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Britische Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

Eine Analyse des Verhaltens Großbritanniens in Krisenfällen und der Verschiebung der sicherheitspolitischen Prioritäten

©2000 Diplomarbeit 142 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Diese Arbeit zeichnet auf der Makroebene die Phasen des Wandels Großbritanniens von der Großmacht zur westlichen Mittelmacht in verschiedenen Konstellationen nach und analysiert dabei auf der Mikroebene schwerpunktmäßig das britische Verhalten in ausgewählten Konfliktfällen. Wie entwickelte sich die britische Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg? Geschah der zu beobachtende Wandel immer nur unter Druck und auf äußere Einflüsse hin oder aus eigenem Antrieb? Gibt es ein krisentypisches Verhalten Großbritanniens, und wenn ja, hat es sich den veränderten Gegebenheiten angepaßt? „Die Frage scheint letztlich zu sein, ob der Mensch und seine Gesellschaften Ziele ihrer eigenen Wahl verfolgen, oder ob ihr Verhalten sich an Zielen orientierte, die ihnen durch Kräfte aufgezwungen werden, welche sich zumeist ihrer Kontrolle entziehen.“
Die Analyse setzt beim Nationalstaat als „Ansammlung von Individuen, Institutionen, Gebräuchen und Verfahrensweisen“ an. Vielfach wird jedoch die Bezeichnung der gesellschaftlichen Entität (Großbritannien) oder ihrer Repräsentanten (Premier-, Außen-, Verteidigungsminister) gebraucht, da in der verwendeten Literatur die im Namen des Staates handelnden Entscheidungseinheiten aufgrund ihres Auftretens nach außen als geschlossene Willenseinheiten nicht immer klar differenziert werden. „Unter dem Blickwinkel einer Betrachtung von der internationalen Politik her scheinen Staaten daher nur durch ihre Repräsentanten auf der internationalen Bühne vertreten.“ Es wurde jedoch darauf geachtet, daß hieraus resultierende Ungenauigkeiten in der Beschreibung die Aussagekraft der Erklärungen nicht vermindern.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Hauptteile (Britische Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg, während des Kalten Krieges, während des Neuen Kalten Krieges und nach dem Kalten Krieg) und einen Bewertungsteil.
Einer kurzen, allgemeinen Darstellung der Position Großbritanniens in der Weltpolitik zur Erläuterung der weltpolitischen Rahmenbedingungen folgt jeweils die Analyse des Verhaltens Großbritanniens in einem Konflikt im entsprechenden Zeitraum.
Die komplexen globalen Zusammenhänge wurden für die Zwecke dieser Arbeit nach Möglichkeit vereinfacht. Bei der Darstellung der Konstellationen wurden jeweils nur die hauptsächlich beteiligten Staaten oder Staatengruppen aufgeführt, so daß die Umorientierung Großbritanniens sichtbar wird. Im […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4766
Brunnenkamp, Christina: Britische Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg: Eine
Analyse des Verhaltens Großbritanniens in Krisenfällen und der Verschiebung der
sicherheitspolitischen Prioritäten / Christina Brunnenkamp -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Passau, Universität, Diplom, 2000
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INHALT
1
Einleitung... 1
1.1 Ziel der Arbeit ... 1
1.2 Aufbau der Arbeit ... 2
1.3 Methode ... 4
1.4 Definitionen: Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik ... 6
1.4.1 Außenpolitik ... 7
1.4.2 Sicherheitspolitik ... 7
1.4.3 Verteidigungspolitik ... 8
1.5 Politische Denkmuster... 8
1.6 Die Akteure der britischen Außenpolitik... 10
1.6.1 Die Regierung ... 11
1.6.2 Das Außenministerium (Foreign and Commonwealth Office) ... 12
1.6.3 Andere Ministerien ... 13
1.6.4 Das Parlament... 13
1.7 Literatur ... 14
2
Britische Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1957) ... 16
2.1 Das politische Umfeld... 17
2.1.1 USA... 17
2.1.2 Europa... 18
2.1.3 UdSSR ... 20
2.1.4 Commonwealth/Naher Osten ... 22
2.2 Die Suez-Krise (26.7.-30.11.1956) ... 24
2.2.1 Die Ereignisse ... 24
2.2.2 Das Verhalten Großbritanniens ... 25
2.2.2.1 System und Entscheidung ... 25
2.2.2.1.1 Der Premierminister und das Kabinett ... 25
2.2.2.1.2 Das Parlament... 28
2.2.2.1.3 Die Öffentlichkeit ... 30
2.2.2.2 Perzeption und Wirklichkeit... 31
2.2.2.2.1 Perzeption der Bedrohung durch Nasser ... 31
2.2.2.2.2 Perzeption der Verstaatlichung... 32
2.2.2.2.3 Perzeption der Position der USA ... 33
2.2.2.2.4 Perzeption der Drohung der UdSSR ... 35
2.2.2.3 Interesse und Macht ... 35
2.2.2.3.1 Interessen... 35
2.2.2.3.2 Macht... 36
2.2.2.4 Kooperation und Konflikt ... 37
2.2.2.4.1 Die Londoner Konferenzen (16.-23.8. und19.-21.9.) ... 37
2.2.2.4.2 Der Sechs-Prinzipien-Plan... 38
2.2.2.4.3 Zusammenarbeit mit Frankreich und Israel ... 39
3
Britische Sicherheitspolitik während des Kalten Krieges ... 42
3.1 Das politische Umfeld... 42
3.1.1 USA... 42
3.1.2 UdSSR ... 43
3.2 Die Kuba-Krise (22.-28.10.1962) ... 44
3.2.1 Die Ereignisse ... 44
3.2.2 Das Verhalten Großbritanniens ... 44
3.2.2.1 System und Entscheidung ... 44
3.2.2.1.1 Der Premierminister... 45
3.2.2.1.2 Das Foreign and Commonwealth Office ... 45

INHALT
3.2.2.1.3 Das Parlament... 46
3.2.2.1.4 Die Presse ... 46
3.2.2.2 Perzeption und Wirklichkeit... 47
3.2.2.2.1 Perzeption der Bedrohung... 47
3.2.2.2.2 Perzeption der Behandlung durch die USA ... 48
3.2.2.3 Interesse und Macht ... 48
3.2.2.3.1 Interessen... 48
3.2.2.3.2 Macht... 49
3.2.2.4 Kooperation und Konflikt ... 51
3.2.2.4.1 Blockade statt Luftangriff ... 51
3.2.2.4.2 Angebot des Abzugs in Europa stationierter Raketen ... 51
3.2.2.4.3 Forderung nach Veröffentlichung der Fotos ... 52
3.2.2.4.4 Verurteilung der russischen Täuschung ... 52
3.2.2.4.5 Mahnung zum Zusammenhalt ... 52
3.2.2.4.6 Keine erhöhte Alarmbereitschaft ... 52
3.2.2.4.7 Reduzierung der Sperrzone um Kuba ... 53
3.2.2.4.8 Vorsicht vor russischen Versprechen ... 53
3.2.2.4.9 Keine Vermittlerrolle ... 53
3.3 EXKURS: Britische Sicherheitspolitik 1962-1979 ... 55
3.3.1 USA... 55
3.3.2 Europa... 55
3.3.3 Commonwealth ... 56
4
Britische Sicherheitspolitik während des Neuen Kalten Krieges ... 58
4.1 Das politische Umfeld... 59
4.1.1 USA... 59
4.1.2 UdSSR ... 62
4.1.3 Europa... 63
4.2 Die Falkland-Krise (2.4.-14.6.1982)... 64
4.2.1 Die Ereignisse ... 64
4.2.2 Das Verhalten Großbritanniens ... 66
4.2.2.1 System und Entscheidung ... 66
4.2.2.1.1 Die Premierministerin ... 66
4.2.2.1.2 Das Foreign and Commonwealth Office ... 66
4.2.2.1.3 Das Parlament... 67
4.2.2.1.4 Die Öffentlichkeit ... 69
4.2.2.2 Interesse und Macht ... 70
4.2.2.2.1 Die Interessenlage vor der Invasion ... 70
4.2.2.2.2 Die Interessenlage nach der Invasion ... 71
4.2.2.2.3 Macht... 73
4.2.2.3 Perzeption und Wirklichkeit... 74
4.2.2.3.1 Perzeption der Dringlichkeit, die Souveränitätsfrage zu klären... 74
4.2.2.3.2 Perzeption des South Georgia-Vorfalls ... 74
4.2.2.3.3 Perzeption Argentiniens als Gegner ... 75
4.2.2.3.4 Perzeption des amerikanischen Verhaltens... 76
4.2.2.4 Kooperation und Konflikt ... 76
4.2.2.4.1 Die Resolution 502 ... 76
4.2.2.4.2 Das zwiegespaltene Verhältnis zu den USA... 77
4.2.2.4.3 Erwartungen an Europa... 78
5
Britische Sicherheitspolitik nach dem Kalten Krieg ... 80
5.1 Das politische Umfeld... 81

INHALT
5.1.1 USA... 81
5.1.2 Europa... 83
5.2 Der Kosovo-Krieg (24.3.-10.6.1999)... 85
5.2.1 Die Ereignisse ... 85
5.2.2 Das Verhalten Großbritanniens ... 86
5.2.2.1 System und Entscheidung ... 86
5.2.2.1.1 Der Premierminister... 86
5.2.2.1.2 Die Regierung... 87
5.2.2.1.3 Das Parlament... 88
5.2.2.1.4 Die Öffentlichkeit ... 90
5.2.2.2 Perzeption und Wirklichkeit... 91
5.2.2.3 Interesse und Macht ... 92
5.2.2.3.1 Verteidigung der westlichen Werte ... 92
5.2.2.3.2 Abwendung einer humanitären Katastrophe... 93
5.2.2.3.3 Erhalt der Glaubwürdigkeit der NATO ... 93
5.2.2.4 Kooperation und Konflikt ... 94
5.2.2.4.1 Verhandlungen ... 94
5.2.2.4.2 Wortführerschaft ... 94
5.2.2.4.3 Stärkung der Moral ... 95
5.2.2.4.4 Unterstützung der erweiterten Angriffe ... 96
5.2.2.4.5 Bodentruppen ... 97
6
Synopsis ... 99
1.1 Entwicklungen ... 99
6.1.1 Special Relationship... 99
6.1.2 Die Beziehung zu Europa... 100
1.2 Krisentypisches Verhalten ... 102
6.1.3 System und Entscheidung... 102
6.1.4 Perzeption und Wirklichkeit ... 104
6.1.5 Interesse und Macht... 104
6.1.6 Kooperation und Konflikt ... 105
1.2.1.1 Ablehnung der Appeasement-Politik... 105
1.2.1.2 Demonstration der eigenen Unabhängigkeit ... 106
1.2.1.3 Forderung nach Zusammenhalt ... 106
1.2.1.4 Militärische Machtdemonstration... 107
1.2.1.5 Zurückhaltung gegenüber diplomatischen Lösungen... 108
7
Schlußbetrachtung ... 109
Abkürzungsverzeichnis ... 112
Literaturverzeichnis ... 113
Monographien und Aufsätze... 113
Zeitungsartikel ... 126
Die Zeit... 126
Frankfurter Allgemeine Zeitung... 127
Frankfurter Rundschau ... 127
Neue Zürcher Zeitung ... 127
Süddeutsche Zeitung ... 127
The Daily Telegraph (www.telegraph.co.uk) ... 127
The Economist ... 128
The Financial Times... 128
The Guardian (www.newsunlimited.co.uk)... 128

INHALT
The Times (die Artikel aus 1999/2000 von www.sunday-times.co.uk) ... 129
The Observer (www.newsunlimited.co.uk)... 130
The Spectator (www.spectator.co.uk) ... 130
Internetseiten... 130
Foreign and Commonwealth Office (www.fco.gov.uk) ... 130
Ministry of Defence (www.mod.uk) ... 131
Sonstige ... 131
Abbildungsverzeichnis ... 132
Eidesstattliche Erklärung ... 133

Erstens stellt sich natürlich die Frage, ob diejenigen, die im
Namen der Nation Außenpolitik formulieren und verwirklichen,
bewußt konkrete Ziele verfolgen.
David J. Singer

EINLEITUNG
1
1
Einleitung
When I was a boy Great Britain with her Empire was the richest and most influential
power on earth. For generations the British Fleet had maintained the peace of the
world and [...] had been the unacknowledged but nonetheless unchallenged
guarantor of American foreign policy [...]. We lived in a golden age of prosperity and
security ­ an age in which, if some foreign potentate looked like being troublesome,
their lordships of the Admiralty sent a cruiser to the Baltik or the Straits, and
wherever it might be, and His Majesty´s Foreign Secretary dispatched a few well-
chosen words of disapproval by hand of a King´s Messenger to His Majesty´s
Ambassador ­ and that, as a rule, was that.
1
1 . 1 Z i e l d e r A r b e i t
Das Ende des Zweiten Weltkriegs brachte eine radikale Veränderung der interna-
tionalen Staatenwelt mit sich. Die großen Machtverluste der europäischen Natio-
nalstaaten machten eine völlig neue sicherheitspolitische Konzeption notwendig.
Die verheerenden Sachschäden und mehr als 50 Millionen Kriegstoten allein in
Europa hatten Europas wirtschaftliche Leistungsfähigkeit drastisch geschwächt.
Der Mangel an Devisen verhinderte darüber hinaus einen schnellen Wiederaufbau
des zerstörten Kontinents. Statt sich, wie ursprünglich vorgesehen, wieder zurück-
zuziehen, gewährten die USA den westeuropäischen Staaten ökonomische Unter-
stützung und legten damit den Grundstein für eine dauerhafte Verbindung mit den
westeuropäischen Staaten. Die Annahme amerikanischer Kredite dokumentierte
allerdings auch weitere Machtverluste Europas.
2
Diese Arbeit zeichnet auf der Makroebene die Phasen des Wandels Großbritan-
niens von der Großmacht zur westlichen Mittelmacht in verschiedenen Konstella-
tionen
3
nach und analysiert dabei auf der Mikroebene schwerpunktmäßig das bri-
tische Verhalten
4
in ausgewählten Konfliktfällen
5
. Wie entwickelte sich die britische
1
Slessor, John, Some British Strategic Problems, Vortrag am United States War College, April
1948, in: The Great Deterrent, 1957, zit. nach Lider, 1985: 419
2
Vgl. Woyke, 1976: 9
3
Die in dieser Arbeit verwandte Definition des Begriffs folgt Kindermann, der die Konstellation als
,,die konkrete Beschaffenheit eines Beziehungsgefüges zwischen Staaten im Zeitpunkt einer
bestimmten historischen Situation" charakterisiert. ,,Zwischenstaatliche Konstellationen sind jeweils
das Produkt vielgestaltiger Interaktionsprozesse zwischen ihren Komponenten, d. h. den an ihnen
beteiligten Staaten oder auch anderen außenpolitisch relevanten Aktionseinheiten." Kindermann,
1977: 48
4
Verhalten wird hier verstanden als die Gesamtheit aller feststellbaren Aktivitäten, im Unterschied
zu Krisenmanagement oder -bewältigung.
5
Unter Konflikt das Aufeinandertreffen divergierender Interessen verstanden, die, wenn sie nicht
durch Zugeständnisse aller beteiligten Parteien ausgeglichen werden können, durch Gewaltan-
wendung durchzusetzen versucht werden. Diese Definition entspricht einem sehr weitgefaßten
Konfliktbegriff, genügt aber für die vorliegende Arbeit. Vgl. Lutz, 1980: 14; Czempiel, 1975: 89ff

EINLEITUNG
2
Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg? Geschah der zu beobachtende
Wandel immer nur unter Druck und auf äußere Einflüsse hin oder aus eigenem
Antrieb? Gibt es ein krisentypisches Verhalten Großbritanniens, und wenn ja, hat
es sich den veränderten Gegebenheiten angepaßt? ,,Die Frage scheint letztlich zu
sein, ob der Mensch und seine Gesellschaften Ziele ihrer eigenen Wahl verfolgen,
oder ob ihr Verhalten sich an Zielen orientierte, die ihnen durch Kräfte aufgezwun-
gen werden, welche sich zumeist ihrer Kontrolle entziehen."
6
Die Analyse setzt beim Nationalstaat als ,,Ansammlung von Individuen, Institutio-
nen, Gebräuchen und Verfahrensweisen"
7
an. Vielfach wird jedoch die Bezeich-
nung der gesellschaftlichen Entität (Großbritannien) oder ihrer Repräsentanten
(Premier-, Außen-, Verteidigungsminister) gebraucht, da in der verwendeten Lite-
ratur die im Namen des Staates handelnden Entscheidungseinheiten aufgrund
ihres Auftretens nach außen als geschlossene Willenseinheiten nicht immer klar
differenziert werden. ,,Unter dem Blickwinkel einer Betrachtung von der internatio-
nalen Politik her scheinen Staaten daher nur durch ihre Repräsentanten auf der
internationalen Bühne vertreten."
8
Es wurde jedoch darauf geachtet, daß hieraus
resultierende Ungenauigkeiten in der Beschreibung die Aussagekraft der Erklä-
rungen nicht vermindern.
1 . 2 A u f b a u d e r A r b e i t
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Hauptteile,
Britische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
1. nach dem Zweiten Weltkrieg
2. während des Kalten Krieges
3. während des Neuen Kalten Krieges
4. nach dem Kalten Krieg,
und einen Bewertungsteil.
Einer kurzen, allgemeinen Darstellung der Position Großbritanniens in der Weltpo-
litik zur Erläuterung der weltpolitischen Rahmenbedingungen folgt jeweils die
6
Singer, 1975: 199
7
Ebd.: 202

EINLEITUNG
3
Analyse des Verhaltens Großbritanniens in einem Konflikt im entsprechenden
Zeitraum.
But Europe relates to the Middle East, the Middle East relates to the Far East, the
Far East relates to relations with America, as does Europe, as does the Middle East.
They all relate to relations with Russia, and relations with either Russia or America
involve relations with China. Wherever one turns, the issue of one´s attitude and
ambitions about the future of the United Nations arises.
9
Diese komplexen Zusammenhänge wurden für die Zwecke dieser Arbeit nach
Möglichkeit vereinfacht. Bei der Darstellung der Konstellationen wurden jeweils
nur die hauptsächlich beteiligten Staaten oder Staatengruppen aufgeführt, so daß
die Umorientierung Großbritanniens sichtbar wird. Im ersten Teil sind dies auf-
grund der vollständigen Neuorientierung in einer völlig veränderten Sicherheit-
sumgebung die USA und die UdSSR, das Commonwealth
10
und Europa. Im
zweiten Teil sind letzlich nur die zwei Großmächte von Bedeutung. Im dritten Teil
gewinnt Europa zunehmend an Bedeutung und verdrängt schließlich im vierten
Teil die UdSSR bzw. Russische Föderation vollständig.
Die exemplarisch gewählten Konflikte zeichnen sich jeweils durch eine besondere
Relevanz für Großbritannien in der jeweiligen Zeit aus:
-
die Suez-Krise 1956 als Wendemarke für den Verlust des Weltmachtstatus
Großbritanniens,
-
die Kuba-Krise 1962 als Beispiel des begrenzten Einflusses Großbritanniens
auf die Hauptakteure der Weltpolitik im Kalten Krieg,
-
der Falkland-Krieg 1982 als Versuch, den verteidigungspolitischen Spielraum
noch einmal jenseits von Europa auszudehnen,
-
den Kosovo-Krieg 1999 als ersten Krieg, in dem sich die NATO als Militär-
bündnis bewähren mußte und in dem britische Politiker als Stimmführer her-
vortraten.
8
Schellhorn, 1977: 108
9
Lord George-Brown, ehem. Secretary of State for Foreign Affairs, zit. nach Frankel, 1975: 113
10
,,The Commonwealth of Nations", geschaffen durch das Statut von Westminster am 31.12.1931,
ist eine freiwillige politische Gemeinschaft unabhängiger, gleichberechtigter Staaten und deren
abhängiger Territorien mit britischer Vergangenheit ohne sicherheitspolitische Funktion. Vgl.
Baratta, 1999: 971

EINLEITUNG
4
Diese vier Krisen
11
eignen sich besonders gut für eine Analyse, da sie jeweils
recht kurz waren und trotzdem deutlich das Selbstbild und die tatsächliche Posi-
tion Großbritanniens widerspiegeln. An ihnen läßt sich nicht nur die schwindende
Bedeutung Großbritanniens in der Welt zeigen, sondern auch seine Position zu
seinem wichtigsten Partner, den USA, und seine Wendung hin zu Europa.
Die Tatsache, daß bei drei von vier der betrachteten Krisen die Conservative Party
an der Regierung war, stört die Analyse insofern nicht, als die außenpolitischen
Vorstellungen der Labour Party von denen der Conservative Party nur abwichen,
solange Labour nicht die Regierungspartei war. Einmal an der Regierung, ver-
folgte sie in der Außenpolitik regelmäßig dieselben oder ähnliche Ziele. Als Bei-
spiel hierfür sei die Forderung der Labour Party nach einseitiger Abrüstung (Uni-
lateralismus) genannt, die sie, wieder an der Macht, nicht durchzusetzen suchte.
1 . 3 M e t h o d e
Die Außenpolitik von Staaten resultiert aus dem Zusammenspiel zweier Determi-
nanten: der Gesamtheit derjenigen innerstaatlichen Gegebenheiten und Kräfte, die
das außenpolitische Verhalten eines Staates von innen her bedingen und der Po-
sition in der internationalen Umwelt eines außenpolitisch handelnden Staates und
der Reaktion anderer Staaten hierauf.
12
Diese Arbeit untersucht und vergleicht die Strukturen, Funktions- und Verhaltens-
weisen außenpolitischer Entscheidungs- und Aktionssysteme in Situationen ihrer
Konfrontation mit bestimmten Problemen, hier: den genannten Krisen. Die Analyse
der Konfliktfälle erfolgt in Anlehnung an die von der Neorealistischen Schule ent-
wickelten Konstellationsanalyse. ,,Ansatzpunkte solcher Analysen können sich im
Sinne einzelner oder vergleichender Fallstudien zunächst auf die Vorgeschichte
und historische Ausgangslage solcher Konstellationen ­ zum Beispiel internatio-
naler Krisen ­ beziehen. Drei für die Strukturierung solcher Konstellationen be
11
In der internationalen Politik wird als Krise eine Situation bezeichnet, in der eine Bedrohung der
eigenen Werte oder Ziele wahrgenommen wird, die zu einer Destabilisierung des internationalen
Rollengefüges führen könnte und über deren Konsequenzen Unsicherheit besteht. Aufgrund eines
Mangels an Information über die Lage sind die Absichten des Krisenpartners unklar, und der
Ausgang ist nicht abschätzbar. Die Krise als solche erkennend verhält sich ein Akteur in
krisenspezifischer Weise. Je weniger Informationen vorliegen und je größer eine Bedrohung
eingeschätzt wird, desto weniger und höherrangige Beteiligte am außenpolitischen
Entscheidungsprozeß werden involviert. Weiteres Merkmal einer Krise ist die Bereitschaft, eine
Änderung des Mitteleinsatzes zumindest zu erörtern. Vgl. Zöller, 1977: 203ff

EINLEITUNG
5
sonders bedeutsame Komponenten ergeben sich aus den Interessenkonzeptio-
nen, den Machtlagen und den Perzeptionen der außenpolitischen Entscheidungs-
träger und ihrer staatlichen Aktionssysteme."
13
Die Analyseform wurde wie folgt modifiziert: Erstens wird nur das Verhalten Groß-
britanniens in den konkreten Konfliktfällen analysiert, während das Verhalten des
Konfliktgegners vernachlässigt wird. Statt dessen gilt das Interesse ausschließlich
der Wechselbeziehung des Wandels der Bedeutung Großbritanniens in der
internationalen Politik und der daraus möglicherweise resultierenden Veränderung
des Krisenverhaltens Großbritanniens. Zweitens wurden die fünf zweipoligen
Grundkategorien System und Entscheidung, Interesse und Macht, Perzeption und
Wirklichkeit, Norm und Nutzen, Kooperation und Konflikt den Erfordernissen
angepaßt. Auf die rechtliche Komponente ist verzichtet worden, da eine Analyse
der rechtlichen Gegebenheiten den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und für
das Erkenntnisinteresse entbehrlich scheint.
Unter dem Gliederungspunkt ,,System und Entscheidung" werden zunächst die für
die Krise relevanten Aktionssysteme und außenpolitischen Entscheidungszentren
herausgearbeitet. Eine allgemeine Darstellung des außenpolitischen Entschei-
dungsprozesses in Großbritannien ist der Arbeit im Kapitel 1.6 vorangestellt. In
den einzelnen Teile werden die konkreten Akteure und ihre Handlungsspielräume
theoretisch isoliert vorgestellt. Zur Vervollständigung der Deutungen der jeweiligen
Konfliktfälle wird hier auch ein kurzer Abriß der Darstellungen in den Medien,
insbesondere der Presse gegeben. Wenngleich diese auch nicht am Entschei-
dungsprozeß beteiligt sind, sind sie doch die ,,institutionellen Träger der
öffentlichen Meinung"
14
und vermitteln so einen Eindruck des Meinungsklimas in
Großbritannien während der Krisen.
In einem zweiten Schritt werden die Interessen der Hauptakteure dargelegt und
die Machtverhältnisse, von denen die Möglichkeit zur Verwirklichung der Ziele und
die Auswahl der Mittel unmittelbar abhängt. Parallel dazu wird die Perzeption der
Krisensituation durch die entscheidungsbefugten Akteure mit den tatsächlichen
Geschehnissen abgeglichen, da sie, gleichgültig ob es sich um eine Fehl- oder
12
Vgl. Kindermann, 1962: 98
13
Kindermann, 1962: 102
14
Gellner, 1998: 543

EINLEITUNG
6
eine korrekte Einschätzung der Situation handelt, eine Handlung nach sich zieht.
Zuletzt werden die daraus resultierenden Verhaltensweisen der Akteure
geschildert.
15
In der Synthese werden die Ergebnisse der vier Analyse schließlich
zueinander in Beziehung gesetzt. Auf diese Weise werden nicht nur die einzelnen
Konflikte zu Interaktionsfeldern strukturiert, sondern auch die Konflikte
untereinander vergleichbar gemacht. Auf die Abbildung eines zwischenstaatlichen
Kräfteverhältnisses zwischen den Konfliktgegnern mußte verzichtet werden, da die
Vorstellungen und Handlungsweisen des jeweiligen Konfliktgegners nicht
untersucht werden. Trotzdem wird die Position Großbritanniens im weltpolitischen
Spannungsfeld erkennbar. ,,Jede Konstellation kann unter drei zeitlichen Aspekten
betrachtet werden: dem historischen ihrer Vorgeschichte, dem analytischen ihrer
gegenwärtigen Strukturierung und dem prognostischen ihrer künftig denkbaren
Entwickung [sic]"
16
.
Der Grund für die Wahl einer neorealistischen Methode für die vorliegende
Analyse ist in dem Gegenstand und dem Ziel der Arbeit zu sehen. Die Sicherheits-
und Verteidigungspolitik Großbritanniens kann am sinnvollsten anhand der
neorealistischen Theorie der internationalen Politik analysiert werden, weil speziell
Großbritannien sich trotz seiner Mitgliedschaft in vielen Bündnissen noch als
entschieden eigenständigen Staat versteht, der sich Bündnissen nur anschließt,
wenn er daraus einen Vorteil für sich ziehen kann, während zugleich seine
Souveränität in keiner Weise angetastet werden darf. Als Beispiele seien hier der
Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die aktuelle
Diskussion über den Wiedereintritt in die Währungsunion genannt. Die Methode
der Interdependenztheorie, die sich als beste Alternative angeboten hätte, wäre
hier keine Hilfe gewesen, da dort nicht der Nationalstaat als Akteur im Mittelpunkt
der Betrachtung steht.
1 . 4 D e f i n i t i o n e n : A u ß e n - , S i c h e r h e i t s - u n d V e r t e i d i g u n g s p o l i t i k
Der Übergang zwischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist fließend.
Eine klare Abgrenzung ist nicht zuletzt auch deshalb schwierig, weil sich die
Begriffe Sicherheits- und Verteidigungspolitik erst in neuerer Zeit aus dem
15
Vgl. Kindermann, 1977: 48ff
16
Bergstraesser, 1965: 219-232 zit. nach Kindermann, 1977: 76

EINLEITUNG
7
Überbegriff der Außenpolitik herausgelöst haben.
17
Auch in der politikwissen-
schaftlichen Literatur sind die entsprechenden Definitionen keineswegs einheitlich.
Da sich die vorliegende Arbeit nicht mit der Theorie der internationalen
Beziehungen selber beschäftigt, wird in der Folge nur eine kurze Arbeitsdefinition
des zentralen Gegenstandes dieser Arbeit gegeben.
1.4.1 Außenpolitik
Außenpolitik ist die Summe aller allgemeinpolitischen, wirtschaftlichen, militäri-
schen und soziokulturellen Interaktionen eines souveränen Nationalstaates mit
seinem internationalen Umfeld.
18
1.4.2 Sicherheitspolitik
Die Begriffe Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik bilden quasi Untermengen
des Begriffes Außenpolitik.
19
Es gibt unterschiedlich weite Definitionen des Begriffes Sicherheitspolitik, die alle
im wesentlichen die Auffassung von Sicherheit als ,,Abwesenheit von Gefahren
und Bedrohungen"
20
fortentwickeln. Daraus folgt für die Sicherheitspolitik, daß sie
sich mit der Abwehr von Gefahren und Bedrohungen im weitesten Sinne
beschäftigt, oder positiv ausgedrückt, daß sie die Aufgabe hat, ,,den Bestand und
die Werte einer Gesellschaft aufrechtzuerhalten"
21
. Vor dem Hintergrund einer
immer engeren Verknüpfung der Staaten auf politischer, sozialer, kultureller und
wirtschaftlicher Ebene kann für alle so verknüpften Staaten Sicherheitspolitik
vestanden werden als die Politik zur Vorbeugung oder Verminderung von
Sicherheitsrisiken auf allen diesen Ebenen. Selbst wenn keine eigenen engeren
Kontakte unter einzelnen Staaten gepflegt werden, sind die meisten Staaten
zumindest über Bündnisse und sich daraus ergebende Verpflichtungen
untereinander vernetzt. Sicherheitspolitik ist also nur im äußersten Fall
Verteidigungs- und Militärpolitik; im Grunde soll sie langfristig der Kriegsver-
meidung dienen.
17
Vgl. Seidelmann, 1998: 1ff
18
Vgl. Seidelmann, 1998: 1
19
Vgl. Woyke, 1999: 29ff
20
Dettke, 1998: 273f
21
Woyke, 1999: 29ff

EINLEITUNG
8
Da eine Arbeit wie diese für den behandelten Zeitraum eine so umfassende
Betrachtung von Sicherheitspolitik nicht leisten kann, wurde der Begriff weitest-
gehend auf die politische Ebene eingeengt. Die Arbeit beschränkt sich also auf die
Untersuchung des Verhaltens Großbritanniens durch Bündnispolitik, Entspan-
nungs- und Abrüstungsmaßnahmen und Einsatz seiner Streitkräfte, seine Bürger,
seine Interessen und sein Territorium vor Angriffen von außen zu schützen.
1.4.3 Verteidigungspolitik
Verteidigungspolitik wird in dieser Arbeit als der militärische Bereich der
Sicherheitspolitik verstanden. Er umfaßt die Unterhaltung und den Einsatz von
Streitkräften zu Abschreckungs- und Verteidigungszwecken und, in seinen ihnen
neueren Funktionen, auch der Unterstützung multinationaler Friedensmissionen
und die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.
22
In der Literatur über britische Sicherheitspolitik bleibt der Begriff der Sicherheits-
politik schwammig, weit gefaßt und stark verteidigungslastig, da das Militär für die
britische Sicherheit traditionell eine sehr große Rolle gespielt hat. Eine klar
umrissene Sicherheitspolitik ist nur schwer auszumachen. Oftmals wird der Begriff
einfach synonym für Militärpolitik verwendet. Dies mag unter anderem daran
liegen, daß die meisten Autoren, auf die man immer wieder stößt, wenn man sich
mit britischer Sicherheitspolitik beschäftigt, aus dem Bereich der Verteidigung
kommen.
23
Diese Arbeit versucht den politischen Aspekt der Sicherheit
hervorzuheben und berührt den Bereich der Verteidigungspolitik nur, wo er für die
Sicherheit unentbehrlich ist.
1 . 5 P o l i t i s c h e D e n k m u s t e r
As British foreign policy is marked by pragmatism and an absence of ideology, to
analyse it by means of fundamental philosophical structures would force it into a
strait-jacket.
24
In der britischen Außenpolitik haben Ideologien nie eine große Rolle gespielt.
25
Die
pragmatische Tradition der britische Außenpolitik hat zur Folge, daß einerseits die
22
Zum Begriff der Sicherheitspolitik siehe auch Schall, 1986: 1-12 oder Meyers, 1976: 40-47
23
So z. B. ist John Baylis Professor für Internationale Politik mit Forschungsschwerpunkt Anglo-
American Relations und Nuclear Strategy, Lawrence Freedman ist Professor für War Studies, Colin
McInnes ist Professor für Internationale Politik mit Schwerpunkt Britische Verteidigungspolitik,
Military History und Strategic Studies.
24
Frankel, 1975: 2

EINLEITUNG
9
britische Außenpolitik weder ideologisch noch doktrinär ist, andererseits aber auf-
grund des hierdurch bedingten Mangels an langfristigen Strategien schwierige
Entscheidungen unangemessen lange hinausgezögert oder überhaupt nicht
getroffen werden.
26
So wurde nie eine Strategie entwickelt für das politische und
militärische Verhalten Großbritanniens in Bezug auf sein schrumpfendes Empire.
Politische Entscheidungen wurden hier nur für konkrete Situationen in dem jeweils
betroffenen Teil des Empires getroffen, in Abwägung der Alternativen und in dem
Versuch, den größtmöglichen Einfluß zu behalten.
27
Restverpflichtungen aus
imperialer Zeit und die Sorge vor der Ausbreitung des Kommunismus in der Welt
vermischten sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Politik, die ältere
außenpolitische Paradigmen des Foreign and Colonial Office fortsetzten.
28
Eine
,,grand strategy" wie im gaullistischen Frankreich hatte Großbritannien für seine
Außenpolitik im gesamten 19. und 20. Jahrhundert nicht.
29
Aus diesem pragmatischen Ansatz resultieren einige typische Prinzipien, die zu
Parametern der englischen Sicherheitspolitik geworden sind: vor allem das
Denken in Kategorien der Macht (Seemacht, Gleichgewichtspolitik), der Stabilität
und des Status; die Abneigung gegen dauerhafte Allianzen oder politische
Bindungen; Bereitschaft zum Kompromiß und zur Kooperation; Skepsis
gegenüber idealistischen Politikentwürfen.
30
Nicht alle Verhaltensmuster passen
zueinander und haben ihre Gültigkeit behalten. So wurde die Allianzpolitik nach
1945 mit dem Konzept des Gleichgewichts und der Stabilität verbunden. Noch
nach Ende des Gleichgewichtssystems zwischen Ost und West bemühte sich
Margaret Thatcher um die Fortsetzung einer modernen Version der ,,balance of
power"-Politik, um die deutsche Wiedervereinigung zu bremsen.
31
Die Politik der
Machtbalance wurde auch innerhalb der Allianz verfolgt. Jedoch mußte
Großbritannien bald erkennen, daß es nicht mehr in der Lage war,
Ungleichgewichte selber auszugleichen. Da der Blick der britischen Außenpolitik
25
Vgl. Northedge, 1982: 103
26
Vgl. Mack, 1992: 163
27
Vgl. Lider, 1985: 443
28
Vgl. Frankel, 1975: 11
29
Vgl. Wallace,1991a: 65
30
Vgl. Baylis, 1989: 6; Gutjahr, 1994: 110
31
Vgl. Schwarz, 1997: 12

EINLEITUNG
10
auf die USA gerichtet war, erschien es nur logisch, sich diesem neuen Partner
anzuschließen.
32
Unterschiedliche britische Regierungen sahen ihre Hauptaufgabe im Management
einer ausgleichenden Machtpolitik, die sich zunächst an Einflußpotentialen und
erst in zweiter Linie an Intentionen und Ideologien orientierte. Mit einer bemer-
kenswerten Kontinuität blieb Großbritannien eine Status-quo-Macht, deren Politik
auch im 20. Jahrhundert von Pragmatismus geprägt war. Die Kontinuität der
pragmatischen außenpolitischen Entscheidungseliten führte nach 1945 dazu, daß
nicht nur der Glaube an ein wiedererstarkendes Großbritannien weiterhin Bestand
hatte, sondern bewirkte vor allem, daß die hierzu notwendigen Strukturver-
änderungen unterblieben.
33
Der Erhalt älterer britischer Prioritäten bildete die
konzeptionelle Grundlage aller Regierungen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Umgestaltungen wurden lediglich als Anpassungen vorgenommen, beispielsweise
an die zunehmende Interdependenz und die abnehmende Bedeutung
Großbritanniens in der Welt, ohne daß nationale Ziele neu definiert oder eine
Neudefinition zumindest diskutiert worden wären.
34
Selbst heute betonen britische Politiker immer wieder den Pragmatismus ihrer
Politik. So Premierminister Blair bei der Verleihung des Karlspreises:
The British, at their best, have two great characteristics: creativity and common
sense. As history shows, we have never lacked boldness, or courage. But our sense
of adventure has always been tempered by practical realism. We are pragmatic
visionaries, rather than utopians.
35
Aufgrund des primär pragmatischen Ansatzes der britischen Außenpolitik, der sich
in den Analysen der vier Krisen wiederfinden läßt, wird an dieser Stelle auf eine
eingehendere Darlegung der der britischen Sicherheitspolitik zugrundeliegenden
theoretischen Ansätze verzichtet.
1 . 6 D i e A k t e u r e d e r b r i t i s c h e n A u ß e n p o l i t i k
... to describe the foreign policy process is to attempt to describe the nature and
substance of British government in general.
36
32
Vgl. Frankel, 1975: 174
33
Vgl. Frankel, 1975: 256f
34
Vgl. Wallace,1991: 67
35
Tony Blair bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen, 13.5.1999, www.fco.gov.uk
36
Vgl. Sampson, 1970: 151

EINLEITUNG
11
Im folgenden werden kurz die wichtigsten Akteure des britischen politischen Sys-
tems in Hinblick auf ihre Bedeutung für die Außenpolitik charakterisiert.
1.6.1 Die Regierung
Ursprünglich handelt es sich bei der Gestaltung der britischen Außenpolitik um
eine Prärogative des Monarchen, doch bereits 1689, mit der Bill of Rights, erfuhr
dieses Recht eine Begrenzung.
37
Heute ist es de facto fast vollständig auf die
heutige Exekutive, die Regierung, übergegangen.
Das Kabinett als oberstes Kollegialorgan der Exekutive stellt in Großbritannien die
politische Führung des Landes dar (cabinet government).
38
Obwohl hier der
Premierminister eigentlich nur primus inter pares ist, ist sein tatsächlicher Einfluß
im allgemeinen weit größer. Aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden
Befugnisse und Institutionen, z.B. den Cabinet Committees oder dem Cabinet
Office mit den dazugehörigen Abteilungen, seiner Stellung im Parlament und in
seiner Partei ist es ihm jedoch möglich, das Kabinett zu beeinflussen oder sogar
zu beherrschen.
39
Es ist daher nicht völlig abwegig, von einer Premierminister-
Regierung (prime ministerial government) zu sprechen, deren konkrete
Ausformung stark von der Persönlichkeit des Premierministers abhängt.
40
Premierminister haben sich traditionell in Großbritannien als persönliche
Repräsentanten ihres Staates verstanden.
41
Deshalb agiert auch in der
Außenpolitik der Premierminister als der mächtigste Mann im Staat. Bei der
Gestaltung der Außenpolitik spielt zudem die Beziehung zu seinem Foreign
Secretary eine sehr wichtige Rolle.
42
Teilt dieser die außenpolitischen Ansichten
des Premierministers, wird dieser ihm möglicherweise einen großen
Handlungsspielraum zugestehen.
43
37
Vgl. Bagehot, 1964: 56ff
38
Vgl. Vital, 1968: 50f
39
Vgl. Mack, 1992: 161
40
Vgl. Clarke, 1988: 73
41
Vgl. Acton/Crowe, 1991: 129
42
Vgl. Vital, 1968: 53
43
Vgl. Clarke, 1988: 74

EINLEITUNG
12
1.6.2 Das Außenministerium (Foreign and Commonwealth Office)
The mission of the Foreign & Commonwealth Office is to promote the national
interests of the United Kingdom and to contribute to a strong world community.
44
Ein bedeutendes Glied in der außenpolitischen Entscheidungsstruktur Großbritan-
niens ist das Foreign and Commonwealth Office (FCO), dem auch der Diploma-
tische Dienst unterstellt ist. Es wird vom Außenminister (Secretary of State for
Foreign & Commonwealth Affairs) geleitet. Verfassungsrechtlich unterliegen die
Entscheidungen des Außenministers der Zustimmung des Kabinetts und des
Premierministers. Auch hier ist das Maß an Rücksprache jedoch stark abhängig
von Persönlichkeitsfaktoren und der Bedeutung der Entscheidung.
45
Häufig erreichen die Entscheidungen über außenpolitische Fragen das Kabinett
nicht, sondern werden unmittelbar von hohen Beamten des FCO, dem Foreign
Secretary alleine oder im Einvernehmen mit dem Premierminister getroffen.
Alternativ beschäftigt sich mit solchen Entscheidungen das Defence and Overseas
Policy Committee, ein Kabinettsausschuß, dem als ständige Mitarbeiter der
Premierminister, der Außenminister, der Verteidigungsminister und der Finanzmi-
nister und je nach zu entscheidender Frage Fachminister angehören.
46
Aufgrund der zunehmenden internationalen Interdependenzen, die sich nicht
zuletzt aus der Mitgliedschaft in diversen wirtschaftlichen, politischen und militäri-
schen Bündnissen ergeben, arbeitet das FCO mit den meisten anderen
Ministerien zusammen, sofern deren Aufgaben in einem internationalen Kontext
relevant sind, ,,...for example, with the MOD
47
on security, with the DTI
48
on
prosperity, with DFID
49
on quality of life and the Overseas Territories, and with the
Home Office on immigration."
50
Im aktuellen Government Expenditure Plan nennt das FCO für das Ziel der
Sicherheit folgende Maßnahmen:
Objective 1: To ensure the security of the UK; and to promote international peace
and stability
44
About FCO, www.fco.gov.uk
45
Vgl. Maack, 1992: 162
46
Vgl. Wallace, 1977: 48
47
Ministry of Defence
48
Department of Trade and Industry
49
Department of International Development
50
The Government's Expenditure Plans 1999-00 to 2001-02: VII, www.fco.gov.uk

EINLEITUNG
13
The ways we shall do this include: strengthening NATO in its modern role; furthering
the transatlantic relationship; strengthening European security and capacity for crisis
management; promoting arms control and non-proliferation; keeping the United
Nations strong, and supporting dispute settlement, conflict prevention and
management, peacekeeping and security arrangements at the global and regional
level keeping Commonwealth ties strong.
51
1.6.3 Andere Ministerien
Neben dem FCO haben zwei weitere Ministerien eine wichtige Stellung innerhalb
des außenpolitischen Entscheidungsapparates: das Finanzministerium und das
Verteidigungsministerium. Das Finanzministerium verdankt seine Schlüsselstel-
lung seiner Funktion als Verwalter der britischen Staatsfinanzen. Das Verteidi-
gungsministerium (MoD) erhält seine Bedeutung durch eigene ,,Auslandsvertre-
tungen" für Sicherheits- und Verteidigungsfragen, die es bei wichtigen Organisa-
tionen (NATO) und Staaten (USA) unterhält. MoD und FCO arbeiten sowohl bei
sicherheitspolitischen Anliegen als auch bei nachrichtendienstlichen Aufgaben
zusammen.
52
1.6.4 Das Parlament
Parliament has become a theatre of which any Prime Minister takes notice only
when obliged by force of numbers to do so.
53
Das Parlament hat in Bezug auf die britische Außenpolitik kaum eine Funktion.
Insbesondere die parlamentarische Opposition betreibt hier zwar öffentliche Kritik
als Kontrollform, zur Beeinflußung der öffentlichen Meinung und Profilierung der
eigenen Partei als Alternativregierung.
54
Entscheidungen werden dem Parlament
jedoch lediglich mitgeteilt. Selten kommt es zu Abstimmungen. Verträge, die Groß-
britannien eingeht, auch sicherheits- oder verteidigungspolitischer Natur, kommen
ohne Zustimmung des Parlaments zustande.
55
Die zentrale Funktion des
britischen Parlaments liegt daher in der Artikulation der Interessen. Hierzu hat es
diverse Möglichkeiten: In den außenpolitischen Debatten, in der Fragestunde
(question time) am dritten Mittwoch jedes Monats oder durch die Select
Committees on Foreign Affairs oder on Defence im House of Commons, bzw.
vergleichbaren Ausschüssen im House of Lords und auf Parteiebene. ,,These
51
Ebd.: VIII, www.fco.gov.uk
52
Vgl. Sampson, 1970: 152
53
Young, TG: 20.4.1999
54
Vgl. Saalfeld, 1998: 132

EINLEITUNG
14
devices, however, do not enable Parliament to play a central role in foreign policy
making. Debates tend to be generalized, ill-informed and ritualistic. Question time
is not noted for its penetrating political analysis."
56
Nur wenn die Regierung als Ganzes das Vertrauen des Parlaments in ihre
Problemlösungskompetenz auf einem konkreten Gebiet verliert, hat dies
möglicherweise Einfluß auf die Politik. In schwerwiegenden Fällen kann die
Regierung sich genötigt sehen zurückzutreten.
57
Am größten wären die Einfluß-
möglichkeiten des Parlaments auf dem Gebiet der Verteidigungsausgaben, über
die es jährlich abstimmt. Sie werden jedoch begrenzt durch die Tatsache, daß
über den Verteidigungshaushalt als Ganzen abgestimmt wird, nicht über einzelne
Teile. Das traditionelle Recht des Parlaments über die Größe der Streitkräfte zu
entscheiden, geht ebenfalls in der Gesamtabstimmung unter. Maßgeblich beteiligt
ist das Parlament an der Militärgesetzgebung.
58
1 . 7 L i t e r a t u r
Bei dem überwiegenden Teil der verwendeten Literatur fällt der stark historisch-
deskriptive Charakter auf. Eine sytematische Analyse hat sich lediglich zur
Falkland-Krise gefunden.
Zur Suez-Krise gibt es eine wahre Flut an Literatur. Diese Arbeit stützt sich vor
allem auf The Suez Crisis von Anthony Gorst und Lewis Johnman, der auch eine
Reihe von Primärquellen enthält, und Divided We Stand: Britain, the US and the
Suez Crisis von W. Scott Lucas.
Zur Kuba-Krise hat sich kaum Literatur über den britischen Beitrag gefunden,
zumal aus britischer Perspektive: die Autobiographie Premierminister Macmillans,
die Biographie Macmillans von Alastair Horne und einen Beitrag von Len V. Scott,
La Grande-Bretagne et la Crise des Missiles, in L´Europe et la Crise de Cuba von
Maurice Vaïsse. Amerikanische Darstellungen der Kuba-Krise liegen in größerer
Zahl vor, behandeln den englischen Beitrag zur Konfliktlösung jedoch nur am
Rande und sind zudem häufig ungenau und widersprüchlich. Die geringe Anzahl
55
Vgl. Dodd, 1998: 33
56
Vgl. Clarke, 1988: 75
57
Vgl. Dodd, 1998: 29
58
Vgl. Dodd, 1998: 30f

EINLEITUNG
15
an Beiträgen läßt hier bereits einen gewissen Schluß auf die nachgeordnete
Bedeutung Großbritanniens für den Ausgang der Krise zu.
Zum Falkland-Krieg erwiesen sich The Falklands War von Christopher Dobson,
John Miller und Ronald Payne und Der Falkland (Malvinas)-Konflikt von Carlos
Mack als besonders hilfreich.
Zum Kosovo-Krieg lag, als die vorliegende Arbeit verfaßt wurde, noch keine
Literatur in Großbritannien vor. Dies könnte als Zeichen des allgemein geringen
öffentlichen Interesses an außenpolitischen Geschehnissen gedeutet werden.
59
Die zum Kosovo-Konflikt in Deutschland erschienene Literatur ist weitgehend
politisch einseitig. Bei der Analyse des Verhaltens Großbritanniens in diesem
Konflikt stützt sich die Arbeit fast vollständig auf Zeitungsartikel, die heutzutage im
Bereich der Berichterstattung aufgrund der gegenseitigen Selbstkontrolle der
Presse als Quelle hinreichend verläßlich zu sein scheinen. Die verwendeten
Zeitungen bemühten sich um eine umfassende Darstellung des Krieges, ohne ein
einseitig negatives Feindbild der Serben aufzubauen. Zudem boten sie vielen
Meinungsträgern ein Forum, so daß im eher konservativen Daily Telegraph auch
Labour-Abgeordnete Artikel veröffentlichten wie auch im labournahen Guardian
konservative. In ihrer grundsätzlichen Unterstützung der Regierungspolitik waren
sich die großen Tageszeitungen und Zeitschriften einig. In Einzelfragen der
Vorgehensweise gab es jedoch auch abweichende Vorstellungen. Der Guardian
und der Economist beispielsweise plädierten bereits für einen Einsatz von
Bodentruppen, als dieser von der Regierung noch nicht vorgesehen war.
59
Vgl. Clarke, 1988: 77

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
16
2
Britische Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1957)
I feel the existence of three great circles among the free nations and democracies...
The first circle for us is naturally the British Commonwealth and Empire, with all that
that comprises. Then there is also the English-speaking world in which we, Canada
and the other British Dominions, and the United States play so important a part. And
finally, there is United Europe. These three majestic circles are co-existent and if
they are linked together there is no force or combination which could overthrow
them or even challenge them. Now if you think of the three inter-linked circles you
will see that we are the only country which has a great part in every one of them. We
stand in fact at the very point of junction and here is this island at the very centre of
the seaways and perhaps the airways also; we have the opportunity of joining them
all together.
60
Als Sieger über das faschistische Deutschland war das Vereinigte Königreich
eines der Länder, die machtpolitisch knapp unterhalb der beiden Supermächte
USA und UdSSR anzusiedeln waren. Die außenpolitische Elite einschließlich der
Regierung behielt ihren ,,oceanic outlook", weil die militärische Macht fortbestand,
London im Zentrum der Sterling area der Mittelpunkt internationaler Finanzströme
blieb und das Commonwealth als Nachfolgeorganisation des Empires weiterhin
auf die britischen Inseln orientiert blieb. Die Politik der drei Kreise ­ englisch-
sprachige Welt, Commonwealth, Westeuropa ­ des konservativen britischen
Premierministers Churchill wurde nach dem Zweiten Weltkrieg anerkanntes
Leitmotiv der englischen Außenpolitik.
61
Auch für die Labour-Regierung unter
Premierminister Attlee diente sie als konzeptionelle Grundlage ihrer Außen- und
Verteidigungspolitik.
62
Die äußerlichen Zeichen der Macht verdeckten die reale Schwäche des Landes.
Die Kriegsanstrengungen hatten das Inselreich finanziell und wirtschaftlich
überfordert. Die Regierung tat dennoch wenig, um die politischen Folgen der
ökonomischen Probleme zu analysieren. Imperiale Illusionen bestimmten
weiterhin die britische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Diese Vorstellungen
stützten sich auf die wirtschaftliche und militärische Hilfe der USA, die
ökonomische Schwäche der kontinentalen Konkurrenten und die Erwartung, daß
sich die britische Wirtschaft rasch von den Belastungen des Krieges erholen
würde.
63
Doch der Niedergang der ehemaligen Weltmacht war unaufhaltsam und
60
Aus einer Rede von Winston Churchill auf einer Konferenz der Conservative Party in Llandudno,
9.10.1948, zit. nach Bluth, 1995: 7
61
Vgl. Wallace, 1992: 427
62
Vgl. Gutjahr, 1994: 148
63
Vgl. Frankel, 1975: 13; Baylis, 1993: 128

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
17
führte im Verlauf der fünfziger Jahre zu einem deutlichen internationalen Prestige-
verlust.
64
Während Großbritannien vor dem Zweiten Weltkrieg eine unabhängige
Weltmacht gewesen war, konnte es diese Position nach 1945 nicht länger
aufrechterhalten.
65
2 . 1 D a s p o l i t i s c h e U m f e l d
2.1.1 USA
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg machte insbesondere die Zusammen-
arbeit auf dem Verteidigungssektor die anglo-amerikanische Sonderbeziehung
(Special Relationship) aus. So traf sich das amerikanische Interesse an der
Einhegung sowjetischer Macht mit dem britischen Wunsch, das US-Potential als
Gegengewicht zu dem der UdSSR zu nutzen, bzw. der Notwendigkeit, einen
Nachfolger für die verlorene Großmachtrolle und die damit verbundene Politik der
Machtbalance zu finden.
66
Während Großbritannien ständig um die Beteiligung der
USA an der Verteidigung Westeuropas bemüht war, beobachteten die USA
fortwährend, welchen Anteil Großbritannien dazu leistete. Dieser Beitrag
wiederum war Großbritannien nur mit amerikanischer finanzieller Hilfe möglich.
Um aber die USA nicht zu enttäuschen und um zu beweisen, daß es der
mächtigste Staat in Westeuropa sei, investierte Großbritannien auf Kosten seiner
Wirtschaft große Summen in seine militärische Ausstattung.
67
Zu jenem Zeitpunkt
war Großbritannien neben den USA und der UdSSR der einzige Staat, der als
eine unabhängige Militärmacht angesehen werden konnte.
68
In dieser Zeit
gestattete es den USA, ohne jegliche vertragliche Regelung eine große Anzahl
Flugzeuge der US Airforce in Großbritannien zu stationieren. Im Gegenzug
erhoffte sich die britische Regierung einen erhöhten Einfluß auf die amerikanische
Politik.
69
Die militärische Zusammenarbeit endete zwar mit Kriegsende vorerst, weil ihr mit
dem Sieg über Deutschland die Grundlage entzogen worden war, wurde aber
64
Vgl. Gutjahr, 1994: 104; Lider, 1985: 419ff
65
Vgl. Frankel, 1975: 256
66
Vgl. Alternative Defence Commission, 1987: 58
67
Vgl. Baylis, 1977: 74
68
Ebd.: 75
69
Vgl. Rees, 1991: 145

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
18
bereits Ende der 40er Jahre wiederbelebt.
70
Bereits Ende 1947 erreichte das
Combined Chiefs of Staff Committee der britischen und amerikanischen Streit-
kräfte seine ehemalige Effektivität. Sowohl bei der Berliner Blockade als auch im
Korea-Krieg kooperierten die Combined Chiefs of Staff (Vereinte Stabschefs), wie
sie es im Zweiten Weltkrieg getan hatten. In der Folge übernahmen sie gemein-
sam den Hauptanteil an der Verteidigung Westeuropas und besetzten auch die
wichtigsten Positionen des NATO-Verteidigungsapparats.
71
Auf dem Gebiet der Nuklearwaffen konnte anfangs zwischen den beiden Staaten
keine Einigung erzielt werden. Hatte die Zusammenarbeit mit dem Manhattan
Project und den Vereinbarungen von Québec 1943 und Hyde Park 1944 gut
angefangen, nahm die Kooperationsbereitschaft 1945 ab und endete mit dem U.S.
Atomic Energy Act (McMahon Act) von 1946, durch den die Weitergabe von
Informationen über die Entwicklung von Nuklearwaffen unterbunden wurde.
72
Erst
1954 wurde die Zusammenarbeit wieder aufgenommen.
Mit dem McMahon Act schien ein Tiefpunkt in den anglo-amerikanischen Bezie-
hungen erreicht zu sein. Sie verbesserten sich jedoch bald aufgrund der Ähnlich-
keit der sicherheitspolitischen Interessen der beiden Staaten, die sich auf die
Verteidigung Europas gegen die Bedrohung durch die Sowjetunion und den
wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas konzentrierten.
73
2.1.2 Europa
Das Interesse Großbritanniens an Kontinentaleuropa nach dem Zweiten Weltkrieg
war rein sicherheitspolitischer Natur. Die britische Bündnispolitik in dieser Zeit
kann als Fortsetzung der Gleichgewichtspolitik gesehen werden. Wirtschaftlich
war Großbritannien nicht an einer europäischen Integration interessiert, so sehr
die USA auch dazu drängen mochten.
74
Unter der Leitung Außenminister Bevins war das Hauptziel unmittelbar nach dem
Krieg, ein gutes Arbeitsverhältnis mit den USA, der UdSSR und Frankreich
bezüglich der Verwaltung des besetzten Deutschlands zu erreichen. Churchills
70
Vgl. Baylis, 1977: 71
71
Ebd.: 73
72
Vgl. Northedge, 1974: 175
73
Vgl. Baylis, 1977: 70
74
Vgl. Wallace, 1991a: 71

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
19
Rede in Fulton 1946, in der er bereits von einem Eisernen Vorhang sprach, der
Europa zu trennen drohe, kam Bevin ungelegen, da er die Möglichkeit einer
Zusammenarbeit mit der Sowjetunion noch nicht aufgegeben hatte. Bei der
Formulierung des ersten Nachkriegsbündnisses in Dünkirchen im März 1947 legte
Bevin daher besonderen Wert darauf festzuhalten, daß es sich nicht um die
Bildung eines Westlichen Blocks handle, sondern das Bündnis der Beruhigung der
französischen Angst vor einem Wiedererstarken Deutschlands diene.
Da er erkennen mußte, daß Großbritannien die in Europa stationierten Verteidi-
gungskapazitäten aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage nicht lange in
dem bestehenden Ausmaß würde aufrechterhalten können, wandte Bevin sich
hilfesuchend an die USA, die sich mit der Truman-Doktrin (März 1947)
verpflichteten, im Falle eines Angriffs von seiten der UdSSR unterstützend
einzugreifen. Erst durch diesen Hilferuf wurde die amerikanische Regierung des
tatsächlichen Ausmaßes der wirtschaftlichen Not Europas gewahr. Sie entschied
sich daraufhin für eine finanzielle Unterstützung im Rahmen des European
Recovery Programs (Marshallplan). Die UdSSR lehnte die angebotenen Gelder
ab. So führte die Einrichtung der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit
in Europa (OEEC) im April 1948 zu einer tatsächlichen Blockbildung.
75
Obgleich die USA mit der Truman-Doktrin und dem Marshallplan bewiesen hatten,
daß sie sich durchaus für Europa verantwortlich fühlten, erkannte Bevin die
Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten
untereinander. Hierbei dachte er immer nur an eine Kooperation, nicht an einen
Zusammenschluß. Ein erster Erfolg war die Gründung der Westunion mit
Frankreich und den Benelux-Staaten im März 1948, die die USA sehr begrüßten,
ohne sich jedoch anzuschließen.
76
Als die UdSSR erste Anzeichen expansiver Bestrebungen zeigte, entschloß sich
die amerikanische Regierung erstmals in ihrer Geschichte, ein Bündnis außerhalb
ihres Kontinents einzugehen und unterschrieb im April 1949 den Nordatlantik-
vertrag.
77
Nachdem er die Verteidigung Westeuropas so geregelt sah, wandte sich
Bevin wieder seinen außereuropäischen Interessen zu. Bereits im Koreakrieg
75
Vgl. Kirby, 1977: 96
76
Ebd.: 97
77
Ebd.: 98

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
20
1950, der als Eröffnungsschlag gewertet wurde, dem ein Angriff auf Europa folgen
würde, zeichnete sich jedoch ab, daß die Verteidigung Westeuropas keineswegs
gesichert, sondern die UdSSR in einer deutlichen Übermacht war.
78
Trotz dieser Vereinbarungen war die britische Regierung nicht gewillt, ihre
Verteidigungspolitik umzustellen. Deren Schwerpunkte lagen bis 1952 weiterhin
auf der Verteidigung Großbritanniens durch die Flotte und die Royal Air Force,
dem Schutz der See- und Nachrichtenverbindungen und der Wahrung der
britischen Interessen im Nahen Osten. Eine Konfrontation mit der UdSSR hielt
man nur im dort für möglich, nicht auf dem europäischen Kontinent. Gegen Ende
der Regierung Attlee verschoben sich die Prioritäten: Der Nahe Osten blieb zwar
im Kalten Krieg bedeutsam, für einen ,,heißen Krieg" trat Europa mehr und mehr in
den Mittelpunkt.
79
Wegen der schlechten Wirtschaftslage war die Sicherheitspolitik der Regierung
Attlee gekennzeichnet durch die Reduzierung kolonialer Verpflichtungen. Der Ten
Year Rule folgend, nach der ein Krieg mit der UdSSR innerhalb der folgenden
zehn Jahre für unwahrscheinlich erachtet wurde, wurden die Verteidigungs-
ausgaben von der Produktion in die Forschung umgeschichtet und Navy und Air
Force Vorrang vor der Armee gewährt. Zu Beginn des Korea-Kriegs wurde
allerdings wieder massiv aufgerüstet, was eine zu hohe Belastung für den
Haushalt bedeutete und letztlich zum Wahlverlust der Labour-Regierung beitrug.
80
2.1.3 UdSSR
the Soviet Union has announced to the world that it proposed to play an aggressive
political role, while making an intensive drive to increase its own military and
industrial strength. We should be very unwise not to take the Russians at their word,
just as we should have been wise to take Mein Kampf at its face value.
All Russia´s activities in the past few months confirm this picture.
81
Unmittelbar nach Kriegsende hofften britische, französische und amerikanische
Politiker und Diplomaten, sich mit der UdSSR arrangieren zu können, obgleich sie
sich des ideologischen Unterschieds bewußt waren. Aufgrund des pragmatischen
Ansatzes der britischen Außenpolitik, war es Großbritannien möglich, seine Politik
78
Vgl. Kirby, 1977: 100
79
Vgl. McInnes, 1995: 6
80
Ebd.: 7
81
FO 371/55581, 2. April 1946, PRO, zit. nach Baylis, 1993: 42

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
21
nicht von Antipathie gegen den Kommunismus, sondern von der Orientierung am
eigenen nationalen Interesse leiten zu lassen. Selbst Churchill, der bereits 1943 in
der UdSSR eine potentielle Bedrohung gesehen hatte, strebte fortgesetzte
Verhandlungen mit der russischen Regierung an.
82
Die Bedrohung britischer Interessen durch die UdSSR, insbesondere im Mittel-
meerraum und im Nahen Osten, aber auch die Beeinflußung des Kräftegleich-
gewichts in Europa wurde in Großbritannien immer stärker wahrgenommen.
83
,,The appropriate response to the threat, from a British perspective, was to
combine strength with diplomacy, deterrence with accommodation."
84
Da Groß-
britannien nicht über die notwendige Stärke verfügte, bat es die USA um
Unterstützung. Hierdurch wurden wiederum die Beziehungen zur UdSSR belastet.
Bis Anfang 1947 hoffte Bevin dennoch auf eine Einigung mit der Sowjetunion,
erhielt die Kontakte so eng wie möglich und vermied Reibungen, ohne sich jedoch
auf einseitige Zugeständnisse einzulassen. Mit Churchills Rede in Fulton und der
Formulierung der Truman-Doktrin im März 1947 wurde die Befürchtung einer
sowjetischen Bedrohung erstmals artikuliert.
85
Der Coup der Kommunisten in der
Tschechoslowakei und die Blockade Berlins 1948 belasteten die Beziehungen
zusätzlich. Die Ablehnung der amerikanischen Gelder aus dem European
Recovery Program durch die UdSSR (1948), der Koreakrieg (1950) und die
deutsche Wiederbewaffnung (1951) verhärteten die Fronten des Ost-West-
Konflikts. Churchill, der im Oktober 1951 wieder Premierminister wurde, nahm den
Versuch wieder auf, Konferenzen mit der sowjetischen Regierung zu erreichen.
Sein Nachfolger Eden baute diese diplomatischen Bemühung aus und reaktivierte
so die Ost-West-Kommunikation auf der obersten politischen Ebene. Von Edens
Vorschlag eines entspannungspolitischen Konzepts 1954 (Eden-Plan) an bis zur
Unterzeichnung des partiellen Atomteststopabkommens 1963
86
spielte Großbritan-
nien eine zentrale Rolle im Entspannungsprozeß.
87
82
Vgl. Frankel, 1975: 192
83
Vgl. Smith, 1988: 641f und Frankel, 1975: 195
84
White, 1988: 157
85
Vgl. Baylis, 1993: 45 und Adamthwaite, 1985: 228
86
Das partielle Atomteststopabkommen von 1963 war das erste Abkommen über die Kontrolle von
Nuklearwaffen. Er verbot Atomversuche in der Atmosphäre, im All und unter Wasser. Es wurde von
der Sowjetunion, den USA und Großbritannien unterzeichnet. Vgl. Risse-Kappen, 1995: 105
87
Vgl. White, 1988: 157

BRITISCHE SICHERHEITSPOLITIK NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG (1945-1957)
22
2.1.4 Commonwealth/Naher Osten
We were the dominant power throughout the area. We had a huge military base on
the Suez Canal, a naval base at Aden, air squadrons stationed in Iraq, rear bases in
Cyprus and Malta. We paid for and provided the commander of the Arab Legion in
Jordan. We had Protectorates over the Persian Gulf sheikdoms, whose foreign
relations we conducted through a Political Resident in Bahrein. We had enormous
oil investments in Iran and a growing interest in the Golf region.
88
Bereits vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde im Foreign Office diskutiert, wie
nach Kriegsende mit den britischen Territorien verfahren werden sollte. Aus
finanziellen Gründen wollte man, wenn auch ungern, einen Großteil der
Verantwortung im Nahen Osten den USA übertragen. Diese sträubten sich jedoch,
weil sie nicht wie eine Kolonialmacht wirken wollten. Erst nach dem Krieg wurde
man sich des vollen Ausmaßes der Wirtschaftskrise bewußt, das man bisher zu
ignorieren versucht hatte. Die Erhaltung der Weltrolle erschien selbst mit
amerikanischen Krediten kaum realisierbar. Während das Foreign Office und die
Chiefs of Staff den Wiederaufbau der britischen Position im Nahen Osten
weiterhin als eine Priorität ansahen, war Premierminister Attlee überzeugt, daß
Großbritannien diese gegen einen Angriff der UdSSR keinesfalls würde halten
können. In der folgenden monatelangen Diskussion unterlag er jedoch, so daß der
Nahe Osten weiterhin in die verteidigungspolitischen Pläne Großbritanniens
einbezogen wurde und dort einen der drei Pfeiler der britischen Außenpolitik
bildete.
89
Zur Wahrung der britischen Interessen bei der Auflösung des Empires gab es aus
britischer Sicht zwei wünschenswerte Entwicklungen: der Verbleib unter un-
mittelbarer britischer Kontrolle oder die politische Unabhängigkeit (Dominions) bei
gleichzeitigem Verbleib im britischen Einflußbereich. Obgleich mit der politischen
Unabhängigkeit die sicherheits- und verteidigungspolitische Verantwortung der
Dominions auf diese überging, sollte eine britische Militärpräsenz deren Sicherheit
und gleichzeitig eine politische und wirtschaftliche Entwicklung im Sinne Groß-
britanniens gewährleisten.
90
88
(Evelyn Shuckburgh war während der Suez-Krise Under Secretary im Foreign Office zuständig
für den Nahen Osten.) Shuckburgh, 1986: 207, zit. nach Warner, 1992: 43
89
Vgl. Gorst, 1997: 22
90
Vgl. Lider, 1985: 435

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832447663
ISBN (Paperback)
9783838647661
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – unbekannt, Politikwissenschaften II
Note
1,0
Schlagworte
kubakrise kosovokrise falklandkrieg großbritannien sicherheitspolitik
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Titel: Britische Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg
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