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Zinsbereinigte Gewinnsteuer

Das Steuersystem für Österreichs Zukunft?

©2000 Diplomarbeit 143 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Angesichts der Tatsache, daß das weit verbreitete synthetische System der Einkommensbesteuerung nach der Reinvermögenszugangstheorie durch verschiedene Unzulänglichkeiten gekennzeichnet ist, die einer marktorientierten Besteuerung entgegenstehen, wird ein in Wissenschaft und Literatur entwickeltes alternatives Steuersystem vorgestellt, dem eine Konsumorientierung zugrunde liegt und das damit über eine konsequente Marktausrichtung verfügt: die zinsbereinigte Besteuerung. Betrachtet wird das Konzept der zinsbereinigten Gewinnsteuer, welcher im Kontext einer zinsbereinigten Einkommensteuer Unternehmensgewinne zu unterwerfen sind. Dieses System soll Entscheidungsneutralität gewährleisten und außerdem insgesamt zu einer Komplexitätsreduktion des Regelungsdickichts im System der Ertragsbesteuerung führen. Im Zentrum der Betrachtung stehen dabei die Fragen nach der Umsetzbarkeit, der Vorteilhaftigkeit der Umsetzung und der unmittelbaren und mittelbaren Konsequenzen einer Umsetzung in Österreich.
Als zu erwartende Folgewirkungen nationaler Art werden solche auf die Steuerbelastung von Unternehmen und, daraus abgeleitet, auf die infolge der Umstellung zu erwartende Entwicklung des Steueraufkommens analysiert. Ebenfalls in diesem Zusammenhang erörtert werden die Konsequenzen für den Unternehmenswert, die die Berücksichtigung einer Unternehmenssteuer zinsbereinigter Konzeption mit sich bringt. Hinsichtlich der internationalen Auswirkungen der Einführung einer zinsbereinigten Besteuerung in Österreich wird untersucht, welche Folgen ein derartiges Steuersystem auf die Anwendbarkeit des OECD-Musterabkommen hätte. Abschließend wird die Möglichkeit erörtert, mit Hilfe eines solchen Steuersystems eine Harmonisierung der direkten Steuern innerhalb der Europäischen Union zu erreichen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.EINLEITUNG1
1.1Problemstellung1
1.2Gang der Untersuchung2
2.ZIELSETZUNGEN EINES MARKTORIENTIERTEN STEUERSYSTEMS4
2.1Ausrichtung der Besteuerung4
2.1.1Ziele der Besteuerung4
2.1.2Grundsätze der Besteuerung5
2.2Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit7
2.3Entscheidungsneutralität eines Steuersystems11
2.3.1Entscheidungsneutrale Besteuerung11
2.3.2Teilaspekte der Entscheidungsneutralität14
2.3.2.1Investitionsneutralität14
2.3.2.2Finanzierungsneutralität15
2.3.2.3Intertemporale Neutralität17
2.3.3Konsequenzen mangelnder Entscheidungsneutralität19
3.ENTSCHEIDUNGSNEUTRALE BESTEUERUNG DURCH […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4782
Pock, Dieter: Zinsbereinigte Gewinnsteuer: Das Steuersystem für Österreichs Zukunft? / Dieter
Pock - Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Wien, Wirtschaftsuniversität, Diplom, 2000
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Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG ... 1
1.1.
Problemstellung...1
1.2.
Gang der Untersuchung ...2
2. ZIELSETZUNGEN EINES MARKTORIENTIERTEN STEUERSYSTEMS.. 4
2.1.
Ausrichtung der Besteuerung ...4
2.1.1.
Ziele der Besteuerung...4
2.1.2.
Grundsätze der Besteuerung...5
2.2.
Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit...7
2.3.
Entscheidungsneutralität eines Steuersystems ...11
2.3.1.
Entscheidungsneutrale Besteuerung...11
2.3.2.
Teilaspekte der Entscheidungsneutralität ...14
2.3.2.1.
Investitionsneutralität...14
2.3.2.2.
Finanzierungsneutralität...15
2.3.2.3.
Intertemporale Neutralität...17
2.3.3.
Konsequenzen mangelnder Entscheidungsneutralität ...19
3. ENTSCHEIDUNGSNEUTRALE BESTEUERUNG DURCH
ZINSBEREINIGTE GEWINNSTEUER ... 23
3.1.
Konzept ...23
3.1.1.
Arten konsumorientierter Steuersysteme...23
3.1.1.1.
Sparbereinigte Einkommensteuer ...23
3.1.1.2.
Zinsbereinigte Einkommensteuer ...25
3.1.2.
Konzeptionelle Einordnung der zinsbereinigten Gewinnsteuer ...27
3.2.
Wirkungsweise ...28
3.2.1.
Zinsbereinigung als Schlüssel zur Entscheidungsneutralität ...28
3.2.2.
Gegenüberstellung mit dem Konzept der Cash-Flow-Steuer ...37
3.3.
Vorbild Kroatien ...40
I

4. ANPASSUNGSBEDARF DES ÖSTERREICHISCHEN STEUERRECHTS
IM FALLE DER EINFÜHRUNG EINER ZINSBEREINIGTEN GEWINNSTEUER
43
4.1.
Status quo nach der Steuerreform 2000 ­ Durchleuchtung nach Elementen einer
Zinsbereinigung ...43
4.1.1.
Gewinnbesteuerung in Österreich in Folge der Steuerreform 2000 ...43
4.1.2.
Besteuerung als Entscheidungsparameter ...46
4.1.3.
Faktische Branchenabhängigkeit der Besteuerung...54
4.1.4.
Konsumorientierte Elemente und Ansätze einer Zinsbereinigung ...56
4.2.
Erforderliche Anpassungsmaßnahmen...62
4.2.1.
Umstellungsnotwendigkeiten im Ertragsteuerrecht...62
4.2.2.
Behandlung von Einnahmen-Ausgaben-Rechnern...68
4.3.
Mögliche Gestaltung einer Einführungs-Übergangsphase ...71
5. AUSWIRKUNGEN EINER UMSTELLUNG IM NATIONALEN UND
INTERNATIONALEN KONTEXT ... 76
5.1.
Wirkung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer ...76
5.1.1.
Auswirkungen auf die Steuerbelastung ...76
5.1.2.
Auswirkungen auf das Steueraufkommen...91
5.1.3.
Konsequenzen für den Unternehmenswert...96
5.2.
DBA-rechtliche Fragen in Zusammenhang mit der Einführung ...101
5.3.
Steuerharmonisierung im Rahmen der EU ...106
6. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUßFOLGERUNG ... 111
7. ANHANG ... 116
7.1.
Erläuterungen zum Modell aus Abschnitt 5.1.2 ...116
7.2.
Tabellen zum Modell aus Abschnitt 5.1.2 ...120
8. LITERATURVERZEICHNIS... 126
II

Verzeichnis der verwendeten Variablenbezeichnungen
A
0
Anschaffungsausgabe zu Beginn der Basisperiode
A
t
Auszahlungen in Periode t
AfA
t
Absetzung für Abnutzung in Periode t
Bmgdl
t
Steuerbemessungsgrundlage der Periode t
BW
Barwert
C
t
Konsum in Periode t
E
t
Einzahlungen in Periode t
EK
t-1
Eigenkapital zu Beginn der Periode t
EW
t
Ertragswert zu Beginn der Periode t
EWA
t
Ertragswertabschreibung in Periode t
FK
0
Fremdkapitalstand zu Beginn der Basisperiode
FK
t-1
Fremdkapitalstand zu Beginn der Periode t
G
t
Gewinn der Periode t
G
FVt
Gewinn aus Finanzvermögen in Periode t
G
Rt
Gewinn aus Realvermögen in Periode t
GewSt zinsbereinigte
Gewinnsteuer
i unversteuerter Kalkulationszinsfuß
i
FK
Fremdkapitalzinssatz
i
s
versteuerter Kalkulationszinsfuß
IFB
Investitionsfreibetrag gemäß §10 EStG
K
0
Kapitalwert vor Steuern
K
0,s
Kapitalwert nach Steuern
N
t
Nettoausschüttungen in Periode t
Inflationsrate
r unversteuerter Realzinssatz
r
s
versteuerter
Realzinssatz
RBW
t-1
Restbuchwert zu Beginn der Periode t
S
t
Steuern der Periode t
t
unversteuertes
Sicherheitsäquivalent
t,s
versteuertes Sicherheitsäquivalent
SGSt
Sondergewinnsteuer gemäß §37 Abs. 8 EStG
Steuersatz
TIL
t
Fremdkapital-Tilgungen in Periode t
VV
t-1
Verlustvortrag aus der Vorperiode
Y
Periodeneinkommen des Entscheidungssubjektes
z Eigenkapital-Schutzzinssatz
III

Z
FV
Zinsen aus Finanzvermögen
Z
t
Summe der Zahlungsströme in Periode t
t
Z^
Zahlungsstrom in Periode t vor Berücksichtigung von Fremdkapitalzahlungen
IV

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
Das heute in vielen Staaten der Welt angewandte synthetische System der Einkom-
mensbesteuerung, das gemeinhin als jenes Steuersystem angesehen wird, das den Forde-
rungen nach Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und nach Gleichmäßigkeit der
Besteuerung am besten Rechnung trägt, weist dennoch einige konzeptionelle Schwä-
chen auf. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß die traditionelle Einkommensteuer,
sowohl in Österreich, als auch in anderen dieses Steuersystem anwendenden Staaten,
dem Grundsatz der Neutralität der Besteuerung nicht gerecht wird. Ein Steuersys-
tem, dem als Bemessungsgrundlage der Reinvermögenszuwachs einer Periode zugrun-
deliegt, ist hinsichtlich der Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte nicht neutral, son-
dern deren Entscheidungsfindung wird durch steuerliche Faktoren beeinflußt. Aufgrund
dieser mangelnden Entscheidungsneutralität kommt es in den Bereichen der Finanzie-
rung, der Investition, der Rechtsformwahl und, nicht zuletzt, der Ersparnisbildung zu
Verzerrungen, die in einer sogenannten ,,excess burden" (Zusatzlast der Besteuerung)
und damit in Wohlfahrtsverlusten resultieren. Darüber hinaus ist dem traditionellen ös-
terreichischen System der Einkommensbesteuerung eben jene Systemorientierung ab-
handen gekommen, sodaß faktisch der Charakter einer synthetischen Einkommensbe-
steuerung durch eine Vielzahl von Ausnahme- und Spezialregelungen, die sich sowohl
an fiskalischen, als auch an außerfiskalischen Zielsetzungen orientieren, nicht mehr in
vollem Umfang gegeben ist.
Angesichts der Tatsache, daß das weit verbreitete synthetische System der Einkom-
mensbesteuerung nach der Reinvermögenszugangstheorie durch verschiedene Unzu-
länglichkeiten gekennzeichnet ist, die einer marktorientierten Besteuerung entgegenste-
hen, wurden in Wissenschaft und Literatur alternative Steuersysteme entwickelt, die ü-
ber eine konsequente Marktausrichtung verfügen. Diesen Konzepten ist gemein, daß sie
von einer Einkommensbesteuerung weg und zu einer Zugrundelegung des Konsums als
maßgebliche Größe für die Besteuerung tendieren. Die Vorteilhaftigkeit dieser alterna-
1

tiven, sogenannten konsumorientierten Steuersysteme soll aber vor allem in der Ver-
wirklichung eben jener Entscheidungsneutralität liegen, die gewährleistet, daß Wohl-
fahrtsverluste unterbleiben bzw. reduziert werden können.
Ausgehend von dieser Kritik am bestehenden System der Einkommensbesteuerung soll
ein der angesprochenen Gruppe konsumorientierter Steuersysteme zugehöriges Konzept
näher betrachtet werden, wobei der Schwerpunkt weniger auf den direkten Steuern ins-
gesamt liegen soll, sondern in erster Linie auf der Besteuerung unternehmerischer Ein-
künfte. Es handelt sich dabei um das Konzept einer zinsbereinigten Einkommensteuer,
nach welchem unternehmerische Einkünfte einer sogenannten zinsbereinigten Ge-
winnsteuer zu unterwerfen sind. Dieses System soll, wie auch die anderen konsumorien-
tierten Steuersysteme, Entscheidungsneutralität gewährleisten und außerdem insgesamt
zu einer Komplexitätsreduktion des Regelungsdickichts im System der Ertragsbesteue-
rung führen. Im Zentrum des Interesses steht dabei die Frage nach der Umsetzbarkeit,
der Vorteilhaftigkeit der Umsetzung und der unmittelbaren und mittelbaren Konsequen-
zen einer Umsetzung in Österreich.
1.2. Gang der Untersuchung
Die Auseinandersetzung mit den Kernfragestellungen soll dabei dergestalt erfolgen, daß
zunächst in einem grundlegenden Abschnitt der Maßstab dargelegt wird, an dem die
Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit von Steuersystemen allgemein zu messen ist. Es
handelt sich dabei um die in der Wissenschaft anerkannten Grundsätze der Besteuerung,
wobei insbesondere auf die für die breite Akzeptanz eines alternativen Steuersystems
bedeutsame Frage nach dem zugrundegelegten Leistungsfähigkeitsbegriff und auf die
geforderte Entscheidungsneutralität detailliert eingegangen werden soll.
Anschließend erfolgt die Vorstellung des Konzepts der in der Literatur diskutierten An-
sätze konsumorientierter Besteuerung, wobei die Einordnung und konzeptionelle Stel-
lung der zinsbereinigten Gewinnsteuer innerhalb des konsumorientierten Einkommens-
teuersystems dargelegt werden soll. Darüber hinaus erfolgt eine Demonstration der
Wirkungsweise der zinsbereinigten Gewinnsteuer im Lichte der angestrebten Entschei-
dungsneutralität und eine quantitative Gegenüberstellung mit dem Konzept der ,,Cash-
2

flow-Steuer" als weiterem Vertreter konsumorientierter Unternehmenssteuern und der
traditionellen Form der Unternehmensbesteuerung. Weiters wird ein Überblick über das
Steuersystem Kroatiens gegeben, wo ein konsumorientiertes System der Einkommens-
besteuerung mit einer zinsbereinigt ausgestalteten Unternehmenssteuer bereits einge-
führt wurde.
In weiterer Folge soll näher auf das österreichische Steuersystem in Folge der Steuerre-
form 2000 eingegangen werden, wobei nicht nur die mangelnde Entscheidungsneutrali-
tät verdeutlicht werden soll, sondern auch das bestehende Regelungswerk auf bereits
vorhandene Elemente und Ansätze einer Konsumorientierung im Bereich der direkten
Steuern durchleuchtet wird. Außerdem soll erörtert werden, welche Anpassungen am
Regelungsbestand im Falle der Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer in Öster-
reich vorzunehmen wären, wobei auch verschiedene Formen der steuerlichen Gewinn-
ermittlung zu berücksichtigen sind. Weiters stellt sich die Frage nach dem Modus des
Überganges vom bestehenden auf das einzuführende neue System, wobei eine denkbare
Lösung dieses Problems dargestellt und in seinen Wirkungen untersucht werden soll.
Nachdem eine derartige Umstellung des Steuersystems eines Landes eine Vielzahl von
Konsequenzen nach sich zieht, sollen einige zu erwartende Auswirkungen des neuen
Steuersystems analysiert werden. Zu den zu erwartenden Folgewirkungen nationaler
Art, die Gegenstand der Betrachtung sein sollen, zählen solche auf die Steuerbelastung
von Unternehmen und, daraus abgeleitet, auf die infolge der Umstellung zu erwartende
Entwicklung des Steueraufkommens. Ebenfalls in diesem Zusammenhang zu erörtern
sind darüber hinaus die Konsequenzen für den Unternehmenswert, die die Berücksichti-
gung einer Unternehmenssteuer zinsbereinigter Konzeption mit sich bringt. Hinsichtlich
der internationalen Auswirkungen der Einführung einer zinsbereinigten Besteuerung in
Österreich soll untersucht werden, welche Folgen ein derartiges Steuersystem auf die
Anwendbarkeit des OECD-Musterabkommen hätte. Abschließend soll die Möglichkeit
erörtert werden, mit Hilfe eines solchen Steuersystems eine Harmonisierung der direk-
ten Steuern innerhalb der Europäischen Union zu erreichen, was bisher zum Scheitern
verurteilt war.
3

2. Zielsetzungen eines marktorientierten Steuersystems
2.1. Ausrichtung der Besteuerung
2.1.1. Ziele
der
Besteuerung
Die Abgabenerhebung durch den Staat ist nicht Selbstzweck, sondern ist Voraussetzung
für die erfolgreiche Wahrnehmung vielfältiger Aufgaben zum Wohle der Gesellschaft.
Die Erhebung öffentlicher Abgaben im allgemeinen Sinne und die Besteuerung im en-
geren Sinne dienen grundsätzlich der Verfolgung von fiskalischen und außerfiskali-
schen Zielen, wobei die Ziele und Grundsätze der Besteuerung stets in Abhängigkeit
von den gesellschaftspolitisch-ökonomischen und administrativ-technischen Gegeben-
heiten einer Gesellschaft zu sehen sind.
1
Dem Fiskalzweck entspricht dabei aus gesamtwirtschaftlicher Sicht das Streben nach
Erzielung von Einnahmen für den öffentlichen Sektor zur Finanzierung des Staatshaus-
haltes. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht bedeutend ist dabei die Verteilung der Steuer-
zahllasten auf die einzelnen Wirtschaftssubjekte, für deren Bewerkstelligung gemäß
dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ein geeigneter Indikator für
die Leistungsfähigkeit von Wirtschaftssubjekten zu definieren ist (siehe Abschnitt 2.2).
Charakteristikum des Lenkungszweckes ist es hingegen, mit den Mitteln der Besteue-
rung auf die gesamtwirtschaftliche Ressourcenallokation einzuwirken, indem bewußt
Veränderungen der relativen Preise von Gütern angestrebt werden. Diese Beeinflussung
der Marktpreise erfolgt mit der Absicht, die Produktion von oder die Nachfrage nach
bestimmten Gütern entweder anzuregen oder zu dämpfen.
2
Im Rahmen außerfiskali-
scher Zielsetzungen werden also Steuern bewußt zum Instrument der Wirtschaftslen-
kung und der Sozialpolitik gemacht, wenn die Besteuerung für Zwecke der Einkom-
1
Vgl. Nowotny (1999), S 245
2
Vgl. Elschen (1991), S 110f
4

mensumverteilung, der Investitionsförderung oder der makroökonomischen Nachfrage-
lenkung eingesetzt werden. Dazu ist anzumerken, daß es im modernen Interventions-
staat tendenziell zu einer verstärkten Berücksichtigung von außerfiskalischen Zielset-
zungen bei der Steuergesetzgebung kommt, wodurch ein Konfliktpotential zwischen
einzelnen fiskalischen und außerfiskalischen Zielsetzungen entsteht.
3
Zwischen Fiskalzwecknormen und Lenkungszwecknormen besteht ein Gegensatz in
dem Sinne, daß Lenkungszwecknormen sich als Mittel zur Verfolgung fiskalischer Zie-
le deswegen disqualifizieren, weil sie darauf gerichtet sind, beabsichtigte Steuervermei-
dungshandlungen der Wirtschaftssubjekte auszulösen, und bei unterstellter vollständiger
Erreichung des Lenkungszweckes deshalb kein Aufkommen zur Verfolgung fiskalischer
Zwecke zu erwarten ist.
4
2.1.2.
Grundsätze der Besteuerung
Historische Grundlage für die Formulierung von Besteuerungsgrundsätzen waren die
von Adam S
MITH
geprägten Postulate der Gleichmäßigkeit, der Bestimmtheit, der Bil-
ligkeit und der Bequemlichkeit der Besteuerung. Die moderne Finanzwissenschaft folgt
mittlerweile weiterentwickelten Grundsatzsystemen, im deutschsprachigen Raum in ers-
ter Linie der Systematisierung nach N
EUMARK
,
5
welche sich auf die Gliederung in fiska-
lisch-budgetäre, ethisch-sozialpolitische, wirtschaftspolitische sowie steuerrechtliche
und steuertechnische Grundsätze stützt.
6
Fiskalisch-budgetäre Grundsätze
Sie umfassen die Grundsätze der Ausreichendheit der Steuererträge und der deckungs-
politischen Anpassungsfähigkeit der Steuererträge. Demnach muß das Steuersystem
nicht nur in der Lage sein, den vorgegebenen Ausgabenrahmen zu finanzieren, sondern
auch gestatten, durch steuerrechtliche Maßnahmen einen das übliche Maß übersteigen-
den Mehrbedarf innerhalb kurzer Frist zu decken.
3
Vgl. Nowotny (1999), S 245
4
Vgl. Elschen (1991), S 111
5
Vgl. Nowotny (1999), S 246
5

Ethisch-sozialpolitische Grundsätze
Diese Gruppe von Besteuerungsgrundsätzen umfaßt einerseits die Gerechtigkeitspostu-
late der Allgemeinheit, der Gleichmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit der Besteue-
rung, und andererseits das Redistributionspostulat, welches im Grundsatz der steuerli-
chen Umverteilung von Einkommen und Vermögen zum Ausdruck kommt. Dem Prin-
zip der Allgemeinheit folgend sind alle Personen mit steuerlicher Leistungsfähigkeit,
unabhängig von außerökonomischen Kriterien wie Stand, Klasse etc., zur Steuerleistung
heranzuziehen. Dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (auch: horizontale
Leistungsfähigkeit) ist entsprochen, wenn gewährleistet ist, daß gleichartige Sachverhal-
te steuerlich gleich behandelt werden und, umgekehrt, unterschiedliche Sachverhalte
steuerlich entsprechende Differenzierungen in bezug auf die betreffende Steuer auslö-
sen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt die Verteilung der Steuerbelast-
ungen auf einzelne Steuersubjekte nach der individuellen ökonomischen Leistungsfä-
higkeit unter Berücksichtigung aller für die Steuerindikatoren bedeutsamen persönli-
chen Momente, sodaß die durch die Besteuerung ausgelösten Einbußen an ökonomisch-
finanzieller Dispositionskraft als relativ gleich schwer anzusehen sind.
Wirtschaftspolitische Grundsätze
Dazu zählen die in den beiden Gruppen der wirtschaftsordnungspolitischen Prinzipien
und der prozeßpolitischen Prinzipien zusammengefaßten Grundsätze der Vermeidung
steuerdirigistischer Maßnahmen, der Minimierung steuerlicher Eingriffe in die Privat-
sphäre und in die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit von Individuen, der Vermeidung
ungewollter Folgen steuerlicher Beeinträchtigungen des Wettbewerbes einerseits und
die Grundsätze der aktiven Flexibilität der Besteuerung, der passiven (,,eingebauten")
Flexibilität der Besteuerung und der wachstumspolitischen Ausrichtung der Besteue-
rung andererseits. Kern des Antidirigismusprinzips ist es, Eingriffe der Steuerpolitik,
die in unsystematischer Form größere oder kleinere Teilgebiete des Wirtschaftslebens
benachteiligen oder begünstigen, für unzulässig zu erklären.
7
Darüber hinaus kommt im
Wettbewerbsbeeinträchtigungsverbot ein Grundsatz der Steuerneutralität zum Aus-
druck, wonach das Steuersystem nicht durch Beeinflussung des Konkurrenzmechanis-
6
Vgl. Neumark (1970), S 47ff
6

mus des Marktes zu Wettbewerbsverfälschungen führen darf.
8
Die Prinzipien der akti-
ven und der passiven Steuerflexibilität sind prozeßpolitischer Natur und zielen auf die
Implementierung einer antizyklischen Steuerpolitik zur Stabilisierung der gesamtwirt-
schaftlichen Nachfrage ab, während das Wachstumspostulat vom Steuersystem ausge-
hende, wachstumshemmende Wirkungen verbietet und gleichzeitig die Forderung er-
hebt, das Steuersystem möge wachstumsfördernd wirken.
Steuerrechtliche und steuertechnische Grundsätze
Sie setzen sich aus den Grundsätzen der Widerspruchslosigkeit und Systemhaftigkeit
von Steuermaßnahmen, der Steuertransparenz, der Praktikabilität steuerlicher Maßnah-
men, der Stetigkeit steuerlicher Normen, der Wohlfeilheit der Besteuerung sowie der
Bequemlichkeit der Besteuerung zusammen.
9
Demzufolge ist von einem Steuersystem
eine klare und widerspruchslose Struktur von Zielen und Mitteln einzuhalten, die
Grundsätze der Praktikabilität, der Stetigkeit und der Steuertransparenz erfordern dar-
über hinaus die Verständlichkeit und Eindeutigkeit steuerrechtlicher Normen, den Ver-
zicht auf zu häufige Detailänderungen und die Rücksichtnahme auf die zumutbaren
steuerrechtlichen Fähigkeiten des Steuerpflichtigen.
10
2.2. Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit
Aus obenstehender Systematisierung von Grundsätzen der Besteuerung kann ersehen
werden, daß bei der Konzeption eines Steuersystems eine Vielzahl von Notwendigkei-
ten und Erfordernissen zu berücksichtigen sind. Ein zentrales Element jedes Steuersys-
tems stellt die Methode der Verteilung der Steuerlasten auf die einzelnen Wirtschafts-
subjekte dar, welches stark durch die sogenannten Gerechtigkeitspostulate im Rahmen
der Grundsätze der Besteuerung beeinflußt wird. Grundsätzlich stehen sich in diesem
Zusammenhang die beiden Fundamentalprinzipien der Besteuerung gegenüber: das
Äquivalenzprinzip (,,benefit principle") und das Leistungsfähigkeitsprinzip (,,ability-
7
Vgl. Neumark (1970), S 222ff
8
Vgl. Nowotny (1999), S 247
9
Vgl. Neumark (1970), S 334ff
10
Vgl. Nowotny (1999), S 247
7

to-pay principle"). Dem Äquivalenzprinzip liegt der Gedanke zugrunde, daß ein Ver-
hältnis zwischen den vom Staatsbürger erhaltenen Leistungen und den von ihm zu leis-
tenden Abgaben bestehen müsse. Es bezieht sich dabei nur auf die Allokationsfunktion
des öffentlichen Sektors, wobei eine quasi-marktmäßige Allokation öffentlicher Dienste
impliziert wird. Praktische Bedeutung kommt dem Äquivalenzprinzip daher nur bei der
Finanzierung meritorischer Güter zu. Das Leistungsfähigkeitsprinzip bezieht sich im
Gegensatz zum Äquivalenzprinzip ausschließlich auf die Einnahmenseite des Staats-
haushaltes, ein Bezug zu Ausgaben des Staates wird dabei nicht hergestellt. Damit ver-
lieren Steuern den Charakter des Leistungsentgelts für konkrete Gegenleistungen des
Staates, die Höhe der Steuerbelastung des einzelnen richtet sich nur nach seiner wirt-
schaftlichen Leistungsfähigkeit.
11
Das Leistungsfähigkeitsprinzip, der wichtigste Grundsatz der Verteilung von Steuerlas-
ten, besitzt zwei Aspekte. Die horizontale Leistungsfähigkeit (auch: Gleichmäßigkeit
der Besteuerung) verlangt die Erhebung von gleichen Steuerlasten für gleichartige
Sachverhalte, während die Leistungsfähigkeit vertikaler Art darauf abzielt, Steuerpflich-
tige mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit auch unterschiedlich zu besteuern.
12
Aller-
dings ist das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht derart konkret formuliert, daß sich daraus
etwa direkt adäquate Steuersysteme ableiten ließen, sondern es bedarf weiterer Konkre-
tisierung durch Auslegung. Jedoch führt auch die schrittweise Reduktion des Leistungs-
fähigkeitsprinzips nicht zu eindeutigen Vorgaben für die Steuersystemgestaltung,
13
so-
daß darüber hinaus Werturteile seitens des Steuergesetzgebers über die Mittel der Errei-
chung des Zieles der gerechten Lastverteilung vorzunehmen sind. Eine eines solchen
Werturteils bedürftige Frage ist die Festlegung eines geeigneten Indikators für die Beur-
teilung der persönlichen Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen, da mit wissenschaft-
lichen Methoden nicht entscheidbar ist, ob das Einkommen oder der Konsum den besse-
ren Maßstab für die Feststellung der ökonomische Leistungsfähigkeit darstellt.
14
Die Beantwortung dieser Frage ist, wie erwähnt, abhängig von der grundsätzlichen
Wertung, ob man ökonomische Leistungsfähigkeit als Zugang von ökonomischer Dis-
11
Vgl. Nowotny (1999), S 248
12
Vgl. Homburg (1997), S 218
13
Vgl. Bach (1991), S 119
8

positionsmacht oder als Einsatz von ökonomischer Dispositionsmacht innerhalb einer
Periode definieren möchte. Wird die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen darin
gesehen, daß ihm aufgrund seiner Markttätigkeit Dispositionsmacht in monetärer Form
zufließt (,,Verfügungsmachtkonzept"), egal, ob und wie er diese Dispositionsmacht ein-
setzt, so wird das Einkommen des Steuerpflichtigen als Leistungsfähigkeitsindikator
herangezogen werden, was zur Ausrichtung der Besteuerung am Einkommen im Sinne
der Reinvermögenszugangstheorie führen wird. Stellt man hingegen darauf ab, daß
Leistungsfähigkeit nur dadurch zum Ausdruck kommt, daß wirtschaftliche Dispositi-
onsmacht zur Bedürfnisbefriedigung im Wege des Konsums eingesetzt wird (,,Nutzen-
konzept"), so wird eine Orientierung am Maßstab der Konsumausgaben eines Steuer-
pflichtigen vorzunehmen sein. Konsequenz daraus wäre die Gestaltung einer direkten
Steuer als Konsumausgabensteuer, welche sich von der Einkommensteuer durch die
Behandlung der Ersparnisse unterscheidet. Werden im Falle der Einkommensteuer Er-
sparnisse (= jener Teil des Periodeneinkommens, der nicht konsumiert wird, folglich
aber potentiellen Konsum darstellt) vom Leistungsfähigkeitsindikator erfaßt, so erfolgt
im Falle einer konsumbasierten direkten Steuer eine Außerachtlassung der Ersparnisse.
15
Folglich wären Ersparnisse bzw. auf Unternehmensebene Investitionen unter dem Re-
gime eines konsumbasierten Steuersystems steuerfrei. Eine solche Konzeption ist mit
dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar, wenn man davon ausgeht, daß die Leistungs-
fähigkeit eines Steuerpflichtigen durch das Ausmaß seiner Bedürfnisbefriedigung be-
stimmt ist.
16
Das Leistungsfähigkeitsprinzip steht in Österreich zwar nicht im Verfassungsrang, ge-
hört aber dennoch zu den systemtragenden Prinzipien der österreichischen Steuerrechts-
ordnung.
17
Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip werden weitere Unterprinzipien abgelei-
tet: das objektive Nettoprinzip verlangt die Abzugsfähigkeit von mit dem Einkommens-
erwerb in Zusammenhang stehenden Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Das sub-
jektive Nettoprinzip sieht die Berücksichtigung der persönlichen bzw. familiären Ver-
hältnisse des Steuerpflichtigen vor, sodaß eine steuerliche Leistungsfähigkeit als nicht
14
Vgl. Homburg (1997), S 238
15
Vgl. Bach (1995), S 393f
16
Vgl. Homburg (1997), S 226
17
VfGH 4289/1962
9

gegeben angenommen wird, sofern das Einkommen zur Befriedigung des persönlichen
oder familiären Existenzminimums oder zur Deckung besonderer persönlicher Ausga-
benerfordernisse benötigt wird. Die Realisierung des subjektiven Nettoprinzip erfolgt
dabei durch persönliche Absetzbeträge und die Abzugsfähigkeit von außergewöhnlichen
Belastungen.
18
Aus den bisherigen Ausführungen kann ersehen werden, daß das Leistungsfähigkeits-
prinzip eine wichtige Rahmenbedingung bei der Gestaltung eines marktorientierten
Steuersystems darstellt. Allerdings bezieht sich dieser Besteuerungsgrundsatz nicht auf
juristischen Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften, denen nach allgemein akzep-
tierter Ansicht keine eigene Leistungsfähigkeit zugesprochen werden kann.
19
Es ist etwa
leicht nachvollziehbar, daß die Berücksichtigung von persönlichen Verhältnissen als
Ausfluß des subjektiven Nettoprinzips im Falle einer juristischen Person widersinnig
wäre. Zumal hinter jeder juristischen Person Individuen stehen, deren Interessen die
Körperschaft verfolgt und denen in letzter Konsequenz auch das Einkommen der juristi-
schen Person zuzurechnen sein wird, ist die Leistungsfähigkeit der dahinterstehenden
natürlichen Personen maßgebend. Aus Praktikabilitätsgründen erfolgt jedoch eine Be-
steuerung des Einkommens juristischer Personen mit einer eigenen Körperschaftsteuer.
20
Eine Besteuerung an der Quelle ist einfacher und kostengünstiger durchführbar als eine
Zuteilung an die Anteilseigner und verhindert darüber hinaus mögliche Gewinnver-
schleierungen und ­verschiebungen.
21
Liegt einem Steuersystem das Leistungsfähigkeitsprinzip als Verteilungsschlüssel der
Steuerlasten zugrunde, so ist für die Marktkonformität des Steuersystems die Wahl des
herangezogenen Leistungsfähigkeitsindikators von besonderer Bedeutung. Der Indika-
tor bestimmt nämlich nicht nur, nach welchen Maßstab eine vertikale Differenzierung
zwischen verschiedenen Steuerpflichtigen vorgenommen wird, sondern auch indirekt,
welche wirtschaftlichen Größen damit einer Besteuerung unterliegen.
18
Vgl. Doralt/Ruppe (1998), S 18
19
Vgl. Bach (1991), S 127
20
Vgl. Neumark (1970), S 132
21
Vgl. Homburg (1997), S 57
10

2.3. Entscheidungsneutralität eines Steuersystems
2.3.1. Entscheidungsneutrale
Besteuerung
Nachdem es Sinn und Zweck der Besteuerung ist, einen Kaufkrafttransfer von Wirt-
schaftssubjekten zum Fiskus vorzunehmen, tritt Besteuerung in Form einer Reduktion
des Einkommens der Individuen in Erscheinung. Dieser Einkommenseffekt, der von den
Steuersubjekten als finanzielle Belastung erlebt wird, entspricht daher voll und ganz den
Intentionen der Besteuerung.
22
Die Steuerpflichtigen streben bei ihren Handlungen die
Maximierung des Nettoergebnisses nach Steuern an, um möglichst große
Verfügungsbeträge für die private Bedürfnisbefriedigung zu besitzen. Die Wahl der
Handlungs-alternativen kann jedoch durch die Besteuerung beeinflußt werden, wenn
sich ohne und mit Berücksichtigung der Steuerwirkungen eine andere Reihenfolge der
Handlungsalternativen hinsichtlich ihrer Vorteilhaftigkeit ergibt. Folge einer
unterschiedlichen steuerlichen Belastung von Alternativen sind
Steuervermeidungshandlungen der Steuerpflichtigen,
23
die durch die dafür erforderliche
Planung Kosten verursachen, welche im Rahmen der Besteuerungskosten in Ansatz zu
bringen sind. Zu den Kosten der Besteuerung zählen nicht nur die Kosten des Vollzugs
(Steuererhebungs- und Steuerentrichtungskosten), der Steuergesetzgebung und der
Finanzrechtsprechung, sondern auch die Kosten der individuellen Steuerplanung.
24
Darüber hinaus können Steuern, die verschiedene Handlungsalternativen
unterschiedlich belasten und damit Substitutionseffekte auslösen, zur Entstehung von
Zusatzlasten der Besteuerung (,,excess burden") führen, die zur Folge haben, daß das
monetäre Äquivalent der Besteuerung den Betrag der eigentlichen Steuerschuld des
Steuerpflichtigen übersteigt.
25
Zur Vermeidung der angeführten, durch die Besteuerung ausgelösten, zusätzlichen Kos-
ten sind nun derart gestaltete Steuersysteme ausfindig zu machen, die sich durch soge-
nannte Entscheidungsneutralität auszeichnen. Als entscheidungsneutral gelten all jene
22
Vgl. Seidl (1991), S 605
23
Vgl. Wagner (1992), S 3
24
Vgl. Homburg (1997), S 59
25
Vgl. Seidl (1991), S 605
11

Steuerrechtsetzungen, die bei vernünftigen Steuerpflichtigen keine Ausweichhandlung-
en verursachen (wobei Ausweichhandlungen im Sinne rechtlich zulässiger Anpassungs-
handlungen zu verstehen sind). Dies ist dann der Fall, wenn die Rangordnung von
Handlungsalternativen, wie sie in einer Welt ohne Steuern besteht, durch die Einfüh-
rung einer Steuer bei sonst gleichen Bedingungen nicht verändert wird.
26
Formal muß
für zwei Alternativen A
1
und A
2
hinsichtlich ihrer Rangfolge bei Entscheidungsneutrali-
tät also gelten:
s
s
A
A
A
A
,
2
,
1
2
1
f
f
für
)
(
i
i
i
A
f
S
A
=
und
1
<
dA
dS
Eine solche Wirkung kann durch Einführung einer entscheidungsfixen Steuer erreicht
werden, deren Charakteristik es ist, die Zielbeiträge aller alternativen Handlungsmög-
lichkeiten um den gleichen Betrag zu kürzen. Nachdem die Besteuerung diesfalls nicht
von der gewählten Alternative abhängig ist, kann die Wahl der Handlungsalternative
auch nicht von der Steuer beeinflußt sein. Klassisches Beispiel für eine solche Form der
Besteuerung ist die Kopfsteuer, die infolge ihrer Erscheinung als Fixkosten in das Ent-
scheidungskalkül nicht einbezogen werden muß.
27
Eine andere Möglichkeit entscheidungsneutraler Besteuerung bietet eine sogenannte
,,Zielgrößenbesteuerung": eine allgemeine Entscheidungsneutralität ,,erfordert grund-
sätzlich eine Besteuerung, die geplante und damit subjektive Ziel- und Erwartungsgrö-
ßen (Planungsgrundlagen) zur Bemessungsgrundlage macht"
28
, denn entsprechend dem
ersten Hauptsatz der Steuerwirkungslehre können Steuerzahlungen auf die Entschei-
dung bei vernünftigem Handeln keinen Einfluß nehmen, wenn sie ausschließlich und
unverzüglich aus der finanziellen Zielgröße des Entscheidenden erfolgen.
29
Eine solche
Zielgröße, etwa das Einkommen oder die Rendite einer Investition, wird nun von einem
rational handelnden Entscheidungsträger einer Maximierung zugeführt werden. Durch
eine Übereinstimmung dieser ökonomischen Zielgröße mit der Besteuerungsgrundlage
ist gewährleistet, daß niemand um den Preis der Vernachlässigung seiner persönlichen
Ziele Steuervermeidungshandlungen setzen wird. Bei der Wahl zielabhängiger Bemes-
26
Vgl. Schneider (1992), S 193
27
Vgl. Elschen (1991), S 104
28
Elschen (1991), S 105
12

sungsgrundlagen ist daher davon auszugehen, daß der Steuerpflichtige mit der Verfol-
gung seines persönlichen Wohls auch für die Verwirklichung der fiskalischen Ziele des
Staates sorgt. Eine Bemessung der Steuern von der vom Steuerpflichtigen zu erreichen-
den finanziellen Ausprägung der Zielsetzung wirkt daher entscheidungsneutral.
30
Entscheidungsneutralität der Zielgrößenbesteuerung setzt dabei zwei wirtschaftliche
und zwei steuerrechtliche Bedingungen voraus:
31
·
Vollständige Kenntnis der Zahlungsströme: jeder Handlungsalternative lassen
sich die ihr zugehörigen zukünftigen Ein- und Auszahlungen eindeutig zu-
rechnen und eine Abweichung zwischen Planzahlungen und Ist-Größen tritt
nicht auf (= Planungssicherheit)
·
Nichtüberwälzbarkeit: die Zahlungsströme sind bei der Betrachtung ohne
Steuerrechtsetzung und bei der Betrachtung mit Steuerrechtsetzung (aber vor
Steuerzahlung) gleich. Es ist also nicht möglich, Steuerzahlungen etwa durch
Erhöhung der Absatzpreise auf andere Wirtschaftssubjekte abzuwälzen. Das
bedeutet, der Entscheidende ist letztlich auch der Träger der Steuer.
·
Sofortige Besteuerung: Steuerzahlungen erfolgen zeitgleich mit Realisierung
der Zielgröße.
·
Nichtenteignung: Die Steuerbelastung, die ein zusätzlicher Zielbeitrag aus-
löst, ist stets kleiner als der Zielbeitrag selbst.
Betriebswirtschaftlich betrachtet ist ein Steuersystem dann optimal, wenn es durch das
Merkmal der Entscheidungsneutralität gekennzeichnet ist. Nachdem Wirtschaftssubjek-
te Entscheidungen auf vielfältigen steuerrelevanten Gebieten zu treffen haben, kann
man mehrere konkrete Ausformungen von Entscheidungsneutralität unterscheiden.
32
Im
Folgenden sollen drei Aspekte näher beleuchtet werden: Investitionsneutralität, Finan-
zierungsneutralität und intertemporale Neutralität (= Konsumneutralität).
29
Vgl. Schneider (1992), S 206
30
Vgl. Wagner (1992), S 4
31
Vgl. Schneider (1992), S 207
32
Vgl. Heinhold (1999), S 77f, ebenso Schwinger (1994), S 41
13

2.3.2. Teilaspekte
der
Entscheidungsneutralität
2.3.2.1. Investitionsneutralität
Einer der Aspekte der Entscheidungsneutralität der Besteuerung ist die Investitionsneut-
ralität, nämlich die Einflußlosigkeit der Besteuerung auf die relative Vorteilhaftigkeit
von alternativen Investitionsvorhaben. Entsprechend des im vorstehenden Abschnitt
2.3.1 definierten Neutralitätsziels kommen dabei sowohl Niveauinvarianz, bei der das
Vorteilhaftigkeitskriterium in seiner absoluten Höhe durch die Einführung von Steuern
nicht beeinflußt wird, und Rangfolgeinvarianz, wo das Vorteilhaftigkeitskriterium zwar
absolut durch einen Steuerbetrag gekürzt, die Reihenfolge der Investitionsalternativen
aber nicht verändert wird, in Betracht. Eine notwendige Bedingung für das Vorliegen
von Investitionsneutralität stellt aber nur die Rangfolgeinvarianz dar.
33
Daraus ergeben
sich zwei konkrete Anforderungen an das Steuersystem:
34
1. Bedingung der Rangfolgeinvarianz: die Reihung von Investitionsalternativen hin-
sichtlich ihrer Vorteilhaftigkeit muß in steuerlosen und besteuerten Modellwelten
gleich sein.
2. Eine ohne Berücksichtigung von Steuern vorteilhafte Investition muß auch nach
Steuern vorteilhaft bleiben bzw. eine vor Steuern nachteilige Investition auch nach
Steuern nachteilig bleiben.
Geht man davon aus, daß nach einhelliger Auffassung das für die Vorteilhaftigkeit von
Investitionen maßgebliche Kriterium im Kapitalwert der Investition zu erblicken ist,
35
so
ist ein Steuersystem dann jedenfalls als investitionsneutral zu bezeichnen, wenn es eine
proportionale Kürzung der positiven Kapitalwerte aller Investitionsalternativen vor-
nimmt. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung:
33
Vgl. Wagner/Wissel (1995), S 67, ebenso Elschen/Hüchtebrock (1983), S 263ff
34
Vgl. Heinhold (1996), S 26f
35
Vgl. Wagner (1989), S 266
14

s
s
K
K
K
K
,
1
,
0
1
0
f
f
,
wobei
1
,
<
<
i
s
i
dK
dK
0
und K
i
= Kapitalwert der Investition
i
sowie
0
)
(
i
s
K
0
,
=
i
i
K
K
=
Führt man nun eine Steuer ein, die den Kapitalwert aller Investitionsalternativen propor-
tional um den Satz
kürzt, so ist zweifellos das Neutralitätskriterium erfüllt, da:
1
0
1
*
)
1
(
,
,
,
<
<
-
=
-
=
i
s
i
i
s
i
i
s
i
dK
dK
dK
dK
K
K
und
0
0
*
)
1
(
,
=
-
=
s
i
K
Trotzdem ist eine Lineartransformation des Kapitalwertes durch die Einführung einer
Steuer nicht erforderlich, ausreichend ist eine monoton steigende Funktion des margina-
len Kapitalwertes nach Steuern (
0
,
>
i
s
i
dK
dK
).
36
2.3.2.2. Finanzierungsneutralität
Ein weiterer Aspekt der Entscheidungsneutralität eines Steuersystems, der einen engen
Bezug zur Investitionsneutralität aufweist, erhebt die Forderung, daß die Besteuerung
auf die Vorteilhaftigkeit der mit einer Investition in Zusammenhang stehende Finanzie-
rungskonstruktion keinen Einfluß ausüben darf. Es sollte für den Investor steuerlich
grundsätzlich indifferent sein, ob er sein Unternehmen mit Eigen- oder mit Fremdmit-
teln finanziert.
37
S
WOBODA
unterscheidet Finanzierungsneutralität im engeren Sinn und
jene im weiteren Sinn:
38
Finanzierungsneutralität im engeren Sinn ist dann gegeben,
wenn die Steuerzahlungen des Investors in jeder Periode unabhängig davon sind, ob er
dem Unternehmen Eigenkapital oder Fremdkapital zugeführt hat:
FK
t
EK
t
S
S
=
Finanzierungsneutralität im weiteren Sinn liegt hingegen vor, wenn sich die jährlichen
Steuerzahlungen des Investors in Abhängigkeit von der Finanzierungsart zwar unter-
36
Vgl. Kiesewetter (1997), S 25f
37
Vgl. Bruckner (1999), S 183
38
Vgl. Swoboda (1991), S 471f
15

scheiden, jedoch der Barwert der Steuerzahlungen von der Finanzierungsentscheidung
unabhängig ist:
=
-
=
-
+
=
+
T
t
t
s
FK
t
T
t
t
s
EK
t
i
S
i
S
0
0
)
1
(
)
1
(
Zur Beurteilung des Vorliegens von Finanzierungsneutralität ist es erforderlich, den
Kapitalwert eines Investitionsprojektes, der sich additiv aus dem Kapitalwert der Inves-
tition im engeren Sinne und dem Kapitalwert der damit im Zusammenhang stehenden
Finanzierungskonstruktion zusammensetzt, in seine Bestandteile zu zerlegen:
F
I
ges
I
K
K
K
+
=
,
Finanzierungsneutralität ist gegeben, wenn der Kapitalwert der Investition im engeren
Sinne durch den Kapitalwert der Finanzierung nicht beeinflußt wird, was weiter bedeu-
tet, daß der Kapitalwert der Finanzierung aus Sicht des Investors gleich Null sein müß-
te. Dies ist vor Berücksichtigung von Steuern dann der Fall, wenn man von einem voll-
kommenen Kapitalmarkt ausgeht, wodurch die Fremdkapitalzinsen i
FK
dem Kalkulati-
onszinsfuß i entsprechen. Geht man von dieser Prämisse ab, unterscheidet sich also der
Fremdkapitalzinssatz vom Kalkulationszinsfuß, so beträgt der Kapitalwert der Finanzie-
rung aus Sicht des Unternehmens nicht mehr Null. Für den Kapitalwert einer Fremdfi-
nanzierung vor Steuern aus der Sicht des Schuldner ergibt sich demzufolge:
=
-
-
-
+
+
=
n
t
t
t
t
FK
F
i
TIL
FK
i
FK
K
1
1
0
)
1
(
*
)
*
(
Korrespondierend dazu beträgt der Kapitalwert derselben Finanzierung aus der Sicht
des Kapitalgebers:
=
-
-
+
+
+
-
=
n
t
t
t
t
FK
F
i
TIL
FK
i
FK
K
1
1
0
)
1
(
*
)
*
(
Nachdem die beiden Ausdrücke bis auf die Vorzeichen identisch sind, addieren sie sich
bei einheitlichem Kalkulationszinsfuß zu einem gesamten Kapitalwert aus Sicht des In-
vestors von Null.
16

Erweitert man die Betrachtung um die Berücksichtigung der Steuerwirkung, so erhält
man für den Kapitalwert der Finanzierung nach Steuern aus Sicht des Schuldners
=
-
=
-
-
-
+
+
+
+
=
n
t
t
s
t
n
t
t
s
t
t
FK
F
i
S
i
TIL
FK
i
FK
K
0
1
1
0
)
1
(
*
)
1
(
*
)
*
(
=
-
-
+
+
+
-
=
n
t
s
t
t
FK
F
i
TIL
FK
i
FK
K
1
1
0
)
1
(
*
)
*
(
, und aus Sicht des Kapitalgebers
.
=
-
+
-
t
t
s
t
t
i
S
0
)
1
(
*
n
Für die finanzierungsneutrale Gestaltung eines Steuersystems ist es erforderlich, daß
sich die Nach-Steuer-Kapitalwerte der Finanzierungskonstruktion aus Sicht des Unter-
nehmens und des Investors ebenfalls zu Null addieren, da andernfalls eine Indifferenz
des Investors hinsichtlich der zu wählenden Finanzierungsform nicht gegeben ist.
39
Von Finanzierungsneutralität der Besteuerung kann also dann gesprochen werden, wenn
der Kapitalwert des gesamten Investitionsprojektes aus Sicht des Investors nach Be-
rücksichtigung von Steuern unabhängig von der Art der Finanzierung ist, oder anders
formuliert, die zugrundegelegte Finanzierungsform keinen Einfluß auf die Entscheidung
des Investors hinsichtlich der Finanzierung seines Unternehmens haben kann.
2.3.2.3. Intertemporale
Neutralität
Intertemporale Neutralität der Besteuerung, auch als Konsumneutralität bezeichnet, er-
fordert die Einflußlosigkeit der Besteuerung auf die Entscheidung von Wirtschaftssub-
jekten hinsichtlich der Einkommensverwendung. Betroffen davon ist die Wahl zwischen
den Alternativen, das verfügbare Einkommen sofort für den Konsum aufzuwenden oder
es zwecks Konsum in einer späteren Periode zu sparen, wodurch die Ersparnisse zwi-
schenzeitlich zur Finanzierung von Investitionen zur Verfügung stehen.
40
Es ist Ausfluß
des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (auch: horizontale Leistungsfä-
higkeit), daß Individuen mit gleicher Ressourcenausstattung, aber unterschiedlichen
Präferenzen für Konsum in der Gegenwart und zukünftigen Konsum, steuerlich gleich
zu behandeln sind. So sollen bei Individuen mit gleichem Lebenseinkommen auch die
39
Vgl. Kiesewetter (1997), S 26
40
Vgl. Wagner/Wissel (1995), S 67, ebenso Heinhold (1999), S 78
17

Barwerte des Lebenskonsums und der gesamten Steuerbelastung unabhängig von ihrer
zeitlichen Verteilung identisch sein.
41
Dies erfordert jedoch, daß die Besteuerung nicht
zu einer Verminderung der Verzinsung führt, die Wirtschaftssubjekte als Entschädigung
für Konsumverzicht am Markt fordern.
42
Im folgenden sollen die beiden Besteuerungs-
ansätze der synthetischen Einkommensteuer und der Konsumausgabensteuer, welche
sich im zugrundegelegten Indikator für die Erfassung von Leistungsfähigkeit unter-
scheiden, hinsichtlich ihrer intertemporalen Neutralitätseigenschaften untersucht wer-
den.
In einer stark vereinfachten zweiperiodigen Betrachtung hat ein Individuum die Mög-
lichkeit, sein Einkommen in heutigen Konsum und morgigen Konsum entsprechend
seiner Präferenzen aufzuteilen. Es seien Y das Einkommen des Entscheidungssubjektes,
C
1
der beabsichtigte Konsum heute und C
2
der geplante Konsum in der Folgeperiode.
Geht man von einem Realzinssatz r aus, so ergibt sich die interperiodische Budgetglei-
chung:
)
1
(
)
1
(
1
2
2
1
r
dC
dC
r
C
C
Y
+
-
=
+
+
=
Dem kann entnommen werden, daß durch Verzicht auf eine Einheit Konsum in der Ge-
genwart 1+r Einheiten Konsum in der Zukunft genossen werden können. Führt man
nun eine synthetische Einkommensteuer, die als Leistungsfähigkeitsbegriff den Zufluß
von Dispositionsmacht innerhalb der Periode unterstellt, mit einem Satz
ein, so ändert
sich obenstehende Gleichung wie folgt:
))
1
(
*
1
(
))
1
(
*
1
(
)
1
(
*
1
2
2
1
-
+
-
=
-
+
+
=
-
r
dC
dC
r
C
C
Y
Man kann daraus also folgern, daß eine synthetische Einkommensteuer zukünftigen
Konsum verteuert und dadurch Ersparnisse gegenüber dem Sofortkonsum benachteiligt.
Der Barwert der Steuerbelastung S
0
für das Entscheidungssubjekt in einer Zweiperio-
denbetrachtung beträgt nämlich:
43
41
Vgl. Homburg (1997), S 225f
42
Vgl. Jacobs (1997), S 214
43
In Verallgemeinerung eines Demonstrationsbeispiels, vgl. Rose (1994b), S 246
18

r
r
C
Y
Y
S
+
-
-
+
=
1
*
*
)
)
1
(
*
(
*
1
0
,
wobei
)
)
1
(
*
(
1
C
Y
-
-
die Höhe der Ersparnisse angibt
Ein Wirtschaftssubjekt, das sein gesamtes Einkommen in der Basisperiode konsumiert,
hat einen Barwert der Steuerbelastung S
0
von lediglich Y*
zu tragen, da der zweite Teil
des Ausdrucks infolge von Y*(1-
) = C
1
gleich Null ist. Aus dieser Betrachtung heraus
ist es evident, daß durch eine synthetische Einkommensteuer die Forderung nach inter-
temporaler Neutralität nicht erfüllt wird, da sich die Steuerbelastung von Wirtschafts-
subjekten mit unterschiedlichen zeitlichen Konsumprofilen um den Barwert der Steuer-
last auf die Zinsen der Ersparnisse unterscheidet.
Führt man im Vergleich dazu nun eine Konsumausgabensteuer mit einem Satz
ein,
deren Leistungsfähigkeitsindikator der periodische Konsum als Merkmal der persönli-
chen Bedürfnisbefriedigung darstellt, so führt dies für Individuen, welche ihr Einkom-
men grundsätzlich auf zwei Perioden verteilt konsumieren könnten, zu einem Barwert
der Steuerbelastung in Höhe von:
r
C
C
S
+
+
=
1
*
*
2
1
0
,
wobei
(
)
+
-
=
)
1
(
*
1
2
r
C
Y
C
(
)
-
+
=
+
+
-
)
1
(
*
+
=
1
*
1
1
0
*
*
*
*
1
1
C
Y
C
r
r
C
Y
C
S
*
Y
0
S
=
Es zeigt sich also, daß der Barwert der Steuerbelastung bei einer Konsumausgabensteu-
er unabhängig ist vom Konsumprofil, das heißt, Individuen mit unterschiedlichen Präfe-
renzen hinsichtlich der zeitlichen Verteilung des Konsums ihres Einkommens werden
steuerlich gleich behandelt.
44
Der Steuerbarwert entspricht immer dem Satz
des Kon-
sumpotentials der Basisperiode.
2.3.3. Konsequenzen
mangelnder
Entscheidungsneutralität
Nachdem in den vorstehenden Abschnitten die Anforderungen an ein Steuersystem, das
dem Anspruch nach Entscheidungsneutralität gerecht werden soll, dargelegt wurden,
44
Vgl. Schwinger (1994), S 44f
19

sollen nun die Auswirkungen des Fehlens genau dieser Qualität erläutert werden. Ent-
scheidungsneutralität impliziert bekanntlich die Einflußlosigkeit der Besteuerung auf
die Entscheidungen von Wirtschaftssubjekten dergestalt, daß die Erhebung von Steuern
nicht zu einer Umkehr der Vorteilhaftigkeit bzw. einer Veränderung der Vorteilhaftig-
keitsrangfolge von Alternativen führen darf.
Ein Steuersystem sollte die Bedingungen für eine optimale Ressourcenallokation so-
wohl auf Haushalts-, als auch auf Unternehmensebene, so wenig wie möglich verlet-
zen.
45
Sind im Rahmen der Ausgestaltung eines Steuersystems die beschriebenen Neut-
ralitätspostulate nicht oder nicht vollständig verwirklicht, kommt es zu Verzerrungen
des einzelwirtschaftlichen Entscheidungsverhaltens und infolge dessen zu gesamtwirt-
schaftlichen Ineffizienzen. W
AGNER
schreibt dazu:
46
,,Die aus der Sicht individueller
Vorteilhaftigkeit zunächst nur den Kalkül vereinfachende und Informationskosten sen-
kende Neutralitätsbedingung stellt ... aus gesamtwirtschaftlicher Sicht das wichtigste
finanzpolitische Grundsatzpostulat dar: durch individuelle Entscheidungsneutralität der
Besteuerung wird gleichzeitig erreicht, daß Störungen der gesamtwirtschaftlichen Res-
sourcenallokation minimiert werden."
Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht führen die bei mangelnder Entscheidungsneutralität
vorgenommenen individuellen Anpassungshandlungen zur Steuervermeidung zu zusätz-
lichen gesellschaftlichen Kosten (,,excess burden"), die durch die wohlfahrtsmindernden
Eingriffe des Steuersystems in den Allokationsprozeß entstehen.
47
Ist Entscheidungs-
neutralität gegeben, ist es nicht notwendig, die Auswirkungen der Besteuerung in das
Entscheidungsverfahren miteinzubeziehen, da sich sowohl ohne, als auch mit Berück-
sichtigung von Steuern eine identische Vorteilhaftigkeitsrangfolge der zur Verfügung
stehenden Alternativen ergeben muß. Folglich kann der Steuerplanungsaufwand entfal-
len, Zusatzlasten der Besteuerung würden minimiert und die gesamte Steuerlast würde
sich auf die Steuerzahlungen und die Kosten der Steuererhebung reduzieren, nachdem
Steuerplanungskosten und Anpassungskosten der Steuerpflichtigen fehlen. Demgegen-
über kann sich bei Nichtneutralität eine Allokation von Produktionsfaktoren für eine
45
Vgl. Bruckner (1999), S 191
46
Vgl. Elschen (1991), S 107
47
Vgl. Wagner (1989), S 265
20

betriebswirtschaftliche ,,Steuervermeidung" einzelwirtschaftlich lohnen, auch, wenn der
Planungsaufwand gesamtwirtschaftlich Ressourcenverschwendung darstellt.
48
Besteuerungsinduzierte Fehlallokationen treten im Rahmen der Investitionstätigkeit der
Unternehmen auf, wenn aufgrund eines durch die Einbeziehung von Steuern verzerrten
Vorteilhaftigkeitsvergleichs von alternativen Investitionsvorhaben Entscheidungen ge-
troffen werden. Es kann deshalb zur Verwirklichung von Investitionsprojekten kom-
men, die zwar vor Steuern gegenüber anderen Alternativen unvorteilhaft sind, aber
durch die Berücksichtigung der Besteuerung im Kapitalwertkriterium infolge steuerli-
cher Begünstigungsvorschriften nach Steuern vorteilhaft erscheinen. Die dadurch er-
folgte Veränderung der Rangfolge der Handlungsalternativen eines Individuums resul-
tiert in einer Allokationsverzerrung, die zu zusätzlichen gesellschaftlichen Kosten (,,ex-
cess burden") führt,
49
welche sich aus durch die Besteuerung ausgelösten Substitutions-
handlungen des Entscheidungsträgers ergeben. Folglich werden volkswirtschaftlich
nicht sinnvolle Investitionen durch steuerliche Maßnahmen gegenüber volkswirtschaft-
lich sinnvollen Alternativen bevorzugt, und es kommt zur Tätigung von gesellschaftlich
suboptimalen Investitionen.
Weitere Auswirkungen auf die unternehmerische Investitionstätigkeit und damit auf das
Wachstum des gesamtwirtschaftlichen Kapitalstocks gehen von einer mangelnden inter-
temporalen Neutralität des Steuersystems aus. Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn
es zu einer Benachteiligung der Ersparnisbildung gegenüber dem Konsum dadurch
kommt, daß neben einer Steuer auf das gesamte Einkommen in der Basisperiode zusätz-
lich noch eine Besteuerung der Verzinsung des gesparten Kapitals vorgenommen wird.
Folge dessen ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Doppelbesteuerung von Er-
sparnissen, erstens, durch die Schmälerung des ansparbaren Betrages durch die Ein-
kommensbesteuerung und, zweitens, durch die Versteuerung der Zinsen auf das bereits
durch Steuern verminderte Sparkapital.
50
Geht man davon aus, daß die Wirtschaftssub-
jekte ihre Entscheidung zwischen sofortigem Konsum ihres Einkommens und Erspar-
nisbildung entsprechend ihrer Zeitpräferenzrate
treffen, dann muß der Zusammenhang
48
Vgl. Elschen (1991), S 103f
49
Vgl. Wagner/Wissel (1995), S 67
50
Vgl. Rose (1994a), S 426
21

= r gelten (wobei r die Realverzinsung darstellt). Wird der Zinssatz r nun durch eine
Zinsbesteuerung geschmälert, so folgt daraus
= (1-
)*r. Eine Zinsbesteuerung treibt
daher einen Keil zwischen Zeitpräferenzrate und Nettogrenzproduktivität des Kapitals
(= Realverzinsung).
51
Geht man nun davon aus, daß die individuelle Zeitpräferenzrate
unveränderlich gegeben ist, so ergibt sich daraus, daß zur Aufrechterhaltung des Ni-
veaus an Ersparnissen bei vollkommener Elastizität des Kapitalangebotes ein Ansteigen
des Zinssatzes r um den Faktor Fehler!erforderlich ist. Nachdem aber im Gleichge-
wichtszustand der versteuerte Realzinssatz r
s
der Zeitpräferenzrate entsprechen und
gleichzeitig mit der Grenzrendite nach Steuern einer Sachinvestition identisch sein
muß,
52
können nur mehr solche Investitionsvorhaben vorteilhaft sein, die sich auch noch
für die infolge der Besteuerung gestiegenen Zinsen als tragfähig erweisen. Durch die
steuerlich bedingte Änderung des Kapitalmarktzinssatzes kann auch nicht mehr von In-
vestitionsneutralität gesprochen werden, da sich dadurch eine gegenüber jener vor der
Einführung von Steuern veränderte Ressourcenallokation ergibt.
53
Ein Anstieg des Zins-
niveaus bedeutet eine Verteuerung der Kapitalkosten für Unternehmen, was zur Folge
hat, daß die Investitionstätigkeit zurückgeht.
54
Insgesamt kommt es daher zu einer
Bremsung von Investitionen und folglich der volkswirtschaftlichen Kapitalbildung, was
in einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und der Einbuße zukünftiger Kon-
summöglichkeiten resultiert.
55
51
Vgl. Buchholz/Wiegard (1991), S 24
52
Vgl. Schwinger (1992), S 75f
53
Vgl. Schwinger (1994), S 43
54
Vgl. Rose (1994b), S 240
55
Vgl. Heinhold (1999), S 83
22

3. Entscheidungsneutrale Besteuerung durch zinsbe-
reinigte Gewinnsteuer
3.1. Konzept
3.1.1. Arten
konsumorientierter Steuersysteme
3.1.1.1. Sparbereinigte Einkommensteuer
Konsumorientierten Steuersystemen ist gemein, daß sie sich bezüglich der Bemes-
sungsgrundlage direkter Steuern am sogenannten Nutzenkonzept orientieren, was be-
deutet, daß nicht das Einkommen, sondern eine Maßzahl der individuellen Bedürfnisbe-
friedigung als Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Als eine solche Maßzahl, die
einer intersubjektiven Vergleichbarkeit zugänglich ist, kann aufgrund der mangelnden
Objektivierbarkeit des reinen Nutzenkonzepts nur eine Größe fungieren,
56
die eine mo-
netäre Bewertung des Nutzenvorteils des Individuums vornimmt. Als solche eignet sich
am besten die Höhe der Konsumausgaben während einer Periode. Die Konsumausgaben
innerhalb einer Periode lassen sich durch eine einfache Rechnung aus dem Periodenein-
kommen des Wirtschaftssubjektes bestimmen: nachdem sich der Periodenkonsum und
das Periodeneinkommen nur um den Betrag der Ersparnisse unterscheiden, bestimmt
sich die maßgebliche Konsumgröße aus der Subtraktion der Ersparnisse vom Perioden-
einkommen. Es ist anzumerken, daß Ersparnisse durch Vorgänge des Entsparens, das
heißt der konsumtiven Verwendung von Ersparnissen früherer Perioden, auch negative
Werte annehmen können, wodurch der der Besteuerung unterworfene Periodenkonsum
das Einkommen derselben Periode übersteigt.
57
56
Vgl. Schwinger (1994), S 44
57
Vgl. Rose (1994b), S 236
23

Der sparbereinigten Einkommensteuer liegt nun genau diese Überlegung zugrunde: als
Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer wird das um die Ersparnisse verminderte
Periodeneinkommen herangezogen, was bedeutet, daß die Bildung von Ersparnissen
steuerlich als Abzugspost vom Einkommen zu behandeln ist. Folge dessen ist die Steu-
erfreiheit der Ersparnisbildung, allerdings erfolgt eine Besteuerung derselben im Zeit-
punkt des Entsparens, nämlich dann, wenn Ersparnisse früherer Perioden zum Zweck
der Finanzierung von Konsumausgaben aufgelöst werden.
58
Gedanklich entspricht diese
Vorgehensweise einer zeitlichen Verschiebung der Besteuerung jener Teile des Perio-
deneinkommens, die zwecks späteren Konsums einer nicht-konsumtiven Verwendung
zugeführt werden.
59
Bei genauerer Betrachtung erweist sich dieses Konzept als administrativ sehr aufwen-
dig, zumal eine Anerkennung der steuerlich als Abzugspost zu behandelnden Ersparnis-
bildung an einen entsprechenden Nachweis der Depotbewegungen zu knüpfen ist. Folg-
lich müßte für alle Steuerpflichtige eine genaue Verfolgung der Bildung bzw. Auflö-
sung von als Ersparnis zu qualifizierenden Einkommensverwendungen vorgenommen
werden, wodurch dieses Konzept der konsumorientierten Besteuerung aufgrund der
Verwaltungskostenintensität, bis auf einige Randbereiche, an Attraktivität verliert.
60
Auf Unternehmensebene erfolgt in einem sparbereinigten Besteuerungssystem konse-
quenterweise eine Besteuerung der Einzahlungsüberschüsse. Diese sogenannte Cash-
Flow-Steuer vom B
ROWN
-Typ impliziert nicht nur die steuerliche Unbeachtlichkeit von
Zinsen, sondern auch einen sofortigen steuerlichen Verlustausgleich und eine Sofortab-
schreibung von Anlagegegenständen.
61
Letzteres bedeutet aber gleichzeitig, daß die
durch Investitionen induzierten Einzahlungsüberschüsse einschließlich eines Liquidati-
onserlöses in den Folgeperioden ungekürzt der Besteuerung unterliegen, wodurch die
Cash-Flow-Steuer wie eine Steuer auf den Kapitalwert einer Investition wirkt:
62
=
-
=
-
+
-
+
-
-
=
n
t
t
t
t
s
K
r
A
E
A
K
1
0
0
,
0
*
)
1
(
)
1
(
*
)
1
(
)
(
*
)
1
(
58
Vgl. Rose (1998), S 249
59
Vgl. Schlicht (1984), S 325
60
Vgl. Rose (1998), S 250
61
Vgl. Brown (1948), S 300ff
24

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832447823
ISBN (Paperback)
9783838647821
DOI
10.3239/9783832447823
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2001 (November)
Note
1,0
Schlagworte
steuer besteuerung steuerreform konsumorientierung zinsbereinigung
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Titel: Zinsbereinigte Gewinnsteuer
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