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Regionale Entwicklungseffekte durch die Nutzung von Solarenergie

Beispiel Rügen

©2001 Diplomarbeit 219 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Mit der CO2-Minderungs-Selbstverpflichtung nach der Rio-Folgekonferenz in Kyoto, steigenden Ölpreisen und dem Atomausstieg im Hintergrund, rückt die Nutzung erneuerbarer Energien immer mehr ins Blickfeld. Der Einwand, sie seien zu teuer, soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Anhand der Insel Rügen werden regionalwirtschaftliche Folgen von Solarenergie-Nutzung beleuchtet. Schwerpunkt sind Kapitalflüsse im Solarinstallations- sowie Image- und Wirtschaftseffekte im Tourismusbereich. – Gegenwärtig werden auf Rügen jährlich 2.300 DM/Einwohner für Energie aufgewendet und fließen überwiegend ab. Es wird gezeigt, daß die aktive Sonnenenergienutzung durch Kollektoren (Wärme) und Photovoltaikanlagen (Strom) unter heutigen Randbedingungen in Deutschland positive Effekte auf die Regionalentwicklung hat. Dabei sind die zugrunde gelegten Annahmen ausgesprochen vorsichtig und nahezu pessimistisch. Regionale Arbeitsplätze entstehen vor allem im Solarwärmebereich, weil für die Photovoltaik nur sehr niedrige Ausbauziele zugrundegelegt sind.
Die regionale Kapitalbilanz aus abfließenden Investitionsbeträgen und zufließenden Fördermitteln/vermiedenen Energiekosten ist für den Kollektoren-Zubau ausgeglichen, für die Photovoltaiknutzung dagegen klar positiv. Dort verbleibt rund noch einmal soviel wie der investierte Betrag als Kaufkraftsteigerung in der Region. Von besonderem regionalwirtschaftlichem Interesse sind dabei die Stromeinspeisevergütungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Wirtschaftsschwache Regionen können davon überproportional profitieren. Das EEG ist, obgleich thematisch ausgelegt, räumlich wirksam als eine Förderung strukturschwacher/peripherer Räume. Hinzu kommen nicht-monetäre Vorteile für beispielsweise das regionale Marketing. Entwicklungsmöglichkeiten unter anderem im Tourismus können von fünf anderen zum Vergleich betrachteten Nord- und Ostsee-Inseln abgeleitet werden. - Orientierung für eine verstärkte Nutzung von Solar- und anderen erneuerbaren Energien auf Rügen bieten die politischen Ziele auf nationaler und EU-Ebene. Die bereits in Umsetzung befindlichen Beispiele der Vergleichs-Inseln dienen als Meßlatte für den Rüganer Entwicklungsstand. Es zeigt sich, daß Rügen bei der Sonnenenergie-Nutzung an letzter Stelle dieser Inseln steht.
Anhand des Komplexes Prora, der vor der Sanierung steht, wird beispielhaft die praktische Anwendung solarer Techniken beschrieben. - Handlungsempfehlungen, wie die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4496
Schmidt, Stephan: Regionale Entwicklungseffekte durch die Nutzung von Solarenergie: Beispiel
Rügen / Stephan Schmidt - Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Greifswald, Universität, Diplom, 2001
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,,Regionale Entwicklungseffekte durch die Nutzung von Solarenergie,
Beispiel Rügen."
Inhalt:
Seite:
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
6
Kurzfassung / Summary
10
Einführung
12
Zielsetzung und Vorgehensweise
14
1. Ausgangslage
1.1. Allgemeine Probleme der Energieversorgung
19
1.2. Untersuchungsgebiet Insel Rügen
24
1.2.1. Lage des Untersuchungsgebietes
24
1.2.2. Die Energiesituation auf Rügen
26
1.2.3. Wirtschaftliche Situation auf Rügen
34
1.3. Allgemeine klima- und energiepolitische Ziele
39
1.4. Gegenwärtige Solarenergienutzung und weitere Rahmenbedingungen
43
2. Regionale Entwicklungseffekte durch Solarenergie-Nutzung
2.1. Datenlage und Vorgehensweise zu Kapitalflüssen und Arbeitsplatz-
effekten
57
2.2. Solarthermie
59
2.2.1. Solarthermie-Ausbauziele
59
2.2.2. Investitionsbedingter Kapitalfluß ­ Anlageninvestitionen
64
2.2.3. Investitionsbedingter Kapitalfluß ­ Förderung
70
2.2.4. Vermiedene Energiekosten
72
2.2.5. Regionale Solarthermie-Arbeitsplätze / Umweltbilanz
75
2.2.6. Zusammenfassung Solarthermie, regionalwirtschaftliche Betrachtung
78
2.3. Photovoltaik
81
2.3.1. Photovoltaik-Ausbauziele
81
2.3.2. Investitionsbedingter Kapitalfluß ­ Anlageninvestitionen
85
2.3.3. Investitionsbedingter Kapitalfluß ­ Förderung
89
2.3.4. Kapitalflüsse durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
94
2.3.5. Vermiedene Energiekosten
99
2.3.6. Regionale Photovoltaik-Arbeitsplätze / Umweltbilanz
101
2.3.7. Zusammenfassung Photovoltaik, regionalwirtschaftliche Betrachtung
104
4

2.4. Image- und Tourismuseffekte
2.4.1. Datenlage und Vorgehensweise
109
2.4.2. Erneuerbare Energien und Tourismus auf Rügen
110
2.4.3. Beispiele von Energiekonzepten und Erfahrungen anderer Inseln
116
2.4.4. Zusammenfassung Image und Tourismuseffekte
126
2.5. Zusammenfassung des Kapitels
129
3. Umsetzungsbeispiel Prora / Ost-Rügen
3.1. Datenlage und Vorgehensweise
134
3.2. Bestandsanalyse
3.2.1. Gebäudebeschreibung und Nutzung des Komplexes Prora
135
3.2.2. Energetischer Zustand: Versorgung und Verbräuche
141
3.2.3. Ziele energetischer Sanierung des Komplexes Prora
142
3.3. Einsatzmöglichkeiten der Solarenergie
3.3.1. Passive Solarenergienutzung
145
3.3.2. Aktive Solarenergienutzung
148
3.3.3. Energetische Gesamtabschätzung und Kostenschätzung;
derzeitiger Planungsstand
154
3.4. Touristische und Marketingaspekte
160
3.5. Zusammenfassung des Kapitels
163
4. Handlungsempfehlungen
164
Literatur
,
Internet
, weitere Quellen
186
Anhang:
201
Liste der Gesprächspartner
201
Dachflächen- und Solarertragsübersicht für die Blöcke 1+2 des Komplexes Prora
Abkürzungen
203
Umrechnungstabellen für Maße und Einheiten
204
Glossar
205
Ortsindex
Sachindex
210
211
Dank / Eidesstattliche Erklärung
213
5

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis:
Seite:
Abb.1: Schematischer Aufbau der vorliegenden Arbeit. ... 18
Abb.2: Input-Output-Verhältnis der Stromerzeugung in Deutschland
(schematisch). ...
21
Abb.3: Die sechs vorpommerschen Kreise in Mecklenburg-Vorpommern. ... 24
Abb.4: Insel Rügen. Gliederung in Gemeinden. ... 25
Abb.5: Jahresendenergieverbrauch in der Wärmeversorgung Rügens nach
Energieträgern. Prognose des Energiekonzeptes für 2005. ...
27
Abb.6: Erschließung der Insel Rügen mit Erdgas. ... 28
Abb.7: Gemessene Leistung in MW an den 110kV/20kV-Umspannwerken der
e.dis, jeweils mittwochs. ...
30
Abb.8: Stromverbrauch je Einwohner in den Bundesländern 1997. ... 35
Abb.9: Kaufkraft 1999 in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland. 35
Abb.10: Arbeitslosenquoten im Landkreis Rügen und MV im Jahresdurchschnitt. 36
Abb.11: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf Rügen nach
Wirtschaftsabteilungen. ...
37
Abb.12: Zielwerte für den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa bis 2010
(Entwurf der Richtlinie Stromerzeugung). ...
40
Abb.13: Energieeinsatz für Raumwärme ­ Vergleich von Wärmeschutzstandards. 41
Abb.14
: Weltweite Verteilung der Globalstrahlung. ... 44
Abb.15
: Globalstrahlung in Europa. ... 44
Abb.16
: Globalstrahlung 1981-1998 (Deutschlandkarte). Mittlere Jahressummen
in kWh/m². ...
45
Abb.17
: Mittlere Sonnenscheindauer pro Jahr an ausgewählten Stationen des
DWD. ...
46
Abb.17a: Ausgewählte Stationen des Deutschen Wetterdienstes. ... 47
Abb.18: Mittlere Sonnenscheindauer pro Jahr in MV an Stationen des DWD und
Meßpunkten des WindConsult GmbH. ...
48
Abb.19: Kumulierte installierte Pro-Kopf-PV-Leistung bis Ende 1998
ausgewählter IEA-Mitgliedsländer. ...
50
Abb.20: Kumulierte installierte Fläche verglaster Sonnenkollektoren in den EU-
Staaten Ende 1994 und Ende 1999. ...
51
Abb.21
: Installierte Photovoltaikleistung pro Einwohner Ende 1998 nach
Bundesländern. ...
54
6

Abb.22
: Netzgekoppelte PV-Anlagen in Deutschland: Zusagen nach dem
100.000-Dächer-Programm in W
p
/ Einwohner. ...
54
Abb.23
: Haushalt Erneuerbare Energien in Mecklenburg-Vorpommern und
ausgezahlte Fördermittel Solarenergie. ...
55
Abb.24: Jährlicher Zubau an Kollektorflächen in Mecklenburg-Vorpommern zum
Erreichen des Ziels der Solarkampagne ,,Solar ­ na klar!" ...
60
Abb.25
: Ist- und Zielwerte zum Kollektorausbau. ... 62
Abb.26: Getroffene Annahmen zum Ausbau solarthermischer Anlagen. ... 66
Abb.27
: Schematische Darstellung von Kapitalflüssen durch solarthermische
Installationen aus regionaler Perspektive. ...
78
Abb.28
: Photovoltaik- Ziel-und -Ist-Werte im Vergleich (Staaten). ... 82
Abb.29
: Schematische Darstellung von Kapitalflüssen durch photovoltaische
Installationen aus regionaler Perspektive. ...
104
Abb.30 und 31: Arkona-Bahn. ... 111
Abb.32 und 33: Solarmobil-Verleih am Rügenhof in Putgarten (Kap Arkona). ... 113
Abb.34: Übersicht über die behandelten Nord- und Ostsee-Inseln. ... 117
Abb.35-37: Photovoltaik-/Wind-Hybridkraftwerk Pellworm. ... 122
Abb.38
: Ist- und Zielwerte zum Photovoltaik-Ausbau im Vergleich (Inseln). ... 128
Abb.39
: Ist- und Zielwerte zum Kollektor-Ausbau im Vergleich (Inseln). ... 128
Abb.40: Ausschnitt aus der TK 50 ,,Ostseebad Binz". ... 136
Abb.41
: Übersicht über die Liegenschaft Prora (Gemarkung Prora, Gemeinde
Binz, Flur 6+7). ...
137
Abb.42+43: Ruinen der nördlichen Blöcke des Komplexes Prora (Landseite). ... 139
Abb.44+45: Blick über den ,,Festplatz" auf Block 4 nach NO zum Hafen Mukran
bzw. nach N. ...
140
Abb.46: Landseitige Sicht auf die Treppenhaustrakte. ... 140
Abb.47: Verschattungssituation auf der Landseite der Proraer Blöcke. Block 3 am
21.12.1999, ca.13 Uhr (vgl. auch Abb.42/43). ...
146
Abb.48: Skizze der Dachsituation an Treppenhaus- und Bettentrakten. ... 150
Abb.49: Schematische Aufsicht auf die Gebäudelage in Prora, südliche Blöcke. 150
Abb.50: Dachsituation der Proraer Blöcke. Blick nach Osten über das Dach der
südlichen Festplatz-Randbebauung. ...
151
Abb.51: Blick von der südlichen Festplatz-Randbebauung über Block 3 hinweg
nach Südosten zur Prorer Wiek und Granitz. ...
151
Abb.52: Dachsituation und Verschattung an einem der Treppenhaustrakte. ... 151
Abb.52a + 52b
Solares Prora: Ist- und Zielwerte der PV/Kollektornutzung
7

Seite:
Tab.1: Maximalwerte der Windgeschwindigkeit an 7 Meßstandorten in MV. ... 49
Tab.2:
Kollektorfläche in m²/ 1000 Einwohner 1999 nach Bundesländern. ... 53
Tab.3
:
Anteil Rügens an den Solarthermie-Fördermitteln des Landes. ... 55
Tab.4:
Zubau an Kollektorfläche (m²/a) auf der Insel Rügen und in Vorpommern
1999 ­ 2003 entsprechend der Solarkampagne (Ausbauziel 83 m²/1000
Einwohner). ...
63
Tab.5:
Anzahl der Einfamilienhäuser, die auf Rügen bzw. in Vorpommern mit
Kollektoren zur Warmwasserbereitung auszurüsten sind entsprechend
der Solarkampagne. ...
67
Tab.5a:
Investitionssummen in solare Warmwasseranlagen auf Rügen und in
Vorpommern beim Kollektor-Zubau entsprechend der Solarkampagne. ...
67
Tab.6:
2001 - 2003 kumulativ umgesetztes Kapital bei schrittweisem Zubau von
Flachkollektoren zur Warmwasserbereitung auf Rügen und in
Vorpommern entsprechend der Solarkampagne (in Mio.DM; ohne
Wartung; ohne Inflation). ...
68
Tab.7:
Maximale Summe der möglichen Bundes- und Landesfördermittel für
Sonnenkollektoren auf Rügen und in Vorpommern, kumuliert 2001-2003,
bei Zubau entsprechend der Solarkampagne, in Mio.DM. ...
71
Tab.8:
Zubau der Photovoltaikanlagen-Leistung (MW
p
/a) in Deutschland von
1998 ­ 2010 (bei rund 80 Mio. Einwohnern; Ausbauziel 15 W
p
/Einwohner
83
Tab.9:
Zubau der Photovoltaikanlagen-Leistung (kW
p
/a) auf der Insel Rügen und
in Vorpommern 2001 ­ 2010, analog zum Szenario von Fraunhofer ISE/
DLR/ Greenpeace (1997)(Ausbauziel 15 W
p
/Einwohner). ...
84
Tab.10:
2001 - 2003 kumulativ umgesetztes Kapital bei schrittweisem Zubau von
Photovoltaikanlagen auf Rügen und in Vorpommern bei 13.500 DM/ kW
p
(Ziel 15W
p
/Ew in 2010). ...
86
Tab.11:
Beim Installationsbetrieb verbleibende Anteile von PV-Anlagenpreisen in
der Literatur. ...
86
Tab.12:
2001 - 2003 kumulativ umgesetztes Kapital bei schrittweisem Zubau von
Photovoltaikanlagen auf Rügen und in Vorpommern auf 15 kW
p
/Ew. ...
87
Tab.13:
Mittel aus einer möglichen Landesförderung (40% Zuschuß), die bei
gegebenen PV-Ausbauzielen nach Rügen fließen. ...
90
Tab.14:
Nominale Zinsbeträge in DM, die durch die 100.000-Dächer-Kredite bei
gegebenen PV-Ausbauzielen von Rügen abfließen. ...
92
Tab.15:
Mehrwertsteuer-Erstattung für Rügen bei vorgegebenen PV-
Ausbauwerten. ...
93
8

Tab.16:
Summe der während 20 Jahren gezahlten Vergütungen in DM nach
Installationsjahr der PV-Anlagen (in Klammern: installierte Leistung in
kW
p
/a) bei einer Stromerzeugung von 850 kWh / kW
p
*a. ...
95
Tab.17:
Nominale Summe (in DM) der für Rüganer PV-Stromvergütungen
während 20 Jahren auf Rügen selbst zu zahlenden Strompreisumlage
nach Installationsjahr der PV-Anlagen. ...
95
Tab.18:
Eingesparte Energiekosten durch die pro Jahr auf Rügen installierten PV-
Anlagen über 30 Jahre Lebensdauer. ...
100
Tab.19
:
Gegenüberstellung der Ist- und Zielwerte zur Sonnenenergienutzung auf
ausgewählten Nord- und Ostseeinseln (vgl.Abb.38/39). ...
119
Tab.20 Erzielbare solare Erträge auf 1 m² Dachfläche in Prora nach deren
Orientierung (in kWh/m²a):
149
Tab.21
Dachflächen- und Solarertragsübersicht für die Blöcke 1 und 2 des
Komplexes Prora (im Anhang) ...
202
Tab.22
:
Handlungsempfehlungen Solarenergie: regionale Vorteile regional nutzen 166
Tab.22a
:
Handlungsempfehlungen: Maßnahmen-Beispiele. ... 167
9

Kurzfassung / Summary
Kurzfassung
Mit der CO
2
-Minderungs-Selbstverpflichtung nach der Rio-Folgekonferenz in Kyoto,
steigenden Ölpreisen und dem Atomausstieg im Hintergrund, rückt die Nutzung
erneuerbarer Energien immer mehr ins Blickfeld. Der Einwand, sie seien zu teuer, soll
in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Anhand der Insel Rügen werden
regionalwirtschaftliche Folgen von Solarenergie-Nutzung beleuchtet. Schwerpunkt sind
Kapitalflüsse im Solarinstallations- sowie Image- und Wirtschaftseffekte im
Tourismusbereich. ­ Gegenwärtig werden auf Rügen jährlich 2.300 DM/Einwohner für
Energie aufgewendet und fließen überwiegend ab.
Es wird gezeigt, daß die aktive Sonnenenergienutzung durch Kollektoren (Wärme) und
Photovoltaikanlagen (Strom) unter heutigen Randbedingungen in Deutschland positive
Effekte auf die Regionalentwicklung hat. Dabei sind die zugrunde gelegten Annahmen
ausgesprochen vorsichtig und nahezu pessimistisch. Regionale Arbeitsplätze entstehen
vor allem im Solarwärmebereich, weil für die Photovoltaik nur sehr niedrige Ausbauziele
zugrundegelegt sind. Die regionale Kapitalbilanz aus abfließenden Investitionsbeträgen
und zufließenden Fördermitteln/vermiedenen Energiekosten ist für den Kollektoren-
Zubau ausgeglichen, für die Photovoltaiknutzung dagegen klar positiv. Dort verbleibt
rund noch einmal soviel wie der investierte Betrag als Kaufkraftsteigerung in der
Region. Von besonderem regionalwirtschaftlichem Interesse sind dabei die
Stromeinspeisevergütungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Wirtschaftsschwache Regionen können davon überproportional profitieren. Das EEG
ist, obgleich thematisch ausgelegt, räumlich wirksam als eine Förderung
strukturschwacher/peripherer Räume.
Hinzu kommen nicht-monetäre Vorteile für beispielsweise das regionale Marketing.
Entwicklungsmöglichkeiten unter anderem im Tourismus können von fünf anderen zum
Vergleich betrachteten Nord- und Ostsee-Inseln abgeleitet werden. - Orientierung für
eine verstärkte Nutzung von Solar- und anderen erneuerbaren Energien auf Rügen
bieten die politischen Ziele auf nationaler und EU-Ebene. Die bereits in Umsetzung
befindlichen Beispiele der Vergleichs-Inseln dienen als Meßlatte für den Rüganer
Entwicklungsstand. Es zeigt sich, daß Rügen bei der Sonnenenergie-Nutzung an letzter
Stelle dieser Inseln steht.
Anhand des Komplexes Prora, der vor der Sanierung steht, wird beispielhaft die
praktische Anwendung solarer Techniken beschrieben. - Handlungsempfehlungen, wie
die regionalen Akteure die Nutzung der Sonnenenergie (kostengünstig) voranbringen
können, runden das Bild ab.
10

Kurzfassung / Summary
Summary
Given the national reduction goals of C0
2
emissions fixed at the Kyoto conference,
following the Rio Earth Summit, given the rising oil prices and the German fade-out in
nuclear energy use, renewable energy sources gain more and more attention. The
objection that renewables were too expensive, is to be examined in this paper. With the
example of the Isle of Rügen / North-Eastern Germany, consequences of the use of solar
energy for a regional economy are looked at. Studying the consequences the use of solar
energy may have on the Isle of Rügen/ North-Eastern Germany, the measurable as well
as non-measurable implications for a regional economy are examined. In particular, cash
flow issues linked to the installation of solar systems as well as image and economic
effects in the tourism sector are focussed. ­ Presently, some 2.300 DM per capita are
spent for (non-renewable) energy on Rügen per year, most of which leaves the island.
It is shown that under today's circumstances in Germany the active use of solar energy
by means of collectors (heat) and photovoltaics (electricity) has positive effects on the
regional development. This outcome proves to be all the more encouraging as the basic
assumptions, though, are very cautious and almost pessimistic. Regional jobs are
created mainly by the use of thermal collectors because the photovoltaics estimation is
based on only very modest goals. The regional balance of capital, consisting in the flow
out of investments and inflowing subsidies, is equal for solarthermal applications, but
clearly positive for photovoltaic installations. The surplus purchasing power is about as
much again as the invested sum. Here the tariffs for electricity fed into the grid from
renewable sources are of special interest. They are fixed in the German "Renewable
Energies Act". Economically weak regions can profit relatively more from the subsidies
than others. In spite of the thematic orientation of the Act, its structural trait to favour
economically weak / peripheral areas gives it a spatial dimension.
Non-measurable advantages, for example to regional marketing, add to it. Development
prospects and strategies, among others in the tourism sector, can be deduced from five
other islands of the North and Baltic Sea presented for comparison. - The official goals on
national and EU levels serve as an orientation for the reinforced use of solar energy (and
other renewables) on the Isle of Rügen. The concepts pursued on the five islands and the
experiences made and being made there on the way to practice show the state of
development on Rügen. It turns out that Rügen makes the least use of solar energy
among the islands.
Some technical and architectural aspects of solar technologies are demonstrated on the
example of a huge building complex in Prora, in the East of Rügen. That real estate is
presently facing reconstruction. ­ Finally, recommendations are given of how the regional
protagonists can support and (financially reasonably) push forward the use of solar
energy.
11

Einführung
Einführung
Das Thema Energie wird in der Geographie auffallend wenig behandelt. Offenbar wird
Energie zunehmend als überall gleichmäßig (ubiquitär) vorhanden aufgefaßt. Die Ver-
sorgungslage der westlichen Industrieländer legt das nahe. Niedrige Energie- und damit
Transportkosten verwischen zunehmend die v.Thünensche Raumwirksamkeit des
Energieverbrauchs. Lediglich die Energieträgergewinnung und ­umwandlung wird
punktuell als Raumbeanspruchung wahrgenommen. Tatsache ist aber, daß sich
allenfalls der Maßstab von der örtlichen und regionalen hin zur globalen Raumwirksam-
keit verschoben hat. Das gilt für den billigen Transport von Gütern, für den weltweiten
Transport der Energieträger selbst und schließlich für die Folgen des Energiekonsums.
Es gibt kaum etwas Grundlegenderes in unserer heutigen Zivilisation als die Energie-
versorgung, erst recht insoweit auch die übrigen physischen Lebensgrundlagen (Luft,
Wasser, Boden ...) durch die fossilen und nuklearen Energien geschädigt werden. Die
drängenden globalen Probleme fordern gleichermaßen die physische wie die Wirt-
schafts- und Sozialgeographie. Die komplexen Zusammenhänge bedingen geradezu
eine interdisziplinäre Herangehensweise, wie sie die Geographie leisten kann.
Energie spielt eine Schlüsselrolle in der Welt, mehr noch in der Welt der Zukunft. Die
Bauwelt wiederum hat eine Schlüsselrolle in der Energieversorgung (Erzeugung und
Verbrauch). Das gilt einschließlich des Verkehrs, aufgrund räumlicher Funktions-
trennung. In einer umweltfreundlichen Energiewirtschaft wird die Energieumwandlung
zunehmend dezentral, also verbrauchsnah stattfinden. Die Regional-, Bauleit- und
Gebäudeplanung muß dem Rechnung tragen. - Erneuerbare Energien verkürzen die
langen Prozeßketten der heutigen Energieversorgung, weil viele Zwischenschritte
entfallen (vgl. Helfer 1997, Scheer 1999). Das ist ein Ziel, aber gleichzeitig Hindernis
der erneuerbaren Quellen. Denn es sind aufs massivste wirtschaftliche Interessen
betroffen. Die 4000 DM pro Jahr, die derzeit noch jeder Einwohner Deutschlands für
Energie ausgibt (direkt und als Kostenanteile in Produkten; Scheer 1999), fließen dann
anderen Wirtschaftssubjekten zu. Das sind enorme Kapitalmengen, die zunehmend in
regionalen Kreisläufen verbleiben und den regionalen Wohlstand mehren.
Im folgenden werden zunächst einige Begriffserklärungen gegeben, um das
Verständnis der weiteren Arbeit zu erleichtern:
Der Begriff der Region bezieht sich im Rahmen dieser Arbeit auf eine
kulturgeschichtliche und räumliche Einheit unterhalb der eines Bundeslandes, genauer:
eines Flächenlandes. Im mecklenburg-vorpommerschen Kontext werden Einheiten von
der Größenordnung eines bis mehrerer Landkreise als Region betrachtet. Es handelt
sich um ein nicht immer exakt abgrenzbares Gebiet, das sich durch gegenwärtige oder
historische interne Beziehungen als Einheit ausweist. Die als Beispiel vorgestellte Insel
12

Einführung
Rügen wird in diesem Sinne eine Region verstanden, unterstrichen noch durch die
Insellage. Andererseits werden unter dem gleichen Begriff bewußt auch Bezüge zu
ganz Vorpommern hergestellt.
Mit ,,Entwicklungseffekten" sind einerseits wirtschaftlich oder finanziell meßbare
Wirkungen gemeint. Das betrifft Kapitalflüsse, Kaufkraft, Arbeitsplätze, aber eben auch
Nichtmeßbares: das Image einer Region (was als solches wirtschaftlich meßbare
Folgen haben kann), das Qualifikationsniveau von Arbeitsplätzen, den Ausbildungsgrad
der Bevölkerung, die Festigung einer regionalen Identität.
Solarenergie wird im engeren Sinne definiert. Zwar sind außer Geothermie und
Gezeitenenergie letztlich alle erneuerbaren Energieträger solaren Ursprungs, nämlich
Biomasse, Wind-, entsprechend auch Wellenkraft, Meeresströmungen durch
Temperaturunterschiede, und durch Verdunstung und Niederschlag auch Wasserkraft.
Im Rahmen dieser Arbeit wird Sonnenenergie dagegen nur auf die ,,klassische" Form,
die Solarstrahlung, bezogen und entsprechend auf ihre passive Nutzung durch
geschickte Bauweise sowie aktive Nutzung für Wärme und Strom. Mit Blick auf die
anderen, indirekt solaren Quellen ist der Titel der Arbeit (... durch die Nutzung von
Solarenergie) aber bewußt offen gehalten.
Beim Energieverbrauch wird im Rahmen dieser Arbeit, soweit nicht anders
angegeben, auf statistisch erfaßte Energie Bezug genommen. Solare Energie trägt in
Form von Licht und Wärme laufend zur Deckung der Energieverbräuche in erheblichem
Umfang bei, ohne daß sie erfaßt wird.
Die Angabe eines ,,Potentials" bezieht sich im Zusammenhang mit Sonnenenergie
entweder auf eine Fläche oder auf die mittels Technik daraus abgeleitete
Energiemenge. Basis ist eine Fülle nahezu willkürlicher Annahmen, deren
Unsicherheiten sich multiplizieren. Für das ,,Technische Potential" wird gewählt, welche
Flächen (Dach, Fassade, Freifläche) unter jeweils welchen Bedingungen (Orientierung
etc.) mit heutiger Technik nutzbar seien. Ziel ist, das was in der Zukunft erreicht werden
kann (lat.potesse=können), möglichst exakt zu bestimmen. Gerade der Faktor Zeit
verändert aber sämtliche Rahmenbedingungen, z.B. die Technik. Forschung hat an
sich, daß man das Ergebnis nicht kennt. ,,Wirtschaftliche Potentiale" können sich über
Nacht per Gesetz oder Börsencrash ändern. Mit höchster Wahrscheinlichkeit wird jedes
,,Potential", ob solar oder nicht, von der Realität unbrauchbar gemacht. Deshalb wird
dieser unklare Begriff in der vorliegenden Arbeit vermieden.
13

Zielsetzung und Vorgehensweise
Zielsetzung und Vorgehensweise
Zunehmendes Umweltbewußtsein in der Öffentlichkeit hat das Interesse an
erneuerbaren Energieträgern in den letzten Jahren erheblich wachsen lassen.
Internationale Vereinbarungen beispielsweise zum Klimaschutz bringen das Thema
Energie auch auf die politische Tagesordnung. Über den kausalen Zusammenhang
zwischen weltweiten Umweltrisiken und dem fossil-nuklearen Energieverbrauch
herrscht mittlerweile weitestgehende Klarheit, und zumindest in Westeuropa auch
politische Einigkeit. Dennoch werden erst sehr langsame Schritte hin zu einer
ökologischen Energiewende unternommen. Es ist offensichtlich, daß die technischen
Möglichkeiten bei der Nutzung erneuerbarer Energien noch nicht ansatzweise
ausgeschöpft sind. Gewöhnlich werden wirtschaftliche Gründe dafür angeführt.
Die Höherwertigkeit der globalen Umweltbelange soll hier nicht diskutiert werden. Dazu
muß auf die einschlägige Literatur zu beispielsweise Ursachen, Ausmaß und Folgen
eines Klimawandels verwiesen werden. Die Diskussion soll da weitergeführt
werden, wo sie zur Zeit steht: bei wirtschaftlichen Bedenken. Die vorliegende
Arbeit konzentriert sich deshalb auf Entwicklungseffekte, die zusätzlich zur Entlastung
der Umwelt entstehen. Die Ausgangsfragen sind: Wo fließt das Geld hin, das für
erneuerbare Energien ausgegeben wird, und wo kommt durch ihre Nutzung Kapital
zurück (oder bleibt von vornherein vor Ort) ? Ggf. welche nicht-monetären Faktoren
werden beeinflußt?
Erneuerbare Energieträger zeichnen sich durch ihre Dezentralität aus. Daher wird
die regionale Perspektive gewählt. Eine Anzahl Untersuchungen zu Arbeitsplatz-,
Wirtschafts- und anderen Entwicklungseffekten liegt auf nationaler Ebene vor, sie
werden aber der Praxis nicht gerecht: Die Entscheidungen zur Nutzung Erneuerbarer
fallen, anders als bei zentralen Großtechnologien, nicht in Berlin oder Brüssel. Dort
können nur Rahmenbedingungen festgelegt werden. Die Umsetzung erfolgt auf
lokaler und regionaler Ebene. Das gilt ganz besonders für die Sonnenenergie, die
dezentralste der erneuerbaren Quellen. Globale Umweltfolgen scheinen von da aus
weit entfernt. Auch ein gesamtwirtschaftlicher Vorteil durch Erneuerbare ist für regionale
Entscheidungsträger kein automatischer Handlungsanreiz. In Zeiten knapper Mittel ist
die zwischen-regionale Solidarität begrenzt. Ziel dieser Arbeit ist daher die
Beantwortung der Frage: ,,Was hat eine Region von der Nutzung der
Sonnenenergie auf ihrem eigenen Gebiet?" Anders als in vielen Studien auf
nationaler Ebene stehen hier keine energiepolitischen Maßnahmenpakete am Anfang
(,,top-down"), sondern die Annahme, daß die Solarenergie genutzt wird. Die
unmittelbaren Folgen werden untersucht (,,bottom-up"). Die Antwort kann nur qualitativ
14

Zielsetzung und Vorgehensweise
gegeben werden, ob eher die Vor- oder eher die Nachteile überwiegen. Mit dieser
Orientierung liegt die Größenordnung weitgehend in der Hand der regionalen Akteure.
Als Untersuchungsgebiet des Hauptteils (Kap.2) wurde die Insel Rügen gewählt,
deren gegenwärtige wirtschaftliche Lage stark angespannt ist. Als ländlicher, peripher
gelegener Raum, noch dazu als Insel, kann sie mehr als andere Räume von
erneuerbaren Energien profitieren (vgl. Weißbuch Erneuerbare Energien, Zitat
s.Kasten). Die Insellage erleichtert die Abgrenzung.
Als spezielles Beispiel zur baulichen Umsetzung wurde der Komplex Prora in der
Gemeinde Binz ausgesucht, weil er wie sonst wenige Objekte durch seine Größe und
Imagewirkung Ausstrahlung auf die ganze Teil-Region Ost-Rügen hat.
In einer anzustrebenden 100%ig erneuerbar getragenen Energiewirtschaft kann (oder
braucht) keine der regenerativen Energiequellen alleine da(zu)stehen. Das Beispiel der
Sonnenenergie wurde gewählt wegen der kurzfristigen Umsetzbarkeit und
Anwendbarkeit dieser Technologie, gerade auch im Untersuchungsgebiet Insel Rügen.
Die Windkraftnutzung ist einerseits bundesweit durch die landesplanerischen
Festlegungen von Eignungsräumen begrenzt. Auf Rügen sind diese Flächen
großenteils erschöpft. Andererseits scheint die Akzeptanzgrenze in der Bevölkerung
Rügens erreicht. Ob ein weiterer Ausbau der Windenergie auf Rügen wünschenswert
ist, soll hier nicht diskutiert werden: er ist nicht ad hoc durchsetzbar. - Bei der
Biomassenutzung hängt die Umsetzung von relativ wenigen Akteuren ab und besteht
weniger aus planerisch als aus betriebswirtschaftlich getroffenen Entscheidungen.
Die Sonnenenergie ist hingegen in einer praktisch unüberschaubar großen Zahl von
Fällen kurzfristig nutzbar. Durch die starke Dezentralität ist sie organisatorisch auch
recht leicht umsetzbar. Obendrein scheint hier der größte Handlungsbedarf zu
bestehen, weil diese Technologien zur Zeit noch fast überhaupt nicht angewandt
werden - nicht nur, aber speziell auch auf Rügen.
Neben kurzfristiger Umsetzbarkeit spricht auch langfristige Planung für die besondere
Betonung der Solarenergie: Laufend werden Gebäude neu errichtet, bei denen eine
Lebensdauer von zumindest 100 Jahren zu erwarten ist. Zwar ist eine nachträgliche
Installation von Solaranlagen relativ leicht machbar ­ aber ein rechtzeitiges Einplanen
ist selbstverständlich billiger. Die Ausrichtung und gegenseitige Verschattung von
Gebäuden ist im Nachhinein überhaupt nicht mehr zu ändern. Hier ist akuter
Handlungsbedarf.
15

Zielsetzung und Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit wendet sich damit an alle Akteure, die an der Umsetzung von
lokalen und regionalen (Erneuerbare-)Energie-Konzepten beteiligt oder davon betroffen
sind. Das sind zuvorderst die politischen Entscheidungsträger auf Gemeinde- und
Kreisebene, einschließlich der ausführenden Verwaltungen. Soweit es sich um bauliche
Anlagen handelt (bzw. Gebäude, in denen ein Energiesystem installiert wird), kommt
natürlich Bauämtern bzw. der Stadtplanung eine große Rolle zu. Vereinzelt macht sich
hier auch die Landes- und Regionalplanung spürbar mit ihren Vorgaben zu einzelnen
Energieträgern. Betroffen sind aber letztlich praktisch alle Ressorts: Wirtschaft, Umwelt,
Finanzen, Kultur. Letzteres z.B., wo die touristische Attraktivität eines Ortes/ einer
Region betroffen ist. Gerade dies ist einer der Schwerpunkte der Arbeit.
Als regionale Akteure können des weiteren eine Vielzahl privater und halbstaatlicher
Einrichtungen sich angesprochen fühlen einschließlich engagierter Einzelpersonen.
Spätestens im Rahmen einer ,,Lokalen Agenda 21" können Entscheidungen von
praktisch jedem Interessierten mit in die Wege geleitet werden. Nächstliegende
Zielgruppe sind Gebäudeeigner und -Nutzer (Wohnungsgesellschaften, Kirchen,
Gastgewerbe u.v.a.), da Energieverbrauch außer Verkehr fast ausschließlich in
Gebäuden stattfindet; ausdrücklich aber auch solche ohne größeren eigenen
Gebäudebestand (Tourismusverbände, Wirtschaftsverbände...).
Der Aufbau der vorliegenden Arbeit ist in Abb.1 schematisch dargestellt. Das komplexe
Thema machte es erforderlich, für praktisch alle Abschnitte (Kap.1-3) sehr
umfangreiche Datenerhebungen durchzuführen. Das gilt schon für die einführenden
Beschreibungen der jeweiligen Ist-Zustände. Auch das abschließende Kap.4 wird
bereichert durch Beispiele aus Literatur und Medien. Insgesamt konnten so Daten
zusammengetragen werden, die anderen Autoren (z.B. Beck u.a.1999) in dieser Vielfalt
nicht vorlagen.
· Kapitel 1 stellt Rahmenbedingungen zur Energiesituation dar mit bezug zu
erneuerbaren und speziell zur Solarenergie. Der Überblick führt vom globalen
Maßstab bis zum Untersuchungsgebiet Insel Rügen. Der energetische Ist-
Zustand Rügens nimmt entsprechend der Themenstellung breiteren Raum ein.
· Kapitel 2 befaßt sich mit den Entwicklungseffekten durch Solarnutzung am
Beispiel der Insel Rügen. Es ist zweigeteilt: Zunächst werden die finanziell
meßbaren Effekte (Kapitalflüsse, Arbeitsplätze) jeweils für Solarthermie und
analog für Photovoltaik betrachtet. Effekte im Zusammenhang mit Tourismus
und Image der Region schließen sich an. Da gerade für Rügen der Tourismus
eine große Rolle spielt, dessen Entwicklung weniger exakt vorauszuberechnen
ist, werden hierfür mit einer Spezialistenbefragung subjektive Einschätzungen
16

Zielsetzung und Vorgehensweise
von Rüganer Akteuren in Schlüsselpositionen zusammengetragen. Andere
Inseln aus dem Nord- und Ostseeraum, deren Energiekonzepte zum Teil schon
weit umgesetzt sind, dienen als Vergleichsmaßstab für den Stand der
Entwicklung auf Rügen und die absehbaren Möglichkeiten.
· In Kapitel 3 werden die Überlegungen zur Regionalentwicklung an einem
konkreten baulichen Beispiel verortet. Im Sinne der Praxisnähe ist mit dem
Gebäudekomplex Prora in der Gemeinde Binz für diese Arbeit bewußt eine
Altbausanierung als Beispiel gewählt worden. Jeder Neubau verbraucht
zusätzliche Energie. Wirkliche Einsparungen können nur im Gebäudebestand
erreicht werden. Der Komplex Prora weist durch Größe und Image regionale
Bezüge im Sinne dieser Arbeit auf. - Dieses Kapitel ist sehr technisch orientiert.
Es werden verschiedene Möglichkeiten einer energetischen Sanierung und
einer aktiven Solarenergienutzung angerissen und durch Marketingaspekte
ergänzt. Die tatsächlich anstehende Sanierung sorgt für eine besondere
Aktualität.
· Handlungsempfehlungen für die regionale und lokale Ebene allgemein, und für
Rügen im besonderen, runden in Kapitel 4 das Thema ab. Die Erfahrungen der
Vergleichsinseln und Best-Practice-Beispiele aus der Literatur werden
eingearbeitet. Aktive Landespolitik und die Möglichkeiten der nationalen
Gesetzgebung werden bewußt ausgeklammert. Für eine sofortige Umsetzung
einer nachhaltigen Energieversorgung, die per se stark dezentral orientiert sein
muß, braucht und darf auch nicht auf langwierige Gesetzesänderungen gewartet
werden.
17

Zielsetzung und Vorgehensweise
Abb.1: Schematischer Aufbau der vorliegenden Arbeit:
Ziel: Beantwortung der Frage ,,Was hat eine Region von der Nutzung der Sonnenenergie auf ihrem Gebiet ?
Methode:
angewendet auf Untersuchungsgebiet
Rügen
Vergleichsinseln
Kapitalfluß/Arbeitsplätze
Gesetzestexte, Literatur
Berechnungen
Image/Tourismus
Erscheinungsbild/Literatur Spezialisteninterviews
Rügen (Vorpommern)
Auswertung
Datenerhebung Energiesituation
Umsetzung an einem Demonstrationsobjekt
Datenerhebung
Berechnungen Interviews
Handlungsempfehlungen
Ziel: Beantwortung der Frage ,,Was hat eine Region von der Nutzung der Sonnenenergie auf ihrem Gebiet ?
Methode:
angewendet auf Untersuchungsgebiet
Rügen
Vergleichsinseln
Kapitalfluß/Arbeitsplätze
Gesetzestexte, Literatur
Berechnungen
Image/Tourismus
Erscheinungsbild/Literatur Spezialisteninterviews
Image/Tourismus
Erscheinungsbild/Literatur Spezialisteninterviews
Rügen (Vorpommern)
Auswertung
Auswertung
Datenerhebung Energiesituation
Datenerhebung Energiesituation
Umsetzung an einem Demonstrationsobjekt
Datenerhebung
Berechnungen Interviews
Umsetzung an einem Demonstrationsobjekt
Datenerhebung
Berechnungen Interviews
Handlungsempfehlungen
Handlungsempfehlungen
,, ... Da der Einsatz der meisten Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energieträger dezentral
erfolgt, können diesbezügliche praktische Maßnahmen [...] nach dem Subsidiaritätsprinzip
erfolgen, um auf der Ebene der lokalen Behörden die Entscheidungsprozesse zu erleichtern und
das Verantwortungsbewußtsein für die Umwelt zu stärken. Dieses Umfeld bietet außerdem ein
hervorragendes Beispiel für äußerst wirkungsvolle Synergien zwischen energie-, struktur- und
regionalpolitischen Zielen. Dies zeigt sich am Beispiel des ländlichen Raumes, von Inseln sowie
sonstigen abgelegenen Gemeinden, wo das Ersetzen unwirtschaftlicher, kleiner, mit fossilen
Brennstoffen betriebener Kraftwerke durch mit erneuerbaren Energieträgern betriebene Anlagen
einen aktiven Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zur Verhinderung der Abwanderung der
Bevölkerung leisten kann. Dies führt zu einer Verbesserung des Lebensstandards und zur
Schaffung neuer Arbeitsplätze."
Europäische Kommission (o.J.): Weißbuch Erneuerbare Energieträger. S.11
nächste Seite
18

1. Ausgangslage
1. Ausgangslage
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1.1. Allgemeine Probleme der Energieversorgung
· Die globale Energieversorgung ist eng verbunden mit der weltweiten
Umweltsituation. 97% des Kohlendioxydausstoßes und 85% aller
Treibhausgase zusammen sind energetisch bedingt (Forschvb.1998). Es soll hier
nicht diskutiert werden, ob die Emission klimarelevanter Gase den
Treibhauseffekt, d.h. die allmähliche Erwärmung des Weltklimas, allein verursacht
oder lediglich verstärkt. Als Konsequenz ist in beiden Fällen gleichermaßen der
menschliche Beitrag zu minimieren. ­ Der tatsächliche Energiebedarf der
Menschheit ist kaum zu ermitteln, weil traditionelle Quellen statistisch schwer
erfaßbar sind. Der traditionellen Biomassenutzung wird ein Deckungsanteil von
rund 14% zugesprochen (Greenpeace in EUROSOLAR 1995). Der übrige Bedarf
wird zu über 90% aus fossilen Quellen gedeckt (BMWi 1999a). Demnach steht
der weit größte Teil der gegenwärtigen Energieversorgung mit der
Klimaproblematik in ursächlichem Zusammenhang.
5% der nicht-traditionellen Weltenergie werden durch Kernkraft gewonnen, eine
Technik, die im Rohstoffabbau (Uran) wie Betrieb und Abfallbehandlung ebenfalls
erhebliche Umweltauswirkungen hat.
Zur Zeit verbraucht 1/5 der Menschheit rund 4/5 der Energieträger. Deutschlands
Anteil am Welt-Primärenergieverbrauch entspricht mit 4% dem Afrikas
1
. Bei sich
angleichenden Lebensstandards der heute weniger entwickelten Länder ist von
einer starken Erhöhung des Weltverbrauchs auszugehen. Das gilt um so mehr
vor dem Hintergrund exponentiell wachsender Weltbevölkerung.
· Daneben besteht das wirtschaftliche Problem der Endlichkeit fossil-nuklearer
Rohstoffe. Bei konstanter Förderung auf heutigem Niveau wird von Reichweiten
der sicher bestätigten Reserven ausgegangen, die für Erdöl bei 42 Jahren,
Erdgas bei 65, Kohle bei 169 und Uran bei 55-80 Jahren liegen
2
. Es wird
allerdings angenommen, daß die Reserven überschätzt werden
(www.hubbertpeak.com). Denn die Angabe hoher Ölreserven erwirkt dem
jeweiligen Land sowohl höhere Förderquoten als auch eine höhere
Kreditwürdigkeit. Möglicherweise ist bereits die Hälfte allen je vorhandenen Erdöls
gefördert, d.h. der sogen. ,,mid-depletion point" erreicht, so daß die jährlichen
1
Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
1999.
19
2
BMWi 2000. ­ für Uran: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 1998, zit. n. BMWi 1999;
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie Berlin o.J., BMU 1999.

1. Ausgangslage
Förderungen in Zukunft rückläufig sind (ebda.). Auch einer konstanten Förderung
steht aber weiterhin eine steigende Nachfrage gegenüber. Bei angepaßten
Fördermengen sind die Reserven demnach ohnehin früher erschöpft. Schließlich
ist auch eine so statische Betrachtung der Reichweiten unrealistisch. Ist ein
Energieträger alle, werden die übrigen verstärkt eingesetzt und sind früher
aufgezehrt. Sollten beispielsweise die fossilen Energieträger, angesichts der
Klimaproblematik, schon heute durch Kernenergie ersetzt werden, würde die
Verzehn- bis Verzwanzigfachung des Uraneinsatzes auch diesen Rohstoff in
wenigen Jahrzehnten oder gar nur Jahren (Quaschning 1999) versiegen lassen.
Hier zeichnet sich aus globaler Perspektive eine ökonomische Krise ab.
· Die heute genutzten Energieträger sind ungleich über den Erdball verteilt. Die
globalen Reichweiten der Rohstoffe sagen daher wenig aus über die
tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen einer Verknappung für einzelne Länder und
Kontinente. So sind die sicher gewinnbaren Erdölreserven Nordamerikas und
Europas bei konstanter Förderung in 16 bzw. 12 Jahren erschöpft, die
Erdgasreserven in 11 bzw. 23 Jahren (BMWi 2000). Prekärerweise sind gerade
die Gebiete mit dem höchsten absoluten und Pro-Kopf-Verbrauch am geringsten
mit nicht-erneuerbaren Energieträgern ausgestattet. Daraus ergibt sich eine
Importabhängigkeit, die erpreßbar macht. Die Ölkrisen der 70er Jahre (und die
derzeitige) zeigen das eindrucksvoll. Die Abhängigkeit von anderen Staaten
erhöht sich im Energiebereich nun innerhalb kürzester Zeit auf praktisch 100%.
· Die sozialen Probleme, die sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit ergeben,
haben ihrerseits direkte wirtschaftliche Folgen. Die Unruhen, Streiks und
Blockaden in vor allem Frankreich und England im September 2000 aufgrund der
Ölpreissteigerungen sind beredtes Beispiel dafür. Trotz noch gefüllter Depots
wurden ganze Volkswirtschaften lahmgelegt. Im globalen Maßstab sind
zwischenstaatliche Konflikte absehbar.
Die Primärenergieimporte beliefen sich in der EU 1996 auf 50%
3
. Die EU-Kommission
erwartet bis 2030 eine Erhöhung auf 70%. Die Importquote für Deutschland liegt bei
rund 60%
4
- 70%
5
. Mineralöl deckte 1998 hier 40% des Bedarfs, gefolgt von Gas (21%),
Stein- und Braunkohle (14% / 11%) und Kernenergie (12%).
3
Grünbuch der EU-Kommission 2000. Nach TERES II (1997) betrug sie schon 1996 65,9%.
4
Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
1999.
20
5
Scheer 1999

1. Ausgangslage
In Deutschland werden jährlich etwa 500 Mrd. kWh Strom verbraucht
6
. Bei der
Umwandlung der Primärenergieträger in elektrische Energie wird die entstehende
Wärme nur bei 9% des Stroms ausgekoppelt und genutzt (Traube 1999)
7
. Zum
Vergleich: Der Anteil des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) liegt in Finnland
bei 35%, in den Niederlanden bei 40%. Der übrige Strom wird fast ausschließlich in
zentralen Großkraftwerken erzeugt, wo die Wärme nicht verwertet werden kann. Auch
der Stromtransport von dort in die Fläche ist mit Verlusten behaftet (Abb. 2). Schließlich
wird der Strom, der den Endkunden erreicht, z.T. als Nachtstrom billiger verkauft und zu
5 % (VDEW) in elektrischen Speicheröfen ,,verheizt". Das liegt in der Natur der
Kraftwerke und verwandten Brennstoffe (Braunkohle, Kernkraft), die sich nicht beliebig
an- und abschalten lassen und daher bei geringer Netzlast Überschußstrom
produzieren müssen. Der einer angemessenen Verwertung zugeführte Strom entspricht
am Ende nur ca. 28 % der eingesetzten Primärenergie.
Input-Output-Verhältnis der Stromerzeugung in Deutschland
(schematisch)
Eigenverbrauch,
Pumpstrom-
verbrauch
und Verluste
(12% des Stroms)
Primärenergieverluste
bei der
Stromerzeugung
(Abwärme)
Rest-Strom beim
Endverbraucher
elektr. Speicher-
heizungen (5%)
100%
34%
Stromverbleib
Primärenergieeinsatz
Quelle: BMWi Energiedaten 1999; VDEW 2000
Bearbeitung: S.W.Schmidt
Abb.2:
Im privaten Haushalt wird Energie zu über 90% für Wärme eingesetzt (78% Heizung,
14% Warmwasser, Solarinstitut Jülich 1999, zit. n. BMWi 1999c /Umweltbehörde
Hamburg 1999). Der Durchschnittswert geht darauf zurück, daß 90% der bestehenden
Wohngebäude vor 1977, also vor der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet worden
6
Kilowattstunden; für Abkürzungen oder Umrechnungen von Einheiten siehe Anhang
7
Gleichzeitig wird nur bei 35% der Nahwärmemenge die Chance der para
21
llelen Stromerzeugung genutzt
(Baltic 21-Energy network 1998).

1. Ausgangslage
sind. Sie haben nach heutigen Maßstäben unzureichende oder aber gar keine
Wärmedämmung. Beispielhaft stehen hier die Haushalte für die Wärmeverluste an
Gebäuden insgesamt. Da letztlich alle eingesetzte Wärmeenergie aus einem Gebäude
wieder entweicht, ist ,,Verlust" ein unklarer Begriff. Im Wärmemarkt ist eher von
vermeidbaren Verlusten zu sprechen. Nach Schätzungen von Eurosolar (1995, S.68)
sind Einsparungen von 70% im bundesdeutschen Bestand technisch machbar.
Zur Verminderung des Energieeinsatzes im Wärmebereich wird verstärkt auf
Gebäudedämmung gesetzt. Bei Wärme und Strom gleichermaßen werden
Einsparungen durch intelligente Nutzung und Erhöhung der Effizienz der
Energiesysteme (Umwandlung, Verteilung) angestrebt.
Die Überkapazität in der Stromerzeugung ist mit 15-17 GW
el
(UBA-Jahresbericht 1998,
MFE S.-H. 1999) so groß, daß die Energiewirtschaft in nächster Zeit eine Reihe von
Kraftwerken stillegen will. Die Einfuhr von Primärenergieträgern vermindert das nicht,
die verbleibenden Kraftwerke werden stärker ausgelastet. Die Kohleförderung in
Deutschland geht zurück, und ein allmählicher Rückzug aus der Kernkraftnutzung ist
festgelegt. Tendenziell müssen damit eher mehr Energierohstoffe importiert werden.
In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Importquote bei Strom bei rechnerisch 1/3
(Stat.Jb.MV 2000). Faktisch liegt sie deutlich höher, denn der Strom des
Steinkohlekraftwerks Rostock speist unmittelbar das überregionale Netz und kommt
dem Land kaum zugute. Für den größten Teil auch des im Land erzeugten Stroms
werden aber die Energieträger importiert, da das Land über keine fossilen Brennstoffe
verfügt. Der Wärmebereich wird nahezu komplett über Einfuhr gedeckt. 2% des
Endenergieverbrauchs (Wärme+Strom) stammen aus Biomasse (BLU MV 1998).
Gegenüber der übrigen Bundesrepublik zeigt sich hier eine noch deutlichere
wirtschaftliche Abhängigkeit. Allerdings stellt sich die nicht nur als ein latentes Risiko
dar. Es bedeutet gleichzeitig, daß laufend Kapital abfließt. Auf Bundesebene ist dieser
Punkt bei guter Außenhandelsbilanz ein geringeres Problem ­ für eine wirtschaftlich
eher schwache Einheit wie Mecklenburg-Vorpommern ein größeres.
Soweit Kohle als Brennstoff eingesetzt wird, verbleibt ein Teil des Kapitals innerhalb der
Bundesrepublik, da hier auch Kohle gefördert wird. Was gesamtstaatlich aufgefangen
wird, verdeckt die verschärfte Situation einzelner Länder.
22

1. Ausgangslage
Die beschriebene gegenwärtige Lage weltweit, in der EU und in Deutschland legt einen
sinnvolleren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen nahe. Dabei muß die
Reduzierung des Bedarfs an (zusätzlich zugeführter) Energie beim Endkunden Hand in
Hand gehen mit deutlich effizienterer Energieumwandlung und ­bereitstellung. Auch
der verbleibende Verbrauch ist aber den eingangs genannten ökologischen und
wirtschaftlichen Problemen unterworfen. Dies spricht in mehrfacher Hinsicht für die
Nutzung der verschiedenen erneuerbaren Energien. Es stellt sich heraus, daß diese
den o.g. vier Problemfeldern gleichzeitig begegnen können. Ihre CO
2
-Neutralität, ihre
zeitliche nach menschlichen Maßstäben unbegrenzte Verfügbarkeit und ihre räumliche
Dezentralität sowie die daraus resultierenden regionalwirtschaftlichen Vorteile stellen
sie qualitativ als adäquate Antwort auf die o.g. Situation dar (quasi nebenbei werden
durch die Dezentralität auch Transportverluste minimiert). Nach der Bundestags-
Enquêtekommission "Schutz der Erdatmosphäre" (zit.n.Schneider 1996) ist das 2-
3fache des heutigen Weltenergieverbrauches mit erneuerbaren Energien deckbar, so
daß sie auch quantitativ genügen.
An der Börse zeigen sich die wirtschaftlichen Zusammenhänge unmittelbar: Mit der
Ölpreiskrise Mitte September 2000 stiegen die Kurse von Unternehmen erneuerbarer
Energien um bis zu 100% und mehr (z.B.Solarworld AG).
23

1. Ausgangslage
1.2. Untersuchungsgebiet Insel Rügen
1.2.1. Lage des Untersuchungsgebietes
Das Untersuchungsgebiet dieser Arbeit ist die Insel Rügen und ihre gewöhnlich als
dazugehörig betrachteten unmittelbaren Nachbarinseln Hiddensee, Ummanz, Vilm etc.
Diese Abgrenzung entspricht dem Gebiet des Landkreises Rügen. In Kap.2.2. und 2.3.
werden einzelne Bezüge zu ganz Vorpommern hergestellt. ­ Das eher technisch
orientierte Umsetzungsbeispiel von Kap.3. ist im Ortsteil Prora der Gemeinde Binz
angesiedelt.
Unter Vorpommern wird hier die Planungsregion verstanden. Ihre vier Land- und zwei
Stadtkreise formen den östlichen Rand von Mecklenburg-Vorpommern. Gleichzeitig
bilden sie den gegenwärtigen Grenzsaum der EU. Für Rügen wird die periphere Lage
noch verschärft durch die Inselsituation. Die großräumliche Orientierung ist auf
Mecklenburg/Hamburg einerseits und Berlin andererseits gerichtet, während die
Verbindungsfunktion nach Skandinavien und Polen bisher wenig zum Tragen kommt
(und in einigen Fällen weiter eingeschränkt wird, z.B. Schienenverkehr). Auf dieser
Basis fußt die in den folgenden Abschnitten beschriebene energetische Versorgung
und die Wirtschaftslage der Insel Rügen.
Die sechs vorpommerschen Kreise
in Mecklenburg-Vorpommern
Kartengrundlage:
Stat.Jb.MV 1999, verändert.
(in Originalkarte kein Maßstab enthalten)
Die sechs vorpommerschen Kreise
in Mecklenburg-Vorpommern
Kartengrundlage:
Stat.Jb.MV 1999, verändert.
(in Originalkarte kein Maßstab enthalten)
Abb.3:
24

1. Ausgangslage
25
Hiddensee
Dranske
Wiek
Poseritz
Trent
Schaprode
Ummanz
Altefähr
Ummanz
Rambin
Gustow
Gingst
Dreschvitz
Glowe
Saßnitz
Sagard
Ralswiek
Bergen
Putbus
Garz
Groß Schoritz
Zudar
Samtens
Karnitz
Sehlen
Parchtitz
Kluis
Thesenvitz
Patzig
Rappin
Neuenkirchen
Buschvitz
Binz
Zirkow
Vilm
Lancken-
Granitz
Göhren
Middelhagen
Gager
Th
Sellin
Baabe
Lohme
Altenkirchen
Breege
Putgarten
Gemeindegrenzen
km
10
5
0
Insel Rügen
Gliederung in Gemeinden
Kartengrundlage: H.Sattler
Abb.4
iessow

1. Ausgangslage
1.2.2. Die Energiesituation auf Rügen
Angaben zur gegenwärtigen Situation der Energieversorgung auf der Insel Rügen sind
weitgehend als Schätzwerte zu betrachten. Als ausgesprochen umfassende Darstellung
liegt das ,,Integrierte Energiekonzept der Insel Rügen" von 1993 vor. Dessen
Datenbasis ist 1990/91. Angesichts der Nach-Wende-Ereignisse in Modernisierung,
Neubau, aber auch in Ausstattung und Energieverhalten der Haushalte, ist das nur eine
Momentaufnahme. Große Bestandteile des Konzeptes in Hinblick auf die damals
notwendigen Sanierungen sind inzwischen umgesetzt. Eine Reihe vorausschauender
Empfehlungen sind unter den geänderten Rahmenbedingungen nur noch als grobe
Richtung zu verstehen.
Einige Aktualisierungen konnten einer studentischen Jahresarbeit an der Dortmunder
Fakultät Raumplanung entnommen werden (Beck u.a. 1999). Im übrigen bilden
Angaben der Energieversorger EWE AG Bergen (Gas), mehrerer Abteilungen der e.dis-
Energie-Nord-AG und Einzelgespräche in Kreis-/Gemeindeverwaltungen den
Hintergrund dieses Abschnitts.
Wärmeenergie
Die über 200 zumeist kleinen Heizwerke in den 45 Gemeinden der Insel wurden in den
90er Jahren größtenteils stillgelegt. Nach Angaben der Dortmunder Arbeit waren 1999
nur noch 12 Nah- bzw. Fernwärmenetze in Betrieb: die größten in Binz, Baabe/Sellin,
Bergen, gefolgt von Saßnitz, Sagard, Samtens, Dranske, Gingst, Putbus, Altenkirchen,
Wiek. Auch in den genannten Orten sind aber keineswegs alle Siedlungsbereiche
angeschlossen. Im Zuge der Sanierung von sowohl Kraftwerken als auch
Leitungsnetzen wurden vielmehr auch Siedlungsbereiche von der zentralen
Wärmeversorgung abgetrennt.
Das Energiekonzept geht für 1991 für alle Verbrauchergruppen zusammen von ca. 840
GWh Jahresendenergieverbrauch für Wärme aus und prognostiziert für 2005 noch 775
GWh/a (= Mio.kWh; EK Rügen, AP250, S.31+33). Beck u.a. (1999) gehen von 700
GWh im Jahr 2005 aus. Nach Angaben der EWE wurden 2000 rund 590 GWh Erdgas
zur Wärmeerzeugung in Haushalten, Gewerbe und darüber hinaus zum Betrieb von
Blockheizkraftwerken abgesetzt
8
. Da der Rüganer Wärmemarkt nur etwa zur Hälfte mit
Gas gedeckt wird, inklusive der Lieferungen an die o.g. Heizwerke, wäre der
Gesamtbedarf bei knapp 1.200 GWh anzusetzen. Das ist um die Hälfte mehr als die
Angaben im Energiekonzept. Dieser Widerspruch konnte nicht aufgeklärt werden.
26
8
Gewerbe: 100 GWh, Raumheizung: 470 GWh, in BHKWs (nicht nur, aber auch Nutzung der Wärme):
20GWh.

1. Ausgangslage
27
Innerhalb der letzten zehn Jahre wurde sehr forciert ein Erdgasnetz aufgebaut und
befindet sich noch in Erweiterung. Die meisten der Heizwerke werden heute mit Erdgas
betrieben. Den Gasanteil am Gesamtwärmeverbrauch der Insel schätzt die EWE auf
die erwähnten 50%, einschließlich des Gasverbrauchs für Fernwärme. Für Heizöl,
Kohle u.a. nimmt EWE Anteile von 30 bzw. 15% an. Für Sonstiges werden ca. 5%
veranschlagt, darunter z.B. Heizstrom. Diese Anteile kommen der Prognose des
Energiekonzeptes für 2005 nahe (Abb.5). Zur Zeit werden Kohle und Heizöl (noch)
geringfügig mehr eingesetzt als angestrebt, die energieintensiven Stromheizungen sind
bereits stärker zurückgedrängt als erwartet.
J
ahresendenergieverbrauch in der Wärmeversorgung Rügens
nach Energieträgern
Prognose des Energiekonzeptes für 2005
45 %
5 %
10 %
10 %
22,5 %
7,5 %
Erdgas
Heizöl
Kohle
Erneuerbare Energien
Abb.5
Fernwärme
Heizstrom
Quelle: Energiekonzept Rügen, AP250, S.33; eigene Bearbeitung.
Ursprünglich war schon für 1996/97 vorgesehen, 75% der Haushalte und alle größeren
Unternehmen mit Erdgas zu versorgen (Beck u.a. 1999). Abb.6 zeigt die bisher
erschlossenen Ortslagen und die Erweiterungen für die nächsten Jahre. Das Gasnetz
ist demnach ausgesprochen umfassend und erschließt auch sehr peripher gelegene
Inselbereiche wie Wittow, Mönchgut, zukünftig Zudar. Daß der Anteil an der
Wärmebedarfsdeckung trotzdem erst 50% beträgt, kann verschiedene Ursachen
haben. Bei Ausweisung neuer Baugebiete dürfte deren Anschluß Vorrang gehabt
haben vor bestehenden Siedlungen mit etablierter Einzelfeuerung. Bei allzu rasanter
Ausweisung neuer Bauflächen wird hingegen gerade dort eine optimale Planung
erschwert. Zum Teil wirkt sich auch die bereits bestehende Versorgung mit Nah- und
Fernwärme aus. Sie liegt vorrangig in Gebieten mit hoher Anschlußdichte. Bei zwar

1. Ausgangslage
Siedlung
0 1 2 3 4 km
1000 m
Siedlung ist ans Erdgasnetz angeschlossen
wird in den nächsten Jahren ans Erdgasnetz angeschlossen
geringer Fläche der Wärmenetze ist dort eine größere Zahl von Kunden dem
Gasabsatz entzogen.
Mit dem Ausbau des Gasnetzes ist eines der Hauptelemente des Energiekonzeptes
verwirklicht.
Eine Besonderheit bildet die Biogasanlage in Pastitz, deren Abwärme der
Stromerzeugung in das Nahwärmenetz von Putbus eingespeist wird.
Von diesem Sonderfall abgesehen sind praktisch 100% der Energieträger, die der
Wärmeerzeugung dienen, auf die Insel importiert.
Abb.6. Erschließung der Insel Rügen mit Erdgas
. Quelle: EWE, Bergen
.
28

1. Ausgangslage
Elektroenergie
Den aus nicht-erneuerbaren Quellen erzeugten Strom bezieht Rügen fast
ausschließlich vom Festland. Der regionale Stromversorger e.dis-Energie-Nord-AG
gehört zur VEAG, und der importierte Strom stammt überwiegend aus deren
ostdeutschen Braunkohlekraftwerken. Lediglich in Binz und Bergen laufen
gasbetriebene Blockheizkraftwerke (BHKWs), die die dortigen Wärmenetze versorgen
und in Kraft-Wärme-Kopplung auch Strom erzeugen. Ihre Leistung beträgt je ca. 500-
600 kW
el
. Vereinzelte BHKWs von Unternehmen laufen zu deren Eigenversorgung.
Hinzu kommt der durch rund 60 Windkraftanlagen (WKAs) erzeugte Strom.
Der Gesamtstromverbrauch auf der Insel ist nur unscharf ermittelbar. Er ergibt sich
entweder aus der Summe der Endverbräuche aller Kunden, die aber nicht vorliegt.
Oder es wird auf höherer Spannungsebene der von der e.dis weiterverteilte Strom
gemessen, zuzüglich des von anderen Anlagen auf der Insel produzierten Stroms. Hier
stünde die Datenbeschaffung bei einer Fülle von Einzelerzeugern an, vor allem WKA-
Betreibern. Erst der verbleibende Bedarf wird über die e.dis vom Festland aus gedeckt.
Auch diese Differenzmenge ist aber für Rügen allein nicht erfaßt. - Der durchschnittliche
Endverbrauch im gesamten e.dis-Versorgungsgebiet (große Teile von Mecklenburg-
Vorpommern und Brandenburg) betrug 1999 3835 kWh pro Einwohner, einschließlich
Gewerbestrom (e.dis 2000). Darin ist der vom Energieversorger aufgenommene und
weiterverteilte Windstrom usw. bereits mit enthalten, der sonst addiert werden müßte
9
.
Die 291 GWh/a, die sich bei 76.000 Einwohnern für Rügen ergeben, dürften also dem
tatsächlichen Endverbrauch nahekommen. Die Dortmunder Arbeit prognostiziert für
Rügen einen Verbrauch von 300 GWh/a im Jahr 2005, gestützt auf Anzahl und
Ausstattung der Haushalte.
Die bis Anfang 2000 installierten 61 Windkraftanlagen hatten eine Nennleistung von
zusammen rund 24 MW (e.dis Bergen/ Theel 2000). Nach Angaben des Landkreises
Rügen stehen 16 Anlagen auf der Halbinsel Wittow, 5 im Bereich
Jasmund/Saßnitz/Binz, 19 in der Region Bergen/Gingst und 21 in Südwestrügen und
Garz/Putbus (Theel 2000). ­ Durchschnittlich werden knapp 27% des Strombedarfs der
Insel durch Windenergie abgedeckt (ebda.)(also 70-80 GWh/a). Der Wert unterliegt
aber großen Schwankungen entsprechend dem Windangebot und durch ungleiche
Nachfrage in Tages- und Jahreszeit. Phasenweise, z.B. nachts, wird mehr Windstrom
erzeugt als auf der Insel verbraucht wird, d.h. Rügen wird zum Strom-Exporteur.
Es gibt auf Rügen zwei Biogasanlagen (in Pastitz bei Putbus, s.o., und in Sagard), die
jeweils der Stromerzeugung dienen. Solarenergienutzung fällt energetisch bisher kaum
29
9
Der Regenerativ-Anteil macht bei der e.dis 8% des abgesetzten Stromvolumens aus (OZ v.14.12.2000).
Z.B. steht der größte Windpark Europas in Brandenburg im e.dis-Gebiet. (OZ v.19.6.2000).

1. Ausgangslage
ins Gewicht: Es sind drei PV-Anlagen bekannt, von denen die größte nicht auf Rügen
selbst, sondern auf Hiddensee installiert ist (17,9 kW
p
). Die Realschulen Dranske und
Samtens haben je 1,1 kW
p
.
Die Versorgung vom Festland erfolgt über eine 110-kV-Leitung mit Umspannwerken auf
20 kV in Bergen, Sellin, Wiek, Sagard und Silenz. An diesen Meßpunkten kann die
Leistung abgelesen werden, die noch nicht auf unteren Spannungsebenen durch
Windanlagen gedeckt wurde. Für die räumliche Verteilung der Nachfrage ergibt sich
danach folgendes Bild:
Abb.7: Gemessene Leistung in MW an den 110kV/20kV-Umspannwerken der
e.dis, jeweils mittwochs.
12,3
4,5
7,2
3,6
-4,4
23,2
4,7
7,2
1,2
-2,2
9,2
7,8
7,3
2,7
-0,3
26,7
?
?
-5
0
5
10
15
20
25
30
Bergen Sagard
Sellin
Wiek
Summe
Gemessene Leistung in MW
19.1.2000 18 Uhr
19.4.2000 12 Uhr
17.5.2000 12 Uhr
Silenz
(Mittags- bzw.
Abendspitze)
Quelle: e.dis-Energie-Nord-AG, Niederlassung Bentwisch bei Rostock
Graphik: S.W.Schmidt
Die 12-Uhr-Werte (bzw. im Winter 18 Uhr) sind weitgehend auch die Maximalwerte des
Tages. Die vom Frühjahr zum Sommer hin steigenden Werte sind ein Indiz für den
saisonabhängigen Fremdenverkehr auf der Insel (besonders Sagard) bzw. geringere
sommerliche Windstrom-Einspeisungen (Silenz).
An den Umspannwerken Wiek und Silenz wirkt sich die dort besonders konzentrierte
Windkraftnutzung sichtbar aus. Silenz ist ein reines Einspeise-Umspannwerk, weshalb
seine Werte überhaupt nicht in den positiven Bereich kommen. Der Windpark Kluis-
Silenz mit einer Nennleistung von 6 MW (Theel 2000) war Anlaß zum Bau des Werkes.
Auch auf der Halbinsel Wittow (Station Wiek) liegt der tatsächliche Verbrauch mit bis zu
30

1. Ausgangslage
10 MW deutlich höher als aus Abb.7 ersichtlich, wird aber schon unterhalb des
Meßpunktes durch Windstrom gedeckt. Die dortigen WKAs haben zusammen eine
maximale Leistung von 8,57 MW, einem Vielfachen der gemessenen Lastunterstützung
von außerhalb. ­ In Wiek liegen die Maximalwerte des zugeführten Stroms in den
Morgen- und Abendstunden, was die Graphik nicht widerspiegelt. Sie sind erheblich
höher als die Mittagswerte. Obgleich prinzipiell auch innerhalb des Tages abnehmender
Wind zu erhöhter Stromzufuhr von außerhalb führen kann, ist hier auch das
tatsächliche Verbrauchsmuster eine wahrscheinliche Ursache. Es ist eine
ausgesprochen periphere Teil-Region der Insel, die offenbar vorrangig dem Wohnen als
dem Arbeiten dient.
Nach den vorliegenden, in Abb.7 dargestellten Daten wird ganz Rügen Strom in einer
nachgefragten Leistung von bis zu 27 MW
el
vom Festland zugeführt. Das entspricht
etwa 355 W/Einwohner. Diese Daten sind aktuell, stellen aber nicht notwendigerweise
das Jahresmaximum dar. Demgegenüber nennt das Energiekonzept Rügens, noch vor
dem Windenergieausbau, bis zu 40 MW
el
(zit.n. Beck u.a.1999), entsprechend etwa 525
W/Einwohner.
Qualitativ treten eine Reihe von Pilotprojekten in der Energienutzung hervor. So steht
eine mit Windkraft betriebene Meerwasserentsalzungsanlage bei Dranske. Auf
Hiddensee gibt es eine Solartankstelle für Elektroautos. Eine ähnliche Anlage lieferte in
Zirkow in mehrjähriger Probezeit Sonnenstrom, (kam dann allerdings auf ungeklärte
Weise abhanden). Am Kap Arkona stehen Solarautos den Touristen und Einheimischen
als Mietwagen zur Verfügung. Eine Gas-Tankstelle eröffnete Anfang 2000 in Bergen,
und eine Produktionsstätte für Biodiesel sowie eine Wasserstofftankstelle sind geplant.
Diese Liste steht stichwortartig für das, was im Energiekonzept von 1993 als
Entwicklungsrichtung angedeutet wurde.
Bewertung:
Der beschriebene Ist-Zustand folgt großenteils den Zielen der Planungen. Quantitativ
konnten die erneuerbaren Energieträger noch nicht wie angestrebt ausgebaut werden.
Zudem überlagern sich besonders im Wärmebereich mehrere Einzelziele gegenseitig
und mit dem Ziel der Umweltverträglichkeit. - Der politisch gewollte Aufbau der
Erdgasversorgung hat auf Rügen zu einer direkten Konkurrenz zu den Fern- bzw.
Nahwärmeversorgungen geführt. Beide Leitungen parallel zu legen wäre wirtschaftlich
wie auch energetisch wenig sinnvoll. Über die Prioritäten hingegen äußert sich das
Regionale Raumordnungsprogramm für Vorpommern widersprüchlich (siehe Kasten).
Einerseits zielt es sehr auf effiziente Energieumwandlung und Ressourcenschutz.
31

1. Ausgangslage
Andererseits läßt es Ausfluchten, inwieweit die Sanierung von (z.B. Fernwärme-)
Leitungsnetzen ,,erforderlich" ist. So verwundert es nicht, daß die Erweiterung von
Wärmenetzen nur spärlich stattfand.
10.3. Energieversorgung
10.3.1 Allgemeines
(1)... ,,Energieerzeugung und ­verbrauch sollen besonders durch eine rationelle und
sparsame Energieanwendung beeinflußt werden."...
(2)... ,,Die benötigten vorhandenen Leitungsnetze sind, soweit technisch möglich und
erforderlich, zu erneuern." ...
10.3.3 Gasversorgung
Die Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft mit Gas soll weiter ausgebaut werden.
Die Anschlußdichte soll insbesondere entlang bereits bestehender Trassen sowie an
größeren Siedlungsschwerpunkten erhöht werden.
10.3.4 Wärmeversorgung
Vorhandene Fern-/Nahwärmenetze sollen erhalten, saniert und gegebenenfalls
erweitert werden. In Räumen mit ausreichender Wärmebedarfsdichte ist ein weiterer
Ausbau bzw. Errichtung des Fern-/Nahwärmenetzes anzustreben.
aus: RROP-VP, TEIL III ­ FACHLICHE ZIELE UND BEGRÜNDUNGEN, S.191 ff.
Werden allein die Preise unter heutigen Rahmenbedingungen zugrundegelegt, geht
das geradezu zwangsläufig zu Lasten der Wärmenetze. Das berücksichtigt weder die
Wirtschaftlichkeit über die jeweilige Lebensdauer (steigende Energiepreise) noch die
Ressourcenschonung. Zwar verbrennt Erdgas relativ emissionsarm. Aber die
angeschlossenen Kunden verbrauchen in der Regel auch Strom. Zu dessen Erzeugung
in zentralen Kraftwerken (z.B. Braunkohle der VEAG) wird noch einmal soviel
Primärenergie eingesetzt, von der dann rund 2/3 als Abwärme entweichen. Lokale
Kraft-Wärme-Kopplung, die die Wärmenetze speist, ist deutlich effizienter und kann im
übrigen gleichfalls mit Erdgas betrieben werden. Durch Gas-Hausanschlüsse ist diese
Möglichkeit auf Jahrzehnte blockiert.
Der Landesatlas Erneuerbare Energien MV (1996) bezeichnet Erdgas auch als
Bedrohung für mögliche Biogasnutzung. Gegenüber anderen Energieträgern ist Biogas
oft wirtschaftlich konkurrenzfähig, nicht aber gegen einmal bestehende
Erdgasanschlüsse.
Letztlich hat das Regionale Raumordnungsprogramm auf das reagiert, was bis zu
seinem Abschluß 1998 ohnehin längst geschehen war. Die Leitlinie für die weitere
Zukunft ist unscharf. Das Energiekonzept ist auf Kreis- und Gemeindeebene auf Grund
seiner veralteten Datenlage weitgehend ad acta gelegt. Die Situation wird erschwert
durch den Umstand, daß es in der Kreisverwaltung in keinem Bereich eine
Zuständigkeit für das Thema ,,Energie" gibt.
32

1. Ausgangslage
,,Die Deckung eines überdurchschnittlichen Anteils der Nutzenergie durch regenerative
Energiequellen, vor allem Wind-, Solarenergie sowie Energie biogener Reststoffe", wie
sie das Energiekonzept fordert (vgl. Theel 2000), ist in bezug auf Strom und
Windenergie zunächst erreicht. Dennoch sind dort, aber vor allem bei Biomasse- und
Solarnutzung, noch erhebliche ungenutzte Möglichkeiten. Quantifizierungen sind
ansatzweise im Energiekonzept schon vorgezeichnet.
Nach Angaben der Entsorgungsgesellschaft Nehlsen sind die organischen Haus- und
Gewerbeabfälle der Insel schon weitestgehend erfaßt. Zum Teil werden bereits
organische Abfälle zur Biogasproduktion auf die Insel transportiert, um die bestehenden
Anlagen auszulasten. Bemerkenswert ist andererseits, daß nach Angaben der
Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energien auf Rügen (AEE Rügen 1999) ,,erhebliche
Mengen Biomasse / Restholz über Mukran exportiert" werden.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Rügen bei der Wärmeerzeugung zu
nahezu 100% von auf die Insel importierter Energie abhängig ist, bei der
Stromversorgung zu rund 75%. Diese finanzielle und wirtschaftliche Abhängigkeit kann
lediglich durch die Nutzung erneuerbarer Energien verringert werden, da andere
Energieträger auf der Insel nicht vorhanden sind. Durch Windenergienutzung ist das
bereits teilweise geschehen.
Die importierte Arbeit (,,Strommenge") ist rund 220 GWh/a, nachgefragt in einer
Leistung bis 350 W/Einwohner. Ziel sollte sein, diesen Import zu verringern. Je nach
genutztem Energieträger, die unterschiedlich viele Vollaststunden ermöglichen, sind
verschieden hohe Leistungen zu installieren, um die importierte Arbeit rechnerisch zu
ersetzen. Die größte Versorgungssicherheit ergibt sich, wenn sich verschiedene
erneuerbare Energieträger in einer Mischung ergänzen können. Zur Ergänzung der
Windkraft bieten sich hier z.B. Biomasse und Sonnenenergie an. Das Energiekonzept
von 1993 weist in diese Richtung. Eine Reihe von Pilotprojekten wurde und wird auf
Rügen mit neuen Energieträgern durchgeführt. Quantitativ wirken sie sich in der
Energiesituation der Insel noch nicht aus.
33

1. Ausgangslage
1.2.3. Wirtschaftliche Situation auf Rügen
Rügen ist eine ausgesprochen ländlich geprägte Region in einem ländlich geprägten
Bundesland. Die Einwohnerdichte Rügens ist mit 78 Einwohnern/km² im Vergleich
zum Bundesdurchschnitt (222 Ew/km²) äußerst gering, entspricht aber dem
Durchschnitt Mecklenburg-Vorpommerns. Derzeit wohnen rund 76.000 Personen auf
der Insel mit abnehmender Tendenz und vielfältigen Pendlerbeziehungen zum Festland
(v.a. Stralsund).
Ein Weg, die Wirtschaftsleistung abzuschätzen, ist im Sinne des Themas dieser Arbeit
der Stromverbrauch pro Einwohner. Mecklenburg-Vorpommern hatte 1997 den
bundesweit mit Abstand niedrigsten (Abb.8), Hamburg, Nordrhein-Westfalen und
das Saarland mit mehr als doppelt soviel die höchsten. Teils macht sich dort die
energieintensive eisenschaffende Industrie bemerkbar. Im übrigen spricht das aber
auch für den generellen Minderbesatz an Industrie in MV, da energiesparende
Innovationen kaum so konzentriert auf ein Bundesland beschränkt bleiben würden. Aus
den Verbrauchszahlen allein wird nicht deutlich, ob statt dessen der
Dienstleistungssektor die Wirtschaftskraft wettmacht. Denn ein hoher Stromverbrauch
als solcher ist nicht positiv. Ist das nicht der Fall, bedeutet das eine insgesamt
ungünstigere Wirtschaftslage. Sich selbst verstärkend kann dann der geringe
Verbrauch zusätzlich von einer schlechteren Ausstattung z.B. der Haushalte mit
Elektrogeräten herrühren.
Genau das wird bestätigt bei der Kaufkraft
10
je Einwohner. Hier steht Mecklenburg-
Vorpommern bundesweit ebenfalls an letzter Stelle (Abb.9). In dem Küstenland
stehen jedem Einwohner nur 77,8 % des Bundesdurchschnitts an Kaufkraft zur
Verfügung. Die ostdeutschen Länder bilden zusammen das letzte Drittel. Die Kaufkraft
ist aussagekräftiger als die durchschnittliche Einkommenshöhe oder Arbeitslosenzahlen
alleine, da sie auch verdeckte Arbeitslosigkeit widerspiegelt.
34
10
Kaufkraft: Geldsumme, die einem Wirtschaftssubjekt je Zeiteinheit zur Verfügung steht (Einkommen
zuzüglich aufgenommenem Kredit abzüglich zu tilgender Schulden). (Gabler-Wirtschaftslexikon 1992)

1. Ausgangslage
Abb.8
Quelle:
Die Elektrizitätswirtschaft in der
Bundesrepublik Deutschland im
Jahre 1997. Stat.Ber.d.Ref.
Elektrizitätswirtschaft im BMWi.
49.Bericht,1999; zit.n. Staiß 2000.
Graphik: S.W.Schmidt
Abb.9
Quelle:
Gesellschaft für
Konsumgüterforschung (GfK),
Regionalforschung
Graphik: S.W.Schmidt
Statistiken zur Arbeitslosigkeit werfen dennoch ein weiteres Schlaglicht auf die
Wirtschaftslage einer Flächeneinheit. Generell haben die Neuen Bundesländer
wendebedingt noch mit höheren Arbeitslosenquoten zu kämpfen als die westlichen
Länder. Mecklenburg-Vorpommern steht dabei am unteren Ende bzw. ist das Land mit
der zweithöchsten Arbeitslosigkeit in Deutschland (NE 9/00,S.33). Verdeckt bleibt aber,
daß (regional unterschiedlich hohe) Anteile der Erwerbslosenzahlen durch
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen kurzfristig aus der Statistik verschwinden. Besonders
Kaufkraft 1999
in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
Hamburg
Hessen
Bayern
Nordrh.-Westf.
Schlesw.-H.
Rheinl.-Pfalz
Berlin
Nieders. BremenSaarlandSachsen
Brandenburg Sachsen-Anh.
Meckl.-Vorp.
Kaufkraft in DM/Einwohner
Länder
Bundesdurchschnitt
Stromverbrauch je Einwohner in den Bundesländern 1997
0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
7.000
8.000
9.000
Nordrh.-Westf.
HamburgSaarland
Bremen
Rheinl.-Pfalz
Nieders.
Bayern
Brandenburg
Hessen
Sachsen-Anh.
Schlesw.-H.
Sachsen
Berlin
Meckl.-Vorp.
kWh / Einwohner
Länder
Bundesdurchschnitt
35

1. Ausgangslage
belastend ist in ganz MV die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Verbindung mit weiter
sinkenden Ausbildungsplätzen (vgl.OZ v.7.9. und 6.10.2000).
Innerhalb des Landes hat sich Rügen mittlerweile auf den Durchschnittswert verbessert
(Abb.10).
Arbeitslosenquoten Landkreis Rügen und M-V im Jahresdurchschnitt
(Arbeitslose in % der abhängig Beschäftigten)
19,9
18,8
18,7
17,5
17,0
16,2
18,0
10,4
11,5
12,7
12,3
8,2
9,2
19,2
20,2
19,5
18,4
19,4
20,5
20,3
8,0
10,0
12,0
14,0
16,0
18,0
20,0
22,0
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999*
%
Rügen
M-V
Deutschland
ABL
Abb.10
* vorläufige Zahlen
Quelle: Stat.Jb.MV 1994 -1999; Stat.Landesamt telefonisch.
Graphik: S.W.Schmidt
Der Jahresdurchschnittswert verdeckt aber ebenfalls die saisonalen Schwankungen.
Abb.11 zeigt die Ausprägung der verschiedenen Wirtschaftsbereiche auf der Rügen, als
Momentaufnahme des Juni. Die ,,sonstigen Dienstleistungen" dominieren deutlich. Die
Insel hängt stark vom Tourismus ab. Die Schwankungen im Jahreslauf treffen Rügen
daher in besonderem Maße. Zur touristischen Saison herrscht ein akuter
Arbeitskräftemangel in der Gastronomie, andererseits umfaßt die Hauptsaison in den
meisten Gebieten der Insel nur rund sechs Wochen. Bei über 6 Mio. Übernachtungen
von 1,2 Mio. Besuchern beträgt die (jahres- und insel-) durchschnittliche
Bettenauslastung doch nur rund 40%.
Die Auslastung sank mit dem unkoordinierten Zubau an Bettenkapazität. Die
angestrebte Obergrenze von statistisch einem Gästebett pro Einwohner ist
voraussichtlich nicht zu halten (u.a.Poske 1998). Darüberhinaus konzentrieren sich die
touristischen Aktivitäten in wenigen Schwerpunkten am Nord- und Ostrand der Insel.
Die zentralen Bereiche und der Südwesten profitieren nur wenig.
36

1. Ausgangslage
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf Rügen nach Wirtschaftsabteilungen
am 30.6.1998
5%
10%
12%
13%
5%
1%
36%
10%
7%
1%
Land- und Forstwirtschaft, Tierhaltung und Fischerei
Verarbeitendes Gewerbe
Baugewerbe
Handel
Verkehr u.Nachr.übermittlung
Kreditinstitute u.Versicherungsgewerbe
sonstige Dienstleistungen
Organisationen ohne Erwerbscharakter,
priv.Haushalte
Gebietskörperschaften, Sozialversicherung
Energiewirtschaft, Wasserversorgung, Bergbau
Abb.11
Quelle: Stat.Berichte, Kennziffer A VI5-vj2/99
Graphik: S.W.Schmidt
Auffallend in Abb.11 ist weiterhin der hohe Beschäftigtenanteil im Baugewerbe. In der
Vergangenheit wurde es unter anderem durch den Tourismus befördert durch den vor
allem quantitativen Zubau touristischer Einrichtungen. Auch der Handel dürfte einen
nicht unerheblichen Teil seines Umsatzes aus dem Fremdenverkehr ziehen. Die
Einseitigkeit der Rüganer Wirtschaft wird damit nur noch deutlicher. Der fortwährende
Zubau im Tourismusbereich wird aber mittlerweile langsamer, und die große Welle der
anderen Nachwende-Sanierungen und -Neubauten nimmt ebenfalls ab. Dadurch ist die
Baubranche seit mehreren Jahren im Rückgang begriffen (z.B. OZ v.3.7.2000:
,,Baubranche trudelt bergab"), der bisherige ,,Motor der Entwicklung" gerät ins Stottern.
Von den ca. 800 Handwerksbetrieben aller Gewerke werden in fünf Jahren
möglicherweise nur 450-500 übrig bleiben
11
.
Es ist aus Abb.11 ersichtlich, daß kaum andere Beschäftigungsmöglichkeiten zur
Verfügung stehen. Die ehemals starke Landwirtschaft brach nach der Wende ein, noch
ist kein tragendes neues wirtschaftliches Rückgrat für die Insel gefunden. Der
Tourismus ist zeitlich und räumlich zu punktuell. Das Verarbeitende Gewerbe ist
geringer ausgebildet das Baugewerbe, und der Bereich
,,Verkehr/Nachrichtenübermittlung" hat nur ebenso viel Beschäftigte wie die
37
11
Schätzung von Herrn Ambrosat, Kreishandwerkerschaft Rügen.

1. Ausgangslage
Landwirtschaft. In ganz Vorpommern herrscht das Problem, daß in den letzten Jahren
gegenüber Baumaßnahmen anderes vernachlässigt wurde, daß ,,viel Geld in Beton,
wenig in Köpfe" investiert wurde
12
.
Ein Hemmnis mit direkten wirtschaftlichen Folgen ist die mangelnde Kommunikation
zwischen den Akteuren der Insel. Laufende Entwicklungen werden erschwert, weil
selbst innerhalb der Verwaltung einer wenig vom anderen weiß oder weil
Zuständigkeiten zwischen den Rüganer Akteuren hin- und hergeschoben werden.
Neuen Entwicklungen werden teils Ressentiments entgegengebracht, weil sie in
Verbindung mit den Personen gesehen werden, von denen sie ausgehen. Dies bremst
die Ausschöpfung der touristischen Möglichkeiten und blockiert eine übrige
Diversifizierung der Wirtschaft.
Die Bevölkerungsdichte Rügens ist, wie erwähnt, im Bundesvergleich ausgesprochen
niedrig. Die Tendenz ist weiter abnehmend. Dies ist eine direkte Konsequenz aus der
peripheren Lage und den derzeitigen wirtschaftlichen Aussichten.
Von dem derzeitigen Stand her ist eine qualitative Verbesserung im touristischen
Angebot erforderlich, die auch zur Verlängerung der Saison führen muß. Gleichzeitig ist
eine Stärkung der übrigen mittelständischen Wirtschaft für Rügen überlebenswichtig.
Die absehbaren Arbeitsplatzverluste in der Baubranche bringen die Insel andernfalls
von der gewonnenen Durchschnittsposition in der Landes-Arbeitslosenstatistik wieder
ab ­ auf die hintersten Ränge mit den höchsten Quoten.
Vor dem Hintergrund dieser Wirtschaftslage werden im weiteren die erneuerbaren
Energien betrachtet. Die politischen Strategien aus dem folgenden Abschnitt (Kap.1.3.)
zielen teils explizit auf wirtschaftliche Entwicklung ab. Durch Einsatz neuer
Technologien gilt das gerade auch qualitativ; der Umweltnutzen ist gleichzeitig mit
einem Innovationssprung verbunden. Der Einfluß auf die regionale Entwicklung (nicht
nur) Rügens wird in Kap.2. überprüft.
38
12
OZ.v.14./15.10.2000. Vgl. auch OZ 22.6.2000: ,,Vorpommern bleibt Sorgenkind" u.a.

1. Ausgangslage
1.3. Allgemeine klima- und energiepolitische Ziele
Die EU verfolgt im Energiebereich drei Ziele: eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit,
die Verbesserung der Versorgungssicherheit und den Umweltschutz (Weißbuch
Erneuerbare Energien). Die Nutzung erneuerbarer Energien wird allen dreien
gleichermaßen gerecht. Sie verringert beispielsweise die Importabhängigkeit. Die
Inlandsnachfrage nach entsprechenden Technologien ist ferner die Basis für deren
Weiterentwicklung, ihren Export und damit eine starke Stellung der EU im Weltmarkt.
Diese Ziele, auch der Umweltschutz, bestehen unabhängig von den internationalen
umweltbezogenen Empfehlungen und (Selbst-)Verpflichtungen. Im Rahmen der EU hat
sich auch Deutschland ihnen angeschlossen. Nach dem Umweltgipfel von Rio 1992
setzte sich die Bundesregierung zum Ziel, den Kohlendioxydausstoß bis 2005 um 25%
gegenüber 1990 zu verringern. Die Kyoto-Konferenz 1997 schloß auch die anderen
Treibhausgase mit ein (die, wie in Kap.1.1. erwähnt, ebenfalls überwiegend energetisch
bedingt sind). Deutschland verpflichtete sich zur Reduzierung um 28% bis 2012. Das im
Oktober 2000 vorgestellte nationale Klimaschutzprogramm weist die zu erbringenden
Reduktionsziele getrennt für die Bereiche Haushalte, Industrie und Verkehr aus. -
Ferner wird die Entwicklung der deutschen Energieversorgung von dem festgelegten,
allmählichen Beenden der Kernenergienutzung bestimmt.
Mecklenburg-Vorpommern hat das Rio-Ziel der Bundesregierung übernommen, den
CO
2
-Ausstoß bis 2005 um ein Viertel zurückzufahren. Möglichkeiten zur Umsetzung
werden im Klimaschutzkonzept des Landes von 1997 ausgelotet.
Neben diesen lediglich begrenzenden, eher ,,defensiven" Zielen gibt es vereinzelt auch
konkrete Vorschläge, wie sie zu erreichen sind. In der Deklaration von Madrid 1994
forderte das Europäische Parlament, 2010 mindestens 15% vom
Primärenergieverbrauch der EU aus erneuerbaren Energien zu decken (zit.n. BLU MV
1998b/ Weißbuch). Im Weißbuch Erneuerbare Energien der Kommission wurde das
auf 12% heruntergesetzt. Es entspricht einer Verdoppelung des bisherigen Anteils.
Einer Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
des Europäischen Parlaments zufolge ist aber schon eine 10%ige Verbrauchsdeckung
allein durch Biomasse bis 2010 möglich (Weißbuch S.10). Demnach ist das Gesamtziel
für alle Erneuerbaren als relativ bescheiden zu werten. Die 12% gelten auf der Basis
der Verbrauchsprognosen von Anfang der 90er. Wird unter dem Einfluß der Kyoto-
Konferenz der Verbrauch vermindert, soll der Ausbau Erneuerbarer nicht ebenfalls
gemindert werden, sondern ihr relativer Beitrag wird geringfügig höher angesetzt.
Obgleich ohne direkte politische Bindung, ist das Weißbuch die maßgebliche
Beschlußvorlage für die Mitgliedsstaaten.
39

1. Ausgangslage
40
Die ,,Kampagne für den Durchbruch erneuerbarer Energieträger" ist Teil des
Weißbuchs. In ihr wird präzisiert, welche Regenerativen in welchem Maße ausgebaut
werden sollen. So werden bis 2010 3 GW
p
Photovoltaik und 100 Mio.m² Kollektorfläche
zusätzlich zum heutigen Bestand für möglich gehalten. Als tatsächliches Ziel wird aber
nur ein Bruchteil der PV-Leistung angestrebt, nämlich 650 MW
p
. Noch einmal 350 MW
p
sind für den Export vorgesehen. Das konkrete Ziel für Kollektoren liegt bei nur 15
Mio.m², hier gilt allerdings die Frist bis 2005.
Für Strom aus erneuerbaren Energien ist eine europäische Richtlinie in Arbeit. Der
Entwurf schlägt die in Abb.12 dargestellten Werte als nationale Ziele vor:
Zielwerte für den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa bis 2010
Entwurf der Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung
aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsmarkt
10,4
4,8
10,7
3,6
5,1
4,5
0,4
1,1
2,4
0,9
2,2
8,7
0,9
3,5
2,1
3,2
21,7
21,5
21,1
17,5
15,7
14,9
14,5
11,7
10,3
9,3
8,9
8,7
5,8
3,5
2,1
12,5
0
5
10
15
20
25
Finnland Portugal
Spanien
Schweden
Italien
Griechenland
Irland
Deutschland
Frankreich
Belgien
NiederlandeLuxemburg
EU
Anteil an der Stromerzeugung in %
ohne Wasserkraftanlagen 10MW
1997
2010
Abb.12
Quelle: EU-Kommission, zit.n.Solarthemen 88/2000
Graphik: S.W.Schmidt 2000
Ein Energiekonzept für die Bundesrepublik Deutschland gibt es bisher nicht. Das
Weißbuch der EU ist also nicht national untersetzt und kann daher kaum umgesetzt
werden. Das ,,nationale Klimaschutzprogramm" nennt weder Mittel zur
Klimagasreduzierung noch konkrete Zielwerte für den Ausbau erneuerbarer
Energieträger, obwohl die Mitgliedsstaaten explizit dazu aufgefordert sind (Weißbuch
S.38). Viele europäische Staaten haben schon seit Jahren nationale Strategien. Daß
Deutschland wie auch Frankreich bisher keine vorweisen können, ist um so
schwerwiegender, weil dies die größten Energieverbraucher in der EU sind. Bisher sind
hierzulande lediglich Einzelmaßnahmen vorgesehen (AG DLR u.a.1999):
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Vergütungen für eingespeisten
Regenerativ-Strom festlegt, orientiert sich wie auch die Ökosteuer sehr grob am Ziel der
EU: den Anteil Erneuerbarer am Primärenergieeinsatz bis 2010 auf 12% zu verdoppeln.

1. Ausgangslage
41
Ferner soll der Anteil des in Kraft-Wärme-Kopplung produzierten Stroms mittels des
KWK-Gesetzes zunächst auf jetzigem Niveau gesichert, mit einem angekündigten
KWK-Ausbaugesetz erhöht werden. Zielwerte liegen aber nicht vor.
Energieeinsatz für Raumwärme *
- Vergleich von Wärmeschutzstandards -
180
130
0
80
60
30
10
300
180
120
70
70
15
0
50
100
150
200
250
300
350
Altbaubestand
WSchVO 82
WSchVO 94/95
Schweden 90
Niedrigenergie-Haus
Passivhaus
Null-Heizenergie-Haus
kWh / m² a
obere Grenze
untere Grenze
* gemeint ist die benötigte,
meist fossil-nukleare
Zusatzenergie durch
Feuerung/Stromheizung.
Auch in einem Null-
Heizenergie-Haus finden
Heizenergieumsätze statt.
Energiequellen sind aktive
und passive Solarnutzung,
Abwärme von Personen und
elektrischen Geräten.
Quellen: Energiebericht
Schleswig-Holstein 1999;
Eurosolar/Stadtwerke
Hannover, zit. n. Forum
Umwelt Kreisverwaltung
Mainz-Bingen 1998.
Graphik: S.W.Schmidt
Die Novellierung der seit 1985 geltenden Wärmeschutzverordnung wird als überfällig
angesehen. Sie wird unter dem Namen Energieeinsparverordnung (EnEV) für 2001
erwartet und soll sich ­ für Neubauten - am Niedrigenergiehaus-Standard orientieren.
Wie Abb.13 zeigt, ist dies in Schweden schon seit zehn Jahren vorgeschrieben. Dabei
sind bereits Fertighäuser nach Passivstandard heute ohne Aufpreise erhältlich.
Abb.13:
Daß der größte Teil der Gebäude Altbauten sind, ist erkannt. Hier sieht die EnEV die
Dämmung der obersten Geschoßdecke und den Austausch von mindestens 25 Jahre
alten Heizungen verpflichtend vor. Für Neubauten ändert sich im übrigen, daß nicht
mehr eine schlechte Gebäudehülle (Wärmedämmung) durch eine gute
Gebäudetechnik/erneuerbare Energien ausgeglichen werden kann.
Dies war bisher möglich und führte den Sinn der Verordnung ad absurdum. Daran zeigt
sich ein prinzipielles Manko, an dem auch die kommende EnEV weiter krankt: Konkrete
Zahlen verhindern komplexe Sanierungen bzw. Neubau nach dem Stand der Technik.
Orientierung am vorgeschriebenen bloßen Minimalwert läßt sich nachträglich kaum
korrigieren und verursacht erhebliche Kosten.
Zur dennoch möglichst weitgehenden Erfassung des technisch Machbaren ist ferner ein
Altbausanierungsprogramm (Förderung) vorgesehen.

1. Ausgangslage
Auf Ebene der Bundesländer sind energiepolitische Strategien bislang rar. Lediglich
Bayern verfügt über ein Energiekonzept. Mecklenburg-Vorpommerns
Klimaschutzkonzept wird ergänzt durch den Landesatlas Erneuerbare Energien (1996),
der vorhandene Möglichkeiten beschreibt. Wie sie genutzt werden können, soll in einem
Landesenergiekonzept dargestellt werden, das aber derzeit erst als Entwurf existiert.
Auch die Angabe aus dem Entwurf des Jahreswirtschaftsberichtes 1999, daß ,,künftig"
(vermutlich bis ca.2010) 15-20% des Strombedarfs von MV aus Windkraft erzeugt wird,
ist neben ihrer Vagheit auch eher eine Zustandsbeschreibung als ein Ziel. Andere
Quellen (Jaeger 2000) sprechen von 25% bis 2005. Der Beitrag anderer erneuerbarer
Energien wird nicht erwähnt.
Da für Mecklenburg-Vorpommern keine politisch festgelegten Ziele zum Ausbau
der Solarenergienutzung existieren, müssen Rückschlüsse gezogen werden. Das
Wirtschaftsministerium MV erwartet, daß schon im Jahre 2000 die Windkraft 11% des
Bedarfs abdeckt (Entwurf Jahreswirtschaftsbericht MV 1999). Tatsächlich stammten
1999 11% des in MV erzeugten Stroms aus Erneuerbaren (d.h. die Windkraft allein
erreichte einen leicht geringeren Wert), allerdings nur des erzeugten (OZ 25.8.2000,
Stat.Jb.MV 2000). Rund ein Drittel des hier verbrauchten Stroms wird ins Land
importiert, vornehmlich aus ostdeutschen Braunkohlekraftwerken. Der Beitrag aller
Erneuerbaren zusammen zum Stromverbrauch in MV lag damit nur bei 7,9%.
Die Windkraft-Eignungsräume an Land waren 1999 zu über 60% unbebaut (BauMV
1999). Die vergleichsweise langsame Inanspruchnahme weist einerseits auf eine
Stagnation hin, spricht andererseits für die Steigerungsmöglichkeiten. Die größte
Zunahme beim Windstrom in der Frist bis 2010 ist aus Off-shore-Anlagen zu erwarten,
wenngleich deren Genehmigung in MV bisher erheblich umstritten war (vgl.OZ v.23.5.u.
10.7.2000). Fraglich bleibt, ob ein alleiniger Ausbau der Windkraft unter
Vernachlässigung der anderen regenerativen Energieträger sinnvoll ist.
Diese grundsätzlichen Überlegungen wie auch die genannten praktischen
Rahmenbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern legen eine stärkere Nutzung auch
der Sonnenenergie nahe.
Für das Untersuchungsgebiet dieser Arbeit, die Insel Rügen, sind keine konkreten
Ziele im Energiebereich vorhanden. Die Nutzung erneuerbarer Energien wird schlicht
empfohlen (RROP-VP; Energiekonzept Rügen). Auch eine Tendenz ist aus dem
Energiekonzept wegen dessen Alters kaum noch ersichtlich, da es sich auf die
unmittelbare Nach-Wende-Zeit konzentriert.
42

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832444969
ISBN (Paperback)
9783838644967
DOI
10.3239/9783832444969
Dateigröße
4.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald – unbekannt, Geographie und Geologie
Erscheinungsdatum
2001 (September)
Note
1,5
Schlagworte
architektur energie region sonnenenergie tourismus wirtschaft
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Titel: Regionale Entwicklungseffekte durch die Nutzung von Solarenergie
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