die internationale Staatengemeinschaft angesehen werden. Darin wurden erstmals verbindliche Reduktionspflichten hinsichtlich der Emission von Treibhausgasen vereinbart. Die am Verhandlungsprozeß beteiligten Staaten implementierten zudem Mechanismen zur Umsetzung dieser Ziele. Der Handel mit Emissionszertifikaten („Emissions Trading“) stellt innerhalb des Abkommens ein zentrales Instrument dar, wobei allerdings keine entsprechenden Detailregelungen in das Protokoll aufgenommen wurden. Es müssen daher weitere Beschlüsse gefaßt werden, die einen konkreten Rahmen für ein internationales Zertifikatsystem definieren. Der im November diesen Jahres stattfindenden sechsten Vertragsstaatenkonferenz in Den Haag wird daher eine hohe Bedeutung hinsichtlich der weiteren Fortentwicklung des Klimaschutzes beigemessen.
Vor diesem Hintergrund ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, Anforderungen an die Ausgestaltung aus der theoretischen Analyse des umweltpolitischen Instruments der Zertifikate abzuleiten und unter Einbeziehung weiterer Aspekte den Alternativenraum eines internationalen Zertifikatsystems aufzuzeigen.
Gang der Untersuchung:
Zunächst befaßt sich das Kapitel 2 mit den Ausgangssituationen des globalen Klimaschutzes. Es erfolgt eine Darstellung des anthropogenen Treibhauseffektes, wobei ökonomische und ökologische Auswirkungen im Vordergrund stehen. Weiterhin wird die Notwendigkeit eines internationalen Eingriffs mittels allokationstheoretischer Überlegungen erläutert. Hierzu wird auf die Existenz externer Effekte sowie auf die Eigenschaft von Gemeinschaftsgütern hinsichtlich der Nutzung der Atmosphäre eingegangen. Ebenso werden grundsätzliche Probleme des Zustandekommens und der Stabilität einer internationalen Vereinbarung vor dem Hintergrund der Eigennutzorientierung der souveränen Staaten verdeutlicht.
Kapitel 3 widmet sich der Evolution der internationalen Klimaschutzpolitik. Nach einem kurzen historischen Rückblick werden die Ergebnisse der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4865
Vogl, Thomas: Zertifikate als umweltpolitisches Instrument vor dem Hintergrund des Kyoto-
Protokolls / Thomas Vogl - Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Bochum, Universität, Staatsexamen, 2000
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2
Inhalt
Seite
Abkürzungsverzeichnis
4
Abbildungsverzeichnis
5
1. Einleitung
6
2.
Ausgangssituation
9
2.1
Der
Treibhauseffekt
9
2.2 Internationaler Klimaschutz aus ökonomischer
Perspektive
15
3. Die politische Entwicklung des Klimaschutzes
20
3.1
Die
Klimarahmenkonvention
20
3.1.1
Entstehungsprozeß
20
3.1.2 Verhandlungen und deren Ergebnisse
21
3.1.3 Die Konferenz der Vertragsparteien
- von Berlin nach Bonn
23
3.2 Das Protokoll von Kyoto
24
3.2.1 Verhandlungen und deren Ergebnisse
24
3.2.2 Flexible Mechanismen
28
4. Zur Theorie von Umweltzertifikaten
30
4.1 Einordnung in den Kontext umweltpolitischer
Instrumente
30
4.2
Instrumentenanalyse
33
4.2.1
Funktionsweise
33
4.2.2 Kosteneffizienz unter Berücksichtigung
von Transaktionskosten und Marktstruktur 36
4.2.3
Pareto-Effizienz
38
4.2.4 Ökologische Treffsicherheit
38
4.2.5 Dynamische Anreizwirkung
40
4.2.6
Wirkungsgeschwindigkeit
43

3
5. Aspekte der Ausgestaltung eines internationalen
Zertifikatsystems 45
5.1
Anforderungen
45
5.2
Ausgestaltung
der
Zertifikate
46
5.2.1
Bemessungsgrundlage
46
5.2.2 Multischadstoffzertifikate
47
5.2.3
Gültigkeitsbefristung
48
5.3 Beteiligung von Transformations- und
Entwicklungsländern
50
5.4 Beteiligung des privaten Sektors
53
5.5
Erstvergabe
56
5.6
Finanzintermediäre
61
5.7
Banking
und
Borrowing
64
5.8
Monitoring
65
5.9
Sanktionen
67
5.10
Zertifikatbehörde
70
6. Zur nationalen Akzeptanz von Zertifikaten
72
6.1
Problemstellung
72
6.2
Divergente
Partikularinteressen
73
6.3 Normative Wertvorstellungen und
institutioneller
Wandel 77
6.4 Chancen für eine Akzeptanzsteigerung
79
7. Resümee
80
Literaturverzeichnis
83

4
Abkürzungsverzeichnis
AIJ
Acitivities Implemented Jointly
AOSIS
Alliance of Small Island States
CCAP
Center for Clean Air Policy
CDM
Clean Development Mechanism
CH
4
Methan
CO
2
Kohlendioxid
COP
Conference of the Parties
FCKW Fluorchlorkohlenwasserstoffe
GEF
Global Environment Facility
GtC Gigatonne
Kohlenstoff
H
2
0 Wasser(dampf)
HFC Halogenierte
Fluorkohlenwasserstoffe
INC
Intergovernmental Negotiating Committee
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
JI Joint
Implementation
KRK Klimarahmenkonvention
N
2
O Distickstoffoxid
NGO Non-governmental
organization
O
3
Ozon
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
OPEC
Organization of Petrolium Exporting Countries
PFC Perfluorkohlenwasserstoffe
ppbv
Parts per billion by volume
ppmv
Parts per million by volume
pptv
Parts per trillion by volume
SF
6
Schwefelhexafluorid
UNEP
United Nations Environment Programme
WBGU
Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen
WMO
World Meteorological Organization

5
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1
Die wichtigsten Treibhausgase im Überblick
10
Abbildung 2
CO
2
-Szenarien 14
Abbildung 3
Gefangenendilemma
16
Abbildung 4
Reduktions- und Begrenzungsquoten des
Kyoto-Protokolls
26
Abbildung 5
Umweltpolitische Instrumente im Überblick
30
Abbildung 6
Preismechanismus im Zertifikatsystem
34
Abbildung 7
Dynamische Anreizwirkung
41

6
1. Einleitung
Seit geraumer Zeit ist bekannt, daß der Mensch einen globalen Klima-
wandel zu induzieren vermag. Obwohl diesbezüglich noch viele Unsi-
cherheiten bestehen, erhärtet sich der wissenschaftliche Konsens über die
Gefahren des sogenannten anthropogenen Treibhauseffektes zusehends.
Deutlich wird dies an der Intensivierung der internationalen Bemühungen
zum Klimaschutz.
Als bisheriger Höhepunkt der umweltpolitischen Entwicklung kann die
Verabschiedung des Kyoto-Protokolls durch die internationale Staaten-
gemeinschaft angesehen werden. Darin wurden erstmals verbindliche
Reduktionspflichten hinsichtlich der Emission von Treibhausgasen ver-
einbart. Die am Verhandlungsprozeß beteiligten Staaten implementierten
zudem Mechanismen zur Umsetzung dieser Ziele. Der Handel mit Emis-
sionszertifikaten
1
(,,Emissions Trading") stellt innerhalb des Abkommens
ein zentrales Instrument dar, wobei allerdings keine entsprechenden De-
tailregelungen in das Protokoll aufgenommen wurden. Es müssen daher
weitere Beschlüsse gefaßt werden, die einen konkreten Rahmen für ein
internationales Zertifikatsystem definieren. Der im November diesen
Jahres stattfindenden sechsten Vertragsstaatenkonferenz in Den Haag
wird daher eine hohe Bedeutung hinsichtlich der weiteren Fortentwick-
lung des Klimaschutzes beigemessen.
Vor diesem Hintergrund ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, Anforde-
rungen an die Ausgestaltung aus der theoretischen Analyse des umwelt-
politischen Instruments der Zertifikate abzuleiten und unter Einbeziehung
weiterer Aspekte den Alternativenraum eines internationalen Zertifikat-
systems aufzuzeigen.
Zunächst befaßt sich das Kapitel 2 mit den Ausgangssituationen des glo-
balen Klimaschutzes. Es erfolgt eine Darstellung des anthropogenen
Treibhauseffektes, wobei ökonomische und ökologische Auswirkungen
1
In der Literatur existieren zahlreiche Bezeichnungen für Emissionszertifikate, die im
folgenden synonym verwendet werden sofern keine gesonderte Spezifikation erfolgt:
Emissionsrechte, Emissionslizenzen, Umweltnutzungslizenzen, Verschmutzungsrechte,
Emissionsscheine u. a.. Ebenso sind im amerikanischen Schrifttum diverse Titulierun-
gen bekannt, so z. B. Emission Permits, Tradeable Permits, Marketable Permits, Tra-
deable Discharge Permits.

7
im Vordergrund stehen. Weiterhin wird die Notwendigkeit eines interna-
tionalen Eingriffs mittels allokationstheoretischer Überlegungen erläu-
tert. Hierzu wird auf die Existenz externer Effekte sowie auf die Eigen-
schaft von Gemeinschaftsgütern hinsichtlich der Nutzung der Atmosphä-
re eingegangen. Ebenso werden grundsätzliche Probleme des Zustande-
kommens und der Stabilität einer internationalen Vereinbarung vor dem
Hintergrund der Eigennutzorientierung der souveränen Staaten verdeut-
licht.
Kapitel 3 widmet sich der Evolution der internationalen Klimaschutzpoli-
tik. Nach einem kurzen historischen Rückblick werden die Ergebnisse
der Klimarahmenkonvention, der bisherigen Vertragsstaatenkonferenzen
sowie insbesondere des Kyoto-Protokolls erläutert, dessen Inhalte den
Grundstein für die Implementierung eines Handels mit Emissionszertifi-
katen legen.
Um die Zertifikatlösung auf eine breitere Basis zu stellen, erfolgt zu Be-
ginn des Kapitels 4 ein Überblick über weitere umweltpolitische Instru-
mente sowie deren Rolle in der internationalen Klimaschutzpolitik. Der
Schwerpunkt liegt in der anschließenden theoretischen Analyse von Zer-
tifikaten. Neben der grundsätzlichen Darstellung der Funktionsweise
wird dabei auf Effizienzeigenschaften, Instrument-Wirkungs-
Zusammenhänge hinsichtlich der ökologischen Zielerreichung, Innovati-
onswirkung sowie auf die Wirkungsgeschwindigkeit eingegangen. Vor-
und Nachteile von Zertifikaten werden verdeutlicht und Anforderungen
an die Ausgestaltung einer Zertifikatlösung abgeleitet.
Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse wird in Kapitel 5 zunächst die
notwendige Beschaffenheit des zu handelnden Gutes - der Zertifikate -
diskutiert. Im weiteren Verlauf erfolgt die Darstellung verschiedener Per-
spektiven bezüglich der Ausweitung des bisher beschränkten Teilneh-
merkreises auf Entwicklungs- und Transformationsländer, wobei die so-
genannte ,,Hot bzw. Tropical Air" eine zentrale Rolle spielt. Vor dem
Hintergrund der Marktliquidität wird ebenso die Einbeziehung privater
Institutionen betrachtet.
Das Verfahren der Erstausstattung mit Zertifikaten ist durch das Kyoto-
Protokoll lediglich vorläufig vorgegeben. Die Alternativen Versteige-

8
rung, Festpreisverkauf und kostenlose Vergabe sind daher zentrale Dis-
kussionspunkte in der aktuellen Klimaschutzdebatte und werden im ent-
sprechenden Abschnitt hinsichtlich ihrer Funktionsweise und Vertei-
lungswirkung analysiert. In einem nächsten Schritt ist die Implementie-
rung eines effizienten Handels notwendig, die die Existenz von Finanzin-
termediären voraussetzt. Der Markt wird dazu in Form einer Börse spezi-
fiziert und die Rolle der Banken und Versicherungen erörtert. Weiterhin
wird die Bedeutung der Flexibilisierungsmöglichkeiten des Ansparens
bzw. des Vortrags von Emissionszertifikaten aufgezeigt.
Ausgehend von der Annahme, daß sich die Akteure nicht immer normge-
recht verhalten, ist die Entwicklung von Monitoring- und Sanktionssys-
temen elementar. So werden verschiedene diesbezügliche Ansätze ge-
geneinander abgewogen.
Da der Aufbau sowie die politische Unabhängigkeit einer internationalen
Zertifikatbehörde von großer Wichtigkeit ist, wird abschließend eine
mögliche Organisationsform skizziert.
Kapitel 6 löst sich von der internationalen Betrachtung. Im Kyoto-
Protokoll ist zwar festgeschrieben, daß ein globales Zertifikatsystem auf
zwischenstaatlicher Ebene implementiert werden soll, die nationale Um-
setzung bleibt jedoch den jeweiligen Vertragsstaaten überlassen. Die
Ausführungen der vorangegangenen Kapitel führen zur Erfordernis einer
weitgehenden Harmonisierung, wobei allerdings erhebliche Akzeptanz-
defizite bei Politikern, Bürokraten, Interessengruppen sowie in der Be-
völkerung zu berücksichtigen sind. Die Eigennutzorientierung der am
Entscheidungsprozeß Beteiligten, ideologische Vorbehalte sowie Überle-
gungen aus der Sicht der Theorie des institutionellen Wandels werden
zur Verdeutlichung herangezogen.
Kapitel 7 faßt die im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zu-
sammen.

9
2. Ausgangssituation
2.1 Der Treibhauseffekt
Bereits vor über 100 Jahren prägten die Wissenschaftler Tyndall und
Arrhenius den Begriff des Treibhauseffektes, der seit dieser Zeit Gegens-
tand der umweltpolitischen und wissenschaftlichen Diskussion ist (vgl.
Ausubel 1983). Dabei ist der anthropogene vom natürlichen Treibhausef-
fekt zu unterscheiden. Ohne letztgenannten würde die globale Durch-
schnittstemperatur in Bodennähe -18° C statt lebensermöglichende
+15° C betragen würde. Die natürlich vorkommenden sogenannten
Treibhausgase Kohlendioxid (CO
2
), Methan (CH
4
), Distickstoffoxid
(N
2
O), troposphärisches Ozon (O
3
) und stratosphärischer Wasserdampf
(H
2
O) beeinflussen maßgeblich den Strahlungshaushalt der Erde, indem
sie die direkte Wärmeabstrahlung (Infrarot-Strahlung) in den Weltraum
verhindern.
Mit Beginn der Industrialisierung stieg die ursprüngliche Konzentration
der Treibhausgase stetig an. Laut der ,,Zwischenstaatlichen Sachverstän-
digengruppe für Klimaänderungen" (,,Intergovernmental Panel on Cli-
mate Change", IPCC), dem weltweiten Expertengremium zur Klimafor-
schung, erhöhte sich die Belastung durch CO
2
in der Atmosphäre durch
die extensive Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdöl, Gas) so-
wie die Auflösung nichtfossiler CO
2
-Speicher durch Rodung von Wäl-
dern und Nutzungsänderung weiterer Flächen von 280 auf 358 ppmv
2
.
Dies ist zugleich der höchste Stand seit 160.000 Jahren (Müller-
Kraenner/Knospe 1996, S. 13). CH
4
entsteht in der Natur durch sauer-
stofflose chemische Prozesse in Feucht- und Sumpfgebieten. Durch Koh-
leabbau, Mülldeponien, Reisanbau, Viehhaltung und Erdölförderung
stieg die Konzentration um ca. 150 % im Vergleich zur vorindustriellen
Zeit (vgl. Abbildung 1). Die Intensivierung der Landwirtschaft verstärkt
die mikrobielle Umsetzung von Stickstoffverbindungen in Böden und
verursacht somit eine vermehrte Freisetzung von N
2
O. Die chemische
2
Sofern keine anderen Literaturquellen angegeben sind, beziehen sich die Ausführun-
gen dieses Abschnitts auf die Erkenntnisse des IPCC, die in dessen ,,Second Assessment
Report" zusammengefaßt sind (IPCC 1995). Zur Entstehung und Bedeutung des IPCC
siehe Kapitel 3.1 dieser Arbeit.

10
Industrie entwickelte sogenannte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW)
3
und Halone, die sowohl zur Zerstörung der Ozonschicht der Stratosphäre
als auch zum anthropogenen Treibhauseffekt beitragen
4
.
Die Bemühungen zur Reduktion von Treibhausgasen konzentrieren sich
in erster Linie auf energiebedingte CO
2
-Emissionen. So lassen sich, ne-
ben den hier nicht behandelten FCKW, ausschließlich die Quellen von
energiebedingtem CO
2
weitgehend sicher quantifizieren und den jeweili-
gen Verursachern direkt zuordnen. Da deren Anteil jedoch lediglich 80 %
der gesamten CO
2
-Emission beträgt und demnach nur einen 40 %igen
Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt trägt, muß das Ziel der techni-
schen Entwicklung die zusätzliche Erfassung anderer Gase sein (vgl.
Oberthür 1993). Auch die Vernichtung von Wäldern muß als wesentliche
Ursache für den nicht-energiebedingten Anstieg der CO
2
-Konzentration
berücksichtigt werden.
CO
2
CH
4
N
2
O
Vorindustrielle Konzentration
[a]
~280 ppmv
~700 ppbv
~275 ppbv
Konzentration 1994
[a]
358 ppmv
1720 ppbv
312 ppbv
Ausmaß der Konzentrations-
änderung pro Jahr
[a]
1,5 ppmv
10 ppbv
0,8 ppbv
Anteil am Anstieg der Belastung
in %
50 13 5
relative Treibhauswirkung
(mit CO
2
= 1)
1 58
206
[a]
ppmv (parts per million by volume); ppbv (parts per billion by volume); pptv (parts per trillion by volume)
Abbildung 1: Die wichtigsten Treibhausgase im Überblick
Quelle: IPCC Arbeitsgruppe I 1995 (in IUC 1999, Blatt 30) und Enquete-Kommission 1991, S. 216
Die Folge der aufgezeigten anthropogenen Beeinflussung der Klimagas-
konzentration besteht in der Zunahme der mittleren Temperatur in Bo-
dennähe um 0,5° C in den letzten 100 Jahren, der signifikanten Erwär-
mung der tropischen Meere und verstärkten Temperaturunterschieden
3
FCKW werden im weiteren Verlauf der Arbeit von der Betrachtung ausgeklammert,
da die Reduzierung dieser Gase durch das ,,Montrealer Protokoll" bereits erfolgreich
initiiert wurde (siehe z. B. Benedick 1998a)
4
Der enorme ökonomische und gesellschaftliche Fortschritt, den die beschriebenen
Entwicklungen mit sich bringen, soll hier nicht thematisiert werden, da es an dieser
Stelle um die Ursachendarstellung des anthropogenen Treibhauseffekts geht.

11
zwischen Tropen und höheren Breiten. Der IPCC kommt in seinem Be-
richt 1995 zu der Schätzung, daß, bei Anhalten des derzeitigen Emissi-
onstrends, im Jahre 2100 eine Erwärmung um 1° C bis 3,5° C erfolgt sein
wird
5
.
Die genauen Auswirkungen dieses Temperaturanstiegs sind indes kaum
zu prognostizieren. Man geht von einer Veränderung der Niederschlags-
menge aus, die durch erhöhte Verdunstungen aufgrund höherer Tempera-
turen bedingt ist. Allerdings wird es starke regionale Unterschiede der
Niederschlagshäufigkeit und auch der -veränderung geben, was zu erheb-
lichen Auswirkungen auf Flora und Fauna führt (vgl. Jepma/Munasinghe
1998, S. 37 ff.). Bereits in den letzten 100 Jahren konnte man einen An-
stieg des Meeresspiegels um 10-20 cm feststellen. Sollte, wie vom IPCC
prognostiziert, ein Anstieg um 50-95 cm bis zum Jahr 2100 erfolgen,
wären küstennahe Gebiete und Inseln durch Überflutung und Versalzung
der Grundwasserspeicher extrem bedroht. Besonders gefährdet sind tief-
liegende Länder wie die Niederlande, Ägypten, Bangladesh, Thailand,
China, Brasilien, Indonesien und Argentinien sowie zahlreiche Insel-
gruppen (z. B. Malediven) und Deltagebiete (Nil, Ganges, Amazonas)
(vgl. Cline 1992b, S. 110 ff.).
Eine weitere Auswirkung der Erwärmung liegt in der Zerstörung oder
Veränderung der natürlichen Ökosysteme durch die Verschiebung der
globalen Vegetationszonen. Eine prognostizierte Erwärmung von 0,3° C
pro Dekade läßt der Natur keine Zeit für eventuelle Anpassungen. Folge
ist letztlich die Gefährdung der Nahrungsmittelversorgung hauptsächlich
der agrarabhängigen Länder sowie die Bedrohung deren Volkswirtschaf-
ten. Dazu kommt ein vermutlicher Anstieg um 50 - 80 Mio. Malariafälle
sowie zahlreicher weiterer Krankheiten (vgl. Müller-Kraenner/Knospe
1996, S. 16).
Der IPCC verdeutlicht, daß die Länder, die bereits jetzt mit starken
Schwankungen der natürlichen Umweltbedingungen (Orkane, Dürreperi-
oden etc.) zu kämpfen haben, besonders betroffen sein werden. In den
nächsten 15 Jahren drohe daher eine Völkerwanderung von ca. 20 Mio.
Menschen von Afrika nach Europa.
5
Cline (1992a, S. 22 ff.) gibt einen ausführlichen Überblick über Langfrist-Szenarien.

12
Um die Notwendigkeit einer Treibhausgasreduktion zu verdeutlichen, ist
eine Bewertung der monetären Auswirkungen sinnvoll. Fankhau-
ser/Pearce 1994 schätzen die Kosten des Meeresspiegelanstiegs in Ab-
hängigkeit von Industrialisierungsgrad, Bevölkerungsdichte und Bebau-
ungsgrad auf 606 Millionen US$ (Island) bis hin zu 86.819 Millionen
US$ (USA)
6
. Kane et al. (1992) entwickelten Kostenszenarien bezüglich
der Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Das Ergebnis weist eine
Bandbreite von 0,01 %iger Zunahme bis hin zu einem Verlust von
0,47 % des Weltbruttosozialprodukts auf. Die gesamtwirtschaftlichen
Schäden werden von Nordhaus (1991a,b) unter der Berücksichtigung
aller abzusehenden Einflußgrößen auf ca. 1 % des Weltbruttosozialpro-
dukts geschätzt. Aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der ökologischen
und sozialen Auswirkungen weisen diese Berechnungen jedoch große
Schwächen hinsichtlich der Validität auf und können daher lediglich
Tendenzaussagen darstellen (vgl. z. B. Ayres/Walter 1991).
Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit ist es wichtig herauszustellen, daß
diese Treibhausgase als ungiftige Gase keine bekannten unmittelbaren
Auswirkungen auf die Umwelt haben. Es ergibt sich daher keine Proble-
matik erhöhter räumlicher Konzentrationen (,,hot spots"). Eine geogra-
phische Abgrenzung von Emissionsgebieten ist also nicht erforderlich
und somit auch keine Berücksichtigung von Diffusionsprozessen. Dem-
nach muß eine globale Begrenzung der CO
2
-Konzentration als Ziel ange-
sehen werden. Eine formale Beziehung zwischen Emissionen und Um-
weltziel kann wie folgt dargestellt werden (vgl. Tietenberg 1985,
S. 17 ff):
)
(
1
i
I
i
i
r
e
b
a
E
-
+
=
=
mit
E = Niveau der Emission eines Jahres
a = Natürliche Emissionen oder noch nicht erfasste Quellen
b = Proportionalitätskonstante
e
i
= Emissionsrate der i-ten Quelle
r
i
= Reduktion an der i-ten Quelle
I = Gesamtzahl der erfassten Quellen
6
Diese Schätzungen wurden unter der Annahme der Verdoppelung der CO
2
-
Konzentration entwickelt.

13
Um das ökologische Ziel darstellen zu können, ist folgende Bedingung
aufzustellen:
=
-
+
I
i
i
i
Z
r
e
b
a
1
)
(
Z bezeichnet das Zielniveau der Umweltpolitik, welches das ökologische
Gleichgewicht berücksichtigt. Die Summe der maximal erlaubten Emis-
sionen lautet somit:
=
-
=
-
=
I
i
i
i
b
a
Z
r
e
G
1
)
(
Unabhängig von der Wahl der umweltpolitische Instrumente muß dem-
nach sichergestellt werden, daß die Gesamtemission G weltweit nicht
überschritten wird.
Die genaue Höhe der zulässigen Konzentration bzw. der entsprechenden
Emission ist aufgrund etlicher Unwägbarkeiten nicht eindeutig zu defi-
nieren. Das größte Problem hierbei ist die Existenz eines ,,time lags",
also einer erheblichen zeitlichen Differenz zwischen Emission und Aus-
wirkung. Das ,,Hadley Centre for Climate Prediction and Research" in
Großbritannien entwickelte unter Berücksichtigung von Bevölkerungs-
und Wirtschaftswachstum, technischem Fortschritt, Energieverfügbarkeit
und Energiemix verschiedene Szenarien zur Entwicklung von CO
2
-
Emissionen (vgl. IUC 1999, Blatt 4). Die Ergebnisse beinhalten mögliche
Auswirkungen von CO
2
-Reduktionen aufgrund unterschiedlicher Maß-
nahmen durch zukünftige Gesellschaften. Würden z. B. die Emissionen
der entwickelten Länder im Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 gesenkt,
verzögerte sich die Verdoppelung der CO
2
-Konzentration lediglich um
knapp fünf Jahre (siehe Abbildung 2: Szenario IS92a (ohne Reduzierung)
vs. Szenario IS92b (mit Reduzierung)). Soll die Stabilisierung der Kon-
zentration auf dem doppelten Niveau der vorindustriellen Zeit erfolgen,
müßten die Emissionen auf unter 30 % des heutigen Wertes gesenkt wer-
den (siehe Abbildung 2: Szenario S550).

14
Abbildung 2: CO
2
-Szenarien
Quelle: Hadley Centre for Climate Prediction and Research. In: IUC 1999, Blatt 4
Der ,,Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltver-
änderungen" (WBGU) spricht sich in seinem Jahresgutachten 1995 für
ein Emissionsprofil aus, bei dem die globalen CO
2
-Emissionen über
mehr als 150 Jahre um jährlich knapp 1 % reduziert werden. Dies er-
scheint notwendig, da unter der Annahme eines ,,business as usual"-
Szenarios in weniger als 30 Jahren die Toleranzgrenze erreicht sein wird.
Maßnahmen, die zu diesem zukünftigen Zeitpunkt implementiert werden
müßten, können eine dann notwendige verstärkte Reduktion kaum errei-
chen (vgl. WBGU 1995, S. 6 f.). Solange noch Zeit bleibt, eine entspre-
chende Prävention zu betreiben, sollte von dieser Möglichkeit auch
Gebrauch gemacht werden. Allerdings wird die Wirkung der Reduzie-
rung der Treibhausgas-Emissionen bedingt durch langsam ablaufende
Akkumulationsprozesse nicht sofort erkennbar sein. Obgleich etliche
wissenschaftliche Unwägbarkeiten bestehen
7
, sollte dies ,,nicht als Plä-
doyer für weiteres Abwarten verstanden werden, sondern als Aufforde-
rung zu verstärkter Einsicht in die sich daraus für Politiker und andere
Entscheidungsträger ergebenden Probleme" (Benedick 1998b, S. 14). Die
heutige Gesellschaft steht somit vor der schwierigen Aufgabe, die Treib-
hausgasemissionen in großem Ausmaß zu vermeiden. Es obliegt demzu-
folge der Industrie, alternative Maßnahmen zur Energiegewinnung bzw.
effizienteren Energienutzung zu entwickeln und es ist Aufgabe der Poli-
tik, entsprechende Anreize zu schaffen.
7
So ist neben den unsicheren Annahmen hinsichtlich der Schadensberechnung z. B.
ungeklärt, welche Treibhausgaskonzentration tatsächlich gravierende Schäden nach sich
zieht. Für eine Darstellung allgemeiner Unsicherheiten im globalen Umweltschutz vgl.
z. B. Chichilnisky/Heal 1993.

15
2.2 Internationaler Klimaschutz aus ökonomischer Perspektive
Wie gezeigt, muß das Ziel einer Klimaschutzpolitik die globale Stabili-
sierung der Treibhausgaskonzentration sein. Ein im weiteren Verlauf der
Arbeit zu spezifizierendes geeignetes Instrument in Form eines Zertifi-
katsystems sollte also möglichst weltweit eingerichtet sein, um die räum-
liche Verteilung der Emissionsquellen flexibel und die Vermeidung effi-
zient gestalten zu können. Verschiedene Modellrechnungen verdeutli-
chen die Notwendigkeit einer internationalen Kooperation. Barrett (1992)
kalkuliert z. B. für die Europäische Gemeinschaft eine aggregierte Kos-
teneinsparung von 98 %, wenn statt nationaler Zielvorgaben eine ge-
meinschaftliche Stabilisierung angestrebt wird. Die OECD errechnet in
ihrem sogenannten GREEN-Modell eine Halbierung der globalen Anpas-
sungskosten, wenn ein globales Verringerungsziel nicht durch die Addi-
tion einzelner Reduktionsanstrengungen der Länder, sondern durch ein
globales System erreicht wird (vgl. Jones 1992).
Das Auftreten grenzüberschreitender negativer externer Effekte er-
schwert dabei die Aufgabe der internationalen Klimaschutzpolitik. Durch
die Nutzung des Gutes ,,Atmosphäre" als Immissionsraum für Treib-
hausgase wird das Klima in oben beschriebener Weise geschädigt, was
erhebliche ökonomische Auswirkungen hat. Die Verursacher der Emissi-
onen müssen für die entstehenden Kosten jedoch nicht aufkommen. Be-
dingt durch das Fehlen eines Preises wird die Atmosphäre in zu hohem
Ausmaße und somit nicht effizient genutzt (vgl. Pigou 1920). Hinzu
kommt, daß ein Einzelstaat von den Erfolgen der Umweltschutzanstren-
gungen anderer Staaten zwangsläufig profitiert (Kriterium der Nicht-
Ausschließbarkeit) und daß der Nutzen der besseren Umweltbedingungen
in einem Staat nicht den Nutzen anderer Staaten tangiert (Kriterium der
Nicht-Rivalität). Während ein Land hohe finanzielle Anstrengungen zur
Verringerung der Treibhausgas-Emissionen auf sich nimmt, muß es den
daraus resultierenden Nutzen mit sämtlichen anderen Staaten teilen. So-
mit ist aus nationalstaatlicher Sicht eine verfälschte Entscheidungsgrund-
lage über die Höhe der Emissionsreduktion gegeben. Ausgehend von der

16
Rationalität
8
sämtlicher Einzelstaaten kommt man also zu einer subopti-
malen weltweiten Emissionsreduktion. Die Übernutzung
9
der Atmosphä-
re kann demnach in Analogie zum Begriff des ,,öffentlichen Gutes" als
,,public bad" (,,öffentliches Übel") bezeichnet werden (vgl. Pearce 1978,
S. 20 ff.). Das Erreichen einer globalen Kooperation ist somit durch er-
hebliche Schwierigkeiten geprägt. Individuell rationales Verhalten der
Nationalstaaten führt zu kollektiv irrationalem Verhalten. Abbildung 3
zeigt eine häufig verwendete Auszahlungsmatrix (erster Wert = Auszah-
lung des Landes A, zweiter Wert = Auszahlung des Landes B)
10
.
Land B
Land A
kooperiert kooperiert
nicht
kooperiert 3/3 0/5
kooperiert nicht
5/0
1/1
Abbildung 3: Gefangenendilemma
Folgende Überlegungen werden nun angestellt: Willigt Land A in eine
Kooperation ein, beträgt dessen Auszahlung 3, unter der Voraussetzung
das Land B ebenfalls kooperiert. Land A wird in diesem Fall jedoch nicht
kooperieren, da somit eine Auszahlung von 5 erreicht würde. Kooperiert
Land B nicht, gäbe es keine Auszahlung für Land A bei einer Kooperati-
on. Demzufolge würde Land A auch hier nicht kooperieren, da eine Aus-
zahlung in Höhe von 1 die bessere Alternative wäre. Da die Auszah-
lungsstrukturen beider Länder identisch sind, ergeben sich die Überle-
gungen des Landes B analog. Somit resultiert für beide Länder die Hand-
lungsempfehlung nicht zu kooperieren, obwohl sich im Falle beidseitiger
Kooperation eine höhere Auszahlung für beide Beteiligten ergäbe; die
Länder befinden sich im sogenannten Gefangenendilemma. Die Anreize
für ein Freifahrerverhalten, also die Nicht-Beteiligung an internationalen
Abkommen und somit kostenlose Profitierung von den Ergebnissen, sind
8
,,Rational" wird hier und im folgenden im Sinne von ,,gewinnmaximierend" verwen-
det.
9
Das Kriterium der möglichen Übernutzung unterscheidet Gemeinschaftsgüter von
öffentlichen Gütern (vgl. Hardin 1982, S. 16 ff.)
10
Bedingt durch den einführenden Charakter dieses Kapitels wird diese Problematik im
folgenden anhand des bilateralen Falls veranschaulicht. Zur Übertragung in ein multila-
terales Modell siehe Heister (1997, S. 29 f.).

17
bei einer großen Anzahl beteiligter Länder besonders hoch. Somit verrin-
gert sich - ceteris paribus - die Chance zu einer freiwilligen Übereinkunft
im Klimaschutz.
Betrachtet man hingegen die Alternative des nationalen Alleingangs, die
des öfteren von engagierten Klimaschützern gefordert wird, kommt man
schnell zu dem Ergebnis, daß diese sowohl für die Wirtschaft des jewei-
ligen Landes als auch für den ökologischen Nutzen nachteilig ist. So er-
geben sich zum einen erhöhte Produktionskosten durch steigende Ener-
giepreise, die Wettbewerbsnachteile für die inländische Industrie, ein
Ansteigen der Arbeitslosenzahl und andere wirtschaftliche und soziale
Auswirkungen nach sich ziehen. Zum anderen tritt der sogenannte
,,Leakage-Effekt" auf (vgl. Hoel 1994). Durch die Verlagerung von Pro-
duktionsstätten in das umweltpolitisch weniger stringente Ausland kann
es, sofern dort weniger effiziente Produktionsverfahren angewendet wer-
den, sogar zu einer Erhöhung der Treibhausgasemissionen kommen.
Sollte keine Abwanderung der Industrie erfolgen, werden die übrigen
Länder ihre Emissionen von sich aus erhöhen. Da die Gesamtemissionen
durch die Bemühungen des einzelnen Staates (wenn auch nur in gerin-
gem Maße) abnehmen, sinken demnach auch die Grenzkosten der zusätz-
lichen eigenen Emission. Da nunmehr der Grenznutzen höher ist als die
Grenzkosten, ist es ökonomisch rational, die eigenen Emissionen soweit
auszudehnen, bis Grenznutzen und Grenzkosten wieder übereinstim-
men
11
(vgl. Kirchgässner 1992, S. 68 f.).
Es zeigt sich demnach - trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten -
die Notwendigkeit einer internationalen Kooperation. Doch selbst wenn
eine Kooperation zustande kommt, stellt diese keine Gleichgewichtslö-
sung dar, da jedes Land immer bestrebt ist seinen eigenen Nutzen zu ma-
ximieren. Das bedeutet, daß der Anreiz zum Vertragsbruch jederzeit be-
steht, sich ein Nash-Gleichgewicht also lediglich bei Nicht-Kooperation
oder bei Vertragsbruch einstellt. Harsanyi/Selten (1988) machen deutlich,
daß die beteiligten Länder jederzeit prüfen werden, ob sich die Einhal-
11
Unterstellt sind steigende Grenzkosten (Emissionsreduktion ist anfänglich leicht zu
erreichen und wird zunehmend teurer) und sinkender Grenznutzen (je kritischer der
Umweltzustand, desto höher wird die Emissionsreduktion bewertet) (vgl. Rose/Stevens
1993, S. 119)

18
tung der Verträge noch auszahlt
12
. Die Geschichte hat gezeigt, daß selbst
schwerste Verstöße gegen das Völkerrecht kaum geahndet werden kön-
nen, um so problematischer erscheint da erst die Durchsetzung von Um-
weltabkommen.
Hier ergibt sich nunmehr das Problem der Nicht-Existenz einer zentralen
Instanz im Sinne einer ,,Weltregierung", die eine entsprechende Rege-
lung als ,,wohlwollender Diktator" entwickeln kann und die beteiligten
Länder dann auch kontrollieren und gegebenenfalls sanktionieren darf.
Die Aushandlung der institutionellen Regelungen gestaltet sich sehr
komplex. Bedingt durch die unterschiedlichen technischen, ökonomi-
schen, sozialen und politischen Voraussetzungen der einzelnen Länder
müssen in einem gemeinsamen Konzept die individuellen Anreize für die
jeweiligen souveränen Staaten berücksichtigt werden. Insbesondere er-
gibt sich ein Konfliktpotential bezüglich der Verteilung von Wachstums-
chancen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, in denen große
Unterschiede hinsichtlich des Nutzens der Treibhausgas-Reduktion vor-
liegen (vgl. z. B. Hayes/Smith 1993). So verursachen die Industrieländer
zwar einen Großteil der CO
2
-Emission und tragen somit die haupt-
sächliche Verantwortung für die Entstehung des Treibhauseffekts, sind
aber aufgrund der beschriebenen Auswirkungen nicht so stark betroffen
wie die Entwicklungsländer. Die Last der Treibhausgas-Reduktionen
jedoch ausschließlich auf die entwickelten Staaten abzuwälzen, wäre
ökonomisch und ökologisch die falsche Strategie. Vielmehr müssen die
Entwicklungs- und Transformationsländer unbedingt involviert werden,
da besonders von dynamisch wachsenden Ländern wie China und Indien
in Zukunft erhebliche Emissionsanteile erwartet werden können. So wur-
den in China 1994 bei ansteigender Tendenz bereits 13,33 % der welt-
weiten energiebedingten CO
2
-Emissionen festgestellt, 9,64 % in Asien
ohne China und Japan und in Lateinamerika 3,62 % (BMU 1997, S. 23).
Zudem zeichnen diese Länder für einen Großteil der Methanemission
verantwortlich. Berechnungen der OECD (1995) zeigen, daß eine ledig-
lich durch die Industrieländer erreichte bloße Stabilisierung der Emissio-
nen auf dem heutigen Niveau weltweit zu Einkommenseinbußen von ca.
12
Zur Stabilität multilateraler Abkommen siehe insbes. Carraro/Siniscalco 1993.

19
1,1 % führt. Unter Einbezug der Entwicklungsländer kostet diese Reduk-
tion lediglich 0,2 % des Weltbruttosozialprodukts
13
.
Grundsätzlich gar kein Interesse an der CO
2
-Reduzierung zeigen die erd-
ölexportierenden Länder (OPEC), da sie durch Verbrauchsminderungen
erhebliche wirtschaftliche Schäden nehmen. Aber auch die Industrielän-
der untereinander haben aus vielerlei Gründen unterschiedliche Präferen-
zen hinsichtlich des Reduzierungsumfangs, der Vorgehensweise, des
Zeitrahmen etc. Im Verlauf dieser Arbeit wird an gegebener Stelle auf
Divergenzen der verschiedenen Länder und Interessengruppen bezüglich
einer konkreten Ausgestaltung eines Zertifikatsystems als umweltpoliti-
sches Instrument hingewiesen.
Die dargestellte ,,public bad"-Problematik, Schwierigkeiten hinsichtlich
des Zustandekommens und der Stabilität eines internationalen Umwelt-
abkommens sowie zahlreiche Divergenzen zwischen den Nationalstaaten
zeigen die Komplexität der Klimaschutzproblematik. In Anbetracht des
Handlungsbedarfs hat sich die internationale Staatengemeinschaft dieser
Probleme gestellt. Verschiedene Konferenzen und Abkommen symboli-
sieren einen politischen Prozeß, der die Entwicklung des Klimaschutzes
initiiert.
13
Zur Analyse der Reduzierungskosten siehe des weiteren Dean (1994), Johans-
son/Swisher (1994) und Cline (1994).

20
3. Die politische Entwicklung des Klimaschutzes
3.1 Die Klimarahmenkonvention
3.1.1 Entstehungsprozeß
Mit der ersten Weltklimakonferenz 1979, in deren Verlauf Wissenschaft-
ler über die Folgen des Klimawandels diskutierten, begann die Sensibili-
sierung der Öffentlichkeit bezüglich der Auswirkungen von Treibhausga-
sen. Zahlreiche internationale Konferenzen ab Mitte der achtziger Jahre
forcierten diese Entwicklung. Wichtige Treffen, auf denen staatliche Ent-
scheidungsträger, Wissenschaftler und Umweltschutzgruppen zu interna-
tionalem Handeln aufriefen, waren u. a. die Konferenzen von Villach
(1985), Toronto (1988), die Konferenz und Erklärung von Den Haag
(1989), die Ministerkonferenz von Nordwijk (1989) und die Zweite
Weltklimakonferenz in Genf (1990)
14
.
Besondere Bedeutung für die Intensivierung der wissenschaftlichen Be-
mühungen bezüglich des Klimawandels hatte die Gründung des bereits
erwähnten IPCC im Jahr 1988 durch das Umweltprogramm der Verein-
ten Nationen (UNEP) und die Weltorganisation für Meteorologie
(WMO). Mehr als 2.500 Wissenschaftler bündeln hier ihre Forschungs-
ergebnisse und stellen diese regelmäßig der Öffentlichkeit vor
15
. Der
1990 erschienene erste Sachstandsbericht des IPCC faßte somit die bishe-
rigen Kenntnisse bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels auf
Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen. Dieser Report war Ver-
handlungsgrundlage des von der Generalversammlung der Vereinten
Nationen ins Leben gerufenen ,,Zwischenstaatlichen Verhandlungsaus-
schusses für ein Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen" (INC),
der eben dieses Übereinkommen (die sogenannte ,,Klimarahmenkonven-
tion", KRK) 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in
Rio de Janeiro vorlegte (UNFCCC 1992). 154 Staaten und die Europäi-
sche Union (EU) unterzeichneten die KRK, die am 21. März 1994 in
Kraft trat. Bis heute ratifizierten 185 Länder und die EU die KRK
16
.
14
Zur ausführlichen Darstellung der Evolution der Klimaschutzpolitik vgl. z. B. O-
berthür (1993) und Mintzer/Leonhard (1994).
15
Demnach haben die Ergebnisse erhebliche politische Auswirkungen. Zur Frage nach
der politischen Abhängigkeit des IPCC vgl. z. B. Biermann (2000, S. 15 ff.).
16
Vgl. im Internet: www.unfccc.de/resource/conv/ratlist.pdf

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832448653
ISBN (Paperback)
9783838648651
DOI
10.3239/9783832448653
Dateigröße
822 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruhr-Universität Bochum – Wirtschaftswissenschaft
Erscheinungsdatum
2001 (Dezember)
Note
2,0
Schlagworte
treibhauseffekt zertifikate umweltpolitik klima kyoto
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Titel: Zertifikate als umweltpolitisches Instrument vor dem Hintergrund des Kyoto-Protokolls
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