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Kreditderivate - Kreditrisikomodelle, bankenaufsichtsrechtliche Behandlung und Zukunftsaussichten dieses neuartigen Finanzinstruments

©2001 Diplomarbeit 85 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Risiken werden oft erst erkannt, wenn das Versagen eines Systems bereits zu einem Unglück geführt hat.“
Obiges Zitat stand am 6. Juni 1998 in der Zeitung „Die Welt“ unter dem Bild des zerstörten ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ in der niedersächsischen Stadt Eschede zu lesen. Damit ist auch ein allgemeiner Sachverhalt deutlich geworden, der ohne Weiteres auf weitere Problemfälle unserer Zeitgeschichte bezogen werden kann. Wer erinnert sich nicht an einen der größten Finanzskandale der letzten Jahre, als am 27. Februar 1995 die renommierte Barrings Brothers Merchant Bank den Handel einstellen und Vergleich beantragen musste? Ein gerade mal 28-jähriger, aber schon recht erfolgreicher und angesehener Händler bei Barings Futures in Singapur namens Nick Leeson hatte mit einer riesigen ungesicherten Optionsposition spekuliert und den Konkurs des angesehenen Bankhauses ausgelöst. Wieder einmal machte das Schlagwort vom „Teufelszeug Derivate“ die Runde.
Der Fall Nick Leeson ist zu einem gern und vielfach zitierten Vorzeigebeispiel in Sachen falsches oder auch fehlendes Risikomanagement geworden, da dies zu einem Zeitpunkt geschah, als sich bankinterne und staatliche Kontrollinstanzen anschickten, die gesetzlichen Vorgaben für ein effektives Marktrisikomanagement umzusetzen. Die Bedeutung der verschiedenen Risikogattungen hatte zugenommen und die vom Gesetzgeber verabschiedete Richtlinie forderte von den Banken die Analyse und die Limitierung des Verlustpotentials sowie die Steuerung der Risikopositionen. Ein Blick auf die Expansion des internationalen Derivatehandels in den letzten Jahren erklärt die Notwendigkeit zur Identifikation und Quantifikation von Risiken, nämlich, aus ihnen handelbare Risiken zu machen.
Seit 1995 hat sich der Handel mit derivaten Finanzprodukten beinahe verdoppelt. Der größte Teil dieser Geschäfte läuft außerhalb der Börsen, da viele Banken und Brokerhäuser in diesem Geschäft tätig sind. Das Gesamtvolumen dieser Finanzinstrumente belief sich Mitte 1999 auf 88,5 Billionen Dollar, wovon nur 17 Billionen an den Weltbörsen gehandelt wurden.
Nachdem Kreditderivate 1992 erstmals vorgestellt wurden, entwickelt in den Denkfabriken der amerikanischen Investmentbanken, interessierte sich bald eine breite Öffentlichkeit für diese derivaten Finanzinstrumente, obwohl sie in ihrer Beschaffenheit nicht grundsätzlich neue Produkte darstellten. Deren eigentliche Neuerung besteht viel mehr darin, dass das Ausfallrisiko […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Credit Default Produkt

Abb. 2: Total Return Swap

Abb. 3: Credit Linked Note

Abb. 4: Credit Spread Option

Abb. 5: Ermittlung des Credit Value-at-Risk eines Kreditportfolios

Abb. 6: Übergangsmatrix (Transitionsmatrix)

Abb. 7: Kreditderivate im Anlagebuch

Abb. 8: Kreditderivate im Handelsbuch

Abb. 9: Total Return Swap bei Großkreditregelungen

Abb. 10: Credit Default Swap bei Großkreditregelungen

Abb. 11: Credit Linked Note bei Großkreditregelungen

Abb. 12: Kreditderivate bei den Millionenkreditregelungen

Abb. 13: Aufteilung nach Produktarten

Abb. 14: Risikokäufer

Abb. 15: Risikoverkäufer

Abb. 16: Verteilung der Referenzschuldner

Abb. 17: Aufteilung nach Schuldnerrating

Abb. 18: Laufzeiten

1 Einführung

1.1 Teufelszeug Derivate?

„ Risiken werden oft erst erkannt,

wenn das Versagen eines Systems bereits

zu einem Unglück geführt hat. “

Obiges Zitat stand am 6. Juni 1998 in der Zeitung „Die Welt“ unter dem Bild des zerstörten ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ in der niedersächsischen Stadt Eschede zu lesen. Damit ist auch ein allgemeiner Sachverhalt deutlich geworden, der ohne Weiteres auf weitere Problemfälle unserer Zeitgeschichte bezogen werden kann.[1] Wer erinnert sich nicht an einen der größten Finanzskandale der letzten Jahre, als am 27. Februar 1995 die renommierte Barrings Brothers Merchant Bank den Handel einstellen und Vergleich beantragen musste? Ein gerade mal 28-jähriger, aber schon recht erfolgreicher und angesehener Händler bei Barings Futures in Singapur namens Nick Leeson hatte mit einer riesigen ungesicherten Optionsposition spekuliert und den Konkurs des angesehenen Bankhauses ausgelöst. Wieder einmal machte das Schlagwort vom „Teufelszeug Derivate“ die Runde.

Der Fall Nick Leeson ist zu einem gern und vielfach zitierten Vorzeigebeispiel in Sachen falsches oder auch fehlendes Risikomanagement geworden, da dies zu einem Zeitpunkt geschah, als sich bankinterne und staatliche Kontrollinstanzen anschickten, die gesetzlichen Vorgaben für ein effektives Marktrisikomanagement umzusetzen. Die Bedeutung der verschiedenen Risikogattungen hatte zugenommen und die vom Gesetzgeber verabschiedete Richtlinie forderte von den Banken die Analyse und die Limitierung des Verlustpotentials sowie die Steuerung der Risikopositionen. Ein Blick auf die Expansion des internationalen Derivatehandels in den letzten Jahren erklärt die Notwendigkeit zur Identifikation und Quantifikation von Risiken, nämlich, aus ihnen handelbare Risiken zu machen.[2]

Seit 1995 hat sich der Handel mit derivaten Finanzprodukten beinahe verdoppelt. Der größte Teil dieser Geschäfte läuft außerhalb der Börsen, da viele Banken und Brokerhäuser in diesem Geschäft tätig sind. Das Gesamtvolumen dieser Finanzinstrumente belief sich Mitte 1999 auf 88,5 Billionen Dollar, wovon nur 17 Billionen an den Weltbörsen gehandelt wurden.[3]

Nachdem Kreditderivate 1992 erstmals vorgestellt wurden, entwickelt in den Denkfabriken der amerikanischen Investmentbanken, interessierte sich bald eine breite Öffentlichkeit für diese derivaten Finanzinstrumente, obwohl sie in ihrer Beschaffenheit nicht grundsätzlich neue Produkte darstellten. Deren eigentliche Neuerung besteht viel mehr darin, dass das Ausfallrisiko in die Bewertung derivater Strukturen aufgenommen wird, dessen Bewertung dann über die Optionspreistheorie festgestellt wird. Der Grundgedanke hinter diesen Instrumenten ist der Absicherungsgedanke, auf dem alle Optionsstrukturen beruhen. Die Neuerung hierbei war jedoch, dass das Kreditrisiko und die Bonität von Institutionen und Unternehmen handelbare Einheiten geworden waren und nun nicht mehr ausgesessen werden mußten, sondern vertraglich weiterverkauft werden konnten.[4]

Kreditderivate erlauben den Transfer von Kreditrisiken von einer Partei zu einer anderen, ohne das direkte Kreditverhältnis zu verändern. Dies geschieht meist in Form von Ausserbilanzgeschäften, wie das z.B. im Zins- und Währungsderivatemarkt üblich ist. Die gebräuchlichsten Instrumente für den Kreditrisikotransfer sind dabei Default-Swaps, Options oder sogenannte Total Return Swaps. Eine weitere Risikokomponente im Kreditgeschäft ist das Transfer- bzw. Länderrisiko, das die freie Konvertierbarkeit von Forderungen in einem anderen Land beinhaltet.Diesem Risiko kann mit convertibility-options begegnet werden. Mit dieser Auflistung ist zwar nicht die ganze Palette von Kreditderivaten genannt, doch dürften rund 95% des anstehenden Volumens in diesen Kontraktarten abgewickelt werden. In den folgenden Kapiteln werde ich genauer auf die verschiedenen Kontraktarten eingehen.[5]

1.2 Basistrukturen von Kreditderivaten

1.2.1 Credit Default Produkte

Bei Credit Default Produkten leistet der Sicherungsgeber bei Eintritt eines vorher genau bestimmten Kreditereignisses, dem so genannten Credit Event (Kap. 1.4), eine Ausgleichs-zahlung an den Sicherungsnehmer. Als Gegenleistung dafür erhält der Sicherungsgeber vom Sicherungsnehmer eine Prämie. Dies kann eine einmalige Zahlung sein (dieses Produkt wird als Credit Default Option bezeichnet) oder auch eine annualisierte Zahlung (dieses Produkt wird als Credit Default Swap bezeichnet). Wie bei allen Kreditderivaten muß der Sicherungsnehmer nicht in Besitz des Referenzaktivums sein.[6]

Der Credit Default Swap ist das bisher in Deutschland am meisten verbreitete Kreditderivat. Dies ist auf seine relativ einfache Struktur zurüchzuführen, die wirtschaftlich einer gebräuchlichen Bankgarantie ähnlich ist. Der Vorteil der Absicherung von Kreditaus-fallrisiken durch den Credit Default Swap ist neben der isolierten Behandlung des reinen Ausfallrisikos vor allem vom kreditrisikotragenden Grundgeschäft, da bisher die Kreditrisikoweitergabe nur durch Abtretung und Beendigung des Grundgeschäfts erreicht werden konnte. Dies war jedoch oft aus mehreren Gründen nicht möglich; zum einen war es schwer einen Investor zu finden, der dieses Geschäft deckungsgleich übernehmen konnte, zum anderen ist es im Außenverhältnis gegenüber dem Kreditkunden nicht korrekt, eine Risikoweitergabe zu vereinbaren. Bei einem Credit Default Swap bleibt die Geschäftsbeziehung zwischen dem Sicherungsnehmer und seinem Partner im Grundgeschäft unberührt.[7]

Abb.1: Credit Default Produkt

Quelle: Vgl. Hohl, S. ; iebig, T.: Kreditderivate- ein Überblick, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 507

Weiterhin gibt es auch verschiedenen Formen der Zahlung. Die am häufigsten anzutreffende Zahlungsweise ist die Ausgleichzahlung, bei welcher der Sicherungsgeber nur die Höhe des Verlustes des Sicherungsnehmers ausgleicht. Die Zahlung wird typischer Weise als die Differenz zwischen dem Preis der Referenzanleihe und pari berechnet, wobei anstatt 100% auch ein beliebig anderer Preis, der sogenannte Strike, festgelegt werden kann. Die Berechnung dieses Preises erfolgen zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt, der in aller Regel zwischen einer Woche und drei Monaten nach Eintritt des Credit Events liegt. Teilweise wird der Preis auch über die Berechnung des Durchschnittswerts einer Periode ermittelt. Bei der zweiten Form der Zahlung ist die Höhe der an den Gläubiger zu leistenden Vergütung von vornherein festgelegt. Die dritte Variante ist schließlich die physische Lieferung einer spezifizierten Referenzanleihe seitens des Absicherungskäufers an den Absicherungs-verkäufer im Gegenzug für die Zahlung des Nominalwerts der Anleihe. Dabei kann die lieferbare Anleihe als eine bestimmte Anleihe definiert sein oder aus einer weiter gesteckten Klasse von Anleihen stammen, die bestimmte Kriterien erfüllen. Ein wichtiger Unterschied zwischen physischer Lieferung und Ausgleichszahlung ist, dass der Absicherungsverkäufer nach Abtretung der Anleihe eine Forderung gegen den Referenzschuldner hat und somit an einem eventuellen Insolvenzverfahren als Inhaber einer Forderung teilnehmen kann.[8]

1.2.2 Total Return Swap

Abb. 2: Total Return Swap

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl. Hohl, S. ; iebig, T.: Kreditderivate- ein Überblick, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 507

Ein Total Return Swap ist ebenfalls ein Vertrag, der das Kreditrisiko von der einen auf die andere Partei überträgt. Der entscheidende Unterschied zum Credit Default Swap ist , dass bei einem Total Return Swap der gesamte Return eines Assets gegen einen anderen Zahlungsstrom eingetauscht wird. Diese Zahlungen bei Total Return Swaps resultieren aus Marktveränderungen des Referenzaktivums, sie sind also nicht abhängig vom Eintreten eines Credit Events.

Bei einem Total Return Swap zahlt die eine Vertragspartei den Total Return eines bestimmten Assets, der Referenzanleihe, an die andere Vertragspartei. Dieser sogenannte Return setzt sich zusammen aus Zins, Gebühren und einer Prämie in Höhe der Wertveränderung der Referenzanleihe. Diese letztgenannte Prämie ist positiv, wenn die Referenzanleihe eine Wertsteigerung erfahren hat, und negativ, wenn die Referenzanleihe gesunken ist. Diese Marktwertänderung wird von verschiedenen Händlern der Referenzanleihe, den sogenannten reference dealern, ermittelt. Eine Nettowertminderung hat somit eine Ausgleichszahlung an den Sicherungsnehmer zur Folge. Die Zahlungen in Höhe der Wertveränderungen der Anleihe können als Einmalzahlungen oder auch periodisch während der Laufzeit erfolgen, wobei die Zahlungen sowohl in die eine als auch die andere Richtung möglich sind.

Der entscheidende Unterschied zwischen einem Credit Swap und einem Total Return Swap ist somit, dass bei ersterem nur dann eine Ausgleichszahlung notwendig ist, wenn der Credit Event tatsächlich eintritt. Bei letzterem erfolgen in jedem Fall Ausgleichszahlungen, welche aus den Wertveränderungen der Referenzanleihe resultieren.

Als Vorteil für den Sicherungsnehmer spricht hier, dass er sich des gesamten ökonomischen Risikos des zugrundeliegenden Assets entledigt; der Risikotransfer erfolgt somit vertraulich und ohne die Notwendigkeit eines tatsächlichen Verkaufs. Der Sicherungsgeber erhält das Risiko und den ökonomischen Nutzen, ohne die Position in der Bilanz finanzieren müssen. Marktteilnehmer mit hohen Refinanzierungskosten können sich somit an den Bilanzen anderer Marktteilnehmer bedienen, deren Refinanzierungskosten niedriger sind.[9]

1.2.3 Credit Linked Notes

Abb. 3: Credit Linked Note

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl. Hohl, S. ; iebig, T.: Kreditderivate- ein Überblick, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 509

Eine weitere Möglichkeit, sich gegen Kreditrisiken zu schützen, erhält ein Investor durch die Begebung einer Credit Linked Note. Sie bietet hinsichtlich der Isolierung des Kreditrisikos, der Losgelöstheit vom Grundgeschäft und der maßgeschneiderten Absicherung ganz bestimmter Kreditrisiken die gleichen Vorteile wie ein Credit Default Swap. Eine Credit Linked Note ist jedoch aufwendiger in der Dokumentation und Abwicklung.

Die Credit Linked Note ist eine vom Sicherungsnehmer emittierte Anleihe, deren Zins- und Tilgungszahlungen vom Nichteintritt bestimmter Credit Events eines zugrundeliegenden Geschäfts abhängig sind. Eine Absicherung des Kreditrisikos erreicht der Sicherungsnehmer dadurch, dass er die durch die Emission der Credit Linked Note erhaltenen Mittel nur dann zurückzahlen muß, wenn er keinen Verlust aus dem Grundgeschäft erlitten hat. Da der Sicherungsnehmer bereits bei Geschäftsabschluss den zur Risikodeckung gedachten Nominalbetrag erhält, entsteht kein neues Kontrahentenrisiko anstelle des abgesicherten Kreditrisikos. Dies ist der entscheidende Vorteil der Credit Linked Note gegenüber dem Credit Default Swap. Die Problematik einer Credit Linked Note besteht darin, dass es sich um eine Anleihe des Sicherungsnehmers handelt und die Dokumentation im Vergleich zu anderen Kreditderivaten somit anders ausgestaltet werden muß. Daher werden die meisten dieser Produkte unter einer EURO MEDIUM TERM NOTE (EMTN) emittiert, welches die allgemeinen Bedingungen einer Emission umreißt. Der Emittent einer Credit Linked Note erhält somit eine günstige Refinanzierungsquelle, da er den erhaltenen Nominalbetrag gewinnbringend anlegen kann.[10]

Der Sicherungsnehmer hat somit nach dem Verkauf der Credit Linked Note das Ausfallrisiko gegenüber dem Schuldner der Basisforderung abgesichert. Das ist auch der Fall gegenüber dem Sicherungsgeber, da er von diesem eine Zahlung in Höhe des Nominalwertes der Credit Linked Note erhält. Dem Sicherungsnehmer verbleibt also nur noch das Zinsrisiko. Der Käufer der Credit Linked Note trägt das Ausfallrisiko gegenüber dem Emittenten der Credit Linked Note und auch gegenüber dem Schuldner der Basisforderung.[11]

1.2.4 Credit Spread Optionen

Mit einer Credit Spread Option erwirbt der Käufer das Recht, ein zugrunde liegendes Aktivum zu einer festgelegten Kreditmarge, dem sogenannten Strike, zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Das zugrunde liegende Aktivum, meistens ein Wertpapier, wird in aller Regel als Asset Swap bezeichnet. Bei Credit Spread Optionen sichert sich der Sicherungsnehmer gegen ein Ausweiten des Credit Spreads des Referenzaktivums ab. Vom Sicherungsgeber erhält er eine Ausgleichszahlung, sollte sich der Credit Spread über den festgelegten Strike erhöhen. Der Strike wird dabei in Form eines Credit Spreads ausgedrückt.[12]

Abb. 4: Credit Spread Option

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl. Hohl, S. ; iebig, T.: Kreditderivate- ein Überblick, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 509

Bei Ausübung kann das Wertpapier tatsächlich geliefert werden oder es wird lediglich der Unterschied zwischen dem augenblicklichen Marktpreis und dem Preis, der sich anhand des festgelegten Strikes ergibt, ausgezahlt. Hier wird auch das Ausfallrisiko abgedeckt, da sich das Recht zur Lieferung nur am Strike orientiert und dies auch stattfindet, wenn das zugrunde liegende Aktivum ein Kreditfall ist. Ein Put-Käufer erhält hierbei eine doppelte Absicherung, denn durch die Festlegung des Strikes sichert er sich gegen eine Margenausweitung ab. Da er das zugrunde liegende Aktivum auch im Kreditfall zum festgelegten Strike verkaufen kann, erhält er auch eine Absicherung des Kreditrisikos. Wegen dieser doppelten Absicherung ist die Prämie einer Credit Spread Option auch deutlich höher als die eines Credit Default Swaps.

Des weiteren enthält die Prämie der Credit Spread Option auch einen inneren Wert, also die Differenz zwischen der derzeitigen Marge des zugrundeliegenden Assets und dem vereinbarten Strike sowie dem Zeitwert. Der Zeitwert ist um so höher, je länger die Laufzeit der Option ist, da dann eine größere Möglichkeit besteht, den vereinbarten Strike noch zu erreichen. Ebenso wirkt natürlich auch die Schwankungsbreite und –häufigkeit, die sogenannte Volatilität, auf die Prämie ein. Bei einer hohen Volatilität ist die Prämie der Option auch höher , da hier der Strike eventuell sehr schnell erreicht werden kann.

Zu beachten ist hierbei, dass der Käufer einer Put- und Call-Option ein Kreditrisiko auf den Verkäufer dieser Option eingeht. Im Falle einer Put-Option, dass der Käufer das angediente Aktivum nicht gegen Zahlung abnehmen kann bzw. den cash-settlement Betrag nicht bezahlen kann. Bei einer Call-Option besteht das Risiko, dass das Aktivum nicht geliefert werden kann oder der cash-settlement Betrag ebenfalls nicht gezahlt wird.[13]

1.2.5 Exotische Kreditderivate

In den letzten Jahren haben sich die Kreditderivate natürlich weiterentwickelt. Es entstanden verschiedene Formen von Kreditderivaten, die sich in bestimmten Merkmalen von den oben dargestellten Produkten unterscheiden.

Der Credit Default Digital ist in der Grundkonzeption das gleiche Kreditderivat wie ein Credit Default Swap, mit dem Unterschied, dass die Höhe der Ausgleichszahlung, die der Sicherungsnehmer bei Eintritt eines Credit Events erhält, schon im voraus festgelegt ist. Die Prämie hängt somit nicht mehr vom Marktwert des Referenzaktivums ab.

Die Besonderheit von Basket Credit Swaps besteht darin, dass mehrere Referenzaktiva in einem Korb zusammengefasst werden. In aller Regel wird bei diesen Konstruktionen vereinbart, dass ein Default Event bei einem Referenzaktivum bereits ausreicht, um das Geschäft zu beenden.

Bei Rating Options erfolgt dann eine Ausgleichszahlung vom Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer, wenn das Referenzaktivum eine Herabstufung durch eine anerkannte Ratingagentur erfährt.

Forwards sind hingegen Kreditderivate, deren Startzeitpunkt in der Zukunft liegt. Somit können durch die Kombination von mehreren Instrumenten mit einem Forward beliebige Risikopositionen konstruiert werden.[14]

1.3 Die Risiken aus Kreditderivaten

1.3.1 Das Marktpreisrisiko

Unter den allgemeinen Preisrisiken werden die Risiken eines Verlustes verstanden, der aus Veränderungen des Preises des zugrunde liegenden Basisinstruments oder aus Zinsänderungen resultiert. Zu trennen sind hierbei die Zinsänderungs- und Währungsrisiken. Zinsänderungsrisiken können durch die Verschiebung der Zinsstrukturkurve, der Veränderung der Volatilität der Zinsen sowie einer Restlaufzeitverkürzung des Instruments verursacht werden. Durch eine Veränderung der Wechselkurse und einer Volatilitätsänderung der Wechselkurse entsteht das Währungsrisiko.[15]

Das Marktrisiko ist bei Kreditderivaten in Form des Zinsrisikos von Bedeutung, da im Regelfall verbriefte und unverbriefte Forderungen gegen bonitätsbedingte und gegen zinsniveaubedingte Wertverluste abgesichert werden sollen.[16]

1.3.2 Das Adressenausfallrisiko

Unter Ausfallrisiken werden die Risiken verstanden, die daraus entstehen, dass ein Vertragspartner seinen Verpflichtungen gar nicht oder nur teilweise nachkommen kann und daraus für die andere Vertragspartei ein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Die beiden entscheidenden Determinanten hierfür sind zum einen die Bonität des Kontrahenten (Bonitätsrisiken) und das Land des Partners (Länderrisiko). Das Länderrisiko ist von Bedeutung, wenn ein Vertragspartner aufgrund staatlicher Beschränkungen von ihm zu leistende Beträge nicht an seinen Vertragspartner überweisen darf. Da sich das derivate Geschäft in aller Regel auf Länder konzentriert, in denen restriktive staatliche Maßnahmen eher unwahrscheinlich sind, beschränkt sich das Ausfallrisiko auf das Bonitätsrisiko. Daher wird der Begriff Ausfallrisiko häufig mit dem Bonitätsrisiko gleichgesetzt.[17]

Bei Kreditderivaten muß das Adressenausfallrisiko unter zwei wichtigen Gesichtspunkten gesehen werden. Zum einen besteht das Risiko, dass der Schuldner der Basisforderung ausfällt, dessen Zahlungsunfähigkeit als Schadensereignis vereinbart wurde. Auf der anderen Seite ist es auch möglich, dass der Garant ausfällt, also der Sicherungsgeber, und der Sicherungs-nehmer somit seine Absicherung und eventuell auch seine schon bezahlte Risikoprämie verliert. Der Sicherungsnehmer müßte sich dann einen neuen Kontraktpartner suchen und einen neuen Vertrag zu neuen Konditionen abschließen.[18]

1.3.3 Das Rechtsrisiko

Aus fehlenden oder unpräzisen Vertragsvereinbarungen resultiert das Rechtsrisiko. Die Verträge müssen von Fall zu Fall gesondert formuliert werden, da es bis auf Standard-bestätigungen noch keine Standardverträge für Kreditderivate gibt. Daraus ergibt sich die Problematik, dass wichtige Vereinbarungen oft missverständlich formuliert werden. Dies kann zu kostspieligen Rechtsstreitigkeiten der Kontrahenten führen, da das Kreditrisiko und Marktrisiko nicht rechtswirksam übertragen wurde. Daher sollten alle Verträge, die das Kreditinstitut als Sicherungsnehmer bzw. –geber abschließt, von der Rechtsabteilung geprüft und als unbedenklich eingestuft werden.

Bei der Vertragsprüfung sollten folgende wichtige Fragen beachtet werden:

- Ist im Vertrag geregelt, in welchen Fällen der Zahlungsverzug des Schuldners den Zahlungsausgleich auslöst?
- Ist bereits der Antrag auf Eröffnung des Insolvenz- oder Vergleichsverfahrens das Schadensereignis oder erst die Feststellung der Insolvenz- oder Vergleichsquote?
- Wurde im Vertrag die maßgebliche Rating-Agentur bestimmt?
- Was passiert, wenn nach einer Herabstufung eine Heraufstufung stattfindet?
- Ist das Referenzaktivum exakt beschrieben?
- Ist festgelegt, welcher spread zwischen Basis- und Referenzforderung zum Schadens-ereignis führt, und wie der spread zu berechnen ist?
- Endet die Leistungspflicht des Sicherungsgebers mit Eintritt des Schadensereignisses oder erst mit Ende der Vertragslaufzeit?
- Wer muß den Schadensfall feststellen?
- Welche Informationspflichten gelten bei Eintritt des Schadensfalles?
- Ist vertraglich geregelt, wie die Form des Zahlungsausgleiches erfolgen soll?
- Welcher Zeitpunkt ist maßgeblich für die Bestimmung des Restwertes?
- Wie ist der Restwert definiert und welcher Zeitpunkt ist entscheidend für die Bestimmung des Restwertes?
- Ist vertraglich geregelt, zu welchem Zeitpunkt der Schadensausgleich erfolgen soll?[19]

1.3.4 Das Liquiditätsrisiko

Das Liquiditätsrisiko bezeichnet bei derivaten Instrumenten die Gefahr, dass ein Vertragspartner an Abwicklungsterminen oder an Zahltagen über zu wenig flüssige Mittel verfügt, um seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.[20]

Das Liquiditätsrisiko bei Kreditderivaten besteht für das Institut, wenn es eine offene Position aus einem Kreditderivat wegen unzureichender Marktbreite überhaupt nicht oder nur zu schlechten Konditionen durch ein Gegengeschäft schließen kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Kreditinstitut ein fremdes Kreditrisiko durch den Kauf eines Kreditderivats übernimmt und dann versucht dieses Kreditrisiko weiterzuveräußern, wobei kaum Nachfrager auftreten. Andererseits bedeutet das Liquiditätsrisiko für den Sicherungsgeber, dass ihm die nötigen Finanzmittel fehlen, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Da er nicht weiß, wann der Schadensfall eintreten kann bzw. wann er seine Ausgleichszahlung leisten muss, ist es für ihn schwierig, dies in seiner Ausgleichszahlung zu berücksichtigen.[21]

1.3.4 Das Betriebsrisiko

Das Betriebsrisiko bei Kreditderivaten besteht darin, dass bei der Abwicklung eventuell Schwachstellen entstehen bzw. es zu Störungen kommt, aufgrund dessen Verluste oder zusätzliche Aufwendungen entstehen. So kann es beispielsweise durch den Ausfall von EDV-Systemen, die wichtiger Bestandteil der Überwachung und Abwicklung sind, zu Schadens-fällen kommen. Weitere Betriebsrisiken entstehen beispielsweise beim Sicherungsnehmer, wenn der Eintritt des Schadensfalles nicht erkannt und der Eingang der Ausgleichszahlung nicht überwacht werden.[22]

1.3 Credit Events

Die Credit Events sind die entscheidenden Faktoren eines Kreditderivategeschäfts, weil deren Definition festlegt, ob der Sicherungsgeber sein Andienungsrecht ausüben darf und ob der Sicherungsgeber seine Verpflichtung erfüllen muss. Es gibt nach der „International Swaps and Dealers Association“ folgende Definitionen für ein Credit Event:

- Bankruptcy

Die Zahlungsunfähigkeit, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Vergleich mit Kreditoren des Referenzkreditnehmers.

- Credit Event Upon Merger

Der Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen, dessen Kreditwürdigkeit schlechter ist als die des Referenzkreditnehmers.

- Cross Acceleration

Ein Credit Event tritt in einer anderen Zahlungsverpflichtung des Referenzkreditnehmers auf; dies führt dazu, dass das zugrunde liegende Referenzaktivum vor seiner Fälligkeit fällig gestellt wird.

- Cross Default

Siehe Cross Acceleration; das Referenzaktivum kann vor Fälligkeit gestellt werden.

- Downgrade

Das Rating des Referenzkreditnehmers wird herabgesetzt.

- Failure to Pay

Der Referenzkreditnehmer hat nach Ablauf einer Frist eine Zahlung nicht geleistet.

- Repudiation

Der Referenzkreditnehmer hat Verpflichtungen zur Zahlung abgelehnt oder nicht anerkannt.

- Restructuring

Die Verpflichtung des Referenzkreditnehmers bezüglich der Zins- und Tilgungszahlungen wird ohne Wissen der Gäubiger verändert.

- Sovereign Event

Aufgrund eines Gesetzes oder Erlasses, die über irgendeine Verpflichtung des Refernzkredit-nehmers verhängt wird oder die Bestandteile einer Verpflichtung nicht anerkannt werden dürfen.[23]

2 Die Bewertung der Kreditrisiken

Durch die zunehmende Zahl von Insolvenzfällen gewinnt auf den internationalen Finanz-märkten neben den allgemeinen Marktrisiken das Kreditrisiko weltweit an Bedeutung. Die aus Zins-, Aktien- und Währungsgeschäften enstehenden Risiken lassen sich seit Jahren effizient steuern, bei Kredit- bzw. Bonitätsrisiken ist dies meist wenig komfortabel. Beim Kreditrisiko handelt es sich um ein unsystematisches und eindimensionales Risiko. Was bedeutet, von der Bonität des Marktteilnehmers und nur auf die Gefahr des Ausfalls beschränkt zu sein.

Bei Banken sind traditionelle Instrumente zur Kreditsteuerung und –absicherung seit langer Zeit wichtiger Bestandteil des Kreditgeschäfts. Von Bedeutung sind dabei die Durchführung von Kreditwürdigkeitsprüfungen und –analysen, das Stellen von Sicherheiten, das Honorieren der Risikoübernahme durch Risikozuschläge, die Risikobegrenzung durch Kreditlimite, die Risikodiversivikation im Rahmen eines Kreditportfolios, die Risikoüberwälzung auf Dritte und der Einsatz von Ratingmethoden zur Risikobeurteilung.[24]

Für die exakte Bestimmung der Risiken aus Kreditderivaten werden allgemein gültige Bewertungsverfahren benötigt, die von Banken und Consultinggesellschaften entwickelt werden oder sich noch im Entwicklungsstadium befinden. Man unterscheidet im wesentlichen zwei Bewertungsmodelle: zum einen die Intensitätsmodelle, zu denen Portfoliomodelle wie CreditMetrix aus dem Hause J.P. Morgan gehören, zum anderen die Unternehmens-wertmodelle wie etwa die klassischen Optionspreismodelle.

Der Sinn von Kreditrisikomodellen ist die Schaffung einer Benchmark im Kreditrisikomanagement, die Erhöhung der Transparenz von Kreditrisiken und damit der Liquidität auf dem Markt für Kreditderivate. Kreditrisikomodelle erlauben eine separate Betrachtung des Kreditrisikos und widerlegen somit die in der Vergangenheit geltende Meinung, dass Kredit- und Marktrisiken nicht voneinander zu trennen sind. Das Kreditrisiko ist nun ein handelbares Risikoelement und nicht mehr als unliebsame Begleiterscheinung anzusehen.[25]

Die Berechnung des potentiellen Risikobetrags, dem Value at Risk[26], ist die Grundlage von Portfoliomodellen für die Messung, Analyse und Steuerung von Kreditrisiken. Bei diesen Modellen wird der durch kreditnehmerbezogene Ereignisse bedingte Wertverlust eines Kreditportfolios eines Berechnungszeitraumes durch vorgegebene Wahrscheinlichkeiten ermittelt. Jedoch ist es in Deutschland ein Problem, dass für kleine und mittelgroße Unternehmen kaum statistische Informationen existieren, die ein Rating ermöglichen. Deshalb starteten die Deutsche Börse AG und das Wirtschaftministerium im Mai 1998 eine Initiative zur Gründung einer Ratingagentur. Die für die Intensitätsmodelle notwendigen Ratingdaten ermöglichen in Zukunft eine bessere Einsatzmöglichkeit dieser Modelle für die Bewertung von Kreditrisiken.

Bei Unternehmenswertmodellen wird das Pricing des Kreditderivates durch den Unternehmenswert des Kreditnehmers mittels klassischer Optionspreismodelle berechnet. Dieser Unternehmenswert bestimmt das Ausfallrisiko des Kreditderivats.[27]

2.1 Intensitätsmodelle

2.1.1 CreditMetrics

Die Tatsache, dass Kreditrisiken in einem Portfolio mathematisch nicht in zufriedenstellender Art und Weise modelliert werden können, führte zur Entwicklung neuartiger Methoden wie etwa der CreditMetrics aus dem Hause J.P. Morgan. Durch CreditMetrics kann die Risikoposition eines Investors visualisiert und bewertet werden. Es erlaubt den Credit-Value- at-Risk zu ermitteln und dessen Entwicklung aufgrund von „Rating Upgrades“, „Rating Downgrades“ und Kreditausfällen darzustellen. Der VAR-Ansatz geht vom Verhalten der Märkte in der Vergangenheit aus. Danach kann man in etwa die obere Grenze für den Verlust einer Position innerhalb eines bestimmten Zeitraumes festlegen.[28]

Im folgenden wird die Berechnung des Kreditrisikos in CreditMetrics kurz erläutert und anschließend detaillierter beschrieben. Bei einem festverzinslichen Wertpapier eines privaten Emittenten ist im Kurs stets ein Abschlag beinhaltet gegenüber einer Bundesanleihe mit gleicher Laufzeit und gleichem Koupon. Verschlechtert sich die Bonität des Emittenten, erhöht sich dieser Abschlag. Somit versteht CreditMetrics unter dem Begriff Kreditrisiko nicht nur das Risiko des Totalausfalls, sondern auch Bonitätsverschlechterungen innerhalb eines Beobachtungszeitraumes. Dieser Zeitraum ist beliebig festlegbar; in aller Regel wird aber von einem Jahr ausgegangen, da in diesem Zeitraum unternehmensspezifische Kennzahlen wie etwa Jahresabschlüsse vorliegen, die die Bonität des Unternehmens wiederspiegeln können. Die beiden Teilrisiken des Kurs-verlustes, Bonitätsverschlechterung und das Risiko des Zahlungsausfalles, werden auf der Basis von Ratings und Statistiken von Ratingagenturen ermittelt.[29]

CreditMetrics basiert auf einem Portfolioansatz, der es einem erlaubt, sowohl das Kreditrisiko gegenüber einem einzelnen Kontrahenten zu betrachten, als auch das Risiko des gesamten Kreditportfolios einer Bank zu messen. Der Portfolioansatz ermöglicht, Konzentrations-risiken zu erkennen und zu steuern. Diese Konzentrationen können innerhalb eines Industriezweiges, eines Landes, einer Wertpapierklasse oder auch durch die Konzentration innerhalb einer bestimmten Ratingkategorie entstehen. Durch die Erkennung dieser Konzentrationsrisiken ermöglicht CreditMetrics, diese Risiken durch Diversifikation zu verringern.

Das Kreditrisiko wird auf traditionelle Art und Weise durch die Einhaltung von Kreditlinien gegenüber dem Kontrahenten gesteuert. Dabei wird jedoch vergessen, dass selbst Kredit-positionen von identischer Höhe nicht unbedingt mit demselben Risiko behaftet sein müssen. Beim Einsatz dieser Kreditlinie wird das Risiko-Rendite-Verhältnis nicht beachtet. Dank CreditMetrics müssen diese Kreditlinien nicht mehr willkürlich festgelegt werden, sondern können als ein Ergebnis der Kreditrisikosteuerung gewonnen werden.

Ebenso können durch die Analyse eines Kreditportfolios, Möglichkeiten aufgezeigt werden, die Rendite eines Portfolios bedeutend zu steigern. Es können beispielsweise Einzelpositionen, die eine hohen Rendite bringen, im Einzelfall aber als zu riskant gelten, in Bezug auf das Portfolio jedoch risikoreduzierende Eigenschaften haben und damit den Ertrag des Portfolios bei gleichem Risiko erhöhen.[30]

Die Einstufung der Bonität der meisten Emittenten nehmen nahmhafte Ratingagenturen wie etwa Standard&Poor`s vor. Die Ratingklassen von Standard&Poor`s reichen von AAA (beste Bonitätsklasse) bis hin zu C (niedrigste Bonitätsklasse). Auf diese Ratingklassen greift J.P. Morgan in seiner CreditMetrics zurück, denn für diese Klassen wurden aufgrund historischer Erfahrungen zum einen Wahrscheinlichkeiten für den Ausfall und zum anderen Wahrscheinlichkeiten für den Wechsel in eine andere Ratingklasse ermittelt. Natürlich bleibt es jedem Nutzer von CreditMetrics selbst überlassen, zusätzlich interne Daten zu verwenden. CreditMetrics ist somit eine Tabelle, welche die Wahrscheinlichkeiten des Klassenwechsels und des Ausfalls widerspiegelt. J.P. Morgan nennt diese Tabelle Transitionsmatrix oder auch Migrationsmatrix.[31]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Ermittlung der Risikopositionen muß demzufolge zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Änderung im Credit Rating und der dadurch verursachten Marktwertveränderung unterschieden werden. Derivate Instrumente, die durch das Zinsrisiko auch Schwankungen des Marktes unterliegen, enthalten somit eine Mischung aus Markt- und Kreditrisiko. Ein Kreditrisiko besteht oftmals jedoch nur dann, wenn die Position einen positiven Marktwert besitzt, da nur in diesem Fall die Gegenpartei Geld schuldet und somit das Kreditrisiko begründet.

Abb.5: Ermittlung des Credit Value-at-Risk eines Kreditportfolios

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl. Spieler, C.; Kuhn, S.: CreditMetrics, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch strukturierte Kapitalmarktprodukte, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 190

Es werden nun aufgrund von Ratingänderungen und Ausfällen die Werteschwankungen der Risikopositionen ermittelt, um den Credit-Value-at-Risk der einzelnen Portfoliopositionen zu bestimmen. Dieser Ablaufplan wird in drei Phasen unterteilt (Abb.5). Zu Beginn wird die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls und einer Ratingänderung von jeder Portfolioposition in dem zu beachtenden Zeitraum berechnet. Ist dies geschehen, ermittelt man den Marktwert dieser Positionen nach Eintritt eines möglichen Kreditausfalls oder einer Ratingänderung. Bei einem Kreditausfall ist der Restwert und die Absicherung zu beachten. Bei einer Rating-änderung errechnet sich der Restwert aus der Zinsterminkurve der jeweiligen Ratingklasse. Letztendlich werden die Werte aus Schritt 1 und Schritt 2 multipliziert, um den zu erwartenden Marktwert zu bekommen. Es ist somit möglich, den Marktwert bzw. den Erwartungswert und die Standardabweichung einer Kreditposition zu berechnen. Im Portfoliokontext ist jedoch noch ein weiterer Wert von Bedeutung: die Korrelation der Kreditpositionen untereinander.

1.Schritt: Schätzung der Wahrscheinlichkeiten

Abb. 6: Migrationsmatrix (Transitionsmatrix)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vgl.: Wohlert, D.: CreditMetrics – Die Benchmark zur Messung von Kreditrisiken, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 341

Aus dem Credit Rating der langfristigen Verbindlichkeiten eines Schuldners wird die Wahrscheinlichkeit des Wechsels in eine andere Ratingklasse berechnet. Die Transitions-matrix stellt diese Wahrscheinlichkeiten dann in einer übersichtlichen Form dar. In der ersten Spalte werden die möglichen Ausgangszustände betrachtet, die sich nach der Bonität des Schuldners richten. Um die Wahrscheinlichkeiten eines möglichen Ratingwechsels zu bestimmen, muß die Zeile vom Ausgangszustand des Schuldners betrachtet werden. So sagt der Wert 8,33 in Spalte 2/Zeile 1, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen mit dem Rating AAA innerhalb des Betrachtungszeitraumes in die Ratingklasse AA abgestuft wird, 8,33% beträgt. Während der Wert 90,81 in Zeile 1/Spalte 2 aussagt, dass die Wahr-scheinlichkeit des Verbleibs eines Unternehmens in der Ratingklasse AAA 90,81% beträgt. Natürlich ergibt die Summe einer Zeile natürlich den Wert von 100%. Veröffentlicht werden diese Transitionsmatrixen regelmäßig von allen Ratingagenturen. Weiterhin bietet CreditMetrics dem Anwender zusätzlich die Möglichkeit, eigene Daten in die Matrix zu implementieren, um somit auch dessen persönliche Einschätzung zu berücksichtigen.

2. Schritt: Bestimmung des Marktwerts eines Kredits am Ende des Betrachtungszeitraumes

Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt es zwei Arten von Kreditevents: Ratingänderungen sowie ein Kreditausfall. Beim Ausfall eines Kredites ist der realisierbare Restwert zu betrachten, der

von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Zum einen von der Besicherung des Kredites, zum anderen von der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Unternehmens. Im Jahre 1996 veröffentlichte die Agentur Moody´s eine Studie, in welcher der zu realisierende Restwert prozentual für die verschiedenen Besicherungsklassen dargestellt wird. Die dort genannten Werte sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da diese aus Studien bezüglich Ausfällen in dem amerikanischen Industriesektor stammen. Diese aus der Vergangenheit ermittelten Werte kann man nur bedingt auf andere Branchen und Länder übertragen, da jede Branche besondere Eigenheiten besitzt und jedes Land unterschiedliche Gesetze im Hinblick auf das Insolvenzrecht hat.

[...]


[1] Vgl. Pechtl, A.: Rationales Risikomanagement – Historische Grundlagen, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reif, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 123

[2] Vgl. o.V.: Kreditderivate, in: Kredit Praxis 2/98, S.4

[3] Vgl. o.V.: Handel mit Derivaten, Globus 27.12.1999

[4] Vgl. o.V.: Kreditrisiko und Bonität als handelbare Einheit, in: Bankmagazin 98/02, S.30

[5] Vgl. o.V.: Neue Perspektiven durch Kreditderivate, in: Schweizer Bank, 05/1997

[6] Vgl. Hohl, S.,Liebig T.: Kreditderivate ein Überblick, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reif, M., (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 506

[7] Vgl. Landry, S.; Radeke, O.: Kreditderivate in der Praxis, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 538

[8] Vgl. Spieler, C.: Kreditderivate- eine Einführung, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch strukturierte Kapitalmarktprodukte, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 209/210

[9] Vgl. Spieler, C.: Kreditderivate- eine Einführung, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch strukturierte Kapitalmarktprodukte, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 212/213

[10] Vgl. Landry, S.; Radeke, O.: Kreditderivate in der Praxis, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 539

[11] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 620

[12] Vgl. Hohl, S.,Liebig T.: Kreditderivate ein Überblick, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reif, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 509

[13] Vgl. Landry, S.; Radeke, O.: Kreditderivate in der Praxis, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 542

[14] Vgl. Hüttemann, P.: Kreditderivate im europäischen Kapitalmarkt, München, Diss. 1997, S. 42-44

[15] Vgl. Bährle, Herrmann F.W.: Risikocontrolling des Einsatzes derivater Finanzinstrumente in der Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen, Mannheim, Diss. 1997, S.18

[16] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 619

[17] Vgl. Bährle, Herrmann F.W.: Risikocontrolling des Einsatzes derivater Finanzinstrumente in der Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen, Mannheim, Diss. 1997, S.21-23

[18] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 619

[19] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 616/617

[20] Vgl. Bährle, Herrmann F.W.: Risikocontrolling des Einsatzes derivater Finanzinstrumente in der Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen, Mannheim, Diss. 1997, S.24

[21] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 620

[22] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 620

[23] Vgl. Landry, S.; Radeke, O.: Kreditderivate in der Praxis, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 567 ff

[24] Vgl. Maier, K.: Risikomanagement im Immobilienwesen, 1. Aufl., Frankfurt 1999, S. 259

[25] Vgl. Spieler, C.; Kuhn, S.: CreditMetrics, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg.): Handbuch strukturierte Kapitalmarktprodukte, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 187

[26] Der Credit Value at Risk ist definiert als der maximale Wertverlust des Kreditportfolios, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (dem Konfidenzintervall) innerhalb eines gewissen Betrachtungszeitraumes nicht überschritten wird. Vgl. Schmoll, A.: Kreditrisiken erfolgreich managen, S.251

[27] Vgl. Becker, A.; Wolf, M.: Revision von Kreditderivaten , in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M., (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 621 ff

[28] Vgl. Biermann, B.: Modernes Risikomanagement in Banken, in: Eller, R. (Hrsg.): Handbuch des Risikomanagements, Stuttgart 1998, S 15/16

[29] Vgl. Wohlert, D.: Die Benchmark zur Messung von Kreditrisiken: JP Morgans CreditMetrics, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 340

[30] Vgl. Spieler, C.; Kuhn, S.: CreditMetrics, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch strukturierte Kapitalmarktprodukte, 1. Aufl., Stuttgart 1999, S. 188

[31] Vgl. Wohlert, D.: Die Benchmark zur Messung von Kreditrisiken: JP Morgans CreditMetrics, in: Eller, R.; Gruber, W.; Reiff, M. (Hrsg.): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, 1.Aufl., Stuttgart 1999, S. 341

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832442354
ISBN (Paperback)
9783838642352
DOI
10.3239/9783832442354
Dateigröße
6.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen; Standort Nürtingen – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2001 (Juni)
Note
2,3
Schlagworte
basel kreditrisikomodelle kreditderivate risikomanagement bankenaufsicht
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Titel: Kreditderivate - Kreditrisikomodelle, bankenaufsichtsrechtliche Behandlung und Zukunftsaussichten dieses neuartigen Finanzinstruments
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