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Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation

©2001 Diplomarbeit 96 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Problem der Flüchtigkeit in der Telefonie - Inhalte werden wiedergegeben, können aber nicht archiviert werden - hat schon Thomas Alva Edison kurz nach der Erfindung des Telefons durch Graham Bell gesehen. Edison konstruierte ein Gerät, mit dessen Hilfe man Gespräche mitschneiden und zur Dokumentation beliebig oft abspielen konnte, den Phonographen.
Das Telefon ist nicht nur das am weitesten verbreitete, sondern auch das am meisten genutzte Kommunikationsmedium, obwohl es in einigen Punkten nicht alle Wünsche und Anforderungen erfüllt. So ergab eine Versuchsstudie der GMD mit einem mobilen persönlichen Sicherheitsmanager, dass viele Teilnehmer die Möglichkeit begrüßten, Belege für erfolgreiche und erfolglose Verbindungsversuche zu erhalten. Bei den Nachgesprächen zu der Studie ergab sich außerdem, dass zusätzlich zu den Verbindungsbestätigungen eine Bestätigung der telefonischen Absprachen gewünscht wurde.
Sollen verbindliche Vereinbarungen über das Telefon getroffen werden, muss Kontrolle wie auch Durchsetzbarkeit der Vereinbarung gewährleistet sein. Die Verbindlichkeit der Kommunikation sollte durch das Medium unterstützt werden. Dies wird erreicht, indem die Inhalte der Kommunikation im Konfliktfall gegenüber Dritten nachgewiesen werden können. Die an der Kommunikation beteiligten Personen sowie die eingegangenen Verpflichtungen müssen glaubhaft gegenüber einer Kontrollinstanz belegbar sein, damit eine Kontrolle und Durchsetzbarkeit der realen Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen garantiert werden kann.
Die Problematik der Flüchtigkeit in der Telefonie lässt sich an folgendem Szenario aus dem Bereich des Telefonbanking verdeutlichen:
Ein Kunde besitzt 1000 Aktien von einer Firma, der Kurs dieser Aktien befindet sich zwischen 60,- und 55,- . Der Kunde gibt telefonisch eine Verkaufsorder seines kompletten Aktienpakets zu einem Stop Loss von 50,- an seine Bank. Der Kurs der Aktie stürzt danach auf 18,- ab, aber die Aktien liegen noch immer in dem Depot des Kunden. Nach einem Anruf bei der Bank erfährt der Kunde, dass die Bank aus unerfindlichen Gründen keine Order erhalten hat. Der Kunde besitzt aber keinen Beleg, mit dem er gegenüber der Bank beweisen könnte, dass er erstens die Order abgegeben hat und zweitens die Bank die Order auch angenommen hat.
In Telefonnetzen ist die Erstellung von Beweisen schwierig, da es sich bei einem Telefongespräch um einen Datenstrom handelt, der direkt ausgegeben und nicht […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4438
Strasser, Moritz: Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation / Moritz Strasser -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Freiburg im Breisgau, Universität, Diplom, 2001
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Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation
2
,,Denn die Allgemeinheit eines Gesetzes, daß jeder, nachdem er in Not
zu sein glaubt, versprechen könne, was ihm einfällt mit dem Vorsatz, es
nicht zu halten, würde das Versprechen und den Zweck, den man damit
haben mag, selbst unmöglich machen, indem niemand glauben würde,
daß ihm was versprochen sei, sondern über alle solche Äußerung als
eitles Vorgeben lachen würde."
(Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1767)

Vorwort
3
A Vorwort
Das Thema der Diplomarbeit entstand aus der Idee des Tele-Zeugen der Projekt-
gruppe InMuse
1
, in der ich als wissenschaftlicher Hilfsassistent tätig bin. Die Idee
des Tele-Zeugen wurde unter anderem von Alf Zugenmaier auf der IN2000 in
Kapstadt Südafrika vorgestellt [KabKecKre+00].
Ich bedanke mich für die Überlassung des Themas bei Herrn Prof. Dr. Müller, wie
für die Betreuung durch Herrn Kreutzer und Herrn Zugenmaier. Weiter gilt ein
besondere Dank für die freundliche Unterstützung bei der Erstellung des
Prototypen an Herrn Müller, Geschäftsführer der BSC-Computer GmbH, wie
auch bei der Firma Tobit AG. Zuletzt möchte ich mich bei Herrn Cowley
(Bereichsleiter Service) und Herrn Oos (Leiter IT-Prozessmanagement) der
Commerz Service Gesellschaft (CSG) GmbH bedanken, die mir einen
ausführlichen Einblick in die Abläufe des Telefonbanking der Commerzbank AG
ermöglichten.
Freiburg, den 29.05.2001
Moritz Strasser
1
InMuse ­ Intelligent Network Multilateral Security
www.iig.uni-freiburg.de/telematik/forschung/projekte/kom_technik/inmuse/

Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation
4
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ORWORT
ORWORT
ORWORT
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INLEITUNG
INLEITUNG
INLEITUNG
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ERBINDLICHKEIT
ERBINDLICHKEIT
ERBINDLICHKEIT
ERBINDLICHKEIT
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... 10
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1. Verbindlichkeit in der Kommunikation...11
1.1. Rollenverteilung der Verbindlichkeit ...12
1.2. Schutzbedürfnis der Rollen...12
1.3. Phasen der Verbindlichkeit...14
2. Vertragstheorie ...16
2.1. Eigenschaften eines Vertrages ...17
2.2. Ökonomische Sichtweise ...20
3. Kriterien der Durchsetzbarkeit ...21
III
III
III
III
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ICHERHEITSMECHANISME
ICHERHEITSMECHANISME
ICHERHEITSMECHANISME
ICHERHEITSMECHANISMEN
N
N
N
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26
26
26
1. Schutzziele ...26
1.1. Vertraulichkeit ...27
1.2. Gebrauchsfähigkeit ...28
1.3. Zurechenbarkeit ...29
1.4. Wechselwirkung der Schutzziele ...30
1.5. Verbindlichkeit ...31
2. Mehrseitig sichere Beweise ...32
2.1. Abdeckungsgrad ...33
2.2. Durchführung ...33
2.3. Erkennbarkeit ...34
2.4. Ablieferung...34
2.5. Verfügbarkeit ...34
2.6. Gültigkeitsdauer...34
2.7. Qualität ...35
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IV
IV
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ERBINDLICHKEITSDIENS
ERBINDLICHKEITSDIENS
ERBINDLICHKEITSDIENS
ERBINDLICHKEITSDIENSTE
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... 36
36
36
36
1. Mehrwertdienste...36
1.1. Sicherheitsdienste ...37
2. Sprachaufzeichnung...39
2.1. Zustimmung...40
2.2. Zweckbindung ...41
2.3. Zugriff ...41
3. Gesprächsaufzeichnung ...42
3.1. Telefonbanking ...42
3.2. Mehrseitige Durchsetzbarkeit ...46

Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation
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1. Benutzerschnittstellen ...49
1.1. Sichtweise des Callers ...49
1.2. Sichtweise des Callees ...50
1.3. Sichtweise des Tele-Zeugen...50
2. Aufgaben des Tele-Zeugen...51
2.1. Phasen der verbindlichen Telekooperation...51
2.2. Rollenverteilung und Schutz der Rollen ...52
3. Bausteine des Tele-Zeugen ...53
3.1. Identifikation und Authentifikation ...54
3.2. Protokollieren...56
3.3. Archivierung und Zugriffssteuerung ...57
VI
VI
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VI
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EUGE IM
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BLAUF
BLAUF
BLAUF
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59
59
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1. Verhandlung ...60
1.1. Verbindungsaufbau ...60
2. Vereinbarung...63
2.1. Kommunikation...63
2.2. Verbindungsabbau...64
3. Abwicklung...66
4. Abbruch und Störungen des Ablaufes...67
VII
VII
VII
VII
S
SS
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CHLUSSFOLGERUNG
CHLUSSFOLGERUNG
CHLUSSFOLGERUNG
CHLUSSFOLGERUNG
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1. Bewertung ...69
2. Grenzen und Ausblicke ...71
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B
B
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BBILDUNGSVERZEICHNIS
BBILDUNGSVERZEICHNIS
BBILDUNGSVERZEICHNIS
BBILDUNGSVERZEICHNIS
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BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
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ITERATURVERZEICHNIS
ITERATURVERZEICHNIS
ITERATURVERZEICHNIS
ITERATURVERZEICHNIS
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Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation
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NHANG
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NHANG
NHANG
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3. Variablen...79
4. Caller ...80
4.1. Identifikation ...81
4.2. Aushandlung ­ Caller ...83
4.3. Konferenz Vorbereitung...84
4.4. Konferenz ...86
4.5. Konferenz Ende ...87
5. Callee...87
5.1. Aushandlung ­ Callee ...88
5.2. Konferenz ...88
5.3. Konferenz Ende ...89
6. Abruf ...90
6.1. Auswahl Sprachaufzeichnung ...90
FFFF
V
V
V
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ERSICHERUNG
ERSICHERUNG
ERSICHERUNG
ERSICHERUNG
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...
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...
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...
... 91
91
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91

I Einleitung
7
I Einleitung
Das Problem der Flüchtigkeit in der Telefonie - Inhalte werden wiedergegeben,
können aber nicht archiviert werden - hat schon Thomas Alva Edison kurz nach
der Erfindung des Telefons durch Graham Bell gesehen. Edison konstruierte ein
Gerät, mit dessen Hilfe man Gespräche mitschneiden und zur Dokumentation
beliebig oft abspielen konnte, den Phonographen.
2
Das Telefon ist nicht nur das am weitesten verbreitete, sondern auch das am
meisten genutzte Kommunikationsmedium,
3
obwohl es in einigen Punkten nicht
alle Wünsche und Anforderungen erfüllt. So ergab eine Versuchsstudie der GMD
4
mit einem mobilen persönlichen Sicherheitsmanager, dass viele Teilnehmer die
Möglichkeit begrüßten, Belege für erfolgreiche und erfolglose Verbindungs-
versuche zu erhalten. Bei den Nachgesprächen zu der Studie ergab sich außerdem,
dass zusätzlich zu den Verbindungsbestätigungen eine Bestätigung der telefoni-
schen Absprachen gewünscht wurde.
5
Sollen verbindliche Vereinbarungen über das Telefon getroffen werden, muss
Kontrolle wie auch Durchsetzbarkeit der Vereinbarung gewährleistet sein. Die
Verbindlichkeit der Kommunikation sollte durch das Medium unterstützt werden.
Dies wird erreicht, indem die Inhalte der Kommunikation im Konfliktfall gegen-
über Dritten nachgewiesen werden können. Die an der Kommunikation beteiligten
Personen sowie die eingegangenen Verpflichtungen müssen glaubhaft gegenüber
einer Kontrollinstanz belegbar sein, damit eine Kontrolle und Durchsetzbarkeit
der realen Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen garantiert werden kann.
Die Problematik der Flüchtigkeit in der Telefonie lässt sich an folgendem
Szenario aus dem Bereich des Telefonbanking verdeutlichen:
Ein Kunde besitzt 1000 Aktien von einer Firma, der Kurs dieser Aktien befindet
sich zwischen 60,- und 55,- . Der Kunde gibt telefonisch eine Verkaufsorder
seines kompletten Aktienpakets zu einem Stop Loss von 50,- an seine Bank. Der
2
Siehe [Edi11] ,,My invention relates to telephones and has for its objects the provision of means
whereby the electrical vibrations or undulations which are received over the line may be recorded
phonographically, whereby a record is formed which may be used in any ordinary phonograph,
and the message repeated at any future time."
3
Siehe [EggEng00] Verbreitung und Einsatz von Kommunikationstechnologien zur
Kooperationsunterstützung, S. 21.
4
GMD ­ Forschungszentrum Informationstechnik GmbH Darmstadt.
5
Siehe [GatPorSchn98] Kapitel 6.3.1 Merkmale, S. 81.

I Einleitung
8
Kurs der Aktie stürzt danach auf 18,- ab, aber die Aktien liegen noch immer in
dem Depot des Kunden. Nach einem Anruf bei der Bank erfährt der Kunde, dass
die Bank aus unerfindlichen Gründen keine Order erhalten hat. Der Kunde besitzt
aber keinen Beleg, mit dem er gegenüber der Bank beweisen könnte, dass er
erstens die Order abgegeben hat und zweitens die Bank die Order auch angenom-
men hat.
In Telefonnetzen ist die Erstellung von Beweisen schwierig, da es sich bei einem
Telefongespräch um einen Datenstrom handelt, der direkt ausgegeben und nicht
zwischengespeichert wird ­ ein flüchtiges Medium. Benötigt man aber genau die
Information aus dem Datenstrom für einen Beweis, sind Verfahren zur Aufzeich-
nung der Datenströme notwendig. Die Aufzeichnung von Telefongesprächen ist
mit besonderer Aufmerksamkeit zu verwirklichen, damit die Beweisbarkeit nicht
zu einer Überwachung wird, welche die Vertraulichkeit der Kommunikation und
die kommunikative Selbstbestimmung verletzt. Es sind vorlaufende Aushandlun-
gen mit den Beteiligten und ein Zugriffsschutz für die Beweise notwendig, welche
die Privatsphäre der Teilnehmer berücksichtigen.
Die Arbeit soll zeigen, wie über das Telefon Vereinbarungen getroffen und mit
Hilfe von Zusatzdiensten Beweise darüber erstellt werden können. Die Beweise
werden im Sinne der mehrseitigen Sicherheit und unter Berücksichtigung der
kommunikativen Selbstbestimmung erstellt und für alle Betroffenen verfügbar
gemacht. Mit Hilfe der Beweise kann dann eine Durchsetzung der Vereinbarun-
gen für alle Beteiligten erreicht werden. So können z.B. Aktienorders über das
Telefon übermittelt werden und eventuelle Fehler bei der Ausführung der Order
anhand der Beweise aufklärt werden.
Die Kapitel der Arbeit sind wie folgt gegliedert:
Zu Anfang wird anhand einer Definition der Verbindlichkeit gezeigt, wie ein
Kommunikationssystem diese generell unterstützen kann. Eine Aufteilung der
Verbindlichkeit in Phasen verdeutlicht die auftretenden Schutzbedürfnisse und
Anforderungen an eine Unterstützung der Verbindlichkeit [II-1]. Mit der
Vertragstheorie wird gezeigt, was für die Einbindung eines Kontrollsystems be-
nötigt wird und wie dies rational zu begründen ist [II-2]. Das Kapitel endet mit
einer Zusammenfassung der Kriterien, die für die Durchsetzbarkeit von Vereinba-
rung benötigt werden [II-3]. Im dritten Kapitel werden die Schutzziele [III-1] und

I Einleitung
9
die Sicherheitsmechanismen [III-2] vorgestellt, die für die Unterstützung der Ver-
bindlichkeit berücksichtigt und benötigt werden. Das vierte Kapitel stellt die
Mehrwertdienste vor, mit deren Hilfe eine Unterstützung der Verbindlichkeit im
Telefonnetz erreicht werden soll [IV-1]. Danach wird gezeigt, wie ein Mehrwert-
dienst eine Sprachaufzeichnung erstellen kann, die als Beweis für ein Telefon-
gespräch Verwendung findet [IV-2]. Der Abschluss des vierten Kapitels dient der
Vorstellung einer konkreten Verwendung der Sprachaufzeichnung im Telefon-
banking sowie der Begutachtung nach den Kriterien der Durchsetzbarkeit aus dem
ersten Kapitel [IV-3]. Das fünfte Kapitel führt dann den Tele-Zeuge als
Verbindlichkeitsdienst ein. Es werden die Benutzerschnittstellen, [V-1] die An-
forderungen [V-2] und die Bausteine [V-3] des Tele-Zeugen erläutert. Das sechste
Kapitel beschreibt den Ablauf des Tele-Zeugen. Es wird gezeigt, wie der Tele-
Zeuge während der Anbahnung [VI-1], der Verhandlung und Vereinbarung [VI-2]
und zuletzt bei der Erfüllung [VI-3] der Vereinbarung die Beteiligten in der Ver-
bindlichkeit unterstützt. Zusätzlich wird darauf eingegangen, welche Situationen
bei einem vorzeitigen Kommunikationsabbruch eintreten können und wie diese zu
behandeln sind [VI-4]. Die Arbeit wird mit einer Bewertung des Tele-Zeuge an-
hand der Kriterien der Durchsetzbarkeit und mehrseitigen Sicherheit abgeschlos-
sen [VII-1]. Ergänzend wird noch ein Ausblick auf die Verwendungsmöglich-
keiten gegeben und die Grenzen in der Verwendung des Telezeugen aufgezeigt
[VII-2].
Im Anhang befindet sich der Quellcode des Demonstrators, mit dem der Tele-
Zeuge auf dem 5. Berliner Kolloquium
6
der Gottlieb Daimler- und Karl Benz-
Stiftung in Berlin vorgeführt wurde.
6
,,Mit Sicherheit nicht dabei? Die Machbarkeit von Sicherheit im Netz." Unter der Leitung von
Prof. Dr. Günter Müller.

II Verbindlichkeit
10
II Verbindlichkeit
Verbindlichkeit beschreibt im allgemeinen eine durch Kontrolle gesicherte zu-
künftige Erfüllung einer Aussage, die gewöhnlich in Form eines Versprechens
oder einer Weisung abgegeben wird.
7
Sie verbindet das Versprechen (Weisung)
mit der realen Erfüllung. Die Verbindung wird meist durch eine gesellschaftliche
Kontrolle, wie z.B. ein Rechtssystem, verwirklicht.
,,Verbindlichkeit ist die Eigenschaft eines Sprechaktes, daß die
wirkliche Erfüllung seines propositionalen Inhalts unter
gesellschaftlicher Kontrolle steht. Die Nicht-Erfüllung hat
gesellschaftliche Konsequenzen.
Zu den gesellschaftlichen Konsequenzen können die gewaltsame
Durchsetzung, die Bestrafung des Verantwortlichen, der Verlust seines
Ansehens oder der Verlust des Vertrauens in den Verantwortlichen,
Sanktionen durch die betroffene Gruppe usw. gehören.
Verbindlichkeit wird einem Sprechakt per Vereinbarung oder per
Konvention oder aufgrund bestehender Autorität zugeordnet."
8
Im Allgemeinen wird vorausgesetzt, dass die Aussagen und Weisungen per Kon-
vention oder Verabredung als verbindlich gelten und die Teilnehmer die Verant-
wortung für ihre Aussagen und Weisungen übernehmen können.
9
Verbindlichkeit kann zwar durch kein elektronisches System garantiert, aber
durchaus unterstützt werden. Eine Unterstützung kann dadurch erfolgen, dass
Elemente bereitgestellt werden, die eine Kontrolle durch die Gesellschaft ermög-
lichen. Solche Elemente sind:
10
definierte Formen, welche die Verbindlichkeit der
Inhalte gegenüber allen Beteiligten deutlich machen; die Integrität, die eine un-
bemerkte Veränderung der Inhalte verhindert und den Empfänger und Sender
gesichert dokumentieren; und zuletzt der nachweisbare Zugang der authentischen
Nachrichten.
7
Siehe [Gri94] Kapitel 1.3, Sicherheit und Verbindlichkeit, S. 68.
8
[Gri94] Kapitel 2.3, Verbindlichkeit aus sprechakttheoretischer Sicht, S. 113.
9
Siehe [Gri94] Kapitel 1.3, Sicherheit und Verbindlichkeit, S. 68.
10
Siehe [Gri94] Kapitel 2.3, Verbindlichkeit aus sprechakttheoretischer Sicht, S. 115.

II Verbindlichkeit
11
1. Verbindlichkeit in der Kommunikation
In einer verbindlichen Kommunikation werden nicht nur Inhalte zwischen den
Parteien ausgetauscht, sondern jeder Teilnehmer der Kommunikation muss dar-
auf vertrauen können, dass der jeweils andere dieselben Inhalte nicht nur erhalten,
vielmehr auch davon Kenntnis genommen hat und sie somit in seine Handlungen
mit einbeziehen kann. Bei traditionellen Briefen kann die Garantie der Kenntnis-
nahme z.B. durch ein Einschreiben erreicht werden. Dabei wird von dem
Postboten die persönliche Aushändigung und der daraus zu schließende Kenntnis-
nahme sichergestellt.
Das Vertrauen auf die Kenntnisnahme basiert auf nicht abstreitbaren Beweisen
11
,
die jede Partei im Falle eines Zweifels hervorbringen kann und die von einem
Kontrollsystem anerkannt werden. Die Beweise müssen drei Aktionen dokumen-
tieren: erstens das Versenden der Nachricht, zweitens den Empfang der Nachricht
und drittens die Kenntnisnahme der Nachricht durch den Empfänger. Erst die
Kenntnis (des Inhalts) einer Nachricht ermöglicht dem Empfänger eine Reaktion.
Im juristischen Sinne wird die Möglichkeit, Kenntnis von einer Nachricht zu er-
halten, auch als Zugang
12
einer Nachricht (Willenserklärung) verstanden, so dass
folglich jede Nachricht, die einer Person zugegangen ist, auch als wahrgenommen
gilt.
Sollen verbindliche Aussagen über ein Kommunikationssystem übermittelt wer-
den, muss das Kommunikationssystem neben der Integrität der Inhalte sowohl die
Zurechenbarkeit der Nachricht als auch die Kenntnisnahme der Empfänger garan-
tieren können. Das Kommunikationssystem muss Kenntnisnahme und die
Zurechenbarkeit gegenüber den Beteiligten durch das Erstellen und Verteilen von
Beweisen dokumentieren. Wenn die Beteiligten mit Hilfe der Beweise Aktionen
der anderen nachweisen können, stehen sie in einer besonderen Beziehung zuein-
ander. Innerhalb dieser Beziehung entstehen unterschiedliche Schutzbedürfnisse,
die sich im Verlauf einer Kooperation ändern.
11
Siehe Kapitel III Abschnitt 2, Mehrseitig sichere Beweise, S.32-35.
12
Siehe [Bun93] Kapitel 7-V, Das Wirksamwerden der Willenserklärung, S. 72-73; wie auch §
130 BGB.

II Verbindlichkeit
12
1.1. Rollenverteilung der Verbindlichkeit
Die besondere Beziehung, in die sich die Parteien durch die unterstützte Verbind-
lichkeit begeben, entsteht durch die nicht abstreitbaren Aktionen. Jede Partei kann
das Versenden und Empfangen der integren Nachrichten gegenüber Dritten
dokumentieren. Die Beziehung hat ein gemeinsames Ziel, das unter bestimmten
Voraussetzungen
13
erreicht werden soll. Die Beziehung beschreibt die Verbin-
dung des Versprechens mit der geplanten realen Erfüllung, die als Spannungszu-
stand bis zur realen Erfüllung über die Kommunikation hinausgeht.
14
Der Span-
nungszustand kann durch eine Rolleneinteilung beschrieben werden, jeder Kom-
munikationspartner hat eine bestimmte (nachweisbare) Rolle gegenüber dem an-
deren. Zum einen gibt es die Rolle, in deren Ausführung ein Versprechen oder
eine Zusage abgegeben werden, die später erfüllt werden sollen. Zum anderen gibt
es die Rolle desjenigen, der auf die Erfüllung der Zusage vertraut. Es ist möglich,
dass eine Partei zugleich sowohl eine ,,versprechende" als auch eine
,,vertrauende" Rolle inne hat. Notwendig ist lediglich, dass zu jeder Partei mit
,,versprechender" und ,,erfüllender" Rolle eine zugeordnete ,,vertrauende" Partei
existiert.
Im weiteren beschränkt sich die Arbeit auf eine einseitige Beziehung, in der nur
eine Partei die Rolle des ,,Versprechenden" inne hat. Gegenseitige Beziehungen
können hierauf zurückgeführt werden.
1.2. Schutzbedürfnis der Rollen
Die Verbindlichkeit gestattet es, eine Partei dafür verantwortlich zu machen, wenn
sie ihr Versprechen nicht innerhalb einer angemessenen Zeit erfüllt.
15
Demzufolge
erhält die vertrauende Partei Möglichkeiten, ihr Anrecht auf eine Erfüllung durch-
zusetzen. Die Grundlage des Erzwingens entsteht demgemäss, dass die verspre-
chende Partei ihr Versprechen nicht leugnen kann. Durch diese Konstellation, die
ein Leugnen eines gegebenen Versprechens unmöglich macht, ist es in einer Ko-
operation erforderlich, die Parteien voreinander zu schützen, um einen ungerecht-
fertigten Vorteil einer Partei auszuschließen. Einerseits könnte eine Partei durch
Maskieren ihrer Identität oder durch Vortäuschen und Verfälschen der Inhalte
13
Die Voraussetzungen sind Gegenstand der Kommunikation und bestehen aus Zugeständnissen
und Forderungen der Kooperationspartner.
14
Siehe [RöhFoxGri+99] Kapitel 5, Verbindliche Telekooperation, S. 6.
15
Siehe [PfiSchWes+00] Kapitel 2, Schutzziele und ihre Charakteristika, S. 16.

II Verbindlichkeit
13
verbindliche Zusagen erhalten, welche die andere Partei sonst nicht abgegeben
hätte.
16
Beispielsweise stellt das Unterschieben von Verträgen ein besonderes
Problem dar.
17
Andererseits muss der ,,Vertrauende" nach der Abgabe des
Versprechens vor Nichterfüllung des Versprechens des ,,Versprechenden"
geschützt werden. Durch diese zeitlich unterschiedlich auftretenden Schutzbe-
dürfnisse besteht ein wechselseitiges Schutzinteresse zwischen den beiden Par-
teien. Es ist darauf zu achten, dass eine gleichgewichtige Beziehung zwischen den
seiten entsteht, ,,nach der jede Veränderung eines Verpflichtungszustandes durch
einen Beweis für den begünstigten Partner kompensiert werden muss".
18
Die Kompensation der veränderten Verpflichtungszustände ist anschaulich an-
hand des Verfahrens bei Bestellung, Lieferung und Bezahlung von Waren
darstellbar (vgl. Abb.1). Der Kunde fordert den Händler auf, ein Angebot ab-
zugeben. Der Händler übermittelt mit dem Angebot die Informationen, die der
Kunde benötigt, um eine verbindliche Bestellung abzugeben und verpflichtet sich,
eine Bestellung zu den angebotenen Konditionen entgegenzunehmen und abzuwi-
ckeln. Durch die Abgabe einer Bestellung verpflichtet sich der Kunde, die Waren
abzunehmen. Der Händler verpflichtet sich durch die Übermittlung der Auftrags-
bestätigung, die Waren zu liefern. Bei Lieferung der Ware bestätigt der Kunde mit
Hilfe seiner Unterschrift auf dem Lieferschein den Erhalt der Ware und ver-
pflichtet sich damit zur Bezahlung. Der Händler bestätigt dem Kunden mit einer
Quittung die Bezahlung und schließt infolgedessen die Kooperation ab.
Abbildung 1 : Warentransaktion
16
Siehe [Kre95] Verletzlichkeit der Informationsgesellschaft und rechtlicher Gestaltungsbedarf, S.
58.
17
Siehe [HoeSchü99] S. 23 / ,, Aus den Simulationsstudien ließ sich weiterhin das Problem des
''Unterschiebens'' erkennen. Dies kann z.B. dadurch erfolgen, dass elektronische Dokumente in
Verzeichnisse automatisch zu signierender Dokumente eingeschmuggelt werden oder die
Dokumentenanzeige auf dem Bildschirm manipuliert wird."
18
[RöhFoxGri+99] Verbindliche Telekooperation, Kapitel 10, das Gleichgewicht aus Beweisen
und Verpflichtungen, S. 13.
Anfrage
Aktion Beweis
Kunde
Händler
Angebot
Bestellung
Auftrags-
bestätigung
Quittierte
Rechnung
Quittierter
Lieferschein
1.
4.
3.
2.
WARE
10
10

II Verbindlichkeit
14
Während der Kooperation werden neben der Ware und dem Geld Beweise ausge-
tauscht, durch die eine gleichgewichtige Beziehung zwischen Kunde und Händler
entsteht. Es lässt sich zu jedem Zeitpunkt feststellen, wer gegenüber wem ver-
pflichtet ist. Jeder neu erstellte Beweis verändert die Funktion des
vorangegangenen Beweises. Der Lieferschein z.B. dient als Beweis dafür, dass
der Kunde die Ware erhalten und nun zu bezahlen hat, und bestätigt damit auch
die Erfüllung der Lieferverpflichtung, die durch die Auftragsbestätigung einge-
gangen wurde. Die Auftragsbestätigung ändert ihre Beweisfunktion, nachdem die
Verpflichtung, die sie belegen kann, erfüllt worden ist. Die Auftragsbestätigung
kann nicht mehr dafür verwendet werden, den Händler zur Lieferung der Ware zu
zwingen, da der Anspruch der Lieferung schon abgegolten worden ist.
Der Schutz der beiden Parteien besteht folglich darin, dass es ermöglicht wird,
jede entstandene Verpflichtung durch einen Beweis zu kompensieren. Um festzu-
legen, zu welchem Zeitpunkt Beweise benötigt werden und wer Zugriff auf sie
haben soll, ist es hilfreich, den Zeitraum zwischen Versprechen und Erfüllung in
Phasen einzuteilen.
1.3. Phasen der Verbindlichkeit
Kooperationen beschreiben ein geregeltes Zusammenwirken zum Erreichen eines
gemeinsamen Zieles.
19
Die Kommunikation ist ein Teil der Kooperation, die
Kooperation beinhaltet zusätzlich die Handlungen vor und nach der Kommuni-
kation.
20
Eine Kooperation besteht aus fünf Phasen, der Anbahnung, der
Verhandlung, der Abwicklung, der Kontrolle und der Durchsetzung.
21
Während
der Anbahnung finden sich die Kooperationspartner, in der Verhandlung legen die
Beteiligten die Rahmenbedingungen und ihre Interessen fest und treffen eine Ver-
einbarung über bestimmte Verpflichtungen, die in der Abwicklung erfüllt werden.
Die Kontrolle überwacht die Abwicklung und führt im Konfliktfall die zwangs-
weise Durchsetzung herbei. Die Anbahnung spielt in der Verbindlichkeit ein
untergeordnete Rolle, weswegen sie nicht weiter betrachtet wird. Innerhalb der
Verhandlung wird die verbindliche Vereinbarung getroffen, wodurch der Span-
nungszustand beginnt. Es bietet sich daher an, eine veränderte Einteilung der Pha-
sen zu verwenden (vgl. Abb. 2).
19
Siehe [Gri94] Kapitel 2.2.1, Der Begriff ,,Telekooperation", S. 76.
20
Siehe [Gri94] Kapitel 2.2.1, Der Begriff ,,Telekooperation", S. 76.
21
Siehe [Egg01] Transaktionsphasen abhängige Vertrauensunterstützung im eCommerce, Kapitel
5.1, S. 110.

II Verbindlichkeit
15
Der verbindliche Anteil einer Kooperation reicht von der Verhandlung bis zur
Abwicklung oder im Konfliktfall bis zur Durchsetzung. Die Kommunikation be-
steht während der Verhandlung und der Vereinbarung. Der Spannungszustand
beschreibt die Zeit zwischen der Vereinbarung und der Abwicklung (im Konflikt-
fall der Durchsetzung). Verbindlichkeit in der Kooperation kann somit als eine
zeitlich andauernde Beziehung gesehen werden.
Abbildung 2 : Phasen der Kooperation
Das Kommunikationssystem, das eine verbindliche Kooperation unterstützen soll,
muss folgende Mechanismen bereitstellen können:
1. Mechanismen zur Verhandlung und zur Übermittlung der Vereinbarungen.
2. Mechanismen zur Erstellung und Bereitstellung der nötigen Beweise.
Sowohl die Abwicklung der Vereinbarung als auch die eventuell erzwungene
Durchsetzung erfolgt in der Regel außerhalb des Kommunikationssystems.
22
In der Phase der Verhandlung soll das Kommunikationssystem die Personen
gegenseitig identifizieren und ihre Interessen (Absichten) übermitteln. Die gegen-
seitige Identifizierung dient als Schutz der Parteien voreinander, damit sich jeder
sicher sein kann, dass er mit der richtigen Partei kommuniziert. Die Übermittlung
der Interessen dient der Rollenverteilung. Bei einer einseitigen Beziehung z.B. ist
es das Interesse der einen Partei, jemanden zu etwas zu verpflichten, und das der
anderen, eine Verpflichtung einzugehen. Sind sich die Parteien einig darüber, wer
sich gegenüber wem verpflichtet, folgt die Phase der Vereinbarung. Das Kommu-
nikationssystem soll nicht nur die Vereinbarung übermitteln, sondern auch die
daraus resultierende Verpflichtung dokumentieren. Nach der Vereinbarung über-
mittelt das Kommunikationssystem die für die Parteien notwendigen Beweise. Bis
zur Phase der Durchsetzung gewährleistet das Kommunikationssystem die Gül-
tigkeit der übermittelten Beweise und dokumentiert also, wer gegenüber wem wie
22
Ausnahmen ergeben, wenn der Gegenstand der Abwicklung darin besteht, dass Aktionen
innerhalb des Kommunikationssystems vereinbart wurden. Das Erzwingen wird meist durch
juristische Mechanismen erreicht, die nicht in dem Kommunikationssystem abgebildet sind.
Verhandlung
Vereinbarung
Abwicklung
Kontrolle
Durchsetzung
Spannungszustand
Kommunikation
Verbindlichkeit

II Verbindlichkeit
16
verpflichtet ist. Nach der Vereinbarung schützt das Kommunikationssystem den
,,Vertrauenden" vor einer Nichterfüllung und den ,,Versprechenden" vor einer
ungerechtfertigten Durchsetzung
23
der Vereinbarung. Wird die Vereinbarung
erfüllt, müssen die Beweise ungültig werden, damit der ,,Erfüllende" vor einer
dann unzulässigen doppelt erzwungenen Durchsetzung der Vereinbarung ge-
schützt ist.
Es wurde nun erläutert, wie ein Kommunikationssystem die Verbindlichkeit
unterstützt, indem es die Empfänger und Sender, den Nachweis des Zuganges und
die Vereinbarungen gesichert dokumentiert. Im nächsten Kapitel wird gezeigt,
wie ein Kontrollsystem (Rechtssystem) in die Kooperation eingebunden werden
kann und wie definierte Formen eine weitere Unterstützung der Verbindlichkeit
erreichen.
2. Vertragstheorie
Bei der Zusammenarbeit im Wirtschaftsleben zwischen rechtlich und wirtschaft-
lich selbständigen Unternehmen, auch Kooperation genannt, werden unter ande-
rem Verträge abgeschlossen. Verträge sind ,,freiwillig" getroffene Übereinkünfte
von mindestens zwei Parteien, in denen sie sich gegenseitig oder einseitig ver-
pflichten, etwas zu tun oder zu unterlassen.
24
Ein Vertrag ist per se als rechtsver-
bindlich anzusehen, das Vertrauen in die tatsächliche Einhaltung des Vertrages
aber ist von besonderer Bedeutung und kann entweder durch einen Rechtszwang
oder durch einen Wirtschaftszwang
25
erreicht werden. In welcher Form Rechts-
und Wirtschaftszwänge die Durchsetzbarkeit eines Vertrags erreichen, ist
Gegenstand der Vertragstheorie. Sie wurde lange als eine rein juristische Angele-
genheit gesehen, erst später haben sich auch die Wirtschaftswissenschaftler dem
Thema zugewandt.
26
Zu den Überlegungen der Juristen, unter welchen Umstän-
den ein Vertrag als bindend und durchsetzbar anzusehen ist, kamen Überlegungen
der Ökonomen dazu, welche Anreize eine Erfüllung im Rechtssinne verbessern
23
Als nicht gerechtfertigt kann eine zeitlich zu frühe Durchsetzung oder eine Erzwingung einer
nicht getroffenen Vereinbarung gesehen werden.
24
Siehe [FraHeRam+00] Kapitel 1, Verträge aus wirtschaftstheoretischer Sicht, S. 2-3 und dort
zitierter Literatur.
25
Wirtschaftszwang im Sinne von materiellen Verlusten oder Marktkonkurrenz.
26
,,Erst in den neunziger Jahren ist in der wirtschaftswissenschaftlichen Breitenliteratur ein
Wandel zu beobachten:.." [FraHeRam+00] Kapitel 1, Verträge aus wirtschaftstheoretischer Sicht,
S. 1-3.

II Verbindlichkeit
17
oder eine Erfüllung von nicht rechtsverbindlichen Vereinbarungen trotzdem errei-
chen können.
2.1. Eigenschaften eines Vertrages
Ein Rechtszwang liegt vor, wenn ein Vertrag den juristischen Tatbestand eines
Vertragsschlusses
27
erfüllt. Der Tatbestand eines Vertragsschlusses besteht aus
der Abgabe mindestens zweier Willenserklärungen ­ Antrag und Annahme. Diese
Willenserklärungen müssen inhaltlich übereinstimmen und unter den Vertrags-
partnern ausgetauscht werden.
28
Die Willenserklärungen beinhalten die Inhalte der
Ansprüche und Verpflichtungen der einzelnen Parteien und können grundsätzlich
in beliebiger Art und Weise abgegeben werden.
29
Erfüllt ein Vertrag den Tatbe-
stand eines Vertragsschlusses, ist er rechtsverbindlich. Rechtsverbindlichkeit
bedeutet, dass eine unmittelbare Rechtsfolge entsteht, die durch einen Rechts-
zwang überwacht wird.
30
Damit die Beweisbarkeit der Verträge vor Gericht unterstützt wird, gibt es be-
stimmte Formen, in denen Verträge abgeschlossen werden können. Die Gründe
für einen Formzwang unterscheiden sich, aber jede Art einer definierten Form
erleichtert die gerichtliche Durchsetzbarkeit und Kontrolle eines Vertrags-
abschlusses. Zusätzlich führt die Einhaltung einer Form den Erklärenden vor Au-
gen, dass sie sich rechtlich binden.
31
Der Formzwang erfüllt damit eine
Warnfunktion und schützt die Parteien vor übereilten Handlungen. Neben der
Funktion der erleichterten Beweisführung und der oben genannten Warnfunktion
gibt es noch weitere Funktionen, die anhand eines handschriftlich unterzeichneten
Vertrages dargestellt werden können:
32
Schriftliche Verträge erreichen durch die abschließende eigenhändige Unterschrift
eine Abschlussfunktion. Sie bringt den Vertrag zum Abschluss und grenzt ihn
von Vorverhandlungen und Entwürfen ab. Die Perpetuierungsfunktion garan-
tiert die fortdauernde Lesbarkeit und Überprüfbarkeit der Unterschrift und
besonders des Vertragstextes. Damit wird garantiert, dass die Information der
27
Siehe § 145 bis § 156 BGB.
28
Siehe [Bun93] Kapitel 7-VI, Der Vertragsschluß, S. 74.
29
Siehe [Bun93] Kapitel 7-IV, Abgabe und Form der Willenserklärung, S. 71.
30
Siehe [Gri94] Kapitel 2.4.1, Die Begriffe ,,Rechtsverbindlichkeit" und ,,Willenserklärung", S.
117-119.
31
Siehe [Bun93] Kapitel 7-IV, Abgabe und Form der Willenserklärung, S. 71.
32
Siehe [Bund00] Kapitel B, Einzelerläuterungen, S. 30.

II Verbindlichkeit
18
abgegebenen Erklärungen dokumentiert werden kann. Die Identitätsfunktion
identifiziert zum einen den Aussteller und zum anderen den Erklärenden. Durch
die Unverwechselbarkeit der eigenhändigen Unterschrift kann eine unzweideutige
Verbindung zur Person des Unterzeichners hergestellt werden. Eine Echtheits-
funktion wird durch die räumliche Verbindung der Unterschrift und des Ver-
tragstextes erreicht. Durch diesen Zusammenhang soll garantiert werden, dass die
Erklärung inhaltlich vom Unterzeichner herrührt. Die Verifikationsfunktion
befähigt den Empfänger die Echtheit des Vertrages und die Identität des Unter-
zeichners zu überprüfen. Die Beweisfunktion dient einerseits der Offenlegung
33
des Geschäftsinhaltes und andererseits der Möglichkeit einer Beweisführung
durch einen Beweispflichtigen
34
. Als Warnung fungiert der bewusste Akt des
Unterzeichnens der Erklärenden, wodurch sie vor übereilten Rechtsgeschäften
geschützt werden sollen. Eine Überwachung soll in bestimmten Fällen
35
eine
Kontrolle ermöglichen.
Neben dem schriftlichen Vertrag gibt es noch andere Formen, die eine gerichtli-
che Durchsetzung weiter erleichtern oder die oben aufgeführten Eigenschaften
verstärken, wie die notarielle Beurkundung oder die öffentliche Beglaubigung.
Bei der notariellen Beurkundung
36
nimmt der Notar über die Abgabe der
Willenserklärung ein Protokoll auf und überzeugt sich von der Geschäftsfähigkeit
der Erklärenden. Im Gegensatz dazu beschränkt sich bei der öffentlichen Beglau-
bigung
37
der Notar oder eine andere zuständige Urkundsperson darauf, die Echt-
heit der Unterschrift schriftlich zu dokumentieren. Diese besonderen Formen des
Vertragsschlusses werden entweder durch Formerfordernisse erzwungen oder
freiwillig verabredet. Wenn die Parteien die Beurkundung eines abzuschließenden
Vertrages vereinbaren, wird damit nicht nur ein vor Gericht anerkanntes Beweis-
mittel geschaffen, vielmehr gilt dann auch, dass der Vertrag erst mit dem Vollzug
der Unterschriften und der Beurkundung abgeschlossen ist.
38
So kann durch die
Verabredung gesonderter Vertragsformen nicht nur der Beweis und damit die
Durchsetzung erleichtert werden, sondern auch die Trennung von Vorverhandlun-
gen und Vertragsabschluss verdeutlicht werden, um auf diese Weise eine beson-
33
Verträge können zwischen den Vertragsparteien offengelegt werden.
34
Siehe § 439 Abs. 1.2, § 440 Abs. 1 ZPO.
35
z.B. § 34 GWB.
36
Siehe [Bun93] Kapitel 7-IV, Abgabe und Form der Willenserklärung, S. 71 und § 128 BGB.
37
Siehe [Bun93] Kapitel 7-IV, Abgabe und Form der Willenserklärung, S. 71 und § 129 BGB.
38
Siehe [Bun93] Kapitel 7-VI, Der Vertragsschluß, S. 78. ,,Diese Auslegungsregel des § 154 II ist
ein Sonderfall von § 125 S. 2".

II Verbindlichkeit
19
dere Abschluss- und Warnfunktion zu erzielen. Dabei wird die Gültigkeit des
Rechtsgeschäfts von der Einhaltung der vereinbarten Form abhängig gemacht,
39
der Mangel der gewillkürten Form führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes.
40
Die genannten Eigenschaften einer bestimmten Vertragsform dienen dazu, die
Durchsetzbarkeit des Vertrages vor Gericht zu erhöhen, sowie die Vertragspartner
voreinander zu schützen. Die Verwendung unterschiedlicher Formen von Ver-
tragsabschlüssen vereinfachet eine gerichtliche Durchsetzung, indem die Beweis-
führung erleichtert wird.
Sollen Verträge über Telekommunikationssysteme geschlossen werden, so müs-
sen diese Systeme ebenfalls die Beweisbarkeit unterstützen und einen Schutz der
Vertragspartner gewährleisten können.
41
Die digitale Signatur z.B. ermöglicht, die
eigenhändige Unterschrift adäquat in elektronischer Form abzubilden,
42
wobei die
Eigenschaften der handschriftlichen Unterschrift mit übernommen werden.
Durch das Signaturgesetz (SigG) sind die juristischen Rahmenbedingungen
geschaffen worden, welche die gerichtliche Anerkennung sicherstellen. Mit der
digitalen Signatur können über das Internet Verträge abgeschlossen werden, die
eine vergleichbare Beweisbarkeit vor Gericht ermöglichen, ähnlich handschrift-
lich unterzeichneter Verträge. Einen Einsatz der digitalen Signatur in Telefon-
netzen wirft dagegen einige Probleme auf: Es fehlt das Dokument, das unter-
schrieben werden kann. Inhalte, die über das Telefon übermittelt werden, sind
flüchtig und können nicht archiviert werden. Auch wenn grundsätzlich über das
Telefon rechtsverbindliche mündliche Verträge geschlossen werden können, ist
ihre Beweisbarkeit im Streitfall fast unmöglich.
Juristisch gesehen ist ein Vertrag durch die Abgabe zweier übereinstimmender
Willenserklärungen rechtsverbindlich ­ im praktischen Leben ist jedoch die
Durchsetzbarkeit entscheidend. Besonders gute Chancen auf Durchsetzung haben
Verträge, die vor Gericht in der Beweiswürdigung gut belegbar sind. Deshalb soll
in dieser Arbeit gezeigt werden, welche Eigenschaften notwendig oder dienlich
sind, um die Durchsetzbarkeit zu erhöhen. Es ist die Frage, welche
39
Das Gesetz lässt in § 125 S. 2 BGB vermuten, dass die Gültigkeit von einer vereinbarten Form
abhängig gemacht werden kann.
40
Siehe [Bun93] Kapitel 7-IV, Abgabe und Form der Willenserklärungen, S. 71-72.
41
Siehe [Gri94] Kapitel 2.4.3 Kooperationsaktivitäten zur Unterstützung rechtsverbindlicher
Willenserklärungen, S. 127-131.
42
Siehe [RegTP] und [Bund00] Kapitel B, Einzelerläuterungen, S. 31.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832444389
ISBN (Paperback)
9783838644387
DOI
10.3239/9783832444389
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – Volkswirtschaftslehre, Informatik und Gesellschaft
Erscheinungsdatum
2001 (August)
Note
1,1
Schlagworte
intelligentes netz rechtssicherheit sicherheit telefon verbindlichkeit
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Titel: Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation
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