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Prototypische Veräußerungsverluste nach neuem Recht

§§ 16, 17 und 23 ESTG

©2001 Diplomarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der steuerlichen Behandlung von Veräußerungsverlusten. Dabei werden vor allem die Auswirkungen durch die zahlreichen Gesetzesänderungen der jüngeren Vergangenheit untersucht (z.B. StEntlG 99/00/02, StSenkG).
Zu Beginn der Arbeit wird auf die möglichen Verlustrealisierungsmöglichkeiten eingegangen. Neben der entgeltlichen, teilentgeltlichen und unentgeltlichen Übertragung, wird auf die Einlage von Privat- und Betriebsvermögen eingegangen. Ein besonderes Augenmerk gilt in diesem ersten Teil der Vermögensübertragung zwischen nahen Angehörigen.
Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der ausführlichen Darstellung der Verlustanerkennung und -berücksichtigung im Rahmen der §§ 16, 17 und 23 EStG. Die Erläuterungen werden durch zahlreiche Beispiele verdeutlicht. Außerdem werden praxisnahe Hinweise und Warnungen vor möglichen Fallstricken gegeben. Dabei wird auch auf die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens eingegangen.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird detailliert auf die zahlreichen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Neuregelungen der §§ 17 und 23 EStG eingegangen. Ein vergleichendes Beispiel verdeutlicht abschließend die unterschiedliche Behandlung von Veräußerungsverlusten innerhalb des deutschen Einkommensteuerrechts.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisI
GliederungII
AbkürzungsverzeichnisV
A.Einleitung1
B.Erscheinungsformen der Verlustrealisierung2
I.Übertragung von Betriebsvermögen2
1.Entgeltliche Übertragung2
a.Normalfall: Übertragung an Fremde3
b.Sonderfall: Übertragung an nahe Angehörige3
c.Betriebsaufgabe als „fiktive“ Betriebsveräußerung9
2.Teilentgeltliche Übertragung9
3.Unentgeltliche Übertragung13
4.Einbringung / verdeckte Sacheinlage13
II.Übertragung von Privatvermögen14
1.Entgeltliche Übertragung15
2.Teilentgeltliche Übertragung15
3.Unentgeltliche Übertragung16
4.Offene / verdeckte Sacheinlage17
C.§ 16 EStG19
I.Chronologische Entwicklung19
II.Sinn und Zweck19
III.Tatbestandliche Vorfragen20
IV.Technik der Verlustermittlung27
1.Vorbemerkung27
2.Verlustermittlung gemäß § 16 II EStG27
3.Verlustermittlung durch das Halbeinkünfteverfahren27
a.Kapitalgesellschaftsbeteiligung im Betriebsvermögen28
b.100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft29
c.Einbringungsgeborene Anteile29
D.§ 17 EStG30
I.Chronologische Entwicklung30
II.Sinn und Zweck31
III.Quellentheorie vs. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4349
Keller, Falko: Prototypische Veräußerungsverluste nach neuem Recht:
(§§ 16, 17 und 23 ESTG) / Falko Keller -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Lüneburg, Fachhochschule, Diplom, 2001
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© Falko Keller
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis... I
Gliederung...II
Abkürzungsverzeichnis ...V
A. Einleitung ... 1
B. Erscheinungsformen der Verlustrealisierung ... 2
C. § 16 EStG ... 19
D. § 17 EStG ... 30
E. § 23 EStG... 55
F. Vergleichendes Beispiel ... 71
G. Fazit... 75
H. Result... 77
Literaturverzeichnis ...VIII
Schriftliche Versicherung ...XV

© Falko Keller
II
Gliederung
Inhaltsverzeichnis... I
Gliederung...II
Abkürzungsverzeichnis ...V
A. Einleitung ... 1
B. Erscheinungsformen der Verlustrealisierung ... 2
I. Übertragung von Betriebsvermögen... 2
1. Entgeltliche Übertragung ... 2
a. Normalfall: Übertragung an Fremde ... 3
b. Sonderfall: Übertragung an nahe Angehörige ... 3
c. Betriebsaufgabe als ,,fiktive" Betriebsveräußerung ... 9
2. Teilentgeltliche Übertragung ... 9
3. Unentgeltliche Übertragung... 13
4. Einbringung / verdeckte Sacheinlage ... 13
II. Übertragung von Privatvermögen... 14
1. Entgeltliche Übertragung ... 15
2. Teilentgeltliche Übertragung ... 15
3. Unentgeltliche Übertragung... 16
4. Offene / verdeckte Sacheinlage... 17
C. § 16 EStG ... 19
I. Chronologische Entwicklung ... 19
II. Sinn und Zweck... 19
III. Tatbestandliche Vorfragen... 20
IV. Technik der Verlustermittlung... 27
1. Vorbemerkung ... 27
2. Verlustermittlung gemäß § 16 II EStG ... 27
3. Verlustermittlung durch das Halbeinkünfteverfahren ... 27
a. Kapitalgesellschaftsbeteiligung im Betriebsvermögen... 28
b. 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ... 29
c. Einbringungsgeborene Anteile ... 29
V. Verlustverrechnung... 30

© Falko Keller
III
D. § 17 EStG ... 30
I. Chronologische Entwicklung ... 30
II. Sinn und Zweck... 31
III. Quellentheorie vs. Reinvermögenszugangstheorie ... 32
1. Quellentheorie ... 32
2. Reinvermögenszugangstheorie ... 33
3. Einordnung des § 17 EStG... 34
IV. Tatbestandliche Vorfragen... 35
V. Verhältnis zu anderen Vorschriften ... 36
VI. Verfassungsrechtliche Bedenken... 38
1. Gegen eine generelle Absenkung der Beteiligungsgrenze ... 38
2. Gegen die Gesetzesrückwirkung zum 01.01.1999... 39
3. Verfassungswidriger Verzicht auf eine Übergangsregelung?... 42
VII. Der 5-jährige Betrachtungszeitraum... 43
VIII. Technik der Verlustermittlung ... 48
1. Vorüberlegungen... 48
2. Verlustermittlung durch das Halbeinkünfteverfahren ... 51
a. Hintergrund der Neuregelung... 51
b. Verfahren ... 52
c. Zeitlicher Anwendungsbereich ... 53
IX. Verlustberücksichtigung ... 53
E. § 23 EStG... 55
I. Chronologische Entwicklung ... 55
II. Sinn und Zweck... 57
III. Tatbestandliche Vorfragen... 58
1. Einbeziehung von Herstellungsfällen ... 59
2. Einbeziehung von Termingeschäften... 59
3. Anschaffungsfiktionen... 60
IV. Ausnahmen von der Besteuerung ... 61
V. Verfassungsrechtliche Bedenken... 65
1. Gegen die generelle Erhöhung der Veräußerungsfristen... 65
2. Gegen die Gesetzesrückwirkung zum 01.01.1999... 65
3. Verfassungswidriger Verzicht auf eine Übergangsregelung?... 66
VI. Technik der Verlustermittlung... 67

© Falko Keller
IV
VII. Verlustberücksichtigung... 68
1. Vorüberlegungen... 68
2. Verfassungsrechtliche Bedenken... 69
F. Vergleichendes Beispiel ... 71
G. Fazit... 75
H. Result... 77
Literaturverzeichnis ...VIII
Schriftliche Versicherung ...XV

© Falko Keller
V
Abkürzungsverzeichnis
a.A. ... anderer Ansicht
a.F. ... alte Fassung
Abs. ... Absatz
abzgl. ... abzüglich
AfA ... Absetzung für Abnutzung
AG ... Aktiengesellschaft
Alt. ... Alternative
AO ... Abgabenordnung
Art. ... Artikel
BB ... Betriebs-Berater
BFHE ... Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs, herausge-
geben von den Mitgliedern des Bundesfinanzhofs
BGB ... Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. ... Bundesgesetzblatt
BMF ... Bundesminister der Finanzen
BStBl. ... Bundessteuerblatt
BVerfG ... Bundesverfassungsgericht
BVerfGE ... Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfas-
sungsgerichts
bzw. ... beziehungsweise
d.h. ... das heißt
DB ... Der Betrieb
Drucks. ... Drucksache
DStR ... Deutsches Steuerrecht
EFG ... Entscheidungen der Finanzgerichte
ErbStG ... Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz
EStDV ... Einkommensteuerdurchführungsverordnung
EStG ... Einkommensteuergesetz
EStR ... Einkommensteuerrichtlinien
EUR ... Euro
f., ff. ... folgend, fortfolgend
FG ... Finanzgericht

© Falko Keller
VI
FR ... Finanz-Rundschau
gem. ... gemäß
GG ... Grundgesetz
gl.A. ... gleicher Ansicht
GmbH ... Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GrS ... Großer Senat
hrsg. ... herausgegeben
i.d.R. ... in der Regel
i.H.v. ... in Höhe von
InsO ... Insolvenzordnung
i.S.d. ... im Sinne des
i.V.m. ... in Verbindung mit
INF ... Die Information über Steuer und Wirtschaft
JStG ... Jahressteuergesetz
KGaA ... Kommanditgesellschaft auf Aktien
m.w.N. ... mit weiteren Nachweisen
n.F. ... neue Fassung
NWB ... Neue Wirtschaftsbriefe
OFD ... Oberfinanzdirektion
OVG ... Oberverwaltungsgericht
RGBl. ... Reichsgesetzblatt
Rz ... Randziffer
StÄndG ... Steueränderungsgesetz
StBereinG 1999 ... Steuerbereinigungsgesetz 1999
StEntlG 99/00/02 ... Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002
StMBG ... Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung
des Steuerrechts
StSenkG ... Steuersenkungsgesetz
StuW ... Steuern und Wirtschaft
Tz. ... Textziffer
u.a. ... unter anderem / und andere
UmwStG ... Umwandlungssteuergesetz
UStG ... Umsatzsteuergesetz
v.H. ... von Hundert
vgl. ... vergleiche

© Falko Keller
VII
vs. ... versus
VVaG ... Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
VZ ... Veranlagungszeitraum
z.B. ... zum Beispiel
z.v.E. ... zu versteuerndes Einkommen

© Falko Keller
1
A. Einleitung
Die Übertragung von Vermögen ist in vielen deutschen Teilrechtsordnungen gere-
gelt. Im Wesentlichen wird dabei zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Ü-
bertragungen unterschieden. Aufgrund des Abstraktions- und Trennungsprinzips
wird bei allen Übertragungen zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungs-
und dem dinglichen Verfügungsgeschäft differenziert. An die dingliche Übertra-
gung knüpft das Zivilrecht allerdings nur Eigentumsverhältnisse (§§ 929 ff. BGB).
Auch sind die Verfügungsgeschäfte bei einer Schenkung und einem Kaufvertrag
identisch. Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises ergibt sich hingegen aus
dem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft (§ 433 II BGB). Im Gegensatz dazu be-
stimmt § 516 I BGB, dass bei einer Schenkung kein Entgelt für das übertragene
Vermögen gezahlt werden muss. Die Unterscheidung zwischen entgeltlicher und
unentgeltlicher Übertragung kann daher nur anhand des schuldrechtlichen Ver-
pflichtungsgeschäfts vorgenommen werden.
Dieses Prinzip gilt auch im Steuerrecht. Die Steuerpflicht ist dabei grundsätzlich
an die dingliche Übertragung geknüpft. Eine Abweichung vom Zivilrecht bildet
dabei nur die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Steuerrechts. Die Art und
Weise der Besteuerung ist vom schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft abhän-
gig. So kann die Übertragung eines Wirtschaftsguts gegen Entgelt möglicherweise
eine Umsatzsteuerpflicht auslösen (§ 1 I 1 Nr. 1 UStG), wohingegen dessen unent-
geltliche Übertragung dem Anwendungsbereich des Erbschaft- und Schenkungs-
teuergesetzes unterliegen kann (§ 1 I ErbStG).
Im Einkommensteuerrecht gewinnt die entgeltliche bzw. unentgeltliche Übertra-
gung von Vermögen dahingehend an Bedeutung, dass durch den Übertragungs-
vorgang realisierte Gewinne oder Verluste möglicherweise der Besteuerung unter-
liegen. Ziel dieser Arbeit ist es, die einkommensteuerliche Anerkennung und Be-
handlung von Veräußerungsverlusten darzustellen. Das Hauptaugenmerk liegt
dabei auf §§ 16, 17 und 23 EStG. Die rechtliche Betrachtung basiert grundsätzlich
auf dem in 2001 geltenden Einkommensteuergesetz. Allerdings wurde auch dem
StSenkG und dessen Auswirkungen auf die Thematik Beachtung geschenkt.

© Falko Keller
2
Nachdem die einzelnen Erscheinungsformen der Verlustrealisierung untersucht
wurden, wird ausführlich auf die genannten Normen einzugehen sein. In einem
abschließenden Beispiel wird die unterschiedliche Behandlung von Veräußerungs-
verlusten im deutschen Einkommensteuerrecht dargestellt und verglichen.
B. Erscheinungsformen der Verlustrealisierung
I. Übertragung von Betriebsvermögen
Das deutsche Einkommensteuerrecht unterscheidet zwischen Gewinn- und Über-
schusseinkünften (Dualismus der Einkunftsarten). Zu den Gewinneinkünften gehö-
ren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger
Arbeit (§ 2 II Nr. 1 EStG). Der Gewinnbegriff beruht dabei auf der Reinvermö-
genszugangstheorie. Demnach wird das gesamte Ergebnis einer unternehmeri-
schen Betätigung der Besteuerung unterworfen. Dies umfasst auch Gewinne und
Verluste aus der Veräußerung von Betriebsvermögen
1
. Nachfolgend wird die Ü-
bertragung von Betriebsvermögen ausschließlich auf Betriebe, Teilbetriebe oder
Mitunternehmeranteile beschränkt. Die Übertragung von einzelnen, zum Betriebs-
vermögen des Steuerpflichtigen gehörenden, Wirtschaftsgütern ist nicht Gegens-
tand dieser Arbeit.
1. Entgeltliche Übertragung
Zunächst steht die Verlustrealisierung bei der entgeltlichen Übertragung von Be-
trieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen im Vordergrund. Daher wer-
den nur Übertragungskonstellationen betrachtet, bei denen der Veräußerungspreis
unter dem steuerlichen Buchwert des Betriebsvermögens bzw. Kapitalkontos des
Gesellschafters liegt. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass entgeltlich in die-
sem Zusammenhang mit vollentgeltlich gleichzusetzen ist. Der Veräußerungspreis
entspricht somit dem Verkehrswert des Betriebsvermögens. Gründe dafür, dass der
Verkehrswert unter dem Buchwert liegt, können zulässige Überbewertungen der
Aktiva bzw. Unterbewertung der Passiva sein. Als ein Beispiel seien die steuerlich
1
Vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz 181.

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3
nicht anerkannten Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Ge-
schäften zu nennen. Der ,,fehlende" Ausweis dieser Risiken in der Bilanz führt
dazu, dass das steuerliche Eigenkapital (bzw. Kapitalkonto des Gesellschafters)
höher zu Buche steht, als ein nach kaufmännischen Gesichtspunkten handelnder
Fremder bereit wäre, dafür zu zahlen.
a. Normalfall: Übertragung an Fremde
Die Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist ge-
setzlich in § 16 EStG geregelt. Dabei gehören nicht nur die aus einer solchen Ver-
äußerung resultierenden
Gewinne, sondern grundsätzlich auch entstehende Verlus-
te, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Voraussetzung ist, dass der Betrieb mit
allen
wesentlichen Grundlagen gegen Entgelt in der Weise auf einen Erwerber
übertragen wird, dass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt wer-
den kann
2
. Den Normalfall stellt dabei die Übertragung an einen fremden Erwer-
ber dar. Bei der Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeran-
teils unter Fremden spricht eine Vermutung dafür, dass Leistung und Gegenleis-
tung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind und
die Übertragung daher vollentgeltlich ist
3
. Einer steuerlichen Anerkennung der
realisierten Verluste steht somit nichts entgegen
4
.
b. Sonderfall: Übertragung an nahe Angehörige
Einen Sonderfall stellt die Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunter-
nehmeranteils unter nahen Angehörigen dar. Diese Übertragung erfolgt im Rah-
men der so genannten Angehörigenverträge, die allerdings gesetzlich nicht defi-
niert sind. Im Vordergrund steht dabei der Austausch von Leistungen oder die ein-
seitige Zuwendung unter nahen Angehörigen. Grund für die gesonderte Behand-
lung solcher Verträge sind die zwischen Fremden regelmäßig vorhandenen, aber
zwischen nahen Angehörigen oftmals fehlenden Interessengegensätze . Ein ob-
2
R 139 I EStR 1999.
3
Vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, § 16 Rz 77; Hottmann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die
Personengesellschaft im Steuerrecht, J. 20.
4
So auch ebenda J. 122.

© Falko Keller
4
jektiv ausgeglichenes, nach kaufmännischen Gesichtspunkten ermitteltes
Verhält-
nis zwischen Leistung und Gegenleistung kann somit bei Rechtsgeschäften zwi-
schen nahen Angehörigen nicht generell angenommen werden
5
. Die steuerliche
Anerkennung dieser Verträge ist daher an besondere Voraussetzungen geknüpft.
Zunächst gilt es jedoch herauszuarbeiten, wer als naher Angehöriger anzusehen ist.
In § 15 AO sind alle Angehörigen i.S.d. Steuerrechts abschließend aufgeführt
6
.
Fraglich ist, ob alle dort genannten Personen und Personengruppen auch nahe An-
gehörige sind (fehlende Interessengegensätze).
Soweit der Katalog des § 15 AO Ehegatten sowie Eltern und unterhaltsberechtigte
7
Kinder aufzählt, sind diese regelmäßig als nahestehend anzusehen
8
. Darin kann
auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG oder den
Grundsatz des besonderen Schutzes von Ehe und Familie des Art. 6 GG gesehen
werden
9
. Auch Großeltern und Enkel sowie Schwiegersohn bzw. -tochter und
Schwiegereltern sind als nahe Angehörige anzusehen
10
. Bei Geschwistern ist die
Zuordnung nicht so eindeutig. Diese können vor allem nicht generell als naheste-
hend bezeichnet werden. Für die Annahme, dass Geschwister keine nahen Ange-
hörigen sind, spricht, dass sie untereinander gesetzlich nicht zum Unterhalt ver-
pflichtet sind (vgl. §§ 1601 ff. BGB) und regelmäßig auch nicht unterstellt werden
kann, dass zwischen ihnen übereinstimmende Interessen bestehen
11
. Vielmehr
kann zumindest bei volljährigen Geschwistern unterstellt werden, dass diese stets
bestrebt sind ihre eigenen Interessen zu wahren
12
. Onkel und Tante sowie Neffe
5
Vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, § 16 Rz 77.
6
Vgl. Gersch, in: Klein, AO, § 15 Rz 1.
7
Vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1999, DStR 2000, 107 (107 f.); BFH-Urteil vom 19.10.1999, DStR
2000, 109 (110 f.) mit Anmerkungen; Söffing, Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561
(8563).
8
Ebenda, 8563.
9
Vgl. Bordewin, Besonderheiten bei Familienpersonengesellschaften, DB 1996, 1359 (1359 f.).
10
Vgl. Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F.
10 f.
11
Vgl. ebenda, F. 13.
12
Vgl. ebenda.

© Falko Keller
5
und Nichte sind ebenfalls nicht generell als nahestehende Personen zu charakteri-
sieren
13
. In diesen Fällen ist nach meiner Ansicht stets eine Einzelfallprüfung
vorzunehmen, um die tatsächlichen Verhältnisse dieser Personen untereinander
herauszufinden. Eine pauschale Zuordnung zum Kreis der nahen Angehörigen ist
nicht möglich. Verlobte sollen hingegen generell nicht als nahestehend angesehen
werden
14
. Bordewin
15
ist dieser Auffassung, weil die Verlobung noch keine Le-
bens- und Wirtschaftsgemeinschaft begründet. Dies vermag jedoch nicht zu über-
zeugen. Im Vordergrund steht meiner Meinung nach nicht die zivil- oder steuer-
rechtliche Begründung einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, sondern die
Frage, ob es diesen Personen an einem Interessengegensatz fehlt. Diese Frage kann
nach meiner Auffassung nicht generell mit ,nein' beantwortet werden. Vielmehr
ist hier ebenfalls eine Einzelfallprüfung erforderlich, um die tatsächlichen Verhält-
nisse der Verlobten untereinander festzustellen. Söffing
16
hingegen betrachtet sogar
Personen, die in so genannten eheähnlichen Verhältnissen zusammen leben, als
nahe Angehörige, weil auch hier regelmäßig keine Interessengegensätze zwischen
den Beteiligten bestehen
17
. Außerdem geht er davon aus, dass sogar zwischen
Fremden, aufgrund besonderer Umstände ein Interessengleichklang besteht, so
dass auch hier für die steuerliche Anerkennung von Verträgen die besonderen
Voraussetzungen vorliegen müssen.
Auch nahen Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu
gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig sind
18
. Dieser Grundsatz wird al-
lerdings durch besondere Anforderungen an Verträge zwischen diesen Personen
eingeschränkt. Das Vereinbarte muss vor Beginn des Leistungsaustauschs klar und
ernsthaft gewollt sein, tatsächlich durchgeführt werden und einem Fremdvergleich
13
Vgl. Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F.
12.
14
Vgl. ebenda, F. 14; Bordewin, Besonderheiten bei Familienpersonengesellschaften, DB 1996,
1359 (1360 f.).
15
Vgl. ebenda, 1360 f.
16
Vgl. Söffing, Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8564).
17
A.A. Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F.
15; Bordewin, Besonderheiten bei Familienpersonengesellschaften, DB 1996, 1359 (1362).
18
H 19 EStH 1999; Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten, NWB F3, 11285.

© Falko Keller
6
standhalten
19
. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes kann nur so sicherge-
stellt werden, dass die Vertragsbeziehungen ihren Ursprung tatsächlich, z.B. im
betrieblichen oder beruflichen und nicht im privaten Bereich (vgl. § 12 EStG) ha-
ben
20
.
Ein in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzendes Kriterium ist die zivil-
rechtliche Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung (z.B. wirksamer Kaufvertrag
i.S.d. § 433 BGB). Grund dafür ist die Tatsache, dass § 41 I AO, wonach die Un-
wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung insoweit und so lange ohne
Bedeutung ist, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts
eintreten lassen, bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen keine Anwendung
findet
21
. Eine unwirksame oder gar fehlende zivilrechtlich wirksame Vereinbarung
wird dabei als mangelnde Ernstlichkeit angesehen
22
. Besonders bei Verträgen mit
minderjährigen Kindern ist daher zu prüfen, ob ein Ergänzungspfleger und eine
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich sind
23
.
Die getroffenen Vereinbarungen müssen klar und eindeutig sein, d.h. so gefasst
sein, dass Zweifel bei der Auslegung ihres steuerlich relevanten Teils nicht mög-
lich sind
24
. Außerdem müssen sie dem so genannten Fremdvergleich standhalten,
19
Vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1999, DStR 2000, 107 (108); BFH-Urteil vom 19.10.1999, DStR
2000, 109 (110 f.) mit Anmerkungen; H 19 EStH 1999; Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 4 Rz 520;
Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern, NWB F3, 11369 (11370); Söffing,
Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8562); Bilsdorfer, Angehörigenverträge, NWB
F2, 6925 (6926); Brockmeyer, in: Klein, AO, § 41 Rz 9; Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann
u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F. 2; Stuhrmann, Arbeitsverhältnisses zwischen
Ehegatten, NWB F3, 11285 (11286).
20
BFH-Urteil vom 13.07.1999, DB 2000, 1445 m.w.N.; Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 4 Rz 520;
Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten, NWB F3, 11285 (11286); Söffing, Verträge
zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8562); Brockmeyer, in: Klein, AO, § 41 Rz 9.
21
Vgl. Söffing, Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8563); Brockmeyer, in: Klein,
AO § 41 Rz 9.
22
Vgl. Ruppel, Angehörigenvertrag, BB 1996, 458.
23
Vgl. Söffing, Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8562).
24
Vgl. ebenda.

© Falko Keller
7
d.h. der Vertrag muss inhaltlich so gestaltet sein, wie dies unter Fremden üblich
ist
25
. Eine Vereinbarung hält dabei dem Fremdvergleich nur stand, wenn auch ein
Fremder unter vergleichbaren Umständen den Vertrag in dieser Form abgeschlos-
sen hätte
26
. Dabei darf für ein zwischen nahen Angehörigen unentgeltlich abge-
schlossenes Rechtsgeschäft als Vergleichsmaßstab nicht ein unentgeltlicher Dritt-
erwerber, sondern es muss stets ein entgeltlich erwerbender Dritter zum Vergleich
herangezogen werden
27
. Schließlich sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs
unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat ver-
anlasste Vereinbarung zulassen
28
. Selbst wenn in einem Vertrag unter nahen An-
gehörigen Leistungen vereinbart wurden, die einem Fremden bereits dem Grunde
nach nicht gewährt worden wären, so kann daraus nicht automatisch der Schluss
gezogen werden, dass der gesamte Vertrag steuerlich nicht anzuerkennen sei
29
.
Vielmehr sind die tatsächlich erbrachten und ohne weiteres abgrenzbaren Leistun-
gen in der Höhe steuerlich anzuerkennen, in der sie dem Fremdvergleich standhal-
ten, d.h. nur dem unüblichen Teil der Vereinbarung (soweit eine eindeutige Ab-
grenzung möglich ist) wird die Anerkennung verweigert
30
. Für die einkom-
mensteuerliche Schlussfolgerung aus dem Fremdvergleich ist demnach die Ge-
samtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend
31
.
25
Vgl. Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F.
31.
26
Vgl. Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 4 Rz 520; Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern
und Kindern, NWB F3, 11369 (11372).
27
Vgl. Söffing, Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8563).
28
BFH-Urteil vom 13.07.1999, DB 2000, 1445 (1446), BFH-Urteil vom 29.10.1997, BStBl. II
1998, 573 (575).
29
Vgl. Bilsdorfer, Angehörigenverträge, NWB F2, 6925 (6927); Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse
zwischen Eltern und Kindern, NWB F3, 11369 (11372); a.A. H 19 EStH 1999.
30
BFH-Urteil vom 13.07.1999, DB 2000, 1445 (1447); Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse zwischen
Eltern und Kindern, NWB F3, 11369 (11374); a.A. BFH-Urteil vom 09.12.1993, BStBl. II 1994,
298 (299).
31
BFH-Urteil vom 25.01.2000, DB 2000, 1306; BFH-Urteil vom 07.05.1996, DStR 1996, 1359
(1360); OFD Berlin vom 16.04.1997, DB 1997, 1644; Bilsdorfer, Angehörigenverträge, NWB F2,
6925 (6926).

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Wichtig ist weiterhin, dass die Vertragsvereinbarungen und die Vertragsdurchfüh-
rung identisch sind. Dabei werden die zwischen den nahen Angehörigen getroffe-
nen Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt, wenn sie von allen Beteiligten ver-
wirklicht werden. Die gewollten Rechtsfolgen müssen tatsächlich eintreten
32
. Ver-
träge zwischen Eltern und Kindern gelten nur dann als tatsächlich durchgeführt,
wenn die Eltern die Vermögensrechte der Kinder achten. Sollten die Eltern über
das dem Vertrag zugrunde liegende Vermögen der Kinder wie über ihr eigenes
verfügen, so ist anzunehmen, dass der Vertrag nicht tatsächlich durchgeführt wur-
de und damit nicht ernsthaft gewollt war
33
.
Bei den genannten Voraussetzungen handelt es sich um Indizien. Jeder Vertrag
unter nahen Angehörigen ist anhand dieser auf seine steuerliche Anerkennung hin
zu überprüfen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Indizien kann dabei
einzelnen Beweisanzeichen ein unterschiedliches Gewicht beizumessen sein
34
. Es
handelt sich demnach nicht um Tatbestandsmerkmale
35
, die für eine steuerliche
Anerkennung des speziellen Vertrags alle erfüllt sein müssen. Selbst wenn ein
Indiz nur unzureichend oder gar nicht erfüllt ist, führt dies nicht automatisch zur
steuerlichen Aberkennung des Vertrages
36
.
Sofern die Gesamtwürdigung aller Indizien bei einem Vertrag zwischen nahen
Angehörigen zu dem Ergebnis kommt, dass dieser einkommensteuerrechtlich an-
zuerkennen ist, sind die aus der Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mit-
unternehmeranteils resultierenden Verluste als negative Einkünfte aus Gewerbebe-
trieb anzuerkennen.
32
Vgl. Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 4 Rz 520; Stuhrmann, Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegat-
ten, NWB F3, 11285 (11287); Söffing, Verträge zwischen Angehörigen, NWB F3, 8561 (8563).
33
Vgl. ebenda.
34
BFH-Urteil vom 25.01.2000, DB 2000, 1306 m.w.N.; BFH-Urteil vom 07.05.1996, DStR 1996,
1359 (1360); Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 4 Rz 530 m.w.N.; Brockmeyer, in: Klein, AO, § 41
Rz 19.
35
Vgl. OFD Berlin vom 16.04.1997, DB 1997, 1644; Seeger, Verträge zwischen nahestehenden
Personen, DStR 1998, 1339 (1342).
36
Vgl. OFD Frankfurt/M. vom 17.09.1997, DStR 1997, 2022 (2023); OFD Berlin vom 16.04.1997,
DB 1997, 1644; Hoffmann, Verträge mit Nahestehenden, DStR 1997, 649 (650).

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c. Betriebsaufgabe als ,,fiktive" Betriebsveräußerung
Die Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils wird kraft
Gesetz einer Veräußerung gleichgestellt (§ 16 III EStG). Dabei unterscheidet sich
die Aufgabe von der Veräußerung dadurch, dass der Betrieb, Teilbetrieb oder Mit-
unternehmeranteil als organisatorische Einheit zerschlagen wird
37
. Üblicherweise
werden dabei sämtliche Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt (Total-
entnahme
38
). Als Aufgabeerlös ist der gemeine Wert der entnommenen Wirt-
schaftsgüter anzusetzen. Werden nicht alle Wirtschaftsgüter entnommen
sondern
an verschiedene Erwerber veräußert, so ist der für diese Wirtschaftsgüter erzielte
Veräußerungserlös maßgeblich. Bezüglich der einkommensteuerlich anerkannten
Verlustrealisierung sind jedoch auch bei der Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebes
oder Mitunternehmeranteils die Grundsätze der Veräußerung anzuwenden.
2. Teilentgeltliche Übertragung
Bei der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist
denkbar, dass der Veräußerungspreis nicht nur unter dem Buchwert
sondern auch
unter dem Verkehrswert liegt. Sofern dies der Fall ist, könnte eine teilentgeltliche
Übertragung vorliegen. Voraussetzung dafür ist, dass der Übertragende dem Er-
werber etwas unentgeltlich zuwenden will
39
. Mit ,,etwas" ist in diesem Zusam-
menhang gemeint, dass nicht das gesamte Betriebsvermögen des Betriebs, Teilbe-
triebs oder Mitunternehmeranteils, sondern nur ein Teil davon, unentgeltlich über-
tragen (zugewendet) werden soll. Hierbei wird deutlich, dass es auf die innere Ab-
sicht der Beteiligten ankommt (subjektives Tatbestandsmerkmal). Leider ist für
Außenstehende (z.B. das Finanzamt) kaum ersichtlich, ob die Beteiligten eine
teilweise unentgeltliche Übertragung beabsichtigt haben, oder ob das Entgelt aus
anderen (betrieblichen) Gründen unter dem Verkehrswert liegt. Es wäre denkbar,
dass der Übertragende unbedingt verkaufen muss und der Erwerber daher, in Aus-
nutzung der Notlage des Übertragenden, den Kaufpreis unter den Verkehrswert
37
Vgl. Reiß, in: Kirchhof, EStG, § 16 Rz 301.
38
Wacker, in: Schmidt, EStG, § 16 Rz 172.
39
Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 787.

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senken kann. Die Rechtsprechung
40
hat daher widerlegbare Vermutungen aufge-
stellt, die gerade die Frage nach der privaten bzw. beruflichen Veranlassung be-
antworten sollen. Demnach wird auch hier wieder zwischen Übertragungsvorgän-
gen unter Fremden und nahen Angehörigen unterschieden.
Bei der Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils unter
Fremden wird, meiner Auffassung nach zurecht, davon ausgegangen (vermutet),
dass Leistung und Gegenleistung unter kaufmännischen Gesichtspunkten gegen-
einander abgewogen sind
41
. I.d.R. hat keiner der Beteiligten die Absicht, dem an-
deren etwas zu schenken. Bei einer solchen Übertragung kann nicht von einer
Teilentgeltlichkeit gesprochen werden. Obwohl das Entgelt für die Übertragung
des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils unter dem Verkehrswert
liegt, ist von einer voll entgeltlichen Übertragung auszugehen.
Völlig anders sieht die widerlegbare Vermutung für die Übertragung unter nahen
Angehörigen aus. Hier wird davon ausgegangen, dass Leistung und Gegenleistung
nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind
42
.
Grund dafür sind wiederum die zwischen nahen Angehörigen fehlenden Interes-
sengegensätze. Um diese Vermutung zu widerlegen, muss die Vereinbarung die
besonderen Anforderungen an Verträge zwischen nahen Angehörigen erfüllen
(vgl. B. I. 1. b.). Die Vertragsparteien müssen demnach u.a. durch klare und ein-
deutige Vereinbarungen nachweisen, dass ein auf äquivalenten Leistungen beru-
hendes voll entgeltliches Geschäft abgeschlossen wurde
43
. Dabei spielt der Fremd-
vergleich eine große Rolle. Maßgeblich ist die Antwort auf die Frage, ob ein frem-
der Dritter dieser Übertragung unter vergleichbaren Umständen zugestimmt hätte.
Nur wenn die Anforderungen an Verträge unter nahen Angehörigen erfüllt
40
Vgl. BFH-Urteil vom 31.08.1994, BStBl. II 1996, 672 (674); BFH-Urteil vom 29.10.1992,
BStBl. II 1992, 465 (466) m.w.N.; BFH-Urteil vom 20.12.1988, BStBl. II 1989, 585 (589).
41
Vgl. ebenda; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 16 Rz 77; Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann
u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, P. 44.
42
BFH-Urteil vom 31.08.1994, BStBl. II 1996, 672 (674); BFH-Urteil vom 29.10.1992, BStBl. II
1992, 465 (466) m.w.N.; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 16 Rz 77; Zimmermann, in: Zimmer-
mann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, P. 45.
43
Vgl. ebenda.

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sind, kann von einem voll entgeltlichen Geschäft ausgegangen werden. Sofern
dieser Nachweis nicht gelingt, ist von einer teilentgeltlichen Übertragung auszuge-
hen.
Die Erkenntnis, dass es sich um eine teilentgeltlichen Übertragung handelt, hilft
jedoch im Hinblick auf die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Übertra-
gung nicht weiter. Eine solche Übertragung ist gesetzlich nicht geregelt. Daher
muss ein Weg gefunden werden, die Übertragung als unentgeltlich i.S.d. § 6 III
EStG oder als entgeltlich i.S.d. § 16 EStG einzuordnen. Denkbar wäre u.a. den
Übertragungsvorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzu-
spalten
44
.
Gemäß § 16 II EStG ist der Veräußerungsgewinn bzw. -verlust durch Gegenüber-
stellung des Veräußerungspreises abzüglich der Veräußerungskosten und des Be-
triebsvermögens (bzw. Anteils am Betriebsvermögen) zu ermitteln. Weiter heißt
es, dass der Wert des Betriebsvermögens nach §§ 4 I, 5 EStG zu ermitteln ist. Ein
Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil besteht i.d.R. aus einer Vielzahl
von Wirtschaftsgütern. Bei einem Mitunternehmeranteil kommt erschwerend hin-
zu, dass diesem nicht das gesamte Wirtschaftsgut, sondern nur ein ideeller Anteil
zugeordnet werden kann. In der Praxis ist es nahezu unmöglich, alle diese Wirt-
schaftsgüter im Rahmen einer Übertragung einzeln zu bewerten. Der Erwerber hat
auch kein Interesse daran, alle Wirtschaftsgüter einzeln zu kaufen. Er möchte
vielmehr den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil im Ganzen ­ als
wirtschaftliche und organisatorische Einheit
­ erwerben. Also muss es einen
Weg geben, den Wert aller Wirtschaftsgüter des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitun-
ternehmeranteils als Einheit zu ermitteln. Dazu wird i.d.R. eine Steuerbilanz er-
stellt. In dieser Bilanz werden alle Aktiva und Passiva gegenübergestellt. Die sich
bei dieser Gegenüberstellung ergebende Differenz zwischen Aktiv- und Passiv-
vermögen stellt das Eigenkapital dar (sofern mehr Aktiv- als Passivvermögen vor-
handen ist). Dieses so ermittelte Eigenkapital entspricht dem Betriebsvermögen.
Bei einer Mitunternehmerschaft ist dieses Betriebsvermögen die Summe der Kapi-
talkonten der Gesellschafter. Der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil
44
Vgl. Stobbe, Vorweggenommene Erbfolge, StuW, 1996, 289 (292).

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ist demnach auch aus bilanzieller Sicht als eine Einheit zu betrachten. Eine Auftei-
lung des Übertragungsvorgangs in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen
Teil würde zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Ein Teil des Betriebs, Teilbe-
triebs oder Mitunternehmeranteils würde dabei stets entgeltlich und ein Teil stets
unentgeltlich übertragen werden
45
. Das als Einheit ermittelte Betriebsvermögen
müsste aufgeteilt werden. Als Rechtsfolge würden für den unentgeltlich erworbe-
nen Teil des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils die Anschaffungs-
kosten des Rechtsvorgängers fortgeführt (§ 6 III EStG) und für den entgeltlich
erworbenen Teil neue Anschaffungskosten bilanziert werden. Ein solches Verfah-
ren würde dem Wortlaut des § 16 II EStG und dem Sinn und Zweck des Betriebs,
Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils als Einheit widersprechen
46
.
Der gesamte Übertragungsvorgang ist daher nach der Ansicht der Rechtspre-
chung
47
, Finanzverwaltung
48
und herrschende Literatur
49
als einheitlicher Vorgang
zu behandeln. Dies erfolgt in der Weise, dass entweder die gesamte Übertragung
als entgeltlich i.S.d. § 16 EStG oder unentgeltlich i.S.d. § 6 III EStG gilt (Ein-
heitstheorie
). Als Abgrenzungskriterium zwischen der entgeltlichen
bzw. unent-
geltlichen Übertragung dient hierbei wiederum das Betriebsvermögen. Liegt der
Veräußerungspreis über dem steuerlichen Wert des Betriebsvermögens, so gilt die
gesamte Übertragung als entgeltlich
50
. Der Erwerber hat Anschaffungskosten in
Höhe des Kaufpreises und der Veräußerer hat einen Veräußerungsgewinn erzielt.
Liegt der Veräußerungspreis jedoch unter dem Wert des Betriebsvermögens, so ist
der gesamte Übertragungsvorgang als unentgeltlich anzusehen. Der Erwerber hat
45
Vgl. Zimmermann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, P.
46.
46
Vgl. ebenda.
47
BFH-Urteil vom 16.12.1992, BStBl. II 1993, 436 (437); BFH-Urteil vom 10.07.1986, BStBl. II
1986, 811 (814).
48
Vgl. BMF-Schreiben vom 13.01.1993, BStBl. I 1993, 80, Tz. 35 ­ 39.
49
Vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, § 16 Rz 39 und 58; Reiß, in: Kirchhof, EStG, § 16 Rz 137;
Hottmann, in: Zimmermann/Hottmann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, J. 104; Reiß,
in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 16 Rz B 146 ff.; kritisch: Stobbe, Vorweggenommene
Erbfolge, StuW 1996, 289; Trompeter, Vo rweggenommene Erbfolge, BB 1996, 2494.
50
Vgl. Schoor, in: Friebel/Rick/Schoor/Siegle, Fallsammlung Einkommensteuer, S. 286.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832443498
ISBN (Paperback)
9783838643496
DOI
10.3239/9783832443498
Dateigröße
602 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2001 (Juli)
Note
2,3
Schlagworte
estg einkommenssteuergesetz übertragung veräußerungsverlust
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Titel: Prototypische Veräußerungsverluste nach neuem Recht
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