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Für die Firma ins Ausland

Erfahrungen deutscher Mitarbeiter in den USA

©2004 Magisterarbeit 123 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Immer mehr Betriebe zählen Amerikaner zu ihrem Kundenstamm, ihren Vorgesetzten oder Kollegen. Dadurch wird ein ständiger interkultureller Austausch zwischen Deutschen und Amerikanern erforderlich, welcher sich vor allem in Auslandsentsendungen deutscher Mitarbeiter in die USA äußert. Die Internationalisierung der Firmenaktivitäten und das Erschließen fremder Märkte wird nicht mehr nur in Großunternehmen praktiziert, sondern gewinnt auch bei kleineren Firmen ständig an Bedeutung. Leider herrscht vorrangig die Meinung, die amerikanische und die deutsche Kultur seien so ähnlich, dass eine interkulturelle Vorbereitung nicht nötig sei. Doch gerade weil sich die Normen und Werte der beiden Kulturen oberflächlich gesehen nicht stark unterscheiden, sind die deutschen Entsandten nicht genügend sensibilisiert für kulturbedingte Konflikte. Ohne Wissen um die Kulturunterschiede, ohne Kenntnis, wie die amerikanischen Geschäftspartner denken und handeln oder welche Kommunikationsmuster sie anwenden, laufen die deutschen Mitarbeiter Gefahr, die amerikanischen Kollegen falsch zu interpretieren und so den Erfolg im Ausland zu gefährden.
Firmen, die ihre Mitarbeiter ins Ausland entsenden, sollten sich daher stärker mit Modalitäten bei Auslandsentsendungen informieren. Nur so kann die hohe Rate an Auslandsabbrüchen reduziert werden. Firmen profitieren dabei von den Forschungsergebnissen aus interkulturellen Begegnungen und den Erfahrungen ehemaliger Entsandter. Die vorliegende Magisterarbeit beschäftigt sich daher mit dem Thema: „Für die Firma ins Ausland. Erfahrungen deutscher Mitarbeiter in den USA“, um Firmen und Entsandte auf das „Abenteuer Auslandsentsendung“ vorzubereiten und einen Überblick über die wichtigsten Punkte zu liefern, die beachtet werden müssen. Entsandte sollen erkennen, welche amerikanischen Normen und welche Konventionen der Kommunikation Konflikte bereiten könnten und warum Amerikaner von dem Verhalten Deutscher in bestimmten Situationen irritiert sind.
Aufgrund der großen Bandbreite des Themenfeldes „Kultur und interkulturelle Zusammenarbeit“ konzentriert sich die Arbeit auf die allgemeine geschäftliche Kooperation zwischen Amerikanern und Deutschen vor dem Hintergrund einer Auslandsentsendung und lässt spezielle Berufsgruppen außen vor. Im Laufe der Arbeit wird generell von „Mitarbeitern“ die Rede sein, dies schließt Manager, Maschinenmonteure, Kundendienstangestellte usw. ein.
Das Grundgerüst des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Praxisbericht I: Defizite in der Vorbereitung von Firmenmitarbeitern auf einen Auslandseinsatz
2.1 Vorstellung der Sprachkurse
2.2 Vorstellung der Befragung
2.3 Teilnehmeraussagen
2.4 Zusammenfassung der Aussagen

3 Kultur
3.1 Begriffserklärung und Bedeutung kultureller Unterschiede für Auslandsentsendungen
3.2 Werte und Kulturstandards im Vergleich
3.2.1 Kontaktorientierung
3.2.2 Individualismus
3.2.3 Unsicherheitsvermeidung
3.2.4 Handlungs- und Leistungsorientierung
3.2.5 Informalität

4 Kommunikation
4.1 Begriffserklärung und Bedeutung für Auslandsentsendungen
4.2 verbale Kommunikation
4.2.1 Direktheit
4.2.2 Themen
4.3 nonverbale Kommunikation
4.3.1 Raum
4.3.2 Zeit

5 Praxisbericht II: Überlegungen zur Verbesserung der Auslandsvorbereitung
5.1 Überlegungen für eine bessere Auslandsvorbereitung seitens der Firma
5.1.1 Auswahl von Mitarbeitern für eine Auslandsentsendung
5.1.2 Betreuung der Entsendeten
5.2 Überlegung für eine bessere Auslandsvorbereitung seitens der Lehrkräfte
5.2.1 Der Sprachkurs
5.2.2 Das interkulturelle Training

6 Zusammenfassung und Ausblick

7 Literaturverzeichnis

8 Anlagen

9 Eidesstattliche Versicherung

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Auflistung der prozentualen Antworten zum Thema Sprachkurs

Tabelle 2: Auflistung der prozentualen Antworten zum Thema interkulturelles Training

Tabelle 3: Auszug aus: Individualismusindex- (IDV-) Werte für 50 Länder und 3 Regionen (Hofstede 1993: 69)

Tabelle 4: Auszug aus: Unsicherheitsvermeidungsindex- (UVI-) Werte für 50 Länder und 3 Regionen (Hofstede 2001:151)

Tabelle 5: Kriterien für eine Auslandseignung (nach Stahl 1995: 32)

Abbildung 1: Drei Ebenen der Einzigartigkeit in der mentalen Programmierung des Menschen (Hofstede 1993:19)

Abbildung 2: Zentrale und periphere Regionen der Persönlichkeit (nach einer Darstellung in Lewin 1953: 47)

Abbildung 3: Überschneidung der zentralen und peripheren Regionen in der Interaktion (basierend auf Lewin 1953: 51)

Abbildung 4: Ein allgemeines Kommunikationsmodell (Korte et al. 1997: 4)

Abbildung 5: Kommunikationsmodell (Liebel 1992: 76)

Abbildung 6: Bedeutungsgewichtung in low- und high-context Kommunikation

Abbildung 7: Amerikanischer Distanzbereich (nach Hall 1990: 117-124)

Abbildung 8: Amerikanisches und deutsches Zeitkonzept (Cottle 1967: 58-71).

1 Einleitung

In Deutschland ist die Globalisierung schon seit langem in vielen Lebensbereichen, aber vor allem in der Arbeitswelt ein wichtiges Thema. In der heutigen Zeit ist es daher notwendig als Unternehmen grenzüberschreitend präsent zu sein um mit dem internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Immer mehr Betriebe zählen Amerikaner zu ihrem Kundenstamm, ihren Vorgesetzten oder Kollegen. Dadurch wird ein ständiger interkultureller Austausch zwischen Deutschen und Amerikanern erforderlich, welcher sich vor allem in Auslandsentsendungen deutscher Mitarbeiter in die USA äußert. Die Internationalisierung der Firmenaktivitäten und das Erschließen fremder Märkte wird nicht mehr nur in Großunternehmen praktiziert, sondern gewinnt auch bei kleineren Firmen ständig an Bedeutung. Leider herrscht vorrangig die Meinung, die amerikanische und die deutsche Kultur seien so ähnlich, dass eine interkulturelle Vorbereitung nicht nötig sei. Doch gerade weil sich die Normen und Werte der beiden Kulturen oberflächlich gesehen nicht stark unterscheiden, sind die deutschen Entsandten nicht genügend sensibilisiert für kulturbedingte Konflikte. Ohne Wissen um die Kulturunterschiede, ohne Kenntnis, wie die amerikanischen Geschäftspartner denken und handeln oder welche Kommunikationsmuster sie anwenden, laufen die deutschen Mitarbeiter Gefahr, die amerikanischen Kollegen falsch zu interpretieren und so den Erfolg im Ausland zu gefährden.

Firmen, die ihre Mitarbeiter ins Ausland entsenden, sollten sich daher stärker mit Modalitäten bei Auslandsentsendungen informieren. Nur so kann die hohe Rate an Auslandsabbrüchen reduziert werden. Firmen profitieren dabei von den Forschungsergebnissen aus interkulturellen Begegnungen und den Erfahrungen ehemaliger Entsandter. Die vorliegende Magisterarbeit beschäftigt sich daher mit dem Thema: „Für die Firma ins Ausland. Erfahrungen deutscher Mitarbeiter in den USA“, um Firmen und Entsandte auf das „Abenteuer Auslandsentsendung“ vorzubereiten und einen Überblick über die wichtigsten Punkte zu liefern, die beachtet werden müssen. Entsandte sollen erkennen, welche amerikanischen Normen und welche Konventionen der Kommunikation Konflikte bereiten könnten und warum Amerikaner von dem Verhalten Deutscher in bestimmten Situationen irritiert sind.

Aufgrund der großen Bandbreite des Themenfeldes „Kultur und interkulturelle Zusammenarbeit“ konzentriert sich die Arbeit auf die allgemeine geschäftliche Kooperation zwischen Amerikanern und Deutschen vor dem Hintergrund einer Auslandsentsendung und lässt spezielle Berufsgruppen außen vor. Im Laufe der Arbeit wird generell von „Mitarbeitern“ die Rede sein, dies schließt Manager, Maschinenmonteure, Kundendienstangestellte usw. ein. Eine spezifische Erläuterung z.B. für Führungskräfte, Studenten oder Personalmanager lässt sich in anderen Texten finden. (siehe u.a. Bittner 1996; Markowsky 1995 und Thomas 1996)

Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte hat sich eine große Anzahl an verschiedenen Büchern über interkulturelle Zusammenarbeit angesammelt. Wie bei kaum einem anderen Themenbereich fühlen sich immer wieder Autoren berufen, über ihre Auslandserfahrungen zu berichten ohne jedoch eine kulturwissenschaftliche oder interkulturelle Qualifikation vorweisen zu können. Der Markt wird überschwemmt von Tipps für Touristen, Handbücher für Auslandsreisende oder Beschreibungen über die deutschen oder amerikanischen Charaktere. Dies mag genügen für Reisende, die nur einen sehr kurzen und daher wenig intensiven USA-Aufenthalt planen. Für Mitarbeiter jedoch, die zum Zwecke der Kundenwerbung, Maschinenreparaturen, Übernahme von Führungspositionen oder anderen Aufgaben eine längere Zeit in den USA weilen, ist diese Art von Literatur ungenügend.

Anerkannte Professoren, wie Alexander Thomas oder Geert Hofstede geben ganz spezifische Abhandlungen zu einzelnen Themen, wie Zeit- und Raumkonzept, Kulturschock und Kulturstandards. Andere, wie z.B. der Kulturwissenschaftler Klaus P. Hansen untersuchen den Kulturbegriff. Dieses Literaturmaterial ist in den Fachbereichen „Kulturwissenschaft“ und „interkulturelle Kommunikation“ anerkannt und bildet das Grundgerüst des theoretischen Teils dieser Arbeit. Ein Bestandteil der vorliegenden Arbeit sind die Forschungsergebnisse Hofstedes, die anhand seiner Studie mit der Firma IBM aufgestellt wurden. Obwohl Kritiker meinen, dass die Einteilung in Kulturdimensionen eher Stereotypen fördert als verringert, wird die Studie im theoretischen Teil zu Rate gezogen. Da die Arbeit vor allem einen generellen Überblick über wichtige Faktoren der Auslandsentsendung und über wichtige Unterschiede der deutschen und der amerikanischen Kultur geben soll, bieten die Ergebnisse Hofstedes einen hervorragenden Einstieg. Für Personen, die sich intensiv und professionell mit interkulturellen Begegnungen beschäftigen, sind die Kulturdimensionen von Hofstede sicherlich nicht tiefgreifend genug. Im Rahmen dieser Arbeit wird das Verhalten von Deutschen und Amerikanern generalisiert dargestellt, um die Denk- und Handlungsweise der Mehrheit aufzuzeigen und eventuelle interkulturelle Konfliktherde aufzudecken. Natürlich wird nicht jeder Entsandter die gleichen Erfahrungen mit Amerikanern machen, denn in einer multikulturellen Gesellschaft wie den USA wird man sicherlich auf Personen treffen, deren Verhalten eine Mischung aus verschiedenen Kulturen ist. In der Arbeit wird häufig der Begriff „Amerikaner“ verwendet, wobei nur Personen aus den Vereinigten Staaten, nicht aber Südamerikaner oder Kanadier gemeint sind.

Der Aufbau der Magisterarbeit ist in drei Hauptteile gegliedert. Zuerst werden anhand meiner eigenen praktischen Erfahrungen als Englischlehrerin für Erwachsene Sprachkurse evaluiert, die von Firmen zur Auslandsvorbereitung organisiert werden. Die Ergebnisse eines Fragebogens sollen dabei Aufschluss über die Erfahrungen zurückgekehrter Entsandter geben sowie Probleme und Defizite innerhalb der Auslandsvorbereitung aufzeigen.

Im zweiten theoretischen Teil werden die Begriffe „Kultur“ und „Kommunikation“ erklärt und Unterschiede zwischen amerikanischen und deutschen Normen und Werten aufgezeigt. Hierbei werden die angesprochenen Erfahrungen und Konflikte der Teilnehmer des Fragebogens aufgegriffen und in einen Kontext gestellt. Diese theoretische Abhandlung ist notwendig um Situationen aufzuzeigen, bei denen viele Entsandte Missverständnisse hatten – diese zu erklären und dadurch Vorurteile zu entkräften.

Im dritten Teil werden Verbesserungsvorschläge für die Firmen und die Lehrkräfte der Sprachkurse und interkulturellen Trainings gegeben um zukünftige Auslandsvorbereitungen effektiver und positiver zu gestalten. Tipps über die Auswahl, die Betreuung der Entsendeten und Trainingsangebote sollen helfen die Chancen eines erfolgreichen Aufenthaltes zu verbessern.

Diese Arbeit soll eine kompakte Einstiegshilfe für Firmen sein, die Auslandsentsendungen in die USA organisieren, sie soll aber ebenso ein Leitfaden für Entsandte sein, die sich auf diese neue Aufgabe vorbereiten wollen.

2 Praxisbericht I: Defizite in der Vorbereitung von Firmenmitarbeitern auf einen Auslandseinsatz

2.1 Vorstellung der Sprachkurse

Lange Zeit meinten viele Firmen, dass vor allem ausgezeichnete Fachkompetenz und eine gewisse Loyalität zur Firma, bedingt durch jahrelange Zusammenarbeit, eine Mitarbeiterauswahl für eine Auslandsentsendung rechtfertigen und dass auf die Sprache nicht so viel Wert gelegt werden müsse. Das mag teilweise bei Monteuren stimmen, die nur für sehr kurze Zeit entsandt werden und hauptsächlich manuelle Tätigkeiten im Gastland ausführen. Sie beherrschen die Fachausdrücke dafür, die oft international angelegt sind oder aus dem Lateinischen stammen.

Bei Auslandsaufenthalten, wo Verhandlungen geführt, Präsentationen gegeben und in Konferenzen diskutiert werden sollen, genügt es nicht, Fachkenntnisse zu haben, diese aber nicht formulieren zu können. Auch wenn es in der Regel keine Schwierigkeiten gibt, Dolmetscher bereitzustellen, wird es heutzutage erwartet Englisch sprechen zu können. Außerdem ermöglicht die Fähigkeit zu kommunizieren und small talk zu führen einen Beziehungsaufbau, der in den USA die Grundlage einer jeden geschäftlichen und privaten Interaktion ist. Abgesehen vom beruflichen Bereich ist es wichtig, sich auch im Privaten zurechtfinden zu können. Ohne ausreichende Englischkenntnisse kann jeder Lebensmitteleinkauf oder Restaurantbesuch zum Desaster werden, vom gesellschaftlichen Umgang mit Kollegen ganz zu schweigen.

Allerdings sollten Firmen, die mit Amerikanern in Geschäftskontakt stehen, auch auf Mitarbeiter eingehen, die nicht im Ausland arbeiten sollen, sondern Englisch können müssen, weil sie im Stammhaus im schriftlichen oder telefonischen Kundenkontakt stehen oder ausländische Geschäftsbesucher betreuen.

Immer mehr Firmen haben das Sprachdefizit ihrer Mitarbeiter erkannt und organisieren Sprachkurse zur Vorbereitung. Als freie Mitarbeiterin einer privaten Sprachschule werde ich als Englischlehrerin für eben solche Sprachkurse eingesetzt, die von Firmen für ihre Mitarbeiter organisiert werden, um deren Englischkenntnisse zu verbessern. In fast allen meiner Kurse konnte ich feststellen, dass die Teilnehmer entweder über kein oder nur unzureichendes Schulenglisch verfügen. Besonders Mitarbeiter, die über 35 Jahre alt sind und deren Schulausbildung in der ehemaligen DDR- Zeit lag, haben Schwierigkeiten in Englisch zu kommunizieren, da damals auf die russische Sprache Wert gelegt wurde und Englisch keine oder eine untergeordnete Rolle spielte.

Aus meiner Erfahrung heraus erfolgen diese Englischkurse entweder einmal pro Woche für zwei Unterrichtsstunden nach der Arbeitszeit oder in einem zweiwöchigen Intensivkurs kurz vor der Entsendung. Beide Varianten sind jede für sich genommen unzureichend. Nach der achtstündigen Arbeitszeit sind die Mitarbeiter nicht mehr hundertprozentig aufnahmefähig oder sie können aufgrund von Überstunden oder Montageeinsätzen nicht erscheinen. Zwischen dem wöchentlichen Unterricht wird erfahrungsgemäß nicht viel geübt. Manchmal finden die Teilnehmer nicht einmal die Zeit eventuelle Hausaufgaben zu erledigen, da sie mit Arbeit und Familie schon genug beansprucht sind. Diejenigen Mitarbeiter, die nicht ständig im Kontakt mit ausländischen Kollegen oder Kunden stehen oder sich nicht unmittelbar auf einen anschließenden Auslandseinsatz vorbereiten, sind oft wenig motiviert. Häufig wird die Frage gestellt: „Warum muss ich denn Englisch lernen? Wenn ich das mal brauche, kann ich auch andere fragen“.

Der Intensivkurs, der meist zwei Wochen lang mit jeweils 4-6 Unterrichtsstunden pro Tag angelegt ist, nimmt den Teilnehmern zumeist erst einmal die Angst vor Sprachbarrieren im Einsatzland und lässt Freiraum für individuelle Fragen der Teilnehmer, doch das Gelernte kann aufgrund des Zeitmangels nicht gefestigt werden.

Bei fast allen meiner Kurse musste ich den Unterricht auf das Anfängerniveau legen und selbst einfache Zeitformen wiederholen, obwohl die Kommunikation vor allem bei Intensivkursen oberste Priorität haben sollte. Dennoch wird die Verständigung immens erschwert, wenn kein Grammatikgrundgerüst vorhanden ist. In den Sprachkursen ist deswegen ein Ausgleich zwischen Grammatik und freier Kommunikation im Unterricht fest verankert. Doch nicht nur das Wissen über die englische Grammatik und das Vokabular sind für die Zusammenarbeit mit Amerikanern notwendig. Interaktionen können auch fehlschlagen, wenn der Entsandte Englisch beherrscht, aber den emotionalen Gehalt der Wörter, Symbole und Redewendungen nicht vollständig kennt und sie somit falsch anwendet oder fehlinterpretiert. Leider erkennen das die wenigsten Firmen und drängen nur auf einen reinen Sprachkurs, der nach Schulbuchstil Vokabeln und Grammatik vermittelt. Doch die richtigen Stilebenen und Sprachregister, der passende Dialekt oder die Verwendung von slang und die unterschiedlichen Vokabeln im amerikanischen oder britischen Englisch werden selten in Schulbüchern gelehrt und können bei falschem Gebrauch zu Missverständnissen führen. Auch eine unangemessene Höflichkeit oder Direktheit und Unkenntnis über die Bedeutung amerikanischer Gesten, also der nonverbalen Kommunikation, kann zu Irritationen führen; genauso wie die Unfähigkeit small talk zu führen und zu verstehen. Diese Defizite können den Auslandsaufenthalt erschweren, sie können jedoch von der Lehrkraft schwerlich ohne Zustimmung der Firmenzuständigen oder Vorgesetzen des Sprachinstituts aufgehoben werden, da zumeist über die Unterrichtsinhalte Buch geführt werden muss. Diese letztgenannten Inhalte sprengen oft den zeitlichen Rahmen eines Sprachkurses und übersteigen manchmal auch die Kompetenzen der Lehrkraft, die häufig nicht interkulturell ausgebildet ist.

Die Problematik bei der Organisation von Sprachkursen ist demnach, dass viele Firmen noch nicht den Sprachbedarf ihrer Mitarbeiter erkannt haben. Wenn sie jedoch bereit sind in Sprachkurse zu investieren, sollten sie beachten, dass die Mitarbeiter möglichst nicht dazu gezwungen, sondern motiviert werden, da Motivation die beste Voraussetzung zur Sprachaneignung ist. In den seltensten Fällen setzt sich die Firma mit den Lehrkräften zusammen um den Inhalt der Kurse zu besprechen. In meinen Kursen habe ich in der ersten Stunde die Teilnehmer selbst danach gefragt, aber diese konnten in den wenigsten Fällen detailliert antworten. Die Antwort „Ich möchte viel sprechen, weil ich bis jetzt Angst davor habe“ lässt zwar auf eine positive Motivation der Teilnehmer schließen, grenzt aber die eigentlichen Bedürfnisse nicht ein.

Generell lassen sich viele Defizite in der Organisation und Durchführung von Sprachkursen feststellen, die dazu führen, dass zukünftige Entsandte ungenügend vorbereitet sind. Teilweise lassen sich die Fehler bei den Lehrkräften finden, die oft nur als Sprachlehrer ausgebildet sind und wenig eigene Erfahrungen mit dem Zielland USA vorweisen können. Daher verwenden sie traditionelle Lehrinhalte aus Standardlehrwerken ohne Rücksichtnahme auf die speziellen Bedürfnisse der Mitarbeiter. Einige meiner Kollegen meinen jeder Kursteilnehmer müsse zu Ende des Kurses gute Kenntnisse in allen Zeitformen und den wichtigen Grammatikformen, wie Konditionalsätze oder indirekte Rede, aufweisen. Dies wird dann in Form eines Tests geprüft. Meiner Ansicht nach werden die Kursteilnehmer mit für sie unnötigem Wissen überfordert und nicht selten demotiviert. Auf Grund des ohnehin begrenzten Zeitrahmens sollte man sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren können, um wenigstens diese zu festigen.

Doch Fehler entstehen auch aufgrund der geringen Erfahrung der Firmenzuständigen. Die wenigsten Beschäftigten der Personalabteilungen, die für diese Kurse zuständig sind, verfügen über eigene Auslandserfahrungen und wissen nicht viel von den Erfolgs- oder Misserfolgsfaktoren eines Aufenthaltes. Nur selten evaluieren kleine Betriebe die Erfahrungen zurückgekehrter Entsandter. Misserfolge oder Auslandsabbrüche werden nicht auf interkulturelle Konfliktsituationen oder ungenügende Vorbereitung geschoben. Als Ursache sieht man andere Faktoren, wie Heimweh und mangelndes Engagement des Entsandten oder die schwierige Zusammenarbeit mit Amerikanern, womit Stereotype verstärkt werden. Nur einige verstehen, dass ein Auslandsaufenthalt für jeden Entsendeten zu einer Herausforderung wird, bei dem dessen Fähigkeiten und Kompetenzen auf ganz ungewöhnliche Art und Weise gefordert werden.

Um sich gut vorzubereiten greifen Auslandskandidaten oft auf Erfahrungen ihrer Kollegen zurück, die schon als Entsandte tätig waren. Ihnen kann durch die Erlebnisse anderer die Angst genommen werden. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass durch die subjektive Betrachtung der anderen Stereotype und Vorurteile gefördert werden. Die wenigsten zukünftigen Entsendeten setzen sich mit Fachliteratur über Auslandsaufenthalte auseinander. Somit können Vorurteile oder falsche Erwartungen und Unsicherheiten nicht aus dem Weg geräumt oder deren Herkunft erklärt werden. Wenn Mitarbeiter mit diesen Vorurteilen in Sprachkurse gehen und diese von der Lehrkraft nicht relativiert, sondern eventuell unbewusst verstärkt werden, sinkt die Motivation für einen Auslandsaufenthalt und es steigt die Gefahr von Konfliktsituationen im Ausland.

Die beschriebenen Defizite in den bisherigen Sprachkursen sind groß, aber nicht unüberwindbar. Die theoretischen Ausführungen dieser Arbeit sollen Aufklärungsarbeit leisten um das kulturelle Verständnis zu fördern. Anschließend sollen Verbesserungsvorschläge dazu beitragen, die Defizite auszuräumen um zukünftige Entsendungen erfolgreicher zu gestalten.

2.2 Vorstellung der Befragung

Da bei der bisherigen Leitung der Sprachkurse bei mir der Eindruck entstand, dass die Teilnehmer nicht optimal vorbereitet werden, soll eine Fragebogenstudie Einblick über die Auslandsvorbereitung einiger Firmen geben und mögliche Standardprobleme der Entsendeten aufzeigen. Daraus lassen sich Verbesserungen für zukünftige Kurse erstellen. Diese Veränderungen müssen von der Firma selbst oder von den Lehrkräften in die Wege geleitet werden.

Um die Fragebogenstudie[1] zu erstellen wandte ich mich zum einen an die Personalabteilungen von Firmen, deren Sprachkurse mit Zielland USA ich selbst oder Kollegen geleitet hatten. Zum anderen wurden Firmen aus dem Landkreis Chemnitz angesprochen, von denen bekannt ist, dass sie Mitarbeiter in die USA entsenden. Bei der Personenauswahl wurde nicht eingegrenzt, ob der Befragte nur wenige Monate oder mehrere Jahre im Zielland war. 40 Befragte unterschiedlichen Alters und Geschlechts sowie aus den verschiedensten Firmen und Berufsfeldern beantworteten den Bogen. Diese geringe Anzahl lässt sich natürlich nicht mit anderen Studien, wie der IBM-Studie von Hofstede, auf die später noch eingegangen werden soll, vergleichen. Nichtsdestotrotz lässt sie Rückschlüsse über generelle Meinungen und Vorurteile gegenüber Amerikanern und über Erfahrungen und Problemsituationen zu, die anscheinend von einer Vielzahl von Entsandten durchlebt werden. Anhand dieser Angaben kann man Tendenzen herausfiltern, welche amerikanischen Normen und Werte und welche Kommunikationsmerkmale Deutschen besonders auffallen und wie sie diese bewerten. Wie schon erwähnt sind die praktischen Erfahrungsberichte von ehemaligen Entsandten wichtig für Zukünftige, da ihnen viel eher Glauben geschenkt wird als den Meinungen der Firmenzuständigen, die eventuelle Zweifel beräumen wollen. Die Erfahrungsberichte sollten aber nicht kritiklos angenommen werden, sondern in zusätzlichen Trainings oder mit Hilfe der Fachliteratur für Auslandsentsendungen aufbereitet werden, da sonst falsche Erwartungen aufgebaut oder Vorurteile verstärkt werden könnten. Deshalb werden die meisten praktischen Beobachtungen im theoretischen Teil dieser Arbeit angesprochen und deren Ursachen erklärt.

Der Fragebogen baut sich aus sechs Teilen auf. Als erstes werden die Befragten aufgefordert persönliche Angaben zu machen. Dazu gehören die Firmen- und die Berufsbezeichnung, die Dauer des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Entsendung, das Geschlecht, das Alter und die Dauer des Aufenthaltes.

Im zweiten und dritten Teil müssen die Befragten bewerten, in welchem Maße sie den Fragen oder Aussagen zustimmen. Für die Bewertung gelten folgende Angaben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der zweite Teil trägt die Überschrift „Auslandsaufenthalt“ und befasst sich mit amerikanischen Handlungsstandardisierungen, deren Wahrheitsgehalt unterstrichen oder widerlegt werden soll. Unter anderem wird darin nachgeforscht, wie deutsche Mitarbeiter die amerikanische Informalität empfunden haben und welche Rolle Geld und Risiko in amerikanischen Verhandlungen spielen.

Der dritte Teil möchte Kommunikationsschwierigkeiten ergründen. Hierbei wird nach dem Stand der Englischkenntnisse zu Beginn des Aufenthaltes gefragt. Es werden auch Angaben zur Schwierigkeit des small talks gemacht. Zusätzlich wird erneut die Informalität, die sich in Sprachhandlungen ausdrückt, befragt sowie auf Missverständnisse in der nonverbalen Kommunikation eingegangen.

Der vierte Abschnitt „Interkulturelles Training“ gibt Antworten vor, die angekreuzt werden müssen. Die Befragten geben hierbei an, ob ihre Firma einen Sprachkurs und ein interkulturelles Training zur Vorbereitung angeboten haben. Wenn letzteres zutrifft, müssen nun Angaben über die Länge, die Teilnehmerstärke und den Aufbau des Trainings gemacht werden.

Im fünften Punkt werden die Befragten gebeten, Angaben zu den Ergebnissen des Aufenthaltes zu machen – unter anderem darüber, wann der Aufenthalt beendet wurde, ob er aus Sicht der Firma erfolgreich war und ob sie einem weiteren zustimmen würden. Außerdem lautet eine der Fragen, ob die Entsendeten einen Kulturschock hatten.

Im letzten Absatz haben die Befragten die Möglichkeit eventuell aufgetretene Probleme zu notieren, die sie in der Zusammenarbeit mit ihren amerikanischen Kollegen hatten oder andere Besonderheiten, die ihnen auffielen. Diese werden im theoretischen Teil aufgegriffen. Ausgespart werden dabei die zu persönlichen Angaben, da sie für eine statistische Auswertung irrelevant sind.

Idealerweise sollten solche Fragestudien mit Menschen mit ähnlichen Voraussetzungen gemacht werden, das heißt mit Personen, die aus der gleichen Firma oder aus dem gleichen Berufsfeld stammen. Dabei könnten zuverlässigere Aussagen über die Meinung einer Mehrheit getroffen werden. Praktisch jedoch war dies für mich nicht möglich, da keine der großen Firmen bereit war, solch ein Projekt mit einer Studentin wegen ihrer Magisterarbeit zu organisieren. Die Firmen, die schon lange intensiv mit US-Firmen zusammenarbeiten, sogar Tochterfirmen oder ihren Hauptsitz dort haben, werden ständig mit Fragebögen oder ähnlichen Projekten überhäuft und sind mittlerweile nicht mehr bereit auf jedes einzelne einzugehen. Die kleinen Firmen, deren Mitarbeiter an den Sprachkursen teilnahmen, stammen fast ausschließlich aus der Region Chemnitz und entsenden meist nur die selben ein bis drei Mitarbeiter in die USA. Einige andere werden wegen ihrer telefonischen oder schriftlichen Zusammenarbeit mit Amerikanern in die Sprachkurse geschickt, aber nicht entsandt. Aus diesen Gründen war es sehr schwierig, 40 Fragebögen zusammen zu tragen und daher auch unmöglich die gleiche Berufsgruppe zu erreichen. Andererseits ist es auch interessant zu sehen, dass einige Probleme und Vorurteile ungeachtet der beruflichen Hintergründe von der Mehrheit geteilt werden.

2.3 Teilnehmeraussagen

Die Mehrheit der Befragten, genauer 67,5%[2] sind männlichen Geschlechts. Viele der Teilnehmer sind in Maschinenbau- und Elektrotechnikunternehmen sowie in der Automobilindustrie tätig, daher der hohe Anteil an männlichen Entsandten, die im Ausland zum Teil Maschinen installieren oder Schulungen für den Aufbau und den Umgang mit Maschinen geben. Fast alle der weiblichen Teilnehmerinnen kommen aus Organisationen, die für die Betreuung von Au Pairs, Austauschschülern und -praktikanten zuständig sind, oder aus Bildungseinrichtungen, wie Gymnasien und Hochschulen. Eine allgemeingültige Aussage, dass Entsendete meist männlichen Geschlechts sind, kann hier nicht bestätigt werden.

Auffällig ist aber, dass 52,5% der Entsandten zwischen 20 und 35 Jahre alt sind und immerhin noch 30% zwischen 36-45 Jahren. Daraus ergibt sich, dass eine deutliche Mehrheit von 82,5% unter 46 Jahre alt sind. Aus der Studie lässt sich erkennen, dass die Aufenthalte mit einem Zeitraum von über einem Jahr mit nur einer Ausnahme von Personen zwischen 20-35 bestritten wurden. Eine Person äußerte sich hierzu nicht. Die kürzeren Entsendungen unter sechs Monaten verteilen sich auf alle Altersgruppen mit einer Mehrheit in der Altersgruppe 36-45.

Weiterhin ist erkennbar, dass vor allem Mitarbeiter entsandt wurden, die zum Zeitpunkt der Entsendung weniger als fünf Jahre bei der Firma beschäftigt waren, (69,4%) was natürlich teilweise mit dem jungen Alter mancher Befragter zusammenhängt. Vier Personen machen hierzu keine Aussagen.

Diese persönlichen Angaben geben Aufschluss über die Mitarbeiterauswahl der Firmen. Somit ergibt sich, dass junge Personen häufiger bereit sind längeren Auslandsaufenthalten zuzustimmen, wobei auf eine langjährige Firmenzugehörigkeit und Erfahrung scheinbar weniger Wert gelegt wird. Bei kürzeren Aufenthalten unter sechs Monaten können auch Personen zwischen 36-45.überzeugt werden.[3]

Die Fragen der folgenden Teile werden in diesem Kapitel thematisch geordnet und unterliegen nicht zwingend der Reihenfolge des Bogens. Zusätzlich fließen die freien Aussagen des letzten Teils ein, in dem die Befragten eventuelle Probleme im Umgang mit Amerikanern angeben.

Im zweiten und dritten Abschnitt, „Auslandsaufenthalt“ und „Kommunikation“, bezogen sich mehrere Fragen auf die angebliche Informalität und Lockerheit der Amerikaner. Die easy- going Haltung, die Anrede mit Vornamen im beruflichen und privaten Bereich und Humor sind Dinge, die viele mit den USA assoziieren. Die Fragebogenauswertung unterstützt die These, dass bei Deutschen leicht der Eindruck entsteht, Amerikaner seien sehr viel lockerer in ihrem beruflichen Umgang. 95% der Befragten geben an, das in starkem und in mittlerem Maße zu empfinden. Die gleiche Prozentzahl meint, dass die Begrüßung der Amerikaner herzlicher als nach deutscher Norm ausfiel. Wahrscheinlich nicht zuletzt, weil Amerikaner häufig sehr schnell zu einer Anrede mit dem Vornamen übergehen. Ebenfalls 95% bewerten die Aussage, dass ihnen diese Anrede angenehm war, mit einer 2 und 3, also in mittlerem und starkem Maße. Eine Befragte gab im freien Teil als Problem an, nicht einschätzen zu können wann sie jemanden mit Vornamen ansprechen und wie höflich sie sein sollte.

Die empfundene Freundlichkeit der Amerikaner erscheint aber für 32,5% der Befragten in starkem Maße und immerhin noch für 30% in mittlerem Maße oberflächlich. Für die Hälfte ist die amerikanische Arbeitsatmosphäre zwar lockerer, aber nicht besser als in ihrer Stammfirma. Auch aus den freien Angaben über Probleme, die in der Zusammenarbeit auftauchten, wird deutlich, dass die vermutete Oberflächlichkeit der Amerikaner deren Lockerheit und Freundlichkeit relativiert und sie dadurch eher misstrauisch betrachtet wird. So schreibt einer der Befragten, die easy-going Haltung der Amerikaner sei für die Deutschen unverständlich, während eine andere bemerkt, dass die Arbeitsverhältnisse durch die oberflächliche Mentalität schwieriger seien und sie die Oberflächlichkeit als problematisch empfinde. Eine andere Befragte meint jedoch, die Lockerheit der Kollegen sei für sie angenehm.

Sicherlich trägt nicht zuletzt der amerikanische Humor zu einer lockeren Arbeitsatmosphäre bei. 85% bestätigen den Amerikanern Humor in mittlerem und hohem Maße. Ein Befragter fügt die Bemerkung an: „Meetings begannen häufig mit einem Witz – aber nicht von deutscher Seite“.

Weitere Kritikpunkte der Befragten begründen sich auf der Annahme, die Amerikaner geben sich zwar während der Arbeitszeit als Freunde und sprechen Einladungen aus, führten diese dann aber nicht aus. Viele finden es irritierend, dass man sich selten in der Freizeit trifft und auch wenige private Gespräche führt. Ein anderer bemerkt, Amerikaner seien zwar offen und freundlich, aber nicht zugänglich. Sie trauen sich anfangs nicht etwas zu sagen, aber später sei man ‚Kumpel’.

Andere Fragen des Bogens, wie z.B. Hatten Sie den Eindruck, dass die amerikanischen Kollegen risikobereiter in ihren Verhandlungen waren? bezogen sich auf die berufliche Zusammenarbeit mit Amerikanern. Bei 55,2% der Befragten bestätigt sich die amerikanische Risikobereitschaft während ihres Aufenthaltes in hohem und mittlerem Maße. Die andere knappe Hälfte ist gegenteiliger Meinung oder machte keinerlei Erfahrung in dieser Richtung. Die Problematik in der Bewertung liegt darin, dass einige der Befragten nicht in Verhandlungen mit Amerikanern anwesend waren und somit einige der Fragen nicht beantworten können. Auch die Frage Hatten Sie den Eindruck, dass Geld eine wichtigere Rolle in den USA als in Deutschland spielt? kann von diesen nur aus allgemeiner, nicht aber aus beruflicher Sicht beantwortet werden, da sie nicht wissen wie ihre Kollegen in Verhandlungen und Präsentationen mit dem Konzept Geld umgehen. Immerhin glauben 70%, Amerikaner messen Geld eine große bzw. mittlere Rolle bei. Eine Befragte stellt fest, Geld und dementsprechend der Verdienst in den USA sei wichtig, da Amerikaner nicht sozial abgesichert seien. Außerdem habe es sie verwundert, dass ihre amerikanischen Kollegen offen über ihren Verdienst sprechen. Fragen über ihren eigenen Verdienst seien ihr peinlich gewesen.

Wie zu erwarten war, beziehen sich viele angegebenen Probleme aus dem freien Teil sechs auf das Berufsleben. Im Falle von Verhandlungen und generellen geschäftlichen Treffen bemängeln die Befragten, Amerikaner kämen grundsätzlich immer zu spät, schalten ihre Handys nicht aus und meetings seien selten zielführend. Weiterhin wird bemerkt, dass Deutsche bei Präsentationen Praxis und Theorie mischten, während Amerikaner nur Praxis wollen. Zusätzliche Bemerkungen bezogen sich auf die amerikanische Arbeitsmoral. So lautet einer der Kommentare: „Das Qualitätsdenken ist nicht so ausgeprägt wie in Deutschland“ während ein anderer Befragter meint: „Amerikaner arbeiten oft zu unselbstständig und oberflächlich. Oftmals haben sie zu wenig Fachkenntnisse“. Auch gibt es Aussagen, wie: „deutscher Planeifer und Genauigkeit stießen auf Unverständnis“, und „keine Bereitschaft das Detail zu perfektionieren“. Kritisch betrachtet wird auch, dass es eine schlechte Rückmeldung seitens der Amerikaner bei Auftragsabschluss gebe. „Man musste immer hinterher sein. Eine Rückmeldung, dass etwas abgeschlossen ist, bekommt man selten“ so ein Befragter. Ein Teilnehmer bemerkt es bestehe eine fehlende Improvisationsbereitschaft bei unvorhergesehenen Problemstellungen. Ein anderer behauptet sogar, einige Kunden seien bei nichtamerikanischen Lieferanten voreingenommen.

Eine Befragte, die in einer amerikanischen Bildungseinrichtung tätig war, fügt an, sie sei von der gleichmäßigen Verteilung von Männern und Frauen in ihrem Berufsfeld begeistert. Weiterhin meint sie, das System sei hierarchischer und strenger organisiert, doch die gleichzeitige Lockerheit vieler Kollegen wirke angenehm. Eine weitere Lehrerin meint, dass ein schlechtes Vorwissen über Europa und Deutschland vorherrsche. Eine Aussage, die auch von einer anderen Teilnehmerin bestätigt wird. Diese fügt hinzu, die Amerikaner zeigen kein großes Interesse diese Wissenslücke aufzufüllen.

Der dritte Teil der Befragung bezog sich auf die Kommunikation zwischen Deutschen und Amerikanern. Die Frage Waren Ihre Englischkenntnisse zu Beginn des Aufenthaltes ausreichend? wurden immerhin von 57,5% mit in mittlerem bzw. hohem Maße beantwortet. Auf den ersten Blick kann diese Prozentzahl dadurch erklärt werden, dass 42,5% der Teilnehmer auf die Frage Organisierte Ihre Firma einen Sprachkurs zur Vorbereitung? mit ja antworten. Bei einer genauen Auflistung der Antworten entsteht jedoch ein überraschendes Ergebnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Auflistung der prozentualen Antworten zum Thema Sprachkurs

35% meinen ihre Sprachkenntnisse seien in mittlerem und starkem Maße ausreichend, obwohl sie nicht an einem von der Firma organisierten Vorbereitungskurs teilnahmen. Andererseits befinden 20% ihre Englischkenntnisse am Anfang des Aufenthaltes für gar nicht bzw. in geringem Maße ausreichend, obwohl ihre Firma einen Sprachkurs organisierte. Für die hohe Sprachkompetenz ohne Vorbereitungskurse kann es mehrere Gründe geben. Zum einen ist eine Selbsteinschätzung stets subjektiv und daher auch oft übertrieben. Zum anderen schließt die Frage nicht aus, dass eine Person nicht auch in Privatinitiative Sprachunterricht zur Vorbereitung nahm.

Bei der angegebenen niedrigen Sprachkompetenz trotz der von der Firma organisierten Sprachkurse könnte ebenso Subjektivität vorliegen, bei der sich die Personen unterschätzen. Als weiterer Grund wäre aber auch ein Sprachunterricht mit falschen, für die Teilnehmer nebensächlichen Inhalten und/oder unter ungünstigen Bedingungen möglich.

Eine andere Frage des Bogens widmet sich dem small talk. 57,5% meinen dieser sei in gar keinem oder in geringem Maße schwierig. Diese Aussage ist erfreulich und es bleibt zu hoffen, dass die Sprachkurse ihren Teil dazu beigetragen haben Kommunikationsschwierigkeiten abzubauen. Weiterhin behaupten 40%, dass es überhaupt keine und weitere 40%, dass es in geringem Maß Missverständnisse in der Verständigung aufgrund von Gesten und Mimik gegeben habe. Ebenso wie bei small talk kann es aber auch daran liegen, dass oftmals erst gar nicht erkannt wird, wenn unterschiedliche Gesten oder Probleme im Gespräch Ursachen von Missverständnissen sind.

Die Frage Hatten Sie den Eindruck, dass die Amerikaner zu schrill oder übertrieben sprachen? bezieht sich auf das oft angebrachte Stereotyp, dass vor allem Charaktere aus amerikanischen Fernsehsendungen zu affektiert sprechen und damit nervend wirken. Dieses Vorurteil scheinen die Entsendeten aber nicht zu oft in das Alltagsleben zu übertragen. Mehr als die Hälfte der Befragten konnten dieser Aussage zumindest in gar keinem oder geringem Maße zustimmen. Die Kommentare des sechsten Teils bezüglich der Kommunikation zwischen Deutschen und Amerikanern lauten wie folgt:

Eine Befragte, die als Betreuerin für Gastfamilien tätig ist, schreibt: „Amerikaner loben sich und ihre Kinder, aber auch mich so sehr, dass es arrogant und übertrieben wirkt“. Eine weitere unterstützt dies mit den Worten „Amerikaner neigen leichter zu Übertreibungen“. Ein anderer Befragter bemängelt den geringen Nutzen seines eigenen „gewohnten englischen Wortschatzes“ und empfindet „Formulierungen und Satzbau der Amerikaner gewöhnungsbedürftig.“ Ebenso werden sprachliche Probleme mit den amerikanischen Dialekten erwähnt. Manche Teilnehmer kritisieren sogar die schlechte Rechtschreibung auf amerikanischer Seite.

Der vierte Abschnitt des Fragebogens untersucht die Vorbereitung der Entsendeten seitens der Firma. Die Antworten der Frage nach dem Sprachkurs wurden schon an anderer Stelle aufgezeigt. Wie bereits erwähnt, belegten nur 42,5% einen Sprachkurs als Vorbereitung. Nicht einmal die Hälfte der Firmen scheint der Fähigkeit ihrer Mitarbeiter zu einer sprachlichen Verständigung eine große Rolle beizumessen. Leider trifft dies auf interkulturelle Trainings als Vorbereitungsmaßnahme noch nicht zu. Nur 32,5% der Befragten gaben an zu einem interkulturellen Training geschickt worden zu sein. Von diesen stammen wiederum 38,5% aus einer Organisation, die mit Austauschprogrammen arbeitet. Der Rest verteilt sich auf einzelne Firmen.

Alle weiteren Fragen dieses Abschnittes wurden nur von denjenigen ausgefüllt, welche die Frage nach einem interkulturellen Vorbereitungstraining mit ja beantworten konnten – also von 32,5% der Gesamtteilnehmer. Diese 32,5% werden auch als Ausgangspunkt für weitere Prozentangaben des Abschnittes genommen.

Folgende Prozentzahlen ergeben sich bei den Fragen Wie viele Teilnehmer nahmen an dem Training teil? und Wie viele Tage dauerte das Training?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Auflistung der prozentualen Antworten zum Thema interkulturelles Training

Obwohl es keine allzu deutliche Mehrheit gibt, geht die Tendenz zu mehr als dreitägigen Trainings mit über zehn Personen.

Einen deutlicheren Unterschied kann man bei der nächsten Frage Wie war das Training aufgebaut? erkennen. 69,2% sagen aus, dass dieses Training genau auf ihr Zielland, also die USA, zugeschnitten worden sei, wobei 53,9% das Training als etwas hilfreich für ihren anschließenden Auslandseinsatz einstufen; 46,2% dagegen als sehr hilfreich.

Der fünfte Abschnitt des Fragebogens befasst sich mit den Ergebnissen des Aufenthaltes. Die erste Frage War der Aufenthalt aus Sicht Ihrer Firma erfolgreich? wurde, bis auf eine Person, die sich gar nicht äußerte, von allen mit „ja“ beantwortet, obwohl auch hier wieder Subjektivität einen großen Einfluss hat. Viele Entsendete können oft nicht richtig einschätzen, was genau von ihnen erwartet wird, und wissen somit auch nicht, ob sie alle Erwartungen erfüllt haben. 69,2% meinten, ihr Aufenthalt sei nach Plan beendet worden, während 28,2% diesen sogar verlängerten. Nur eine Person reiste vorzeitig ab. Es wird allerdings nicht ersichtlich, ob dies auf Wunsch des Entsendeten oder auf Anweisung der Firma geschah.

Die Frage nach einem Kulturschock wird von über drei Vierteln verneint. Allerdings ist nicht klar, ob alle Befragten das Wort „Kulturschock“ in seiner eigentlichen Definition assoziieren. Auf den Begriff wird später näher eingegangen.

Die letzte Frage bezieht sich darauf, ob die Entsendeten einem erneuten USA- Aufenthalt zustimmen würden. Eine Person beantwortete dies mit „nein“, eine andere kreuzte zwar „ja“ an, schrieb aber folgende Einschränkung dazu: „Aber die neuen Einreiseregelungen (Fingerabdrücke etc.) werden mich veranlassen, die nächste Reise so lange wie möglich herauszuschieben, oder gar abzusagen“.

2.4 Zusammenfassung der Aussagen

Aus den Auswertungen der Sprachkurse und des Fragebogens ergeben sich folgende Erkenntnisse: Obwohl die Nachfrage nach Vorbereitungskursen in den letzten Jahren gestiegen ist, wurden immerhin noch die Hälfte der Befragten ohne einen Sprachkurs und ohne ein interkulturelles Training entsandt. Nur 22,5% besuchten beides vor ihrer Abfahrt, während 17,5% nur an einem Sprachkurs, nicht aber einem Training teilnahmen. Die Ergebnisse des Fragebogens zeigen jedoch, dass ein großer Anteil trotz eines Kurses Sprachschwierigkeiten hatte und viele Mitarbeiter ihre Kenntnisse als sehr ausreichend fanden, obwohl deren Firma keinen Sprachkurs für sie organisierte. Genaue Hintergründe bleiben offen, aber da ich eine Integration von Sprachkursen in die Vorbereitung von Auslandsentsendungen für nötig erachte, kann es nur den Schluss geben, dass die bisherigen Sprachkurse unbefriedigend organisiert und durchgeführt werden und dass eine Verbesserung dringend notwendig ist. Weiterhin wird die Integration von interkulturellen Trainings in die Vorbereitung nur von wenigen Firmen durchgesetzt. Auch hier besteht ein großes Defizit, denn neben einem Gespräch über Probleme ehemaliger Entsandter ist vor allem die Aufbereitung der kulturellen Hintergründe wichtig für eine ausreichende Vorbereitung.

Aus weiteren Ergebnissen des Bogens lässt sich entnehmen, dass die Kandidaten für Auslandsaufenthalte über einem Jahr vor allem zwischen 20 und 35 Jahren alt sind, diejenigen für kürzere Aufenthalte meist zwischen 36 und 45 Jahren. Die Mehrheit der Mitarbeiter war zu dem Zeitpunkt der Entsendung weniger als oder genau fünf Jahre eingestellt. Dies könnte bedeuten, dass ein eher junger Entsandter seine Erfahrungen und neuen Kompetenzen der Firma noch viele Arbeitsjahre zur Verfügung stellen kann oder dass sich ein junger Mitarbeiter nach seinem Aufenthalt schnell nach einem neuen Arbeitsplatz in einer anderen Firma suchen könnte, falls sich seine betriebsinterne Karriere nach dem Auslandsaufenthalt nicht verbessert.

In Bezug auf den sozialen Umgang mit Amerikanern hält sich die Meinung, diese seien zwar locker, freundlich und humorvoll, allerdings wird diese Freundlichkeit für oberflächlich gehalten. Vor allem beim Aufbau von Freundschaften und in der Umsetzung von privaten Kontakten und Einladungen ergeben sich für die deutschen Mitarbeiter Konfliktsituationen mit den Amerikanern. In der beruflichen Zusammenarbeit bemängeln die Deutschen vor allem den scheinbar ziellosen Verlauf von Verhandlungen, mangelndes Qualitätsbewusstsein, fehlender Sinn für die Perfektion von Details sowie die Vorliebe der Amerikaner für die Praxis anstatt der Theorie. In Hinblick auf den small talk und die nonverbale Kommunikation sehen die meisten jedoch keine Schwierigkeiten.

Die Ergebnisse der Aufenthalte werden von den Befragten als durchweg positiv angesehen, da fast alle ihre Entsendung als erfolgreich für die Firma beurteilen. Nur eine Minderheit erlebte einen Kulturschock, meist wurden die Aufenthalte entweder nach Plan oder nach einer Verlängerung beendet und fast alle Entsendeten würden auch zukünftig einem Auslandsaufenthalt in den USA zustimmen.

Die folgenden Kapitel befassen sich theoretisch mit dem Begriff Kultur und der Kommunikation im Allgemeinen sowie mit spezifischen Unterschieden zwischen der amerikanischen und der deutschen Kultur auf der Basis von Fachliteratur. Dadurch können die Aussagen der Befragten in einen Kontext gestellt und erläutert werden.

3 Kultur

3.1 Begriffserklärung und Bedeutung kultureller Unterschiede für Auslandsentsendungen

Wir wissen, dass nicht alle Deutschen Bier trinken oder jeder Amerikaner Cola mag. Aber diese und viele andere Vorlieben werden von einer Mehrheit der jeweiligen Kultur geteilt, sind also kulturelle Gewohnheiten. Es lässt sich nicht abstreiten, dass die Menschen einer Kultur durch viele Gemeinsamkeiten im Handeln und Denken verbunden sind. Sie haben trotz ihrer Individualität eine Sammlung von standardisierten Denk-, Fühl- und Handlungsmustern entwickelt, die ihnen das soziale Zusammenleben vereinfachen und die ihnen erlauben Voraussagen zu Reaktionen und Situationen zu treffen. Dieses gemeinsame Orientierungssystem schafft ein Zugehörigkeits- und Geborgenheitsgefühl für die Mitglieder, die sich in ihm unproblematisch bewegen können. Es beruht auf traditionellen Ideen, ist aber dynamisch und wird von Generation zu Generation in leicht angepasster Form weitergegeben. Da Kultur nichts klar Abgrenzbares ist und mit unterschiedlichen Problem- und Fragestellungen untersucht wird, fallen die Kulturdefinitionen sehr unterschiedlich aus. Eine in der interkulturellen Kommunikation anerkannte Definition, die sich für die Zwecke dieser Arbeit eignet, ist die von Alexander Thomas (1999: 91):

Wenn man davon spricht, dass Menschen Kultur entwickelt haben und ihre Kultur weiterentwickeln, dann ist damit gemeint, dass sie ein gemeinsames, für alle verbindliches System von bedeutungshaltigen Zeichen entwickeln, das es ihnen erlaubt, die Welt und sich selbst in einer bestimmten Art und Weise wahrzunehmen, zu interpretieren und zu behandeln, und zwar in der Art, wie es die eigene soziale Gemeinschaft akzeptiert und versteht.

Eine weitere, oft zitierte, Sichtweise auf die Kultur stammt von dem Anthropologen Geert Hofstede (1998: 5). Er sagt: „Culture is the collective programming of the mind which distinguishes the members of one group or category of people from another“. Auch Hofstede möchte nicht behaupten, dass alle Mitglieder einer Kultur das gleiche Programm im Kopf haben, sondern dass sich bei seinen Experimenten einige Verhaltensweisen herauskristallisiert haben, die von der Mehrheit der Mitmenschen des gleichen sozialen Umfeldes geteilt werden.

Von diesen Verhaltensweisen, die unter anderem religiösen Glauben, Essensvorlieben und Einstellung zu Höflichkeit oder Macht beinhalten können, gibt es sicherlich Abweichungen bei den Individuen, aber die groben Tendenzen bestimmen das Bild einer Kultur.

Hofstede unterscheidet zwischen der angeborenen und der angelernten Programmierung sowie der Persönlichkeit. Wie in Abbildung 1 verdeutlicht, wird die erste Kategorie als menschliche Natur bezeichnet; sie ist ererbt und gilt für jeden, unabhängig vom Gesellschaftsstatus und der Nationalitätszugehörigkeit. Jeder empfindet Gefühle, wie Trauer und Freude, auch wenn der Ausdruck dieser Empfindungen von der Kultur beeinflusst wird. Die zweite Ebene der mentalen Programmierung eines Menschen ist die Kultur, die gruppenspezifisch angelegt ist, da sie sich nach sozialem Umfeld und Gesellschaftsschicht richtet. Sie wird erlernt und beinhaltet Vorlieben, Verhaltens- und Denkweisen, Sprachregister sowie Werte, die von Mitgliedern geteilt werden.

Die Persönlichkeit hingegen bildet den individuellen Teil eines jeden Menschen. Jeder verfügt im Laufe seines Lebens über eine Ansammlung von Erfahrungen und angelernten Charakterstärken und -schwächen, die seine Persönlichkeit bewusst und unbewusst prägen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Drei Ebenen der Einzigartigkeit in der mentalen Programmierung des Menschen (Hofstede 1993:19)

Welche Bedeutung haben diese kulturellen Unterschiede nun für Auslandsentsendungen? Sich in der eigenen Kultur gut bewegen zu können und eine hohe soziale Kompetenz entwickelt zu haben, heißt nicht automatisch, sich auch in einer anderen Kultur zurecht zu finden. Vielen Deutschen und Amerikanern ist die eigene kulturelle Zuständigkeit nicht bewusst, denn die „Software“ im Kopf wird als selbstverständlich angesehen und läuft unbewusst ab. Erst das Leben und Handeln in einer anderen Kultur wirft Probleme auf. Plötzlich werden alltägliche Zeichen und Symbole nicht mehr verstanden und Menschen verhalten sich nicht nach den bekannten Mustern. Wenn die Sicherheit und das Zugehörigkeitsgefühl in einem anderen Orientierungssystem nicht mehr gewährleistet werden, kommt es zu Fehlinterpretationen, Missverständnissen und Unwohlsein für den Entsandten.

Für potentielle Auslandsbeauftragte ist es wichtig, sich mit der eigenen und der Gastkultur auseinander zu setzen und diese zu verstehen, um sich daraus entwickelnde Konflikte zu begreifen. Der Entsandte muss sich der drei Programmierungen aus Abbildung 1 bewusst werden. Bei Missverständnissen in der interkulturellen Interaktion sollte er darüber nachdenken, ob sich die eigene Reaktion oder die des anderen vielleicht hauptsächlich aus der angeborenen Natur, der kulturellen „Software“ oder der Persönlichkeit entwickelten. Diese Urteile können nur nach intensiver Beobachtung der eigenen und der fremden Kultur kompetent gefällt werden, aber schon das Bewusstsein von solchen Differenzierungen kann so manches negative Stereotyp über den Kontaktpartner relativieren.

Meistens fallen dem Entsandten nur die Unterschiede zwischen den Kulturen, nicht aber die Gemeinsamkeiten auf. Das Verhalten der anderen wird häufig als falsch und das eigene als richtig bewertet. Ohne eine kulturelle Sensibilisierung wird dem Gesprächspartner oft die Schuld am Scheitern der Verhandlungen oder der Kommunikation gegeben, da die eigenkulturellen Normen nicht angezweifelt werden. Man erklärt die seltsame Reaktion des Partners mit negativen Attributen, die dessen Charakter beschreiben sollen. So sagen viele Amerikaner, Deutsche seien steif und arrogant, da sie so viel Wert auf Formalitäten legen, wie das Siezen und die Anrede mit Nachnamen. Sehr schnell werden Verallgemeinerungen über die Mitglieder einer Kultur zu Stereotypen und Vorurteilen, die nicht selten zu einer Form von Diskriminierung übergehen können. Besonders in der Wirtschaft können diese kulturellen Unterschiede und die daraus entstehenden Vorurteile gravierend sein, da hier noch ein großer Erfolgsdruck dazukommt. Verhandlungen müssen zu einem für die eigene Stammfirma vorteilhaften Abschluss gebracht werden. Auch im Falle eines Arbeitseinsatzes im Ausland, wie z.B. bei einer Maschinenmontur, sollen die ausländischen Kunden zufrieden gestellt werden und bei einer Joint Venture will man sich die Zusammenarbeit mit dem Partner nicht erschweren. Außer einer guten Fachkompetenz benötigt der Entsandte eine hohe interkulturelle Kompetenz um die gesetzten Ziele der Auslandsreise leichter bewerkstelligen zu können.

Abschließend soll noch einmal betont werden, dass sich Entsendete bei einer idealen Vorbereitung auch mit der eigenen – der deutschen – Kultur beschäftigen müssen. Sie sollten wissen, inwieweit sie von den deutschen Normen und Werten beeinflusst werden und sie sollten dafür sensibilisiert werden, in welchen Situationen die deutsche Kultur von der amerikanischen stark abweichen kann. Somit werden die Konfliktsituationen zwar nicht gänzlich verhindert, aber sie können eingeschränkt und deren Ursachen erklärt werden. Eine starke negative Reaktion, wie z.B. einen Abbruch der Beziehungen zu einem amerikanischen Partner, kann dadurch vielleicht abgewendet werden.

[...]


[1] Eine Vorlage des Fragebogens findet sich in Anlage 1.

[2] Die Prozentangaben ergeben sich aus folgender Rechnung: 100: Summe der Teilnehmer x Summe der Antworten. Die Summe wird auf die erste Stelle hinter dem Komma gerundet.

[3] Tipps und generelle Aussagen zu der Auswahl von Mitarbeitern werden im zweiten Praxisbericht gegeben.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832443825
ISBN (Paperback)
9783838643823
Dateigröße
722 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz – Philosophische Fakultät
Note
2,0
Schlagworte
interkulturell auslandsentsendung schulung kulturbegriff kommunikation
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Titel: Für die Firma ins Ausland
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