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EU-Osterweiterung und Arbeitsmarkt

Auswirkung auf Beschäftigung, Löhne und Betriebe

©2001 Diplomarbeit 152 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Zuge der Diskussion um eine EU-Osterweiterung werden vor allem Störungen auf westeuropäischen Arbeitsmärkten befürchtet. Basierend auf volkswirtschaftlichen Arbeitsmarkttheorien werden mögliche Auswirkungen einer EU-Osterweiterung auf die Beschäftigung und Löhne in Österreich thematisiert. Quantitative Prognosen zum Migrationspotenzial sind eine Grundvoraussetzung zur Abschätzung der Arbeitsmarkteffekte. Im Sinne einer umfassenden Darstellung werden zusätzlich die Entwicklung der EU, vor allem im Lichte einer EU-Osterweiterung;
verschiedene Beitrittsszenarien; Eigenschaften potenzieller Migranten; Auswirkungen auf die betriebliche Personalbschaffung die „öffentliche“ Diskussion zur EU-Osterweiterung genauer ausgeführt und kritisch hinterfragt.
Die Arbeit zielt darauf ab, dem Leser einen Einblick zu den potenziellen Auswirkungen einer EU-Osterweiterung zu geben. Trotz einiger Unsicherheiten hinsichtlich der Rahmenbedingung zur weiteren Integration von Mittel- und Osteuropäischen Staaten, werden mögliche Tendenzen erläutert. Dies soll unter anderem zu einer Versachlichung der Diskussion rund um diese Thematik beitragen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
A.EINLEITUNG1
1.1DIE EUROPÄISCHE UNION IM GESCHICHTSSPIEGEL1
1.1.1Historische Entwicklung der Europäischen Union1
1.1.2Die gegenwärtige Situation der Europäischen Union3
1.1.3Die Zukunft der Europäischen Union5
1.2DIE OSTERWEITERUNG DER EUROPÄISCHEN UNION6
1.2.1Bedeutung und Ziele einer EU-Osterweiterung6
1.2.2Der Beitrittsprozess8
1.3DIE BEITRITTSKANDIDATEN9
1.3.1Überblick über die Mittel- und Osteuropäischen Länder (MOEL)10
1.3.2Die Tschechische Republik11
1.4ARBEITSMÄRKTE IN EUROPA12
1.4.1Der Arbeitsmarkt der Europäischen Union13
1.4.2Die Beschäftigungsstrategie in Europa14
1.4.3Arbeitsmärkte im Lichte der EU-Osterweiterung15
B.ARBEITSMARKTTHEORIEN17
2.1DIE ANGEBOTS- UND NACHFRAGESEITE NACH ARBEIT18
2.2DER SCHLÜSSELFAKTOR „LOHN“19
2.3DAS NEOKLASSISCHE MODELL21
2.3.1Annahmen der Neoklassik22
2.3.2Kritik an den Annahmen des Neoklassischen Modells24
2.3.3Erweiterungen des Neoklassischen Modells28
2.3.3.1Die Humankapitaltheorie28
2.3.3.2Die Signaling These31
2.3.3.3Job Search Theorie32
2.3.3.4Kontrakttheorien33
2.4SEGMENTATIONSTHEORIEN35
2.4.1Konzept und Struktur von Teilarbeitsmärkten36
2.4.2Das Modell von Kerr39
2.4.2.1Unstrukturierte und strukturierte Arbeitsmärkte40
2.4.2.2Interne versus externe […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4623
Schmid, Stefan: EU-Osterweiterung und Arbeitsmarkt: Auswirkung auf Beschäftigung, Löhne
und Betriebe / Stefan Schmid - Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Linz, Universität, Diplom, 2001
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Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig
und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen
Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder
inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Linz, im September 2001
_________________________
Stefan Schmid

D i p l o m a r b e i t
I
NHALTSVERZEICHNIS
A.
EINLEITUNG... 1
1.1.
D
IE
E
UROPÄISCHE
U
NION IM
G
ESCHICHTSSPIEGEL
... 1
1.1.1. Historische Entwicklung der Europäischen Union ... 1
1.1.2. Die gegenwärtige Situation der Europäischen Union ... 3
1.1.3. Die Zukunft der Europäischen Union... 5
1.2.
D
IE
O
STERWEITERUNG DER EU ROPÄISCHEN
U
NION
... 6
1.2.1. Bedeutung und Ziele einer EU-Osterweiterung ... 6
1.2.2. Der Beitrittsprozess ... 8
1.3.
D
IE
B
EITRITTSKANDIDATEN
... 9
1.3.1. Überblick über die Mittel- und Osteuropäischen Länder (MOEL) ... 10
1.3.2. Die Tschechische Republik ... 11
1.4.
A
RBEITSMÄRKTE IN
E
UROPA
... 12
1.4.1. Der Arbeitsmarkt der Europäischen Union... 13
1.4.2. Die Beschäftigungsstrategie in Europa ... 14
1.4.3. Arbeitsmärkte im Lichte der EU-Osterweiterung... 15
B.
ARBEITSMARKTTHEORIEN...17
2.1. D
IE
A
NGEBOTS
-
UND
N
ACHFRAGESEITE NACH
A
RBEIT
... 18
2.2. D
ER
S
CHLÜSSELFAKTOR
"L
OHN
"... 19
2.3. D
AS
N
EOKLASSISCHE
M
ODELL
... 21
2.3.1. Annahmen der Neoklassik... 22
2.3.2. Kritik an den Annahmen des Neoklassischen Modells ... 24
2.3.3. Erweiterungen des Neoklassischen Modells... 28
2.3.3.1
Die Humankapitaltheorie... 28
2.3.3.2.
Die Signaling These ... 31
2.3.3.3.
Job Search Theorie ... 32
2.3.3.4.
Kontrakttheorien... 33
2.4. S
EGMENTATIONSTHEORIEN
... 35
2.4.1. Konzept und Struktur von Teilarbeitsmärkten... 36
2.4.2. Das Modell von Kerr ... 39
2.4.2.1.
Unstrukturierte und strukturierte Arbeitsmärkte ... 40

D i p l o m a r b e i t
2.4.2.2.
Interne versus externe Arbeitsmärkte ... 41
2.4.2.3.
(Berufs)-Fachliche und Innerbetriebliche Arbeitsmärkte... 42
2.4.3. Das duale Modell... 44
2.5. G
EGENÜBERSTELLUNG
: N
EOKLASSISCHE
-
VS
. S
EGMENTATIONSTHEORIEN
... 47
C.
MOBILITÄT AM ARBEITSMARKT ...48
3.1. G
ESICHTSPUNKTE VON
,,M
OBILITÄT
" ... 49
3.2
T
YPOLOGIEN RÄUMLICHER
M
OBILITÄT
... 51
3.2.1. Die Pendelwanderung (,,Zirkulation") ... 52
3.2.2. Die Wanderung (,,Migration")... 52
3.3. M
IGRATIONSMODELLE
... 54
3.3.1. Gravitationsmodelle ... 56
3.3.2. Verhaltensorientierte Modelle ... 58
3.3.3. Constraints Modelle... 58
3.4. D
ETERMINANTEN DER
M
OBILITÄTSENTSCHEIDUNG
... 59
3.5. B
EDEUTUNG DER
T
HEORIEN FÜR DIESE
A
RBEIT
... 62
D.
MIGRATIONSPOTENZIAL IN OSTMITTELEUROPA...64
4.1.
E
INLEITUNG UND THEORETISCHE
G
RUNDLAGEN
... 64
4.2. D
AS
M
IGRATIONSPOTENZIAL
... 65
4.3. P
ENDELWANDERUNG AUS DER
T
SCHECHISCHEN
R
EPUBLIK NACH
Ö
STERREICH
... 70
4.4. E
RGEBNISSE
... 75
4.4.1
Die Arbeitskräftenachfrage in Österreich ... 77
4.5. M
ERKMALE POTENZIELLER
M
IGRANTEN
... 78
E.
AUSWIRKUNGEN EINER EU-OSTERWEITERUNG...81
5.1. D
ER
O
BERÖSTERREICHISCHE
A
RBEITSMARKT IM EUROPÄISCHEN
K
ONTEXT
... 81
5.2. E
INLEITUNG
: D
ER
F
ALL DES EISERNEN
V
ORHANGS
... 83
5.3. A
USWIRKUNGEN DER
EU O
STERWEITERUNG AUF DEN
O
BERÖSTERREICHISCHEN
A
RBEITSMARKT
... 84
5.3.1. Grundlagen ... 85
5.3.2.1. Regionale Differenzierung der Auswirkungen... 87
5.3.2. Auswirkungen auf den Lohn ... 88
5.3.2.1.
Gründe für die Zunahme der Lohnspreizung ... 91
5.3.3. Auswirkungen auf die Beschäftigung und Arbeitslosigkeit ... 93

D i p l o m a r b e i t
5.3.3.1.
Quantitative Auswirkungen auf die Beschäftigung... 95
5.3.3.2.
Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit ... 96
5.3.4. Auswirkungen der EU Osterweiterung auf die Wirtschaftssektoren... 98
5.3.4.1.
Sektorale Wirtschaftsstruktur in Oberösterreich... 98
5.3.4.2.
Auswirkungen einer EU-Osterweiterung auf die Oberösterreichische
Sachgüterproduktion... 99
5.3.4.3.
Energieintensive Branchen... 100
5.3.4.4.
Arbeitsintensive Branchen... 101
5.4. A
USWIRKUNGEN AUF DAS BETRIEBLICHE
P
ERSONALMANAGEMENT
... 103
5.4.1. Teilbereiche der Personalplanung ... 104
5.4.1.1. Betriebliche Personalbeschaffung im Lichte einer EU-Osterweiterung... 105
5.4.1.2. Personalentwicklung und eine EU-Osterweiterung... 107
5.4.2. Resümee und abschließende Bemerkungen ... 110
5.5. D
IE
(
AKTUELLE
) D
ISKUSSION ZUR
EU-O
STERWEITERUNG
... 110
5.5.1. Ausländerbeschäftigung in Österreich ... 111
5.5.2. Der Standpunkt der Europäischen Union... 112
5.5.3. Die politische Diskussion in Österreich ... 114
5.5.3.1.
Politische Standpunkte zur Arbeitnehmerfreizügigkeit... 115
5.5.3.2.
Kritik an den politischen Positionen... 117
5.5.4. Die Position der Österreichischen Interessensvertretungen... 118
5.5.4.1. Standpunkt der österreichischen Arbeitnehmervertretung ... 118
5.5.4.2. Standpunkt der österreichischen Arbeitgebervertretung ... 119
5.5.5. Resümee ... 121
5.6.
Z
USAMMENFASSUNG DER
E
RGEBNISSE
... 122
F.
LITERATURVERZEICHNIS...125

D i p l o m a r b e i t
A
BBILDUNGEN
Abbildung 1: Marktgleichgewicht ... 21
Abbildung 2: Ausbildung und Einkommensprofile ... 30
Abbildung 3: Das Arbeitsmarktmodell nach Kerr ... 39
Abbildung 4: Das Arbeitsmarktmodell des ISF ... 43
Abbildung 5: Zusammenhang von Produktmarkt und Arbeitsmarkt im dualistischen
Arbeitsmarktmodell ... 45
Abbildung 6: Räumliche Lohndisparität und Ausgleichsmechanismus ... 48
Abbildung 7: Illustration of Regional Labour Market ... 50
Abbildung 8: Eine arbeitsmarktreleva nte Typologie der räumlichen Mobilität ... 51
Abbildung 9: Typen von Wanderungsmodellen ... 56
Abbildung 10: Migrationspotenzial in Tschechien nach Bezirken ­ Anteil der
Gesamtbevölkerung über 14 Jahre ... 71
Abbildung 11: Übersicht d. Migrations- und Pendelpotenzials und regionale Verteilung der
Einwanderung ... 76
Abbildung 12: Arbeitslosigkeit und Immigration im Jahr 1991 ... 94
T
ABELLEN
Tabelle 1: Migrationswahrscheinlichkeit der potentiellen Migranten nach Österreich ... 66
Tabelle 2: Pro-Kopf-Einkommen in den MOEL Ländern ... 67
Tabelle 3: Schätzung des Migrationspotentials ... 69
Tabelle 4: Für die Pendelwanderung relevante Daten Tschechiens ... 73
Tabelle 5: Schätzung d. Zahl zusätzlicher Einpendler aus Tschechien nach OÖ ... 74
Tabelle 6: Geschlechterproportionen u. Altersstruktur der potentiellen Migranten in % .. 78
Tabelle 7: Wichtige Migrationsmotive der potentiellen Migranten in Prozent ... 79
Tabelle 8: Betriebe nach Größenklassen und ÖNACE-Abschnitten in Oberösterreich ... 98

D i p l o m a r b e i t
Ü
BERSICHTEN
Übersicht 1: Statistische Daten zur EU ... 4
Übersicht 2: Ausgewählte Länder aus den MOEL ... 10
Übersicht 3: Annahmen und Kritik des Neoklassischen Modells ... 27
Übersicht 4: Gegenüberstellung - Neoklassik versus Segmentationstheorien ... 47
Übersicht 5: Die berufliche und räumliche Mobilität auf dem Arbeitsmarkt ... 60

D i p l o m a r b e i t
V
ORSCHAU AUF DIE
A
RBEIT
In der Einleitung wird die historische Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft
betrachtet und ein Ausblick auf die Zukunft dieser Vereinigung gegeben. Insbesondere die
Integration von Mittel- und Osteuropäischen Ländern stellt eine historische Chance dar,
den europäischen Wirtschaftsraum zu stärken und den innereuropäischen Frieden zu
sichern. Aufgrund der großen Einkommensdifferenzen zwischen der Europäischen Union
und den meisten Beitrittskandidaten werden
­ bei Gewährung der
Arbeitnehmerfreizügigkeit ­ starke Wanderungsbewegungen der Arbeitnehmer nach
Westeuropa befürchtet. Eine Analyse der Beitrittskandidaten und europäischer
Arbeitsmärkte im Lichte einer EU-Erweiterung schließen die Einleitung ab.
Die Arbeitsmarkttheorien vermitteln Grundlagen des Angebots und der Nachfrage von
Arbeit. Im wesentlichen versuchen die beiden Denkschulen Neoklassik und
Segmentationstheorie, Erklärungen für Entwicklungen auf Arbeitsmärkten bereitzustellen
und Prognosen über die Zukunft abzugeben. Beide Theorien liefern Erklärungsansätze für
mögliche Auswirkungen einer EU-Osterweiterung auf den Arbeitsmarkt und für
Unternehmen.
Im nächsten Abschnitt wird die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt thematisiert. Neben der
sozialen Mobilität spielt vor allem die regionale Mobilität der Arbeitskräfte aus den
Beitrittskandidatenländern eine wichtige Rolle zur Abschätzung möglicher
Wanderungsbewegungen in Folge einer EU-Osterweiterung. Dabei werden unter anderem
wichtige Einflussfaktoren der Migrationsentscheidung sowie individuelle Charakteristika
potenzieller Migranten dargelegt
Bevor die arbeitsmarkt-relevanten Auswirkungen einer EU-Osterweiterung prognostiziert
werden können, gilt es das Migrationspotenzial in den Beitrittsländern abzuschätzen.
Quantitativ wird prognostiziert, wie viele zusätzliche Arbeitnehmer nach Österreich
wandern werden. Zusätzlich gilt es allerdings auch die Qualifikation möglicher

D i p l o m a r b e i t
Einwanderer zu betrachten, um die wirtschaftlichen Effekte der Steigerung des
Arbeitskräfteangebots abzuschätzen.
Den Hauptteil der Arbeit bildet eine Analyse der prognostizierten Auswirkungen einer EU-
Osterweiterung auf den Arbeitsmarkt und Betriebe. Auf volkswirtschaftlicher Ebene
werden Beschäftigungs-, Lohn und sektorale Effekte analysiert. Diese beeinflussen jedoch
auch das Personalmanagement in Unternehmen, die auf die geänderten
Rahmenbedingungen reagieren müssen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit
langfristig sicherstellen zu können.
Abgeschlossen wird die Diplomarbeit mit einer Untersuchung der regen Diskussion rund
um die EU-Osterweiterung, die in Österreich vor allem von Seiten der
Interessensvertretungen und der Politiker geführt wird.

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 1
A. Einleitung
In diesem Kapitel werden Hintergrundinformationen zur Europäischen Union, der
geplanten EU-Osterweiterung, den Beitrittskandidaten und europäischen Arbeitsmärkten
gegeben. Im Sinne der Zielsetzung dieser Arbeit wird darauf verzichtet, detailliert auf diese
Themen einzugehen. Vielmehr sollen überblicksartig die Zusammenhänge und
Entwicklungen aufgezeigt werden.
1.1. Die Europäische Union im Geschichtsspiegel
Die Europäische Union ist das Ergebnis eines Kooperations- und Erweiterungsprozesses,
der im Jahr 1951 mit sechs Staaten begann und derzeit fünfzehn Staaten umfasst. Bedingt
durch das stete Wachstum und die sich rasch ändernden Rahmenbedingungen waren - und
sind nach wie vor ­ Anpassungen und Änderungen der EU-Institutionen erforderlich, die
in diesem Kapitel kurz thematisiert werden.
1.1.1. Historische Entwicklung der Europäischen Union
Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) durch
Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden wurde 1951
der Grundstein für die weitere Entwicklung der heutigen Europäischen Union gelegt.
Gründungsziel war die Umsetzung eines Plans des damaligen französischen
Außenministers Robert Schuman, der die Einigung Europas primär zur Erhaltung des
Friedens
anstrebte.
1
1957 unterzeichneten die o.a. Staaten den Vertrag von Rom, mit dem
die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) begründet wurde. Zusätzlich wurde von
1
Vgl. Weindl/Woyke 1999, S. 2

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 2
diesen Ländern der EURATOM Vertrag zum Zwecke der friedlichen Nutzung der
Kernenergie abgeschlossen. Der Vertrag von Rom bildet die Verfassung der Europäischen
Gemeinschaft.
Nach dem Beitritt von Dänemark, Irland, Großbritannien, Griechenland, Spanien und
Portugal wurden 1987 mit der Einheitlichen Europäischen Akte folgende Ziele
2
verfolgt:
1. Bekräftigung des Willens zur Schaffung der Europäischen Union, d.h. die Errichtung
einer Europäischen Union wird zum Gesamtziel der Integration
2. Verwirklichung des Binnenmarktes
3. Nebenziele wie z.B. Konvergenz der Wirtschafts- u. Währungspolitik, Umweltschutz
etc.
Der nächste ,,Meilenstein" der Entwicklung war der Maastrichter Vertrag, welcher ­
aufgrund einschneidender Änderungen der Gemeinschaftsverträge sowie
Kompetenzerweiterungen ­ eine Änderung des Namens in Europäische Union mit sich
brachte. Der im Februar 1992 abgeschlossene Vertrag bezeichnet sich selbst als ,,eine neue
Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas" und wird
als erster Teilschritt hin zu einer europäischen Verfassung gesehen.
3
Zusätzlich wurde in
Maastricht beschlossen, die Europäische Union um die Wirtschafts- und Währungsunion
zu ergänzen (siehe Anhang I). Verbunden werden die 12 Mitgliedstaaten durch drei
Säulen: die Europäische Gemeinschaft (EG), die gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik (GASP) und Justiz- und Innenpolitik.
Nach einer Volksabstimmung über einen EU-Beitritt Österreichs am 12. Juni 1994, die
66,58% der Bevölkerung befürworteten, trat Österreich am 1.1.1995 gemeinsam mit
Schweden und Finnland der Europäischen Union bei.
1997 wurde der Vertrag von Amsterdam abgeschlossen, welcher einige im Maastricht
Vertrag nicht ausreichend geregelte Bereiche - auf der Grundlage erster praktischer
Erfahrungen
­ weiterentwickelt. Insbesondere die gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik sowie Innen- und Justizpolitik waren Gegenstand von Änderungen und
2
Vgl. Weindl/Woyke 1999, S. 9ff
3
Vgl. Borchardt (o.J.), S. S.4f

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 3
Ergänzungen. Hinsichtlich dieser Arbeit ist vor allem interessant, dass die Zusammenarbeit
der Mitgliedstaaten bei der Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und
vor allem die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Flexibilität der Arbeitnehmer
im Amsterdamer Vertrag festgehalten wurde. Ziel dieser Initiative ist ein hohes
Beschäftigungsniveau in Europa.
4
Schließlich wurde mit der Einigung zur Agenda 2000 im Jahr 1999 eine der komplexesten
und konfliktträchtigsten Verhandlung in der Geschichte der Europäischen Union
abgeschlossen. Insbesondere die Reformen der gemeinsamen Agrar- und Strukturpolitik
sollen die Europäische Union mit ihren mittlerweile 15 Mitgliedstaaten in die Lage
versetzen, für die Herausforderung der kommenden Jahre ­ vor allem die Aufnahme
weiterer Mitglieder - gerüstet zu sein.
1.1.2. Die gegenwärtige Situation der Europäischen Union
Wie bereits das vorige Kapitel zeigt, war und ist die Europäische Union mit stetem
Wachstum
konfrontiert. Die Europäische Union sieht es als ihre Aufgabe, die
Beziehungen zwischen ihren 15 Mitgliedstaaten und Völkern möglichst einheitlich zu
gestalten und verfolgt folgende umfassende Ziele
5
1. Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts, insbesondere durch die
Verwirklichung des Binnenmarktes sowie der Einführung einer einheitlichen Währung
2. Behauptung der europäischen Identität auf europäischer Ebene
3. Einführung der Unionsbürgerschaft, welche die Staatsbürgerschaft ergänzt
4. Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
5. Erhaltung und Entwicklung des Gemeinschaftsrechts
4
Vgl. Weindl/Woyke 1999, S. 353
5
Vgl.
http://www.europa.eu.int/abc-de.htm
, 11-09-01

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 4
Zur Erreichung der o.a. Ziele delegieren die Mitgliedstaaten einen Teil ihrer Hoheitsrechte
an Institutionen, die die gemeinschaftlichen, nationalen und Bürgerinteressen vertreten.
Die drei wichtigsten Institutionen sind
1. Der Rat der Europäischen Union, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten auf
Ministerebene zusammensetzt und das wichtigste Entscheidungsorgan der Union ist
2. Die Europäische Kommission vertritt die Allgemeinen Interessen der Union
3. Das Europäische Parlament ist die demokratische Vertretung der europäischen Bürger
Vor dem Hintergrund des Anwachsens der Europäischen Union mussten ­ um deren
Handlungsfähigkeit sicherzustellen ­ auch institutionelle Weiterentwicklungen erfolgen.
Der letzte wesentliche Schritt in diese Richtung war der Vertrag von Nizza: ,,Dieser
Vertrag öffnet die Tür für die umfassendste Erweiterung, die sich die Union jemals
vorgenommen hat ­ sie stellt dauerhaften Frieden sowie Stabilität und Wohlstand für
sämtliche demokratische europäischen Staaten in Aussicht".
6
Übersicht 1: Statistische Daten zur EU (Zusammenstellung aus Europäische
Kommission 2000)
Indikator
Wert der EU
Kommentar
Bevölkerung
Ca. 370 Millionen
In der EU stehen stark rückläufige
Geburtenzahlen einer immer höheren
Lebenserwartung gegenüber.
Fläche
3190 000 km
2
Die EU-Bevölkerung lebt auf einer
vergleichsweise relativ kleinen
Fläche, wodurch die EU ­ nach
Japan, Indien und China ­ die
höchste Bevölkerungsdichte hat.
Lebensstandard in BIP je
Kopf zu
Kaufkraftstandards
7
19040 Euro
Gemäss dieser Messeinheit liegt die
EU an weltweit dritter Stelle (nach
den Vereinigten Staaten und Japan).
Arbeitslosigkeit in Prozent
der erwerbstätigen
Bevölkerung
4,7 %
Die relativ hohe Arbeitslosigkeit in
Europa wird als Hauptproblem der
EU bezeichnet (siehe auch Kapitel
5.1.).
6
Vgl. Prodi/Barnier zitiert nach Europäische Gemeinschaften 2001, S.1
7
Gleiches Volumen von Gütern und Dienstleistungen, unabhängig vom Preisniveau

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 5
1.1.3. Die Zukunft der Europäischen Union
Abgesehen von der EU-Osterweiterung, die derzeit in Vorbereitung ist und im folgenden
Kapitel näher betrachtet wird, stellen sich noch andere Fragen bzgl. der Zukunft der
Europäischen Union. Wenn man von Details absieht, kann man die Zukunft Europas auf
drei wesentliche Fragen
8
reduzieren:
1. Europa ­ bis wohin und für wen?
Dabei geht es einerseits um die geografischen Grenzen Europas, andererseits auch um die
Frage, anhand welcher Kriterien man Beitrittsansuchen von Ländern evaluiert, und diese
ggf. auch begründet ablehnt. So wurden bei der derzeit laufenden EU-Osterweiterung
folgende, allgemeine Beitrittskriterien festgelegt: Institutionelle Stabilität, funktionierende
Marktwirtschaft und die Fähigkeit, Unionspflichten übernehmen zu können.
2. Europa ­ in welcher Form?
Wie soll die Europäische Union auch in Zukunft handlungsfähig bleiben und trotz ihres
voraussichtlichen Wachstums die Interessen ihrer Bürger, Staaten sowie ihre eigenen
vertreten. In engem Zusammenhang dazu steht die Frage, wie stark die Zusammenarbeit
und Integration sein soll: wird z. B. ein föderales Europa mit einheitlicher Währung
angestrebt oder zielt die weitere Entwicklung ,,lediglich" auf die Schaffung einer
europaweiten Freihandelszone ab?
3. Europa ­ wozu?
Die Frage nach dem ,,Zweck" der Europäischen Union kann man darauf reduzieren, woher
die Identität Europas kommt und was Europäer zusammenführt und ­hält. Untrennbar
damit verbunden ist die Frage nach gemeinsamen Werten und dem Platz, den der einzelne
Mensch in der Gesellschaft einnimmt.
Alles in allem wird in der Diskussion um die Zukunft der Europäischen Union davon
ausgegangen, dass diese weiter wachsen wird bzw. Staaten versuchen werden, der
Vereinigung beizutreten. Schon die derzeit in Vorbereitung befindliche EU-Osterweiterung
zeigt klar auf, dass der Erweiterungsprozess langwierig (siehe Kapitel 1.2.1.) und
8
Vgl. Fontaine 2000, S. 23f

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 6
schwierig ist. Unter Berücksichtigung möglicher zukünftiger Beitrittskandidaten ­ z.B.
Staaten der ehemaligen UDSSR ­ die sowohl kulturell-historisch als auch politisch-
wirtschaftlich noch stärkere Unterschiede zu den derzeitigen 15 EU Staaten aufweisen, als
dies bei vielen Mittel- und Osteuropäischen Ländern (MOEL) der Fall ist, wird die
Komplexität dieser Thematik offenbar. Nachfolgend wird ein Überblick über die
Entwicklung zur EU-Osterweiterung gegeben, bevor näher auf den Arbeitsmarkt
eingegangen wird.
1.2. Die Osterweiterung der europäischen Union
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in den Jahren 1989 und 1990 strebten viele der
ehemals kommunistischen Staaten eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit der
Europäischen Gemeinschaft an und 10 Staaten aus dem Mittel- und Osteuropäischen Raum
stellten zwischen 1994 und 1996 einen Mitgliedschaftsantrag bei der Europäischen Union.
1.2.1. Bedeutung und Ziele einer EU-Osterweiterung
Das Gründungsziel der Europäischen Gemeinschaft war die Sicherung des Friedens in
Europa. Dass ein EU-Beitritt von weiteren Staaten zur Erreichung dieses Zieles beiträgt,
liegt auf der Hand. Neben diesem ­ vom ursprünglichen Gründungsziel ­ abgeleiteten
Vorteil einer EU Osterweiterung gibt es noch eine Reihe weiterer Aspekte, die es zu
berücksichtigen gilt. Während in der öffentlichen Diskussion (siehe Kapitel 5.4.) primär
die wirtschaftliche Bedeutung einer EU-Osterweiterung in den Mittelpunkt gestellt wird,
gilt es allerdings auch die historische und kulturelle Dimension dieses Schrittes zu
berücksichtigen.
Geschichtlich
wird die Erweiterung als einzigartige historische Gelegenheit
9
gesehen, eine
weitere Integration Europas mit friedlichen Mitteln voranzutreiben. Vor allem angesichts
9
Vgl. Europäische Kommission 2000a, S.6

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 7
der Dimension der Herausforderung ,,Osterweiterung" wird dieser Standpunkt klar: im
Falle einer Aufnahme der derzeit 12 Beitrittskandidaten würden insgesamt 27 Staaten der
EU angehören. Das Gebiet der EU würde um rund ein Drittel vergrößert und insgesamt
würde sich die EU-Bevölkerung um 105 Millionen erhöhen. Abgesehen davon gilt es zu
berücksichtigen, dass die Erweiterung einen wesentlichen Schritt in der - durch den Kalten
Krieg unterbrochenen ­ Vollendung des europäischen Einigungswerks darstellt.
10
Vor
allem für Österreich, dessen Geschichte sehr stark mit jener von Mittel- und
Osteuropäischen Ländern verbunden ist, bedeutet eine Integration dieser Länder in die
Europäische Union eine weitere Intensivierung dieser historischen Bände.
Eng verbunden mit der historischen Dimension ist auch die kulturelle Seite einer EU-
Osterweiterung, welche die kulturelle und sprachliche Vielfalt in Europa beträchtlich
steigern wird. Ziel der europäischen Politik ist es, diese Vielfalt auch in Zukunft zu fördern
und auch kulturelle Minderheiten entsprechend zu unterstützen und zu fördern.
Gleichzeitig wird die Bedeutung des gemeinsamen kulturellen Erbes aller europäischen
Länder hervorgehoben. Mehr Mitglieder bedeuten für die Europäische Union, dass diese
Ziele schwieriger zu erreichen sein werden. Andererseits bietet die Erweiterung der EU die
Möglichkeit, auch in den Beitrittsländern Kultur gezielt zu fördern und damit die
Bedeutung des Kulturraums Europa weltweit zu steigern.
Die wirtschaftlichen Effekte einer EU-Osterweiterung sind vielfältig. Generell wird in
den meisten Prognosen davon ausgegangen, dass sowohl die derzeitigen EU-Mitglieder als
auch die Beitrittskandidaten von einem EU-Beitritt profitieren können. Die wirtschaftliche
Bedeutung
11
einer EU-Osterweiterung liegt u.a.
·
in der stabilisierenden Wirkung für die europäische Wirtschaft, die Wohlstand mit sich
bringt
·
in verbesserten Investitions- und Handelsbeziehungen innerhalb Europas
·
in der Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den
Vereinigten Staaten und Japan
10
Vgl.
http://www.bmaa.gv.at/wirtschaft/index.html.de
, 15-09-01
11
Vgl. Europäische Kommission 2000a, S.6

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 8
Österreich profitierte bereits durch den Fall des Eisernen Vorhangs überdurchschnittlich
und es wird erwartet, dass dies auch im Falle einer EU-Osterweiterung eintreten wird.
Allerdings gilt es auch sensible Bereiche zu berücksichtigen, die im Falle eines EU-
Beitrittes negative wirtschaftliche Auswirkungen haben könnten. Insbesondere die
Gewährung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitskräfte aus den MOEL wird heiß
diskutiert, da die Angst vor einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit infolge der
Einwanderung von billigen Arbeitskräften befürchtet wird. Die politische Diskussion
verleiht dem Thema ,,Auswirkungen einer EU-Osterweiterung auf den Arbeitsmarkt"
weitere Brisanz (siehe auch Kapitel 5.4.).
1.2.2. Der Beitrittsprozess
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in den Jahren 1989 und 1990 wurde klar, dass viele
der ehemals kommunistischen Staaten in Mittel- und Osteuropa eine intensive Kooperation
mit der Europäischen Union suchten und schließlich auch Anträge auf eine Mitgliedschaft
in der Europäischen Union stellten. Insgesamt reichten 10 Staaten
12
aus den MOEL
zwischen 1994 und 1996 einen Mitgliedschaftsantrag ein. Der Europäische Rat von
Kopenhagen hat im Juni 1993 die Grundlage für einen EU-Beitritt der Kandidaten gelegt
und folgende Beitrittskriterien
13
für einen EU-Beitritt definiert
·
Institutionelle Stabilität
von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und
Schutz von Minderheiten
·
Existenz einer funktionierenden Marktwirtschaft
·
Fähigkeit zur Übernahme der Pflichten einer Mitgliedschaft und Einverständnis mit
den politischen Zielen der Europäischen Union.
Zusätzlich wurde die Fähigkeit der Europäischen Union, neue Mitglieder aufzunehmen, als
Kriterium aufgenommen.
12
Mitgliedschaftsanträge stellten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowenien, die
Slowakei, die tschechische Republik und Ungarn; Zypern hatte bereits 1990 einen Antrag gestellt und Malta
hat 1998 einen zuvor gestellten Antrag wieder aktiviert. Die Türkei wurde später (1999) offiziell als
Beitrittskandidat anerkannt.
13
Vgl. Europäische Kommission 2000a, S.9

T e i l
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Seite 9
Die Europäische Union definiert die Heranführung der Beitrittskandidaten als ,,einen
evolutiven und alle Kandidaten einbeziehenden Prozess, da alle Länder auf Grundlage der
selben Kriterien beitreten".
14
Ziel des Beitrittsprozesses ist es, die Kandidaten bestmöglich
auf den Beitritt vorzubereiten und demzufolge hängt das Tempo der Beitrittsverhandlungen
von den Kandidaten ab. Der Beitrittsprozess umfasst vier Elemente
1. Multilateraler Dialog: Treffen zwischen Beitrittskandidat und EU, in der Regel einmal
im Jahr bzw. nach Bedarf
2. Intensivierte Heranführungsstrategie: Dazu gehören Beitrittspartnerschaften,
Heranführungshilfen und die Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen.
3. Regelmäßige Berichte der Europäischen Kommission über Fortschritte der MOEL auf
dem Weg zum Beitritt
4. Screening des Acquis Communitaire
15
: Durch einen Vergleich der Rechtsbestände soll
sichergestellt werden, dass die Beitrittskandidaten über die Verpflichtungen einer EU-
Mitgliedschaft Bescheid wissen. Probleme sind u.a. Gegenstand der
Beitrittsverhandlungen.
Parallel zum Beitrittsprozess laufen die Europa-Abkommen - welche die Zusammenarbeit
zwischen der EU und den einzelnen Beitrittskandidaten begründen ­ bis zum Zeitpunkt des
Beitritts weiter. Dieser ist nach wie vor offen, obwohl nicht vor dem Jahr 2004 mit einem
EU-Beitritt der Beitrittskandidaten zu rechnen ist.
1.3. Die Beitrittskandidaten
In diesem Kapitel wird beispielhaft thematisiert, welche Probleme die Beitrittskandidaten
mit der Erfüllung der Beitrittskriterien haben. Zusätzlich wird ein zeitlicher Rahmen der
Verhandlungen zwischen den Kandidatenländern und der Europäischen Union
aufgespannt, um zu vermitteln wie langwierig sich diese gestalten.
14
Europäische Kommission 2000a, S.12

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 10
1.3.1. Überblick über die Mittel- und Osteuropäischen Länder (MOEL)
Nachfolgend ein kurzer Überblick über ausgewählte Länder, die den EU-Beitritt beantragt
haben. Die Auswahl der Länder erfolgte primär anhand der Relevanz für Österreich, d.h.
geographischer Nähe und Bedeutung für Österreich. Diese Länder werden auch in weiterer
Folge in dieser Arbeit ­ bei der Abschätzung des Migrationspotenzials (siehe Abschnitt D)
­ analysiert.
Übersicht 2: Ausgewählte Länder aus den MOEL (zusammengestellt aus Europäische
Kommission 2000b,
www.oecd.org
, 16-09-2001 und Breuss 1999)
Europa Abkommen
Land
Antrag
auf
Mitglied
schaft
Unterzeichnung Inkafttreten
Zahlen und
Fakten
Derzeitige Situation
Reife-
grad
16
Ungarn
31.03.94 Dezember 1991
Februar
1994
10,1 MIO EW
93 000 km
2
Ungarn gehört zu den
entwickeltsten Reformländern
und wird voraussichtlich bei der
ersten Beitrittswelle dabei sein.
Problematisch ist v.a. die
organisierte Kriminalität
2
Slowakei
27.06.95 Oktober 1993
Februar
1995
5,4 MIO EW
49 000 km
2
Die slowakische Regierung hat
wesentliche Wirtschaftsreformen
durchgeführt, problematisch sind
v.a. Verwaltungs- u. Sicherheits-
probleme
3
Slowenien 10.06.96 Juni 1996
Februar
1998
2,0 MIO EW
20 000 km
2
Trotz funktionsfähiger Markt-
wirtschaft sind vor allem
Öffentliche Verwaltung, Justiz
sowie der Bankensektor pro-
blematisch
4
Polen
05.04.94 Dezember 1991 Februar
1994
38,7 MIO EW
313 000 km
2
Als größtes Land besonders
wichtig, allerdings Struktur-
reformen im Agrarbereich und
Privatisierungen problematisch
5
Tschechien 17.01.96 Oktober 1993
Februar
1995
10,3 MIO EW
79 000 km
2
siehe
Kapitel 1.3.2.
1
15
Die Acquis Communitaire ist der gemeinschaftliche Rechtsbestand und umfasst die gesamte Gesetzgebung
der Europäischen Gemeinschaft.
16
Vgl. Breuss 1999: Eine Studie des WIFO erstellt unter Berücksichtigung makroökonomischer Indikatoren
(Wachstum des Brutto Inlands Produktes, Inflationsrate, Arbeitslosigkeit etc.) einen Index hinsichtlich des
Reifegrades der MOEL Staaten für einen EU-Beitritt. Lt. dieser Studie ist Tschechien jenes Land, das am
besten auf einen EU-Beitritt vorbereitet ist. Polen ist von den ausgewählten Ländern am wenigsten reif.

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 11
Nachdem die Tschechische Republik direkt an Oberösterreich angrenzt und somit mit
Einpendlern nach Oberösterreich zu rechnen ist, wird die Situation dieses Landes
nachfolgend etwas genauer dargestellt.
1.3.2. Die Tschechische Republik
Die Tschechische Republik ist nach dem in Übersicht 2 verwendeten Index
17
jenes Land,
welches am ehesten ,,reif" für die Europäische Union ist. Für Oberösterreich ist aufgrund
der gemeinsamen Grenze die Tschechische Republik bedeutsam, da im Falle einer EU-
Osterweiterung mit Einpendlern zu rechnen ist. Wenn man die von der Europäischen
Union festgelegten Beitrittskriterien als Bezugsgröße nimmt, lässt sich die derzeitige
Situation der Tschechischen Republik wie folgt beschreiben.
Generell erfüllt die Tschechische Republik die politischen Beitrittskriterien, welche von
der Europäischen Union festgesetzt wurden. Dennoch gibt es Probleme im Bereich der
Öffentlichen Verwaltung und der Reform des Justizwesens. In beiden Bereichen wurden
zwar Fortschritte erzielt, dennoch sind weitere Anstrengungen nötig.
18
Auch hinsichtlich
der Einhaltung von Menschenrechten und dem Schutz von Minderheiten wurde zwar eine
Verbesserung der Situation erreicht, allerdings ist insbesondere der organisierte
Menschenschmuggel eine große Herausforderung für die Behörden der tschechischen
Republik. Österreich ist ein direkter Leidtragender aus diesem politischen Problem,
wodurch weitere Fortschritte aus österreichischer Sicht unbedingt erforderlich sind.
19
Hinsichtlich des Schutzes von Minderheiten wird vor allem die Situation des
Volksstammes der Roma, die im Staatsgebiet der Tschechischen Republik leben, als
verbesserungswürdig befunden.
17
Vgl. Breuss 1999
18
Vgl. Europäische Kommission 2000c, S.28
19
So wurden im Jahr 1999 insgesamt 591 illegale Grenzgänger an einem Übertritt aus Tschechien nach
Oberösterreich angehalten (vgl.
http://www.gendarmerie.at/lgks/ooe/grenze/grenzd.htm
, 16-09-01)

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 12
Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Beitrittskriterien bestätigt die Europäische
Kommission
20
das Vorhandensein einer funktionierenden Marktwirtschaft in der
Tschechischen Republik. Lediglich eine weitere Fortsetzung der Privatisierungen und eine
angemessene Aufsicht im Finanzsektor werden von Seiten der Europäischen Kommission
empfohlen. Konkret sollte von Seite der tschechischen Behörden eine Änderung der
Rahmenbedingungen erfolgen, welche die Wirtschaftstätigkeit fördern und insbesondere
Kleineren und Mittleren Unternehmen zugute kommen.
Auch bei der Rechtsangleichung der Tschechischen Republik an den Besitzstand der
Europäischen Union hat der Beitrittskandidat Fortschritte gemacht, wenngleich der
Beitrittskandidat noch in einigen ,,Schlüsselbereichen" Aufholbedarf hat. Neben der
mangelnden Stärkung der Kapitalmarktaufsicht waren insbesondere die Fortschritte im
Bereiche des Umweltrechts bescheiden. Die Relevanz und Bedeutung dieser Thematik
zeigt u.a. auch die Diskussion um das grenznahe Atomkraftwerk Temelin, die auch in der
politischen Diskussion um einen EU-Beitritt Tschechiens von Österreichischen Politikern
ins Treffen geführt wurden (siehe auch Kapitel 5.4.).
1.4. Arbeitsmärkte in Europa
Wie bereits erwähnt wurde, ist der ,,Arbeitsmarkt Europa" einer jener Bereiche, die von
einigen Mitgliedstaaten als sensibel hinsichtlich einer EU-Osterweiterung eingestuft
werden. Aufgrund der bedeutend niedrigeren Lohniveaus in den MOEL wird befürchtet,
dass bei Gewährung der Arbeitnehmerfreizügigkeit an die MOEL-Bürger starke
Wanderungsströme in Richtung Westeuropa entstehen. Negative Auswirkungen wie ein
Ansteigen der Arbeitslosigkeit, Niedrigere Löhne etc. werden befürchtet.
20
Vgl. Europäische Kommission 2000c, S. 40f

T e i l
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Seite 13
1.4.1. Der Arbeitsmarkt der Europäischen Union
Mit dem Maastrichter Vertrag wurde die Tätigkeit der Europäischen Union im Hinblick
auf die Schaffung eines Binnenmarktes festgelegt. Durch die Herstellung von vier
Grundfreiheiten
(freier Warenverkehr, freier Personenverkehr, freier
Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr) soll die Schaffung des Binnenmarktes
realisiert werden. Die Freiheit des Personenverkehrs umfasst u.a. auch die Freizügigkeit
der Arbeitnehmer. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wird grundsätzlich in Art. 48
EGV garantiert und beinhaltet im wesentlichen
·
Das Recht, sich zur Ausübung einer Beschäftigung innerhalb der Gemeinschaft frei zu
bewegen
·
Das Recht des freien Zugangs zum Arbeitsmarkt jedes Mitgliedstaates
·
Das Verbot jeglicher Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (z.B.
hinsichtlich Beschäftigung, Entlohnung etc.)
Trotz dieser (theoretischen) Möglichkeit, europaweit zu arbeiten sind die Arbeitnehmer in
Europa viel weniger mobil als beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Gründe dafür
sind u.a. anderem die unterschiedlichen Sprachen, verschiedene Berufsbildungssysteme
etc. (siehe auch Kapitel 3.4.). Die mangelnde Mobilität der Arbeitnehmer ist einer der
Gründe, warum in Europa interregional starke Unterschiede der Arbeitslosenzahlen zu
verzeichnen sind und das hohe Niveau der Arbeitslosigkeit als größtes ökonomisches
Problem der Europäischen Union angesehen wird.
21
Arbeitslosigkeit bedeutet jedoch nicht nur ein individuelles Problem, sondern hat vielmehr
gesamtwirtschaftliche Auswirkungen wie z.B. weniger Konsum, höhere Ausgaben für
Ärzte etc. Abgesehen von definitorischen Details kann man zwischen struktureller und
friktioneller
Arbeitslosigkeit
22
unterscheiden: Friktionelle Arbeitslosigkeit entsteht durch
die Dynamik des Arbeitsmarktes, da für die Suche nach neuen Arbeitsplätzen/Mitarbeitern
Zeit und Informationen benötigt wird. Strukturelle Arbeitslosigkeit wird durch ein
21
Vgl. Europäische Kommission 1999, S. 35ff.
22
Vgl. Ehrenberg/Smith 1997, S.568ff.

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 14
Ungleichgewicht zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage verursacht (z.B. durch
unpassende Qualifikationen, mangelnde Mobilitätsbereitschaft der Arbeitnehmer etc.).
Problematisch für die Europäische Union ist insbesondere die strukturelle Arbeitslosigkeit,
welche lt. Schätzungen ca. 50% der gesamten Arbeitslosigkeit in Europa ausmacht.
23
Während die nichtstrukturelle Komponente der Arbeitslosigkeit relativ rasch bekämpft
werden kann, ist strukturelle Arbeitslosigkeit ausdauernder. So sind Langzeitarbeitslose in
den meisten Fällen von struktureller Arbeitslosigkeit betroffen. Um die strukturelle
Arbeitslosigkeit zu bekämpfen sind langfristige Wirtschaftspolitische Maßnahmen ­ wie.
z.B. Verbesserung von Qualifikationen, Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt etc.
­ erforderlich, die auch ein wesentliches Instrument der europäischen Arbeitsmarktpolitik
darstellen. Details dazu im nächsten Kapitel.
1.4.2. Die Beschäftigungsstrategie in Europa
Die Beschäftigungsstrategie ist Teil eines umfassenden politischen Konzeptes, welches der
Europäische Rat in Lissabon
im Frühjahr 2000 beschlossen hat. Zielsetzung war ,,die
Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten
Wirtschaftsraum
der Welt zu machen ­ einem Wirtschaftsraum der fähig ist, ein
dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem
größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen".
24
In Zahlen ausgedrückt wird eine
Steigerung der europäischen Erwerbsbeteiligung von derzeit (Bezugsjahr 2000) 63% auf
70% im Jahr 2010 angestrebt, wodurch die in Europa vorhandenen Arbeitskräftepotenziale
besser genutzt werden sollen.
25
Abgeleitet aus diesem Ziel soll die Erwerbsbeteiligung der
Frauen angehoben werden und auch die Personengruppe der älteren Arbeitnehmer (55 bis
64 Jahre) soll verstärkt und länger im Berufsleben gehalten werden. Umgesetzt werden
diese Ziele durch eine globale Strategie, in welcher der Übergang zur wissensbasierten
Gesellschaft vorbereitet wird. Weiters enthält diese Strategie eine Modernisierung des
Gesellschaftsmodells sowie geeignete makroökonomische Politiken. Die Umsetzung
23
Vgl. Europäische Kommission 1999, S. 38
24
Vgl. Europäischer Rat 2000, S.2

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 15
erfolgt durch kontinuierliche Weiterbildung, Förderung des lebenslangen Lernens,
Chancengleichheit am Arbeitsmarkt etc.
Die österreichische Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm dazu bekannt,
Arbeitslosigkeit konsequent zu bekämpfen. Konkret erfolgt die Umsetzung durch eine
aktive Arbeitsmarktpolitik, eine verbesserte und effizientere Vermittlung der Arbeitslosen
und Programme für Langzeitarbeitslose. In einem Bündel von Zielvorgaben des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an das Arbeitsmarktservice werden ­ unter
Berücksichtigung der europäischen Ziele ­ Details festgelegt und der österreichische
Beitrag zur europäischen Beschäftigungsstrategie angestrebt.
1.4.3. Arbeitsmärkte im Lichte der EU-Osterweiterung
Der Stellenwert und die Probleme der Arbeitsmärkte in Europa wurden in den
vorhergehenden Kapiteln bereits kurz erläutert. Der Beitritt von MOEL zur Europäischen
Union würde - unabhängig vom genauen Zeitpunkt, Anzahl der Beitrittsländer etc. - eine
neue Situation schaffen. Die Befürchtung, dass durch Wanderungsbewegungen aus den
MOEL mit niedrigeren Lohnniveaus in westliche Länder mit höheren Lohnniveaus die
Arbeitslosigkeit steigt, ist weit verbreitet.
Aufgrund der großen wirtschaftlichen Heterogenität zwischen den Beitrittskandidaten,
die sich auch auf die Situation auf den Arbeitsmärkten bezieht, sind allgemeine Aussagen
sehr schwierig. Generell hat die Zahl der Beschäftigten in den MOEL während der
Umbruchphase beträchtlich abgenommen, was einerseits auf den großen Rückgang des
BIP, andererseits auf den Prozess der Rationalisierung und Umstrukturierung
zurückzuführen ist. Insbesondere galt es die Überbeschäftigung aus der kommunistischen
Ära abzubauen (siehe auch Anhang II). Auch die Arbeitslosigkeit stieg in Folge der
Umstrukturierungen weiter an. Wie später in dieser Arbeit noch näher ausgeführt wird,
25
Vgl. Europäische Kommission 1999, S.36ff: In der Europäischen Union ist in vielen Regionen mit einer
niedrigen Erwerbsbeteiligung eine hohe Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. In den Vereinigten Staaten z.B.
beträgt die Erwerbsbeteiligung rund 80% bei einer Arbeitslosenquote von lediglich ca. 5%.

T e i l
A : E i n l e i t u n g
Seite 16
wäre es allerdings ein Trugschluss davon auszugehen, dass v.a. Arbeitslose aus den MOEL
eine Beschäftigung in Westeuropa suchen werden (siehe Kapitel 4.5.).
Zusammenfassend kann man festhalten, dass innerhalb der Europäschen Union ­ trotz sehr
hohem Lebensstandard ­ eine vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Dem
gegenüber stehen Staaten aus Mittel- und Osteuropa, die wirtschaftlich weit weniger stabil
sind und teilweise weit vom westlichen Lebensstandard entfernt sind. Der Frage, was nun
im Falle von Wanderungsbewegungen aus den ärmeren Regionen in die Europäische
Union passiert, wird im Abschnitt E nachgegangen.

T e i l
B : A r b e i t s m a r k t t h e o r i e n
Seite 17
B. Arbeitsmarkttheorien
Der Arbeitsmarkt bildet eine theoretische Querschnittsmaterie, welche ­ je nach
Gesichtspunkt und Absicht der entsprechenden Arbeit ­ verschiedene wissenschaftliche
Disziplinen umfasst bzw. in den Mittelpunkt stellt. So verweisen manche Autoren auf die
Rolle der Arbeitsmärkte hinsichtlich soziologischer Phänomene
26
, andere versuchen
Arbeitsmärkte in Bezug auf geographische Merkmale
27
zu untersuchen/interpretieren, usw.
In dieser Arbeit wird primär auf die Ökonomik des Arbeitsmarktes eingegangen, d.h. das
Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage an Arbeit im weitesten Sinn. Einen
weiteren Schwerpunkt bildet "Mobilität" auf europäischen Arbeitsmärkten und die damit
eng verbunden regionalen Aspekte von Mobilitätsprozessen am Arbeitsmarkt. Dass die
Wanderung von Arbeitskräften vor allem auch in Europa ein wichtiges und
allgegenwärtiges Thema ist, belegen zahlreiche Publikationen, die sowohl in
Fachzeitschriften als auch Tageszeitungen zu finden sind.
Im Sinne einer umfassenden Darstellung ist es letztendlich unumgänglich, weiter
auszuschweifen, um ein möglichst komplettes Bild über Arbeitsmärkte zu vermitteln, um
dem interdisziplinären Charakter dieser Thematik gebührend ,,Tribut zu zollen". Dennoch
ist es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, einzelne Themenbereiche tiefergehend zu
erforschen, da darauf abgezielt wird, die Grundzusammenhänge von Arbeitsmärkten zu
skizzieren.
26
Vgl. z.B. Biller 1989
27
Vgl. z.B. Fassmann/Meusburger 1997

T e i l
B : A r b e i t s m a r k t t h e o r i e n
Seite 18
2.1. Die Angebots- und Nachfrageseite nach Arbeit
Unter Arbeitsangebot versteht man Personen die bereit sind, ihre Arbeitsleistung gegen
Entgelt
anzubieten. Generell kann das Arbeitsangebot wie folgt beschrieben werden
28
:
·
Mengendimension:
Zahl der Erwerbstätigen Personen. Faktoren, die diese
Ausprägung beeinflussen, sind Geburten, Sterbefälle sowie Migrationen.
·
Verhaltensdimension:
Wie verhalten sich die Personen, d.h. wie viel Arbeit bieten
diese an. Diese Größe kann zum Beispiel durch Arbeitsstunden pro Woche quantifiziert
werden.
·
Qualitätsdimension:
Die Heterogenität hinsichtlich Fähigkeit und Ausbildung der
Anbieter an Arbeit muss berücksichtigt werden. Interessant ist dabei sicher die Frage,
inwieweit die formelle Ausbildung, d.h. im Normalfall der Abschluss einer Schule,
Universität bzw. einer Fachausbildung, tatsächlich ein geeignetes Kriterium zur
Messung von Fähigkeiten darstellt.
·
Intensitätsdimension:
Intrinsische motivationale Aspekte der Anbieter
erlauben/bedingen eine weitere Differenzierung. Unter intrinsischen Motiven versteht
man die Befriedigung aus der Arbeit , d.h. den Spaß an der Tätigkeit. Intrinsische
Motive sind z.B. Leistungs-, Kompetenz- und Geselligkeitsmotiv und spielen vor allem
bei komplexen Aufgaben eine wichtige Rolle.
29
Dem Arbeitsangebot gegenüber stehen Organisationen, die ,,Arbeit" als solche nachfragen
und als Produktionsfaktoren Ihrer Leistungserstellung einsetzen. Bei der
Arbeitsnachfrage sind - ähnlich wie beim Arbeitsangebot - die Bestimmungsfaktoren der
Menge und Qualität an Arbeitsleistung von Bedeutung. Außerdem versucht die Theorie der
Arbeitsnachfrage zu klären, wie Organisationen auf Änderungen dieser Determinanten
reagieren.
30
28
Vgl. Franz 1999, S.20
29
Vgl. Jung 1995, S.362ff
30
Vgl. Franz 1999, S.102

T e i l
B : A r b e i t s m a r k t t h e o r i e n
Seite 19
Sehr stark verallgemeinert und abstrahiert kann man von der Grundprämisse ausgehen,
dass Individuen Arbeit anbieten, um Ihre materiellen und immateriellen Bedürfnisse zu
befriedigen, und Organisationen diese nachfragen, um die Ziele der Organisation zu
erreichen. Dieses Zusammentreffen zwischen Angebot und Nachfrage wird nun durch
verschiedenste Faktoren beeinflusst, wobei der Lohn im weitesten Sinne eine wesentliche
Rolle spielt und demzufolge vorab beleuchtet wird.
2.2. Der Schlüsselfaktor "Lohn"
Löhne sind einerseits das Einkommen der Arbeitnehmer, andererseits Kosten der
Unternehmertätigkeit. ,,Wegen divergierender Verteilungsinteressen wird es daher immer
einen gesellschaftlichen Streit um die richtige Lohnhöhe geben".
31
Während die Lohnhöhe
theoretisch (neoklassisch, siehe auch Kapitel 2.3) aus dem Zusammentreffen von Angebot
und Nachfrage resultiert, muss dieser Themenbereich in der Praxis viel differenzierter
betrachtet werden und die Berücksichtigung verschiedenster Aspekte wie z.B. Politik,
Kultur, Rechtslage, etc. ist unumgänglich. So haben zum Beispiel die
Interessensvertretungen der Arbeitnehmer in den USA eine untergeordnete Rolle im
Prozess der Lohnbildung. In vielen europäischen Staaten dagegen und vor allem in
Österreich stellt die Einbindung der Interessensvertretungen, die sog.
,,Sozialpartnerschaft", ein historisch-kulturelles Spezifikum dar. Demzufolge ist auch
amerikanische Literatur - unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Annahmen ­ nur
bedingt auf europäische Verhältnisse transformierbar.
Bedeutsam ist auch die Starrheit bzw. Rigidität der Löhne, welche ganz allgemein wie
folgt erklärt werden kann:
32
·
Informationstheoretische Ansätze: In diesem Modell werden Lohnstarrheiten auf
unvollkommene Informationen einerseits über bereits eingetretene, andererseits über
für die in der Zukunft zu erwartenden (Arbeits-)Marktsituationen zurückgeführt. Durch
31
Egle/Franck/Göckler/Hochgesand/Zahn 1998, S.56f
32
Vgl. Franz 1999, S.319f

T e i l
B : A r b e i t s m a r k t t h e o r i e n
Seite 20
diese Informationsdefizite kann man davon ausgehen, dass Löhne weniger flexibel sind
und nicht ständig ,,angepasst" werden.
·
Transaktionstheoretische Ansätze: Transaktionskosten sind Kosten, die entstehen,
wenn Vertragsparteien in Austauschbeziehungen treten. Diese haben nicht direkt etwas
mit der Leistungserstellung zu tun, sondern umfassen Kosten wie z.B. Sicherung der
Vertragstreue, Informationsbeschaffung, Koordination, usw. Ständiges Ändern der
Lohnhöhe würde somit die Transaktionskosten erhöhen. Eine andere Folge sind
Nebeneffekte von Lohnsenkungen, die z.B. das Betriebsklima verschlechtern und somit
die Produktivität senken. Auch in diesem Zusammenhang werden die
Transaktionskosten ­ wenn auch nicht direkt-monetär ­ erhöht.
·
Gewerkschaftsverhalten: Lohnreduktionen werden durch die Arbeitnehmer bzw.
Gewerkschaftsverhalten verhindert, ohne dass Arbeitslose die Möglichkeit haben, diese
Strategie durch Lohnunterbietung zu unterlaufen. Durch kollektivvertragliche
Mindestlöhne sind Löhne ab Überschreiten einer gewissen Grenze nach unten rigide.
Bei ,,Effizienzlohntheorien" wird der Lohn als Anreizinstrument für die Mitarbeiter
verwendet und die Theorie besagt im wesentlichen, dass die Arbeitsproduktivität mit der
Höhe des Reallohns - bis zu einem gewissen Maß - steigt.
33
Begründet wird dies unter
anderem durch folgende Argumente:
34
·
Durch höhere Löhne werden Gesundheit und Widerstandskraft der Arbeitnehmer
gewährleistet (in Industrieländern kaum relevant)
·
Hohe Löhne senken/minimieren die Fluktuation
·
Höhere Löhne wirken als Motivatoren für die Belegschaft
·
,,Bessere" Mitarbeiter können akquiriert werden
·
Das Monitoring von hochqualifizierten Tätigkeiten ist oft schwierig
Nach dieser allgemeinen Einleitung, die unter anderem darauf abzielt, die ambivalente
Stellung des Lohns zu verdeutlichen, wird nun auf die beiden gängigen Typen von
Arbeitsmarkttheorien eingegangen: das Neoklassische Modell und die
Segmentationstheorien.
33
Vgl. Scheuer 1987, S.112
34
Vgl. Biffl 1994, S.159ff

T e i l
B : A r b e i t s m a r k t t h e o r i e n
Seite 21
2.3. Das Neoklassische Modell
Im Neoklassischen Modell wird der Arbeitsmarkt als ein System dargestellt, in dem
Arbeitskräfteangebot und Arbeitsnachfrage zu einem Ausgleich gelangen.
35
Demzufolge
wird davon ausgegangen, dass der Arbeitsmarkt - wie andere Märkte auch - über den
Lohn (=Preis für Arbeit) zum Ausgleich gelangt
. Ausgehend von einem flexiblen
Lohnsatz, über den kurzfristige Ungleichgewichte von Arbeitsangebot und ­nachfrage
reguliert werden, gibt es in diesem Modell keine langfristige unfreiwillige Arbeitslosigkeit
und jeder, der zum jeweiligen Lohnsatz bereit ist zu arbeiten, findet Arbeit.
36
Freiwillige
Arbeitslosigkeit kann in diesem Modell existieren und man versteht darunter den Verzicht
von Individuen, am Arbeitsmarkt teilzunehmen.
Abbildung 1: Marktgleichgewicht (Wagner/Jahn 1997, S.32)
Abbildung 1 stellt graphisch das ,,Zusammentreffen" des Arbeitsangebotes mit der
Nachfrage nach Arbeitskräften dar. Als Marktbestimmungsvariable fungiert der Lohn, der
somit eine Schlüsselrolle in der Neoklassik einnimmt. Andere Einflüsse bestimmen die den
Verlauf und die Lage der Kurven, sind aber konstant gesetzt (ceteris paribus Klausel). Der
35
Vgl. Fassmann/Meusburger 1997, S.44
36
Vgl. Zerche/Schönig/Klingenberger 2000, S. 227
L
1
w
1
w
2
w
3
AÜ(w
2
)>
AÜ(w
2
)<
L
S
L
D
Verwendete Variablen:
w
Reallohn
L
S
aggregiertes Arbeitsangebot
L
D
gesamtwirtschaftliche Arbeitsnachfrage

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832446239
ISBN (Paperback)
9783838646237
DOI
10.3239/9783832446239
Dateigröße
5.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2001 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
eu-osterweiterung arbeitsmarkt migration österreich ausländerbeschäftigung
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