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Belastung und Belästigung durch Gerüche

Evaluation von Geruchssanierungsmaßnahmen aus umweltpsychologischer Sicht

©2000 Diplomarbeit 200 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Untersuchung fand im Rahmen eines technischen Großversuchs zur Geruchssanierung zweier durch einen Abwasserkanal geruchsbelasteter Gebiete in Wien statt. In beiden Gebieten wurde entsprechend den VDI-Richtlinien (VDI 3883) die Geruchsbelästigung der betroffenen Bevölkerung erhoben, sowie die durchgeführten Geruchssanierungsmaßnahmen aus umweltpsychologischer Sicht evaluiert.
Bei dem Projekt wurden erstmals zwei verschiedene Verfahren kombiniert, wodurch es möglich war, sowohl eine umfangreiche Erhebung der Umweltsituation als auch eine detailierte Erfassung der Geruchsbelästigung über einen längeren Zeitraum (Sommer 1999) zu erhalten. Durch den Einsatz von wiederholter Kurzbefragung (wöchentliche Abfragen) konnte eine von zwei getesteten Geruchssanierungsmaßnahmen als wirksam ausgewiesen werden.
Die umweltpsychologische Evaluation zeigt hohe und statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen der Geruchsbelästigung der AnrainerInnen und der H2S-Konzentration des Abwassers. Dies ist insofern interessant, da es üblicherweise nur geringe Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Geruchsbelastung und resultierender Belästigungsreaktion gibt. Durch chemisch-physikalische Parameter konnten 59 % der Varianz der Geruchsbelästigung aufgeklärt werden. Außerdem wurde ein Einfluss von klimatologischen Verhältnissen (Luftdruck, Luftfeuchtigkeit) auf das Ausmaß der Geruchsbelästigung nachgewiesen.
Durch die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung konnten dem Auftraggeber (Gemeinde Wien) – über die rein technische Evaluation hinausgehende – Informationen für die weitere Vorgehensweise erarbeitet werden.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
A.THEORETISCHER TEIL
1.Einleitung9
2.Umweltpsychologie im Überblick12
2.1Abgrenzung von Umweltpsychologie und Ökologischer Psychologie12
2.2Methoden der Umweltpsychologie13
2.3Geruchswirkungsforschung14
3.Geruch und Geruchswahrnehmung15
3.1Der Geruchssinn15
3.2Wahrnehmung von Geruch16
3.2.1Riechschärfe17
3.2.2Hedonik17
3.3Adaption und Habituation17
3.3.1Adaption18
3.3.2Habituation18
3.4Psychologische Bedeutung des Riechens19
4.Geruch als Umweltstressor20
4.1Das Stress-Konzept20
4.2Umweltstress21
4.2.1Ambient stressors21
4.2.2Umweltstressor Geruch22
4.3Auswirkungen von Geruchsimmissionen22
5.Messen von Geruchsbelastung und Geruchsbelästigung24
5.1.Begriffsklärung24
5.2.Messung von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4662
Neudorfer, Ernst: Belastung und Belästigung durch Gerüche: Evaluation von
Geruchssanierungsmaßnahmen aus umweltpsychologischer Sicht / Ernst Neudorfer - Hamburg:
Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Wien, Universität, Diplom, 2000
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Ihr Team der Diplomarbeiten Agentur

1
Wien, Oktober 2000
DANKSAGUNG
Besonderen Dank schulde ich jenen Personen, die mich bei der Arbeit unterstützt
haben:
Frau Ass. Prof. Dr. Renate Cervinka danke ich für die gute fachliche Betreuung
während der gesamten Zeit. Ebenso möchte ich mich bei meiner Kollegin Karin
Ewers bedanken, die viel Vorarbeit für das Zustandekommen dieser Arbeit
geleistet hat.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei der MA 30-Wien Kanal der
Gemeinde Wien für die Möglichkeit, dieses Projekt durchführen zu können sowie
für deren finanzielle Unterstützung. Darüber hinaus gilt mein Dank auch Hrn.
Dipl.Ing. Schattovits vom Zivilingenieurbüro Trugina für die Bereitstellung der
technischen Daten. Ebenso gilt mein Dank den Sekretärinnen des Instituts für
Umwelthygiene der Universität Wien für ihre Unterstützung.
Frau Sieglinde Dumfart sowie Herrn Dietmar Nestlang und Herrn Mathias
Steinmayr danke ich für die organisatorische und technische Unterstützung. Nicht
zuletzt möchte ich mich bei Frau Judith Wieser für das gewissenhafte
Korrekturlesen meiner Arbeit
1
bedanken. Allenfalls auftretende Fehler sind einzig
und allein dem Autor zuzuschreiben.
Vor allem bedanken möchte ich mich bei meinen Eltern, meinen Geschwistern
sowie meinen FreundInnen für ihre Unterstützung.
1
Die Arbeit wurde verfasst nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung.

2
Ernst
Neudorfer
INHALTSVERZEICHNIS
A. THEORETISCHER TEIL
1. Einleitung 9
2. Umweltpsychologie im Überblick 12
2.1. Abgrenzung von Umweltpsychologie und Ökologischer Psychologie
12
2.2. Methoden der Umweltpsychologie
13
2.3. Geruchswirkungsforschung
14
3. Geruch und Geruchswahrnehmung 15
3.1. Der Geruchssinn
15
3.2. Wahrnehmung von Geruch
16
3.2.1. Riechschärfe
17
3.2.2. Hedonik
17
3.3. Adaption und Habituation
17
3.3.1. Adaption
18
3.3.2. Habituation
18
3.4. Psychologische Bedeutung des Riechens
19
4. Geruch als Umweltstressor 20
4.1. Das Stress-Konzept
20
4.2. Umweltstress
21
4.2.1. Ambient stressors
21
4.2.2. Umweltstressor Geruch
22
4.3. Auswirkungen von Geruchsimmissionen
22
5. Messen von Geruchsbelastung und Geruchsbelästigung 24
5.1. Begriffsklärung
24

3
5.2. Messung von Geruchsbelastung
24
5.2.1. Begehung
25
5.2.2. Ausbreitungsrechnung
26
5.2.3. Tagebuchbefragung
26
5.3. Messung von Geruchsbelästigung
27
5.3.1. Beschwerdestatistik
28
5.3.2. Erhebung mittels Fragebogen
29
5.3.3. Wiederholte Kurzbefragung (systematische Mehrfachbefragung) 29
5.4. Einsatz der VDI-Richtlinien in Österreich ­ ausgewählte Beispiele
30
6. Grundlagen der Belästigungsmessung 32
6.1. Das Belästigungsthermometer
32
6.1.1. messtheoretische Grundlagen des Belästigungsthermometers
33
6.1.2. Vergleich mit verbalen Belästigungsskalen
33
6.2. Die Problematik von Grenzwerten
34
6.3. Überlegungen zu einer Vereinheitlichung der Belästigungsmessung
35
7. Belästigungsforschung 37
7.1. Anfänge der Belästigungsforschung
37
7.2. Bedeutung von Belästigung
37
7.3. Nachteile des Belästigungsbegriffs
38
8. Belästigungsmodelle 39
8.1. Belastung
39
8.2. Belästigung
39
8.3. Zusammenhang zwischen Geruchsbelastung und Geruchsbelästigung 40
8.4. Moderatorvariablen für den Zusammenhang zwischen Geruchs-
belastung und Geruchsbelästigung
41
8.5. verschiedene Belästigungsmodelle
42
9. Kombinierte Umweltbelastung 44

4
10. Evaluation 46
10.1. Begriffsklärung
46
10.2. Arten der Evaluationsforschung
47
10.3. Evaluation in der Praxis
47
10.4. Umweltevaluation
48
10.4.1. Evaluation bestehender Umwelten
48
10.4.2. Evaluation von Planungseffekten
49
10.4.3. Evaluation durchgeführter Umweltveränderungen (post
occupancy evaluation)
50
10.5. Methodisches Vorgehen bei Evaluationen
51
10.6. Ausblick
52
B. EMPIRISCHER TEIL
11. Fragestellung 53
11.1. Theoriebezug
53
11.2. Zielsetzung der Untersuchung
53
12. Beschreibung der Untersuchungsgebiete 55
12.1. Versuchsgebiet Markomannenstraße
56
12.2. Kontrollgebiet Industriestraße
57
12.3. Der Sammelkanal
58
13. Untersuchungsplan 60
13.1. Auswahl der Stichprobe
60
13.2. abhängige und unabhängige Variable
60
13.3. mögliche Störvariablen
61
13.4. Hypothesen
62

5
14. Untersuchungsmaterialien 65
14.1. Sommerfragebogen
65
14.2. Postkarten
65
14.3. Herbstfragebogen
67
15. Untersuchungsdurchführung 68
15.1. Voruntersuchung
68
15.2. Zeitlicher Ablauf der Untersuchung
68
15.2.1. Zeitlicher Ablauf der Sanierungsmaßnahmen
68
15.2.2. Zeitlicher Ablauf der Befragung
69
15.3. Beschreibung der Sanierungsmaßnahmen
70
15.4. begleitende technische Messungen
70
16. Auswertung 71
16.1. statistische Auswertung
71
16.2. Schwierigkeiten bei der Datenkodierung
72
16.2.1. Belästigungsthermometer
72
16.2.1.1. Grafische Darstellung des Belästigungsthermometers
72
16.2.1.2. Eindeutigkeit der Kodierung
73
16.2.1.3. Auswirkungen unterschiedlicher Kodierung
74
16.2.2. Postkarten
76
16.2.3. Fragebögen
77
17. UntersuchungsteilnehmerInnen 78
17.1. Anzahl der TeilnehmerInnen (Rücklaufquote)
78
17.1.1. Rücklauf des Sommerfragebogens
78
17.1.2. Rücklauf der Postkarten
79
17.1.3. Rücklauf des Herbstfragebogens
81
17.1.4. Gesamter Rücklauf
82
17.2. Beschreibung der Stichprobe
83
17.2.1. Geschlecht
83

6
17.2.2. Alter
84
17.2.3. Beruf
84
17.2.4. Schulbildung
84
17.2.5. Elternschaft
84
17.2.6. Rauchen
85
17.2.7. Wohndauer
85
17.2.8. Aufenthalt vor Ort
85
17.2.9. Zusammenfassung
86
18. Die Umweltsituation im Versuchs- und Kontrollgebiet 88
18.1. spontane Assoziationen zum eigenen Wohngebiet
88
18.2. Einschätzung der Umweltqualität
89
18.3. Umweltbelastung
89
18.3.1. Art der Umweltbelastung
89
18.3.2. Stärke und Häufigkeit der Geruchs- und Lärmbelastung
90
18.3.3. Aufschlüsselung der Gesamt-Geruchsbelästigung
91
18.4. Umweltbelästigung
92
18.4.1. Geruchsbelästigung
92
18.4.2. Lärmbelästigung
94
18.4.3. Prozentanteil durch Umweltbelastung stark gestörter Personen
94
18.5. Zusammenhang zwischen wahrgenommener Belastung und erlebter
Belästigung
96
18.5.1. Geruch
96
18.5.2. Lärm
97
18.6. Geruchsbelästigung durch den Kanal
98
18.7. Hedonische Bewertung der Geruchsbelastung
98
18.8. Zumutbarkeit der Geruchsbelastung
99
18.9. Zusammenfassung
101
19. Geruchsbelästigung 103
19.1. Beschwerdeverhalten
103
19.2. Moderatorvariablen der Geruchsbelästigung
104

7
19.3. Individuelle Belästigungsverläufe
105
19.4. Vergleich der Zumutbarkeit von Geruchs- und Lärmbelästigung
106
19.5. Wohlbefinden und Gesundheit
108
19.6. Zusammenhang zwischen sozialwissenschaftlichen und9
naturwissenschaftlichen Daten
109
19.6.1. chemisch-physikalische Messwerte
109
19.6.2. meteorologische Daten
112
19.7. Zusammenfassung
114
20. Evaluation der Geruchssanierungsmaßnahmen 117
20.1. Geruchsbelästigung im Versuchs- und Kontrollgebiet
117
20.2. Evaluation der Sanierungsmaßnahmen
120
20.2.1. Verlauf der Geruchsbelästigung
120
20.2.2. Beurteilung der durchgeführten Maßnahmen durch die
Bevölkerung
123
20.3. Ergebnis der technischen Evaluation
124
20.4. Hedonische Bewertung der Gerüche
124
20.4.1. Vergleich zwischen Versuchs- und Kontrollgebiet
124
20.4.2. Hedonische Bewertung während der Zeit der Maßnahmen
125
20.5. Veränderung der Umweltqualität während des Sommers
(Vorher-Nachher-Vergleich)
126
20.5.1. wahrgenommene Veränderungen der Umweltqualität
126
20.5.2. Veränderung der Umweltbelastung
128
20.6. Vorschläge der Bevölkerung zur Verringerung der Geruchs- und
Lärmbelastung
129
20.7. Zusammenfassung
131
21. Ergebnisse zur Erhebungsmethode 132
21.1. Beurteilung der Befragung durch die Bevölkerung
132
21.2. Vergleich von Fragebogentechnik und wiederholter Kurzbefragung 133
21.3. Vergleich von Wochen- und Sonntag Abend-Belästigung
134
21.4. Extremantworten
135

8
22. Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 136
22.1. Erhebungsinstrumente
136
22.1.1. Fragebogen und wiederholte Kurzbefragung
136
22.1.2. Belästigungsthermometer
136
22.2. Dosis-Wirkungsbeziehungen und Moderatorvariablen
137
22.3. Die Sicht der Bevölkerung
139
22.3.1. Umweltsituation
139
22.3.2. Anlaufstellen für Beschwerden
139
22.3.3. Konsequenzen für Behörden
139
22.4. Evaluation
140
22.4.1. Umweltevaluation
140
22.4.2. Evaluation der Maßnahmen
140
22.5. Schlussfolgerung
141
23. Kritik 143
23.1. Zur Untersuchung
143
23.2. Offene Fragen
144
24. Zusammenfassung 145
24.1. Ziel der Untersuchung
145
24.2. Theoretischer Hintergrund und Methode
145
24.3. Ergebnisse
146
24.4. Schlussfolgerung
147
25. Literaturverzeichnis 148
26. Anhang 158
27. Lebenslauf 193

9
A. THEORETISCHER TEIL
1. EINLEITUNG
Gerüche spielen im menschlichen Alltag eine nicht unwesentliche Rolle. Im
Haushalt, in der Natur, im Verkehr und in der Arbeit, im gesellschaftlichen
Zusammenleben - überall ist der Mensch Gerüchen ausgesetzt. Diese Gerüche
können als angenehm, neutral oder als unangenehm bzw. störend empfunden
werden. Solange die Gerüche als nicht störend empfunden werden, ist dies
umwelthygienisch kein Problem. Geruchsbelästigungen hingegen werden von der
Bevölkerung kaum toleriert. Die Praxis zeigt, dass man sich in Zukunft zunehmend
mehr mit der Thematik der Geruchsbelästigung auseinandersetzen wird müssen.
Eine ständig dichter werdende Besiedlung lässt Industrie- und Wohnräume
räumlich verschmelzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass produktionsbedingt
entstehende Gerüche die natürliche Umwelt verunreinigen und die AnwohnerInnen
belästigen, nimmt dementsprechend zu (Schön & Hübner, 1996). Gerade in
Städten ist die Wahrscheinlichkeit, mit unangenehmen Gerüchen konfrontiert zu
werden, sehr hoch.
Laut Mikrozensus vom Dezember 1998 (Statistik Österreich, 1998) fühlen sich
19,1% aller befragten Personen in Österreich durch Geruch belästigt, davon 9,1%
stark bis sehr stark. Die Hauptursache für die Geruchsbelästigung ist der Verkehr
mit 46,1%, gefolgt von Betrieben mit 28,7%. Die Stadt Wien liegt mit einem Anteil
von 12,9% an stark bis sehr stark geruchsbelästigten Personen deutlich über dem
österreichweiten Durchschnitt von 9,1%. Auch bei der Geruchsbelästigung durch
Verkehr hat die Stadt Wien mit 56,3% einen der höchsten Anteile. Über
Geruchsbelästigungen aus Kanal und Abwasserentsorgung werden keine
Angaben gemacht.

10
Aber gerade das Kanalsystem führte in den letzten Jahren in Wien (vor allem im
Gebiet nördlich der Donau) zu zahlreichen Beschwerden über
Geruchsbelästigungen (MA 22, 1999). Die Beschwerden kamen dabei aus einigen
wenigen Straßenzügen, in denen der Kanal aufgrund äußerer Bedingungen
(ungünstige Bauweise, geringes Gefälle, geringer Sauerstoffgehalt des
Abwassers) besonders in der warmen Jahreszeit zu starker Geruchsbildung neigt.
Im Sommer 1999 wurde nun versucht, in zwei Straßenzügen im 22. Wiener
Gemeindebezirk den für die Geruchsbelästigung hauptverantwortlichen
Abwasserkanal zu sanieren. Dabei wurden zwei chemisch-technische
Maßnahmen zur Reduzierung der Geruchsbelastung erprobt (Trugina, 1999).
Diese wurden vom Institut für Umwelthygiene der Universität Wien
wissenschaftlich begleitet und aus umweltpsychologischer Sicht evaluiert.
Im Gegensatz zum Umweltstressor Lärm, zu dem es bezüglich Auswirkungen auf
Gesundheit und Wohlbefinden schon viele Untersuchungen gibt, existieren zum
Bereich Geruch vergleichsweise wenig. Zum einen fehlt es an geeigneten
Messinstrumenten zur Erfassung der Geruchsbelastung, zum anderen ist Lärm in
unserer mobilen Gesellschaft ein allgegenwärtiges Problem, während Geruch
meist lokal begrenzt ist (Steinheider, Both & Winneke, 1998). Nach Kastka (1976)
belegen Umfragen aus den später 60er Jahren, dass schon damals
Geruchsbelästigung ein nicht vernachlässigbarer Faktor war. In einer
repräsentativen Umfrage in Schweden erklärten 13% der Befragten, daß sie sich
durch Gerüche in der Außenluft belästigt fühlten. Laut einer
Repräsentativuntersuchung in den USA lebten damals 10% der amerikanischen
Bevölkerung in geruchsbelasteten Gebieten. Untersuchungen in der Nähe von
Papierfabriken ergaben sowohl in Schweden als auch in den USA Prozentsätze
von geruchsbelästigten Personen zwischen 64% und 10%, je nach Entfernung
vom Emittenten.
In der vorliegenden Untersuchung wurden gleichzeitig verschiedene Verfahren zur
Erhebung der Geruchsbelästigung verwendet. Es wurde sowohl ein Fragebogen ­
in Anlehnung an die VDI-Richtlinie 3883/Blatt1 (VDI, 1997) ­ als auch die

11
wiederholte Kurzbefragung ­ in Anlehnung an die VDI-Richtlinie 3883/Blatt 2 (VDI,
1993b) ­ eingesetzt.
Ziel der Untersuchung ist die Erhebung der Geruchsbelästigung in zwei
geruchsbelasteten Gebieten sowie die Evaluation der im Versuchsgebiet
stattgefundenen Geruchssanierungsmaßnahmen aus umweltpsychologischer
Sicht. Die Auswirkung von Geruchsbelästigung auf Wohlbefinden und Gesundheit
sowie mögliche Reaktionsmuster (Coping) werden nur kurz angeführt und sind bei
Ewers (in Druck) ausführlicher nachzulesen.

12
2. UMWELTPSYCHOLOGIE IM ÜBERBLICK
Umweltpsychologie ist eine relativ junge Wissenschaft. Sie institutionalisierte sich
in den sechziger Jahren, anfangs in den USA, später auch in Europa.
Ausgangspunkt für die Gründung von speziellen Lehr- und
Forschungseinrichtungen waren vor allem aktuelle Anlässe, wie etwa der weltweit
aufkommende Zweifel an einem ungebremsten wirtschaftlichen Wachstum (Kruse,
Graumann und Lantermann, 1996). Nach einer Übersicht von Sundstrom et al.
(Sundstrom, Bell, Busby & Asmus, 1996) erschien das erste Buch über
environmental psychology im englischsprachigen Raum im Jahr 1970, im
deutschsprachigen Raum wird der Beginn der Umweltpsychologie von Kaminski
(1976) mit dem erstmaligen Erscheinen einer umweltpsychologischen Dissertation
(Kruse, 1974) auf das Jahr 1974 datiert.
2.1. Abgrenzung von Umweltpsychologie und Ökologischer Psychologie
Im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Raum, wo sich ,,environmental
psychology" als relativ weiter Rahmenbegriff etabliert hat, tendiert man im
deutschsprachigen Raum eher dazu, ,,Ökologische Psychologie" als den weiteren
Begriff zu verwenden und Umweltpsychologie als Bezeichnung für diejenigen
Aktivitäten in psychologischer Forschung und Praxis zu verwenden, die mit den
sogenannten Umweltproblemen in engerem Zusammenhang gebracht werden
können (Häcker & Stapf, 1998). Nach Stengel (1999) behandelt die Ökologische
Psychologie grundsätzlich Probleme der Mensch-Umwelt-Beziehung, während
Umweltpsychologie aktuelle Fragestellungen aufgreift und versucht, sie im
Rahmen bisherigen Wissens zu bearbeiten. Umweltpsychologie ist demnach ein
eher pragmatisch orientiertes Forschungs- und Anwendungsfeld, während
Ökologische Psychologie mehr programmatisch gemeint ist (Hellbrück & Fischer,
1999). Sehr scharf sind die Grenzen zwischen Umwelt- und Ökologischer
Psychologie jedoch nicht gezogen.

13
2.2. Methoden der Umweltpsychologie
Der großen Anwendungsvielfalt der Umweltpsychologie entspricht auch ein
umfangreiches Methodeninventar. Dennoch hat sich die Umweltpsychologie bisher
auf einige wenige Methoden konzentriert (Bullinger & Meis, 1996): zum einen
laborexperimentelle Untersuchungen zur Wahrnehmung einzelner
Umweltfaktoren, zum anderen Umfragen in größeren Bevölkerungsstudien zur
Belästigungswirkung von Umweltbedingungen.
Laborexperimente haben den Vorteil, dass die Bedingungen besonders strikt
kontrolliert werden können. Sie besitzen eine hohe interne Validität. Je nach
untersuchtem Phänomen schwankt allerdings die externe Validität.
Umweltpsychologische Untersuchungen finden ­ mit Ausnahme etwa von
neuropsychologischen Studien ­ eher selten im Labor, dafür häufiger im Feld statt.
Überhaupt wird in der Umweltpsychologie deutlich mehr Feldforschung betrieben
als in den meisten anderen psychologischen Disziplinen (Patry, 1996).
Sogenannte Feldexperimente haben den Vorteil, dass sie lebensweltliche
Bedingungen gut repräsentieren, da sie unter realen Bedingungen stattfinden.
Methodisch werden meist leicht einsetzbare Verfahren, wie Tests oder
Fragebögen verwendet. Bei Feldexperimenten hat man häufig mit einer Reihe von
Störvariablen zu kämpfen, außerdem muss man mit Einbußen der internen
Validität rechnen (Bortz & Döring, 1995).
Der vielfach ablehnenden Haltung gegenüber laborexperimentellen Verfahren in
der Umweltpsychologie hält Miller (1998) entgegen, dass der Einsatz der
Laborforschung im Rahmen umweltpsychologischer Forschung dann sinnvoll sein
kann, wenn sie in ihrem Funktionsbereich eingesetzt wird. Das bedeutet nicht,
eine Abbildung des Alltags leisten zu wollen, sondern die Überprüfung der aus
Theorien deduzierten Hypothesen (z.B. Winneke & Neuf, 1992).
In der umweltpsychologischen Forschung hat man es häufig mit Fragestellungen
zu tun, bei denen die Zusammenstellung der Stichproben nicht durch

14
Randomisierung erfolgt, sondern bereits vorgegeben ist. Eine solche
Untersuchung bezeichnet man als quasi-experimentell. Bei solchen
Untersuchungen ist Interpretation im Sinne eines eindeutigen Ursache-Wirkungs-
Zusammenhangs problematischer als in einem Randomisierungsexperiment
(Hellbrück & Fischer, 1999).
In den letzten Jahren sind einige Trends zu beobachten. In der
umweltpsychologischen Forschung dominieren zunehmend Feldstudien, während
die Anzahl der Laborexperimente zurückgeht. Außerdem wird die Forschung
interdisziplinärer. Nur etwa die Hälfte der umweltpsychologischen Forschung
wurde in traditionellen Psychologie-Instituten gemacht (Sundstrom et al., 1996).
2.3. Geruchswirkungsforschung
Im Gegensatz zum Umweltfaktor Lärm, dessen Auswirkungen bereits seit langem
erforscht werden, gibt es bezüglich Umweltgerüchen relativ wenig an Literatur.
Steinheider et al. (Steinheider, Both & Winneke, 1998) führen dafür vor allem zwei
Gründe an: Zum einen die erschwerte messtechnische Erfassung von
Geruchswirkungen, zum anderen den Umstand, dass Geruchsprobleme lokal und
meist nur auf die unmittelbare Nachbarschaft begrenzt auftreten. Damit wird die
Geruchsbekämpfung nur selten zum öffentlichen Interesse.
Ganz allgemein lassen sich Gerüche in zwei Kategorien einteilen (Evans & Cohen,
1987): in Innengerüche (z.B. Kochgerüche, Gerüche am Arbeitsplatz,
Zigarettenrauch,...) und Außengerüche (Verkehrsgerüche, Industriegerüche,
Naturgerüche,...). Diese können wiederum in positive sowie negative Gerüche
unterteilt werden. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich im Sinne dieser
Einteilung mit negativen Außengerüchen.

15
3. GERUCH UND GERUCHSWAHRNEHMUNG
Das menschliche Geruchssystem kann Tausende von verschiedenen Duftstoffen
unterscheiden. Allerdings ist es bislang ­ im Gegensatz etwa zum Geschmack ­
nicht gelungen, Geruchsqualitäten scharf voneinander abzugrenzen. Man geht
heute davon aus, dass es zumindest 7 Primärgerüche oder Duftklassen gibt:
blumig, ätherisch, moschusartig, campherartig, faulig, stechend und schweißig
(Birbaumer & Schmidt, 1999). Gerüche sind nicht nur schwer zu benennen und
örtlich kaum zu lokalisieren, wenn nicht Zusatzreize aus anderen Sinnen
vorhanden sind. Außerdem ist die Adaption auf Geruchsreize sehr ausgeprägt
(Birbaumer & Schmidt, 1999).
3.1. Der Geruchssinn
Der Geruchssinn zählt (zusammen mit dem Geschmackssinn) zu den chemischen
Sinnen, da er auf bestimmte Moleküle reagiert, die in der Außenluft vorhanden
sind. Ob etwas riecht, hängt davon ab, ob es die Riechrezeptoren zu reizen
vermag (Hellbrück & Fischer, 1999).
Abbildung 1: Lage des menschlichen Riechephitels. Aus: Birbaumer & Schmidt,
1999, S.444).

16
Die Geruchswahrnehmung geschieht durch die Nasenhöhle, die mit einer
Schleimhaut ausgekleidet ist. Der physiologische Riechvorgang beginnt damit,
dass sich in der Schleimhaut des Riechephitels Riechstoffmoleküle an spezielle
Rezeptormoleküle der Zilienmembran binden (siehe Abbildung 1). Durch diese
chemische Bindung kommt es zur Öffnung von Ionenkanälen und durch die
daraus resultierenden Ionenflüsse zur Depolarisation der Riechzellen. Durch das
depolarisierende Sensorpotential wird die Frequenz der Aktionspotentiale
entsprechend erhöht. Die Axone der Riechzellen enden im Riechkolben (bulbus
olfactorius). Von dort zieht der Tractus olfactorius in verschiedene Gebiete des
Riechhirns (Paleocortex), den ältesten Teil des Cortex (Großhirn). Innerhalb der
Riechhirnareale gilt die Area praepiriformis als das wesentliche Zentrum der
Geruchsdiskrimination. Die Riechinformation endet allerdings nicht im Riechhirn,
sondern gelangt weiter zum Limbischen System, dem Hypothalamus und der
Formatio reticularis. Die limbischen Anteile der Riechbahn werden für die starke
emotionale Komponente der Geruchswahrnehmung verantwortlich gemacht. Die
Formatio reticularis steuert den Wachheitszustand. Damit scheint dem
Geruchssinn auch eine wichtige Alarmfunktion zuzukommen. Für ausführlichere
Darstellungen sei verwiesen auf z.B. Schmidt (1998).
3.2. Wahrnehmung von Geruch
Da die Wahrnehmungsschwelle des Geruchssinns unterhalb der
Erkennungsschwelle liegt, ist bei sehr geringen Konzentrationen die
Geruchsempfindung unspezifisch: Man kann nur wahrnehmen, daß es riecht, aber
den Geruch nicht eindeutig benennen. Dies gelingt erst bei höheren
Konzentrationen. Es lässt sich also eine Wahrnehmungsschwelle von einer
Erkennungsschwelle abgrenzen (Birbaumer & Schmidt, 1999). Von besonderer
Bedeutung für die Geruchswahrnehmung ist, dass zwischen der
wahrgenommenen Geruchsstärke und der Geruchsstoffkonzentration kein linearer
Zusammenhang besteht (Schön & Hübner, 1996).

17
3.2.1. Riechschärfe
Unter Riechschärfe versteht man die Sensibilität für Duftstoffe (Burdach, 1987).
Die Messung der Riechschärfe ist seit jeher mit großen Schwierigkeiten
verbunden, da sowohl ein großer apparativer Aufwand (Olfaktometrie) erforderlich
ist, als auch solche Riechtests mit großen intraindividuellen Schwankungen
verbunden sind. Als wirksame intraindividuelle Faktoren führt Burdach (1987) an:
den Hormonstatus, speziell der Spiegel der Sexualhormone; Drogenkonsum (z.B.
Alkohol); das Alter sowie der Gesundheitsstatus. Darüber hinaus gibt es auch eine
beträchtliche interindividuelle Variation der olfaktorischen Sensibilität, über deren
Ursachen wenig bekannt ist (Burdach, 1987).
3.2.2. Hedonik
Neben der Bewertung der Intensität (stark oder schwach) können Gerüche auch
bezüglich ihrer hedonischen Wirkung (angenehm oder unangenehm) bewertet
werden. Im Vergleich zur Geruchsintensität weisen Aussagen zur hedonischen
Wirkung von bestimmten Gerüchen häufig starke Unterschiede auf. Schön und
Hübner (1996) führen dies auf die unterschiedliche Entwicklung der Personen
hinsichtlich Erziehung, Geruchserfahrung, Kulturkreis und Lebensumfeld zurück.
Dennoch scheint die Annehmlichkeit oder Angenehmheit die vermutlich einzige
überindividuell vorhandene Dimension in der Geruchswahrnehmung zu sein. Sie
stellt auf jeden Fall einen wesentlichen Beurteilungs- und
Klassifikationsgesichtspunkt dar (Klutky, 1990).
Lediglich ein geringer Teil (etwa 20%) der bekannten Düfte werden als angenehm
empfunden, der Rest wird entweder als neutral oder unangenehm eingestuft
(Burdach, 1987).
3.3. Adaption und Habituation
Mit den Begriffen Adaption und Habituation werden Prozesse der Verminderung
der Geruchswahrnehmung beschrieben. Die beiden Begriffe sind allerdings

18
schwer voneinander zu unterscheiden, da beide zu einer Desensibilisierung führen
und oft gemeinsam auftreten. Dennoch lassen sie sich ­ zumindest theoretisch ­
klar voneinander abgrenzen (Burdach, 1987). Beide Phänomene scheinen bis zu
einem gewissen Grad individuell zu variieren, ebenso können psychologische und
soziale Determinanten einen Einfluss haben (Plattig, 1995).
3.3.1. Adaption
Wenn die Intensität eines Duftreizes über einen gewissen Zeitraum hinweg in etwa
gleich bleibt, dann kommt es zu einer allmählichen Verminderung der
Empfindungsintensität (=Adaption): Es entsteht der Eindruck, als ob der Geruch
langsam schwächer würde (Burdach, 1987). In vielen Fällen kann die Adaption so
vollständig sein, dass wir den Duftstoff schon nach kurzer Zeit nicht mehr
erkennen können (Birbaumer & Schmidt, 1999). Nach Beendigung der
Duftstimulation kommt es langsam wieder zur Erholung, die ursprüngliche
Sensibilität wird wieder aufgebaut.
Im Gegensatz zu früher, wo Adaption als sensorische Ermüdung angesehen
wurde, ist man heute der Auffassung, daß Riechadaption eine nützliche, wenn
nicht sogar lebensnotwendige Funktion der Informationsverarbeitung ist.
Duftstoffe, die längere Zeit als konstant wahrgenommen werden, sind
grundsätzlich weniger bedeutsam, als solche, die neu oder in veränderter
Intensität hinzukommen und möglicherweise rasche Verhaltensänderungen
erfordern. (Burdach, 1987).
3.3.2. Habituation
Im Gegensatz zur Adaption, die bereits bei einmaliger andauernder Stimulierung
entsteht, ist Habituation (,,Gewöhnung") das Ergebnis einer Vielzahl von
Konfrontationen mit einem bestimmten Duftreiz. Lernprozesse bewirken, dass ein
solchermaßen vertrauter Duftreiz weniger Beachtung findet als ein unerwarteter
Geruch (Burdach, 1987).

19
3.4. Psychologische Bedeutung des Riechens
Geruch ist eine subjektive Wahrnehmung. Dadurch gibt es bei der qualitativen
Bewertung von Geruchsereignissen individuelle Unterschiede. Diese persönlich-
subjektive Bewertung kann sich aber mit der Zeit auch ändern. Ein als
,,aromatisch" empfundener Geruch kann nach einer gewissen Zeit, in der er
ständig wahrgenommen wird, zur Belästigung werden. Auch die psychische
Verfassung der Person hat einen Einfluss auf die Geruchswahrnehmung und ­
bewertung (Schön & Hübner, 1996). Bezogen auf die Geruchseinwirkung können
Belästigungsreaktionen durch Intensität und Art des Geruchs sowie durch Dauer
und Häufigkeit seines Auftretens hervorgerufen werden (VDI, 1997).
Durch die unmittelbare Verbindung des Geruchsinns mit dem limbischen System
haben Gerüche eine starke emotionale Komponente. Bis heute weiß man
allerdings nur wenig über die genaue Beziehung zwischen Olfaktion und Emotion.
Bekannt ist zum Beispiel, dass Gerüche lang vergessene, emotionell besetzte
Erinnerungen wachrufen können. Emotion und Olfaktion hängen vom selben Teil
des zentralen Nervensystems ab und stehen daher in enger Verbindung
miteinander (Ehrlichman & Bastone, 1992). Außerdem können bestimmte
Gerüche charakteristische Veränderungen in der Stimmung oder im Verhalten
hervorrufen (Dies macht man sich z.B. bei der Aromatherapie zu Nutze).
Schwellenwert-Studien zeigen, dass Personen ab dem 55. Lebensjahr mit
verringerten olfaktometrischen Fähigkeiten rechnen müssen. Personen über 70
besitzen bereits eine 2-10mal höhere Wahrnehmungsschwelle als 20 Jährige. Die
Höhe der Schwelle steigt mit zunehmendem Alter, Krankheit und
Medikamentengebrauch (Schiffman, 1992).

20
4. GERUCH ALS UMWELTSTRESSOR
Umweltreize gelten als potentielle Stressoren, die das psychische Befinden und
die körperliche Verfassung exponierter Personen beeinflussen können. Bullinger
und Meis (1996) gingen der Frage nach, wie Gerüche und andere
Umweltbedingungen auf den Menschen einwirken können. Sie führen drei
Erklärungsmodelle an: Belästigungswirkungen werden direkt durch
Umweltfaktoren verursacht (Modell der Noxe), von den betroffenen Personen nur
als umweltbedingt bewertet (Modell der Attribution) oder auf die Wahrnehmung
von Umweltfaktoren zurückgeführt, die als abträglich für das Wohlbefinden erlebt
werden (Stressmodell). Alle drei Modelle sind nicht unabhängig voneinander zu
betrachten. Da laut Bullinger (1992) von den drei Modellen das Stressmodell
besonders geeignet ist, Beziehungen zwischen Umweltbedingungen und
Befindlichkeitsstörungen zu erforschen, wird darauf näher eingegangen. In die
Umweltpsychologie ist das Stressmodell erst durch Arbeiten von Evans und
Kollegen einbezogen worden (Steinheider, 1997).
4.1. Das Stress-Konzept
Psychologische Stressmodelle (Lazarus, 1966) betrachten Stress als Beziehung
zwischen einem Stimulus und der Reaktion, wobei diese Reaktion psychologischer
und physiologischer Art sein kann. Stress wird definiert als ein wahrgenommenes
Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen, die die Umwelt an den Menschen
stellt und seinen Ressourcen zum Erfüllen dieser Anforderungen (Evans & Cohen,
1987). Wichtig ist die Trennung zwischen auslösenden Faktoren, deren kognitiver
Verarbeitung und Manifestation auf verschiedenen Reaktionsebenen (Bullinger &
Meis, 1996). Entscheidend für die unmittelbaren und längerfristigen
Konsequenzen sind die kognitive Bewertung und die Stressbewältigung (coping)
als Mediator dieser Beziehung (Steinheider, 1997). Die kognitiven
Bewertungsprozesse werden durch Persönlichkeitsfaktoren (z.B. Einschätzung
über Beherrschung des Stressors, die Wichtigkeit von Bedürfnissen, die durch den
Stressor beeinflusst werden) und durch situative Faktoren (z.B. Größe der

21
Bedrohung, Eindeutigkeit des Stessors, Dauer der Stresseinwirkung,
Kontrollierbarkeit des Stressors) beeinflusst. Ein Vorteil des Stressmodells ist,
dass eben solche Mediator- und Moderatorvariablen miteinbezogen werden
können. Als Indikatoren der Stressreaktion werden körperliche Funktionsstörungen
(z.B. Kopfschmerzen, Ermüdung), Befindlichkeitsveränderungen (z.B. Angst,
Depression) und Leistungsbeeinträchtigungen (z.B. Störung der Konzentration)
herangezogen (Bullinger, 1992).
4.2. Umweltstress
Wenn die Auslöser von Stress aus der Umgebung stammen, bezeichnet man ihn
als Umweltstress. Unter dem Stichwort ,,Umweltstress" werden traditionell
Fragestellungen der Wirkung von Temperatur, Dichte (crowding), Geräuschen und
Luftverunreinigungen auf Erleben und Verhalten des Menschen diskutiert.
Umweltstressoren gelten dann als Stressoren, wenn sie Personen schädigen oder
bedrohen und dadurch psychische, mentale und somatische Funktionen
beeinträchtigen (Steinheider, 1997).
Umweltstressoren können nach Evans und Cohen (1987) anhand von acht
Dimensionen beschrieben werden: Wahrnehmbarkeit; Art der Einstellung zum
Stressor; Wertigkeit von Ereignissen; Grad der Kontrollierbarkeit; Vorhersagbarkeit
des Stressors; Wichtigkeit des Stressauslösers; Dauer und Frequenz des
Stressors. Darüber hinaus unterscheiden sie vier Arten von Umweltstressoren:
plötzliche oder gewaltsame Ereignisse (cataclysmic events), kritische
Lebensereignisse (stressful life events), Alltagsprobleme (daily hassles) und
Umgebungsstressoren (ambient stressors).
4.2.1. Ambient stressors
Campell (1983) versteht unter ,,ambient stressors" solche Wirkgrößen, die
chronisch einwirken, negativ bewertet werden und die unbeeinflußbar, akut
ungefährlich und wahrnehmbar sind. Im Unterschied zu Alltagsproblemen sind

22
ambient stressors ständig vorhanden, aber von wechselnder Intensität. Sie sind
zumeist im Hintergrund und werden erst bemerkt, wenn sie wichtige Ziele
behindern oder die Gesundheit direkt gefährden (Evans & Cohen, 1987). Es
handelt sich um keine beschreibbaren Einzelereignisse, sondern um dauerhafte
Umgebungsbelastungen. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie in bestimmten
Regionen eine große Anzahl von Menschen betreffen. Typische Beispiele für
ambient stressors sind z.B. Lärm, Geruch oder Luftverschmutzung.
4.2.2. Umweltstressor Geruch
Geruchsstoffe sind Chemikalien, die konzentrationsartig den Geruchssinn
aktivieren und so Geruchsempfindungen auslösen können (Steinheider, 1997).
Aufgrund der messtechnischen Probleme bei der Geruchsmessung hat die
Geruchswirkungsforschung im Vergleich zur Lärmwirkungsforschung lange Zeit
ein Schattendasein innerhalb der Umweltpsychologie geführt.
Gerade bei Gerüchen gibt es eine große interindividuelle Bandbreite der
Wirkungen. Auf gleiche Belastungen reagieren die Menschen mit
unterschiedlichen Belästigungsreaktionen, wobei die Belästigungsreaktion drei
Aspekte umfasst (Clark, 1984; zitiert nach: Winneke & Liu, 1995): eine emotionale
Komponente, eine Interferenzkomponente und eine somatische Komponente.
Hinweise auf somatische Wirkungen von Geruchsbelastung konnten Steinheider
et. al (Steinheider, Winneke & Schlipköter, 1993) nachweisen. Sie fanden in ihrer
Untersuchung Hinweise auf hormonelle Stresswirkungen von Umweltgerüchen.
4.3. Auswirkungen von Geruchsimmissionen
Die Forschung von Umwelteinwirkungen auf den Menschen konzentrierte sich
bislang vorrangig auf somatische Indikatoren, wie etwa Morbidität, Mortalität oder
physiologischen Funktionsstörungen (Bullinger, 1992). Hier sind vor allem die
Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem mittels EEG-Analysen zu nennen
(Lorig, 1989). Da der Geruchsnerv Verbindungen zum Hypothalamus hat, ist eine

23
Beeinflussung von körperlichen Funktionen wie Blutdruck, Herzfrequenz,
Muskelanspannung auch theoretisch begründbar.
Die Wirkungen von Umweltgerüchen werden üblicherweise als
Befindlichkeitsstörungen behandelt (Bullinger, 1992). Unter Befindlichkeit versteht
Bullinger (1992) die Verfassung einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt, die
zwischen subjektivem Wohlbefinden und Unbehagen liegen kann. Diese
Verfassung setzt sich zusammen aus einer psychischen (z.B. Angst), einer
körperlichen (z.B. Schmerz) und einer funktionalen Dimension (z.B.
Konzentrationsunfähigkeit). Befindlichkeitsstörungen sind demnach
Veränderungen in der Befindlichkeit, die von den Betroffenen als beeinträchtigend
erlebt werden. Befindlichkeitsstörungen wurden bislang in der Forschung eher
vernachlässigt.
Vom Begriff der Befindlichkeit ist der Begriff der Belästigung abzugrenzen. Die
Belästigung ist ­ im Gegensatz zur Befindlichkeit ­ immer an einen Reiz gekoppelt
und wird als Gefühl des Unbehagens definiert. Belästigungsreaktionen haben ­ als
mögliche Vorläufer von Befindlichkeitsstörungen (Bullinger, 1992) ­ Eingang in
das Umweltrecht und in die Umweltwirkungsforschung gefunden (Winneke &
Steinheider, 1998). Der Grad der subjektiven Belästigung ist die am häufigsten
untersuchte und wichtigste psychologische Wirkung von Umweltgerüchen
(Steinheider, 1998).
An somatischen Befindlichkeitsstörungen werden u.a. genannt: Einschlaf- und
Durchschlafstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Atembeschwerden (Steinheider,
1997). Bislang konnten allerdings keine organischen Gesundheitsschäden
nachgewiesen werden, die direkt auf Geruchsimmissionen zurückzuführen sind
(Lindvall & Radford, 1973; Hangartner, 1989; Shusterman, 1992). Für die Angabe
von körperlichen Beschwerden scheint die Wahrnehmung von Gerüchen
entscheidend zu sein, die entweder eine Belästigungsreaktion (Cavalini, 1992)
oder eine Stressreaktion hervorruft und auf diese Weise die Symptome verursacht
(Shusterman, 1992). Auch Hangartner & Kastka (1986) meinen, dass die Wirkung
von Gerüchen im Belästigungsbereich liegt und im Vorfeld der Krankheit
anzusiedeln ist.

24
5. MESSEN VON GERUCHSBELASTUNG UND GERUCHSBELÄSTIGUNG
5.1. Begriffsklärung
Den Schadstoffausstoß, gemessen an der Quelle, bezeichnet man als Emission
(Hellbrück &Fischer, 1999).
Transmission bezeichnet die Ausbreitung von Luftverunreinigungen. Diese hängt
vor allem von Einflussgrößen wie Windrichtung, Windgeschwindigkeit und
Turbulenzstand der Atmosphäre sowie von Eigenschaften der Quelle ab (Bank,
1995).
Unter Immission versteht man die Einwirkung von Belastungsfaktoren am Wirkort
bzw. beim Empfänger, die dort zu einer bestimmten Zeit bzw. innerhalb eines
bestimmten Zeitraumes gemessen werden.
,,Geruchsstoffimmissionen sind Einwirkungen von Geruchsstoffen auf den
Menschen. Sie können beschrieben werden durch die Häufigkeit, Dauer,
Qualität, Intensität und hedonische Wirkung von Konzentrationen der
Geruchsstoffe oberhalb der Geruchsschwelle." (VDI, 1993a, S. 6)
Im Gegensatz etwa zur Lärmmessung, die weitgehend messtechnisch erfasst
werden kann, gelingt die valide Beschreibung geruchsgeprägter Situationen mit
Hilfe technischer Methoden nur unzureichend. Neben technischen Ansätzen
werden daher vor allem Begehungs- und Befragungsinstrumente eingesetzt.
5.2. Messung von Geruchsbelastung
Geruch lässt sich nur schwer messen. Zum einen, weil Gerüche meist eine
Mischung mehrerer verschiedener Stoffe sind, und zum anderen, weil die
Konzentrationen der Einzelstoffe meist in zu geringen Konzentrationen vorhanden
sind, als dass sie messtechnisch genau zu erfassen wären.

25
Die Erfassung der Geruchsbelastung wird nach heutigem Stand der Technik
entweder durch die Konzentration von Immissionen mit Hilfe der
Ausbreitungsrechnung oder durch die Häufigkeit von Immissionen mittels
Begehung bestimmt.
5.2.1. Begehung
Bei der Begehung begeben sich Probanden an den Messpunkt und prüfen die
Umgebungsluft während eines definierten Messzeitintervalls auf Geruch (VDI,
1993a). Messinstrument ist hier sozusagen der menschliche Geruchssinn,
abgebildet wird ein Ist-Zustand.
Die Aufgabe der Probanden ist es, in vorher genau festgelegten Zeitabständen
(z.B. alle 10 Sekunden) Riechproben zu nehmen und diese in ein Protokoll
einzutragen. Dabei kann sowohl die Geruchqualität als auch die Geruchsintensität
bewertet werden. Die genaue Vorgehensweise ist in der VDI-Richtlinie 3940 (VDI,
1993a) beschrieben. Als Maß für die Belastung gilt der Geruchszeitanteil; das ist
die Häufigkeit, mit der die Erkennungsschwelle in der Außenluft überschritten ist
und Gerüche eindeutig erkannt werden. Werden bei zehn Minuten Standzeit an
einem Punkt insgesamt mehr als eine Minute lang Gerüche festgestellt, dann wird
diese Beobachtung per Definition als eine ,,Geruchsstunde" gewertet. Der Begriff
Geruchsstunde leitet sich aus der Annahme ab, daß der zehnminütige Aufenthalt
an der Messstelle repräsentativ ist für eine fiktive Aufenthaltsdauer von einer
Stunde. Durch Begehung kann z.B. der Einwirkungsbereich einer Emissionsquelle
beurteilt werden.
Durch umfangreiche Forschungsarbeiten der Geruchswirkungsforschung in
Deutschland (Steinheider, 1997) konnte belegt werden, dass das Konzept der
Geruchsstunde geeignet ist, Belästigungsreaktionen vorherzusagen.

26
5.2.2. Ausbreitungsrechnung
Eine Möglichkeit, die Geruchsbelastung zu objektivieren, ist die Methode der
Ausbreitungsrechnung. Dabei wird anhand olfaktometrisch ermittelter
Emissionswerte der Abluft und dem Emissionsmassenstrom der
Geruchsstoffstrom in Geruchseinheiten pro Stunde (GE/h) errechnet. Unter
Berücksichtigung weiterer Emissionsdaten sowie der Beachtung der am
Emissionsort herrschenden geographischen und meteorologischen Bedingungen
werden die Geruchshäufigkeiten bzw. mittleren Geruchsstoffkonzentrationen
errechnet und das Gebiet anschließend in Zonen unterschiedlicher
Geruchsbelastung eingeteilt. Voraussetzung dabei ist die Kenntnis aller Emittenten
und die olfaktometrische Erfassbarkeit aller Emissionen (Steinheider, 1997).
Neuere Untersuchungen in den Niederlanden (Cavalini, Koeter-Kemmerling &
Pulles, 1991; Cavalini, 1992) konnten mit Hilfe von Ausbreitungsrechnungen
signifikante Zusammenhänge zwischen Exposition und subjektiver
Geruchswirkung nachweisen.
5.2.3. Tagebuchbefragung
Eine spezielle Variante des Tagebuchs ist das sogenannte ,,Rastertagebuch". Bei
dieser Methode nehmen zufallsverteilt ausgesuchte Anwohner mit Hilfe eines
Tagebuchs täglich mehrmals Belastungsmessungen vor, wobei die Probanden
einerseits zu fixierten Zeitpunkten bestimmte Umweltbereiche (z.B. Außenluft)
prüfen und bewerten müssen, andererseits nach festgelegten Ereignissen
(Gerüche in der Außenluft) Eintragungen vornehmen (Brauchle, 1996).
Dieses Verfahren wird in der Psychologie im Vergleich zu anderen
Befragungsmethoden eher selten angewendet. Vorteile dieser Methode sind die
große Datenmenge und die damit verbundenen Möglichkeiten der Auswertung,
ebenso die unmittelbare Aufzeichnung nach Ereignissen, womit Verzerrungen
durch Verarbeitungs- und Gedächtniseffekte wegfallen. Allerdings müssen

27
Nachteile im Hinblick auf die empirische Güte in Kauf genommen werden
(Brauchle, 1996).
Hangartner (Hangartner & Wuest, 1994) verwendet in seinen Studien
elektronische Tagebücher. Dabei protokollieren ortsansässige Personen zu
bestimmten Zeiten (es ertönt jeweils ein Piepston) ihre Geruchswahrnehmungen
auf einem technischen Gerät. Protokolliert wird fünfmal am Tag über eine Dauer
von ca. zwei Monaten.
5.3. Messung von Geruchsbelästigung
Geruchsbelästigungen können nicht mit Hilfe der apparativen Olfaktometrie und
der Geruchsschwellenbestimmung gemessen werden (VDI, 1997).
Belästigungsreaktionen lassen sich nicht aus Intensität, Art, Dauer und Häufigkeit
des Geruchs alleine ableiten, es müssen auch andere Einflußgrößen, wie z.B.
Geruchsempfindlichkeit, Gesundheitszustand oder sozioökonomische Struktur der
Wohnumgebung berücksichtigt werden, da die selbe Geruchsstoffimmission bei
verschiedenen Menschen zu unterschiedlichen Belästigungsreaktionen führen
kann. Um zu Grenzwerten zu kommen, ist laut VDI (1997) nicht die Reaktion
Einzelner relevant, sondern die durchschnittliche Belästigungsreaktion von
AnwohnerInnen (als Prozentanteil von Personen, die sich stark belästigt fühlen).
Die Frage, ob Belästigungen als erheblich und damit als schädliche
Umwelteinwirkungen zu sehen sind, hängt nicht nur von der jeweiligen Immission
des geruchserzeugenden Stoffes ab, sondern auch von der Geruchsart, der tages-
und jahreszeitlichen Verteilung der Einwirkungen, dem Rhythmus, in dem die
Belästigungen auftreten und vielen anderen Faktoren.
Prinzipiell kann unterschieden werden zwischen direkten und indirekten
Belästigungsmaßen. Beim direkten Belästigungsmaß gibt der Betroffene durch
Selbsteinschätzung auf einer Skala seine Belästigung an. Beim indirekten
Belästigungsmaß gibt der Betroffene an, welche Auswirkungen der Geruch für ihn
hat (z.B. Kopfschmerzen, kein Appetit, kommt ungern nach Hause). Der

28
Belästigungsgrad errechnet sich dann aus der Summe der durch die Gerüche
beeinträchtigten Intentionen und Aktivitäten.
Da in die Belästigung eine Reihe nicht-olfaktorischer Parameter einfließen, wie
etwa die vermuteten und erlebten Beeinträchtigungen des Alltagslebens oder die
Gesundheit, ist eine Belästigungsmessung nur unter Feldbedingungen
durchführbar (Hangartner & Kastka, 1986).
5.3.1. Beschwerdestatistik
Hier werden die Beschwerden über Geruchsbelästigungen erfasst. Das
Beschwerdeverhalten ist allerdings nicht repräsentativ für die Belästigung der
Bevölkerung durch Gerüche (VDI, 1993b). Das Vorliegen von Beschwerden bei
Behörden oder Betrieben ist nach Kastka (1976) deshalb kein brauchbarer
Gradmesser, da eine Reihe intervenierender Variablen den Zusammenhang
zwischen subjektiver Belästigung und getätigter Beschwerde stören. Beschwerden
treten nur bei massiven Reizbelastungen auf. Außerdem hängt das
Beschwerdeverhalten von der Persönlichkeit der jeweils Betroffenen sowie von
Zugänglichkeit zu den Behörden oder den Glauben an die Wirksamkeit von
Beschwerden ab (VDI, 1993b). Beschwerden können allerdings gute Indikatoren
für plötzlich auftretende Ereignisse (z.B. Störfälle in Betrieben) sein.
Beschwerden sind zumeist der Hauptgrund dafür, dass Maßnahmen in Angriff
genommen werden (so auch bei der vorliegenden Untersuchung). Dass es in
bestimmten Gebieten Beschwerden gibt, zeigt an, dass eine Belästigung vorliegt;
eine qualitative Einschätzung des Problems ist damit aber noch nicht möglich
(Lindvall und Radford, 1973). Darüber hinaus nehmen nur wenige Menschen die
Möglichkeit einer Beschwerde in Anspruch. In britischen und amerikanischen
Untersuchungen haben lediglich 20-30% derjenigen, die in ihrer Umgebung eine
große Belastung wahrnahmen, sich auch bei offiziellen Stellen beschwert (Lindvall
und Radford, 1973).

29
5.3.2. Erhebung mittels Fragebogen
In der VDI-Richtlinie 3883/Blatt 1 (1997) werden Befragungsverfahren zur
Bestimmung der vorhandenen oder möglichen Belästigung durch geruchsintensive
Stoffe beschrieben. Diese Richtlinie beinhaltet auch einen Musterfragebogen zur
Erhebung der Geruchsbelästigung. Dieser besteht aus 10 Fragen zu
Umweltbelastungen und Belästigungsreaktionen sowie aus
soziodemographischen Fragen. Zentraler Bestandteil dieses Musterfragebogens
ist das Belästigungsthermometer. Dies ist eine Elf-Punkte-Skala zur Angabe der
individuellen Geruchsbelästigung (siehe Kapitel 6.1.).
Der Fragebogen kann auf verschiedene Weise eingesetzt werden: mündliches
Interview, schriftliche (postalische) Befragung, telefonisches Interview. Gesicherte
Test-Gütekriterien liegen der Richtlinie vorerst nur für die mündliche Befragung
vor.
5.3.3. Wiederholte Kurzbefragung (systematische Mehrfachbefragung)
Ein Nachteil der Fragebogenerhebung ist der Umstand, dass damit eine Auflösung
in Einzelereignisse nicht möglich ist und keine Angabe über den zeitlichen Verlauf
der Belastung gemacht werden kann (Brauchle, 1996). Bei Einsatz der
wiederholten Kurzbefragung ist dieser Nachteil nicht gegeben.
Bei der wiederholten Kurzbefragung wird der ortsansässigen Bevölkerung über
einen längeren Zeitraum wiederholt die Frage nach einer momentanen
Geruchsempfindung und ihrer Belästigungsbewertung gestellt. Durch diese
Methode kann z.B. die zeitliche und räumliche Verteilung der Belästigung ermittelt
werden. Sie kann ebenso eingesetzt werden, um die Wirksamkeit von
Sanierungsmaßnahmen zu beurteilen (VDI, 1993b).
Großer Vorteil dieser Art der Erfassung ist die Möglichkeit, sowohl ein
Gesamtbelästigungsprofil als auch den zeitlichen Verlauf der Belästigung erfassen

30
zu können. Darüber hinaus gehen Informationen über Einzelereignisse nicht
verloren. Außerdem ist durch die Regelmäßigkeit die Plausibilität des
Antwortverhaltens kontrollierbar (VDI, 1993b). Als Nachteile stehen der hohe
Aufwand und die Möglichkeit, nur wenig Informationen abfragen zu können (im
Vergleich zu einem Fragebogen) gegenüber (Punter & Blaauwbroek, 1989).
Prinzipiell wird in der VDI-Richtlinie 3883/Blatt 2 (VDI, 1993b) unterschieden
zwischen Kurz- und Langzeituntersuchungen. Kurzzeituntersuchungen erstrecken
sich ­ mit mindestens einer Erhebung am Tag ­ über zwei bis drei Monate.
Langzeituntersuchungen dauern 12 bis 14 Monate. Dabei erfolgt die Befragung
mindestens einmal pro Woche zur selben Zeit und am selben Wochentag. Für die
Befragung werden Postkarten verwendet, auf denen sowohl die Belastung
(Ja/Nein) als auch die Belästigung (5-stufige Skala) anzukreuzen ist.
In den Niederlanden und in Frankreich wurde die Methode einige Male eingesetzt
(Köster, Punter, Maiwald, Blaauwbroek & Schaefer, 1986; Punter & Blaauwbroek,
1989; Perrin & Jezequel, 1991; Vermijs, 1991). Im Allgemeinen wird sie allerdings
selten angewendet, da man durch die Anwendung der VDI-Richtlinie 3940 (VDI,
1993a) über die Bestimmung der Geruchsstoffimmissionen durch Begehungen zu
scheinbar ,,objektiveren" Ergebnissen (bzw. ,,härteren Daten") kommt.
2
5.4. Einsatz der VDI-Richtlinien in Österreich ­ ausgewählte Beispiele
Die oberösterreichische Umweltanwaltschaft führte in den vergangenen Jahren
zwei Begehungen zur Bestimmung der Geruchsstoffimmissionen ­ entsprechend
der VDI-Richtlinie 3940 (1993a) ­ durch. Von April bis Juli 1996 wurde in
Aschach/Donau in Oberösterreich eine Erhebung durchgeführt (Pürmayr, 1996).
Hierbei wurde die VDI-Richtlinie erstmals in Oberösterreich eingesetzt. Zusätzlich
zur Begehung wurde die Geruchsbelästigung in Anlehnung an den
Musterfragebogen der VDI-Richtlinie 3883/Blatt 1 (1997) erhoben. Dabei zeigte
sich, dass für das Empfinden einer unzumutbaren Geruchsbelästigung neben dem
2
Parduch, M. (2000). Persönliche Mitteilung.

31
Anteil an Geruchsstunden auch die Geruchsqualität, die hedonische
Geruchswirkung und die Intensität von Bedeutung sind.
Die zweite Begehung fand von Juli bis Dezember 1997 ebenfalls in Oberösterreich
(Attnang) statt (Pürmayr, 1997). Auch hier wurden begleitende Befragungen der
AnwohnerInnen durchgeführt. Hierbei zeigte sich, dass die subjektive Bewertung
der Geruchsbelästigung (zumutbar oder unzumutbar) nicht mit dem Anteil an
Geruchsstunden korreliert. Aus einer Korrelationsanalyse wurde ersichtlich, dass
nicht die Geruchshäufigkeit, sondern die Geruchsintensität die subjektive
Einschätzung der Unzumutbarkeit determiniert.

32
6. GRUNDLAGEN DER BELÄSTIGUNGSMESSUNG
Die Belästigungsmessung ist aufgrund des vielfältigen Einflusses nicht
olfaktorischer Kontextparameter nur unter Feldbedingungen durchführbar.
Aufgrund der Nichtherstellbarkeit der Alltagssituation sind Belästigungsanalysen
im Labor auszuschließen (Hangartner & Kastka, 1986).
Obwohl die meisten Belästigungsdefinitionen von mehrdimensionalen Konzepten
ausgehen (siehe Kapitel 8.5.), wird die Belästigung zumeist mit eindimensionalen
Ratingskalen erhoben, mit denen der Grad der subjektiven Belästigung bzw.
Gestörtheit erfragt wird (Steinheider, 1998). Zur Messung der Belästigung finden
verbale und grafische Skalen Verwendung. Die am häufigsten eingesetzte
grafische Skala ist das Belästigungsthermometer.
6.1. Das Belästigungsthermometer
Abbildung 2: Belästigungsthermometer nach VDI (1997).
Zur Messung der Geruchsbelästigung wird häufig das ­ ursprünglich für die
Messung der Lärmbelästigung entwickelte ­ Belästigungsthermometer
(Hangartner & Wuest, 1994) eingesetzt. Es ist zentraler Bestandteil der VDI-
Richtlinie 3883/Blatt1 (VDI, 1997) zur Erfassung der Geruchsbelästigung.

33
6.1.1. Messtheoretische Grundlagen des Belästigungsthermometers
Die mit dem Thermometer erfassten Daten sind als ordinal skaliert aufzufassen.
Es wird allerdings angenommen, dass die Abweichungen der Belästigungsdaten
vom Intervallskalen-Niveau praktisch vernachlässigbar sind, so dass man mit
Verfahren der parametrischen Teststatistik zu vertretbar wirklichkeitsnahen
Ergebnissen kommt (VDI, 1997, S. 9). Die statistischen Kennwerte Reliabilität,
Messgenauigkeit und Validität sind in der VDI-Richtlinie 3883/Blatt 1 (1997)
beschrieben.
Dem Belästigungsthermometer liegen einige Modellannahmen zugrunde, die
ausführlich in der VDI-Richtlinie 3883/Blatt1 (1997) behandelt werden:
1) Die auf dem Thermometer markierte Zahl ist der Belästigung, die die
betreffende Person in einem längeren Zeitraum erfahren hat, direkt
proportional.
2) Der durchschnittliche Belästigungsgrad einer Probandenstichprobe kann
dadurch berechnet werden, indem die individuellen Werte auf dem
Thermometer gemittelt werden.
3) Die von einem Individuum empfundene Belästigung ist, abgesehen vom
störenden Einfluss des Fehlerterminus, eine lineare Funktion des Logarithmus
der Geruchsstoffkonzentration.
Laut Winneke und Steinheider (1998) ist es gerechtfertigt, eine vereinfachte
Belästigungsmessung unter Verwendung eindimensionaler Skalen (wie das
Belästigungsthermometer) oder eindimensionaler Endpunkte (z.B. % stark
Belästigter) zur Untersuchung von Expositions-Belästigungsbeziehungen zu
verwenden.

34
6.1.2. Vergleich mit verbalen Belästigungsskalen
Bei einer Belästigungserhebung in Düsseldorf wurde die 11-stufige
Thermometerskala mit einer 7-stufigen Verbalskala korreliert. Hierbei ergab sich
ein Wert von r = 0,85 (VDI, 1997). Zu ähnlichen Ergebnissen (r = 0,86) kam
Kastner (1998), der die Belästigungsskala mit einer 5-stufigen Verbalskala
verglich.
Ein Vergleich zwischen grafischer Skala und 7-stufiger Verbalskala zeigt, dass ein
Skalenwert von 3 auf der Thermometerskala einer ,,schwachen Belästigung", ein
Skalenwert von 4,5 einer ,,deutlichen Belästigung" und ein Skalenwert von 6 einer
,,starken Belästigung" entspricht (VDI, 1997).
6.2. Die Problematik der Grenzwerte
Belästigungen sind rechtlich gesehen nur dann zwingender Anlass für
Schutzmaßnahmen, wenn sie als ,,erheblich" bewertet werden (Rohrmann, 1981).
Die Frage, ab wann eine Belästigung erheblich ist, hat somit weitreichende
Relevanz. ,,Erheblich" ist, was nach Art, Ausmaß und Dauer die Grenze des
üblichen und zumutbaren Maßes überschreitet, d.h. als unzumutbar beurteilt wird.
Für die Erheblichkeit ist nicht das subjektive Empfinden des einzelnen Gestörten
maßgeblich, sondern das Empfinden eines normalen Durchschnittsmenschen
(Rohrmann, 1981). Prinzipiell meint Rohrmann (1988), dass kritische Grenzen
gegen Umweltstressoren nicht durch empirische Forschung auffindbar sind; bei
Grenzwerten handelt es sich vielmehr um gesellschaftspolitische Setzungen, die
vom Wertsystem der jeweils Beteiligten abhängen. Daher ist es wichtig, dass die
betroffenen Interessensgruppen an der Entscheidungsfindung teilhaben können.
Vielfach untersucht wurden Dosis-Wirkungsbeziehungen. Das Fehlen von
,,Sprungstellen" in derartigen Zusammenhangsanalysen macht die Identifikation
von Grenzwerten unter dem Aspekt von ,,Erheblichkeit" zu einem nicht-trivialen
Entscheidungsproblem (Rohrmann, 1988, Winneke & Steinheider, 1998).

35
Nach Hangartner (1987, 1989) ist in einem belasteten Gebiet dann mit einer
erheblichen Belästigung zu rechnen, wenn der Mittelwert der Befragten den Wert
5 (auf dem Belästigungsthermometer) übersteigt. Darüber hinaus wird oft auch der
Prozentanteil stark belästigter Personen als Zumutbarkeitskriterium
herangezogen. Ab einem Prozentanteil an stark gestörten Personen von über 25%
fordert Hangartner (1987) Sofortmaßnahmen zur Verringerung der
Geruchsbelästigung (siehe Tabelle 8, Seite 95).
6.3. Überlegungen zu einer Vereinheitlichung der Belästigungsmessung
Für die Vergleichbarkeit von Studien zur (Geruchs-)Belästigung ist es von
entscheidenden Interesse, sicherzugehen, dass auch dasselbe verglichen wird.
Dies kann nur dadurch gewährleistet werden, dass die Belästigung mit denselben
Instrumenten erhoben wird. Im Bereich der Lärmforschung wurde nun versucht,
die Lärmbelästigungsskalen international zu standardisieren (Felscher-Suhr, Guski
& Schuemer, 2000). Die verbale Belästigungsskala besteht nun aus fünf
Abstufungen mit den Adverbien äußerst, stark, mittelmäßig, etwas, überhaupt
nicht. Neben der verbalen Skala zur Erfassung der Lärmbelästigung wurde auch
eine numerische Skala entwickelt, die die bisher verwendete Thermometerskala
ersetzt (siehe Abb. 3).
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
überhaupt
äußerst
nicht
Abbildung 3: Antwortformat für die numerische Skala. Aus: Felscher-Suhr, Guski &
Schuemer, 2000.
Es handelt sich dabei um eine grafische Skala mit verbaler Markierung der
Endpunkte, die Anordnung der Skala ist horizontal. Sowohl die numerische als
auch die verbale Belästigungsskala wurden von der International Commission on
the Biological Effects of Noise (ICBEN) als international verbindlich verabschiedet
(Felscher-Suhr, Guski & Schuemer, 2000).

36
In wie weit diese Weiterentwicklung im Bereich der Lärmforschung auch
Auswirkungen auf die Geruchsforschung haben wird, wird sich erst zeigen. Die in
der Geruchsbelästigungserfassung zur Zeit relevante Skala ist das
Belästigungsthermometer, wie es in der VDI-Richtlinie 3883/Blatt 1 (VDI, 1997)
abgebildet ist. Da Lärm- und Geruchsbelästigung oft in Zusammenhang stehen, ist
es sinnvoll, die Belästigung von Lärm und Geruch mit vergleichbaren (inhaltliche
und grafische Übereinstimmung, gleiche Gütekriterien) Skalen zu erfassen.

37
7. BELÄSTIGUNGSFORSCHUNG
Unter Belästigung versteht man allgemein eine Störung des Wohlbefindens (VDI,
1997). Der Begriff Belästigung bzw. Lästigkeit wird schon länger verwendet, bis
dato gibt es allerdings noch keine umfassende Theorie zu Umweltbelästigungen,
was die Erforschung von Belästigungsreaktionen erschwert (Steinheider, 1997).
7.1. Anfänge der Belästigungsforschung
Die Belästigungsforschung erlebte ihre erste umfassende Würdigung auf dem im
Jahr 1971 veranstalteten Symposium ,,Methods for Measuring and Evaluating
Human Annoyance from Exposure to Environmental Agents" (Schick, 1997). Ziel
dieses Symposiums war es einerseits, einheitliche Methoden zur Messung der
Belästigung heraus zu arbeiten, als auch andererseits die Auswirkungen von
Belästigungen zu definieren. Die Ergebnisse des Symposiums wurden von
Lindvall und Radford (1973) zusammengefasst. Ein zweites großes Symposium
zum Thema Umweltbelästigung fand im Jahre 1986 in den Niederlanden statt,
eine Zusammenfassung gibt Koelega (1987).
7.2. Bedeutung von Belästigung
Umweltstudien legten in der Vergangenheit besonderen Schwerpunkt auf die
technischen, ökonomischen und physischen Gesundheitsaspekte von
Umweltproblemen. Übersehen wurde dabei allerdings allzu oft die Bedeutung von
Kognitionen und psychologischen Interventionsvariablen, die die
Belastungswirkung beeinflussen (Koelega, 1987). Dazu wurden in den
vergangenen Jahren etliche Studien gemacht (z.B. Steinheider, 1997).
In der Lärmforschung stand seit jeher die Lautheit im Mittelpunkt der Betrachtung
für die Bewertung der Störung durch Schall. Das Kriterium der Lautheit erwies sich
jedoch oftmals als nicht hinreichend, weil es viele störende Geräusche gibt, die

38
gar nicht besonders laut sind. Daher wurde ­ bereits in den zwanziger Jahren ­
der Begriff der Lästigkeit eingeführt. Mit der Einführung der sone-Skalen von
Stevens sowie der noy-Skala Kryters erreichte die Lästigkeitsforschung einen
Höhepunkt, da von nun an Geräusche auch unter dem Aspekt der Lästigkeit bzw.
Belästigungswirkung bewertet werden (Schick, 1990).
7.3. Nachteile des Belästigungsbegriffs
Die Fokusierung auf Belästigung als einzigen Indikator menschlicher Reaktion auf
Umweltbelastung bringt auch einige Nachteile mit sich (Koelega, 1987):
a) Belästigung kann nicht direkt, sondern nur indirekt über
Selbsteinschätzungsskalen, mit all den damit verbundenen Problemen,
erhoben werden.
b) Die Einengung auf Belästigung kann zu einem Verlust von anderen
wichtigen Informationen führen, die ein vollständigeres Bild von
Belastungswirkungen ergeben könnten.
c)
Ob Maßnahmen getroffen werden oder nicht, hängt vom Belästigungsgrad
der Bevölkerung (bzw. von festgesetzten Grenzwerten) ab. In Gebieten mit
einer ,,akzeptablen" Belästigung gibt es aber immer auch Personen, die sich
dennoch inakzeptabel hoch belästigt fühlen. Diese Personen werden nicht
berücksichtigt.

39
8. BELÄSTIGUNGSMODELLE
Bislang war immer die Rede von Geruchsbelastung bzw. Geruchsbelästigung,
ohne klar zu sagen, was damit gemeint ist. Im Folgenden werden diese beiden
Begriffe näher definiert, Zusammenhänge herausgearbeitet und Konzepte
dargestellt.
8.1. Belastung
Unter Belastung wird die für einen bestimmten Ort vorhandene
Geruchsstoffimmission, die zur Geruchswahrnehmung führt, bezeichnet (VDI,
1997).
8.2. Belästigung
Belästigung ist verbunden mit einer negativen Bewertung von Umweltbedingungen
(Koelega, 1987). Obwohl der Begriff der Belästigung zum Teil relativ heterogen
verwendet wird (allgemeines Gefühl des Unbehagens, milde Form des Ärgers
oder in einigen Fällen auch Angst), wird üblicherweise die Definition von Lindvall &
Radford (1973) verwendet:
Belästigung ist ... ein subjektiver Zustand des Unbehagens, der durch Stoffe
oder Umstände hervorgerufen wird, von denen nach Ansicht der Betroffenen
oder Wirkungsempfänger negative Auswirkungen auf das Individuum oder
Gruppen ausgehen.
3
(zitiert nach: VDI, 1997, S. 4)
Nach Clark (1984; zitiert nach: Winneke & Liu, 1995) umfasst der
Belästigungsbegriff drei Komponenten: eine emotionale Komponente (z.B. ein
Gefühl der Verärgerung), eine Interferenzkomponente (z.B. Störung erwünschter
Tätigkeiten wie etwa Kommunikation) sowie eine somatische Komponente (z.B.
Kopfschmerzen).
3
,,Annoyance is a feeling of displacement associated with any agent or condition believed to affect adversely
an individual or a group." (Lindvall & Radford, 1973, S. 3)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832446628
ISBN (Paperback)
9783838646626
DOI
10.3239/9783832446628
Dateigröße
5.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Grund- und Integrativwissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2001 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
geruchsbelästigung geruch abwasserkanal geruchssanierung umweltpsychologie
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Titel: Belastung und Belästigung durch Gerüche
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