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Qualitätsentwicklung in der stationären Jugendhilfe

Folgen für die Prozesse der Leistungserstellung in Einrichtungen der Jugendhilfe

©2001 Diplomarbeit 136 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit einer Gesetzesänderung vom 1. Januar 1999 wird die Qualitätsentwicklung in den §§78a-g SGB VIII von den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe legislativ gefordert. Zudem konnten über 700 verschiedene deutschsprachige Fachbeiträge zum Thema ‚Qualität in der Jugendhilfe’ bis zum Februar 2000 nachgewiesen werden. Dies sind nur zwei Indizien dafür, dass die ‚Qualitätsentwicklung in der stationären Jugendhilfe’ in den letzten Jahren nicht nur ein wichtiges wissenschaftliches Fachthema, sondern auch alltäglicher Bestandteil in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe geworden ist.
Wie es dazu kam, wie dieser neuen Anforderung nachgekommen werden kann und welche Auswirkungen und Folgen daraus für die Einrichtungen und deren Leistungserstellungsprozess entstehen, soll im Rahmen dieser Arbeit dargestellt werden. Einführend werden dazu verschiedene Sichtweisen des Begriffs ‚Qualität’ dargestellt. In Abgrenzung bzw. Ergänzung hierzu wird der Begriff der ‚Dienstleistungsqualität’ erläutert. Die Besonderheiten der Dienstleistungsqualität, gerade auch in Bezug auf die Jugendhilfe, werden ausgeführt. Ein wichtiger Ausgangspunkt für die Einführung der Qualität in die Jugendhilfe war das ‚neue Steuerungsmodell’, wodurch Qualität in nahezu allen sozialen Bereichen eingeführt wurde. Eine Erläuterung dieses Modells soll die Entstehungsgründe und die Auswirkungen auf die Jugendhilfe deutlich machen. Der Begriff ‚Qualitätsentwicklung’ unterscheidet sich in einigen Punkten stark vom industriell bedingten Begriff der Qualitätssicherung. Gründe für die Sinnhaftigkeit dieses neuen Begriffs werden erläutert.
Durch die Einführung der Qualitätsentwicklung in die stationäre Jugendhilfe werden verschiedene Interessen und Erwartungen an die Qualitätsdiskussion deutlich. Das Besondere der stationären Jugendhilfeeinrichtungen ist dabei, dass sie (wenigstens) zwei Interessengruppen gerecht werden müssen. Zum einen müssen sie die Erwartungen der Leistungsträger erfüllen, zum anderen den Bedürfnissen der Leistungsempfänger nachkommen. In einem weiteren Schritt werden verschiedene Modelle und Konzepte zur Qualitätsentwicklung beschrieben. Vor- und Nachteile für die Anwendung im stationären Jugendhilfebereich sollen dabei deutlich werden. Seit einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 1999 wird die Qualitätsentwicklung von den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe legislativ gefordert. Verschiedene Gründe haben zu der Einführung dieses Gesetzes […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4271
Robrecht, Tanja: Qualitätsentwicklung in der stationären Jugendhilfe: Folgen für die Prozesse
der Leistungserstellung in Einrichtungen der Jugendhilfe / Tanja Robrecht - Hamburg:
Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Diplom, 2001
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- III -
Inhaltsübersicht
1. Einleitung ...1
2. Grundlagen für die Qualitätsdiskussion ...3
2.1. Qualität
als
Terminus ...3
2.2. Qualität in der Dienstleistung...5
2.3. Neues Steuerungsmodell als Initialzündung ...11
3. Qualitätsentwicklung in Einrichtungen der stationären
Jugendhilfe ...14
3.1. Qualitätsentwicklung statt Qualitätssicherung...15
3.2. Interessen und Erwartungen an die Qualitätsdiskussion...16
3.3. Modelle und Konzepte zur Qualitätsentwicklung ...20
4. Vereinbarungen über Leistungen, Entgelt und Qualität
nach §§78ff SGB VIII ...41
4.1. Entstehung des Gesetzes...43
4.2. Inhalt des Gesetzes ...44
5. Implikationen der Qualitätsentwicklung auf den
Leistungsprozess ...53
5.1. Anforderungen an die Einrichtungen sowie resultierende
Probleme ...53
5.2. Umsetzung der Qualitätsentwicklung ...66
5.3. Praktische Erfahrungen und Beispiele der
Qualitätsentwicklung ...78
6. Resümee...89
6.1. Kritische Thesen zu möglichen Auswirkungen der
Qualitätsentwicklung ...89
6.2. Zusammenfassung...95
6.3. Ausblick ...99

- IV -
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsübersicht... III
Inhaltsverzeichnis ... IV
Abbildungsverzeichnis... VII
Abkürzungsverzeichnis... VIII
1. Einleitung ...1
2. Grundlagen für die Qualitätsdiskussion ...3
2.1. Qualität
als
Terminus ...3
2.2. Qualität in der Dienstleistung...5
2.3. Neues Steuerungsmodell als Initialzündung ...11
3.
Qualitätsentwicklung in Einrichtungen der stationären
Jugendhilfe ...14
3.1. Qualitätsentwicklung statt Qualitätssicherung...15
3.2.
Interessen und Erwartungen an die Qualitätsdiskussion...16
3.2.1.
Seitens der stationären Jugendhilfeeinrichtungen
als Leistungserbringer ...17
3.2.2.
Seitens der öffentlichen und freien Träger der
Jugendhilfe als ,Kunden' der Einrichtungen...18
3.2.3.
Seitens der Bewohner als Adressaten der
Jugendhilfe...19
3.2.4. Seitens der Öffentlichkeit...20
3.3. Modelle und Konzepte zur Qualitätsentwicklung ...20
3.3.1. Zertifizierende Ansätze...20
3.3.1.1. DIN EN ISO 9000ff...21
3.3.1.2. Sonstige Gütesiegel ...25
3.3.2. Umfassende Ansätze...27
3.3.2.1. TQM...27
3.3.2.2. EFQM ...30
3.3.3. Bewertende Ansätze...33
3.3.3.1. Benchmarking ...34
3.3.3.2. Evaluation...37

- V -
4.
Vereinbarungen über Leistungen, Entgelt und Qualität
nach §§78ff SGB VIII ...41
4.1. Entstehung des Gesetzes...43
4.2. Inhalt des Gesetzes ...44
4.2.1.
Leistungsvereinbarungen nach §78b i.V.m.
§78c SGB VIII ...46
4.2.2. Entgeltvereinbarung nach §78b i.V.m. §78c SGB VIII...47
4.2.3.
Qualitätsentwicklungsvereinbarung nach
§78b SGB VIII ...49
4.2.5. Rahmenverträge nach §78f SGB VIII...51
4.2.6. Schiedsstellen nach §78g SGB VIII ...52
5.
Implikationen der Qualitätsentwicklung auf den
Leistungsprozess ...53
5.1.
Anforderungen an die Einrichtungen sowie resultierende
Probleme ...53
5.1.1. Leistungsangebot ...54
5.1.1.1. Entwicklung der Leistungsstruktur...54
5.1.1.2. Problem der Integrativität...56
5.1.2. Personalpolitik...58
5.1.2.1. Sensibilisierung der Mitarbeiter ...58
5.1.2.2. Mitarbeiterstruktur ...59
5.1.3. Entwicklung von Kosten und Pflegesätzen ...61
5.1.4. Dokumentation der Leistung ...63
5.2. Umsetzung der Qualitätsentwicklung ...66
5.2.1.
Welches ist das richtige Modell zur
Qualitätsentwicklung für die Einrichtung? ...66
5.2.2. Praktische Umsetzung...69
5.2.2.1.
Qualitätsentwicklung durch Gestaltung
von Alltagsstrukturen...69
5.2.2.2.
Qualitätsentwicklung durch Optimierung
der Teamzusammenarbeit ...72
5.2.2.3. Qualitätsentwicklung durch Supervision...74
5.2.2.4. Qualitätsentwicklung durch Qualitätszirkel...77

- VI -
5.3.
Praktische Erfahrungen und Beispiele der
Qualitätsentwicklung ...78
5.3.1.
Qualitätsmanagement in der Caritas-Jugendhilfe
Köln GmbH ...79
5.3.2.
Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems
am Beispiel der Zentralstelle Jugendhaus
Düsseldorf e.V. ...81
5.3.3.
Entwicklung von Konzeptqualität im
Jugendtreffpunkt Wünnenberg ...85
6. Resümee...89
6.1.
Kritische Thesen zu möglichen Auswirkungen der
Qualitätsentwicklung ...89
6.2. Zusammenfassung...95
6.3. Ausblick ...99
Literaturverzeichnis ...102
Quellenverzeichnis ...124
Erklärung ...125

- VII -
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Qualitätsformen am Beispiel der stationären
Jugendhilfe ...7
Abbildung 2: Arbeitsschritte eines Qualitätsentwicklungs-
programms ...29
Abbildung 3: EFQM-Modell für Excellence ...32
Abbildung 4: Entwicklung der Heimpflege-Kosten am Beispiel
der Stadt Dortmund (590.000 Einwohner) in
Millionen DM...42
Abbildung 5: Schritte zur Einführung des Qualitätsmanagement-
systems ...83
Abbildung 6: Einflussfaktoren auf das Renommee einer
Jugendhilfeeinrichtung ...100

- VIII -
Abkürzungsverzeichnis
aej ... Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in
der Bundesrepublik Deutschland e.V.
AFET ... Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe e.V.
Aufl. ... Auflage
bke ... Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
BGBl. ... Bundesgesetzblatt
BMFSFJ ... Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend
DBSH ... Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozial-
pädagogik und Heilpädagogik e.V.
DIN ... Deutsche Industrienorm
DGQ ... Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V.
EFQM ... European Foundation for Quality Management
EKD ... Evangelische Kirche in Deutschland
EN ... Europäische Norm
EREV ... Evangelischer Erziehungsverband e.V.
erw. ... erweitert(e)
Hrsg. ... Herausgeber
idF ... in der Fassung
IGFH ... Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen
ISA ... Institut für soziale Arbeit e.V.
ISO ... International Organization for Standardisation
i.V.m. ... in Verbindung mit
KGSt ... Kommunale Gemeinschaftsstelle
Lfg. ... Lieferung
m.w.N. ... mit weiteren (Literatur-)Nachweisen
NDV ... Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öf-
fentliche und private Fürsorge (Zeitschrift)
NPO ... Non Profit Organisation
o.O. ... ohne Ort
o.S. ... ohne Seite(n)
o.V. ... ohne Verfasser
Qs ... Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinder-
und Jugendhilfe (Schriftenreihe des BMFSFJ)
SGB VIII ... Sozialgesetzbuch Achtes Buch ­ Kinder- und Ju-
gendhilfe
TQM ... Total Quality Management
u.a. ... und andere
überarb. ... überarbeitet(e)
vgl. ... vergleiche
VIB ... Video-Interaktionsbegleitung

- 1 -
1. Einleitung
Über 700 verschiedene Fachbeiträge zum Thema ,Qualität in der Ju-
gendhilfe' konnten bis zum Februar 2000 nachgewiesen werden (Kin-
kel 2000). Dies ist nur ein Indiz dafür, dass die ,Qualitätsentwicklung in
der stationären Jugendhilfe' in den letzten Jahren nicht nur ein wichti-
ges wissenschaftliches Fachthema, sondern auch alltäglicher Be-
standteil in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe geworden ist.
Wie es dazu kam, wie dieser neuen Anforderung nachgekommen
werden kann und welche Auswirkungen und Folgen daraus für die
Einrichtungen und deren Leistungserstellungsprozess entstehen, soll
im Rahmen der vorliegenden Arbeit dargestellt werden.
Einführend werden dazu verschiedene Sichtweisen des Begriffs ,Qua-
lität' dargestellt, wobei eine für diese Arbeit grundlegende Definition
aufgeführt und begründet wird. In Abgrenzung bzw. Ergänzung hierzu
wird der Begriff der ,Dienstleistungsqualität' erläutert. Die Besonder-
heiten der Dienstleistungsqualität, gerade auch in Bezug auf die Ju-
gendhilfe, werden ausgeführt.
Ein wichtiger Ausgangspunkt für die Einführung der Qualität in die Ju-
gendhilfe war das ,neue Steuerungsmodell', wodurch Qualität in nahe-
zu allen sozialen Bereichen eingeführt wurde. Eine Erläuterung dieses
Modells soll die Entstehungsgründe und die Auswirkungen auf die Ju-
gendhilfe deutlich machen.
Der Begriff ,Qualitätsentwicklung' unterscheidet sich in einigen Punk-
ten stark vom industriell bedingten Begriff der Qualitätssicherung.
Gründe für die Sinnhaftigkeit dieses neuen Begriffs werden erläutert.
Durch die Einführung der Qualitätsentwicklung in die stationäre Ju-
gendhilfe werden verschiedene Interessen und Erwartungen an die
Qualitätsdiskussion deutlich. Das Besondere der stationären Jugend-
hilfeeinrichtungen ist dabei, dass sie (wenigstens) zwei Interessen-
gruppen gerecht werden müssen. Zum einen müssen sie die Erwar-
tungen der Leistungsträger erfüllen, zum anderen den Bedürfnissen
der Leistungsempfänger nachkommen.

- 2 -
In einem weiteren Schritt werden verschiedene Modelle und Konzepte
zur Qualitätsentwicklung beschrieben. Vor- und Nachteile für die An-
wendung im stationären Jugendhilfebereich sollen dabei deutlich wer-
den.
Seit einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 1999 wird die Qualitäts-
entwicklung von den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe legisla-
tiv gefordert. Verschiedene Gründe haben zu der Einführung dieses
Gesetzes geführt. Diese und die daraus entstehenden Anforderungen
für die Einrichtungen werden in einem weiteren Schritt erläutert.
Ein großer Abschnitt der Arbeit beschäftigt sich mit den Folgen, die
sich aus der gesetzlich geforderten Qualitätsentwicklung für die Ein-
richtungen ergeben. Aufkommende Fragen nach der Erstellung des
Leistungsangebotes, der Personalpolitik und nach Kosten und Pflege-
sätzen werden aus praktischer Sicht betrachtet und kritisch hinterfragt.
Weiterhin werden Anregungen zur praktischen Umsetzung der Quali-
tätsentwicklung gegeben. Es werden Methoden aufgeführt, mit denen
die Qualitätsentwicklung in den Alltag der Einrichtungen integriert wer-
den kann.
Viele Einrichtungen haben Qualitätsentwicklung schon in unterschied-
licher Weise in ihren Alltag eingeführt. Einige Beispiele zu verschiede-
nen Formen der Qualitätsentwicklung werden dargestellt, wobei die
Möglichkeit der Übertragung auf stationäre Jugendhilfeeinrichtungen
beleuchtet wird.
Abschließend werden die Folgen und Auswirkungen der Qualitätsent-
wicklung auf die Einrichtungen in kritischen Thesen zusammenge-
fasst. Diese machen deutlich, dass Gesetzesänderungen nicht für alle
Parteien nur positiv bewertet werden können. Anschließende Ideen
und Vorschläge zeigen auf, durch welche Verfahren die negativen
Folgen und Auswirkungen auf die Leistungserstellung eventuell ver-
mieden werden könnten.

- 3 -
2. Grundlagen für die Qualitätsdiskussion
Vor der näheren Betrachtung des Themas ,Qualitätsentwicklung' in
seinen Ausprägungen und Konsequenzen für die stationäre Jugendhil-
fe werden nun zunächst grundlegende Begrifflichkeiten wie ,Qualität'
und ,Dienstleistungsqualität' erläutert. Weiterhin wird das neue Steue-
rungsmodell als eine Ursache für die Qualitätsdiskussion in der Kin-
der- und Jugendhilfe dargestellt.
2.1. Qualität als Terminus
Der Begriff ,Qualität' ist etymologisch auf das lateinische Wort ,qualis'
zurückzuführen. ,Qualis' kann mit ,wie beschaffen' übersetzt werden.
Das Wort ,Qualität' umschreibt nach dieser Auffassung die Beschaf-
fenheit, die Güte oder den Wert eines Objektes
1
(Bruhn 1997).
Es kann davon ausgegangen werden, dass die menschliche Fähigkeit,
Gegenstände und Stoffe nach ihrer Beschaffenheit zu bewerten, an-
geboren ist. So wählen sogar Tiere in der Natur ihre Nahrungsmittel
oder Gebrauchsgegenstände (instinktiv) nach einer bestimmten ,Quali-
tät' aus. Bei dem Entwicklungsprozess vom Tier zum Menschen voll-
zog sich auch ein Wandlungsprozess von der instinktiven Auswahl zu
einer gezielten Anwendung von Gegenständen. Daraus entwickelte
sich langsam ein Qualitätsverständnis, das sich in verstärkten Kontrol-
len in den verschiedensten Bereichen widerspiegelte.
2
Mit Beginn der industriellen Revolution wurden immer mehr Produkte
maschinell hergestellt. Das Qualitätsdenken wurde seinerzeit stark
von der Massenproduktion beeinflusst, woraufhin die Qualitätsan-
forderungen vereinheitlicht wurden. Dazu sind ausführliche Qualitäts-
1
In diesem Zusammenhang können Einstufungen in ,gute', ,mittlere' oder
,schlechte' Qualität vorgenommen werden (Bruhn 1997).
2
So wurde ca. 1750 v. Chr. ein System zur Bewertung des Häuserbaus einge-
richtet, in dem für den Bauausführer, welcher Häuser mit minderer Qualität
herstellte, Strafen festgelegt wurden. Im Altertum wurde das Qualitätsver-
ständnis dann durch die aufkommende Handwerkskunst beeinflusst. Es ent-
standen Qualitätsprüfungen in allen Bereichen (Ketting 1999).

- 4 -
prüfungen eingerichtet worden, wobei statistische Prozesskontrollme-
thoden eingesetzt wurden.
In den 60er- bis 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts sind im Bereich der
militärischen Technik Methoden zur Fehlervermeidung eingeführt wor-
den, die seit 1980 in der deutschen Automobilindustrie angewandt
werden. Qualität ist heute in nahezu allen Bereichen ein wichtiger Be-
standteil der Unternehmensführung geworden. Auch in den sozialen
Bereich hat die Qualität Einzug gehalten (Ketting 1999).
Es existiert mittlerweile in der Literatur eine fast unübersichtliche Viel-
zahl an Qualitätsdefinitionen. Grundsätzlich kann der Begriff ,Qualität'
aber aus verschiedenen Sichtweisen heraus beschrieben werden.
Einerseits kann Qualität als eine Eigenschaft von Dingen betrachtet
werden. Hier wird angenommen, dass Produkte aus klar zu benen-
nenden Komponenten bestehen, deren Qualität präzise festgelegt
werden kann. Die Qualität des Produktes ergibt sich also aus der Qua-
lität der einzelnen Bestandteile
3
(Bruhn 1997; Klatetzki 1996).
Andererseits kann Qualität mittels der Analyse des Herstellungsvor-
gangs definiert werden. Hier bezieht sich die Qualitätsbeurteilung nicht
auf das Endprodukt, sondern auf den Prozess der Herstellung. Es wird
ein Zusammenhang zwischen einer fehlerfreien Herstellung und einer
hohen Qualität des Produktes gesehen. Durch Einhaltung bestimmter
Vorgaben soll in dem Betrieb eine Fehlervermeidung bei der Produkt-
erstellung gewährleistet werden. Diese Einhaltung der Vorgaben kann
mit einem Zertifikat ausgezeichnet werden. Ein Beispiel ist hier die
Zertifizierung nach den Normen der DIN EN ISO.
Ein weiterer Ansatz der Definition von Qualität setzt eine Bewertung
durch den Kunden voraus. Hier wird davon ausgegangen, dass ein
Produkt dann qualitativ hochwertig ist, wenn es die Bedürfnisse und
Wünsche des Kunden erfüllt (Klatetzki 1996).
In einem wertbezogenen Ansatz wird Qualität als ,bezahlbare' Qualität
bezeichnet. Hier bestimmen Kosten und Preise die Qualität. Es wird
davon ausgegangen, dass die Qualität von der Zahlungsfähigkeit und
3
Als Beispiel kann hier die Qualität eines Instruments genannt werden. Wenn
bestimmte Bestandteile z.B. eines Klaviers eine schlechte Qualität haben, so
kann dies einen schlechten Klang hervorrufen, welcher die Gesamtqualität
des Instruments beeinflusst.

- 5 -
der Zahlungswilligkeit der Kunden ausgeht. Wenn die Kunden einen
hohen Preis zahlen, kann damit ein qualitativ hochwertiges Produkt
hergestellt werden. Zahlen sie weniger, so fällt das Produkt weniger
gut aus
4
(Bruhn 1997; Klatetzki 1996).
Auf Grundlage der unterschiedlichen Definitionsausrichtungen hat die
Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) eine Definition entwickelt,
die den Begriff ,Qualität' umfassend darstellen soll. Diese Definition ist
von der International Organization for Standardisation (ISO) ange-
nommen worden und ist in der internationalen Norm DIN ISO 8402
dargelegt worden. Demnach ist Qualität als ,,die Gesamtheit von
Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vor-
ausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen" (vgl. Kamiske/Brauer 1995,
126) anzusehen (Bruhn 1997).
Diese Definition ist wegen der schwer handhabbaren Formulierungen
nicht immer für die Anwendung in der Praxis geeignet. Jedoch ist es
hier geglückt, die ganze Komplexität und Vielschichtigkeit des Quali-
tätsbegriffs zu erfassen. Bei der Definition werden nämlich nicht nur
die Produkte oder die Dienstleistungen allein betrachtet, sondern auch
das Zusammenwirken der gesamten Leistungsmerkmale der Leistung
oder des Produktes, welches dem Kunden angeboten wird (Ka-
miske/Brauer 1995).
Somit ist diese Definition sowohl für Produkte als auch für Dienstleis-
tungen gültig (Birner/Fexer 1999) und soll als grundlegende Definition
für diese Arbeit gelten.
2.2. Qualität in der Dienstleistung
Dienstleistungsqualität ist die Beschaffenheit einer Leistung, die ein
bestimmtes Anspruchsniveau repräsentiert. Die Erwartungen an die-
ses Niveau werden aus der Sicht der Leistungsempfänger festgelegt.
Die Erstellung der Leistung ist (auch) von der Beteiligung der Leis-
tungsempfänger abhängig.
4
Als Beispiel kann hier die Qualität der Speisen in einem Restaurant angeführt
werden.

- 6 -
Bedingt durch diese individuelle Beeinflussung der Dienstleistungen
durch die Leistungsempfänger sowie deren spezifische Anforderungen
kann es für den Dienstleistungsbereich keinen absoluten Qualitätsbeg-
riff geben
5
(Bruhn 1997).
Die Qualität der Leistungen hat in den letzten Jahren auch im sozialen
Bereich an Bedeutung gewonnen. Durch die ,neue Steuerung'
6
und
die damit verbundenen Budgetierungen wurden nahezu alle sozialen
Bereiche gezwungen, Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und zur
Qualitätsüberprüfung einzurichten.
Unabhängig davon hat Donabedian 1966 aufgrund der wenig genauen
Definitionsansätze zum Begriff ,Qualität' den allgemeinen Qualitäts-
begriff in drei Qualitätsformen differenziert. Diese Einteilung in ,Struk-
turqualität', ,Prozessqualität' und ,Ergebnisqualität' sollte als praktische
Grundlage zur Qualitätsmessung und Qualitätsverbesserung dienen.
Donabedian entwickelte dieses Konzept in Bezug auf das amerikani-
sche Gesundheitswesen (Burger/Johne 1994; Gerull 2000c). Die
nachfolgend aufgeführten Qualitätsformen können allerdings ebenso
in allen anderen Dienstleistungsbereichen wie auch in der Kinder- und
Jugendhilfe angewandt werden (Burger/Johne 1994). Die Anwendung
in diesem Bereich zeigt Abbildung 1.
,,Strukturqualität beschreibt die auf Dauer angelegten Bedingungen,
unter denen eine Leistung erbracht werden soll. Sie umfasst den ma-
teriellen Rahmen einer .. [Einrichtung] und die personellen Ressour-
cen, die für die Erfüllung der [A]ufgaben erforderlich sind." (vgl.
Gerth/Menne/Roth 1999, 31)
Die Strukturqualität beinhaltet somit die baulichen, technischen und
räumlichen Gegebenheiten einer Einrichtung. Das Personal mit den
jeweiligen Qualifikationen sowie die materielle und fachliche Ausstat-
tung werden ebenfalls zu strukturellen Qualitätsaspekten gezählt. Die
Aufbau- und Ablauforganisation der Einrichtung ist ein weiteres wichti-
5
Neben dem nachfolgend beschriebenen Ansatz von
Donebedian nennt zum
Beispiel
Bezold 1996 m.w.N. weitere Definitionsansätze für Dienstleistungs-
qualität. Da diese allerdings stärker ökonomisch orientiert sind, werden sie im
Rahmen dieser Arbeit nicht näher beschrieben.
6
Siehe dazu ausführlich den nächsten Punkt dieser Arbeit.

- 7 -
ges Merkmal der Strukturqualität (Schild 1998). Zusammengefasst be-
schreibt die Strukturqualität die Rahmenbedingungen unter denen be-
stimmte Dienstleistungen erbracht werden sollen (o.V. 1996a). Bezo-
gen auf die Jugendhilfe sind Vorgaben zur Fachlichkeit der Jugendhil-
feleistungen und somit die Strukturqualität betreffende Vorgaben im
SGB VIII
7
vorgegeben
8
(Jordan 1998a; Jordan 1998b).
Strukturqualität Prozessqualität
Ergebnisqualität
Gegenstand
Voraussetzungen
und Rahmenbedin-
gungen (Standards)
Abläufe, Beteiligun-
gen, Ressourcenein-
satz, Wirtschaftlichkeit
Wirkungen, Zielerrei-
chungen, Nutzen
Ziele
bedarfs- und leis-
tungsgerechte Aus-
stattung (Personal-
und Sachmittel)
Beteiligung der Ad-
ressaten als ,Ko-
Produzenten', fachli-
che Kontrolle, Ratio-
nalisierung der Leis-
tungserbringung
möglichst hoher Nutzen
für die Leistungsberech-
tigten, Problemlösungen
,,Formel"
,,Was brauchen wir
für unsere Arbeit?"
,,Machen wir die Din-
ge richtig?"
,,Machen wir die richti-
gen Dinge?"
Begriff
Input
Output (Effizienz)
Outcome (Effektivität)
Messgrößen
(Beispiele)
Personal, Räume,
Sachmittel etc. in
Relation zur Be-
darfspopulation
,Kundennähe' zur de-
finierten Zielgruppe
(Erreichbarkeit, Servi-
ce, Schnelligkeit, Zu-
verlässigkeit), Doku-
mentation (z.B.
schriftliche Hilfepläne,
Information), fachliche
Kontrolle (z.B. Team-
entscheidungen, kol-
legiale Kontrolle),
Aufwand (z.B. durch-
schnittliche Bera-
tungszeit, Kosten je
...)
,Kundenzufriedenheit',
Erreichung der definier-
ten Leistungsziele (z.B.
regelmäßiger Schulbe-
such), Vermittlung und
Aufnahme einer Ausbil-
dung, gemeinsa-
me/einvernehmliche
Wahrnehmung der el-
terlichen Sorge nach
Trennung/Scheidung,
Drogenabsti-
nenz/Substitution
Abb. 1: Qualitätsformen am Beispiel der stationären Jugendhilfe
(in Anlehnung an
Jordan 1998b, 265)
Prozessqualität beschreibt, ,,auf welche Art und Weise die Arbeit ab-
läuft bzw. wie das gewünschte Ergebnis ,erzeugt' wird. Nicht die Ar-
7
Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) vom 26. Juni 1990.
8
Beispielsweise gibt §72 SGB VIII vor, dass Träger der öffentlichen Jugendhil-
fe nur geeignetes Personal beschäftigen sollen, leitende Funktionen nur von
Fachkräften übernommen werden sollen und regelmäßige Fortbildungen für
die Mitarbeiter sicherzustellen sind (
Wiesner 2000).

- 8 -
beitsbedingungen, sondern die Arbeitsprozesse sind hier Gegenstand
der Betrachtung." (vgl. Gerth/Menne/Roth 1999, 51)
Zu dieser Form der Qualität zählen Tätigkeiten wie z.B. Leitbildent-
wicklung, Personalentwicklung, Professionalität, Umsetzung der Kon-
zeption, Fort- und Weiterbildungen, Supervision, Hilfeplanung, päda-
gogische Intervention etc. (Gerull 1999b).
Die Prozessqualität beinhaltet also kaum materielle Vorgaben (wie die
Strukturqualität), sondern immaterielle Faktoren wie den Umgang der
professionellen Mitarbeiter untereinander und mit den Leistungsbe-
rechtigten, die hier als Ko-Produzenten fungieren
9
(Jordan 1998b).
Mit der Ergebnisqualität ,,soll geprüft werden, ob durch die definierte
Strukturqualität ... und die eingehaltene Prozessqualität ... tatsächlich
das angestrebte Resultat erreicht worden ist. Dabei ist ein Ergebnis
sowohl objektiv nach anerkannten fachlichen Standards zu beurteilen
wie subjektiv danach, ob die Erwartungen der ,Kunden' erfüllt worden
sind." (vgl. Gerth/Menne/Roth 1999, 63)
Zur Bewertung der Ergebnisqualität kann ein Soll-Ist-Vergleich ange-
führt werden, in dem die Zielsetzungen mit den Ergebnissen vergli-
chen werden (o.V. 1996a). Hier können beispielhaft die Kundenzufrie-
denheit, Erreichung der Hilfeplanziele, Wirtschaftlichkeit, Mitarbeiter-
zufriedenheit oder Konkurrenzfähigkeit aufgeführt werden (Gerull
1999b).
Diese nach Donabedian beschriebenen Qualitätsformen wurden von
Hiltrud von Spiegel um eine weitere Form der Qualität, die Konzept-
qualität, erweitert.
Ein Konzept gibt Auskunft darüber, welchen Zielgruppen welche Leis-
tungen mit welchen Zielen, Arbeitsformen und gewünschten Ergebnis-
sen angeboten werden sollen (von Spiegel 1999a). Konzepte sind im
Allgemeinen der Strukturqualität zuzuordnen. Da sie aber in einer
praktizierten Kundenorientierung und im Rahmen der Jugendhilfepla-
nung immer erweitert, erneuert oder modernisiert werden sollten, ha-
ben sie hier einen innovativen Charakter, der eine gesonderte Auffüh-
rung rechtfertigt (o.V. 1996a).
9
Siehe dazu ausführlich Punkt 5.1.1.2. dieser Arbeit.

- 9 -
Beispielsweise wird in dem Konzept einer Einrichtung der stationären
Jugendhilfe ein konzeptioneller Leitfaden für die Rückführung eines
Kindes in die Familie enthalten sein. Das Ziel der Rückführung kann
nur erfolgreich angegangen werden, wenn in der Konzeption die dazu
notwendigen Arbeitsschritte und Arbeitsformen enthalten sind (Bau-
er/Günther 2000).
Diese drei Qualitätsformen stehen in einem kausalen Zusammenhang
zueinander (Jordan 1998b; Schild 1998), wobei die Konzeptqualität
ebenfalls betrachtet werden sollte. Danach bewirkt eine Veränderung
oder Verbesserung der einzelnen Qualitätsform auch eine Verände-
rung bei den anderen Formen (Burger/Johne 1994).
Die Qualitätsentwicklung in der Jugendhilfe umfasst eine Weiterent-
wicklung auf allen genannten Qualitätsebenen.
Bislang sind in der Diskussion um Qualität in der Jugendhilfe beson-
ders die Struktur- und die Prozessqualität beachtet worden. Dies liegt
vor allem an den Schwierigkeiten, die Prozessqualität, vor allem aber
die Ergebnisqualität zu definieren und zu überprüfen (Jordan 1998b).
Bei der Prozessqualität wird durch eine Kombination der strukturellen
Wirkungsfaktoren und der Aktivität des Leistungsempfängers eine
Leistung am Empfänger erbracht (Burger/Johne 1994). Durch die not-
wendige Beteiligung des Leistungsempfängers als Ko-Produzent ist
die Prozessqualität schwerer messbar und schlechter standardisierbar
(Heiner 1998a; von Spiegel 1999a).
Die Messung der Ergebnisqualität ist deshalb schwierig, weil man
nicht genau feststellen kann, welche Faktoren zu dem jeweiligen Er-
gebnis geführt haben (Späth 1997). Dadurch werden schwer messba-
re Ergebnisse wie z.B. eine positive Veränderung der Persönlichkeit
des Leistungsempfängers (durch Selbstbewusstsein, Eigenverantwort-
lichkeit oder soziale Kompetenzen) und die Zufriedenheit des Sozial-
arbeiters, Leistungsempfängers oder der Personensorgeberechtigten
selten bei der Beurteilung der Ergebnisqualität berücksichtigt (o.V.
1996a).

- 10 -
Zum Teil wird in der Literatur am Donabedian-Modell kritisiert, dass es
in seiner Sichtweise die Kundenperspektive ausschließe. Es sei des-
halb für interaktive Dienstleistungen nur eingeschränkt brauchbar. Es
ließe die Mitwirkung des Leistungsempfängers unberücksichtigt (Ge-
rull 2000c m.w.N.).
Meines Erachtens ist jedoch die Kundenperspektive indirekt in dieser
Sichtweise enthalten. Durch die Mitwirkung des Kunden wird die Pro-
zessqualität mitgestaltet, so dass die Interaktion des Kunden in die-
sem Prozess enthalten ist. Fließt die Konzeptqualität in die Betrach-
tung mit ein und gehen wir davon aus, dass eine Einrichtung ihr Kon-
zept den Bedürfnissen der Kunden anpasst, so ist auch hier die Sicht-
weise des Kunden vertreten. Die Prozess- und die Konzeptqualität
werden somit durch den Einfluss des Kunden mitgestaltet.
Sicherlich bleibt das Problem der Messung von Prozess- und Ergeb-
nisqualität bestehen. Aufgrund der oben aufgeführten Schwierigkeiten
plädieren einige Autoren dafür, sich in der Kinder- und Jugendhilfe
ausschließlich auf strukturelle Merkmale zu beziehen und die Ergeb-
nisqualität als Beurteilungselement aufzugeben (Merchel 1999a; Bau-
er 2001).
Auch wenn die Ergebnisqualität in der Kinder- und Jugendhilfe schwer
messbar ist, sollte sie meiner Meinung nach aber als Beurteilungsele-
ment nicht einfach aufgegeben werden. Die Kinder- und Jugendhilfe
sollte speziell auf diesen Bereich ausgerichtete Möglichkeiten finden,
die Ergebnisse ihrer Arbeit messen und bewerten zu können. Durch
Methoden der Evaluation und Selbstevaluation
10
besteht beispielswei-
se die Möglichkeit, die Ergebnisse der eigenen Arbeit aus verschiede-
nen Sichtweisen heraus beurteilen und bewerten zu lassen. Anhand
solcher Ergebnisse ist es möglich, Verbesserungsmöglichkeiten für die
Arbeit und somit auch für die Qualität der Einrichtung zu entwickeln.
10
Zur Evaluation und Selbstevaluation siehe Punkt 3.3.3.2. dieser Arbeit.

- 11 -
2.3. Neues Steuerungsmodell als Initialzündung
Die kommunalen Verwaltungen befinden sich momentan in einem
Veränderungsprozess. Ursachen und Ausgangspunkt für diese Re-
form sind verschiedene Problemlagen.
Durch stagnierende Einnahmen der kommunalen Haushalte bei stei-
genden Ausgaben
11
sind die Kommunen in eine Finanzkrise geraten
(Wohlfahrt 1996; Kulbach 1997). Dennoch ist die Verwaltung gefor-
dert, sich stärker an den Bedürfnissen und Wünschen der Bürger zu
orientieren, um ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu verbessern
(Meineke/Meyer 1996; Struck 1999a). Auch erwarten die Bürger an-
gesichts steigender Kosten für kommunale Leistungen immer mehr ein
faires Preis-Leistungs-Verhältnis und eine angemessene Qualität der
Leistungen (o.V. 1993b). Daraus resultierend müssen Wege gefunden
werden, mit Hilfe derer man den zunehmenden gesellschaftlichen An-
sprüchen bei gleichzeitig schrumpfenden Ressourcen gerecht werden
kann (o.V. 1993a).
Aufgrund dieser Entwicklungen beschäftigt sich seit Anfang der 90er-
Jahre die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfa-
chung (KGSt) mit der Entwicklung eines Modells zur ,neuen Steue-
rung' der kommunalen Verwaltungen in Deutschland. In Anlehnung an
dieses Modell sollen die einzelnen Kommunen zu modernen Dienst-
leistungsunternehmen umgebildet werden.
12
Die einzelnen Verwal-
tungsbereiche der Kommunen sollen dann nicht mehr durch den Ein-
satz von Ressourcen (,Input') gesteuert werden, sondern ihre Organi-
sation auf die beabsichtigten Resultate und Ergebnisse (,Output') und
den erwünschten Nutzen (,Outcome'
13
) hin orientieren. Mit Hilfe von
11
Zum Beispiel durch vermehrte Inanspruchnahme sozialer Unterstützungssys-
teme im Sozialhilfebereich und Gesundheitswesen, steigende Arbeitslosen-
zahlen, Bereitstellung von Kindergartenplätzen und steigende Ausgaben in
der stationären Jugendhilfe (
Schroedter/Stöcken 1996; Gerull 1997).
12
Das Modell der
KGSt hat nach Ausführungen der Bundesregierung ausdrück-
lich ,,nur einen empfehlenden, keinen normativen Charakter. Alle Überlegun-
gen zum Umbau der Verwaltung müssen sich daher einordnen in das Gefüge
... [der] Rechtsnormen von Bund und Ländern zu den einzelnen Aufgaben."
(vgl.
o.V. 1997, 2)
13
,,Der Outcome beschreibt den finalen Nutzen sozialpolitischer Maßnahmen,
d.h. die mit der Leistungserstellung erzielten Wirkungen." (vgl.
Piel 1996, 103)

- 12 -
betriebswirtschaftlichen Instrumenten sollen die einzelnen Fachberei-
che selbstverantwortlich mit den zur Verfügung gestellten Budgets ei-
nen optimalen Nutzen bzw. ein optimales Ergebnis erbringen (o.V.
1994; Merchel 1996; Struck 1999a).
Dabei werden zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll sich die Art der Auf-
gabenerledigung und die Definition der Leistungen stärker am Kunden
orientieren und zum anderen sollen diese Leistungen wirtschaftlich er-
bracht werden. Um bei knappen Ressourcen wirtschaftlich zu arbeiten,
müssen Verfahren bzw. Steuerungsmöglichkeiten entwickelt werden,
die eine Erfüllung beider Ziele gewährleisten (Merchel 1996).
Durch ,Kontrakte' als ein Steuerungs-, Planungs- und Controllingin-
strument kann die kommunale Verwaltung die Leistungen und Kosten
der verschiedenen Abteilungen steuern und überprüfen.
Mit ,Kontrakt' wird dabei ein Absprache- und Aushandlungsprozess
zwischen verschiedenen Parteien
14
bezeichnet (Kulbach/Wohlfahrt
1996). In ihm werden Ziele einer Leistung definiert sowie Zahlungsbe-
dingungen und Erfolgsnachweise bzw. Dokumentationsformen festge-
legt (Kulbach/Wohlfahrt 1996). Das deklarierte Ziel des Kontraktma-
nagements ist es, den einzelnen Bereichen möglichst viel Verantwor-
tung zu geben. Sie können durch die neu erworbene Ressourcenver-
antwortung über ein zur Verfügung gestelltes Budget neue Hand-
lungsspielräume nutzen und innerhalb dieses Budgets ihre Aufgaben-
erfüllung selbst planen
15
(Eckert 1996). Dabei gilt, dass die höher ge-
stellte Stelle bestimmt, ,was' für eine Leistung erstellt wird und die aus-
führende Stelle selbst entscheiden kann, ,wie' sie die geforderte Leis-
tung erfüllt (Wohlfahrt 1996; Peters/Struck 1998).
Um im Zuge eines Kontraktmanagements über die einzelnen Leistun-
gen zu verhandeln, ist eine Produkt- bzw. Leistungsbeschreibung der
einzelnen Verwaltungsbereiche nötig. Hier müssen Aussagen über die
14
Kontrakte können auf mehreren Ebenen stattfinden; beispielsweise zwischen
Rat und Verwaltung, zwischen Verwaltung und den einzelnen Fachbereichen
oder zwischen Verwaltung und den freien Wohlfahrtsverbänden mit den ein-
zelnen Einrichtungen (
Kulbach/Wohlfahrt 1996).
15
Dieser Vorgang wird in der Literatur als ,dezentrale Ressourcenverwaltung'
bezeichnet (
Wohlfahrt 1996).

- 13 -
einzelnen Produkte, über Zielgruppen, Ziele der Arbeit und über die
einzelnen Produktkosten gemacht werden. Dabei kommt auch der
Qualität der Produkte eine große Bedeutung zu (Eckert 1996; Reis-
mann 1998). Die einzelnen Produkte werden dann mit Kennziffern be-
legt, um anhand dieser die erreichten Ziele messen und die einzelnen
Produkte mit Ergebnissen anderer Abteilungen vergleichen zu kön-
nen
16
(Reismann 1998). So kann bei der Auswahl des Kontraktpart-
ners der Träger bevorzugt finanziert werden, der seine Leistungen re-
lativ zu anderen Trägern in einer bestimmten Qualität mit vergleichs-
weise niedrigen Kosten anbieten kann (Merchel 1996a).
Diesem Träger oder Verwaltungsbereich wird dann zur Erfüllung sei-
ner Aufgaben ein bestimmtes Budget zur Verfügung gestellt, welches
von der jeweiligen Stelle selbst verwaltet wird und nicht überschritten
werden darf (Reismann 1998). Durch die Budgetierung kann das ge-
samte kommunale Finanzvolumen in einzelne Budgets aufgeteilt wer-
den. Dadurch, dass die Kontraktpartner ihr Budget nicht überschreiten
dürfen, kann das zur Verfügung stehende Finanzvolumen der Kom-
mune ebenfalls nicht überschritten werden (o.V. 1993c). Für die Ein-
richtungen in sozialen Arbeitsfeldern hat die Budgetierung zur Folge,
dass diese ihre finanziellen Grundlagen selbst erwirtschaften und si-
chern müssen, um in der Zukunft und vor allem auch in ,schlechten
Zeiten' weiterhin bestehen zu können (Berger 1997).
Mit dem Controlling
17
wird der kommunalen Verwaltung ein Instrument
zur Verfügung gestellt, mit dem sie Entscheidungen fundierter treffen
und Handlungen zur Unternehmenssteuerung sicherer planen kann
(Reismann 1998).
Im Zuge des Kontraktmanagements werden auch Kontrakte mit ein-
zelnen Jugendhilfeeinrichtungen geschlossen. Somit wird auch von
16
Siehe in diesem Zusammenhang Kapitel 3.3.3.1. dieser Arbeit zum Bench-
marking.
17
Mit Controlling wird eine Tätigkeit beschrieben, welche nicht nur als Kontrolle
von zurückliegenden Abläufen, Arbeitsphasen und Sachverhalten gesehen
wird, sondern auch eine Planung von zukünftigen Vorhaben beinhaltet. In
dieser Planung werden Ziele für bestimmte Zeitabschnitte und Abläufe ge-
setzt und überprüft. Dazu werden die gesammelten Erfahrungen aus den vor-
hergegangenen, ausgewerteten Tätigkeiten genutzt und in zukünftige Pla-
nungen und Entwicklungen einbezogen (
Berger 1997).

- 14 -
den Einrichtungen eine Leistungsbeschreibung mit Produktbeschrei-
bung und einer bestimmten Qualität gefordert. Es ist als positiv für die
fachliche Entwicklung in der Jugendhilfe anzusehen, die Ziele der Ar-
beit klarer als bisher zu benennen, die einzelnen Arbeitsschritte stär-
ker zu reflektieren und die Erreichung der Ziele zu messen. So können
die einzelnen Leistungen transparenter gemacht und die Fachlichkeit
und Finanzierung zur Diskussion gestellt werden (Reismann 1998).
Andererseits finden sich auch zahlreiche kritische Stimmen.
18
So sei
die postulierte Orientierung rein am Output ,,im Bereich der Jugendhil-
fe ... das Produkt komplizierter Aushandlungsprozesse und politischer
Auseinandersetzungen vor Ort .., die keineswegs technisch definiert
und umgesetzt werden können" (vgl. Wohlfahrt 1996, 96f).
Insgesamt ist die neue Steuerung mit ihrer kostenorientierten Budget-
politik bei gleichzeitiger Sicherung eines Qualitätsstandards aber ein
Ausgangspunkt für die Qualitätsentwicklung in der stationären Ju-
gendhilfe. Durch die Einführung des §78b SGB VIII wurde für die stati-
onären und teilstationären Einrichtungen der Erziehungshilfe Quali-
tätsentwicklung sogar verpflichtend gemacht.
19
Somit wird die Quali-
tätsentwicklung zu einem Dauerthema, mit dem sich die Einrichtungen
weiterhin aktiv auseinander setzen müssen (Merchel 1998).
3. Qualitätsentwicklung in Einrichtungen der
stationären Jugendhilfe
Bedingt durch die genannten Faktoren sind die Einrichtungen der sta-
tionären Jugendhilfe gefordert, Qualitätsentwicklung in den Arbeitsall-
tag zu integrieren. Viele Fremdwörter werden durch die Qualitätsde-
batte an die Mitarbeiter herangetragen, was den Umgang mit diesem
Thema nicht gerade vereinfacht. Ausdrücke wie ,Qualitätsmanage-
ment', ,Evaluation', ,Total-Quality-Management', ,Leistungsbeschrei-
18
Siehe kritisch zu Aspekten der ,neuen Steuerung' exemplarisch:
Berthel-
mann/Niehaus 1996; Grunow 1996; Prölß 1996; Schaarschuch 1996; Struck
1996 oder
Strunk 1996.
19
Siehe hierzu ausführlich Punkt 4 dieser Arbeit.

- 15 -
bung' etc. bringen Unsicherheit in die alltägliche Arbeit. Auch die Beg-
riffe ,Qualitätssicherung' und ,Qualitätsentwicklung' sind sehr missver-
ständlich oder werden verwechselt. Im Folgenden werden einige Beg-
riffe zum Thema Qualitätsentwicklung erläutert und in den Bezug zur
stationären Jugendhilfe gesetzt.
3.1. Qualitätsentwicklung statt Qualitätssicherung
Der Begriff ,Qualitätssicherung' bezeichnet verschiedene Maßnahmen,
die dazu dienen, gesetzte (Qualitäts-)Ziele zu überprüfen. Durch die-
ses Verfahren soll die angestrebte Qualität erreicht und danach beibe-
halten, also sichergestellt werden (von Spiegel 2000; Wiesner 2000b).
Der aus betriebswirtschaftlichen Feldern stammende Begriff der ,Qua-
litätssicherung' wurde längere Zeit unreflektiert in die ,soziale' Quali-
tätsdiskussion übernommen (Doerfer 2000). Dabei bestand die Vor-
stellung, dass sich Qualität mit den geeigneten Mitteln planen und auf
Dauer sicherstellen ließe (Merchel 1998). Gegen eine Anwendung
dieses Begriffs im sozialen Bereich spricht aber, dass die Qualität in
der sozialen Arbeit ,,aus einem komplexen Bedingungsgefüge ent-
steht" (vgl. Späth 2000a, 30), also von zahlreichen und interdependen-
ten Einflussfaktoren abhängig ist. Somit ist diese Qualität im Vorfeld
nicht zu planen. Qualität in der sozialen Arbeit kann deshalb eventuell
bewertet oder überprüft, aber nicht statisch gesichert werden. Von Si-
cherung eines Gegenstandes kann zudem erst dann gesprochen wer-
den, wenn er auch vorhanden ist und auf Dauer eine Sicherstellung
überhaupt möglich ist. Beides ist in der sozialen Arbeit noch nicht rea-
lisiert. Weder existiert bislang bei allen Einrichtungen eine zu sichern-
de Qualität, noch kann man von langfristig konstanten Einflussfaktoren
ausgehen (Merchel 1999b; Wabnitz 1999). Für den Bereich der sozia-
len Arbeit wird daher der Begriff ,Qualitätsentwicklung' eingesetzt, da
dieser eher einen prozesshaften Charakter hat und auf eine fortlau-
fende Analyse und Verbesserung von Qualität ausgerichtet ist (Mer-
chel 1998).

- 16 -
Der Begriff ,Qualitätsentwicklung' bezeichnet demgemäß verschiede-
ne Verfahren, die dazu dienen, die (Qualitäts-)Erwartungen aller betei-
ligten Personen zu erkunden und im Bezug auf die vorhandenen
Rahmenbedingungen und Ressourcen abzustimmen. Aus dem Er-
gebnis dieser Abstimmung können gemeinsam neue Qualitätsziele
gesetzt und angegangen werden. So wird die vorhandene Qualität
immer wieder weiterentwickelt.
Auch im §78b SGB VIII, welcher eine Qualitätsentwicklung für die Ein-
richtungen der stationären Jugendhilfe vorschreibt, wurde explizit der
Begriff ,Qualitätsentwicklung' statt ,Qualitätssicherung' aufgenommen.
Diese Begriffsbestimmung im SGB VIII soll deutlich machen, dass die
Qualität im sozialen Bereich einem ständigen Prozess der Weiterent-
wicklung unterliegt (Schellhorn 2000b) und sich von der konservieren-
den Qualitätssicherung abhebt (Baltz 1998). Zusätzlich soll dieser
neue Begriff verhindern, dass Modelle und Maßstäbe aus anderen Be-
reichen unreflektiert in die Jugendhilfe übertragen werden (Struck
1999).
Heiner stellte sogar die These auf, dass eine praktizierte ,,Qualitätssi-
cherung ... Qualitätsentwicklung unmöglich machen" (vgl. Heiner
1998a, 70; auch Heiner 1998b) würde. Diese Aussage erklärt sie mit
der Statik der Qualitätssicherung, die unterstellt, dass der Qualitäts-
prozess mit der Sicherstellung der vorhandenen Qualität aufhören
könnte. ,,Selbst wenn man statt des engeren Begriffs der ,Qualitätssi-
cherung' den weiteren des ,Qualitätsmanagements' und damit auch
der Qualitätsplanung, und -entwicklung wählt, so bleibt dennoch ein
Spannungsverhältnis zwischen der (Weiter)Entwicklung und der Si-
cherung von Qualität bestehen." (vgl. Heiner 1998b, S.54)
3.2. Interessen und Erwartungen an die
Qualitätsdiskussion
An der aktuellen Qualitätsdiskussion in der stationären Jugendhilfe
sind verschiedene Parteien mit jeweils eigenen Interessen beteiligt.
Jede Partei versucht, ihre Interessen zu vertreten und durchzusetzen.

- 17 -
Dabei kommt den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe eine
Sonderrolle zu, da sie sich auf die Bedürfnisse und Wünsche (zumin-
dest) zweier ,Kunden' einstellen müssen. Zum einen sind sie gefor-
dert, den Staat, hier vertreten durch die öffentlichen Träger der Ju-
gendhilfe, zufrieden zu stellen. Auf der anderen Seite müssen sie sich
an den Bedürfnissen und Wünschen der Adressaten der Jugendhilfe
orientieren (Heiner 1998a).
3.2.1. Seitens der stationären Jugendhilfeeinrichtungen
als Leistungserbringer
Die Einrichtungen der stationären Jugendhilfe erhoffen sich durch
Maßnahmen der Qualitätsentwicklung eine Verbesserung ihrer Markt-
position, eine positive Innenwirkung sowie eine Imageverbesserung.
Die stationären Jugendhilfeeinrichtungen haben die Erwartung, dass
die Arbeit des Personals und somit der gesamten Organisation durch
die Qualitätsentwicklung eine Qualitätsverbesserung erhält und insge-
samt professioneller wird (Späth 1997; Gerull 2000b). Weiterhin erwar-
ten die Leistungserbringer, dass die eingesetzten Ressourcen im
Rahmen des Prozesses effizienter und effektiver verwendet werden
können.
Bei der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen wünschen sie sich
allerdings weiterhin eine Gestaltungs- und Organisationsfreiheit ohne
gesetzliche Detailvorschriften (Rieß/Sliepenbeek 1998; Gerull 2000b).
Zudem hoffen die Einrichtungen der stationären Jugendhilfe auf eine
positive Motivation der Mitarbeiter, die durch Qualitätsprojekte, Schu-
lungen und gezieltes Training erreicht werden soll (Rieß/Sliepenbeek
1998; Gerull 2000b).
Durch die finanziellen Probleme der Kommunen sind die Einrichtun-
gen der stationären Jugendhilfe unter einen Legitimationsdruck gera-
ten. Durch eine auch kommunizierte Qualitätsverbesserung der Arbeit
wird eine erhöhte Akzeptanz von Seiten der Öffentlichkeit und der
Kostenträger erwartet (Deinet 1997; Späth 1997).

- 18 -
Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zur geforderten Qualitätsent-
wicklung stehen die Einrichtungen diesem Thema noch kritisch und
zurückhaltend gegenüber (Merchel 2000a). Ein Nachteil für die Ein-
richtungen besteht darin, dass durch das Interesse an größerer Trans-
parenz am Kosten-Leistungs-Verhältnis eine Ausdifferenzierung der
Leistungsentgelte vorgenommen wird. Für die Einrichtungen bestehen
dadurch keine betriebswirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten mehr
(Struck 2000). Die Effektivität der neuen Regelungen im Zu-
sammenhang mit der Qualitätsdiskussion wird deshalb von den Ein-
richtungen noch mit Skepsis betrachtet (Merchel 2000).
3.2.2. Seitens der öffentlichen und freien Träger der Ju-
gendhilfe als ,Kunden' der Einrichtungen
Die öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe erwarten von der
Qualitätsdiskussion einen Wandel zu mehr Markt- und Nachfrageori-
entierung im Bereich der Jugendhilfe. Bezogen darauf hoffen sie,
durch verbindliche Leistungsvereinbarungen mehr Transparenz, Pla-
nungssicherheit, einheitliche Qualitätsstandards und somit eine besse-
re Vergleichbarkeit der Angebote zu erreichen (Gerull 2000b).
Es wird eine verbesserte Erfüllung des Arbeitsauftrags erwartet und
auf eine Entwicklung verlässlicher, kooperativer und dauerhafter Ge-
schäftspartner gehofft. Auch die Träger der Jugendhilfe erwarten von
der Qualitätsentwicklung eine Erhöhung der Effektivität, Effizienz und
Professionalität der sozialen Dienstleistungen (Heller 1998). Ebenfalls
besteht der Wunsch nach einer Sicherung des Wunsch- und Wahl-
rechts
20
mit der Wahrung der Prinzipien von Sparsamkeit und Wirt-
schaftlichkeit (Gerull 2000b).
20
Siehe hierzu §5 SGB VIII als gesetzliche Grundlage:
(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und
Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der
Gestaltung der Hilfe zu äußern.
(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht
mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der Leis-
tungsberechtigte die Erbringung einer in §78a genannten Leistung in ei-
ner Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach §78b be-
stehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung

- 19 -
An der Verhandlung des Leistungsentgelts sind die Einrichtungen der
stationären Jugendhilfe und die öffentlichen Träger der Jugendhilfe
beteiligt. Aufgrund der unterschiedlichen Erwartungen an die Quali-
tätsentwicklung sind zukünftig Aushandlungsprozesse nötig, in denen
die gegenseitigen Erwartungen an das neue Verfahren deutlich ge-
macht werden. Nur so sind Vereinbarungen zu beidseitiger Zufrieden-
heit abzuschließen und Aushandlungsprozesse effektiver zu gestalten
(Merchel 2000a).
3.2.3. Seitens der Bewohner als Adressaten der
Jugendhilfe
Die Bewohner und auch die Sorgeberechtigten als Adressaten der Ju-
gendhilfe erwarten, dass sich die Jugendhilfe im Hilfeprozess mehr an
den Adressaten orientiert und somit die Kundenbeteiligung steigt.
Durch die Qualitätsentwicklung steigt ebenfalls die Erwartung größerer
Transparenz und einer Nachvollziehbarkeit des Leistungsgeschehens
(Gerull 2000b).
Die Adressaten setzen durch die Qualitätsentwicklung zusätzliches
Vertauen in die Arbeit der Einrichtungen. Durch mehr Aufklärung und
Information der Bewohner ergibt sich eine erhöhte Kooperation im Er-
ziehungsprozess (Rieß/Sliepenbeek 1998; Heller 1998). Durch die
Entwicklung der Qualität im sozialen Bereich erhoffen sich die Adres-
saten einen besseren Schutz vor unqualifizierten Mitarbeitern in den
Einrichtungen, wodurch das Vertrauen der Sorgeberechtigten gewon-
nen wird. Eine Sicherung des Wunsch- und Wahlrechts wird ebenfalls
gewünscht (Gerull 2000b).
Der Adressat wird mehr zum Mittelpunkt aller Abläufe und wird aufge-
fordert sich mitzuteilen. So kann die Qualität der Arbeit in den Einrich-
tungen der stationären Jugendhilfe optimiert werden (Rieß/Sliepen-
beek 1998).
der Leistung in dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des
Hilfeplanes (§36) geboten ist.

- 20 -
3.2.4. Seitens der Öffentlichkeit
Die Öffentlichkeit erhofft sich durch die Qualitätsdiskussion eine ver-
besserte Zusammenarbeit von öffentlichen und freien Trägern mit qua-
lifizierten Konzepten und einer Verbesserung der sozialen Infrastruk-
tur. Weiterhin wird eine korrekte, transparente und erhöhte Sozial-
qualität erwartet, die unter anderem wirksame Beiträge zur Bewälti-
gung und Vorbeugung sozialer Probleme leisten kann (Gerull 2000b).
Eine Aufgabe der Einrichtungen besteht darin, der Öffentlichkeit die
Qualität ihrer Leistungen und die Notwendigkeit ihrer Arbeit deutlich zu
machen (Drabner/Pawellek 1997). Anhand transparenter Ergebnisse
von Leistungen kann die Notwendigkeit der Leistungen deutlich ge-
macht und zur Diskussion gestellt werden, ob sich der Ressourcen-
einsatz in die Jugendhilfe gelohnt hat (Merchel 1999b).
3.3. Modelle und Konzepte zur Qualitätsentwicklung
Den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe stehen zur Qualitäts-
entwicklung verschiedene Modelle und Konzepte zur Verfügung. Da
einige Ansätze ihren Ursprung im industriellen Bereich haben, ist die
Übertragbarkeit in den sozialen Bereich nicht ohne Probleme möglich.
Nachfolgend werden die wichtigsten Ansätze dargestellt und Möglich-
keiten für die Anwendung im sozialen Bereich aufgeführt.
3.3.1. Zertifizierende Ansätze
Das Wort ,Zertifikation' ist auf das lateinische Wort ,certus' zurückzu-
führen. Der Begriff ,certus' bedeutet so viel wie ,sicher'; ,certus facare'
kann mit ,sicher machen' übersetzt werden. Bei dem Verfahren der
Zertifizierung geht es also darum, einen Vorgang zu erfassen und si-
cherzustellen (Krause 2000).
Im ökonomischen Kontext ist ,,Zertifizierung .. die Prüfung des Dienst-
leistungsunternehmens durch einen unabhängigen Dritten zum Erhalt
eines Zertifikates, das die Übereinstimmung (Konformität) des Unter-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832442712
ISBN (Paperback)
9783838642710
DOI
10.3239/9783832442712
Dateigröße
874 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe – Verwaltung und Organisation, Sozialarbeit
Erscheinungsdatum
2001 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
heimunterbringung jugendhilfe leistungsvereinbarung qualitätsentwicklung viii
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