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Internationalisierung von Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen

©2000 Diplomarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die immer weiter fortschreitende Internationalisierung von Unternehmen ist schon fast selbstverständlich geworden, sowohl für den interessierten als auch für den beiläufigen Beobachter. Das überhandnehmende Schlagwort der „Globalisierung“ beansprucht einen zunehmend großen Platz im ökonomischen sowie politischen Diskurs und löst heftige Auseinandersetzungen aus. Letztendlich ist es kaum einzusehen, dass „Globalisierung“ den bewährten Terminus Internationalisierung immer mehr verdrängt. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Internationalisierung von Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft behandelt. Andere Dimensionen der Internationalisierung bzw. Globalisierung, ob politischer, kultureller oder ökologischer Art, werden nur dort behandelt, wo es notwendig ist.
Die Internationalisierung von Unternehmen im Generellen wird durch Beiträge aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften untersucht. Zu nennen wären die Außenhandelstheorie, die Theorie der Multinationalen Unternehmen, Standorttheorie, Internalisierungstheorie, Managementtheorie, ohne dass diese Aufzählung einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Von einer allgemeinen Theorie der Unternehmensinternationalisierung kann man allerdings nicht sprechen, obwohl zumindest der eklektische Ansatz von Dunning von sich behauptet, ein umfassendes Rahmenwerk zu bieten.
Das Fehlen, oder besser die Unmöglichkeit einer allumfassenden Theorie kann im Rahmen dieser Arbeit nicht behoben werden. Vielmehr soll versucht werden, die Internationalisierung vor allem als Prozess zu verstehen und zu behandeln.
Als Einstieg sollen die Formen der Internationalisierung, die auch als Markteintrittstrategien aufgefasst werden können, beschrieben werden, wobei hier schon Einordnungsprobleme entstehen können. Weiterhin sollen Umfang und Bedeutung der einzelnen Formen umrissen werden, um ein empirisches Bild zu erhalten. Selbstverständlich muss man sich bewusst sein, dass ein Teil der Internationalisierung nur schwer statistisch erfasst werden kann, so z.B. ein Teil der Kooperationen ohne Kapitalbeteiligung. Selbst die weit verbreiteten Statistiken über das Ausmaß an Direktinvestitionen sind nur eingeschränkt zu verwerten.
Bei den Theorien der Internationalisierung kann zwischen statischen und dynamischen Ansätzen unterschieden werden. Diese Unterscheidung soll nicht willkürlich, sondern nach bestimmten Kriterien erfolgen. Als Rahmenwerk für die statische Betrachtung wird das […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Zielsetzung der Arbeit

1. Formen und Umfang der Internationalisierung
1.1. Exporte
1.2. Kooperationen
1.3. Direktinvestitionen
1.4. Empirisches Bild

2. Theorien der Internationalisierung
2.1. Statische Theorien (OLI-Paradigma)
2.1.1. Unternehmensspezifische Vorteile
2.1.2. Standortvorteile
2.1.3. Internalisierungsvorteile
2.1.4. Zusammenfassung und Bewertung
2.2. Dynamische Theorien
2.2.1. Ansätze aus den Theorien der Direktinvestitionen
2.2.1.1. Produktlebenszylusmodell
2.2.1.2. Behavoristisches Modell
2.2.1.3. Oligopolistisches Parallelverhalten
2.2.2. Ansätze des Internationalen Managements
2.2.2.1. Skandinavische Modelle
2.2.2.2. GAINS-Ansatz

3. Die Internationalisierung der Stromversorgungswirtschaft
3.1. Bisherige Grenzen der Internationalisierung
3.1.1. Ökonomische und technologische Besonderheiten
3.1.2. Politische Eingriffe
3.2. Voraussetzungen der Internationalisierung
3.2.1. Ökonomische und technologische Änderungen
3.2.2. Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung
3.3. Formen der Internationalisierung in der Stromversorgungsindustrie
3.3.1. Stromhandel
3.3.2. Kooperationen
3.3.3. Direktinvestitionen
3.4. Weitere Entwicklung der Stromversorgungswirtschaft
3.5. Einbeziehung der Stromwirtschaft in Internationalisierungstheorien
3.5.1. Statische Theorien
3.5.2. Dynamische Theorien

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die zehn bedeutendsten Branchen für internationale M&A – Aktivitäten 1998

Tabelle 2: Internationalisierungsgrad ausgewählter EltVU

Tabelle 3: Marktstruktur der Elektrizitätswirtschaft in ausgewählten europäischen Län­­dern

Tabelle 4: Grad und Tempo der Strommarktöffnung in ausgewählten europäischen Ländern

Tabelle 5: Übernahme britischer Regionalversorgungsunternehmen durch ausländische EltVU

Tabelle 6: Bevorzugte Investitionsziele ausgewählter EltVU

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Internationalisierungssituationen nach Johanson und Mattson

Abbildung 2: Wirtschaftliche Leistungen und Marktstufen in der Elektrizi­tätswirt­schaft

Abbildung 3: Internationalisierungsmatrix für EltVU

Zielsetzung der Arbeit

Die immer weiter fortschreitende Internationalisierung von Unternehmen ist schon fast selbstverständlich geworden, sowohl für den interessierten als auch für den beiläufigen Beobachter. Das überhandnehmende Schlagwort der „Globalisierung“ beansprucht einen zunehmend großen Platz im ökonomischen sowie politischen Diskurs und löst heftige Auseinandersetzungen aus. Letztendlich ist es kaum einzusehen, dass „Globalisierung“ den bewährten Terminus Internationalisierung immer mehr verdrängt.[1] Im Rahmen dieser Arbeit wird die Internationalisierung von Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft behandelt. Andere Dimensionen der Interna­tionalisierung bzw. Globalisierung, ob politischer, kultureller oder ökologischer Art, werden nur dort behandelt, wo es notwendig ist.

Die Internationalisierung von Unternehmen im Generellen wird durch Beiträge aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften untersucht. Zu nennen wären die Außenhandelstheorie, die Theorie der Multinationalen Unternehmen, Standorttheorie, Internalisierungstheorie, Managementtheorie, ohne dass diese Aufzählung einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.[2] Von einer allgemeinen Theorie der Unternehmensinternationalisierung kann man allerdings nicht sprechen, obwohl zumindest der eklektische Ansatz von Dunning von sich behauptet, ein umfassendes Rahmenwerk zu bieten.[3]

Das Fehlen, oder besser die Unmöglichkeit einer allumfassenden Theorie kann im Rahmen dieser Arbeit nicht behoben werden. Vielmehr soll versucht werden, die Internationalisierung vor allem als Prozess zu verstehen und zu behandeln.

Als Einstieg sollen die Formen der Internationalisierung, die auch als Markt­eintrittstrategien aufgefasst werden können, beschrieben werden, wobei hier schon Einordnungsprobleme entstehen können. Weiterhin sollen Umfang und Bedeutung der einzelnen Formen umrissen werden, um ein empirisches Bild zu erhalten. Selbstverständlich muss man sich bewusst sein, dass ein Teil der Internationalisierung nur schwer statistisch erfasst werden kann, so z.B. ein Teil der Kooperationen ohne Kapitalbeteiligung. Selbst die weit verbreiteten Statistiken über das Ausmaß an Di­rektinvestitionen sind nur eingeschränkt zu verwerten.[4]

Bei den Theorien der Internationalisierung kann zwischen statischen und dynamischen Ansätzen unterschieden werden. Diese Unterscheidung soll nicht willkürlich, sondern nach bestimmten Kriterien erfolgen. Als Rahmenwerk für die statische Betrachtung wird das OLI-Paradigma von Dunning benutzt. Zwar ist dieses aufgrund seines ek­lektischen Charakters nicht stringent als ökonomisches Modell geeignet und auch zum Teil kritisiert worden.[5] Es umfasst aber die wichtigsten Ansätze zu der Problematik der Internationalisierung von Unternehmen.

Bei den dynamisch angelegten Theorien werden insbesondere das Produktlebens­zyklusmodell von Vernon, das behavoristische Modell von Aharoni, Theorien des oligopolistischen Parallelverhaltens, die sogenannten skandinavischen Modelle und der GAINS-Ansatz von Macharzina und Engelhard untersucht.

Im Rahmen dieser Arbeit wird im speziellen die Internationalisierung von Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EltVU) behandelt werden. Vor einem Jahr­zehnt wäre ein solches Unterfangen noch als müßig oder gar sinnlos anzusehen gewesen, da die Internationalisierung in der Stromversorgungsindustrie eher schwach ausgeprägt war und sich fast ausschließlich auf grenzüberschreitende Strom­liefer­ungen im geringen Umfange beschränkte. Dem ist nach einem Jahrzehnt weltweit fortschreitender Liberalisierung auf den Energiemärkten, welche ins­besondere auch die EltVU erfasste, nicht mehr so. So kann man folgender Aussage von Buckley und Casson zustimmen: „For the first time in the post-war period, large scale involvement by MNEs is now possible in most of the utility industries.”[6]

Bevor Internationalisierungsformen und -prozess genauer untersucht werden, sollen vorher die branchenspezifischen Grenzen des internationalen Engagements von Stromerzeugern aufgezeigt werden. Danach wird geklärt, inwieweit diese Be­schränkungen aufgehoben worden sind. Denn ohne ihr zumindest teilweises Überwinden wären die zu beobachtenden Prozesse nicht zu erklären. Es folgt ein Überblick über das bisherige Ausmaß der Internationalisierung, welches schrittweise nach den möglichen und in Kapitel 1 erläuterten Internationalisierungsformen erfolgen soll. Von besonderem Interesse ist die Verknüpfung der tatsächlichen Evolution dieser Branche mit den in den Theorien entwickelten Folgerungen. Insbesondere soll die Internationalisierung der EltVU auf ihren Prozesscharakter hin untersucht werden.

Abschließend soll geklärt werden, inwieweit die Wirtschaftswissenschaft die zu beo­bachtenden Internationalisierungsprozesse erklären kann und wo eine intensivere Beschäftigung notwendig erscheint. Insbesondere muss man allgemein feststellen, dass eine Neuausrichtung der Forschung notwendig ist, da sich die Internationali­sierungsprozesse in den letzen beiden Jahrzehnten gewandelt haben.[7]

Diese Ausarbeitung stützt sich auch auf eine Reihe nicht-akademischer Ver­öffent­lichungen. Dies ist teilweise notwendig, da eine Behandlung des obigen Themas erleichtert wird. Zudem teilt der Autor die Meinung von Boddewyn und Iyer, dass eine stärkere Berücksichtigung nicht-akademischer Literatur allgemein förderlich ist.[8]

1. Formen und Umfang der Internationalisierung

Zu Anfang soll der Begriff der Internationalisierung von Unternehmen definiert werden. Diese kann als Ausweitung des Aktionsfeldes über die nationalen Grenzen hinweg aufgefasst werden.

Nach Mößlang kann man sich dem Internationalisierungsbegriff von drei ver­schiedenen Seiten annähern. Internationalisierung kann man erstens unter dem Gesichtspunkt der durch sie verfolgten Ziele (Wachstumsziele usw.), zweitens als Strategie, um das Gesicht einer Unternehmung zu verändern und drittens als dynamisches bzw. prozessuales Ereignis betrachten.[9] Vor allem letzteres soll Be­trachtungspunkt dieser Arbeit sein. Grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeiten können verschiedene Formen annehmen, deren Wahl von den Motiven und den Voraussetzungen des Unternehmens abhängen.[10] Weiterhin stellt sich das Problem der Messung von Internationalität. Ein interessanter Ansatz zur qualitativen Erfassung des Umfangs von Internationalität stellt das sogenannte Internationalisierungsgebirge von Kutschker dar. Der Umfang der Internationalisierung eines Unternehmens wird hierbei entlang dreier Dimensionen festgemacht:

- Anzahl und geographisch-kulturelle Distanz der bearbeiteten Länder,
- Art und Umfang der Wertschöpfung,
- Ausmaß der Integration.[11]

Internationalisierung bedeutet demnach die Ausprägung des Gebirges im dreidimen­sionalen Raumes. Bei der ersten Dimension ist die Anzahl der bearbeiteten Länder nicht unbedingt entscheidend. Ein Unternehmen, dass auf in geographischer und kultureller Hinsicht entfernteren Märkten tätig ist, kann als internationaler bezeichnet werden als ein Unternehmen, das auf dem Heimatland benachbarten bzw. ähnlichen Märkten agiert. Dies gilt auch, wenn die Zahl der bearbeiteten Ländermärkte absolut gesehen größer ist.[12]

Die Wertschöpfungskette besteht aus den Unternehmensbereichen Beschaffung, F&E, Produktion, Verkauf, Logistik. Je mehr Teile der gesamten Wertschöpfung im Ausland stattfinden, desto internationaler ist das Unternehmen.[13]

Grenzüberschreitende Integration bedeutet die Notwendigkeit der Koordinierung der Wertschöpfungsaktivitäten innerhalb der Unternehmung. Der Grad der Integration ist an vier Faktoren abzulesen:

- Die Integration nimmt mit der steigenden Intensität des Ressourcenflusses innerhalb der Unternehmung zu.
- Die Integration nimmt mit der steigenden Zahl an Leuten zu, die an dem Ressourcenfluss beteiligt sind.
- Die Integration ist um so höher, je größer das Ausmaß der eingebauten Flexibilität innerhalb des Unternehmens ist.
- Die Integration ist um so höher, je mehr Glieder einer internationalen Unternehmung sich einer internationalen Orientierung hingeben (ablesbar an ihrer Einstellung, ihren Fähigkeiten, etc.)[14]

Die Integration ist am geringsten, wenn die Subeinheiten in der Unternehmung völlig autonom und unabhängig voneinander agieren. Bei interdependenten und hochgradig vermaschten Netzwerken ist die Integration am höchsten. Bei einer stark integrierten Unternehmung ist ein größerer Umfang an Internationalität anzunehmen als bei schwach integrierten Unternehmen.[15]

Es ist nicht die Intention des Internationalisierungsgebirges, die Internationalität eines bestimmten Unternehmens genau zu bestimmen. Die dreidimensionale Darstellung sagt etwas über die Ausprägung der Internationalität und die bisher verfolgte Internationalisierungsstrategie aus. Bei gleichem Internationalisierungsgrad zweier Unternehmen kann sich das Aussehen des Gebirges beträchtlich unterscheiden.[16]

Leider ist beim Internationalisierungsgebirge keine Unterscheidung zwischen den angewendeten Internationalisierungsformen möglich. Die Dimension der Wertschöp­fung müsste für Dienstleistungsunternehmen angepasst werden (und damit auch für EltVU). Diese Darstellung wird im zweiten Abschnitt wieder benutzt werden, wenn es um den Prozess geht. Denn wenn man den bisherigen drei Dimensionen die Zeit als vierte Dimension hinzufügt, erhält man eine dynamische Darstellung von Inter­nationalisierung.[17]

Die Unterscheidung der einzelnen Formen der Internationalisierung, die nachfolgend erläutert werden, erfolgt nicht einheitlich. Pausenberger beispielsweise nennt als Basisstrategien Export, Lizenzvergabe und Direktinvestitionen.[18] Diese Unterteilung vernachlässigt aber viele immer wichtiger werdende Formen von Kooperationen außerhalb der Lizenzvergabe.

Eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung ist das Kriterium der zunehmenden Bindung von Ressourcen im Ausland. Hier lassen sich drei Gruppen einteilen: Außen­handel (vor allem Exporte), Kooperationsformen ohne sowie Kooperationsformen mit Kapitalbeteilungen. Beispiele für letzteres sind Direktinvestitionen und Joint Ventures; als Kooperation ohne Kapitalbeteiligung sind z.B. Lizenzvergabe und Franchising zu nennen.[19] Exporte sind mit einer relativ geringen Ressourcenbindung verbunden, während die Direktinvestitionen in der Form einer 100%-igen Tochter ein hohes Ausmaß an Ressourcen bindet.

Die Wahl für eine Internationalisierungsform schließt die spätere oder gleichzeitige Nutzung anderer Formen nicht aus. Vielmehr bestehen dazwischen Interdependenzen, bei denen sich Strategien gegenseitig fördern. Eine anfängliche Exportaktivität bei­spielsweise macht eine spätere Direktinvestition erst möglich oder notwendig.[20]

1.1. Exporte

Exporttätigkeit ist durch grenzüberschreitende Transportvorgänge, in denen das betrachtete Wirtschaftsgut in einem anderen Land als dem Produktionsland verkauft wird, gekennzeichnet.[21] Es kann zwischen direktem und indirektem Export unter­schieden werden. Bei letzterem bedient sich das Unternehmen externer Absatzmittler, bei ersterem wird der ausländische Direktabnehmer unmittelbar beliefert.[22] Daher ist bei direktem Export ein größerer Ressourceneinsatz und ein höheres Risiko seitens des Unternehmens anzunehmen. Der Export ist aufgrund seines vergleichsweise geringen Ressourceneinsatzes häufig die erste Stufe in der Internationalisierung eines Unternehmens. Die Exporttätigkeit in bestimmten Märkten kann in der Regel schnell aufgenommen und auch gegebenenfalls rasch aufgegeben werden. Ein Problem ergibt sich bei nicht oder schwer handelbaren Gütern. Hier scheint der Export keine geeignete Form zu sein. Von der Nichthandelbarkeit der Güter sind viele Dienst­leistungen betroffen. Es ist gleichfalls schwierig, Strom grenzübergreifend zu transportieren. Die Spezifität des Gutes Elektrizität und ihre Auswirkungen wird in 3.1.1. ausführlich behandelt werden.

1.2. Kooperationen

Internationale Kooperationen können vielfältige Ausformungen annehmen. Damit steigt mit ihrer zunehmenden Bedeutung auch die Vielfalt an Begriffen, welche durchaus zur Verwirrung beitragen kann. Dies hängt sicherlich auch mit der fort­dauernden Neuentwicklung an Kooperationsformen zusammen.

Zu Beginn sollte der allgemeine Begriff der Kooperation auf internationaler Ebene definiert werden. Gemäß Rath kann eine internationale Unternehmenskooperation als „vertraglich festgelegte, ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren rechtlich und idealtypisch auch wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmen mit Sitz in unterschiedlichen Ländern zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung“[23] bezeichnet werden.

Es kann unterschieden werden zwischen Kooperationen mit oder ohne Kapitalbeteiligung. Zu letzteren können Verbundgeschäfte, die Übertragung schlüsselfertiger Anlagen, technische Service Verträge, Management Verträge, langfristige Liefer- bzw. Bezugsverträge, Lizenzverträge gezählt werden. Kooperationen mit Kapitalbeteiligungen umfassen Joint Ventures und wechselseitige Beteiligungen. Der Übergang zu den Direktinvestitionen, die in 1.4. näher erläutert werden sollen, ist fließend.

Kooperationen können dazu dienen, Markteintrittsbarrieren zu überwinden. Insbesondere bei staatlich bedingten Marktunvollkommenheiten sind Kooperationen oft der einzige machbare Weg zur Aufnahme eines Auslandsengagements. Dies zeigt sich insbesondere in Branchen, die Regierungen als besonders wichtig erscheinen. Zu nennen ist hier z.B. der gesamte Energiebereich und dabei vor allem die Elek­trizitätswirtschaft.

Eine Art der Kooperation, die besondere Aufmerksamkeit verdient, ist die strategische Allianz. Eine solche kann an drei Kennzeichen festgemacht werden:

- Die zwei oder mehr Firmen, die sich zusammenschließen, um bestimmte vereinbarte Ziel zu erreichen, bleiben selbstständig.
- Die Partner-Unternehmen teilen die Gewinne der Zusammenarbeit und die Kontrolle über die Durchführung der beabsichtigten Aufgaben.
- Die Partner-Unternehmen tragen auf einer fortlaufenden Basis zu einer oder mehreren strategischen Tätigkeiten bei (z.B. Technologie).[24]

Eine solche Definition umfasst auch Joint Ventures. M&A – Tätigkeiten oder Franchising-Übereinkünfte gehören nicht zu den strategischen Allianzen.[25] Das besondere an internationalen strategischen Allianzen ist, dass in ihnen ansonsten konkurrierende Unternehmen vereint sind. Internationale strategische Allianzen setzen schon einen gewissen Grad an Internationalisierung voraus und sind vor allem zwischen MNU zu beobachten. Ein plausibler Grund für die Zunahme solcher Kooperationen ist in der Desinternalisierung von Aktivitäten zu sehen, die von Unternehmen nicht mehr als Kernaufgabe gesehen und daher aufgegeben werden. Um dennoch eine gewisse Kontrolle über diese Aktivitäten ausüben zu können, weil sie beispielsweise als Input genutzt werden, werden Abkommen mit anderen Unternehmen geschlossen.[26]

1.3. Direktinvestitionen

Unter Direktinvestitionen sind „ solche Kapitalanlagen im Ausland, die in der Absicht vorgenommen werden, Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des kapitalempfangenden Unternehmens zu gewinnen oder zu verstärken, die Kapitalbasis eines bereits kontrollierten Unternehmens zu erweitern oder ein neues Unternehmen zu gründen“,[27] zu verstehen. Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Direktinvestition im Ausland, kann es sich zwischen einem Aufkauf oder einer Neugründung (greenfield investment) entscheiden.

Weiterhin kann das Unternehmen bestimmen, ob es das Auslands­engagement in Kooperation mit einem oder mehreren anderen Unternehmen oder alleine betreibt. Im ersteren Fall hätte man es mit einem Joint Venture zu tun, siehe Kapitel 1.3., im letzteren Fall mit einer Tochtergesellschaft.[28]

Eng mit dem Begriff der Direktinvestitionen verbunden ist der Begriff des Multinationalen Unternehmens. Eine zu enge Verknüpfung beider Begriffe sollte aber vermieden werden, denn nicht jedes Unternehmen, dass DI vornimmt, sollte als MNU aufgefasst werden.

Die Frage nach der Multinationalität einer Unternehmung kann nach Meinung einiger Autoren kaum durch objektive Kriterien, sondern nur durch Übereinkunft gelöst werden.[29] Sie können aber anhand bestimmter Merkmale festgemacht werden. Zu nennen sind hier strukturelle, leistungs- und ergebnisbezogene sowie Verhaltensmerkmale.

Als strukturelle Merkmale einer MNU können festgemacht werden:

- Tätigkeit in mehr als einer Volkswirtschaft,
- Internationale Streuung des Eigentums,
- Internationalität des Top-Managements,
- Organisationsstruktur.[30]

Leistungs- und ergebnisbezogene Merkmale sind u.a. Gewinn, Umsatz, Anzahl der Beschäftigten und Investitionsvolumen der ausländischen Gesellschaften. Verhal­tens­merkmale kann man aus der Art der Entscheidungsfindung, der Festlegung der Geschäftspolitik oder der globalen Unternehmensplanung ableiten. Interna­tiona­lisie­rung kann als Alternative zur Diversifizierung im Inland gesehen werden. Ein MNU erscheint dabei als Bündel sektorspezifischer Ressourcen, denen hohe Markt­eintrittsbarrieren in anderen heimischen Industrien gegenüberstehen, die aber einen relativ einfachen Zugang zu fremden Märkten haben. Das MNU stellt so gesehen den Spezialfall eines Mehrproduktunternehmens dar.[31]

Die Integration eines MNU kann in horizontaler, vertikaler und konglomerater Form erfolgen.[32] Für die hier zu untersuchende Branche ist vor allem die horizontale Inte­gration, also der Ausbau der Geschäftsaktivitäten auf der gleichen Produk­tionsstufe von Belang. Die vertikale Integration hat in der Elektrizitätswirtschaft eine besondere Bedeutung und wird im 3. Kapitel genauer erläutert werden.

Als M&A kann man Aktivitäten, die im Zusammenhang mit Akquisitionen, Fusionen, Beteiligungen sowie ganzen oder teilweisen Unternehmensverkäufen stehen, bezeichnen.[33] Eine internationale Unternehmensakquisition ist „der Erwerb einer An­teilshöhe am Vermögen oder Kapital einer ausländischen Personen- oder Kapitalgesellschaft, die die Durchsetzung der strategischen Ziele der erwerbenden Unternehmung und die dafür notwendige Kontrolle über die ausländische Unter­nehmenseinheit ermöglicht.“[34]

Joint Ventures sollen hier nicht als M&A aufgefasst werden. Fusionen fallen hingegen dann darunter, wenn es eine Fusion durch Aufnahme ist.

1.4. Empirisches Bild

Bei vielen Formen der internationalen Unternehmenskooperationen besteht ein erheblicher Mangel an systematisch und regelmäßig erhobenen Daten. Dies liegt zum einen am hohen Erhebungsaufwand, aber auch an dem Problem möglicher Überschneidungen bei der Messung.[35]

Der weltweite Handel mit Gütern und Dienstleistungen hat im letzten Jahrzehnt erheblich zugenommen. Der jährliche Zuwachs lag in jedem Jahr der neunziger Jahre über dem Zuwachs des weltweiten BIP.[36] Der Großteil des Handels findet nach wie vor zwischen den entwickelten Ländern und da vor allem innerhalb der Handelsblöcke (z.B. EU, NAFTA) statt. Der Anteil des Intrafirmenhandels ist schwerer zu bestim­men als das absolute Handelsvolumen. In jedem Falle setzt Intrafirmenhandel jedoch das Vorhandensein internationaler Firmen voraus und ist an die Vornahme von Direktinvestitionen geknüpft.

Die Bedeutung der Lizenzvergabe ist als eher gering einzuschätzen. Aus Lizenz­bilanzen lässt sich ersehen, dass ein Großteil von Lizenzeinnahmen konzerninterne Trans­fers darstellen.[37] Erfolgen solche unternehmensinterne Zahlungen grenz­über­schreitend, setzt dies ein internationales Engagement voraus, z.B. die Existenz einer Tochtergesellschaft voraus.

Die Bedeutung von strategischen Allianzen hat im letzten Jahrzehnt rapide zugenommen. Die Anzahl neuer Allianzen hat sich im Zeitraum zwischen 1989 und 1999 versechsfacht. Von diesen Allianzen sind weit mehr als die Hälfte grenz­überscheitend.[38] Unter diesen dominieren Joint Ventures, während andere Formen strategischer Allianzen eher auf nationaler Ebene zu finden sind. Strategische Allianzen sind in erster Linie in den Industrieländern und den folgenden Branchen zu finden: Pharmazeutik, Chemie, Elektronische Ausrüstungen, Computer, Telekom­mu­nikation, Automobilbau, Finanzdienstleistungen.[39] Ähnlich wie bei den M&A ist eine Gewichtsverlagerung zugunsten von Tätigkeiten des tertiären Sektors zu beobachten. Unter ihnen befinden sich traditionell international ausgerichtete, aber auch zunehmend neu internationalisierte Branchen, wie beispielsweise die Tele­kom­muni­kation.

Die bedeutendste Ausprägung der internationalen Unternehmung ist die multinationale Unternehmung. Die größten dieser Art kommen zwar weiterhin aus den entwickelten Ländern, zunehmend gewinnen aber Unternehmen aus den Schwellen- und Trans­formationsländern an Bedeutung. Multinationale Unternehmen sind weiterhin sehr stark in den Bereichen Elektronik und elektronische Ausrüstung, Automobilbau, Mineralöl, Chemie sowie Pharmazie vertreten.[40] Mit dem französischen Mischkonzern Suez Lyonnaise Des Eaux befindet sich nur ein Konzern, der nennenswert im Bereich der Stromversorgung tätig ist, unter den 25 weltweit größten MNU.

Unter der Liste der 25 größten multinationalen Unternehmen der Entwicklungsländer befindet sich mit der chilenischen Enersis ein Elektrizitätsunternehmen auf Rang 20.[41] Diese internationale Orientierung ist einerseits ein Beleg für die Vorreiterrolle Chiles bei der Privatisierung von Versorgungsbetrieben und anderseits der allgemein fortgeschrittenen Liberalisierung von Märkten in Lateinamerika, die ein inter­nationales Engagement von Unternehmen erheblich erleichtert.[42]

Die Bedeutung von Dienstleistungsbranchen bei Direktinvestitionen, insbesondere M&A – Aktivitäten, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.[43]

Gründe für den bisher aber noch vergleichsweise geringen Internationalisierungsgrad von Dienstleistungen sind:

- Ein großer Teil der Dienstleistungsmärkte ist regional begrenzt, die Leistungen sind nicht international handelbar.
- Nachfrage ist durch regionale Besonderheiten gekennzeichnet, aufgrund derer die ausländische Anbieter nur unter hohen Kosten auftreten können.
- Es bestehen institutionelle Handels- und Niederlassungshemmnisse (z.B. Zulassungsbeschränkungen im Energie-, Versicherungssektor etc).[44]

Andererseits ist zu erwarten, dass der Dienstleistungsbereich im allgemeinen ein größeres Wachstumspotential als der Industriebereich hat. Dies ist auch im Strombereich zu beobachten. Der Umsatz durch die Erzeugung selbst wird an Bedeutung gegenüber dem Umsatz, der aus dem Handel in jeder Form mit Strom resultieren wird, verlieren.

Das allgemeine internationale Umfeld in Bezug auf Direktinvestitionen und damit auf das Wirken multinationaler Unternehmen hat sich in den neunziger Jahren erheblich verbessert. Die nationale Gesetzgebung wirkt sich verstärkt günstig auf internationale Unternehmenstätigkeit aus.

Innerhalb der Direktinvestitionen hat sich das Gewicht zugunsten von Beteiligungen in bestehende Unternehmen in Form von Fusionen und Käufen und zuungunsten von Neugründungen (greenfield investments) verlagert.[45]

1998 befanden sich unter den zehn Branchen mit der größten M&A - Aktivität schon sechs Dienstleistungsbranchen und nur drei des verarbeitenden Gewerbes, siehe Tabelle 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Die zehn bedeutendsten Branchen für internationale M&A - Aktivitäten 1998.

Quelle: in Anlehnung an: OECD (2000a), S.20.

a) Anzumerken ist hierbei, dass die Einteilung der Produktion und Verteilung von Elektrizität und Gas in den Dienstleistungssektor zumindest problematisch ist. So ist Elektrizität aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften kein „normales“ Gut. (nähere Erläuterungen in 3.1.1).

Zumindest zwei dieser Branchen, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sowie Produktion und Verteilung von Elektrizität und Gas, besaßen vor einem Jahr­zehnt noch einen eher geringen Internationalisierungsgrad und waren durch nationale Monopole geprägt. Beide Sektoren profitierten von Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Im Telekommunikationsbereich beispielsweise werden seit ei­nem Jahrzehnt die Internationalisierung ver- bzw. behindernde Monopolmärkte durch offene Märkte verdrängt. Eine gleiche Entwicklung ist, allerdings zeitverzögert, im Bereich netzgebundener Energien zu beobachten.[46]

Die M&A - Tätigkeit innerhalb der EU zeigt die steigende Europäisierung der Industrie als Resultat zunehmender Marktintegration.[47] Es zeigen sich allerdings große Unterschiede bei der zeitlichen Gestaltung der Marktintegration zwischen den verschiedenen Sektoren in der EU. Das verarbeitende Gewerbe ist im allgemeinen schon stark internationalisiert. Dahingegen sind viele Dienstleistungsbranchen erst kürzlich den Marktintegrationskräften geöffnet worden.[48] Ihr Internati­onali­sierungsgrad ist deswegen noch verhältnismäßig gering. Viele Unternehmen dieser Branchen, die vormals in geschützten Märkten operierten, sehen sich nun euro­päischen Wettbewerbern gegenüber. Deswegen ist zu erwarten, dass sie durch Ausbreitung in andere Länder Skalenvorteile nutzen wollen. In Sektoren mit schwach zunehmender Nachfrage trägt dies zu einem Entstehen von Überschusskapazitäten bei, was besonders in der Elektrizitätswirtschaft zu beobachten ist. Dies bedeutet mittelfristig einen Zwang zur Restrukturierung und Konsolidierung.[49]

2. Theorien der Internationalisierung

Mit der Internationalisierung von Unternehmen beschäftigten sich Theorien aus den unterschiedlichsten Bereichen der Wirtschaftswissenschaft. In der klassischen Außenwirtschaftstheorie vernachlässigt, entstanden erst in den sechziger Jahren umfangreiche Arbeiten zu internationalen Unternehmen[50], damals vor allem unter dem Eindruck der Dominanz amerikanischer Unternehmen, die nach dem zweiten Weltkrieg Direktinvestitionen in kapitalistischen Ländern vornahmen. Die damaligen Beiträge zu MNU und DI erschienen unabhängig voneinander und nahmen unterschiedliche Perspektiven ein.[51]

Es kann zwischen statischen und dynamischen Theorien unterschieden werden. Als statische Theorien sollen hier solche Ansätze angesehen werden, die das ausländische Engagement als eine Abfolge von Entscheidungen, welche von Effizienz und Kosten-Nutzen-Überlegungen bestimmt werden, untersuchen. Als dynamische Theorien sollen die Ansätze betrachtet werden, die zum einen den Entscheidungsprozeß vor der Aufnahme eines Auslandsengagements beinhalten und zum anderen den Entwick­lungsprozess eines dann international tätigen Unternehmens betrachten. Dieser umfasst auch die Möglichkeit der Änderung einer einmal gewählten Inter­nationalisierungsform.

2.1. Statische Theorien (OLI-Paradigma)

Das eklektische OLI-Paradigma von Dunning umfasst die wichtigsten der bis zum Ende der siebziger Jahre entstandenen Theorien, wobei Ansätze der Industrial Organization Theory, der Standorttheorie und der Internalisierungstheorie kombiniert werden.[52] Ein Verdienst von Dunning war es sicherlich, die stark partialanalytisch geprägte Ausrichtung der Theorien internationaler Unternehmenstätigkeit über­wunden zu haben.[53]

Es soll im Rahmen dieser Arbeit versucht werden, die von Dunning und anderen Autoren angestrebten Anpassungen an neue ökonomische und politische Rahmen­bedingungen einzufügen.

Als die wichtigsten Motive für die Tätigkeit multinationaler Unternehmen sind zu nennen:

- Befriedigung von Nachfrage auf ausländischen Märkten,
- Zugang zu natürlichen Ressourcen,
- Effizienzerhöhung,
- strategische Überlegungen.[54]

Die Grundthesen des OLI-Paradigmas sind folgende:

Je größer die kompetitiven Vorteile der investierenden Firma im Vergleich zu anderen Firmen, desto eher werden sie ihr Engagement im Ausland ausdehnen Þ Unternehmensspezifischer Vorteil.

Je größer der Anteil an mobilen oder natürlichen Faktoren eines Standortes, welche ein investierendes Unternehmen benötigt, desto wahrscheinlicher wird sich das Unternehmen eben für diesen Standort entscheiden Þ Standortvorteil.

Je größer die Nettogewinne durch Internalisierung von grenzüberschreitenden Produktmärkten, desto wahrscheinlicher wird eine Firma sich an ausländischer Produktion beteiligen oder andere Internationa­lisierungs­formen wählen Þ Internalisierungsvorteil.[55]

Wenn ein Unternehmen über firmenspezifische Vorteile verfügt, in der Lage ist, diese zu internalisieren und von einem bestimmten Bündel ausländischer Standortvorteile profitiert, dann wird es Direktinvestitionen vornehmen. Sind nicht alle 3 Vorteile gegeben, wird es sich für eine andere Internationalisierungsform entscheiden.

2.1.1. Unternehmensspezifische Vorteile

Unternehmensspezifische Vorteile treten meistens in immaterieller Form auf (z.B. Wissen) und gehören exklusiv dem Unternehmen selbst. Vorteile können in der Firmengröße, einer einzigartigen Technologie, oder in besonderen Managerfähigkeiten manchmal sogar in einer Person liegen. Solche unternehmensspezifischen Vorteile gegenüber Mitbewerbern entstehen durch die Unvollkommenheit von Märkten, da man in vollkommenen Märkten neoklassischer Prägung davon ausgehen kann, dass alle Unternehmen über gleiche Ressourcen verfügen.[56] Produktionsaktivitäten im Ausland werden erst durch oligopolistische Marktstrukturen möglich gemacht. Unternehmen, die ihren Heimatmarkt beherrschen, verfügen über solche unter­nehmensspezifischen Vorteile. Das Ausnutzen dieser Vorteile stellt Markt­ein­trittsbarrieren für andere Teilnehmer dar. Unvollkommenheiten können auf den Faktormärkten (Arbeit und Kapital) auftreten. Vorhandene externe und interne Skalenerträge begünstigen das Entstehen multinationaler Unternehmen. Zudem tragen politisch bedingte Störungen zu Unvollkommenheiten bei.[57] Solche Störungen wurden vor allem in der Errichtung tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse gesehen. Zu beobachten ist aber auch, dass staatliche oder vom Staat stark kontrollierte Unter­nehmen auf einigen Märkten auftreten. Insbesondere in der Energie- und insbesondere der Elektrizitätswirtschaft haben, staatliche bzw. gemischtwirtschaftliche Unterneh­men immer noch eine große Bedeutung.

Aus der bisher veröffentlichten Literatur zu unternehmensspezifischen Vorteilen haben sich 3 Arten herausgestellt:

- Besitz von Marktmacht und Ausbeutung durch Monopolmacht – Schaffung von Markteintrittsbarrieren;
- Verfügung über ein Bündel von Ressourcen und Fähigkeiten, welches eine überlegene technische Effizient hervorruft;
- Kompetenz des Managements, Chancen durch internationales Engagement zu erkennen.[58]

Die erste Quelle unternehmensspezifischer Vorteile muss sicherlich am kritischsten eingeschätzt werden. Sie entstehen oftmals nicht aus einem Wettbewerbsprozess heraus, sondern sind Folge wettbewerbsbeschränkenden oder –verhindernden Ver­haltens. Märkte, auf denen traditionell Wettbewerb ausgeschaltet wurde, dürften diese Arten von Vorteilen im besonderen Maße aufweisen. Die im Rahmen dieser Arbeit behandelte Branche ist davon betroffen, was selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Internationalisierung ihrer Unternehmen hat. Es sollte auch nicht übersehen werden, dass MNU selbst als politische Akteure angesehen werden können, mit der Möglichkeit durch großen Einfluss Markteintrittsbarrieren durchzusetzen und sich dadurch neue Vorteile verschaffen zu können. Ein weitere Art unter­neh­mens­spezifischen Vorteils ist in der effizienten Delegationen von Kontroll­prozessen und Anreizstrukturen zu sehen.[59]

Dunning selbst hat zwischen statischen und dynamischen unternehmensspezifischen Vorteilen unterschieden.[60] Eine Dynamik ist schon dadurch gegeben, dass unter­nehmensspezifische Vorteile im Zeitablauf Veränderungen unterliegen können. Beispielsweise können Vorteile unter geänderten Rahmenbedingungen verloren gehen. Eine internationale Unternehmung wird ferner danach streben, ihre Vorteile auszubauen bzw. zusätzliche Vorteile zu erringen. Immer wichtiger wird insbesondere die Fähigkeit von Unternehmen, sich wissensintensives Vermögen anzueignen und es zu gestalten. Dafür scheinen die Internationalisierungsformen am besten geeignet zu sein, die in den letzten Jahren beobachtbar an Bedeutung gewonnen haben, nämlich Kooperationen in Form strategischer Allianzen und Direktinvestitionen in Form von M&A.

2.1.2. Standortvorteile

Die Standorttheorie befasst sich mit der Angebotsseite einschließlich der Kosten­situation und der Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen eines Standortes. Es kann angenommen werden, dass sich Unternehmen an den Standorten niederlassen, wo sie den größten Gewinn erzielen können. Jeder Standort ist durch ein Bündel von Eigenschaften gekennzeichnet, die man als Standortfaktoren bezeichnen kann. Als deren wichtigsten sind zu nennen.

- Marktgröße, Marktpotential
- Handelsbarrieren
- Kostenfaktoren (z.B. Löhne)
- Investitionsklima (politische Stabilität, Haltung gegenüber ausländischen Investitionen)[61]

Für jede Branche sind die einzelnen Faktoren von unterschiedlicher Bedeutung. Zu denken ist hier an die unterschiedliche Bedeutung der Lohnkosten für arbeits- bzw. kapitalintensive Branchen. Die für die Elektrizitätswirtschaft herausragenden Stand­ortfaktoren werden in 3.5.1. behandelt. Es ist zu beachten, dass neben den geläufigen Standortfaktoren neue hinzutreten können. Eine immer größere Bedeutung nimmt zum Beispiel das Wirken supranationaler Organisationen ein. Die wichtige Rolle der EU in der Öffnung des Strommarktes und ihre Auswirkung auf den Inter­nationalisierungsprozess ist Teil der späteren Betrachtung.

Allgemein kommt es aus standortbedingter Sicht zu Direktinvestitionen im Ausland, wenn auf dem heimischen Markt Wettbewerbsnachteile bestehen oder auf dem zu bearbeitenden ausländischen Markt Wettbewerbsvorteile bestehen. Es werden die Standortqualität bzw. die standortbedingte Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens durch die Kombination der Standortbedingungen bestimmt. Dazu zählen Produkt-, Verfahrens- und Unternehmensspezifika.[62]

Sowohl ökonomische als auch geographische Ansätze zu Standortentscheidungen konzentrieren sich hauptsächlich auf Faktoren, die außerhalb der einzelnen Unter­nehmung liegen. Sie unterschätzen also die Tatsache, dass Standortentscheidungen von den Eigenheiten der investierenden Gesellschaft und ihrer Mitglieder beeinflusst werden.[63]

Weiterhin wird der Entwicklung des Standorts über die Zeit zu wenig Bedeutung beigemessen.[64] Denn Standortfaktoren verändern sich im Zeitablauf. Dadurch kann sich die Qualität eines Standorts verbessern, aber auch verschlechtern. Dies bedeutet für internationale Unternehmen eine Unsicherheit bezüglich der von ihnen zu wählenden Internationalisierungsform und Standorte ihrer Aktivitäten.

Die Bedeutung von Standortfaktoren ist in den letzten Jahren sicherlich stärker geworden. Deren bisherige Vernachlässigung trotz einer Vielzahl existierender sta­tistisch-ökonometrischer Untersuchungen sollte überwunden werden. Der Bedeu­­tungsgewinn von Standortfaktoren ist durch verschiedene Ursachen bedingt, worauf später noch einzugehen ist.

2.1.3. Internalisierungsvorteile

Der Grundgedanke von Internalisierungs- und Transaktionskostenansätzen liegt darin, dass die Kosten bestimmter Transaktionen niedriger sind, wenn sie innerhalb einer Unternehmung durchgeführt und nicht über den Markt abgewickelt werden. Über­tragen auf internationale Unternehmen ergab sich die Überlegung, dass ein MNU voneinander abhängige Aktivitäten ausführt, die durch den Austausch von Zwi­schenprodukten miteinander verbunden sind. Diese Zwischenprodukte sind in der Regel immateriell.[65]

Wenn der Austausch besser innerhalb der Unternehmung durchgeführt werden kann, wird ein interner Markt für diese Aktivitäten geschaffen, in dem direkter Besitz an diesen und direkte Kontrolle über diese ausgeübt wird.[66]

Internationale Produktion ist nicht nur der Transfer von Kapital über Grenzen, sondern bedeutet auch die Ausdehnung unternehmerischer Kontrolle über ausländische Niederlassungen. Es reicht nicht aus, unternehmensspezifische Vorteile zu besitzen. Man muss auch in der Lage sein, diese zu nutzen.

Durch Internalisierung können unternehmensspezifische Vorteile im Unternehmen selbst verbleiben, ohne dass sie Konkurrenten zufallen. Es kann günstiger sein, durch Internalisierung Wettbewerbsvorteile im Unternehmen zu belassen und sie selbst in Niederlassungen im Ausland zu nutzen als sie anderen Unternehmen zu überlassen, beispielsweise durch Verkauf oder Lizenzierung.

In der MNU existieren Märkte für Zwischenprodukte, durch die vor allem Wissen und technologisches Know-how internalisiert werden. Dabei erwachsen die MNU nicht wegen des Versagens von Märkten für Wissen, sondern wegen ihrer überlegenen Effizienz als organisatorische Einheit um Wissen grenzüberschreitend zu trans­ferieren.[67]

Es können fünf Marktunvollkommenheiten benannt werden, deren Vorhandensein den Nutzen einer Internalisierung erhöht:

- Nichtexistenz von Zukunftsmärkten,
- Unmöglichkeit der Preisdifferenzierung auf externen Auslandsmärkten,
- Vorliegen eines bilateralen Monopols,
- Bewertungsproblem beim Verkauf des Zwischenproduktes,
- Staatliche Eingriffe.[68]

Diese Marktvollkommenheiten sind von Branche zu Branche unterschiedlich. Bei der Betrachtung der einzelnen Branchen ist es angebracht, jede auf das Vorhandensein dieser Unvollkommenheiten zu überprüfen. Den Vorteilen der Internalisierung stehen auch Kosten gegenüber.[69] Es kommt nur dann zum Entstehen eines multinationalen Unternehmens, wenn die Vorteile der Internalisierung deren Nachteile aufwiegen.[70]

[...]


[1] vgl. Boddewyn, J.J., Iyer, G. (1999), S.168.

[2] vgl. Bäurle, I. (1995), S.41.

[3] vgl. Dunning, J.H. (1993), S.76.

[4] vgl. Bellak, C. (1999), S. 118ff.

[5] vgl. Dähn, M. (1996), S.47f.

[6] Buckley, P.J., Casson, M. (1998a), S.28f.

[7] vgl. Bäurle, I.(1995), S.122f.

[8] vgl. Boddewyn, J.J., Iyer, G. (1999), S.165ff.

[9] vgl. Mößlang, A.M. (1995), S.22.

[10] vgl. Kumar, B. (1989), S.915.

[11] vgl. Kutschker, M. (1994), S.131.

[12] vgl. ebd. (1994), S.132f.

[13] vgl. Braun, C.C. (1995), S.21. bzw. Kutschker, M. (1994), S.133f.

[14] vgl. Kutschker, M., Bäurle, I. (1997), S.107.

[15] vgl. Bäurle, I. (1996), S.13.

[16] vgl. Bäurle, I. (1996), S.16f.

[17] vgl. ebd. (1996), S.28.

[18] vgl. Pausenberger, E. (1994), S.2.

[19] vgl. Kumar, B. (1989), S.916.

[20] vgl. Pausenberger, E. (1994), S.26f.

[21] vgl. Pausenberger, E. (1994), S.2.

[22] vgl. Kumar, B. (1989), S.922.

[23] Rath, H. (1990), S.11.

[24] vgl. OECD (2000b), S.7.

[25] vgl. ebd., S.7.

[26] vgl. Dunning, J.H. (1997), S.75.

[27] Jungnickel, R. (1989), S.308ff.

[28] vgl. Pausenberger, E. (1994), S. 10ff.

[29] vgl. Braun, C.C. (1995), S.20.

[30] vgl. Schüning. H. (1991), S.8f.

[31] vgl. Buckley, P.J., Casson, M. (1985), S.12.

[32] vgl. Stein, I. (1991), S.50f

[33] vgl. Stein, I. (1992), S.12.

[34] ebd., S.13.

[35] vgl. Rath, H. (1990), S.80f.

[36] vgl. WTO (2000), S.6.

[37] vgl. Pausenberger, E. (1994), S.7f.

[38] vgl. OECD (2000b), S.8.

[39] vgl. ebd., S.20.

[40] vgl. UNCTAD (2000), S.1.

[41] vgl. ebd., S.3.

[42] vgl. Klopfer, T., Sturm, W. (1993), S.367ff.

[43] vgl. OECD (2000a), S.21.

[44] vgl. Kutschker, M. (1997), S.330.

[45] vgl. OECD (2000a), S.14.

[46] vgl. OECD (2000a), S.33.

[47] vgl. Sleuwaegen, L. (1998), S.1077.

[48] vgl. ebd., S.1082.

[49] vgl. ebd., S.1083.

[50] vgl. Dunning, J.H. (1993), S.67.

[51] vgl. ebd., S.68.

[52] vgl. Dähn, M. (1996), S.47.

[53] vgl. Mößlang, A.M. (1995), S.199.

[54] vgl. Dunning, J.H. (2000), S.164f.

[55] vgl. ebd. (2000), S.163f.

[56] vgl. Dunning, J.H. (2000), S.168.

[57] vgl. Ensign, P.C. (1995), S.17. bzw. Stein, I. (1991), S.57f.

[58] vgl. Dunning, J.H. (2000), S.168.

[59] vgl. Buckley, P.J., Casson, M. (1985), S.174f.

[60] vgl. Dunning, J.H. (2000), S.169.

[61] vgl. Stein, I. (1991), S.120ff.

[62] vgl. Tesch, P. (1980), S.523.

[63] vgl. Benito, G.R.G., Gripsrud, G. (1995) S.44.

[64] vgl. Heiduk, G., Kerlen-Prinz, J. (1999), S.32.

[65] vgl. Stein, I. (1991), S.96

[66] vgl. Ensign, P.C. (1995), S.18.

[67] vgl. Kogut, B., Zander, U. (1993), S.625.

[68] vgl. Stein, I. (1991), S.96.

[69] vgl. ebd. (1991), S.98.

[70] vgl. Buckley, P.J., Casson, M. (1976), S.44.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832444372
ISBN (Paperback)
9783838644370
DOI
10.3239/9783832444372
Dateigröße
653 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2001 (August)
Note
2,3
Schlagworte
deregulierung internationalisierungspozess liberalisierung oli-paradigma skandinavisches modell
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Titel: Internationalisierung von Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen
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