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Realoptionen

Strategische Investitionsplanung und -bewertung auf Basis von Optionspreismodellen

©2001 Bachelorarbeit 148 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Entscheidungen, sowohl im Privat- als auch im Wirtschaftsleben, werden teilweise unter Zwang getroffen. Es handelt sich hierbei um Dinge, die man einfach tun muss. Es gibt aber auch Entscheidungen, die eine Möglichkeit darstellen, die einem das Recht überlassen sich für die eine oder die andere Richtung zu entscheiden. Diese Entscheidungen haben eine gemeinsame Eigenschaft: eine inhärente Flexibilität, die den subjektiven Wert dieser Entscheidung für den einzelnen steigert. Die Bewertung solcher Flexibilität und Entscheidungsmöglichkeiten ist zu einem zentralen Thema der Wirtschaftswissenschaften geworden.
Dieser Themenkomplex wurde in der Literatur bereits ausführlich unter dem Rahmen der Investitionen unter Unsicherheit diskutiert und es wurde gezeigt, dass es auch mit den traditionellen Bewertungsverfahren, wie dem Kapitalwert- oder Entscheidungsbaumverfahren, möglich ist bis zu einem gewissen Grad die Mehrwertigkeit der Zukunft abzubilden. Da dieses aber nur über einen einheitlichen Risikoaufschlag auf den jeweiligen Diskontsatz realisiert wird, bleibt hierbei insbesondere die sich – durch im Zeitablauf zunehmende Informationsstandverbesserung – ständig ändernde Risikostruktur unberücksichtigt. Der Risikoaufschlag bei traditionellen Verfahren bildet nur „die Unsicherheit ab, die auf Kapitalmärkten bewertet wird“. Allerdings werden dabei Wahlmöglichkeiten, wie beispielsweise die Möglichkeit den Beginn einer Investition zu verschieben, vernachlässigt. Flexibilität ist allerdings „einer der wichtigsten strategischen Wettbewerbsvorteile für ein erfolgreiches Management“ in der heutigen Zeit.
Die Durchführung eines Investitionsprojektes wird u. U. nur ermöglicht, wenn als Vorbedingung ein erstes Projekt bereits realisiert wurde. Dabei eröffnen sich Risiken und Chancen, die bei der Bewertung berücksichtigt werden müssen. Ein Risiko, das negative Auswirkungen auf den Erfolg hat, muss nicht unbedingt eine negative Entwicklung bedingen, sofern das zugrunde liegende Projekt reversibel ist, d. h. die Entscheidung kann also ohne zusätzliche Kosten wieder rückgängig gemacht werden. Hier müssen Risiken entsprechend ihrer Struktur und ihrem Einfluss auf den Projekterfolg differenziert bewertet werden. Auch im Bereich der Unternehmensbewertung, insbesondere bei High-Tech-Firmen und Startup-Unternehmen, muss man die Bewertung solcher strategischen Optionen berücksichtigen und sie in Werte fassen. Dabei stellen die so ermittelten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4799
Emmert, Andreas: Realoptionen: Strategische Investitionsplanung und -bewertung auf Basis
von Optionspreismodellen / Andreas Emmert - Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Worms, Fachhochschule, Bachelor, 2001
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II
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht
1.
Einführung...1
2.
Theoretisches Konzept der Realoptionen ...4
3.
Klassifikation der Realoptionen...26
4.
Realoptionswerte in der Investitionsplanung...41
5.
Bewertung der Realoptionen ...59
6.
Berechnung von Realoptionen mit Hilfe einer Tabellen-
kalkulation...94
7.
Stellungnahme und Ausblick...105
8.
Zusammenfassung ...110

III
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsübersicht ... II
Abbildungsverzeichnis...VI
Tabellenverzeichnis... VII
Abkürzungsverzeichnis ... VIII
Vorwort ...IX
1.
Einführung...1
1.1 Allgemein... 1
1.2 Aufbau und Ziel der Arbeit... 2
2.
Theoretisches Konzept der Realoptionen ...4
2.1 Definition... 4
2.2 Analogie zwischen Finanz- und Realoptionen ... 6
2.2.1 Die Einflussfaktoren auf den Optionswert ... 11
2.2.1.1 Einflüsse auf den inneren Wert... 14
2.2.1.2 Einflüsse auf den Zeitwert ... 15
2.3 Existenzvoraussetzungen für Realoptionen ... 16
2.4 Einteilung der Realoptionen... 17
2.4.1 Wachstumsoptionen... 18
2.4.1.1 Einfache
Realoptionen ... 19
2.4.1.2 Verbundene
Realoptionen... 19
2.4.2 Flexibilitätsoptionen... 20
2.4.2.1 Verzögerungsoption ... 20
2.4.2.2 Schließungsoption... 21
2.4.2.3 Erweiterungsoption ... 22
2.4.2.4 Einschränkungsoption... 22
2.4.2.5 Innovationsoption... 23
2.4.2.6 Schließungs- und Wiedereröffnungsoption ... 23
2.4.2.7 Fortsetzungsoption ... 24
2.4.2.8 Umstellungsoption ... 24

IV
Inhaltsverzeichnis
3.
Klassifikation der Realoptionen...26
3.1.1 Erste Ebene (exklusiv ­ geteilt) ... 26
3.1.2 Zweite Ebene (Mehrstufigkeit ­ Wechselwirkungen) ... 31
3.1.2.1 Interaktion zwischen verschiedenen Projekten ... 31
3.1.2.2 Interaktion innerhalb eines Projektes... 32
3.1.3 Dritte Ebene (verfallend - aufschiebbar) ... 39
4.
Realoptionswerte in der Investitionsplanung...41
4.1 Kapitalwertverfahren bei Unsicherheit... 42
4.1.1 Ermittlung der Fremdkapitalkosten ... 44
4.1.2 Ermittlung der Eigenkapitalkosten (CAPM) ... 44
4.1.3 Mängel des Kapitalwertverfahrens bei Unsicherheit... 47
4.2 Entscheidungsbaumverfahren ... 49
4.2.1 Bewertung von Realoptionswerten ... 52
4.2.1.1 Erweiterungsoption ... 52
4.2.1.2 Schließungsoption... 55
4.2.2 Mängel des Entscheidungsbaumverfahrens ... 57
5.
Bewertung der Realoptionen ...59
5.1 Einfache Realoptionen (Plain Vanilla Options)... 59
5.1.1 Binomialmodell... 59
5.1.1.1 Herleitung des Binomialmodells... 61
5.1.1.2 Anwendung des Binomialmodells ... 68
5.1.2 Black-Scholes-Modell... 70
5.1.2.1 Herleitung der Black-Scholes-Formel ... 70
5.1.2.2 Die
Black-Scholes-Formel... 75
5.1.2.3 Anwendung der Black-Scholes-Formel ... 81
5.2 Verbundene Realoptionen (Compound Options)... 83
5.2.1 Binomialansatz ... 84
5.2.2 Geske-Modell... 86
5.2.2.1 Herleitung des Geske-Modells... 86
5.2.2.2 Die
Geske-Modell-Formel ... 88
5.2.2.3 Anwendung des Geske-Modells ... 92

V
Inhaltsverzeichnis
6.
Berechnung von Realoptionen mit Hilfe einer Tabellen-
kalkulation...94
6.1 Bewertung einfacher Optionen ... 94
6.1.1 Binomialmodell (einfache Variante) ... 94
6.1.2 Binomialmodell (erweiterte Variante)... 95
6.1.3 Black-Scholes-Modell... 99
6.2 Bewertung verbundener Optionen ... 101
6.2.1 Binomialansatz ... 101
6.2.2 Geske-Modell... 101
7.
Stellungnahme und Ausblick...105
8.
Zusammenfassung ...110
Anhang ... 113
Literaturverzeichnis... 125
Eidesstattliche Erklärung... X
Tabellarischer Lebenslauf ...XI

VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Optionsterminologie für Call-Optionen... 11
Abbildung 2: Optionsterminologie für Put-Optionen ... 12
Abbildung 3: Einteilung und Modellierung der Realoptionen... 18
Abbildung 4: Klassifikation der Realoptionen ... 26
Abbildung 5: Vorteil der vorzeitigen Ausübung einer Investitionsoption... 28
Abbildung 6: Nachteil der vorzeitigen Ausübung einer Investitionsoption ... 29
Abbildung 7: Interaktionen zwischen verschiedenen Optionstypen (Put-Call)... 36
Abbildung 8: Interaktionen zwischen gleichen Optionstypen (Put-Put) ... 37
Abbildung 9: Auswirkungen der Separation der Ausübungszeitpunkte (Call-Put) 38
Abbildung 10: Formale Struktur von Entscheidungsbäumen ... 51
Abbildung 11: Entscheidungsbaum mit Erweiterungsoption ... 53
Abbildung 12: Entscheidungsbaum mit Erweiterungs- und Schließungsoption ... 56
Abbildung 13: Grundkonstellation des einperiodigen Binomialmodells... 60
Abbildung 14: Grundkonstellation des zweiperiodigen Binomialmodells ... 64
Abbildung 15: Struktur der Compound Options... 84
Abbildung 16: Bewertung von Compound Options mit dem Binomialansatz ... 85
Abbildung 17: Implementierung des Realoptionsansatzes ... 108

VII
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Analogien zwischen Finanz- und Realoptionen ... 7
Tabelle 2:
Einflussfaktoren auf den Wert von Optionen ... 13
Tabelle 3:
Entscheidungsmatrix für Investitionsoptionen ... 30
Tabelle 4:
Klassifikation der Realoptionen ... 40
Tabelle 5:
Einteilung der Verfahren zur Investitionsbeurteilung ... 41
Tabelle 6:
Realoptionen versus Kapitalwertverfahren ... 49
Tabelle 7:
Kapitalfluss bei einperiodiger Betrachtung im Binomialmodell... 62
Tabelle 8:
Bewertungsmodelle in Abhängigkeit vom Optionstypus... 83
Tabelle 9:
Binomialmodell (einfache Variante) ­ MS Excel-Realisierung... 95
Tabelle 10:
Binomialmodell (erweiterte Variante) ­ MS Excel-Realisierung ... 96
Tabelle 11:
Black-Scholes-Modell ­ MS Excel-Realisierung... 100
Tabelle 12:
Geske-Modell ­ MS Excel-Realisierung... 104

VIII
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
Bsp. Beispiel
bspw. beispielsweise
C
Wert einer Call-Option
DCF
Discounted Cash Flow
d. h.
das heißt
evtl. eventuell
exkl. exklusive
f. folgende
ff. fortfolgende
F & E
Forschung und Entwicklung
GE Geldeinheiten
ggf. gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg. Herausgeber
i. d. R.
in der Regel
inkl. inklusive
KG Kommanditgesellschaft
lt. laut
o. ä.
oder ähnliches
P
Wert einer Put-Option
S. Seite
sog. sogenannte/-r
u. U.
unter Umständen
v. a.
vor allem
vgl. vergleiche
z. B.
zum Beispiel

IX
Vorwort
Vorwort
Diese Arbeit entstand als Abschlussarbeit meines Studiums an der Fachhochschule
Worms ­ University of Applied Sciences im Sommersemester 2001. An dieser Stelle
möchte ich einigen wichtigen Leuten meinen Dank aussprechen. Zunächst danke ich
Herrn Prof. Dr. R. Funk für die Übernahme der Betreuung und Bewertung dieser Ar-
beit. Er hatte immer ein offenes Ohr für Probleme und Wünsche, nicht nur bezogen
auf den fachlichen, sondern auch den persönlichen Bereich.
Besonderer Dank gilt meinen Eltern, da ohne ihre Unterstützung das Studium und
diese Arbeit in der vorliegenden Form nicht möglich gewesen wären. Eine der un-
dankbarsten Aufgaben beim Schreiben einer solchen Arbeit ist das Korrekturlesen.
Für die Übernahme dieser Aufgabe möchte ich mich bei Frau Corinna Müller und
Herrn A. Rohel herzlich bedanken. Meiner Freundin Manuela danke ich für die Ge-
duld, die sie während der Zeit meines Schreibens aufbrachte und dafür, dass sie mir
den nötigen Freiraum für das Erstellen der Arbeit ließ.
Den Mitarbeitern der Verwaltung und des Fachbereichs der Fachhochschule Worms
danke ich für die Hilfsbereitschaft und die vielen unerlässlichen Auskünfte beim Pla-
nen und Durchführen des Studiums und dieser Arbeit. Allen anderen Beteiligten und
Freunden, die hier nicht im einzelnen genannt werden sollen, gilt mein Dank ebenso
wie Herrn Klaus Wagner, der eine große Hilfe beim Auffinden einer geeigneten Dru-
ckerei und Binderei war.
Worms, im August 2001
Andreas Emmert

1
Einführung
1. Einführung
1.1 Allgemein
Entscheidungen, sowohl im Privat- als auch im Wirtschaftsleben, werden teilweise
unter Zwang getroffen. Es handelt sich hierbei um Dinge, die man einfach tun muss.
Es gibt aber auch Entscheidungen, die eine Möglichkeit darstellen, die einem das
Recht überlassen sich für die eine oder die andere Richtung zu entscheiden.
1
Diese
Entscheidungen haben eine gemeinsame Eigenschaft: eine inhärente Flexibilität, die
den subjektiven Wert dieser Entscheidung für den einzelnen steigert. Die Bewertung
solcher Flexibilität und Entscheidungsmöglichkeiten ist zu einem zentralen Thema
der Wirtschaftswissenschaften geworden.
Dieser Themenkomplex wurde in der Literatur bereits ausführlich unter dem Rahmen
der Investitionen unter Unsicherheit diskutiert
2
und es wurde gezeigt, dass es auch
mit den traditionellen Bewertungsverfahren, wie dem Kapitalwert- oder
Entscheidungsbaumverfahren, möglich ist bis zu einem gewissen Grad die
Mehrwertigkeit der Zukunft abzubilden. Da dieses aber nur über einen einheitlichen
Risikoaufschlag auf den jeweiligen Diskontsatz realisiert wird, bleibt hierbei insbe-
sondere die sich ­ durch im Zeitablauf zunehmende Informationsstandverbesserung ­
ständig ändernde Risikostruktur unberücksichtigt. Der Risikoaufschlag bei
traditionellen Verfahren bildet nur ,,die Unsicherheit ab, die auf Kapitalmärkten
bewertet wird".
3
Allerdings werden dabei Wahlmöglichkeiten, wie beispielsweise die
Möglichkeit den Beginn einer Investition zu verschieben, vernachlässigt. Flexibilität
ist allerdings ,,einer der wichtigsten strategischen Wettbewerbsvorteile für ein
erfolgreiches Management" in der heutigen Zeit.
4
Die Durchführung eines Investitionsprojektes wird u. U. nur ermöglicht, wenn als
Vorbedingung ein erstes Projekt bereits realisiert wurde. Dabei eröffnen sich Risiken
und Chancen, die bei der Bewertung berücksichtigt werden müssen. Ein Risiko, das
negative Auswirkungen auf den Erfolg hat, muss nicht unbedingt eine negative Ent-
1
vgl. Pirkner, C. D. [Option Pricing], S. 1 f.
2
Für einen Überblick empirischer Studien zu diesem Thema und die Auswirkungen von Unsicherheit
auf das Investitionsverhalten vgl. Werner, T. [Investitionen], S. 85-89
3
vgl. Seppelfricke, P. [Investitionen unter Unsicherheit], S. 28
4
vgl. Liebler, H. [Strategische Optionen], S. 2

2
Einführung
wicklung bedingen, sofern das zugrunde liegende Projekt reversibel ist, d. h. die Ent-
scheidung kann also ohne zusätzliche Kosten wieder rückgängig gemacht werden.
Hier müssen Risiken entsprechend ihrer Struktur und ihrem Einfluss auf den Projekt-
erfolg differenziert bewertet werden. Auch im Bereich der Unternehmensbewertung,
insbesondere bei High-Tech-Firmen und Startup-Unternehmen, muss man die Bewer-
tung solcher strategischen Optionen berücksichtigen und sie in Werte fassen. Dabei
stellen die so ermittelten Werte des Portfolios an strategischen Optionen, die durch
das Unternehmen eröffnet werden, oftmals ein Vielfaches des Buchwertes des Anla-
gevermögens dar.
5
Da eine exakte Erfassung des Wertes dieser inhärenten Flexibilität und der Möglich-
keiten mit den traditionellen Verfahren nicht möglich ist, liegt es nahe, die aus dem
Bereich der Finanzmärkte stammenden Optionspreismodelle zur Grundlage der Er-
mittlung zu machen. Aufgrund der Tatsache, dass die zu bewertenden Optionen von
Realinvestitionen abhängig sind und ihr Wert grundsätzlich von diesem Faktor de-
terminiert wird, wurden diese Optionen auch als Realoptionen bekannt. Wegbereiter
und prägend in diesem Bereich waren bereits 1977 Stewart C. Myers
6
, 1984 W. Carl
Kester
7
, der den Ansatz von Myers aufgriff und weiterentwickelte, sowie auch in der
neueren Literatur Trigeorgis oder Copeland, um nur einige der herausragenden Arbei-
ten zu nennen.
1.2
Aufbau und Ziel der Arbeit
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Wert des Realoptionsansatzes für Bewertungsprob-
leme im Unternehmen aufgezeigt werden und hierbei insbesondere Bezug auf die
Einsatzmöglichkeiten in der Investitionsplanung genommen werden. Dazu wird in
einem ersten Abschnitt zunächst definiert und erläutert, was unter dem Begriff Real-
optionen zu verstehen ist. Nach einer Gegenüberstellung von Finanz- und Realoptio-
nen werden letztere in verschiedene Kategorien eingeteilt und klassifiziert, um einen
systematischen Zugang zu ermöglichen.
5
vgl. Pirkner, C. D. [Option Pricing], S. 1 f.
6
vgl. Myers, S. C. [Corporate Borrowing], S. 147-175
7
vgl. Kester, W. C. [Today's Options], S. 153-160

3
Einführung
Im Anschluss an diese Ausführungen werden die traditionellen Bewertungsverfahren
auf den Grad der Berücksichtigung von Realoptionswerten untersucht und beurteilt.
Dazu werden insbesondere das Kapitalwertverfahren und der Entscheidungsbaum
herangezogen.
In einem weiteren Schritt werden die zwei bekanntesten Bewertungsmodelle für die
Ermittlung des Wertes von Realoptionen ­ das Binomial- und das Black-Scholes-
Modell ­ vorgestellt und anhand von Beispielen erläutert. Die Bewertung von ver-
bundenen Realoptionen, sog. Compound Options, wird als Abrundung dieses Ab-
schnitts vorgestellt. Weiterhin wird ergänzend ein Modell zur praxisorientierten
Berechnung von Realoptionswerten mittels einer Tabellenkalkulation erarbeitet und
vorgestellt.
Abschließend soll eine Beurteilung und Stellungnahme den Wert der Anwendung in
der Unternehmenspraxis und die Grenzen des Realoptions-Ansatzes aufzeigen.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, die Realoptionsmethode als Ergänzung der traditionel-
len Bewertungsmethoden in der Investitionsplanung vorzustellen und ihre innovati-
ven Aspekte gegenüber den bisherigen Modellen aufzuzeigen.

4
Theoretisches Konzept der Realoptionen
2.
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Dieser Abschnitt soll zunächst klären, was unter dem Begriff der Realoptionen zu
verstehen ist und in einem nächsten Schritt aufzeigen, welche Verbindungen zu den
Finanzoptionen bestehen. Für die weiteren Ausführungen wird sodann eine Eintei-
lung und Klassifizierung der Realoptionen selbst vorgenommen.
2.1 Definition
Konzeptionell stammen Optionen aus dem Bereich der Finanzmärkte und stellen dort
eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Käufer und einem Verkäufer (,,Still-
halter") dar, wobei der Käufer das Recht, aber nicht die Verpflichtung erwirbt, eine
vertraglich fixierte Menge des Underlying
8
zu einem bestimmten Preis (,,Ausübungs-
preis") zu erwerben (,,Call-Option") bzw. zu verkaufen (,,Put-Option"). Dieses Recht
kann entweder am Ende der Laufzeit ausgeübt werden (europäische Variante) oder
jederzeit während der Laufzeit (amerikanische Variante). Der Käufer der Option zahlt
bei Vertragsabschluss die Optionsprämie für dieses Recht an den Verkäufer, der die-
sen Betrag unabhängig von einer späteren Ausübung der Option behält.
Wie bereits in der Einführung angesprochen, stehen dem Management einer Unter-
nehmung eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, deren Wert
oftmals noch eher intuitiv, ,,aus dem Bauch heraus", bewertet und die mit der Um-
schreibung ,,strategisch wichtig" klassifiziert werden. In der Literatur finden sich eine
Reihe von Definitionen zum Begriff Realoption, hier soll nun als Grundlage die aus-
gewählte Definition nach Müller
9
exemplarisch zitiert werden:
,,The choices that the project makes available to management can be thought of as
real options in the sense that they are natural consequences of the circumstances
created by real world situations, as opposed to financial options created artificially
by traders on a securities exchange."
8
Vermögensgegenstand, Basisobjekt, i. d. R. Aktien oder andere Wertpapiere
9
lt. Müller, J. [Real Option Valuation], S. 52

5
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Somit stellen Realoptionen also die Möglichkeiten und die Flexibilität dar, welche
durch die Realisierung von Investitionsprojekten eröffnet werden. Die traditionellen
Bewertungsverfahren erfassen den Wertbeitrag von Entscheidungsflexibilität nicht,
was zu einer Unterbewertung im Rahmen der Investitionsplanung und in letzter Kon-
sequenz zur Ablehnung des entsprechenden Projekts und zu einer Fehlentscheidung
bzgl. des strategischen Wertes führen kann. Hier kann der Realoptionsansatz mit sei-
nen Bewertungsmodellen als eine sinnvolle Ergänzung der traditionellen Verfahren
fungieren und diesen Mangel beheben. Bisher hat dieses Verfahren allerdings noch
nicht überall Einzug in die Praxis gehalten, jedoch liegen insbesondere aus dem Be-
reich der rohstoffabhängigen Industrie zahlreiche Erfahrungsberichte vor.
10
Gründe für die bisher geringe Verbreitung werden vor allem in der Komplexität des
Bewertungsansatzes und der teilweise schwierigen Beschaffung der relevanten Daten
gesehen. Auch das neuartige Denken in Optionen ist für viele Mitarbeiter sowie auch
für die Managementebene noch ungewohnt und teilweise durch mangelnde Qualifika-
tion bezüglich des Methodenverständnisses bedingt. Deshalb fehlt es in vielen Unter-
nehmen auch noch an der Bereitschaft die bisherigen Bewertungsmethoden kritisch
zu hinterfragen.
11
Gerade aber der Wandel und die Erkenntnis des Nutzens dieses neuen Verfahrens
können erhebliche Wettbewerbsvorteile bewirken, die in Deutschland und Europa
bisher jedoch nur unzureichend ausgenutzt werden. Vor allem Unternehmen aus den
USA berücksichtigen schon seit längerer Zeit solche strategischen Handlungs-
flexibilitäten in ihren Entscheidungen. Besondere Bedeutung erlangt der Realoptions-
ansatz in Situationen, in denen eine große Unsicherheit über künftige Erlöse besteht
und das Management daher sehr flexibel reagieren muss. Weniger bedeutend sind
Realoptionen in Geschäftsfeldern, in denen sich die Erlöse zuverlässig abschätzen
lassen und das Unternehmen durch seine Marktposition fest etabliert ist.
12
10
vgl. Hommel, U. [FAZ-Interview]
11
vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung [Neue Bewertungsverfahren]
12
vgl. Handelsblatt [Realoptionen]

6
Theoretisches Konzept der Realoptionen
2.2
Analogie zwischen Finanz- und Realoptionen
Die Übertragbarkeit von Optionspreismodellen für Finanzoptionen auf die Bewertung
von Realoptionen lässt sich anhand der Analogien zwischen Finanz- und Realoptio-
nen leicht nachvollziehen. Finanzoptionen definieren sich durch folgende drei konsti-
tutive Merkmale:
13
· Flexibilität
Mit einer Option ist nur das Recht, nicht aber die Verpflichtung zur Ausübung
einer bestimmten Transaktion verbunden.
· Unsicherheit
Die Attraktivität und Bereitschaft zur Ausübung der Option hängt von der un-
sicheren Wertentwicklung des Basisinstrumentes und stochastischen Einflüs-
sen ab.
· Irreversibilität
Durch Ausübung des Optionsrechts wird dasselbe vernichtet, ein vorhandener
Zeitwert der Option wird hierdurch ebenfalls
14
vernichtet (Opportunitätskos-
ten, sog. ,,versunkene Kosten").
Diese Merkmale lassen sich auch für Realoptionen nachweisen. Zur Veranschauli-
chung soll folgendes Beispiel dienen: das Management einer Pharma-Unternehmung
steht vor der Entscheidung ein neues Medikament für die Behandlung von Strahlen-
krankheiten zur Marktreife zu bringen. Die nötigen Investitionsausgaben für diese
Entwicklung stellen die irreversiblen, versunkenen Kosten dar, die unabhängig vom
Projekterfolg zu zahlen sind. Der Markterfolg und damit die zukünftigen Cash-Flows
sind ebenso unsicher zu prognostizieren wie der genaue Aufwand für die Weiterent-
wicklung des Medikaments zur Marktreife. Das Management muss allerdings nicht
sofort die Umsetzung dieses Projektes vornehmen, da das Unternehmen durch eine
ausreichend starke Marktposition die Möglichkeit hat die Einführung noch um zwei
Jahre zu verzögern. Die Unternehmung ist also nicht gezwungen bei schlechten Prog-
13
vgl. Achleitner, A.-K. / Thoma, G. F. (Hrsg.) [Corporate Finance], S. 9 f.
14
vgl. Seppelfricke, P. [Investitionen unter Unsicherheit], S. 43

7
Theoretisches Konzept der Realoptionen
nosen das Projekt durchzuführen und kann damit entscheiden, ob sie die durch die
Investition zu erwartenden Zahlungsströme jetzt oder erst später erwerben will. Sie ist
also flexibel in ihrer Entscheidung.
Diese Handlungsfähigkeit führt zu einer asymmetrischen Zahlungsstromstruktur, ähn-
lich wie bei den Finanzoptionen. Bei günstigen Rahmenbedingungen sind die Cash-
Flows (rein theoretisch) unbegrenzt positiv, wohingegen bei schlechten Bedingungen
und Verzögerung der Entwicklung der Aufwand nur begrenzt ist, in diesem Falle also
auf die fixen Kosten des Betriebes der F & E-Abteilung.
15
Die nachfolgende Abbildung soll die Analogien zwischen Finanz- und Realoptionen
systematisch darstellen.
Kriterium
Finanzoption (Call)
Realoption (Call)
Art des
Options-
rechts
Recht, das zugrundeliegende Basisin-
strument gegen Zahlung der Options-
prämie zu erwerben
Recht, die aus der Investition resultierenden
Cash-Flows gegen Zahlung der Investitions-
summe zu erwerben
S
0
aktueller Preis des Basisinstruments
Gegenwartswert zu erwartender Einzah-
lungsüberschüsse (ohne Investitionsauszah-
lungen)
E
Basispreis, Ausübungspreis der Opti-
on
Gegenwartswert zukünftiger Investitionsaus-
zahlungen zur Ausübung der Option
t
Rest(Laufzeit) der Option
Zeitspanne, bis die Möglichkeit zur Investi-
tion verfällt
(Sigma)
Unsicherheit des Basisinstrumentprei-
ses (Volatilität)
Unsicherheit in Bezug auf den Kapitalwert
des Investitionsprojektes
r
Zinssatz für eine risikolose Anlage
Zinssatz für eine risikolose Anlage
D
Dividende
Cash-Flow, den das Projekt bei Durchfüh-
rung der Investition generieren würde, zu
berücksichtigen sind auch Wertverluste im
Zeitablauf, z. B. durch den Eintritt von
Wettbewerbern oder Renditeausfall
Tabelle 1: Analogien zwischen Finanz- und Realoptionen
16
15
vgl. hierzu auch ähnliche Ausführungen in Hommel, U. / Pritsch, G. [Marktorientierte Investitions-
bewertung], S. 123 f.
16
Quelle: Hommel, U. / Pritsch, G. [Marktorientierte Investitionsbewertung], S. 124; für Put-Optionen
gelten ähnliche Ausführungen, allerdings müssen hier anstatt der Investitionsauszahlungen die Des-
investitionsauszahlungen berücksichtigt werden.

8
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Eine Investition, in diesem Sinne verstanden, stellt eine Gelegenheit dar durch Zah-
lung der Investitionskosten die aus der Investition zukünftig generierten Zahlungs-
ströme zu erwerben. Der Optionsfrist einer Finanzoption entspricht dabei der Zeit-
raum, bis zu dessen Ende mit der Investitionsentscheidung gewartet werden kann.
Investitionsmöglichkeiten können in diesem Zusammenhang als Kaufoption, Desin-
vestitionsmöglichkeiten als Verkaufsoption verstanden werden. Ist die Entscheidung
an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden (z. B. durch Genehmigungspflichten), so
kann sie mit einer europäischen Option verglichen werden. Sie besitzt den Charakter
einer amerikanischen Option, wenn die Entscheidung zu einem beliebigen Zeitpunkt
getroffen werden kann.
Einschränkungen der genannten Analogien ergeben sich zum einen dadurch, dass die
gängigsten Optionspreismodelle auf der Existenz eines Basisinstruments mit identi-
scher Payoff-Struktur (sog. Twin-Security oder auch Hedge) basieren. Bei einer typi-
schen Realinvestition existiert ein solcher Wert aber nicht, sondern wird erst durch
die Investition selbst geschaffen.
17
Weiterhin kann der Ausübungspreis variabel sein,
bedingt durch die Entscheidung der Unternehmensleitung für eine andere Kapitalin-
tensität und/oder Investitionsvolumen. Die Laufzeiten von Realoptionen lassen sich
nicht eindeutig und exakt definieren, da sie bspw. durch das Verhalten der Wettbe-
werber oder auch technologische Neuentwicklungen beeinflusst werden. Dies zeigt,
welche Probleme bereits bei der Ermittlung der relevanten Bewertungsgrößen auftre-
ten können.
18
Realoptionen werden i. d. R. nicht wie Finanzoptionen an einem Markt erworben,
sondern entwickeln sich im Laufe der Jahre durch die Geschäftstätigkeit. Der Besitz
einer Realoption kann z. B. durch Faktoren wie den Ruf, die Marktposition des Un-
ternehmens oder auch den Besitz von Patenten oder anderen Ressourcen bewirkt wer-
den.
19
17
vgl. Holst, J. [Realoptionen], S. 30
18
vgl. Achleitner, A.-K. / Thoma, G. F. (Hrsg.) [Corporate Finance], S. 15-18
19
vgl. Seppelfricke, P. [Investitionen unter Unsicherheit], S. 43

9
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Eine systematische Gliederung der Kriterien, hinsichtlich derer sich Finanz- und Re-
aloptionen unterscheiden, nennt Hommel:
20
· Illiquidität / Nicht-Handelbarkeit
Der Handel mit derivativen Finanzinstrumenten stellt sicher, dass stets ein
Handel auf vergleichsweise liquiden Märkten gewährleistet werden kann. Für
Realoptionen gilt dies nicht, da solche Märkte in der Regel nicht bestehen
21
oder nahezu illiquide sind. Ursachen hierfür können beispielsweise die Kopp-
lung an reale Vermögensgegenstände sein, was die Handelbarkeit erschwert.
Ein weiterer Grund sind die zu betrachtenden Basiswerte, die oftmals indivi-
duell ausgehandelt werden und daher nur eine sehr geringe Fungibilität besit-
zen. Dies führt im Rahmen der Bewertung von Realoptionen zu der schweren
Aufgabe, den einzelnen Optionen einen individuellen Nutzen beizumessen
und diesen entsprechend zu bewerten.
· Fehlende Exklusivität
Im Gegensatz zu Finanzoptionen ist die Halterschaft bei Realoptionen nicht
immer eindeutig definiert. Finanzoptionen sind Eigentumsoptionen, kein an-
derer Marktteilnehmer hat das Recht genau diese Option auszuüben: das Ver-
halten der anderen Marktteilnehmer beeinflusst den Wert der Option nicht.
Realoptionen sind in der Regel aber geteilte Optionen, Mitwettbewerber ha-
ben die gleiche Option und können sie ausüben. Dadurch wird der Wert der
Option i. d. R. von den Handlungen der Konkurrenten beeinflusst. Der Ideal-
fall wäre gegeben, wenn bspw. die Ergebnisse eines F & E-Projektes durch
Patente geschützt wären und die Kommerzialisierung exklusiv für einen be-
stimmten Zeitraum dem Patentinhaber zustünde.
22
· Replikationseigenschaft
Die Bewertung von Optionen erfolgt in den gängigen Modellen, wie bereits
erwähnt, auf Basis eines Hedge-Portfolios, das exakt die Risiko- und Rück-
20
vgl. Hommel, U. / Müller, J. [Investitionsbewertung], S. 179
21
Dies gilt mit Ausnahme von beispielsweise Rohstoffmärkten, auf denen entsprechende Basiswerte
gehandelt werden und die somit bewertbar sind.
22
vgl. Achleitner, A.-K. / Thoma, G. F. (Hrsg.) [Corporate Finance], S. 10

10
Theoretisches Konzept der Realoptionen
zahlungsstruktur des Basisinstruments repliziert. Diese Voraussetzung ist für
die Anwendung der Optionspreistheorie absolut notwendig.
23
Bei Finanzopti-
onen lässt sich der Auszahlungsstrom stets mittels des Bezugsobjektes repli-
zieren. Realoptionen erfüllen diese Eigenschaft nicht immer, da sie oftmals
auf imaginären Basisinstrumenten basieren. Wenn keine passende Anlage am
Markt gefunden werden kann, die den Auszahlungsstrom der Realoption rep-
liziert, dann können gegebenenfalls nur Schätzungen verwendet werden.
· Komplexität
Finanzoptionen sind im Vergleich zu Realoptionen verhältnismäßig einfach
strukturiert. Im Rahmen der Bewertung von Realoptionen ist es oft erforder-
lich komplizierte Opportunitätskostenberechnungen vorzunehmen. Es beste-
hen Interaktionen zwischen verschiedenen Optionen eines Projektes oder so-
gar projektübergreifende Interaktionen. Der Basispreis der Investition ist im
Zeitablauf variabel und stochastisch beeinflusst, da die Unternehmensleitung
den Beginn der Investition und die Investitionskosten variieren kann. Dies
zeigt die hohe Komplexität, die ­ im Gegensatz zu den Finanzoptionen ­ den
Realoptionen inhärent ist.
Die angeführten Unterschiede zwischen Finanz- und Realoptionen stellen jedoch
nicht die grundsätzliche, konzeptionelle Analogie beider Optionsformen in Frage,
weil sie vor allem auf die Bewertung von Realoptionen beeinflussend wirken. In wel-
chem Ausmaß diese Unterschiede auf die Bewertung von Realoptionen einwirken,
wird in Kapitel 3 noch genauer betrachtet werden.
Aufgrund dieser grundsätzlichen Übereinstimmung werden die in der Praxis vor-
kommenden Realoptionen mit den bestehenden Finanzoptionsmodellen im Kapitel
2.3 verglichen und als solche modelliert und kategorisiert.
23
Die Begründung hierfür wird im Kapitel 5 noch ausführlich abgeleitet.

11
Theoretisches Konzept der Realoptionen
2.2.1
Die Einflussfaktoren auf den Optionswert
Bevor nun im folgenden die einzelnen Einflussfaktoren, die den Wert einer Option
bestimmen, betrachtet werden und auf das Ausmaß ihrer Beeinflussung analysiert
werden, soll eine kurze Erläuterung der beiden Optionsarten Call und Put gegeben
werden.
Die Funktionsweise einer Call- bzw. Put-Option wurde bereits im Kapitel 2.1 defi-
niert. Zur Veranschaulichung werden in Abbildung 2 und 3 die Wertentwicklung der
Call-Option bzw. Put-Option in Abhängigkeit von der Preisentwicklung des Basisin-
struments dargestellt. Der Zeitwert einer Option ermittelt sich aus der Differenz zwi-
schen dem Marktwert der Option und ihrem inneren Wert. Dabei ist der innere Wert
einer Call-Option, deren Basisinstrument über dem Ausübungspreis notiert, die Diffe-
renz zwischen aktuellem Kurs des Basisinstruments und dem Ausübungspreis. Ist der
aktuelle Kurs des Basisinstruments kleiner oder gleich dem Ausübungspreis, dann ist
der innere Wert der Option gleich null.
Wert des Basisinstruments (S)
W
ert
d
er
C
al
l-O
pt
io
n
(
C
)
innerer Wert = 0
Zeitwert
C
innerer Wert = S - E
E
out of the money
"aus dem Geld"
at the money
,,am Geld"
in the money
,,im Geld"
Abbildung 1: Optionsterminologie für Call-Optionen
24
24
Quelle: Sharpe, W. F. / Alexander, G. J. [Investments], S. 559

12
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Allgemein lässt sich dies formal folgendermaßen definieren:
)
;
0
max(
E
S
C
-
=
Wenn der innere Wert gleich null ist, so spricht man bei der Call-Option davon, dass
die Option sich am Geld befindet, während sie bei positivem inneren Wert im Geld
und bei negativem inneren Wert aus dem Geld ist.
Für die Put-Option gelten ähnliche Ausführungen. Allerdings ermittelt sich hier der
innere Wert als Differenz aus Ausübungspreis und Basisinstrumentkurs. Ist der aktu-
elle Kurs höher als der Ausübungspreis, dann ist der innere Wert gleich null und die
Option befindet sich aus dem Geld, wie aus der folgenden Abbildung ersichtlich ist.
Wert des Basisinstruments (S)
W
ert
d
er
Pu
t-O
pt
io
n (
C
)
E
E
P
Zeitwert
innerer Wert = 0
innerer Wert = E - S
in the money
,,im Geld"
at the money
,,am Geld"
out of the money
"aus dem Geld"
Abbildung 2: Optionsterminologie für Put-Optionen
25
Allgemein gilt hier für den Wert der Put-Option:
)
0
;
max(
S
E
P
-
=
25
Quelle: Sharpe, W. F. / Alexander, G. J. [Investments], S. 569

13
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Der Zeitwert einer Option ist bei ihrem Fälligkeitstermin immer gleich null und bei
Ausgabe der Option maximal. Er ist die Prämie für die zukünftigen Chancen auf die
aus Sicht des Inhabers positiven Entwicklungen des Basiswertes. Der innere Wert
stellt den Ertrag dar, den man durch Ausübung der Option zum aktuellen Zeitpunkt
erhalten würde. Somit ist der innere Wert wie auch der Zeitwert immer positiv und
niemals negativ.
Der Marktwert einer Option hängt von einer Reihe von Faktoren ab, die entweder den
Zeitwert, den inneren Wert oder beide beeinflussen. Tabelle 2 fasst die Auswirkungen
der einzelnen Faktoren, die im Folgenden noch ausführlicher besprochen werden, in
einem Überblick zusammen. Allerdings ist zusätzlich zu den dort genannten Faktoren
bei der Bildung des Optionspreises zu beachten, dass der Faktor Marktpsychologie
ebenfalls immer eine wichtige Rolle spielt. Gerade Finanzoptionen werden intensiv
gehandelt und da hierbei Menschen als Akteure auftreten, ist es nie eindeutig vorher-
sehbar wie solche subjektiven Werthaltungen ­ beeinflusst durch Gerüchte, Gefühle,
Gier, u.ä. ­ sich auf den Preis der Option auswirken.
26
Auswirkung auf
Steigender Faktor
Wirkung auf
den Wert
eines Calls
Wirkung auf
den Wert
eines Puts
Zeitwert
Innerer
Wert
Risikomaße
Underlying-Kurs (S)
positiv negativ X
Delta
Ausübungspreis (E)
negativ positiv X ---
Restlaufzeit (t)
positiv negativ X X
Rho
Risikoneutraler
Zinssatz (r)
positiv negativ X
Theta
Volatilität ()
positiv negativ X
Vega
Dividendenzahlung
(D)
negativ positiv X ---
Tabelle 2: Einflussfaktoren auf den Wert von Optionen
27
26
vgl. Heussinger, W. / Klein, M. / Raum, W. [Optionsscheine], S. 74
27
Quelle: Liebler, H. [Strategische Optionen], S. 2, Wudy, G. [Geldanlage], S. 168 und eigene Ergän-
zungen

14
Theoretisches Konzept der Realoptionen
2.2.1.1 Einflüsse auf den inneren Wert
Der innere Wert einer Option hängt zunächst von der Kursentwicklung des Underly-
ing und von der Höhe des Ausübungspreises ab. Bei einer Call-Option steigt der inne-
re Wert mit steigendem Wert des Basisinstruments, da der Ertrag, den man durch
vorzeitige Ausübung der Option erzielen kann mit der Differenz zwischen aktuellem
Kurs des Basisinstruments und Ausübungspreis größer wird. Je geringer der Aus-
übungspreis, desto größer der mögliche Ertrag und umso größer der innere Wert. Die
Zahlung einer Dividende verringert den aktuellen Preis des Basiswertes und reduziert
somit den Wert der Call-Option. Hierbei ist der Zeitpunkt der Dividendenzahlung zu
berücksichtigen, und der entsprechende diskontierte Betrag in die Kalkulation mit
einzubeziehen.
Aus diesem Grund hängt der Wert der Call-Option auch noch von den Größen des
risikolosen Zinssatzes und der Zeit ab. Da der innere Wert hier als Ertrag, den man
durch die Ausübung erhalten kann, festgelegt wurde, bedeutet die vorzeitige Aus-
übung, dass der Inhaber zunächst das Geld für die Ausübung aufwenden muss, um
das Basisinstrument am Markt zum höheren Preis zu verkaufen. Der Inhaber ist aber
nicht verpflichtet vorzeitig auszuüben, wenn sich die Option noch nicht am Fällig-
keitstermin befindet. Um den Opportunitätsertrag des Ausübungspreises zu berück-
sichtigen, wird der innere Wert präziser als Differenz zwischen dem aktuellen Preis
des Basisinstruments und dem diskontierten Ausübungspreis definiert. Die Diskontie-
rung wird zum risikolosen Zinssatz vorgenommen, da der Ausübungspreis ein siche-
rer Wert ist. Somit gilt:
2
1
t
t
Call
r)
(1
r)
(1
E
-
S
rt
Innerer We
+
-
+
=
D
wobei t
1
den Zeitraum bis zum Verfall der Option und t
2
den Zeitraum bis zur Zah-
lung der Dividende darstellen.

15
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Je höher der Zinssatz und je länger die Zeit bis zum Verfall der Option, desto geringer
wird der Gegenwartswert des Ausübungspreises sein und desto höher wird der innere
Wert der Option.
28
Für die Put-Option gelten ähnliche Betrachtungen, allerdings mit anderem Vorzei-
chen.
2.2.1.2 Einflüsse auf den Zeitwert
Der Zeitwert wird von zwei Variablen beeinflusst: der Zeit bis zum Verfall der Opti-
on und von der Volatilität des Basiswerts. Je länger der Zeitraum bis zum Verfall ist,
desto größer ist die Chance, dass der Wert des Basisinstruments und somit auch der
Wert der Call-Option steigen wird.
29
Weiterhin gilt der Grundsatz, je höher die Vola-
tilität des Basiswertes, desto höher auch der Zeitwert der Call-Option. Ein Basisin-
strument, das in der Vergangenheit keinen nennenswerten Preisschwankungen unter-
legen hat, wird wahrscheinlich auch zukünftig keine besonders großen Schwankun-
gen erleben. Bei einem Wert, der allerdings regelmäßig starken Schwankungen unter-
liegt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er auch in Zukunft stark schwanken wird.
Da der Zeitwert den Wert der Schwankungsmöglichkeiten bewerten muss, wird daher
im letzten Fall der Wert der Call-Option deutlich höher sein als der Wert im erstge-
nannten Fall.
Während Investoren beim Basiswert eher risikoscheu agieren, die Wertschätzung von
risikobehafteten Werten somit geringer ist als die von stabilen und sicheren Werten,
gilt für Optionen das genaue Gegenteil. Je risikoreicher die Option, desto höher ist ihr
Wert. Dies liegt daran, dass bei der Option das Risiko nach unten durch den Verlust
der gezahlten Optionsprämie begrenzt wird. Während beim Basiswert der Verlust ein
Totalverlust sein kann, ist bei der Option nur ein geringer Einsatz verloren. Weiterhin
sind die Chancen auf einen Gewinn, relativ zum eingesetzten Kapital gesehen, un-
gleich größer als beim Besitz des Basisinstrumentes.
30
28
vgl. Lumby, S. [Investment Appraisal], S. 316 f., Liebler, H. [Strategische Optionen], S. 119 ff. und
Brealey, R. A. / Myers, S. C. [Corporate Finance], S. 494 ff.
29
vgl. Wudy, G. [Geldanlage], S. 166 f.
30
vgl. Lumby, S. [Investment Appraisal], S. 316 f., Liebler, H. [Strategische Optionen], S. 119 ff. und
Brealey, R. A. / Myers, S. C. [Corporate Finance], S. 494 ff.

16
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Für Put-Optionen gelten ähnliche Betrachtungen, allerdings mit entgegengesetztem
Vorzeichen.
2.3
Existenzvoraussetzungen für Realoptionen
Für das Vorliegen von Realoptionen in einem Projekt nennt Müller
31
vier grundsätzli-
che Vorbedingungen, die erfüllt sein müssen:
· Unsicherheit
Investitionsentscheidungen werden i. d. R. unter Unsicherheit getroffen.
32
Wä-
re die Zukunftsentwicklung sicher und absehbar, dann wäre eine optimale
Strategieplanung möglich und der Flexibilität würde kein Wert zugemessen.
· Neue Informationen das Projekt betreffend
Ohne stetigen Informationszuwachs wäre die Planung einer Investition nur ein
,,Herumstochern im Dunklen"; neue Informationen verringern die Unsicher-
heit und sind Voraussetzung für eine Strategieanpassung.
· Irreversibilität
Unter Irreversibilität wird der Umstand verstanden, dass jede Investitionsent-
scheidung zu einer wirtschaftlichen Bindung führt, die nicht jederzeit revidiert
werden kann, da sie oftmals unternehmensspezifisch ist und somit für andere
Konkurrenten weniger Wert hat. Wäre die Investition widerrufbar dann hätte
die Flexibilität keinen Wert, da mit neuen Informationen die Strategie jedes
Mal ohne zusätzliche Kosten geändert werden könnte.
· Möglichkeit zum Ändern der Ausgangsstrategie
Ohne ausreichende Handlungsfähigkeit sind zusätzliche Informationen unnütz
und Flexibilität ist nicht vorhanden; das Management muss auf Entwicklungen
angemessen reagieren können. Dabei können solche Handlungsflexibilitäten
offensiver oder defensiver Natur sein.
31
vgl. Müller, J. [Real Option Valuation], S. 52 f. und Schneider, D. [Investition], S. 35 f.; in der Ent-
scheidungstheorie ist Unsicherheit der Oberbegriff für Risiko und Ungewissheit. Dabei ist bei Un-
gewissheit die Wahrscheinlichkeitsverteilung der unsicheren, zukünftigen Rahmenbedingungen
nicht bestimmbar, während sie es bei Risiko sind.
32
vgl. Seppelfricke, P. [Investitionen unter Unsicherheit], S. 1 f.

17
Theoretisches Konzept der Realoptionen
Als wichtigste Bedingungen in diesem Rahmen werden die Unsicherheit und die
Möglichkeit zum Ändern der festgelegten Ausgangsstrategie angesehen. Der Realop-
tionswert ist am größten, wenn die Zukunft höchst unsicher ist und zusätzlich eine
hohe Wahrscheinlichkeit für im Zeitablauf neu hinzukommende Informationen be-
steht. Weiterhin ist der Realoptionswert relativ am größten, wenn ein hoher Flexibili-
tätsgrad und somit die Möglichkeit zur angemessenen Reaktion durch das Manage-
ment vorliegt.
2.4
Einteilung der Realoptionen
Realoptionen lassen sich zunächst in Wachstums- und Flexibilitätsoptionen untertei-
len. Innerhalb der Wachstumsoptionen wird wiederum zwischen einfachen und ver-
bundenen Realoptionen unterschieden.
Bei verbundenen Realoptionen bewirkt die Realisierung eines Projektes, dass mit der
Durchführung weitere Optionen auf zusätzliche Projekte eröffnet werden. In diesem
Fall spricht man in der Literatur auch von sog. strategischen Wachstumsoptionen.
33
Die Modellierung kann hier als verbundene Optionen (sog. ,,Compound Options")
erfolgen. Nähere Ausführungen hierzu werden in den Kapiteln 2.4.1.2, 5.2 und 6.2
vorgenommen.
Einfache Realoptionen, auch operative Realoptionen genannt, werden mittels einer
einfachen Call- bzw. Put-Option modelliert, wobei die durch den Aufschub des Pro-
jekts entgangenen Cash-Flows wie entgangene Dividenden bei Finanzoptionen auf
Aktien interpretiert werden.
Bezieht sich die betrachtete Realoption auf das Projekt selbst so spricht man von sog.
Flexibilitätsoptionen. Die folgende Abbildung veranschaulicht diese Einteilung der
Realoptionen und zeigt gleichzeitig alle in der Praxis vorherrschenden Grundtypen
von Realoptionen welche im Kapitel 2.4.2 weiter besprochen werden.
33
vgl Kester, W. C. [Today's Options], S. 154

18
Theoretisches Konzept der Realoptionen
amerikanische Call-
Option auf einen Teil
des Projektw ertes
Realoptionen
Wachstumsoptionen Flexibilitätsoptionen
einfache
Realoption
Call- bzw . Put-Option
mit Dividendenzahlung
verbundene
Realoption
Compound-Option
(Serie von Call- bzw.
Put-Optionen)
Verzögerungs-
Realoption
Schließungs- und
Wiedereröffnungs-
Realoption
Einschränkungs-
Realoption
amerikanische
Call-Optionmit
Dividendenzahlung
sequentielle Abfolge
von Call-Optionen
amerikanische Put-
Option auf einen Teil
des Projektw ertes
Erw eiterungs-
Realoption
Schließungs-
Realoption
Fortsetzungs-
Realoption
Umstellungs-
Realoption
Innovations-
Realoption
amerikanische Put-
Option mit
Dividendenzahlung
sequentielle Abfolge
von Call-Optionen
auf die nächste
Teilperiode
Portfolio von Call- und
Put-Optionen
amerikanische Call-
Option auf den
Projektw ert des
Folgeprojektes
Abbildung 3: Einteilung und Modellierung der Realoptionen
2.4.1 Wachstumsoptionen
Der Zweig der Wachstumsoptionen, die häufig auch Innovationsoptionen genannt
werden, unterteilt sich in die Bereiche der einfachen und der verbundenen Realoptio-
nen.

19
Theoretisches Konzept der Realoptionen
2.4.1.1 Einfache
Realoptionen
Einfache Realoptionen, auch operative Realoptionen genannt, stellen die Möglichkeit
dar ein wertschaffendes Projekt durchzuführen. Dabei kann nochmals zwischen In-
vestitions- und Desinvestitionsoptionen unterschieden werden. Investitionsoptionen
der einfachen Form können bspw. die verstärkte Nutzung von Kapazitäten in der Fer-
tigung sein. Bei Nichtnutzung bestehender (Teil-)Kapazitäten entsteht ein begrenzter
Verlust in Höhe der fixen Kosten, wobei bei maximaler Auslastung ein entsprechen-
der höherer Gewinn zu erwarten ist.
34
Entsprechende Desinvestitionsoptionen können
die Stilllegung bestimmter Kapazitäten darstellen. Einfache Realoptionen haben eine
definitorische Überschneidung mit dem Begriff der Flexibilitätsoptionen, da sie eben-
falls auf ein Projekt beschränkt sind und mittels einfacher Call- bzw. Put-Optionen
modelliert werden können. Sie sind von geringerer Tragweite als die strategischen
bzw. verbundenen Realoptionen.
35
2.4.1.2 Verbundene
Realoptionen
Verbundene Realoptionen, auch strategische Real- oder Wachstumsoptionen genannt,
stellen die Möglichkeit dar ein wertschaffendes Projekt durchzuführen, welches wie-
derum Voraussetzung für die Durchführung eines zweiten Projektes ist. Auch die
verbundenen Realoptionen können in Investitions- und Desinvestitionsoptionen un-
tergliedert werden. Dabei bilden strategische Investitionsoptionen die Möglichkeiten
zur Schaffung des Projektes, während strategische Desinvestitionsoptionen die Mög-
lichkeiten zum Verkauf des Projektes oder auch bspw. einzelner Unternehmensteile
darstellen. Durch den Verkauf bzw. die Rückgängigmachung wird ein anderes Projekt
ermöglicht, das z. B. durch mangelnde Finanzkraft vorher unmöglich gewesen wäre
und nun durch den Verkaufserlös finanziert werden kann.
Der Wert dieser Optionen entsteht weniger durch die direkten, erwarteten Cash-Flows
als vielmehr durch die Erschließung zukünftiger Wachstums- und Entwicklungspo-
tenziale. Die Möglichkeiten bspw. in ein hochriskantes High-Tech-Forschungsprojekt
zu investieren ergibt ­ betrachtet man nur die zu erwartenden Cash-Flows ­ einen
34
Es wird davon ausgegangen, dass das Marktpotenzial die Produktionssteigerung ohne starken Preis-
verfall aufnehmen kann. Diese Realoption wird auch als ,,Option to alter operation scale" bezeich-
net. (vgl. hierzu auch Zimmermann, J. [Investitionsbewertung], S. 244
35
vgl. ,,Conference 2001 ­ Unter Strom" (01.07.2001), S. 10-12, 24-26

20
Theoretisches Konzept der Realoptionen
negativen Kapitalwert und wird somit nach den traditionellen Bewertungsmethoden
abgelehnt. Allerdings wäre die Durchführung des Projektes ­ einen erfolgreichen
Abschluss vorausgesetzt ­ ein Sprungbrett für eine Serienproduktion oder die Ent-
wicklung weiterer Nebenprodukte. Der Erfahrungswert eines solchen Projektes und
die geschaffene Infrastruktur im Unternehmen können einen erheblichen Wachstums-
und Wettbewerbsvorteil verschaffen.
36
Die Modellierung solcher Optionen erfolgt grundsätzlich als verbundene Optionen
und muss auf Basis des Compound-Option-Ansatzes bewertet werden.
37
Der besondere Wert von strategischen Realoptionen ergibt sich vor dem Hintergrund
hoher Irreversibilität der Investitionsprojekte, hoher Unsicherheit und dem Vorliegen
langer Planungszeiträume. Diese Konstellation spielt vor allem in der IT-Industrie
eine wichtige Rolle, wodurch Realoptionen in diesem Bereich eine besondere Bedeu-
tung erlangen.
38
Eine Überschneidung mit dem Bereich der Flexibilitätsoptionen liegt
vor, wenn man die Warteoption betrachtet, welche die Möglichkeit des Verschiebens
des Projektsbeginns in eine zukünftige Periode darstellt, und damit im Zeitablauf neu
gewonnene Informationen zur Reduktion der Unsicherheit genutzt werden können.
39
2.4.2 Flexibilitätsoptionen
Flexibilitätsoptionen beziehen sich auf das Projekt selbst und stellen verschiedene
Möglichkeiten der Handlungsflexibilität des Managements dar. Die Unterteilung er-
folgt in eine Reihe von verschiedenen Optionsarten, welche im folgenden definiert
und modelliert werden sollen.
40
2.4.2.1 Verzögerungsoption
Diese Realoption beschreibt das Recht bzw. die Möglichkeit eine Investition um ei-
nen bestimmten Zeitraum in die Zukunft zu verschieben, um zukünftige Informati-
36
vgl. Trigeorgis, L. [Capital Investment], S. 9
37
vgl. hierzu die Ausführungen in den Kapiteln 5.2 und 6.2
38
vgl. Trigeorgis, L. [Capital Investment], S. 103
39
vgl. ,,Conference 2001 ­ Unter Strom" (01.07.2001), S. 10,12, 26-27
40
Die Ausführungen erfolgen in Anlehnung an Achleitner, A.-K. / Thoma, G. F. (Hrsg.) [Corporate
Finance], S. 13-14 und Hommel, U. / Pritsch, G. [Marktorientierte Investitionsbewertung], S. 125-
127

21
Theoretisches Konzept der Realoptionen
onszuwächse zu nutzen, um die Unsicherheit zu reduzieren und bei entsprechend po-
sitiverer Entwicklung der Rahmenbedingungen die Investition vorzunehmen. In vie-
len Fällen mag eine Verschiebung von Investitionsvorhaben auf einen späteren Zeit-
punkt nicht sinnvoll erscheinen, vor allem in einem Umfeld mit starkem Wettbe-
werbs- und Nachfragedruck. Sofern aber starke Zweifel an der Entwicklung der mög-
lichen Rahmenbedingungen bestehen, kann es eine angemessene Handlungsstrategie
sein die Investition zu verschieben. Synonym verwendete Begriffe hierfür sind War-
te-, Aufschuboption, ,,Option to Wait" oder ,,Option to defer".
Die ,,Option to defer" stellt in der Modellierung eine amerikanische oder europäische
Call-Option auf den Bruttobarwert der zukünftigen Cash-Flows gegen Zahlung der
Investitionskosten (Ausübungspreis) dar. Durch das Verschieben der Investition ent-
gangene Cash-Flows müssen in der Bewertung als Dividendenabschläge berücksich-
tigt werden.
41
Zu finden sind solche Realoptionen vornehmlich im Bereich der Roh-
stoffindustrien, in Branchen mit langen Projektlaufzeiten und hoher Unsicherheit oder
aber auch bei der Verwertung von Lizenzen und Patenten.
42
2.4.2.2 Schließungsoption
Die Schließungsoption bezeichnet die Möglichkeit der Unternehmensführung bei
schlechter Entwicklung der Rahmenbedingungen oder bei gewünschter Konzentration
auf Kernkompetenzen und bestimmte andere Produktpaletten, ein Projekt vollständig
abzubrechen. Mit dem Ausstieg aus dem Investitionsprojekt können Liquidationserlö-
se erzielt werden, die in der Höhe von der Verwertbarkeit am Markt abhängen. Spezi-
alisierte Anlagen erzielen i. d. R. einen geringeren Wert als universell verwendbare
Objekte. Der Ausstieg erscheint erst dann sinnvoll, wenn die Verluste aus dem Pro-
jekt höher sind als die fixen Kosten, die zur Instandhaltung der Anlagen benötigt
werden.
43
Als synonyme Begriffe werden hier ,,Option to abandon", ,,Option to shut
down", ,,Option to exit", Ausstiegsoption und Abbruchsoption verwendet.
41
vgl. Liebler, H. [Strategische Optionen], S. 72 und Brealey, R. A. / Myers, S. C. [Corporate Finan-
ce], S. 522
42
vgl. Schäfer, H. [Unternehmensinvestitionen], S. 390
43
vgl. Zimmermann, J. [Investitionsbewertung], S. 250

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2001
ISBN (eBook)
9783832447991
ISBN (Paperback)
9783838647999
DOI
10.3239/9783832447991
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Worms – Internationale Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2001 (Dezember)
Note
1,0
Schlagworte
implementierung compound options bewertungsmodelle excel-modelle realoptionen
Produktsicherheit
Diplom.de
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