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Vertrauen als Element eines modernen Organisationsprinzips?

©2000 Diplomarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vertrauen ist im privaten Bereich ein Wort, das allgemein verständlich erscheint. Zusätzlich rückt Vertrauen auch im beruflichen Kontext mehr in den Vordergrund. In modernen Organisationen, zu denen vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen zählen, werden die Aufgaben einzelner Mitglieder komplexer (z.B. durch Abbau von Hierarchien), fallen Kontrollmechanismen weg (z.B. die Stempeluhr) und bekommen Begriffe wie „Vertrauenskultur“ oder „Vertrauensarbeit“ eine größere Bedeutung. Jenseits des Taylorismus wandelt sich die Redensart „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Das bedeutet Kontrolle wird zunehmend durch Vertrauen ersetzt, vor allem dort, wo eine Kontrolle kaum oder nur unter extrem hohen Kosten möglich ist. Dieser Wandel scheint oft ein schwieriges Unterfangen zu sein und wird daher noch nicht überall umgesetzt. Das ersetzen des Misstrauens durch Vertrauen erscheint risikoreich, eventuelle negative Erfahrungen prägen und bleiben im Bewusstsein. Positive Erfahrungen, also das Honorieren von Vertrauen, wird dagegen leider häufig nicht wahrgenommen.
Um zu erklären wie Vertrauen in Organisationen entstehen kann, ist es notwendig zunächst den Begriff „Vertrauen“ näher zu erläutern. Dies ist umso dringlicher, da sich eine Vielzahl von unterschiedlichen Vorstellungen entwickelt hat, welche Verhaltens- bzw. Handlungsweisen unter Vertrauen subsummiert werden.
Lässt sich das Phänomen „Vertrauen“ überhaupt erklären und eingrenzen oder ist es nur ein Gefühl, das vorhanden ist?
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit ist inkl. der Einleitung und des Schlussteils in fünf Teile gegliedert. Im Teil B werden zunächst wesentliche Begriffe eingeführt, die als Grundlage für die weiteren Ausführungen dienen. Weiterhin wird der Begriff „Vertrauen“ ein- und abgegrenzt, da es, wie schon im Problemaufriss angedeutet, keine einheitliche Definition für Vertauen gibt. Das fehlen einer solchen erklärt die vielen verschiedenen Vorstellungen über die Bedeutung von Vertrauen. Aus dieser Ein- und Abgrenzung wird dann eine Definition abgeleitet, die sich auf den Menschen als ökonomisch handelndes Individuum bezieht.
Im Teil C ist die Beziehung zwischen zwei Akteuren Untersuchungsgegenstand. Der Vertrauensmechanismus wird hierbei aus unterschiedlichen Perspektiven erläutert. Zum einen aus der Sicht eines Vertrauensgebers und zum anderen aus der Sicht eines Vertrauensnehmers. Dies ist notwendig, da sich die Entscheidung, Vertrauen zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


A Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A Einleitung
1 Problemaufriss
2 Untersuchungsziele und Aufbau der Arbeit

B Begriffliche Grundlagen
1 Unsicherheit und Rationalität im Verhalten
1.1 Unsicherheit
1.2 Vollkommene Rationalität versus begrenzte Rationalität
1.3 Opportunistisches Verhalten
1.4 Motivation
2 Mechanismen zur Reduzierung von Unsicherheit und Komplexität
2.1 Institutionen Die Neue Institutionenökonomik
2.1.1 Property-Rights
2.1.2 Transaktionskosten
2.1.3 Principal-Agent-Theorie
a) Vor Vertragsabschluss (ex ante)
b) Nach Vertragsschluss (ex post)
c) Spezifische Investitionen
2.2 Der explizite Vertrag
2.3 Vertrauen
2.3.1 Zuversicht
2.3.2 Hoffnung
2.3.3 Zutrauen
2.3.4 Vertrauen und Misstrauen
2.3.5 Explizite Verträge und Vertrauen

C Die Vertrauensbeziehung als Principal-Agent-Beziehung
1 Die Vertrauensbeziehung
Vertrauen als impliziter Vertrag
Vertrauen und Kontrolle
2 Der Vertrauensgeber als Principal
2.1 Bildung der Vertrauenserwartung
2.1.1 Generalisiertes Vertrauen
2.1.2 Spezifisches Vertrauen
2.1.3 Vertrautheit
2.2 Die Vertrauensentscheidung
3 Der Vertrauensnehmer als Agent
3.1 Motivation
3.2 Extrinsische Anreize
3.3 Handlungsempfehlung

D Vertrauen in Organisationen
1 Unternehmenskultur
1.1 Starke und schwache Unternehmenskulturen
1.2 Vertrauenskultur
1.2.1 Grundlagen für den Aufbau von Vertrauen
a) Weniger Kontrolle
b) Veränderungen steuern
c) Gegenseitige Akzeptanz
d) Der richtige Ort
e) Verschieden Standpunkte zulassen
f) Keine Verlierer produzieren
g) Fehler zulassen
h) Richtig Führen
1.2.2 Vertrauen im Führungsprozess
a) Willensbildung
b) Willensdurchsetzung
c) Willenssicherung
2 Organisationsprinzipien
2.1 Klassische Organisationsprinzipien
2.1.1 Hierarchie
2.1.2 Bürokratie
2.1.3 Taylorismus
2.2 Moderne Organisationsprinzipien
2.2.1 Vertrauensarbeitszeit
2.2.2 Prozess- und Kundenorientierung
2.2.3 Mettler-Toledo – ein Beispiel für Prozessorientierung
2.2.4 Stadtverwaltung Wolfsburg – ein Beispiel für Vertrauensarbeitszeit

E Schlussteil

1 Zusammenfassung

2 Fazit

Literaturverzeichnis

Internetadressen

B Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

C EINLEITUNG

Das Letzte, was man findet, wenn man ein Werk schreibt, ist, zu wissen, was man an den Anfang stellen soll.

Blaise Pascal

Einleitung

1 Problemaufriss

Vertrauen ist im privaten Bereich ein Wort, das allgemein verständlich erscheint. Zusätzlich rückt Vertrauen auch im beruflichen Kontext mehr in den Vordergrund. In modernen Organisationen, zu denen vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen zählen, werden die Aufgaben einzelner Mitglieder komplexer (z. B. durch Abbau von Hierarchien), fallen Kontrollmechanismen weg (z. B. die Stempeluhr) und bekommen Begriffe wie "Vertrauenskultur" oder "Vertrauensarbeit" eine größere Bedeutung. Jenseits des Taylorismus wandelt sich die Redensart "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser"[1]. Das bedeutet Kontrolle wird zunehmend durch Vertrauen ersetzt, vor allem dort, wo eine Kontrolle kaum oder nur unter extrem hohen Kosten möglich ist. Dieser Wandel scheint oft ein schwieriges Unterfangen zu sein und wird daher noch nicht überall umgesetzt. Das ersetzen des Misstrauens durch Vertrauen erscheint risikoreich, eventuelle negative Erfahrungen prägen und bleiben im Bewusstsein. Positive Erfahrungen, also das Honorieren von Vertrauen, wird dagegen leider häufig nicht wahrgenommen.

Um zu erklären wie Vertrauen in Organisationen entstehen kann, ist es notwendig zunächst den Begriff "Vertrauen" näher zu erläutern. Dies ist umso dringlicher, da sich eine Vielzahl von unterschiedlichen Vorstellungen entwickelt hat, welche Verhaltens- bzw. Handlungsweisen unter Vertrauen subsummiert werden.

Lässt sich das Phänomen "Vertrauen" überhaupt erklären und eingrenzen oder ist es nur ein Gefühl, das vorhanden ist?

2 Untersuchungsziele und Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit ist inkl. der Einleitung und des Schlussteils in fünf Teile gegliedert. Im Teil B werden zunächst wesentliche Begriffe eingeführt, die als Grundlage für die weiteren Ausführungen dienen. Weiterhin wird der Begriff "Vertrauen" ein- und abgegrenzt, da es, wie schon im Problemaufriss angedeutet, keine einheitliche Definition für Vertauen gibt. Das fehlen einer solchen erklärt die vielen verschiedenen Vorstellungen über die Bedeutung von Vertrauen. Aus dieser Ein- und Abgrenzung wird dann eine Definition abgeleitet, die sich auf den Menschen als ökonomisch handelndes Individuum bezieht.

Im Teil C ist die Beziehung zwischen zwei Akteuren Untersuchungsgegenstand. Der Vertrauensmechanismus wird hierbei aus unterschiedlichen Perspektiven erläutert. Zum einen aus der Sicht eines Vertrauensgebers und zum anderen aus der Sicht eines Vertrauensnehmers. Dies ist notwendig, da sich die Entscheidung, Vertrauen zu schenken bzw. zu platzieren, grundlegend von der Entscheidung, Vertrauen zu honorieren bzw. zu enttäuschen, unterscheidet. Wie kommen die beiden Akteure zu ihrer Entscheidung und was beeinflusst sie dabei? Die herausgearbeiteten Merkmale lassen sich auf andere soziale Systeme übertragen, z. B. auf Unternehmen, Gruppen, Abteilungen, also überall dorthin, wo Menschen aufeinandertreffen. Es wird gezeigt, dass die erklärten Wirkungen von Vertrauen durch soziale Systeme sogar verstärkt werden können.

Der Teil D schaut in Organisationen hinein. Es wird geklärt welche Rahmenbedingungen Vertrauen fördern können. Außerdem wird auf Unternehmenskulturen eingegangen, da diese, wenn sie gut und stark sind, einen Wettbewerbsvorteil darstellen können. Danach wird dargestellt was eine Vertrauenskultur auszeichnet und geklärt, ob eine Einordnung in bestehende Schemata von Unternehmenskulturen möglich ist bzw. ob sie eine Sonderstellung einnimmt. Es wird auf klassische und moderne Organisationsprinzipien eingegangen und untersucht, inwiefern sie zur Entstehung von Vertrauen beitragen. Aus der Vielzahl der verschiedenen modernen Organisationsprinzipien, werden zwei herausgegriffen, näher vorgestellt und anhand zweier Beispiele verdeutlicht.

D Begriffliche Grundlagen

In diesem Teil sollen zunächst wesentliche begriffliche Grundlagen gebildet werden. Diese dienen dem Verständnis der folgenden Ausführungen. Besonders wird auf die Ein- und Abgrenzung des Begriffs "Vertrauen" eingegangen und eine Definition für Vertrauen abgeleitet.

1 Unsicherheit und Rationalität im Verhalten

Auf einer allgemeinen Ebene gilt in der systemtheoretischen Betrachtung, dass wir in einer komplexen Welt leben. Das bedeutet, dass "die Welt mehr Möglichkeiten zulässt, als Wirklichkeit werden können".[2] In der Zukunft gibt es eine endlose Zahl von möglichen Ereignissen, die jedoch nicht alle zur Gegenwart werden. Dabei ist ungewiss, wie diese Ereignisse untereinander verknüpft sind bzw. sein können. Tritt Möglichkeit A ein, kann B nicht eintreten, aber vielleicht treten C und D ein. Je mehr solcher Verknüpfungen es gibt, desto komplexer ist die Entscheidungssituation. Ähnlich ist es bei zwischenmenschlichen Beziehungen. Hier entsteht soziale Komplexität vor allem durch die Interaktion von Menschen, aus der wiederum Unsicherheit resultiert.[3] Vertrauen und andere Mechanismen helfen, diese Komplexität zu bewältigen.[4]

Ausgehend von der Problematik der Komplexität und der Unsicherheit sollen nachfolgend grundlegende Begriffe sowie einige Mechanismen zur Verringerung von Komplexität und Unsicherheit beschrieben werden.

1.1 Unsicherheit

Unsicherheit in Verhaltens- und Entscheidungssituationen entsteht immer dann, wenn das Ereignis (als Ergebnis der Entscheidung) z. B. durch Informationsmangel nicht kalkulierbar ist. In diesen Situationen spielen Zufall oder Irrtum eine wichtige Rolle. Der Unterschied zwischen Zufall und Irrtum soll anhand eines Beispiels abgegrenzt werden:[5]

Die Aufgabe lautet: Ziehen einer schwarzen Kugel aus einer Kiste mit drei schwarzen und sieben gelben Kugeln. Bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 30 Prozent, bleibt das Ergebnis ein unsicheres Ereignis. Nur der Zufall entscheidet. Hier herrscht kein Informationsmangel, da sich die Wahrscheinlichkeiten exakt ausrechnen lassen. Egal, welche Informationen auch zur Verfügung stehen, das Ergebnis ist Zufall; eine objektive Unsicherheit.

Liegen keine Informationen über die Anzahl der schwarzen Kugeln vor, sieht es anders aus. Das Unsicherheitsempfinden verändert sich. Plötzlich ist die Möglichkeit des Irrtums nicht ausgeschlossen. Es entsteht eine subjektive Unsicherheit. Subjektive Unsicherheit entsteht also durch den Mangel an Informationen bzw. durch deren ungenügend korrekte Verarbeitung. Sie kann von Mensch zu Mensch verschieden und damit in gleichen Situationen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.

Weiterhin wird zwischen exogener und endogener Unsicherheit unterschieden. Exogene Unsicherheit entsteht durch Ereignisse, die nicht im direkten Einflussbereich der Akteure liegen. Diese so genannten Umweltunsicherheiten entstehen durch die Natur z. B. Erdbeben, Überschwemmungen, durch Technologieprobleme, z. B. Flugzeugabstürze, Atomunfälle sowie durch das politische Umfeld, z. B. sich ändernde Gesetzgebung. Umweltunsicherheiten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht durch Vereinbarung oder Vertragsabschluss beeinflusst werden können.[6]

Endogene Unsicherheit hingegen kann durch Verträge verringert werden. Sie entsteht in zwischenmenschlichen Austauschbeziehungen gerade dann, wenn ein Akteur durch seine Handlungen und Verhaltensweisen Einfluss auf den Nutzen eines anderen Akteurs ausüben kann.[7]

Für einen Akteur ist allerdings nicht das unsichere Ereignis das Entscheidungskriterium, sondern der mögliche Nutzengewinn als Ergebnis einer Entscheidung. Hierbei geht es nicht nur um materiellen, sondern auch um immateriellen Nutzen. Entscheidungstheoretisch betrachtet, wählt der Akteur "rational" die Alternative, die seinen Nutzen maximiert.[8]

Da die Zukunft jedoch ungewiss ist, kann eine Entscheidung mehrere mögliche Folgen haben, was den Nutzen selbst unsicher werden lässt. Die Entscheidung selbst birgt ein Risiko. Risikosituationen entstehen, wenn der Akteur die Wahl zwischen mehreren Handlungsalternativen mit jeweils unterschiedlichen Auswirkungen auf sein Nutzenniveau hat. Wenn er sich für eine Alternative entscheidet, besteht das Risiko in der Möglichkeit eines entgangenen Nutzens.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Verschiedene Ausprägungen von Unsicherheit[10]

1.2 Vollkommene Rationalität versus begrenzte Rationalität

Rationales Handeln ist dadurch gekennzeichnet, dass Individuen Handlungsalternativen bewerten können, ihre Folgen und Risiken einschätzen und die Alternative wählen, die am ehesten erreicht werden kann. Rationales Verhalten als Ergebnis eines Entscheidungsprozesses bedingt zum einen Informationen, die vollständig und korrekt sind, zum anderen die kognitiven Fähigkeiten, diese zu verarbeiten.[11]

Bei vollkommen rationalem Handeln wird unterstellt, dass das Wissen eines Akteurs sowie seine kognitiven Fähigkeiten, Informationen zu verarbeiten, unbegrenzt sind. Auf das Problem der Informationsbeschaffung wird dabei nicht eingegangen, da unterstellt wird, dass die Informationen stets verfügbar sind. Somit hat der Akteur die Möglichkeit, unter vielen Handlungsalternativen auszuwählen und diese zu bewerten. Er wird die Alternative wählen, die für ihn im Ergebnis objektiv am besten ist, d. h. den optimalen Zielerfüllungsgrad bzw. den höchsten Nutzen erreicht.[12]

Eine subjektive Unsicherheit, wie oben beschrieben, existiert nicht, da alle Informationen vorhanden sind. Ein Irrtum ist insofern ausgeschlossen. Eine objektive Unsicherheit durch nicht kalkulierbare Umwelteinflüsse besteht weiter. Es bleibt damit die Möglichkeit eines Zufalls.[13]

Kritik an dem Modell der vollkommenen Rationalität lässt sich unter Verweis auf die Realität vortragen: Vollkommenes Wissen, sowie die genaue Bewertung der Alternativen scheitern grundsätzlich an den kognitiven Fähigkeiten der Akteure. Die Akteure sind nicht in der Lage, alle Handlungsalternativen in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Gefühle machen es den Akteuren schwer, eine präzise Bewertung abzugeben, da sie nicht wissen, wie sie die Ergebnisse in der Zukunft tatsächlich einschätzen und bewerten sollen.[14]

Von begrenzter Rationalität wird gesprochen, wenn die Akteure zwar zielgerichtet rational handeln, aber eine objektiv rationale Entscheidungsfindung aufgrund kognitiver Grenzen der Informationsaufnahme und -verarbeitung nicht möglich ist.[15] So werden Entscheidungen erstens im Horizont der eigenen Weltanschauung optimal gefällt, so dass sie den größtmöglichen subjektiven Nutzen erzielen.[16] Zudem ist der Akteur nicht in der Lage, alle Informationen zu verarbeiten. Deshalb entsteht eine subjektive Unsicherheit darüber, welche Handlungsalternative für ihn die günstigste ist. Ein Irrtum ist nicht ausgeschlossen.[17]

In einer Welt voller Komplexität hat der Mensch nun Mechanismen entwickelt, die ihm bei der Entscheidungsfindung helfen und gleichzeitig die begrenzte Rationalität verdeutlichen. Da es ohnehin unmöglich ist, alle Handlungsalternativen zu untersuchen, neigt der Mensch überwiegend dazu, die erste akzeptable Lösung zu wählen. Er ist nicht in der Lage, sich klar zu machen, wie lange er braucht, bis er eine bessere Alternative gefunden hat. Er weiß nicht einmal genau, ob es überhaupt eine bessere gibt. Aus diesem Grund wird er "pragmatisch" handeln und die Suche abbrechen, sobald er eine annehmbare Lösung gefunden hat. Ein weiterer Einflussfaktor ist das Anspruchsniveau jedes einzelnen Akteurs, dass mit zu der Entscheidung beiträgt, ob eine Lösung annehmbar ist oder nicht. Dieses Niveau variiert und kann immer wieder an Situationen angepasst werden.[18] Der Akteur ist also eher ein Satisfizierer[19] als ein Nutzenmaximierer: sobald sein Anspruchsniveau erreicht ist, hört er auf zu suchen.[20]

Indem der Akteur nicht alle Aspekte der Situation betrachtet, sondern nur die, in seinen subjektiven Rahmen passenden, kann er die Komplexität bei der Entscheidungsfindung weiter reduzieren. Bei sich wiederholenden Problemstellungen neigt er zu habituellem Verhalten. Das bedeutet, dass ein Akteur ohne weiteres nachdenken, die erste offenbar funktionierende Lösung stets noch mal wählt. Die erspart ihm, die erneute Entscheidung zwischen Handlungsalternativen.[21]

1.3 Opportunistisches Verhalten

Neben der endogenen Unsicherheit tritt in zwischenmenschlichen Beziehungen ein weiteres Problem auf: die Gefahr des opportunistischen Verhaltens.

Opportunismus bezeichnet die "Verfolgung von Eigeninteresse unter Zuhilfenahme von List"[22]. Dazu gehören u. a. Formen wie Stehlen, Betrügen und Lügen. Sehr häufig tritt Opportunismus als raffinierte Täuschung auf. Festzustellen ist hierbei, dass opportunistisches Verhalten bewusst gewählt wird.[23] Der Akteur versucht vorsätzlich, seine eigenen Interessen auf Kosten und zum Schaden der anderen durchzusetzen.

Abzugrenzen ist Opportunismus von der schlichten Verfolgung der eigenen Interessen ohne bewusste Vorteilsnahme.[24] Hier werden die individuellen Interessen von Beginn an offen gelegt, so dass jeder vor Abschluss der Vereinbarung oder des Vertrages über die Absichten des anderen informiert ist.[25]

Opportunismus vor Vertragsschluss zeichnet sich dadurch aus, dass relevante Informationen zurück gehalten werden. Opportunismus nach Vertragsschluss zeigt sich in der Änderung des folgenden Verhaltens zum Schaden des Vertragspartners.[26]

Die Annahme von opportunistischem Verhalten bedeutet allerdings nicht, dass sich grundsätzlich alle Akteure so verhalten müssen. Die Möglichkeit allein schafft jedoch eine latente Unsicherheit. Diese wirkt effizienzhemmend, da die Akteure aufgrund der latenten Unsicherheit oftmals beidseitig vorteilhafte Kooperationen unterlassen oder gar nicht erst danach suchen.[27] Diese Art der Unsicherheit ließe sich vermeiden, wenn die Akteure ihre eigenen Interessen und Vorteile offen und ehrlich darlegen würden.[28]

1.4 Motivation

Grundlage für die Begriffe Motivation und motivieren ist das Wort "Motiv". Es wird aus dem lateinischen movere = bewegen abgeleitet und lässt sich mit Ursache, Auslöser, Beweggrund, innere antreibende Kraft für das menschliche Verhalten übersetzen. Motive sind Triebe, Bedürfnisse, Wünsche o. ä. (z. B. Hunger, Streben nach Macht und Erfolg, Anerkennung).[29] Sie sind i. d. R. verknüpft oder stehen in Beziehung zueinander. Das Zusammenspiel vieler Motive sowie die subjektiv eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, ergibt dann die Motivation.[30] Motivation ist demzufolge der ständige Versuch diese Bedürfnisse zu befriedigen, wobei die Erwartung, dass ein bestimmtes Verhalten den Mangelzustand beseitigt, die Richtung des Verhaltens bestimmt. (Bsp.: Beim Streben nach Anerkennung im Arbeitsleben ist der Mitarbeiter bemüht, die Arbeit gründlich, schnell und gut auszuführen). Hat das Verhalten zum gewünschten Erfolg geführt, wird er dieses Verhalten wiederholen. Daraus folgt, dass die Motivation durch Erfolgserlebnisse gesteigert und stabilisiert werden kann. Je kürzer der Abstand zwischen der Leistung und der Bewertung ist, desto größer ist die Einwirkung. Innere Antriebskräfte (intrinsische Motivation) zu wecken, aufzubauen, zu aktivieren oder in Gang zu halten, bedeutet zu motivieren. Um Anreize (extrinsische Anreize) zur Befriedigung der Bedürfnisse zu bieten und in Aussicht zu stellen, müssen die jeweiligen Motive bekannt sein.[31]

Ein Hilfsmittel zur Motiverkennung können die verschiedenen Motivationstheorien sein. Die bekanntesten sind hierbei sicherlich die Bedürfnis-Pyramide nach Abraham Maslow (1908-1970) sowie die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg.[32]

Hier soll jedoch nicht weiter darauf eingegangen werden, da dies im Kontext der Arbeit als nicht sinnvoll erscheint.

2 Mechanismen zur Reduzierung von Unsicherheit und Komplexität

2.1 Institutionen Die Neue Institutionenökonomik

Der Begriff Institution wird im täglichen Sprachgebrauch unterschiedlich verwendet, z. B. die Institution der Ehe, der Staat als Institution oder das Unternehmen/die Organisation als Institution. Als Institutionen werden also regelmäßig organisierte Ereignisse oder dauerhafte Einrichtungen bezeichnet. Doch umfasst der Begriff auch Regeln und Normen (z.B. Menschenrechte, Kommunikation [Satzbau, Grammatik], Bräuche).[33] Institutionen sind demnach Systeme formaler und informeller Regeln mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten bei Nicht-Einhaltung.[34]

Institutionen sorgen somit für einen Ausgleich von Informationsasymmetrien, die aufgrund von begrenzter Rationalität und unterschiedlichem Wissen, zwischen den einzelnen Akteuren entstehen. Sie erfüllen die Aufgabe, Unsicherheit und Komplexität zu verringern. Speziell die Reduzierung von Unsicherheit in Bezug auf zwischenmenschliches Verhalten wird ermöglicht, da ihr Rahmen Informationen über mögliches Verhalten der Mitmenschen bereitstellt.[35] Zusätzlich trägt Arbeitsteilung und Spezialisierung innerhalb von Institutionen zur Verringerung von Unsicherheit und Komplexität bei. Durch die Zerlegung der Arbeit in kleine Teile wird sie überschaubar und kann dann im Rahmen der kognitiven Fähigkeiten bewältigt werden. Durch diese Konzentration auf kleine Aufgabenteile sind die Akteure in der Lage, Fähigkeiten, Kenntnisse und Verfahren zu entwickeln, mit denen die Aufgaben unter Umständen noch effizienter ausgeführt werden können.[36]

In den herkömmlichen neoklassischen Theoriemodellen wird die Existenz von Institutionen vorausgesetzt und "nur" in einem volkswirtschaftlichen Zusammenhang betrachtet. Die Neue Institutionenökonomik (NIÖK) hebt dagegen bildlich gesprochen, das Dach der Institutionen ab und schaut hinein.[37] Die NIÖK betrachtet die Institutionen selbst und versucht aus der Sicht seiner Akteure die Verhaltenswirkungen auf die Akteure, die Strukturen, die Effizienz und den Wandel der ökonomischen Institutionen zu untersuchen und zu erklären.[38] Im Laufe der Zeit haben sich innerhalb der NIÖK verschiedene Ansätze entwickelt, die sich gegenseitig ergänzen, zum Teil überlappen und teilweise aufeinander aufbauen: die Property-Rights-Theorie (PRT), die Transaktionskosten-Theorie (TKT) sowie die Principal-Agent-Theorie (PAT). Die Grundannahmen sind jedoch bei allen Ansätzen gleich. Sie gehen grundsätzlich von individueller Nutzenmaximierung und begrenzter Rationalität aus.[39]

2.1.1 Property-Rights

Mit Property-Rights (PR) werden Handlungs- und Verfügungsrechte an einer Ressource bzw. einem Gut bezeichnet. Diese Rechte können in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen. Es gibt vollständige und verteilte PR. Ein vollständiges Nutzungsrecht liegt vor, wenn der Besitzer das Recht hat, die Ressource zu nutzen (usus), die Form oder Substanz zu verändern (abusus), die Gewinne zu erhalten sowie die Verluste zu tragen (usus fructus) und die Ressource ganz oder teilweise zu überlassen (Kapitalisierungs- bzw. Liquidationsrecht).[40]

Bei verteilten Rechten wird dagegen von einer Verdünnung der Property-Rights gesprochen. Verfügungsrechte sind und werden aufgrund von Rechtsverordnungen und Verträgen festgelegt, wobei diese Verträge nicht in schriftlicher Form vorliegen müssen. Kommt es zu einer Übertragung von Rechten, wird dies als Transaktion bezeichnet. Bei einer solchen Übertragung entstehen Kosten, die auf die Anbahnung und Durchführung der Transaktion zurückzuführen sind. Sie werden Transaktionskosten genannt.

Sind die Property-Rights nicht einem Akteur vollständig zugeordnet, sondern mehreren, so kommt es zu externen Effekten. Die Nutzung durch einen Akteur kann bei anderen Akteuren zu einer Nutzenveränderung führen. Wird der Nutzen durch eine Handlung für die anderen Akteure minimiert, spricht man von negativen, bei Nutzenmehrung von positiven externen Effekten.[41] Ein alltägliches Beispiel ist die Nutzung öffentlicher Parkanlagen. Die Akteure (in diesem Fall die Parkbesucher) haben das Recht, eine Parkanlage zu nutzen. Lädt nun ein Akteur seinen Müll dort ab, entsteht ein externer Effekt. Er selbst spart Kosten für die Entsorgung; für die anderen bedeutet dies dagegen eine Einschränkung der Nutzung. Hier liegt ein so genannter negativer externer Effekt vor.

Im Rahmen der Property-Rights-Theorie wird die Institution als ein Geflecht von Vertragsbeziehungen aufgefasst. Die Transaktionskosten und externen Effekte werden anhand der Verteilung der Property-Rights analysiert. Durch organisatorische Regelungen und Normen werden den Akteuren die Property-Rights zugeordnet. Regelungen entstehen, wenn z. B. ein Unternehmer bestimmte Rechte an seine Untergebenen delegiert. Zusätzlich entsteht hierdurch eine interne Organisation.[42] Diese Verteilung der Property-Rights und damit das Wissen, welche Kompetenzen der Einzelne hat und welche Konsequenzen aus Entscheidungen resultieren (positiv als auch negativ), führt bei den Beteiligten zu einer Reduzierung der Unsicherheit.[43] Die Zuordnung aufgabenbezogener Property-Rights (Entscheidungs- bzw. Ausführungs­kompetenz) kann zu einer Motivationssteigerung und mehr Verantwortungsbewusstsein führen.[44] Ideal ist es, wenn einer Person die Kompetenz (Entscheidungsrecht) und die Aufgabe vollständig zugeordnet wird, damit diese auch die Verantwortung (Beteiligung an den Folgen) übernehmen kann. Denn je umfangreicher die Property-Rights zugeordnet sind, desto effizienter handelt der Akteur.

Die Organisationsempfehlung ist also, die Property-Rights möglichst vollständig zu verteilen und zuzuordnen, um Transaktionskosten und negative externe Effekte, sowie Handlungsunsicherheit zu minimieren.[45]

2.1.2 Transaktionskosten

Die bei der Bestimmung, Übertragung und Durchsetzung von Verfügungs- und Handlungsrechten entstehenden Kosten werden als Transaktionskosten bezeichnet. Diese können ex ante und ex post anfallen. Vor Vertragsabschluss (ex ante) entstehen Kosten z. B. für den Entwurf, die Verhandlungen und Absicherung einer Transaktion. Nach Vertragsabschluss (ex post) können Anpassung-, Kontroll- sowie Opportunitätskosten entstehen.[46] Letztere entstehen aus Mangel an Vertrauen; sie sind Schutzmaßnahmen gegen opportunistisches Verhalten.[47]

Die Transaktionskostentheorie untersucht die Einflussgrößen auf die Transaktionskosten. Hierzu zählen Faktoren wie die begrenzte Rationalität der Akteure, die Möglichkeit von opportunistischem Verhalten sowie Komplexität und Umweltunsicherheit. Zu beachten sind auch die rechtlichen, technischen und kulturellen Rahmenbedingungen, die so genannte Transaktionsatmosphäre.

Mit Hilfe der Transaktionskostentheorie lassen sich Gestaltungsmöglichkeiten für die Organisation wirtschaftlicher Tauschbeziehungen ableiten. Denn zusätzlich zu den gerade geschilderten Größen, hängt die Höhe der Transaktionskosten auch von der Organisationsform der Transaktion ab.[48] Dies gilt sowohl für die interne Organisationsgestaltung als auch für die räumlich dezentrale, betriebsübergreifende Aufgabenabwicklung. Die Transaktions­kosten dienen als Entscheidungsvariable, welche Koordinationsform gewählt werden sollte. (Hierarchisch, im Unternehmen, Markt, zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen und alle Zwischenformen, z.B. längerfristige Kooperationen).[49]

2.1.3 Principal-Agent-Theorie

Betrachtungsgegenstand der Principal-Agent-Theorie ist die Beziehung zwischen einem Auftraggeber als Principal und einem Auftragnehmer als Agent sowie die in dieser Beziehung zugrunde liegenden Verträge.[50]

Grundannahme der PAT ist, dass zwischen dem Principal und dem Agenten eine problematische Beziehung besteht. Dies wird mit Informationsasymmetrien begründet. Der Principal ist schlechter Informiert als der Agent. Trotz der Informationsasymmetrien, Umweltunsicherheiten und Verhaltensun­sicherheiten muss der Principal Entscheidungen darüber treffen, ob er eine Beziehung mit einem Agenten eingeht oder nicht. Der Agent, als der besser informierte, hat die Möglichkeit durch sein Handeln nicht nur seinen eigenen Nutzen, sondern auch das Nutzenniveau des Principals zu beeinflussen. Schätzt der Principal das Risiko eines möglichen Schadens als zu hoch ein, wird keine Beziehung entstehen. Er wird versuchen mittels Anreizsystemen den Agenten zu motivieren in seinem Sinne zu handeln.

Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen Verträge, die sowohl expliziter als auch impliziter Natur sein können. Zusätzlich zu den Verhaltensannahmen der Transaktionskostentheorie[51] wird bei der Principal-Agent-Theorie die Risikoneigung des Principal mit analysiert. Beispiele für Principal-Agent-Beziehungen sind die Beziehung von Arzt und Patient, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Aufsichtsrat und Vorstand. Dabei entscheidet die Situation, wer welche Rolle einnimmt. Kriterium ist der Informationsstand. Ein Akteur kann beide Rollen gleichzeitig einnehmen.

Beispiel: Der Geschäftsführer ist Principal gegenüber seinem Angestellten (Agent); gegenüber dem Unternehmenseigentümer ist er dagegen selbst ein Agent.

Das Effizienzkriterium der PAT ist die Reduzierung von Agency-Kosten. Diese entstehen durch unvollständige oder ungleich verteilte Informationen, also aufgrund von begrenzter Rationalität und der Möglichkeit opportunistischen Verhaltens seitens des Agenten. Beispiele hierfür sind Überwachungs- und Kontrollkosten des Principals, Signalisierungskosten des Agenten und die verbleibenden Wohlfahrtsverluste, aufgrund der Verhaltensabweichung des Agenten.

Die Ursachen der Informationsasymmetrien zwischen Principal und Agent lassen sich wie folgt unterscheiden:

a) Vor Vertragsabschluss (ex ante)

Dem Principal sind die Eigenschaften des Agenten bzw. die Eigenschaften der von ihm angebotenen Leistungen nicht bekannt. Da der Agent die Möglichkeit hat, wesentliche Eigenschaften (hidden characteristics) zu verbergen, besteht für den Pricipal die Gefahr, eine schlechte Wahl zu treffen (adverse selection). Zum Beispiel bei der Einstellung neuer Mitarbeiter oder beim Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung.

Es gibt verschieden Möglichkeiten die Informationsasymmetrien zu verringern.

- Durch Signaling kann der Agent selbst die Informationsasymmetrien verringern, z. B. durch Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse oder durch Garantien.
- Beim Screening gehen die Aktivitäten vom Principal aus. Er beschafft sich selbst zusätzliche Informationen, z. B. durch Einstellungstests oder über veröffentlichte Vergleiche (z. B. von Stiftung Warentest).
- Beim Self selection muss der Agent sich mit einer Situation auseinander setzen, die dem Principal weiteren Aufschluss über die Persönlichkeit bzw. die Eigenschaften gibt. Zum Beispiel durch ein Assessment-Center oder Verlangen einer langen Garantiezeit.

b) Nach Vertragsschluss (ex post)

Nach Vertragsschluss kann der Principal die Handlungen des Agenten nicht beobachten bzw. aufgrund von fehlenden Kenntnissen nicht beurteilen. Dieser hat somit die Möglichkeit, seinen Handlungsspielraum zum Schaden des Principal auszunutzen. Der Principal sieht zwar die Ergebnisse, weiß aber nicht, wie diese zustande kommen. Sind sie durch Umwelteinflüsse zustande gekommen oder durch die Handlungen des Agenten (hidden action)? Der Agent könnte jedoch auch Informationen besitzen, die der Principal nicht kennt (hidden information). Er kann daher nicht beurteilen, ob der Agent diese Informationen tatsächlich zu seinem Vorteil einsetzt oder nicht.

Durch Kontroll- und Informationssysteme (Monitoring) kann der Principal die Gefahr des opportunistischen Verhaltens minimieren. Beispiele hierfür sind Budgets, Berichtssysteme, Aufsichtsräte. Dort, wo die Kosten ins "unermessliche" steigen, können Alternativen oder zusätzliche Anreizsysteme installiert werden, z. B. leistungsabhängige Bezahlung oder Erfolgsbeteiligungen.

c) Spezifische Investitionen

Der Principal hat vor Abschluss des Vertrages in diese Beziehung investiert mit der Aussicht, Aufträge vom Agenten zu erhalten (hidden intention). Diese einseitige Abhängigkeit kann der Agent missbrauchen (hold up).

Beispiel: Ein Unternehmer investiert aufgrund einer von einem Abnehmer in Aussicht gestellten Abnahmemenge in eine Spezialmaschine, die nur ein bestimmtes Produkt herstellen kann. Nachträglich könnte der Vertragspartner versuchen seine Macht als alleiniger Abnehmer auszunutzen und die Preise zu drücken. Um einen Ausgleich zu erreichen, können langfristige Leistungs- und Lieferverträge abgeschlossen werden. Weitere Möglichkeiten sind der Aufbau von Kapitalbeteiligungen oder das Einführen von Abnahmegarantien und Sicherungsgütern.

Werden explizite Verträge oder andere Kontrollmaßnahmen durch Vertrauen ersetzt, können die Agency-Kosten mitunter enorm gesenkt werden. So ist eine kosten- bzw. zeitaufwendige Informationssuche vor Vertragsabschluss nicht notwendig. Auch Kosten, die während einer Beziehung durch aufwendige Kontrollen anfallen, können reduziert werden. Innerhalb der Principal-Agent-Beziehung ist Vertrauen also ein Steuerungsmechanismus, genauso wie andere explizite Maßnahmen (Verträge).

2.2 Der explizite Vertrag

"Ein Vertrag im ökonomischen Sinne ist jede bindende explizite oder implizite Vereinbarung über den Austausch von Gütern oder Leistungen zwischen Menschen, die dieser Vereinbarung zustimmen, weil sie sich davon eine Besserstellung versprechen."[52] Im Mittelpunkt des Vertrages stehen also die Verteilung der Property-Rights bzw. die aus dem Vertrag resultierenden Ergebnisse.[53]

Implizite Verträge sind dadurch gekennzeichnet, dass die Akteure wechselseitige Erwartungen haben, die sich jedoch nicht gerichtlich durchsetzen lassen. Zum Beispiel könnte A denken: "Wenn ich B helfe, sein Haus zu bauen, wird er mir beim Heizungseinbau helfen.". Die Erwartung, dass B hilft, kann nicht gerichtlich durchgesetzt werden. Auch die Möglichkeit der Entschädigung für die geleistete Hilfe beim Hausbau, besteht nicht. Die Sanktionsmöglichkeit, die hier unausgesprochen wirkt, ist der Abbruch der Beziehung. Dies würde bei beiden zu einem Nutzenverlust führen. Der implizite Vertrag wirkt somit selbstdurchsetzend; eine Garantie gibt es jedoch nicht.[54]

Der explizite Vertrag dient der Risikoreduzierung. Mit ihm legen sich die Akteure auf eine mögliche Zukunft fest. Statt einer riesigen Anzahl von verschiedenen zukünftigen Möglichkeiten, wird die Handlungskomplexität durch das Auswählen einer Möglichkeit reduziert. Durch den Vertrag wird versucht, die Eintrittswahrscheinlichkeit von schädigenden Ereignissen zu verringern sowie die mögliche Höhe eines Schadens (schließt auch einen entgangenen Nutzengewinn ein) zu begrenzen.[55] So kann z. B. die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sturmes nicht beeinflusst werden (Umweltrisiko), es ist allerdings möglich sich mittels eines Versicherungsvertrags gegen den Schaden abzusichern, also die Höhe der selbstzutragenden Kosten zu begrenzen. Verhaltensrisiken (Opportunismus) können durch beide Mechanismen gesenkt werden. So behält z. B. ein Autohändler bei einer Finanzierung den Kfz-Brief (Sicherheitseinbehalt) ein, um ein Druckmittel zu besitzen, sollte der Käufer es unterlassen, seine Raten zu zahlen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass der Käufer nicht zahlt, wird dadurch verringert. Eine andere Möglichkeit ist die vertragliche Vereinbarung hoher Verzugszinsen bei nicht rechtzeitiger Bezahlung. Durch diese Varianten, oder Kombinationen aus ihnen, kann sich der Verkäufer gegen schädigendes Verhalten absichern.

[...]


[1] Nach Wladimir Iljitsch Lenin [1870–1924]

[2] Luhmann (1989), S. 4-5.

[3] Vgl. Rippberger (1998), S. 18-19.

[4] Vgl. Rippberger (1998), S. 14.

[5] Vgl. Ripperger (1998), S. 15-16.

[6] Vgl. Rippberger (1998), S. 19f.

[7] Vgl. Rippberger (1998), S. 17 und S. 56.

[8] Der Begriff der Nutzenmaximierung ist weder positiv noch negativ besetzt, weil der Nutzen nicht nur aus materiellen Vorteilen besteht, sondern auch durch uneigennützige Wohltaten erreicht werden kann. Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 38.

[9] Vgl. Rippberger (1998), S. 17 und S. 56.

[10] Entworfen und gezeichnet: die Autorin

[11] Vgl. Rippberger (1998), S. 20.

[12] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1997), S. 41 und Berger/Bernhard-Mehlich (1999), S. 140. Ein interessante Frage, die sich daraus ergibt: Wie sähe die Welt aus, in der alle Menschen alles wissen?

[13] Vgl. Rippberger (1998), S. 21.

[14] Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (1999), S. 141.

[15] Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (1999), S. 140.

[16] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1997), S. 41 und Weber (1999), S. 98.

[17] Vgl. Rippberger (1998), S. 20.

[18] Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (1999), S. 141.

[19] Satisfizierer: Maximierung des Eigennutzen unter der Prämisse der begrenzten Rationalität. Vgl. Rippberger (1998), S. 22.

[20] Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon (1988), Spalte 1151.

[21] Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (1999), S. 142.

[22] Williamson (1990), S. 54.

[23] Vgl. Williamson (1990), S.54, siehe auch Weber (1999), S. 99f.

[24] Vgl. Weber (1999), S. 100.

[25]. Vgl. Williamson (1990), S. 56.

[26] Vgl. Williamson (1990), S. 54, siehe auch Weber (1999), S. 99f.

[27] Vgl. Rippberger (1998), S. 23.

[28] Vgl. Williamson (1990), S. 55.

[29] Vgl. Golas (1994), S. 248.

[30] Vgl. Rosenstiel (1976), S. 21.

[31] Vgl. Golas (1994), S. 248f.

[32] Einen guten Überblick zur Bedürfnis-Pyramide gibt z. B. Steinmann (1996), S. 217ff, zur Zwei-Faktoren-Theorie siehe z. B. Steinmann/Schreyögg (1997), S. 491ff.

[33] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1997), S. 11.

[34] Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 34f.

[35] Vgl. Rippberger (1998), S. 25.

[36] Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 20.

[37] Vgl. Weber (1999), S. 85 sowie Schreyögg, 1996, S. 70.

[38] Vgl. Ebers/Gotsch (1999), S. 199, Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 37f.

[39] Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (1998), S. 37.

[40] Vgl. zur Property-Rights-Theorie z. B. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 38 ff., Picot/Dietl/Frank (1997), S. 54 ff., Schreyögg (1996), S. 72 ff., http://www.business-guide.de/wilex/daten/454.htm.

[41] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1998), S. 56 f., Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 40.

[42] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1998), S. 55 f.

[43] Vgl. Rippberger (1998), S. 25.

[44] Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 40, Picot/Dietl/Frank (1998), S. 56 f.

[45] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1998), S. 56 f., Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 40, S. 233f.

[46] Vgl. Hesch (1998), S.25, Williamson (1990), S.22f.

[47] Vgl. Rippberger ( 1998), S. 26.

[48] Vgl. z. B. Sydow (1992), S. 130 f, Weber (1999), S. 86 f, Rippberger (1998), S. 26 f, Picot/Reichwald/Wiegand (1998), S. 41 ff.

[49] Vgl. Picot/Reichwald/Wiegand (1998), S. 41/47, Williamson (1990), S. 4.

[50] Zur Erarbeitung dieses Kapitels wurde folgende Literatur verwendet: Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 47-50, S. 236-239, Picot/Dietel/Frank (1997), S. 82-91, Sydow (1992), S. 171-173, Rippberger (1998), S. 64-67, Balling (1998), S. 63, 68 ff.

[51] Begrenzte Rationalität, individuelle Nutzenmaximierung und Opportunismus.

[52] Wolff (1995), S. 38 zitiert nach Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 51.

[53] Vgl. Picot/Dietl/Frank (1998), S. 18 f.

[54] Vgl. Gondek/Heisig/Littek (1992), S. 39 und Rippberger (1998), S. 28 ff.

[55] Vgl. Rippberger (1998), S. 30.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832442491
ISBN (Paperback)
9783838642499
DOI
10.3239/9783832442491
Dateigröße
582 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin – Personal + Organisation
Erscheinungsdatum
2001 (Juni)
Note
1,7
Schlagworte
personal führung organisation motivation betriebspsychologie
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Titel: Vertrauen als Element eines modernen Organisationsprinzips?
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