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Etablierung und Evaluierung der quantitativen Bestimmung von Homocystein und den Metaboliten Cystathionin, Methylmalonsäure und 2-Methylzitronensäure im Serum mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie

©2000 Doktorarbeit / Dissertation 125 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Hyperhomocysteinämie (>15 µmol/l) ist ein unabhängiger Risikofaktor zur Entwicklung einer Atherosklerose. Eine Konzentrationsbestimmung im Serum ist bei Personen mit einem erhöhten Risiko zur Entwicklung atherothrombotischer Ereignisse sinnvoll.
Homocystein (HC) steht im Stoffwechselzusammenhang mit Cystathionin (Cys), Methylmalonsäure (MMA) und 2-Methylzitronensäure (MC), wobei die Metabolisierung an die Vitamine B 6, B 12 und Folsäure gekoppelt ist.
Hauptursachen der Erhöhung von HC und seiner Metabolite im Serum sind Mangelzustände an den oben genannten Vitaminen, die chronische Niereninsuffizienz sowie genetische Defekte. Da die Konzentrationen der Metabolite auch bei normalen Serumvitaminspiegeln erhöht sein können, gelten die genannten Substanzen als Marker eines funktionellen, intrazellulären Vitaminmangels. Die Konzentrationsbestimmung ermöglicht darüberhinaus eine Differenzierung der betroffenen Stoffwechselwege und Vitamindefizite.
Die kombinierte Messung von HC und seinen Metaboliten Cys, MMA und MC mit seinen Diastereomeren ist nur mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie möglich.
In der Literatur gibt es bisher nur aus der Arbeitsgruppe von Allen et al. Mitteilungen über die simultane gaschromatographisch-massenspektrometrische Bestimmung von HC, Cys, MMA und MC.
Mit der Etablierung und Evaluierung der Methoden ist die quantitative Bestimmung der genannten Substanzen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena möglich geworden.
Für alle Metabolite konnte eine Nachweisbarkeit im Bereich physiologischer Serumkonzentrationen erzielt werden.
Der Intra-Assay-Variationskoeffizient des HC-Assays betrug 3,9% in Konzentrationen zwischen 20 und 58 µmol/l, bei Wiederfindungsraten von im Mittel 100%. Der Inter-Assay-Variationskoeffizient der Konzentration von 15,6 µmol/l lag bei 4,5%. Der Inter-Assay-Variationskoeffizient im Ringversuch 1999 lag bei 3% mit einer mittleren Wiederfindung von 94% bei Konzentrationen von 9, 11,6 ,13,7 ,18,5 und 37,1 µmol/l.
Für die Cys-Bestimmung wurde ein Intra-Assay-Variationskoeffizient von 1,8% mit durchschnittlichen Wiederfindungsraten zwischen 100% und 106% ermittelt (Konzentrationen von 700-1900 nmol/l). Der Inter-Assay-Variationskoeffizient betrug 7% bei 1178 nmol/l.
MMA wurde mit einem Intra-Assay-Variationskoeffizienten von im Mittel 1,25%, Wiederfindungsraten von 98-102% (Konzentrationen von 240-1300 nmol/l) und einem Inter-Assay-Variationskoeffizienten von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1 Einleitung

1.1 Homocystein

Homocystein (HC) ist eine Aminosäure, die nicht zur Proteinsynthese benötigt wird, sondern ein Stoffwechselintermediat, das im C1-Stoffwechsel gebildet wird. HC dient vor allem der Remethylierung von Methionin, welches in aktivierter Form (S-Adenosyl-Methionin) einen Hauptlieferanten von Methylgruppen darstellt [160]. Die Methylgruppen werden vor allem auf Aminogruppen übertragen. Unter anderem entsteht durch diese Reaktion aus der Guanidinoessigsäure das Kreatin. Desweiteren stellt HC einen Metaboliten der Transsulfurierung dar, die dem Methioninabbau dient. HC ist somit eine Schaltstelle zwischen der Regeneration und dem Abbau von Methionin. Eine Verminderung der Aktivität von Enzymen des HC-Stoffwechsels führt zum intrazellulären Konzentrationsanstieg, nachfolgend zu einem Austritt von HC aus den Zellen. Daraus resultiert eine Erhöhung des HC-Serumspiegels. Somit ist die Serumkonzentration ein Maß für die intrazelluläre HC-Konzentration und -syntheserate. In einer inadäquaten Erhöhung des HC-Austritts aus den Zellen wird neuerdings ein weiterer pathogenetischer Mechanismus der Konzentrationserhöhung im Serum bei Vitaminmangelzuständen gesehen. So geht man davon aus, dass unter physiologischen Bedingungen etwa 5-10% der totalen zellulären HC-Produktion ins Plasma gelangen. Demgegenüber konnte man bei Patienten mit einem Cobalaminmangel Plasmainfluxraten von 40-80% der intrazellulären Produktion feststellen [56]. Das im Plasma vorliegende HC besitzt keine physiologische Funktion, sondern hat pathologische Auswirkungen im Sinne eines Risikofaktors für die Entwicklung einer Arteriosklerose [160].

Über 65-80% des HC sind im Plasma über eine Disulfidbindung proteingebunden, vor allem an Albumin. Etwa 15-30% liegen als freies, oxidiertes HC in Form von HC-Thiolacton, Homocystin und gemischten Disulfiden mit Cystein vor. Der Anteil des freien, reduzierten HC beträgt 1,5-4% [34]. Bei den Disulfiden dominiert das Cystein-HC-Disulfid gegenüber dem HC-HC-Disulfid (Homocystin) [168]. Die Proteinbindung zeigt eine Sättigung bei Werten über 140 µmol/l, so dass ein Konzentrationsanstieg im Plasma über diesen Wert vor allem zur Erhöhung der freien, oxidierten und reduzierten Fraktionen führt [168]. Darüber hinaus konkurriert HC mit Cystein um seine Plasmaproteinbindung [178], so dass in höheren Konzentrationen mehr Cystein als HC proteingebunden ist.

Einen Überblick über die verschiedenen Formen von HC im Plasma gibt

Abbildung 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Formen von Homocystein im Plasma

Im oxidativen Potential des freien HC besteht ein wesentlicher pathogenetischer Faktor, da SH-Gruppen als essentiell für die pathologischen Auswirkungen der Hyperhomocysteinämie angesehen werden [93] (siehe auch unter 1.3.2). HC-Konzentrationen im Serum bis zu 15 µmol/l werden als normal angesehen, obwohl bereits ab Serumspiegeln >12 µmol/l das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen ansteigt [98, 137, 117].

Bei einigen Patienten wird eine Hyperhomocysteinämie erst durch einen positiven Methionin-Loading-Test diagnostiziert, d.h. einem Anstieg der Serumkonzentration von HC über 30 µmol/l nach Gabe von 0,1 g/kg KG L-Methionin peroral [14, 43]. Hierbei ist ein erhöhter HC-Wert 2-4 Tage nach dem Test von höherer diagnostischer Relevanz als die Spitzenwerte 4-8 Stunden nach Methioninaufnahme [136]. Nach Aufnahme von Methionin fanden Graham et al. [50] eine Zunahme der als hyperhomocysteinämisch zu klassifizierenden Patienten um 27%, Bostom et al. gehen gar von einem Anstieg um mehr als 40% aus [17].

Die häufigste Ursache der Hyperhomocysteinämie ist ein Mangel an den Vitaminen Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12, die als Coenzyme am Abbau des HC beteiligt sind. Diese Mangelsituation kann auch rein funktioneller Natur sein, so dass man einen Anstieg von HC und seiner Metabolite bei noch normalen Serumspiegeln der genannten Vitamine findet [113]. Deshalb hat sich die Messung von HC und seiner Metabolite als nützlich erwiesen, um einen subklinischen Vitaminmangel nachzuweisen. Eine Supplementation dieser drei Vitamine bewirkt eine bis zu 50%ige Senkung der Serumkonzentration von HC. Mit zunehmendem Lebensalter, besonders ab dem 50. Lebensjahr, erfolgt ein verminderter Abbau von HC, welcher auf dem metabolischen Mangel an den Vitaminen B12, B6 und Folsäure beruht, der im Alter mit hoher Prävalenz vorhanden ist [76, 113]. Deshalb wird bei älteren Menschen eine HC-Bestimmung nach erfolgter Vitaminsubstitution als sinnvoll angesehen [77]. Messungen ohne vorherige Substitution sollten höhere Referenzwerte zugrunde legen. So fanden Joosten et al. an gesunden, zu Hause lebenden Menschen (n=99) im mittleren Alter von 76 Jahren einen oberen Referenzwert von 21 µmol/l für HC sowie von 476 µmol/l für MMA. In einer anderen Studie an einem Patientengut im mittleren Alter von 75 Jahren (n=143) fand man nach einer Vitamingabe von Vitamin B12 1 mg, Vitamin B6 5 mg, Folsäure 1,1 mg i.m. täglich für 3 Wochen obere Referenzwerte von 12,7 µmol/l für HC sowie 278 nmol/l für MMA [76, 77, 113].

Männer weisen signifikant höhere HC-Plasmaspiegel als Frauen auf [95, 124, 136, 138].

Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen, gesunden Probanden betrug 21% (9,7±4,9 vs. 7,6±4,1 µmol/l) [95]. Diese Differenz führt man unter anderem auf eine größere Muskelmasse und eine höhere Kreatinphosphatsynthese bei Männern mit der Folge höherer Kreatininkonzentrationen, unterschiedliche Raten der Metabolisierung sowie auf einen senkenden Effekt des Östrogens zurück [3, 98].

Hohe Serumkonzentrationen an HC finden sich schon im jüngeren Lebensalter bei Patienten mit hereditärer Homocystinurie und bei einer chronischen Niereninsuffizienz. Die HC-Serumspiegel sind [29, 34, 97, 18] mit dem Grad der Niereninsuffizienz korreliert. Als Ursache dieser Veränderungen macht man den Einfluss von Urämietoxinen auf die Resorption, zelluläre Aufnahme und Aktivierung von Vitaminen sowie eine inadäquate Ernährung verantwortlich. Bei terminal niereninsuffizienten Patienten wird diese Situation durch Vitaminverluste während der Dialyse verstärkt [35, 152].

1.2 Homocystein-Stoffwechsel sowie Pathomechanismen der

Hyperhomocysteinämie

Der Abbau des HC erfolgt über zwei Wege, die unterschiedliche Vitamine als Coenzyme benötigen: die Remethylierung und Transsulfurierung.

Als Regulator dieser beiden Abbauwege scheint S-Adenosylmethionin zu fungieren, da es die Aktivität der Cystathionin-ß-Synthase stimuliert [40] und die Aktivität der MTHFR inhibiert [74].

Eine Übersicht der Stoffwechselwege findet sich in Abbildung 2.

Die Remethylierung wird durch die Methionin-Synthase und die Methylen-Tetrahydrofolsäure-Reduktase als Coenzymbereitsteller generiert.

1. Methionin-Synthase

Das Enzym katalysiert die Umwandlung von HC zu Methionin. Als Coenzyme werden 5-Methyl-Tetrahydrofolsäure (aktivierte Folsäure) als Methylgruppendonator sowie Methylcobalamin benötigt. Als ein weiterer Methylgruppendonator dieses Stoffwechselschrittes kann Betain (Trimethylglycin) fungieren, welches zu Dimethylglycin umgewandelt wird. Das Enzym dieses Parallelweges ist die Betain-Homocystein-Methyltransferase (BHMT) [140]. Es scheint vor allem in der Leber und Niere lokalisiert zu sein [156]. Eine Stimulierung dieses Enzyms mit Betaingaben zur Senkung des HC-Spiegels unterliegt starken individuellen Schwankungen. Ein resultierender Methioninanstieg blieb ohne klinischen Effekt [177].

Eine Minderaktivität der Methionin-Synthase findet man bei einem Mangel an Folsäure und Cobalamin [146, 169], desweiteren bei fehlender Bereitstellung von methylierter Tetrahydrofolsäure, z.B. bei Gabe von Dihydrofolat-Reduktase-Hemmern (Methotrexat) sowie bei genetisch bedingtem Aktivitätsverlust. Eine verminderte zelluläre Bildung oder Akkumulierung von Methylcobalamin mit einem funktionellen Methionin-Synthase-Defekt findet sich bei den rezessiv vererbten Cobalamin-Mutationen CblE und CblG. Die Mutationen CblC, CblD und CblF betreffen Methylcobalamin und Adenosylcobalamin (siehe unter Methylmalonyl-CoA-Mutase) [48, 91]. Diese funktionell bedingten Cobalaminmangel-zustände können, abhängig von der Coenzymfunktion der aktivierten Vitamine, eine Ursache der kindlichen Methylmalonazidurie und/ oder Homocystinurie darstellen [41] (siehe auch unter CBS-Mangel). Eine weitere Ursache dieser kombinierten Störungen ist ein Transcobalamin II-Mangel [13].

Die Folgen der Minderaktivität der Methionin-Synthase bestehen in einer Konzentrationserhöhung von HC verbunden mit einem erhöhten Einstrom von HC in die Transsulfurierung und einer hierdurch bedingten Erhöhung der Konzentration von Cystathionin (Cys) [143]. Die Methioninspiegel sind erniedrigt [48]. Bei verstärkter Transsulfurierung kann über eine vermehrte Entstehung von Homoserin und dessen Umwandlung in Propionyl-CoA eine Konzentrationserhöhung der Methylmalonsäure (MMA) erwartet werden, welche aber sehr gering oder nicht feststellbar ist [135], erklärbar dadurch, dass auf der Ebene von Propionyl-CoA Metabolite anderer Wege des intermediären Stoffwechsels einmünden (siehe Abb. 2).

2. Methylen-Tetrahydrofolsäure-Reduktase

Das Enzym dient der Umwandlung von 5,10-Methylen-Tetrahydrofolsäure zu 5-Methyl-Tetrahydrofolsäure. Die 5-Methyl-Tetrahydrofolsäure dient als Coenzym für die Methionin-Synthase, indem sie als Methylgruppendonator fungiert.

Eine sehr seltene Ursache einer Hyperhomocysteinämie ist der schwere MTHFR-Mangel. Kang et al. fanden bei dieser Form des MTHFR-Mangels weniger als 2% der normalen Enzymaktivität [80]. Es resultieren frühzeitige Atherosklerose und Thrombosen, retardierte Entwicklung sowie neurologische und psychiatrische Auffälligkeiten aufgrund einer schweren Hyperhomocysteinämie (HC>100 µmol/l) [131]. Eine weitaus häufigere, autosomal-rezessiv vererbte Variante des MTHFR-Mangels besteht in einer durch eine Punktmutation bedingten Aktivitätsänderung des Enzyms, welche zu moderaten Erhöhungen (>15-30 µmol/l) des HC-Spiegels führt. Sie beruht auf einer Substitution von Cytosin durch Thymin am Nucleotid 677 des verantwortlichen Gens, was in der Proteinbiosynthese zum Einbau der Aminosäure Valin anstelle von Alanin führt, wodurch eine thermolabile Form des Enzyms entsteht [44]. Diese Form ist durch eine Temperaturlabilität bei 46°C in vitro charakterisiert. Die Aktivität dieser Variante liegt bei nahezu 50% der normalen Aktivität [44, 80]. Man geht davon aus, dass 10-30% der Personen mit moderater HC-Erhöhung an einem homozygoten Defekt des Enzyms leiden [160]. So fanden Kluijtmans et al. bei 9 (15%) von 60 Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen die homozygote Mutation im Gegensatz zu 6 Personen (5%) einer gesunden Kontrollgruppe (n=111) [82]. Daraus folgte ein dreifach erhöhtes Risiko für vorzeitige kardiovaskuläre Erkrankungen bei Homozygoten (Odds Ratio 3,1/ 95% CI 1,0-9,2). Die Patienten (n=15) mit homozygoter Mutation hatten HC-Nüchternwerte von 16,3±8,3 µmol/l versus 13,4±4,0 µmol/l bei Heterozygoten und 12,3±3,6 µmol/l bei Gesunden. In einem ähnlichen Vergleich wiesen Kang et al. die thermolabile MTHFR bei 17% von 212 Patienten mit koronarer Herzkrankheit nach, bei 202 Gesunden betrug der Anteil 5% (p<0,01). Die HC-Spiegel betrugen 11,17±3,74 µmol/l bei Patienten mit thermolabiler MTHFR versus 8,5±2,8 µmol/l bei Gesunden (p<0,05) [80]. Frosst et al. zeigten die Mutation in 12% einer unselektierten Population [44]. Ein Vergleich von Homozygoten (n=12), Heterozygoten (n=9) und Gesunden (n=19) bezüglich der Nüchtern-HC-Plasmaspiegel ergab signifikant erhöhte Werte von 22,4±2,9 µmol/l für Homozygote versus 13,8±1,0 µmol/l für Heterozygote, 12,6±1,1 µmol/l für Gesunde. Nach Methioninbelastung zeigten Homozygote HC-Spiegel von 72,6±11,7 µmol/l, Heterozygote und Gesunde hingegen Werte von ca. 41 µmol/l [44]. Man geht davon aus, dass der Defekt des Enzyms nur in Verbindung mit erniedrigten Folsäure-Plasmaspiegeln (<15,4 nmol/l) zu erhöhten HC-Konzentrationen (24% Anstieg) führt [73]. Die Therapie eines Aktivitätsmangels der MTHFR-Reduktase sollte in der Gabe von Folsäure bestehen [79].

Die Transsulfurierung erfolgt durch die Enzyme Cystathionin-ß-Synthase (CBS) und Cystathionin-ß-Lyase.

1. Cystathionin-ß-Synthase

Das Enzym katalysiert die Kondensation von HC und Serin zu Cys.

Pyridoxal-5-Phosphat, eine aktivierte Form des Vitamins B6, dient dabei als Coenzym. Bei Vitamin B6-Mangel resultiert folglich eine Minderaktivität des Enzyms [143]. Eine besondere Bedeutung hat die Homocystinurie, die durch einen autosomal-rezessiv vererbten Defekt dieses Enzyms bedingt ist [81, 84]. In den Niederlanden konnte eine Thymin-Cytosin-Translokation am Nukleotid 833 bei 50% von 15 nichtverwandten, für einen CBS-Mangel homozygoten Patienten nachgewiesen werden [82]. Aufgrund der hohen HC-Plasmakonzentrationen von bis zu 500 µmol/l Gesamt-HC führt diese Erkrankung zu frühzeitigen arteriosklerotischen Veränderungen und Gerinnungsstörungen, die v.a. in der Pädiatrie eine Rolle spielen [2]. Weitere Symptome der 1964 zum ersten Mal beschriebenen Erkrankung [49] bestehen in einer Linsenektopie (90-100%), verzögerter Entwicklung, mentaler Retardierung (40-60%) verbunden mit EEG-Auffälligkeiten sowie Skelettdeformierungen. Die Therapie dieser Erkrankung besteht in hochdosierten Gaben von Pyridoxin (250-1200 mg/d). Eine zusätzliche Gabe von 5 mg Folsäure und 6 g Betain zu einer Pyridoxintherapie (100 mg/d) konnte eine HC-Senkung bei Patienten mit CBS-Mangel unterstützen [177]. Heterozygote Varianten der Erkrankung scheinen bei frühzeitigen arteriosklerotischen Ereignissen im Alter von 45-60 Jahren eine Rolle zu spielen [27]. Doch wird eine Prädisposition zu kardiovaskulären Erkrankungen aufgrund solcher Enzymveränderungen zunehmend in Frage gestellt, da ein Zusammenhang wegen der Vielzahl der möglichen Mutationen nicht beweisbar ist [82, 110]. Derartige Veränderungen könnten auf einer Kombination mit anderen hereditären Defekten, wie der thermolabilen MTHFR, beruhen.

Die Folgen der Minderaktivität des Enzyms bestehen in einer Konzentrationserhöhung von HC und erniedrigter Konzentration von Cys. So fanden Stabler und Mitarbeiter bei 3 von 5 Patienten mit homozygotem CBS-Mangel erniedrigte Cys-Serumspiegel und bei 2 von ihnen Cys-Werte im niedrigen Normalbereich [143].

Menschliche Endothelzellen, die einen homozygoten CBS-Mangel (833 C®T) aufwiesen, zeigten die gleichen HC-Exportraten wie gesunde Zellen. Darüberhinaus konnte bei beiden Zelllinien nahezu die gleiche Reaktion auf Folsäure (dosisabhängige Reduktion des HC-Exportes) sowie auf Methionin (dosisabhängige Erhöhung des HC-Exportes) beobachtet werden. Die Gabe von Pyridoxin ins Kulturmedium zeigte keinen Einfluss auf den HC-Export.

Man schließt daraus, dass für die Hyperhomocysteinämie bei CBS-Mangel die gestörte Funktion der CBS in Leber und Niere verantwortlich ist, mit der Folge sekundärer Endothelschäden [107].

2. Cystathionin-Lyase

Dieses Enzym hydrolysiert Cystathionin zu Cystein und Homoserin, welches weiter zu alpha-Ketobutyrat und nachfolgend Propionyl-CoA abgebaut wird; es ist gleichfalls Vitamin B6-abhängig (siehe Abb. 2).

Da verminderte Vitamin B6-Konzentrationen im Serum zu einem Cys-Anstieg führen [143], muss davon ausgegangen werden, dass die Cystathionin-Lyase eine höhere Vitamin B6-Abhängigkeit als die Cystathionin-Synthase aufweist.

Ein weiteres, nur indirekt im Zusammenhang mit dem HC-Stoffwechsel stehendes, vitaminabhängiges Enzym ist die Methylmalonyl-CoA-Mutase.

Eine Minderaktivität dieses Enzyms lässt sich mit der Bestimmung der MMA ermitteln. Da dieses Enzym von 5-Desoxy-Adenosyl-Cobalamin, einer zweiten Coenzymform des Cobalamins, abhängig ist, erfasst man somit Cobalaminmangelzustände.

Das Enzym katalysiert die Reaktion von Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA. Bei einem Cobalaminmangel wird Methylmalonyl-CoA verstärkt zu MMA umgewandelt und es kommt zu einem Konzentrationsanstieg im Serum [1, 135, 145]. Eine angeborene Minderaktivität des Enzyms verursacht eine Form der Methylmalonazidurie, eine zur Gruppe der sog. Organoazidurien zählende Erkrankung, die mit charakteristischen Erhöhungen von MMA und MC in Blut, Urin und Fruchtwasser (pränatale Diagnostik) einhergeht [32, 88]. Bezüglich der Ursachen dieser autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung unterscheidet man vier Formen [88]: 1. Defekt der Methylmalonyl-CoA-Racemase. 2. Defekt der Methylmalonyl-CoA Mutase (Apoenzym). 3. Mangelnde Synthese von Desoxy-Adenosyl-Cobalamin. 4. Synthesedefekte anderer Stufen des Cobalamin-Metabolismus und des Cobalamin-Transportes. Klinisch imponieren diese Patienten durch schwere Ketoazidosen, nicht selten kombiniert mit Neutro- und Thrombopenie, die häufig schon in der ersten Lebenswoche letal enden [88], besonders im Rahmen von katabolen Zuständen mit Fettsäuremobilisation [159] oder nach Aufnahme eiweißreicher Nahrung. Symptomatische Behandlungsansätze bestehen in der Therapie mit Vitamin B12 sowie in einer Diät, die arm an verzweigtkettigen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin sowie an Methionin und Threonin ist.

Ein weiterer von der Aktivität der Methylmalonyl-CoA-Mutase abhängiger Metabolit ist die 2-Methylzitronensäure (MC). Hierbei handelt es sich um eine indirekte Beziehung, da eine Schwäche des Enzyms zu einem Anstau von Propionyl-CoA führt, welches mit Oxalessigsäure zu MC umgewandelt wird, die vermehrt aus der Zelle ausfließt und zum Anstieg der Konzentration im Plasma führt. Aus dieser indirekten Beziehung ergibt sich eine geringere Sensitivität bezüglich des Nachweises von Cobalaminmangelzuständen [2]. Weitere Zustände mit Anstieg von MC im Blut, Urin und Fruchtwasser [4, 32, 114, 159] bestehen bei den hereditären Propionazidämien mit Defekt der biotinabhängigen Propionyl-CoA-Carboxylase und herabgesetzter Bildung von D-Methylmalonyl-CoA [38], u.a. im Rahmen eines Holocarboxylase Synthase-Mangels [46]. Biotinmangel führt ebenfalls zu erhöhten Konzentrationen von MC im Urin [157].

Die Nahrungsaufnahme führt zu einer Beeinflussung der HC-Stoffwechselwege. So konnten nach einer Mahlzeit, die 50 g Protein enthielt, folgende Werte gemessen werden [55]:

- Maximaler Anstieg der HC-Gesamtkonzentration 8 Stunden nach dem Essen um 13,5±7,5%, des gebundenen HC um 12,6±9,4%.
- Anstieg des freien HC bereits 30 Minuten nach der Mahlzeit um 14±9,4%, maximaler Anstieg nach 4 Stunden um 33,7±19,6%.

Daraus ergibt sich, dass die Blutabnahme für eine Bestimmung der o.g. Parameter im nüchternen Zustand des Patienten erfolgen muss, d.h. nach einer nächtlichen Nüchternphase.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Übersicht über die Stoffwechselwege von Homocystein und Metaboliten

1.3 Homocystein und Atherosklerose

1.3.1 Homocystein als Risikofaktor der Atherosklerose

Nach dem Ergebnis vieler Studien gilt HC als ein wichtiger Cofaktor für die Entstehung arteriosklerotischer Veränderungen [98, 99, 126], die sowohl zu peripher-arteriellen als auch zu cerebrovaskulären und kardiovaskulären Erkrankungen führen.

Zahlreiche unter diesem Gesichtspunkt durchgeführte Studien konnten erhöhte HC-Spiegel als einen unabhängigen Risikofaktor neben den „klassischen“ Faktoren (Rauchen, erhöhte Cholesterolspiegel, Hypertonus, Diabetes mellitus) für die Entstehung einer klinischen oder subklinischen Atherosklerose verantwortlich machen. Die Bedeutung der erhöhten HC-Werte ist vergleichbar mit der des Rauchens oder erhöhter Blutfettwerte [31, 50]. So geht man davon aus, dass ein Anstieg der Plasma-HC-Konzentration um 5 µmol/l das Risiko der koronaren Herzerkrankung im selben Maße erhöht wie ein Anstieg der Serum-Cholesterol-Konzentration um 0,5 mmol/l. Odds Ratio für Männer 1,6 (95% CI 1,4-1,7), Odds Ratio für Frauen 1,8 (95% CI 1,3-1,9) [24]. Clarke et al. stellten eine Hyperhomocysteinämie bei 16 von 38 Patienten (42%) mit cerebrovaskulärer Insuffizienz, bei 7 von 25 Patienten mit pAVK (28%) sowie bei 18 von 60 Patienten mit KHK (30%) fest [31]. Nach Ausrichtung auf konventionelle Risikofaktoren wurde die Odds Ratio für die Entwicklung einer Gefäßerkrankung unter den hyperhomocysteinämischen Patienten mit 3,2 angegeben.

Selhub et al. bestimmten den Grad einer Karotisstenose mittels Doppler-Ultraschall bei 1041 Probanden der Framingham-Studie im Alter von 67-96 Jahren [137]. Die Prävalenz einer Stenose >25% betrug 43% bei Männern und 34% bei Frauen. Die Odds Ratio einer Stenose >25% betrug 2,0 für Probanden mit den höchsten Plasma-HC-Werten (>14,4 µmol/l) verglichen mit den Probanden der niedrigsten HC-Konzentrationen (<9,1 µmol/l) unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter, HDL-Cholesterol, systolischem Blutdruck sowie dem Rauchverhalten. Die Plasmakonzentrationen von Folsäure und Pyridoxal-Phosphat waren mit dem Stenosegrad invers korreliert.

Eine prospektiv durchgeführte Untersuchung an 141 britischen Männern, deren Serum im Alter von 40-59 Jahren gesammelt worden war und die in den darauffolgenden 12,8 Jahren einen Schlaganfall erlitten, zeigte signifikant höhere HC-Spiegel [13,7 µmol/l (95% CI 12,7-14,8)] verglichen mit den Kontrollen [11,9 µmol/l (11,3-12,6)] [117].

Studien zur koronaren Herzkrankheit im Zusammenhang mit erhöhten HC-Plasmaspiegeln kamen zu ähnlichen Ergebnissen, nämlich höhere HC-Spiegel bei 304 Patienten (62±11 Jahre) mit koronarer Herzkrankheit gegenüber 231 Kontrollpersonen (14,4±15,4 vs. 10,9±3,4 µmol/l; p<0,001) [128]. HC-Konzentrationen von 14 µmol/l gingen mit einer Odds Ratio von 4,8 (p<0,001) mit einer koronaren Herzkrankheit einher. HC korrelierte negativ mit allen Vitaminen. Darüberhinaus wurden erniedrigte Pyridoxal-Phosphatspiegel (<20 mmol/l) als ein von HC unabhängiger Risikofaktor gewertet.

Eine andere Untersuchung an KHK-Patienten (n=235) im Vergleich zu Patienten ohne KHK (n=99) konnte nicht nur signifikant erhöhte HC-Spiegel (10,4±3,2 vs. 9,9±4,2 µmol/l), sondern auch erhöhte LDL-Cholesterolkonzentrationen (178±46 vs. 165±39 mg/dl), erniedrigte HDL-Konzentrationen (44±12 vs. 48±15 mg/dl) sowie erhöhte Triglyceridwerte (200±137 vs. 170±120 mg/dl) nachweisen (p jeweils <0,05). HC war damit kein unabhängiger Risikofaktor. Eine Abhängigkeit zwischen dem Schweregrad der KHK und der HC-Konzentration war nicht feststellbar. In diesem Fall folgerte man, dass die HC-Bestimmung als Screening-Methode in der Primärdiagnostik zur Einschätzung des koronaren Risikos nicht geeignet ist [116]. Sie hat jedoch Bedeutung für Risikogruppen, wie Patienten mit Fettstoffwechselstörungen, vorbestehender KHK, jungen Patienten mit Gefäßerkrankungen, bei chronisch Niereninsuffizienten u.a..

In diesem Zusammenhang zeigten Nygård et al., dass der Gesamt-HC-Spiegel im Plasma einen fundierten Vorhersagewert der Gesamtmortalität sowie der Mortalität an kardiovaskulären Erkrankungen bei Patienten mit angiographisch gesicherter KHK darstellt [115]. Patienten mit HC-Werten zwischen 15 und 19,9 µmol/l wiesen eine Mortalitätsrate von 2,8 im Vergleich zur Referenzgruppe (HC <9 µmol/l) auf. Die Ausprägung der KHK (keine, Ein-, Zwei- oder Dreigefäßerkrankung) zeigte eine schwache Korrelation mit der Höhe der HC-Werte, jedoch eine starke Korrelation mit den Parametern des Lipidstoffwechsels. Man nahm deshalb eine stärkere Beziehung des HC zu Akutereignissen, wie dem akuten Herzinfarkt, an.

Mit höherem Alter (>75 J.) nimmt die Assoziation von Hyperhomocysteinämie und erhöhtem Atheroskleroserisiko ab [23].

Ausgehend von den HC-assoziierten Veränderungen an arteriellen Gefäßen ist eine Assoziation von Hyperhomocysteinämie und venösen Thrombosen sehr wahrscheinlich.

So können erhöhte Plasma-HC-Werte ein 2- bis 3-fach erhöhtes Risiko für rezidivierende venöse Thrombosen bedeuten [64].

Präventionsstudien, die das Risiko für atherosklerotische, kardiovaskuläre sowie thrombotische Ereignisse nach Vitamingabe kalkulierbarer machen, sollten in Zukunft durchgeführt werden.

1.3.2 Homocystein als pathogenetisches Agens der Atherosklerose

Als mögliche Ursache wird die Bildung von Wasserstoffperoxid und freien Radikalen bei der sauerstoffabhängigen Autooxidation von Homocystein zu Homocystin diskutiert. Diese Oxidation ist Kupfer-katalysiert [149]. Die Produktion von Superoxid, die auch von anderen schwefelhaltigen Aminosäuren initiiert wird, ist vom Vorhandensein von L-Cystin abhängig [63].

Wasserstoffperoxid und die Radikale wirken zytotoxisch auf Endothelzellen [149, 173] und führen zu deren Ablösung, was die Grundlage für Lipidplaques darstellt. So konnten in vitro Untersuchungen mittels Inkubation von Endothelzellkulturen in HC einen direkten Zusammenhang zwischen der HC-Konzentration und der Anzahl der abgelösten Zellen zeigen [61, 173]. Die Koinkubation von Katalase, einem wasserstoffperoxidspaltenden Enzym, sowie von Penicillamin, was gemischte Disulfide mit sulfhydrylhaltigen Verbindungen bildet, zeigte eine deutliche Abnahme der endothelschädigenden Effekte [149, 173].

HC bewirkt keine Hemmung der Prostazyklinproduktion. Wasserstoffperoxid bewirkt jedoch eine Hemmung der Prostazyklinproduktion in der Gefäßwand. Daraus resultiert eine geringere Hemmung der Plättchenaggregation und eine herabgesetzte lokale Vasodilatation [174].

HC führt zu einer herabgesetzten NO-Produktion. Dieser Effekt ist unabhängig von der NO-Synthaseaktivität in Endothelzellen. Man geht davon aus, dass eine Senkung der Glutathionperoxidaseaktivität durch HC zu einer mangelnden Entgiftung von Peroxiden mit der Folge einer Endothelzelldysfunktion und herabgesetzten Bildung von EDRF (NO) führt [170]. Die HC-Exposition von glatten Gefäßmuskelzellen führte dagegen zu einer erhöhten NO-Produktion und zu einer NF-kB induzierten Erhöhung der NO-Synthase 2-Transkription (Nos2) [175].

Eine pathogenetische Bedeutung liegt in der Potenz von Thiolen, mit NO sogenannte Nitrosothiole zu bilden [111]. HC bildet mit endogenem NO das S-Nitroso-HC [147]. So gebundenes NO kann nicht mehr gefäßdilatierend wirken. Dies wird auch als Schutzmechanismus des Endotheliums angesehen, da es über die Sekretion von EDRF mit nachfolgender Bindung freier SH-Gruppen in Nitrosothiolen die thrombogene und cytotoxische Potenz sulfhydrylhaltiger Verbindungen vermindern kann [147]. Demzufolge perpetuiert eine Imbalance zwischen HC-Akkumulation und NO-Verfügbarkeit, wie sie aus Endothelschäden und einer Hyperhomocysteinämie resultiert, die Cytotoxizität von HC.

Diesbezüglich könnte in der pharmakologischen Gabe von NO-Donatoren bei Patienten mit Hyperhomocysteinämie ein weiterer therapeutischer Ansatz liegen.

Desweiteren bewirkt HC in vitro eine Inhibierung der Thrombin-Thrombomodulin-Interaktion über eine kompetitive Thrombinhemmung mit der Folge der Verminderung der thrombomodulinabhängigen Protein C-Aktivierung [86, 129]. Als eine weitere Ursache der herabgesetzten Protein C-Aktivierung konnte man eine Hemmung der Zelloberflächenexpression von Thrombomodulin nachweisen [86]. Darüberhinaus besteht eine SH-Gruppen abhängige, irreversible Inaktivierung von Thrombomodulin und Protein C.

Eine durch HC (4fach) und Cystein (2fach) induzierte Faktor V-Aktivierung, die in einer verstärkten Prothrombinaktivierung mündet, konnte in kultivierten Endothelzellen nachgewiesen werden [130]. Als Ursache sah man einen Faktor V regulierenden, endothelialen Faktor an, der durch HC induzierbar ist.

Die Aktivität von Leukozyten wird durch HC gesteigert [172], dies führt zu erhöhter Vasoaggressivität, Radikalbildung, Adhäsivität und Phagocytose.

Thrombozyten zeigen in Gegenwart erhöhter HC-Konzentrationen eine verkürzte Überlebenszeit, verbunden mit einem erhöhten Thrombozyten-Turnover, was zur Induktion intimaler Läsionen führt [61]. Eine direkte Stimulation der Thrombozytenaktivierung scheint nicht stattzufinden [147].

Von besonderer Bedeutung ist die Wirkung auf die Lipoproteine des Plasmas. So bindet HC an diese Partikel mit der Folge der Aggregation. Die durch HC vermittelten oxidativen Effekte führen zu oxidierten Formen des LDL mit der Folge einer mangelhaften Aufnahme durch den LDL-Rezeptor sowie einer gesteigerten Aufnahme der LDL-Partikel durch Makrophagen. Dies begünstigt die Entstehung von atherosklerotischen Schaumzellen und perpetuiert somit die Atheromentstehung [63, 93, 94, 97, 179]. In-Vitro-Untersuchungen der LDL-Oxidation konnten eine signifikant erhöhte Oxidation bei allen HC-Konzentrationen zwischen 10 µmol/l und 1 mmol/l gegenüber der spontanen Oxidation zeigen [94].

Ein weiterer Faktor der Gefäßschädigung wird in der Relation der verschiedenen Formen von HC in Verbindung mit den sich in gleicher Weise verändernden anderen Aminothiolen, wie Cystein [178] und Cysteinylglycin, gesehen. Dies wird als „Plasma Redox Thiol Status“ bezeichnet [168]. In diesem Status können sich Veränderungen innerhalb von Minuten abspielen und somit schnelle Konzentrationsänderungen der korrespondierenden Formen nach sich ziehen, die als Ursache der Gefäßschädigung angesehen werden. Vor allem spielt eine gestörte Balance zwischen reduzierten und freien Formen des HC eine Rolle. Primär erhöhte Plasmaspiegel der reagierenden Metabolite werden als Ursache des gestörten Verhältnisses zwischen reduzierten und freien Formen angesehen.

HC führt zu einer gesteigerten Koagulation über eine Aktivitätserhöhung des prokoagulatorischen, von Endothelzellen gebildeten tissue factors (TF) [45]. Als eine Ursache des von freien SH-Gruppen abhängigen Prozesses konnte man eine Induktion der TF-mRNA-Produktion durch HC feststellen. Eine zusätzliche TF-Expression durch Wasserstoffperoxid sowie eine mögliche Reduktion der Disulfidbrücken des tissue factors durch HC wird als wahrscheinlich angesehen.

Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit und Hyperhomocysteinämie wiesen eine signifikante Erhöhung des von-Willebrand-Faktors gegenüber normohomo-cysteinämischen Patienten mit pAVK auf; andere endothelgenerierte Proteine wie Gewebsplasminogen-Aktivator (tPA), Plasminogen-Aktivator-Inhibitor (PAI-1), zelluläres Fibronectin (cFN) und Thrombomodulin (TM) zeigten keine Konzentrationsunterschiede [75].

Die Faktor VII-Aktivität war bei Patienten mit erhöhten HC-Spiegeln signifikant erhöht (durchschnittl. Differenz von 6%; 95% CI 2,12) [23].

HC und andere SH-Gruppen enthaltende Verbindungen verstärken die Bindung von Lp(a) an Fibrin und führen so zu gesteigerter Athero- und Thrombogenese. Die Bindung von LDL und Plasminogen an Fibrin wird durch HC nicht beeinflusst [62]. Eine redoxabhängige Alteration des Lp(a)-Moleküles wird angenommen.

Infolge der HC-Erhöhung im Plasma kommt es zu einem vermehrten Wachstum von glatten Gefäßmuskelzellen [61]. Dies wurde in vitro auf eine erhöhte DNA-Synthese von glatten Muskelzellen zurückgeführt [162], die DNA-Produktion der Endothelzellen war herabgesetzt.

Nach parenteraler Gabe von HC, HC-Thiolacton und Methionin wurden im Tierversuch typische fibröse arteriosklerotische Plaques der Aorta, bestehend aus hyperplastischer Intima, Mediazellen und zerstörter Lamina elastica interna, nachgewiesen [61, 102]. Die Veränderungen nach alimentärer Gabe dieser Aminosäuren waren ähnlich [102].

Die vasomotorische Regulation der Gefäße ist bei Hyperhomocysteinämie beeinträchtigt [87].

1.4 Homocysteinerhöhung und Vitaminstoffwechsel bei Patienten mit

chronischer Niereninsuffizienz

Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz wurde von mehreren Gruppen eine Hyperhomocysteinämie nachgewiesen [29, 34, 71, 97]. Die erhöhten HC-Spiegel korrelierten mit dem Grad der Niereninsuffizienz.

Bei einer Kreatinin-Clearance (Ccr) von 30-75 ml/min betrug der HC-Wert 16,2±8,1 µmol/l, bei einer Ccr von 10-29,9 ml/min 23,3±14,7 µmol/l und bei einer Ccr <10 ml/min 29,5±14,4 µmol/l. Die gesunde Kontrollgruppe wies HC-Werte von 8,2±2,2 µmol/l auf. Patienten mit einer arteriellen Verschlusskrankheit hatten signifikant höhere HC-Werte als Patienten ohne diese Gefäßveränderungen (30,9±19,1 vs. 19,6±9,7 µmol/l) [29].

Die komplexe Genese der erhöhten HC-Spiegel im Plasma niereninsuffizienter Patienten ist zur Zeit Gegenstand intensiver Forschung. Die zusätzliche Bestimmung der Metabolite des HC-Stoffwechsels ist Bestandteil dieser Untersuchungen.

Der im Rahmen der Niereninsuffizienz verminderten renalen Ausscheidung von HC kann nur eine geringe Bedeutung zukommen, da auch bei gesunden Menschen nur geringe Mengen an sulfurierten Aminosäuren ausgeschieden werden. Bei Bestimmungen der Konzentrationsdifferenz von Gesamt- und freiem HC über die selektive Katheterisierung der Nierenarterie und -vene wurden arterio-venöse Differenzen von nur 0,43 µmol/l (Gesamt-HC) und 0,38 µmol/l (freies HC) gemessen [51]. Man geht davon aus, dass 99% des filtrierten HC, bei einer Filtrationsfraktion von 20%, tubulär rückresorbiert werden [56]. Refsum et al. haben eine HC-Ausscheidung von 0,25 µmol/h im Urin bestimmt [125]. Die Gesamt-HC-Clearance wurde bei 2 niereninsuffizienten Patienten (Kreatinin >325 µmol/l) nach peroraler HC-Aufnahme (65 µmol/kg KG) mit 31 ml/min vs. 104 ml/min bei 2 Gesunden angegeben [58]. Die Plasmahalbwertszeit von HC bei Niereninsuffizienten war über 4-mal höher. Eine Folsäuresubstitution bei 6 Niereninsuffizienten zeigte eine Zunahme der HC-Clearance von 26±8 auf 28±12 ml/min nach peroraler HC-Aufnahme (Gesunde 101±15 ml/min) und eine Abnahme des basalen HC-Spiegels um 26,8% [54, 58].

Eine herabgesetzte tubuläre Aufnahme des HC im Rahmen der chronischen Niereninsuffizienz scheint dafür verantwortlich zu sein, dass die HC-Clearance mit fortschreitendem renalem Funktionsverlust nicht im selben Maße sinkt wie die Ccr [71]. Möglicherweise liegt die Störung auf der Ebene des HC-Katabolismus, woraus ein prärenaler Konzentrationsanstieg resultiert.

Den Stoffwechselveränderungen der Urämie kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Retention von Endprodukten des Purin- und Eiweißstoffwechsels scheint den HC-Abbau über einen Metabolitaufstau zu hemmen.

Ein primärer wie sekundärer Vitaminmangel zählt zu den ursächlichen Faktoren der HC-Erhöhung im Plasma niereninsuffizienter Patienten.

So ist die diätetische Einschränkung von kaliumreichen Lebensmitteln von großer Bedeutung, da Früchte und Gemüse eine wichtige Quelle für Folsäure sind.

Desweiteren werden durch eine Proteinrestriktion Nahrungsmittel eingeschränkt, die reich an Vitamin B6 und Vitamin B12 sind [97].

Eine Perpetuierung des Vitaminmangels resultiert aus den Verlusten wasserlöslicher Vitamine während der Dialysebehandlung [35, 152] (vgl. 5.3).

Die urämische Gastroenteropathie und Interaktionen mit Medikamenten bedingen Resorptionsstörungen im Gastrointestinaltrakt. Unter den Pharmaka sind die gastralen pH-Senker und die Phosphatbinder für eine erniedrigte Cobalaminresorption verantwortlich zu machen, da infolge der pH-Wert-Anhebung das Milieu für cobalaminmetabolisierende Bakterien verbessert wird [97].

Von großer Bedeutung ist die Auswirkung von ”Urämietoxinen”, die die Resorption, zelluläre Aufnahme und Aktivierung von Vitaminen herabsetzen. Bei der Mehrzahl der niereninsuffizienten Patienten, wie auch der dialysierten Patienten, entwickelt sich eine mangelhafte biochemische Aktivität des Vitamins B6 [35, 152]. Diese wurde u.a. auf eine mangelnde Coenzymproduktion (erniedrigte Spiegel von Pyridoxalphosphat) durch einen interferierenden Urämiefaktor zurückgeführt [97].

Die Bestimmung der Folsäureplasmaspiegel zeigt in der Mehrzahl der Fälle normale bis erhöhte Werte [29, 152] bei erhöhten HC-Werten, was für einen herabgesetzten Vitaminmetabolismus spricht. In Gewebekulturen war bei Anwesenheit von urämischem Serum die Aufnahme von Folsäure erniedrigt [97].

Die Vitamin B12-Spiegel bei Niereninsuffizienten sind meist im Normalbereich oder aufgrund einer erhöhten Vitamin B12-Bindungskapazität erhöht [35, 152].

Diese Ergebnisse bestätigen die Tatsache, dass ein Mangel an diesen Vitaminen durch eine Serumspiegelbestimmung nicht verifiziert werden kann, da es sich um einen intrazellulären, funktionellen Mangel der Vitamine handelt.

Renale Tubuluszellen scheinen eine wichtige Funktion beim Abbau von HC über die Transsulfurierung zu spielen [69, 70]. So konnten House et al. 78% des HC-Abbaus durch isolierte renale kortikale Tubuluszellen auf die Transsulfurierung (Produktion von Cystathionin und Cystein) und nur 2% des Abbaus auf die Remethylierung (Methioninproduktion) zurückführen [69]. Die Transsulfurierung war durch Serin stimulierbar.

Darin wird eine Reservekapazität der Niere zur Metabolisierung akuter Erhöhungen des HC-Spiegels gesehen, wobei der Remethylierung keine essentielle Bedeutung zukommt [70].

Im Untergang von funktionierendem Nierengewebe bei chronischer Niereninsuffizienz mit resultierender eingeschränkter HC-Aufnahme- und Metabolisierungsrate scheint, nach tierexperimentellen Untersuchungen [15], ein wesentliches pathogenetisches Prinzip begründet zu sein.

Die HC-Erhöhung im Plasma chronisch niereninsuffizienter Patienten bedeutet ein erhöhtes Risiko für atherosklerotische Komplikationen [97]. Patienten mit terminaler Nieren-insuffizienz, die durchschnittlich 23 Monate dialysiert wurden (n=24), wiesen in 75% der Fälle eine Hyperhomocysteinämie auf. Die Prävalenz von anderen Risikofaktoren war geringer, der Anteil der Cholesterolwerte >239 mg/dl betrug 4%, des HDL-Cholesterols <35 mg/dl 46%, eines Hypertonus 63%, des Nikotinabusus 38% und eines Diabetes mellitus 33% [20]. In einer anderen Untersuchung wiesen 85% von 176 Patienten mit terminaler Nieren-insuffizienz mit einer erhöhten Odds Ratio für atherosklerotische und thrombotische Komplikationen eine Hyperhomocysteinämie auf [34]. Die HC-Werte waren unabhängig von anderen Risikofaktoren und der Dialysedauer erhöht.

Von Bachmann et al. wurde mitgeteilt, dass kein Unterschied des Body-Mass-Index, der Serumcholesterolwerte (Gesamtcholesterol, LDL-, HDL-Cholesterol), des Lp(a), der Tri-glyceride und des Fibrinogens zwischen dialysierten Patienten mit und ohne Gefäß-erkrankungen bestand. Hingegen waren die Serum-HC-Spiegel der Patienten mit einer Gefäß-erkrankung erhöht (32,7±4,4 vs. 24,0±1,1 µmol/l, p=0,067) [7].

Von Arnadottir wurde auf eine cyclosporinassoziierte Hyperhomocysteinämie aufmerksam gemacht [9]. Nierentransplantierte Patienten, die mit Cyclosporin behandelt wurden, wiesen signifikant höhere HC-Spiegel als Patienten ohne Cyclosporintherapie auf (19,5±7,6 vs. 16,2±4,9 µmol/l, p<0,05).

1.5 Einfluss einer Vitaminsubstitution auf die Homocystein-Konzentration

Ausgehend von der Vitaminmangelhypothese ist die Vitaminsubstitution zur Therapie der Hyperhomocysteinämie empfohlen worden. Die klinische Relevanz besteht in dem Versuch der konsequenten Senkung eines Risikofaktors der Arteriosklerose, dem bei niereninsuffizienten Patienten eine besondere Bedeutung zukommt.

Eine Vitaminsubstitution nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Folsäure 400 µg, Vitamin B6 2 mg, Vitamin B12 6 µg/Tag) vermag bei gesunden Menschen die HC-Konzentration signifikant zu senken [119].

Die Dosierung der einzelnen Vitamine wird unterschiedlich gehandhabt.

Eine orale Vitaminsubstitution, bestehend aus einer Kombination von 1 mg Folsäure, 0,4 mg B12 und 10 mg B6 täglich, senkte die HC-Spiegel nach ca. 6 Wochen um 50%. Dies ist mit dem therapeutischen Effekt einer 2-wöchigen Monotherapie mit 5 mg Folsäure vergleichbar [26, 164, 166, 167].

Eine Monotherapie mit Vitamin B6 oder Vitamin B12 ergab keinen zufriedenstellenden Therapieerfolg [26, 27, 167]. Deshalb stellt sich die Frage, ob eine Differenzierung des Vitaminmangels über die Bestimmung von Cys und MMA sinnvoll ist und therapeutische Konsequenzen hat.

Für MMA scheint dies bedeutsam zu sein. Guttormsen et al. untersuchten 19 Patienten mit einer Hyperhomocysteinämie (HC-Spiegel: 23,5-142,8 µmol/l) [56].

Bei Patienten mit einem Cobalaminmangel, die erhöhte MMA-Werte sowie höhere basale HC-Spiegel aufwiesen, führte eine Monotherapie mit Cobalamin zu einer stärkeren Senkung der HC-Spiegel im Vergleich zu einer Folsäuremonotherapie bei Patienten mit Folsäuremangel. Der Therapiezeitraum betrug bei beiden Gruppen 2-4 Wochen.

Bei 235 gesunden Probanden ohne vorherige Differenzierung des Vitaminmangels zeigte die orale Gabe von 5 mg Folsäure täglich höhere Abfälle der HC-Serumspiegel als die tägliche Therapie mit 1 mg Cobalamin oral (1,91±1,6 µmol/l vs. 0,44±1,32 µmol/l) [124].

Die 8-malige intramuskuläre Gabe von 1 mg Vitamin B12, 1,1 mg Folsäure und 5 mg Vitamin B6 innerhalb von 8 Tagen an 175 ambulante und 110 hospitalisierte ältere Patienten (65-96 J.) in einer prospektiven, multizentrischen Doppelblindstudie zeigte eine signifikant höhere Anzahl von Patienten mit einer initial erhöhten Konzentration der Metabolite HC, Cys, MMA und MC, deren Werte nach Therapie auf normale Werte abfielen, als in der mit Placebo therapierten Gruppe (HC: 92% vs. 20%, MMA: 62% vs. 25%, MC: 62% vs. 25% und Cys: 42% vs. 25%) [113].

Die Ergebnisse einer Substitutionstherapie bei Niereninsuffizienten differieren erheblich.

Die konsequente Langzeitmonotherapie mit einer täglichen Gabe von 5 mg Folsäure scheint der Kombinationstherapie vergleichbare Erfolge zu erzielen [8, 151, 176]. Eine parenterale (i.v.), allerdings nur zweimal wöchentliche Kombinationstherapie mit 1 mg Vitamin B12, 1,1 mg Folsäure und 5 mg Vitamin B6 ergab keine besseren Resultate [11].

Die HC-Spiegel von dialysierten Patienten konnten in der Mehrzahl der Fälle um 30-40% gesenkt werden [8, 11, 19]. Die Therapieansprechbarkeit der mit Peritonealdialyse (CAPD) behandelten Patienten war gegenüber den mit Hämodialyse behandelten Patienten nicht verschieden [8, 19].

Eine Hochdosistherapie bewirkte eine effektive Senkung (-29,8% nach 4 Wochen) der HC-Plasmaspiegel bei Dialysepatienten, die trotz einer Kombinationstherapie HC-Spiegel von 30 µmol/l aufwiesen [19].

Die zusätzliche Gabe von Betain (4 g/d) zu einer Folsäuretherapie von 5 mg/d bei hämodialysierten Patienten ergab keine effektivere Senkung der HC-Spiegel [52].

Trotz einer Vitaminsubstitution und verbesserter Dialysierbarkeit von HC sind die HC-Werte bei den meisten Dialysepatienten konstant über den kritischen Wert von 12-15 µmol/l erhöht [158]. Eine Besserung endothelialer Funktionsparameter bei Patienten, die hämodialysiert wurden, konnte selbst bei homocysteinsenkender Langzeittherapie (5 mg Folsäure/d für 1 Jahr) nicht festgestellt werden [52]. Dies erklärte man mit der fehlenden Senkung der HC-Werte unter 15 µmol/l.

Ein neuer Therapieansatz mit einer hochdosierten i.v. Gabe von 50 mg Folsäure 1-mal/ Woche sowie der i.v. Gabe von 250 mg Pyridoxin 3-mal/ Woche führte nach 11 Monaten zu einer Normalisierung der HC-Werte von hämodialysierten Patienten (12,3±5,4 vs. 37,3±5,8 µmol/l vor Therapie) [161]

Inwieweit eine Vitamintherapie das kardiovaskuläre Risiko, insbesondere der nieren-insuffizienten und dialysierten Patienten, zu senken vermag, ist derzeit noch unklar.

Eine weitere Bedeutung zur Optimierung der Vitamintherapie könnte die Bestimmung der Metabolite des HC-Stoffwechsels zur Differenzierung der betroffenen Stoffwechselwege haben.

1.6 Homocysteinbestimmung bei anderen Erkrankungen

Der Bestimmung des HC und seiner Metabolite kommt bei vielen Krankheitsbildern und im Rahmen ernährungswissenschaftlicher Untersuchungen eine Bedeutung zu (siehe auch unter 1.2). So wurde bei älteren Menschen [77, 76, 89, 113, 138] und chronischen Alkoholikern [33] eine Vitaminunterversorgung in einem höheren Prozentsatz nachgewiesen, als die Serumspiegelbestimmung der Vitamine ergeben hatte. Auf die Relevanz geänderter Referenzbereiche der Metabolitenkonzentrationen in Bezug auf den nutritiven Vitaminstatus wurde bereits einleitend hingewiesen. Eine HC-Spiegelbestimmung verbunden mit der Bestimmung von Vitaminblutspiegeln bei 1160 Teilnehmern (67-96 J.) der Framingham Elderly Population konnte einen signifikanten Anstieg der HC-Konzentrationen im höheren Alter (p<0,001) nachweisen. Die Prävalenz einer Hyperhomocysteinämie (>14 µmol/l) betrug 29,3% in der Gesamtpopulation, für Probanden > 80 Jahre 40% [138].

Bei Alkoholikern waren die HC-Werte zweimal so hoch wie in der Normalpopulation, wobei Biertrinker eine signifikant niedrigere HC-Konzentration als Konsumenten von Wein und Spirituosen (p<0,001) aufwiesen [33].

Erhöhte Werte von HC und MMA wurden bei Patienten nach Magenoperation festgestellt [155]. Allerdings hatten nur 12 der 19 Patienten mit einem Vitamin B12-Mangel erhöhte HC-Spiegel.

Bei der Thrombangiitis obliterans scheinen erhöhte HC-Serumspiegel als nikotin-unabhängiger Risikofaktor eine Rolle zu spielen [148].

Bei 43 weiblichen Patienten mit Anorexia nervosa und einem BMI-Median von 17 (12-19) wurden signifikant erhöhte HC-Werte (Mann-Whitney, p<0,0001-0,001) gegenüber einer altersentsprechenden Normalpopulation festgestellt [109]. Die Folsäure- und Cobalamin-spiegel zeigten keine signifikanten Unterschiede. Die Patientinnen wiesen signifikant erhöhte Kreatininwerte (p<0,0001) auf, die allerdings im Referenzbereich lagen. 8 von 11 Patientinnen zeigten eine HC-Senkung nach einer Normalisierung des Ernährungsstatus ohne Vitamingaben.

Beim Diabetes mellitus Typ 2 (NIDDM) konnte eine Odds Ratio (95% CI) von 1,33 (1,08-1,63) für die Entwicklung einer Mikroalbuminurie je Erhöhung der HC-Serumspiegel um 5 µmol/l ermittelt werden [68]. Die Plasma HC-Konzentration wurde als signifikanter Prädiktor der Mortalität bei Patienten mit NIDDM, mit oder ohne Albuminurie, angesehen [150]. Interessant ist die Tatsache, dass bei Typ 1- und Typ 2-Diabetikern mit normaler Nierenfunktion die HC-Plasmaspiegel unter der altersentsprechenden Norm lagen und eine starke Abhängigkeit von der GFR bestand [180]. Die mittleren HC-Werte (95% CI) betrugen 11,3 (10,3-12,4) µmol/l bei einer GFR<100 ml/min/1,73 m2 sowie 9,26 (8,61-9,91) µmol/l bei einer GFR>100 ml/min/1,73 m2. Patienten mit einer Mikroalbuminurie wiesen eher höhere HC-Spiegel auf, ein Effekt der Mikroalbuminurie auf die Beziehung von HC-Spiegeln und GFR wurde jedoch nicht festgestellt. Die Autoren bewerteten die niedrigeren HC-Spiegel als Folge der Hyperfiltration bei Diabetikern und schätzten die GFR als einen unabhängigen Vorhersagewert für die HC-Plasmaspiegel bei Diabetikern ein.

1.7 Bestimmungsmethoden

Für die Bestimmung des Gesamt-HC im Plasma und/ oder Serum wurden mehrere Methoden etabliert [5, 37, 42, 96, 125, 139, 169, 171]:

- Aminosäureanalyse (Ionenaustauschchromatographie) mit Messung der Ninhydrin-
Reaktion
- Enzymimmunoassay (EIA)/ Radioenzymimmunoassay (RIA)
- Fluoreszenz-Polarisations-Immunoassay (FPIA)
- Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS)
- High Performance Liquid Chromatography (HPLC) mit Fluoreszenzdetektion (-FD) oder elektrochemischer Detektion (-ECD) - High Performance Capillary Electrophoresis (HPCE) - Liquid Chromatography Elektrospray Tandem Mass Spectrometry (LC/MS-MS)

Alle Methoden zur Bestimmung des Gesamt-HC bedienen sich einer vorherigen Reduktion, um die oxidierten Formen des HC in die freie, reduzierte Form zu überführen. Dabei wird HC durch Zugabe eines Reduktionsmittels (z.B. Dithiothreitol) vor der eigentlichen Bestimmung aus seiner Plasmaproteinbindung oder aus Disulfiden befreit [2, 143, 169]. Nur so ist eine Bestimmung des Gesamt-HC möglich. Die weiteren Schritte der Probenvorbereitung und Messung sind methodenabhängig. Die GC-MS-Methode von Stabler et al. [144] sowie der Enzymimmunoassay [42] sind die einzigen Methoden, bei denen HC im Serum bestimmt werden kann. Die anderen Methoden messen HC im Plasma. Die GC-MS-Messung wurde modifiziert, um auch Metabolite des HC zu bestimmen [2, 143]. Die GC-MS-Methode erweist sich aufgrund der Verwendung von deuterierten internen Standards als präzise Methode. Ihre Nachteile liegen in der kostenintensiven technischen Ausstattung sowie der geringen Benutzerfreundlichkeit. Mittels GC-MS können nach Zugabe der internen Standards sowohl HC als auch Cys, MMA, MC sowie Methionin, Cystein, Homocysteinsäure, N-Methylglycine, N,N-Dimethylglycine und Betain bestimmt werden [169]. Allerdings scheinen nur die ersten vier Parameter zur Erfassung der Störungen von Bedeutung zu sein. Eine zunehmende Bedeutung könnte aus der Bestimmung des Methioninspiegels erwachsen, da er Aussagen über die Remethylierung ermöglicht. Auch die Bestimmung des Cysteins scheint im Hinblick auf den Redox-Thiol-Status, mit den daraus resultierenden Gleichgewichten zwischen HC und Cystein, von Bedeutung zu sein [168].

Bei der Bestimmung des HC und seiner Metabolite stellt die Präanalytik ein besonderes Problem dar, da die Konzentration von HC nach Blutentnahme rasch ansteigt. So müssen Serum-/Plasmaproben sofort nach Abnahme gekühlt und binnen einer halben Stunde gekühlt abzentrifugiert werden, um einen artefaktbedingten HC-Anstieg durch HC- und Methionin-Austritt aus Erythrozyten und weiterer Umwandlung von Methionin zu HC zu vermeiden [165]. Eine Verminderung so bedingter Fehlanalysen ist durch sofortige Hämolyse von Kapillarblut mit Hemmung der S-Adenosyl-Homocystein-Hydrolase und nachfolgender HPLC-Analytik erst seit kurzem möglich [122]. Heparin-Plasma, welches für die HC-Bestimmung mittels HPLC bevorzugt wird, kann mit Natriumfluorid in einer Konzentration von 4 g/l versetzt werden, um in den ersten zwei Stunden einen signifikanten Anstieg der HC-Konzentration zu vermeiden [105].

Nach Allen et al. führt eine Stabilisierung des Plasmas durch Natriumfluorid zu nicht befriedigenden Ergebnissen [145]. Daher erfolgt die Messung im Serum, das entsprechend o.g. Kriterien gewonnen und bei -20°C gelagert wird. Diese Methode hat sich vor allem für die HC-Bestimmung mittels GC-MS bewährt. Um nahrungsbedingt verfälschte HC-Konzentrationen zu vermeiden, ist eine Nüchternblutabnahme notwendig [55, 165].

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832446055
ISBN (Paperback)
9783838646053
DOI
10.3239/9783832446055
Dateigröße
955 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena – Medizin
Erscheinungsdatum
2001 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
vitamine klinische stoffwechsel chemie
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Titel: Etablierung und Evaluierung der quantitativen Bestimmung von Homocystein und den Metaboliten Cystathionin, Methylmalonsäure und 2-Methylzitronensäure im Serum mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie
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