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Klassische und moderne Methoden der Aktienbewertung

Fundamentalanalyse in Theorie und Praxis

©2001 Diplomarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Verlauf des Jahres 1999 begann an den internationalen Aktienmärkten eine Aufschwungphase, die in der Geschichte der Wertpapiermärkte mit dem Boom der Industrialisierung vergleichbar war. Vorangetrieben durch die Globalisierung der Märkte und den ständig wachsenden Wettbewerb gewann der Kapitalmarkt für viele Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Insbesondere junge, dynamische Unternehmen der sogenannten „New Economy“ versuchen seit dem, mit dem Gang an die Börse ihre Geschäftsideen durchzusetzen. Bereits bei der Börseneinführung ist es wichtig, den richtigen, wahren bzw. fairen Wert eines Unternehmens zu ermitteln, um die Investoren auch langfristig an das Unternehmen zu binden. Die Unternehmenswertermittlung vollzieht sich dabei anhand verschiedener klassischer und moderner Verfahren. Die Vielfalt und Komplexität dieser Methoden führt u.a. dazu, dass der Ruf nach erhöhter Transparenz und verbessertem Anlegerschutz lauter wurde. Inzwischen hat die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung (DVSA/SG ) den Standard für Researchberichte am Neuen Markt veröffentlicht. Die Diskussion um das „richtige“ Verfahren in der Aktienbewertung wird jedoch in jüngster Zeit weiter geführt. Die vorgelegte Arbeit soll dabei Aufklärungsarbeit leisten und zu weiterem Meinungsaustausch anregen.
Gang der Untersuchung:
Ziel dieser Arbeit ist es, die gebräuchlichsten Methoden der klassischen und modernen Aktienbewertung darzustellen und auf ihre Stärken und Schwächen zu untersuchen. Im Mittelpunkt stehen dabei das Ertragswert-, das Cash-Flow- und das Multiplikator-Verfahren. Des weiteren soll sie einen Einblick in die Praxis der fundamentalen Aktienbewertung vermitteln. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Abschnitte. In dem folgenden, zweiten Abschnitt werden die Grundlagen der fundamentalen Aktienanalyse dargestellt. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die Analyse des Unternehmens sowie seiner Ertragskraft. Der dritte Abschnitt widmet sich den Verfahren zur Bestimmung des „inneren“ Wertes einer Aktie. Nach einem kurzen Überblick werden die klassischen als auch die modernen Verfahren nacheinander vorgestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen. Einen Einblick in die Bewertungspraxis der fundamentalen Aktienanalyse gibt anschließend der nächste Abschnitt dieser Arbeit. Hier wird am Beispiel einer Unternehmensstudie der Deutschen Telekom AG gezeigt, wie ein Unternehmen mit Hilfe der Multiplikator-Methode und der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. Einleitung
A. Problemstellung
B. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

II. Grundlagen der Fundamentalanalyse
A. Ansätze der Fundamentalanalyse
1. Historischer Hintergrund
2. Einordnung in das Gebiet der Aktienanalyse
3. Begriff, Aufgaben und Teilgebiete der Fundamentalanalyse
4. Fundamentalanalyse und Unternehmensbewertung
5. Analysenschritte
B. Analyse der Gesamtwirtschaft
1. Konjunktur
2. Geldmenge
3. Zinsen
4. Wechselkurse
C. Analyse der Branche
1. Branchenspezifische konjunkturelle Ablaufmuster
2. Indikatoren der Branchenanalyse
D. Analyse des Unternehmens
1. Analyse der Erfolge
1.1 Analyse der Umsatzerlöse
1.2 Analyse der Ertragskraft
a) Das Ergebnis nach DVFA/SG
b) Der Cash-Flow nach DVFA/SG
c) Ausgewählte operative Ergebnisgrößen
d) Kennzahlen der Ertragskraft
1.3 Analyse der Kapitalrenditen
2. Analyse der Finanzen
2.1 Analyse der Liquidität
2.2 Analyse der Kapitalstruktur
3. Analyse weiterer Einflußfaktoren

III. Verfahren zur Bestimmung des „inneren“ Wertes einer Aktie
A. Überblick
B. Klassische Methoden der Aktienbewertung
1. Ertragswertverfahren nach IDW
1.1 Grundsätzliches Vorgehen
1.2 Erfolgsgrößen und ihre Prognose
1.3 Kapitalisierungszinssatz
1.4 Berücksichtigung von Steuern
1.5 Kritische Würdigung des Ertragswertverfahrens
2. Discounted-Cash-Flow- Methode
2.1 Systematisierung der DCF-Verfahren
2.2 WACC-Ansatz
a) Das Konzept
b) Bestimmung des bewertungsrelevanten Cash-Flows
c) Ermittlung der Kapitalisierungszinssätze
2.3 Total Cash-Flow-Ansatz
2.4 Adjusted-Present-Value-Ansatz
2.5 Equity-Methode
2.6 Kritische Würdigung der DCF-Verfahren
3. Gegenüberstellung klassischer Unternehmensbewertungsmethoden
C. Moderne Verfahren der Aktienbewertung
1. Multiplikator-Methode
1.1 Grundsätzliches Vorgehen
1.2 Durchführung der Multiplikator-Methode
a) Auswahl der Vergleichsunternehmen
b) Auswahl und Berechnung der Multiplikatoren
c) Wertermittlung
1.3 Kritische Würdigung
2. Alternative Verfahren

IV. Fundamentalanalyse in der Praxis am Bewertungsbeispiel der Deutschen Telekom AG
A. Unternehmensportrait
B. Branchen- bzw. Marktanalyse
C. Peer Group
D. Multiplikatoren-Modell
E. DCF-Modell
F. Ergebnisse und Empfehlung

V. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Teilbereiche der Aktienanalyse

Abbildung 2: Teilgebiete der Fundamentalanalyse

Abbildung 3: Vorgehensweise innerhalb der fundamentalen Einzelwertanalyse

Abbildung 4: Wichtige konjunkturelle Frühindikatoren

Abbildung 5: Branchen im Konjunkturzyklus sowie deren wichtigsten Einflußgrößen

Abbildung 6: Schritte zur Ergebnisermittlung nach DVFA/SG

Abbildung 7: Schritte zur Cash-Flow-Ermittlung nach DVFA/SG

Abbildung 8: Berechnungsschema der EBIT-Ergebnisse

Abbildung 9: Bewertungsverfahren im Überblick

Abbildung 10: Ableitung des ausschüttungsfähigen Ertragsüberschusses aus einer GuV

Abbildung 11: Überblick über Varianten der Discounted-Cash-Flow- Methode

Abbildung 12: Ermittlungsschema Free Cash-Flow

Abbildung 13: Gegenüberstellung der klassischen Bewertungsmethoden

Abbildung 14: Ablauf einer Multiplikator-Bewertung

Abbildung 15: Kriterien zur Auswahl der Vergleichsunternehmen

Abbildung 16: Häufig angewendete Multiplikatoren und ihre Eigenschaften

Abbildung 17: Drei-Jahres-Chart der Deutschen Telekom AG

Abbildung 18: Vergleichsunternehmen der Deutschen Telekom AG

Abbildung 19: Prognostizierte Bezugsgrößen der Peer Group

Abbildung 20: Durchführung der Multiplikator-Methode

Abbildung 21: Annahmenkatalog

Abbildung 22: Durchführung der DCF-Methode

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Einleitung

A. Problemstellung

Im Verlauf des Jahres 1999 begann an den internationalen Aktienmärkten eine Aufschwungphase, die in der Geschichte der Wertpapiermärkte mit dem Boom der Industrialisierung vergleichbar war. Vorangetrieben durch die Globalisierung der Märkte und den ständig wachsenden Wettbewerb gewann der Kapitalmarkt für viele Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Insbesondere junge, dynamische Unternehmen der sogenannten „New Economy“ versuchen seit dem, mit dem Gang an die Börse ihre Geschäftsideen durchzusetzen. Bereits bei der Börseneinführung ist es wichtig, den richtigen, wahren bzw. fairen Wert eines Unternehmens zu ermitteln, um die Investoren auch langfristig an das Unternehmen zu binden. Die Unternehmenswertermittlung vollzieht sich dabei anhand verschiedener klassischer und moderner Verfahren. Die Vielfalt und Komplexität dieser Methoden führt u.a. dazu, daß der Ruf nach erhöhter Transparenz und verbessertem Anlegerschutz lauter wurde. Inzwischen hat die D eutsche V ereinigung für F inanzanalyse und A nlageberatung (DVSA/SG ) den Standard für Researchberichte am Neuen Markt veröffentlicht. Die Diskussion um das „richtige“ Verfahren in der Aktienbewertung wird jedoch in jüngster Zeit weiter geführt. Die vorgelegte Arbeit soll dabei Aufklärungsarbeit leisten und zu weiterem Meinungsaustausch anregen.

B. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, die gebräuchlichsten Methoden der klassischen und modernen Aktienbewertung darzustellen und auf ihre Stärken und Schwächen zu untersuchen. Im Mittelpunkt stehen dabei das Ertragswert-, das Cash-Flow- und das Multiplikator-Verfahren. Des weiteren soll sie einen Einblick in die Praxis der fundamentalen Aktienbewertung vermitteln.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Abschnitte. In dem folgenden, zweiten Abschnitt werden die Grundlagen der fundamentalen Aktienanalyse dargestellt. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die Analyse des Unternehmens sowie seiner Ertragskraft.

Der dritte Abschnitt widmet sich den Verfahren zur Bestimmung des „inneren“ Wertes einer Aktie. Nach einem kurzen Überblick werden die klassischen als auch die modernen Verfahren nacheinander vorgestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen.

Einen Einblick in die Bewertungspraxis der fundamentalen Aktienanalyse gibt anschließend der nächste Abschnitt dieser Arbeit. Hier wird am Beispiel einer Unternehmensstudie der Deutschen Telekom AG gezeigt, wie ein Unternehmen mit Hilfe der Multiplikator-Methode und der DCF-Rechnung bewertet werden kann. Auf die Durchführung einer gesamtwirtschaftlichen Analyse sowie einer ausführlichen Branchenanalyse wird an dieser Stelle verzichtet.

Im letzten Abschnitt werden dann die wichtigsten Aussagen nochmals zusammenfassend dargestellt.

II. Grundlagen der Fundamentalanalyse

A. Ansätze der Fundamentalanalyse

1. Historischer Hintergrund

Im Zuge der industriellen Revolution setzte Ende des 19. Jahrhunderts
neben dem rapiden Wachstum der Weltwirtschaft auch der Aufschwung des Aktienhandels ein. Zahlreiche Gründungen von Aktiengesellschaften sowie zunehmende Nachfrage nach Anlagewerten hatten Spekulationsgeschäfte in großem Umfang zur Folge. Die ersten Theorien über den Verlauf von Aktienkursen wurden veröffentlicht.[1] Doch der Aktienhausse der Jahre nach 1921 folgte der Börsenkrach von 1929, der die Weltbörsen um bis zu 90% abstürzen ließ. Viele Anleger wurden spätestens von diesem Zeitpunkt an bei der Auswahl ihrer Papiere vorsichtiger und zeigten zunehmendes Interesse nach einer Analyse von unternehmensbezogenen Daten. So erschien im Jahre 1934 mit „Security Analysis“ von Benjamin Graham und David Dodd erstmals ein Buch, das einen Ansatz zur Ermittlung des Bilanzwertes und der Ertragskraft eines Unternehmens, sowie Kriterien zur Aktienauswahl erläuterte. Bis heute gilt „Security Analysis“ als der Beginn der fundamentalen
Aktienanalyse.[2]

2. Einordnung in das Gebiet der Aktienanalyse

Die Aktienanalyse dient den Investoren als Hilfsmittel zur Begründung ihrer individuellen Anlageentscheidungen am Aktienmarkt.[3] Sie läßt sich in zwei große Teilbereiche gliedern, die Einzel- und die Portfolioanalyse.[4] Die Aufgabe der Einzelanalyse ist es, mit Hilfe der Erfassung und Aufbereitung aktueller Unternehmensdaten sowie gesamtwirtschaftlicher Einflußfaktoren, Aussagen über die Auswahl („stockpicking“) und den Zeitpunkt für den Kauf und Verkauf („timing“) der Aktentitel zu treffen.[5] Je nach Schwerpunkt der
Betrachtungsweise sind in der Vergangenheit zwei verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt worden, die Fundamentalanalyse und die technische Analyse. Neben der fundamentalen Aktienanalyse, die den zentralen Gegenstand dieser Arbeit darstellt und in den nächsten Kapiteln genauer untersucht wird, sei an dieser Stelle kurz die technische Aktienanalyse vorgestellt.[6] Die Chartanalyse, wie die technische Analyse ebenfalls genannt wird, zieht aus vergangenen Börsenkursen Rückschlüsse für die zukünftige Bewertung der Aktienkurse. Mit Hilfe von sog. Börsencharts, die die Kurs- und Umsatzentwicklung in Abhängigkeit vom Zeitablauf aufzeigen, können in der Vergangenheit liegende Trends auch für die Zukunft vorhergesagt werden.[7] Die Umkehrpunkte der Trendverläufe werden somit möglichst früh erkannt, um einen günstigen Zeitpunkt für den Kauf und Verkauf der ausgewählten Titel zu erhalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Teilbereiche der Aktienanalyse

Die endgültige Auswahl einer Aktie hängt von den individuellen Zielen des einzelnen Kapitalanlegers ab. Gemäß seinen Rendite-, Sicherheits- und Liquiditätspräferenzen wird im Anschluß an die Einzelanalyse ein für ihn optimales Depot (Portfolio) aus Aktien und ggf. auch anderen Wertpapieren erstellt.[8] Die Portfolioanalyse, die den zweiten Teilbereich der Aktienanalyse darstellt, berücksichtigt dabei die Risiko- und Ertragswirkungen, die sich durch Kombination verschiedener Aktien ergeben. Demnach wird ein Investor[9] bei der Zusammenstellung seines Portfolios diejenige Wertpapierauswahl treffen, die ihm den höchsten Nutzen bringt.[10] Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß sich die fundamentalen Bewertungsansätze hinsichtlich der Ermittlung des Kapitalisierungszinses durchaus auf Modelle der Portfoliotheorie stützen können.[11] Daher können die einzelnen Teilbereiche nicht strikt voneinander getrennt werden.

3. Begriff, Aufgaben und Teilgebiete der Fundamentalanalyse

Unter dem Begriff „Fundamentalanalyse“ versteht man die Beurteilung der bisherigen und die Prognose der zukünftigen Ertragskraft eines bestimmten Unternehmens.[12] Die Ertragskraft ist dabei die Fähigkeit eines Unternehmens nachhaltig Gewinne bzw. Cash-Flows zu erzielen. Aufgabe der fundamentalen Bewertungsmethoden liegt nun darin, den „wahren“ bzw. „inneren“ Wert einer Aktie zu ermitteln, der der Ertragskraft des untersuchten Unternehmens entspricht.[13] Dabei wird unterstellt, daß der Börsenkurs, zumindest mittel- bzw. langfristig gesehen, um den inneren Wert der Aktie schwankt. Steigt nämlich der Kurs einer Aktie über ihren inneren Wert, ist sie überbewertet und wird bei rationaler Verhaltensweise der Marktteilnehmer verkauft. Umgekehrt veranlaßt ein Börsenkurs unterhalb des inneren Wertes der Aktie die Anleger zu Aktienkäufen. Da der innere Wert einer Aktie nicht nur der Einwirkung von Unternehmensdaten unterliegt, sondern zudem von den
gesamtwirtschaftlichen, kapitalmarkt- und branchenspezifischen Faktoren beeinflußt wird, sind diese ebenfalls in die Analyse mit einzubeziehen.[14]

Abbildung 2 gibt einen Überblick über die einzelnen Teilgebiete der fundamentalen Aktienanalyse sowie eine beispielhafte Darstellung von den inneren Wert beeinflussenden Determinanten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2:Teilgebiete der Fundamentalanalyse[15]

4. Fundamentalanalyse und Unternehmensbewertung

Die Instrumente der fundamentalen Aktienanalyse haben ihre Wurzeln in der dynamischen Investitionsrechnung. Nach Williams kann der innere Wert
einer Aktie als Summe aller künftigen Vorteile (Dividenden und Verkaufskurs) verstanden werden, die mittels eines geeigneten Kalkulationszinssatzes auf den Betrachtugszeitpunkt abzuzinsen sind.[16] Aus der Sicht eines Investors entspricht somit der Barwert der zukünftigen Überschüsse der Einzahlungen (Ausschüttungen und Kapitalrückzahlungen) über die Auszahlungen (Kapitaleinzahlungen) dem inneren Wert einer Aktie (Present Value). Diese Überlegungen sind auch der Ursprung der am Kapitalwertkalkül orientierten Verfahren der Unternehmensbewertung (siehe Kapitel III).[17]

Da sich die Verfahren der Unternehmens- und Aktienbewertung auf identische Bewertungsströme konzentrieren, besteht der wesentliche Unterschied lediglich in dem zugrundeliegenden Informations- bzw. Datenmaterial und nicht in der technischen Vorgehensweise. Während ein Mehrheitsaktionär meist über eine größere Informationsbasis verfügt und somit seine Entscheidungen auf Methoden der Unternehmensbewertung basieren, hat ein Erwerber einer Minderheit dagegen oft nur Zugriff auf öffentlich verfügbare Informationen und keine persönlichen Einflußmöglichkeiten auf das Unternehmen. Ein Minderheitsaktionär wird deshalb vor allem die Methoden der Aktienbewertung anwenden. „Die fundamentalanalytischen Aktienbewertungsmodelle sind insofern in die Unternehmensbewertung eingebettet.“[18]

5. Analysenschritte

Hinsichtlich der Methodik der fundamentalen Aktienanalyse lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze unterscheiden. Beginnen die Untersuchungen mit der Gesamtwirtschaft und schreiten dann über die Kapitalmärkte und Branchen bis hin zu den einzelnen Aktiengesellschaften fort, so spricht man vom Top-Down-Ansatz.[19] Diese Vorgehensweise basiert auf der empirisch belegten Prämisse, daß die wichtigste einzelne Einflußkomponente für Aktienkurse die Entwicklung des Gesamtmarktes darstellt.[20] Diese Grundprämisse ist jedoch in der Aktienanlagepraxis nicht unumstritten. Es kann durchaus sinnvoll sein, alle einzelnen Aktien zu analysieren und anschließend alle Ergebnisse zusammenzuführen, um eine Prognose über den Kursverlauf des Gesamtmarktes abzuleiten. Genau diese Vorgehensweise wählt der Bottom-Up-Ansatz. Zu beachten ist jedoch, daß eine gründliche Bottom-Up-Vorgehensweise angesichts größerer Analysevolumina wesentlich personalintensiver ist und somit höhere Kosten verursacht.[21]

Das eigentliche Kernstück jeder Fundamentalanalyse ist, gleichgültig welche Methodik gewählt wurde, die Analyse des Unternehmens. Die Abbildung 3 stellt zusammenfassend die grundsätzlichen Schritte der fundamentalen Analyse einer Aktiengesellschaft dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Vorgehensweise innerhalb der fundamentalen Einzelwertanalyse[22]

Die einzelnen Verfahren zur Bestimmung des inneren Wertes einer Aktie werden im Kapitel III näher dargestellt.

In den nächsten drei Kapiteln werden nun die einzelnen Schritte der fundamentalen Gesamtanalyse erläutert. Dabei wird zunächst, nach der Methodik des Top-Down-Ansatzes, die Analyse der Gesamtwirtschaft, anschließend die Branchenanalyse und schließlich die Analyse des Unternehmens beschrieben.

B. Analyse der Gesamtwirtschaft

Bei der Durchführung der fundamentalen Aktienanalyse stellt die gesamtwirtschaftliche Analyse den ersten Schritt dar. Da sich eine einzelne Aktie dem Gesamttrend der Börse auf Dauer nicht entziehen kann, kommt der richtigen Einschätzung der allgemeinen Börsensituation besondere Bedeutung zu.[23] Um Aussagen über die zukünftige Verfassung des Aktienmarktes machen zu können, muß einerseits die Entwicklung der Gesamtwirtschaft und andererseits die Zins- und Liquiditätsentwicklung prognostiziert werden. Eine wesentliche Hilfe können dabei die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, der volkswirtschaftlichen Abteilungen großer Banken bzw. Broker sowie statistische Daten der Europäischen Zentralbank oder der Deutschen Bundesbank sein.[24] Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß im Zeitalter der Globalisierung eine Analyse des nationalen Marktes nicht mehr ausreicht. Deshalb ist es gleichzeitig notwendig, die internationale Wirtschaftslage zu beurteilen.

Im folgenden soll zunächst die Bedeutung der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur auf die Börsenentwicklung erläutert werden. Anschließend wird die Geldmengen- und Zinsentwicklung sowie der Einfluß von Wechselkursen auf den Aktienmarkt diskutiert.

1. Konjunktur

Die Gewinnentwicklung der Unternehmen wird wesentlich durch Konjunkturschwankungen beeinflußt.[25] Diese Schwankungen schlagen sich wiederum, durch veränderte Gewinnerwartungen und eine höhere oder geringere Ausschüttungsfähigkeit der Unternehmen, in Aktienkursbewegungen nieder. Der Konjunkturaufschwung führt i.d.R. zu einer steigenden Nachfrage und einer allgemeinen Zunahme der Produktion. Die Kapazitäten der Unternehmen werden besser ausgelastet und dadurch die Stückkosten gesenkt. Bleiben zusätzlich die Lohnkosten weitgehend konstant und können aufgrund steigender Nachfrage höhere Preise durchgesetzt werden, so vergrößern sich die Gewinnspannen und die Unternehmensgewinne steigen.

Bis in die erste Hälfte der siebziger Jahre konnten Konjunkturprognosen auf der Basis regelmäßig wiederkehrender Zyklen erstellt werden. Seit der ersten Ölkrise 1973 lassen sich diese Ablaufmuster nicht mehr erkennen. Die Prognose der konjunkturellen Lage mit Hilfe von Frühindikatoren hat damit an Bedeutung gewonnen. Die wichtigsten Frühindikatoren für die Konjunkturentwicklung zeigt die folgende Abbildung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Wichtige konjunkturelle Frühindikatoren

Der IFO-Geschäftsklimaindex ist ein vielbeachteter Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung Deutschlands. Für die Ermittlung des Index befragt das IFO-Institut für Wirtschaftsforschung in München jeden Monat über 7.000 Unternehmen in West- und Ostdeutschland nach ihrer Einschätzung der Geschäftslage sowie nach ihren Erwartungen für die nächsten sechs Monate. Geht der Index mehrere Monate hintereinander zurück, deutet das auf eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums hin.

Trotz des abnehmenden Anteils der industriellen Produktion am Bruttosozialprodukt der entwickelten Länder ist die Entwicklung der Industrieproduktion ein wichtiger Indikator für den gesamten Konjunkturrhythmus.[26] Die Entwicklung der Auftragseingänge hat in der Regel einen gewissen Vorlauf vor der Industrieproduktion und gibt Aufschluß über die Produktionsauslastung in der näheren Zukunft. Zudem läßt sich an den Auftragseingängen ablesen, was die Auftraggeber von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung erwarten. Diese Erwartungshaltung hat ebenfalls einen Einfluß auf die Konjunktur.

Die Entwicklung der Weltwirtschaft wird entscheidend durch die US-Konjunktur mitbestimmt. Dies ergibt sich schon daraus, daß die amerikanische Wirtschaft mehr als ein Fünftel der Weltproduktion erzeugt und gut ein Sechstel der globalen Importe absorbiert. Zudem üben die amerikanischen Börsen einen starken Einfluß auf die internationalen Finanzmärkte aus. Deshalb gilt es besonders, die konjunkturellen Frühindikatoren der Vereinigten Staaten zu beachten. Zu den wichtigsten zählt hierbei der monatlich veröffentlichte Composite Index of Leading Indicators.[27] Dieser Gesamtindikator spiegelt die Entwicklung an den Güter- und Rohstoffmärkten, dem Arbeitsmarkt und den Finanzmärkten wider und besteht aus einer Vielzahl von Einzelindikatoren.

2. Geldmenge

Neben der Konjunkturentwicklung gibt es noch weitere wichtige gesamtwirtschaftliche Größen, die auf den Aktienmarkt unmittelbar einwirken. Im Wirtschaftskreislauf befindliches Geld sucht Anlagemöglichkeiten. Gerade deshalb wird der Geldmengenentwicklung erhebliche Börsenrelevanz beigemessen.[28] Nimmt die Geldmenge zu, ist also viel Geld am Markt verfügbar, erhöht sich in der Regel die Nachfrage nach Aktien, und die Kurse steigen.[29] Umgekehrt führt knappes Geld zu einem erhöhten Angebot von Aktien und läßt die Kurse sinken. Die allgemeine Aktienkursentwicklung folgt allerdings der Geldmenge mit einer erheblichen Verzögerung.

Die Kontrolle der Geldmenge ist für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank kein eigenständiges Ziel, sondern ein notwendiger Zwischenschritt, um die Preisstabilität zu gewährleisten. Am Jahresbeginn wird für die Entwicklung der Geldmenge eine gewisse Schwankungsbreite, der sogenannte Zielkorridor, vorgegeben.[30] Weicht die Geldmenge vom Zielkorridor ab, so muß mit einem Gegensteuern der Zentralbank gerechnet werden. Besondere Aufmerksamkeit verdient ein Kurswechsel in der Geldpolitik, der sich anhand der Vorgaben für das Geldmengenwachstum feststellen läßt. Denn den Trendwenden am Aktienmarkt gehen in der Regel Wendepunkte im langfristigen Trend der Geldmenge voran.[31]

Natürlich sind Konjunktur und Geldmenge nicht allein für das Kursverhalten am Aktienmarkt verantwortlich. Letztlich gibt es eine Reihe von makro- und mikroökonomischer Indikatoren, die sich in den Aktienkursen niederschlagen. Im folgenden soll der Einfluß der Zinsen sowie ihre Entwicklung auf die Aktienmärkte erläutert werden.

3. Zinsen

Die Zinsentwicklung ist für die Aktienmärkte unter drei Aspekten interessant. Die Zinsveränderungen beeinflussen zum einen das Verhältnis zwischen den konkurrierenden Finanzanlagen. So bietet die Geldanlage in Aktien dem Anleger die Möglichkeit eines überdurchschnittlichen, aber unsicheren Ertrags, während er bei der Anlage in Anleihen einen weniger attraktiveren, dafür aber einen sicheren Ertrag bekommt. Folglich werden sich die Anleger bei einem hohen Zinsniveau für die Anleihe entscheiden, die dann eine hohe und sichere Verzinsung bietet. Bei einem niedrigen Zinsniveau ist mit dem umgekehrten Verhalten zu rechnen. Zum anderen beeinflussen Zinsänderungen die Zinsaufwendungen der Unternehmen und dadurch auch die Höhe ihrer Gewinne.[32] Bei einem hohen Zinsniveau verringert sich damit die Bereitschaft der Anleger, entsprechende Kurse für die Aktien dieser Unternehmen zu zahlen. Als dritter Aspekt ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß ein beachtliches Volumen spekulativer Aktienkäufe auf Kreditbasis erfolgt.[33] Zinsänderungen beeinflussen somit die Neigung dieser Anleger, kreditfinanzierte Aktienpositionen auf- oder abzubauen.

Wertvolle Informationen für den zukünftigen Zinstrend lassen sich aus der Zinsstrukturkurve gewinnen. Die Gegenüberstellung der Zinsen für langfristige und kurzfristige Anlagen gibt einen Hinweis auf die zu erwartende Zinsentwicklung. In der Regel liegen die Zinssätze langfristiger Anlagen, wegen des höheren Risikos längerer Laufzeiten, über den Sätzen der kurzfristigen Anlagen. Im umgekehrten Fall liegt eine inverse Zinsstrukturkurve vor, die eine restriktive Geldpolitik anzeigt. Sie kann deshalb als Frühindikator für die Entwicklung der kurzfristigen Zinssätze genommen werden.[34]

Die Umlaufrendite zehnjähriger Anleihen kann ebenfalls als Indikator für die Zinsentwicklung gewählt werden.[35] Sie spiegelt in erster Linie die Erwartungen der Marktteilnehmer wider und steht stellvertretend für die längerfristigen Kapitalmarktzinsen.

Nachdem auf den vorangegangenen Seiten der Einfluß der Konjunktur, der Geldmenge sowie der Zinsen auf die Aktienmärkte erläutert wurde, soll im nächsten Abschnitt die Bedeutung der Wechselkurse dargestellt werden.

4. Wechselkurse

Der Wechselkurs richtet sich nach dem Angebot und Nachfrage zweier Währungen und beeinflußt den Aktienmarkt auf sehr unterschiedliche Weise. In erster Linie sind die Währungsrelationen für solche Wertpapierbörsen entscheidend, die von ausländischer Nachfrage stark beeinflußbar sind. Dies triff auch auf den deutschen Aktienmarkt zu, weil rund ein Viertel aller deutschen Aktienwerte im Zeitraum von Juli bis September 2000 von ausländischen Anlegern erworben wurde.[36]

Die Erwartungen bezüglich der weiteren Wechselkursentwicklung spielen bei der Entscheidung für oder gegen einen Aktienmarkt eine große Rolle.[37] Geht man an den Finanzmärkten z.B. von einer Stärke des Euro aus, so werden ausländische Anleger in den Euro umschichten, um von der Aufwertung zu profitieren. Der deutsche Aktienmarkt wird davon ebenfalls profitieren können.

Ein sinkender Euro-Kurs begünstigt auf der einen Seite, durch die verbesserte internationale Wettbewerbsfähigkeit, die exportintensiven Unternehmen. Die Aktienkurse dieser Unternehmen sollten damit im Vergleich zum Markt überproportional steigen. Auf der anderen Seite belastet ein fallender Euro-Kurs die importabhängige Unternehmen mit steigenden Einkaufspreisen für Rohstoffe und Waren.

Der Wechselkurs beeinflußt aber auch die gesamte Volkswirtschaft über die realen Austauschverhältnisse (Terms of Trade).[38] Sinkt z.B. der Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar, verschlechtert sich das reale Austauschverhältnis zwischen dem Euro-Raum und den USA. Die Folge ist ein Preisanstieg in der Eurozone, der die EZB tendenziell zur Zinsanhebung zwingt, um die Inflationsgefahr abzuwenden.

C. Analyse der Branche

Im Rahmen der Globalanalyse wurden die wichtigsten Einflußgrößen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vorgestellt. Die einzelnen Branchen werden jedoch durch konjunkturbedingte Einflüsse, veränderte Geldmengen, Zinsstrukturen und Währungsrelationen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unterschiedlich beeinflußt. Deshalb folgt im zweiten Schritt der fundamentalen Aktienanalyse, die Analyse der einzelnen Branchen. In diesem Teil der Aktienanalyse sollen nun die Wirtschaftszweige begutachtet und festgestellt werden, die letztendlich die besten zukünftigen Wachstumschancen aufweisen.[39]

Zu Beginn muß den Fragen nachgegangen werden, ob es branchenspezifische konjunkturelle Ablaufmuster gibt und welchen Einfluß sie auf die Kursentwicklung haben. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden dann besonders wichtige Indikatoren der Branchenanalyse erläutert. Dazu gehören die Auftragseingänge, die Auftragsbestandslage, die Exporterwartungen und die Geschäftslagebeurteilung.

1. Branchenspezifische konjunkturelle Ablaufmuster

Die wirtschaftliche Entwicklung einer Branche muß nicht mit der gesamtwirtschaftlichen Konjunkturentwicklung parallel verlaufen. Zum einen gibt es Branchen, die dem Konjunkturzyklus vorangehen und zum anderen existieren Wirtschaftszweige, die der konjunkturellen Entwicklung mehr oder weniger folgen.[40] Die Abbildung 5 zeigt die Stellung ausgewählter Branchen im Konjunkturzyklus sowie deren wichtigsten Einflußgrößen. Wegen komplexen wirtschaftlichen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den Wirtschaftszweigen ist jedoch zu beachten, daß es sich dabei um keine allgemeingültigen Aussagen handelt. Vielmehr muß innerhalb einer Branche jeder Konjunkturzyklus auf seine Besonderheit überprüft werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Branchen im Konjunkturzyklus sowie deren wichtigsten Einflußgrößen[41]

Aus der Stellung der einzelnen Branchen im Konjunkturzyklus lassen sich für die Bestimmung des Kaufzeitpunktes sowie der Kursentwicklung Schlußfolgerungen ziehen. So können in einem Konjunkturabschwung zunächst die Versorger bevorzugt werden. Ihre Ertragslage ist im allgemeinen weitgehend konjunkturunabhängig und mit den sinkenden Zinsen wird diese Branche dann zu einer Alternative gegenüber den festverzinslichen Wertpapieren. Fallen die Zinsen weiter und gibt es die ersten Anzeichen einer konjunkturellen Trendwende, werden die Automobilaktien interessant. Dieser stark zyklische Wirtschaftszweig profitiert durch seine Produktpalette und seinen direkten Marktzugang als erster der Branchen von einer steigenden Nachfrage. Hat sich die konjunkturelle Trendwende eingestellt, können Chemieaktien gekauft werden. Diese Branche zeichnet sich i.d.R. durch sehr kurze Produktionsdurchlaufzeiten und geringe Lagerbestände aus. Dadurch entwickelt sich die Chemiewirtschaft weitgehend parallel mit der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur. Die Branchenentwicklung der Elektroindustrie läuft der Konjunkturentwicklung etwas hinterher und zeigt nur eine geringe Zyklusausprägung.

Die Aktien der Elektrobranche sollten deshalb in der ersten Phase des Konjunkturaufschwungs gekauft werden. In der Hochkonjunkturphase sind die Nachzüglerbranchen zu bevorzugen. Bei den Unternehmen der Maschinenbauindustrie wirkt sich die wirtschaftliche Trendwende erst dann aus, wenn die steigende Nachfrage auch die Nachfrage nach den Investitionsgütern ansteigen läßt. Die lange Zeitverzögerung zwischen Auftragseingang und der Bauausführung macht die Bauwirtschaft ebenfalls zu einer konjunkturellen Nachzüglerbranche, die zusätzlich einem starken staatlichen Einfluß ausgesetzt ist.

2. Indikatoren der Branchenanalyse

Im Rahmen der Branchenanalyse werden, neben der Abhängigkeit einer Branche vom Konjunkturzyklus, weitere Indikatoren untersucht. Dabei kommt den Auftragseingängen als auch dem Geschäftsklima der einzelnen Branche große Bedeutung zu.[42] Anhand der Auftragslage lassen sich Prognosen über die künftige Branchenentwicklung erstellen. In eine ähnliche Kategorie fallen die durchschnittlichen Lagerbestände innerhalb einer Branche. Beide Größen geben einerseits ein Bild von der Nachfrageentwicklung ab und andererseits das Volumen der zukünftigen Produktion der jeweiligen Branche wieder.[43]

Die Geschäftsklimaindizes verschiedener Wirtschaftszweige liefern eine Einschätzung der Stimmungslage in der jeweiligen Branche. Für die Konsumbranche ist z.B. der GfK-Konsumgüterindex aussagekräftig. Dieser zeigt die Veränderungen des Konsumklimas und kann daher einen Anhaltspunkt für die Brancheneinschätzung geben.

D. Analyse des Unternehmens

In den beiden vergangenen Abschnitten zur Grundlagen der Fundamentalanalyse standen die gesamtwirtschaftlichen und branchenspezifischen Kurseinflußfaktoren im Mittelpunkt der Betrachtung. Als nächstes wird nun, nach der Methodik des Top-Down-Ansatzes, das Augenmerk auf das einzelne Unternehmen gerichtet. Dabei werden, im Rahmen der Unternehmensanalyse, die Stärken und Schwächen der in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen dargestellt und anschließend die aussichtsreichsten Werte ausgewählt.[44]

Der Schwerpunkt dieser Analysetätigkeit liegt darin, insbesondere die zukünftigen Entwicklungstendenzen eines Unternehmens hinsichtlich der Ertrags- als auch der Finanzlage möglichst zuverlässig abzuschätzen.[45] Die Unternehmensentwicklung wird jedoch neben den quantitativen Daten von weiteren Faktoren, wie z.B. Managementqualität oder Produktinnovationen beeinflußt. Da keine Parameter zur Messung qualitativer Faktoren existieren, sind sie nur schwer objektiv zu erfassen. Trotzdem sollten sie in die Unternehmensanalyse einbezogen werden.

Bei der Durchführung der Einzelwertanalyse, wie die Unternehmensanalyse ebenfalls genannt wird, sind die Analysten als auch die Anleger auf verschiedene Informationsquellen angewiesen. Die Grundlage für die Einschätzung der vergangenen, laufenden und zukünftigen Entwicklung des betrachteten Unternehmens bilden in erster Linie die veröffentlichten Jahres- oder Quartalsabschlüsse. Aus Unternehmensbesuchen oder sonstigen Gesprächen mit Entscheidungsträgern in den zu analysierenden Gesellschaften können gegebenenfalls zusätzliche und aktuelle Erkenntnisse gewonnen werden, die bei der Kursprognose sehr nützlich sein können. Diese Art von Informationsbeschaffung steht jedoch i.d.R. nur den professionellen Analysten der Banken und sonstigen Finanzinstitutionen zur Verfügung. Deshalb soll nachfolgend vor allem die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung im Vordergrund der Betrachtung stehen.

Damit aus dem umfassenden Zahlenwerk des Abschlusses eine klare Aussage im Hinblick auf die derzeitige Situation sowie die zukünftige Entwicklung des Unternehmens getroffen werden kann, ist es zunächst notwendig, die Daten entsprechend aufzubereiten und in betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zu verdichten.[46] Bei der Vielfalt an verfügbaren Kennzahlen ist die Aufmerksamkeit auf solche Kennzahlen zu richten, die den besten Einblick in die Ertragslage als auch die finanzielle Situation der Gesellschaft gewähren. Mit den gewonnenen Kennzahlen ist es möglich, in einer Zeitraumbetrachtung Veränderungstendenzen beim betreffenden Unternehmen aufzuzeigen und die Frage nach den Ursachen zu stellen. Darüber hinaus können Vergleiche zu den Zahlen anderer Unternehmen gezogen werden, um so zu einem Urteil über die relative Stellung der Gesellschaft im Markt zu gelangen.

Die folgenden drei Abschnitte geben einen Einblick in die wichtigsten Bereiche der Unternehmensanalyse. Dabei werden vor allem diejenigen Kennzahlen vorgestellt, die nach empirischen Untersuchungen Einfluß auf die Aktienkurse haben.

1. Analyse der Erfolge

Die Erfolgsanalyse bildet den Schwerpunkt der unternehmensindividuellen Analyse. Sie erstreckt sich auf die Analyse der Umsatzerlöse, der Ertragskraft und der Kapitalrendite.

1.1 Analyse der Umsatzerlöse

Der Umsatz ist in der Unternehmensanalyse eine der wichtigsten Größen. Er kann als Indikator für die geschäftlichen Aktivitäten und als die entscheidende Grundlage für die Nachhaltigkeit der Gewinnerzielung eines Unternehmens gelten.[47] Die Umsatzerlöse werden stark von der konjunkturellen Entwicklung und dem jeweiligen Branchenwachstum beeinflußt.

Zu den Kennzahlen des Umsatzerfolges gehört an erster Stelle das Umsatzwachstum. Es zeigt die nominellen Umsatzänderungen im Zeitvergleich und wird folgendermaßen berechnet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Setzt man das Jahresergebnis vor Einkommen- und Ertragsteuern in Verhältnis zu den Umsatzerlösen, so erhält man die Umsatzrentabilität bzw. die Umsatzgewinnrate.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Kennzahl ist besonders geeignet, im Zeit- oder Betriebsvergleich Aussagen über eine positive oder negative Entwicklung bzw. über die relative Erfolgssituation der Unternehmung zu machen.[48] Eine hohe Umsatzrentabilität drückt aus, daß das Unternehmen – gemessen am Geschäftsvolumen – einen hohen Gewinn erzielt.

Einen gewissen Einblick in die Kostenstruktur einer Unternehmung ermöglichen die Umschlagshäufigkeiten. Unternehmen mit einem hohen Kapitalumschlag haben i.d.R. einen geringen Fixkostenanteil, der auf ein anpassungfähiges Unternehmen mit vergleichsweise geringem Ertragsrisiko schließen läßt.[49] Generell läßt sich außerdem sagen, daß je höher die Umschlagshäufigkeit ausfällt, desto größer ist die Wirtschaftlichkeit des Vermögenseinsatzes. Abhängig davon, mit welchem Vermögensposten (Anlagevermögen, Umlaufvermögen oder Gesamtvermögen) die Umsatzerlöse in Beziehung gebracht werden, erhält man folgende Umschlagshäufigkeiten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2 Analyse der Ertragskraft

Die gegenwärtige Ertragslage eines Unternehmens ist sorgfältig von der Ertragskraft dieses Unternehmens zu trennen. Unter der Ertragslage versteht man die momentane Gewinnsituation, ausgedrückt in betriebswirtschaftlichen Erfolg.[50] Die Ertragskraft bezeichnet dagegen die Fähigkeit der Gesellschaft in der Zukunft nachhaltig Gewinne zu erzielen.

Die Ertragslage stellt somit die Ausgangsbasis für die Bestimmung der Ertragskraft dar. Ihre Berechnung orientiert sich am ausgewiesenen Erfolg der Gewinn- und Verlustrechnung. Der dort ausgewiesene Jahresüberschuß bzw. Jahresfehlbetrag ist allerdings nicht mit dem hier zu berechnenden betriebswirtschaftlichen Erfolg identisch. Durch die Anwendung diverser Absatz- und Bewertungswahlrechte wird der Einblick in die tatsächliche Ertragslage eines Unternehmens erschwert.[51] Um Ertragsvergleiche und Kursbeurteilungen sinnvoll vornehmen zu können, ist es deshalb ratsam ein von diesen Sondereinflüssen bereinigtes Ergebnis zu verwenden. Aus diesem Grund hat die Praxis verschiedene Ansätze zur Ermittlung eines bereinigten Jahresergebnisses entwickelt. Im folgenden sollen das Ergebnis nach DVFA/SG, der Cash-Flow nach DVFA/SG sowie einige operative Ergebnisgrößen näher erläutert werden. Anschließend werden die wichtigsten Kennzahlen der Ertragsanalyse vorgestellt.

[...]


[1] Hierzu zählen insbesondere die bis heute beachteten Theorien von Charles Dow.

[2] Vgl. Cesar, Gerhard: Aktienanalyse heute: Gewinnmaximierung an der Börse, Wiesbaden 1996, S. 1.

[3] Vgl. Bender, Jürgen: Grundsatzfragen der Ergebnisbereinigung nach DVFA/SG: Möglichkeiten und Grenzen der Ermittlung einer aktienanalytischen Erfolgsgröße, Stuttgart 1996, S.19.

[4] Abbildung 1 auf Seite 3 stellt die Teilbereiche der Aktienanalyse graphisch dar.

[5] Vgl. Bender, Jürgen, a.a.O., S.19.

[6] Eine ausführliche Darstellung der technischen Analyse erfolgt z.B. bei Perridon, Louis/ Steiner, Manfred: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 8. Aufl., München 1995, S. 208 ff.

[7] Vgl. Kußmaul, Heinz: Einordnung der Fundamentalanalyse, in: StB 1999, S. 56-58, hier S. 57.

[8] Vgl. Eidel, Ulrike: Moderne Verfahren der Unternehmensbewertung und Performance-Messung: kombinierte Analysemethoden auf Basis von US-GAPP-, IAS- und HGB-Abschlüssen, 2. Aufl., Berlin 2000, S. 6.

[9] Die Investoren können unterteilt werden in: Investmentgesellschaften, Kreditinstitute, Versicherungen sowie Privatpersonen.

[10] Vgl. Kußmaul, Heinz, Einordnung der Fundamentalanalyse, a.a.O., S. 56.

[11] Das Capital Asset Pricing Model (CAPM) kann z.B. als Bewertungsansatz zur Ermittlung individueller Wertpapierrenditen bzw. Kapitalkosten dienen.

[12] Vgl. Trenner, Dieter: Mit Fundamentalanalyse den Erfolg vorhersagen, in: Bankkaufmann 1989, S. 63-66, hier S. 63.

[13] Vgl. Scheld, Guido/ Demming, Claudia: Fundamentale Aktienanalyse, in: WISU 1993,
S. 298-306, hier S. 298.

[14] Vgl. Kußmaul, Heinz, Einordnung der Fundamentalanalyse, a.a.O., S. 57.

[15] Modifiziert entnommen aus Steiner, Manfred/ Bruns, Christoph, Wertpapiermanagement, 7. Aufl., Stuttgart 2000, S. 211.

[16] Vgl. Williams, John: The Theory Of Investment Value, Cambridge 1938, S. 55 ff.

[17] Vgl. Eidel, Ulrike, a.a.O., S. 19.

[18] Eidel, Ulrike, a.a.O., S. 23.

[19] Vgl. Hielscher, Udo: Fundamentale Aktienanalyse, in: Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung - Methoden und Instrumente des Portfoliomanagements -, hrsg. von Jörg.-E. Cramer und Bernd Rudolph, Frankfurt am Main 1995, S. 361.

[20] Vgl. Steiner, Manfred/ Bruns, Christoph, a.a.O., S. 210.

[21] Ebenda, S. 212.

[22] Diese Abbildung basiert auf Informationen, die dem Beitrag von Schmidt, Reinhart: Fundamentalanalyse, in: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens (HWF), hrsg. von Gerke Wolfgang und Steiner Manfred, Band 6, 2. Aufl., Stuttgart 1995, Sp. 829-839, hier Sp. 830, entnommen wurden.

[23] Vgl. Schubert, Eckehard: Fundamentalanalyse, in: Wertpapierinvestment heute: Praxiswissen für Profis u. Privatanleger, hrsg. von Leser Hartmut, Wiesbaden 1988, S. 13-23, hier S. 16.

[24] Nützliche Internet-Adressen zu diesem Thema findet man unter:

http://www.diht.de/inhalt/informationen/fakten/konjunkturdaten/links/

http://ihk.darmstadt.gmd.de/konjadr.htm

[25] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 11.

[26] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 11.

[27] Wird vom Department of Commerce im Business Conditions Digest veröffentlicht.

[28] Vgl. Schweizer, Urs: Geldmenge und Aktienpreise: eine theoretische und empirische Analyse für die Schweiz, Bern 1986, S. 13 ff.

[29] Die Geldmenge wird in unterschiedlichen Größen gemessen. Die Europäische Zentralbank verwendet folgende Definitionen (vgl. EZB Monatsbericht Februar 2001): M1= Bargeldumlauf und täglich fällige Sichteinlagen; M2= M1 zuzüglich Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist bis zu drei Monaten; M3= M2 zuzüglich Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren.

[30] EZB orientiert sich heute vor allem an der Geldmenge M3.

[31] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 29 f.

[32] Ebenda, S. 26.

[33] Vgl. Mühlbradt, Frank: Erfolgreiche Anlagestrategien für Aktien: Kursgewinne durch methodische Aktienanalyse, 2. Aufl., Zürich 1986, S. 69.

[34] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 31 f.

[35] Vgl. Steiner, Manfred/ Bruns, Christoph, a.a.O., S. 216.

[36] Vgl. Deutsche Bundesbank: Monatsbericht Februar 2001, S. 26.

[37] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 18.

[38] Terms of Trade gibt im Prinzip an, wieviel Einheiten Exportgüter ein Land für eine Einheit Importgüter herausgeben muß. Es wird als Verhältnis der Preisindices von Ausfuhren und Einfuhren berechnet.

[39] Vgl. Steiner, Manfred/ Bruns, Christoph, a.a.O., S. 217.

[40] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 36.

[41] In Anlehnung an Mühlbradt, Frank, a.a.O., S. 85.

[42] Vgl. Müller, Johannes-Josef: Möglichkeiten konjunktureller Tendenzprognosen für die Verbrauchsgüterbranchen durch Frühindikatoren, Frankfurt am Main 1985, S. 303.

[43] Vgl. Steiner, Manfred/ Bruns, Christoph, a.a.O., S. 219.

[44] Vgl. Schubert, Eckehard, a.a.O., S. 19.

[45] Vgl. Mühlbradt, Frank, a.a.O., S. 93.

[46] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 40.

[47] Vgl. Mühlbradt, Frank, a.a.O., S. 107.

[48] Vgl. Gräfer, Horst: Bilanzanalyse, 5. Aufl., Berlin 1990, S. 209.

[49] Vgl. Cesar, Gerhard, a.a.O., S. 40.

[50] Vgl. Scheld, Guido/ Demming, Claudia, a.a.O., S. 306.

[51] Vgl. Coenenberg, Adolf Gerhard: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 16. Aufl., Landsberg/Lech 1997, S. 666 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832444518
ISBN (Paperback)
9783838644516
DOI
10.3239/9783832444518
Dateigröße
708 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Pforzheim – unbekannt
Erscheinungsdatum
2001 (August)
Note
2,3
Schlagworte
aktien aktienbewertung cash-flow fundamentalanalyse unternehemensbewertung
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Titel: Klassische und moderne Methoden der Aktienbewertung
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