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Die Ausbildung talentierter Nachwuchsspieler und ihre Integration in den professionellen Fußball

©2001 Diplomarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit dem enttäuschenden Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich und dem Ausscheiden in der Vorrunde bei der Europameisterschaft 2000 in den Niederlande und Belgien ist die Diskussion über die Ursachen dafür bislang nicht zur Ruhe gekommen. Als Grund für das schlechte Abschneiden der Nationalmannschaft in den letzten Jahren kamen sowohl Journalisten als auch Sportfunktionäre einhellig zu dem Schluss, dass der deutsche Fußball nicht genügend Talente hervorbringt bzw. die vorhandenen Talente nicht genügend Spielpraxis bekommen.
Die Konsequenzen dieser sportlichen Entwicklung sind, dass vielerorts – sowohl in den Vereinen als auch beim Deutschen Fußball-Bund – über Konzepte der Talentförderung, d.h. der Ausbildung von Nachwuchsspielern nachgedacht wird. Franz Beckenbauer betont, dass der Übergang aus der Jugend in den aktiven Bereich die schwierigste Phase. Diese Problematik wird in den nachfolgenden Ausführungen aus unterschiedlichem Blickwinkel aufgegriffen. Im Vordergrund der Studie steht die Ausbildung von talentierten Nachwuchsspielern und die Rekrutierung von Spielern für den professionellen Fußball unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Sportspiels Fußball aus sportwissenschaftlicher Sicht und der Besonderheiten des Marktes Berufsfußball aus ökonomischer Sicht.
Gang der Untersuchung:
Im zweiten Kapitel wird das seit Jahrzehnten erfolgreiche Ausbildungssystem von Ajax Amsterdam vorgestellt. Dieses System wird von den Verantwortlichen vieler Vereine als Vorbild genannt und versucht zu kopieren. Bei Ajax Amsterdam sind die Ausbildungsinhalte genau auf die Anforderungen der eigenen Profimannschaft, d.h. auf den späteren Arbeitsmarkt abgestimmt. Die Jugendlichen werden spezifisch auf bestimmte Positionen in dem taktischen Spielsystem der Profis ausgebildet, um ihnen den Einstieg in den Profifußball zu erleichtern.
Im dritten Kapitel werden die Leistungsfaktoren im Fußball aus sportwissenschaftlicher Sicht dargestellt, wobei das Hauptaugenmerk der Taktik und dem praktizierten Spielsystem einer Mannschaft gilt. Diesen Faktoren wird deshalb besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie das Zusammenspiel der Teammitglieder, von dem letztlich der Mannschaftserfolg abhängig ist, bestimmen. Da sich jede Mannschaft diesbezüglich unterscheidet, muss eine zielgerichtete Ausbildung diese Aspekte berücksichtigen. Anschließend werden die Inhalte und Bedeutungen des taktischen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4209
Jakobs, Arno: Die Ausbildung talentierter Nachwuchsspieler und ihre Integration in den
professionellen Fußball / Arno Jakobs - Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Trier, Universität, Diplom, 2001
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I
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... III
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... IV
1. EINLEITUNG ... 1
2. DAS AUSBILDUNGSSYSTEM VON AJAX AMSTERDAM ... 4
3. TAKTIK UND STRATEGIE IM FUSSBALL ... 7
3.1 L
EISTUNGSFAKTOREN IM
F
UßBALL
... 8
3.2 T
AKTISCHE
H
ANDLUNGSFÄHIGKEIT
... 9
3.2.1 Taktische Kenntnisse ... 9
3.2.2 Taktische Fertigkeiten ... 10
3.2.3 Taktische Fähigkeiten ... 10
3.3 T
AKTISCHE
H
ANDLUNGEN
... 11
3.4 S
YSTEMATIK DER
T
AKTIK
... 12
3.5 S
TRATEGISCHE
K
ONZEPTE UND
S
PIELSYSTEME IM
F
UßBALL
... 14
3.6 T
AKTIK UND
S
PIELSYSTEM AUS DEM
B
LICKWINKEL DER
K
LEINGRUPPENFORSCHUNG
... 15
3.7 T
AKTIK UND
S
PIELSYSTEM IM
L
ICHT DER
I
NSTITUTIONENÖKONOMIE
... 18
4. DER PROFIFUSSBALL AUS ÖKONOMISCHER PERSPEKTIVE ... 20
4.1 D
IE
S
TRUKTUR DES
A
RBEITSMARKTES
... 20
4.2 S
PEZIFIKA DER
M
ANNSCHAFTSPRODUKTION
... 21
4.3 I
NVESTITIONEN IN
H
UMANKAPITAL
... 23
*Exkurs: Das sportliche Talent ... 23
4.3.1 Humankapitaltypologie nach Becker ... 25
4.3.2 Risikobehaftetes Humankapital ... 26
4.3.3 Die Ausbildung von Mannschaftssportlern ... 27
4.3.4 Entwicklung des Humankapitals im Laufe der Karriere ... 28
4.4 A
BGELEITETE
E
MPFEHLUNGEN FÜR EINE EFFEKTIVE
N
ACHWUCHSAUSBILDUNG
. 31
5. PERSONELLER WECHSEL IM SPORTLICHEN BEREICH ... 32
5.1 D
ER
E
INFLUSS EINES
T
RAINERWECHSELS AUF DEN
M
ANNSCHAFTSERFOLG
... 33
5.2 V
EREINSWECHSEL VON
S
PIELERN UND DEREN
E
INFLUSS AUF DEN
M
ANNSCHAFTSERFOLG
... 39
5.3 K
ONSEQUENZEN FÜR DIE
A
USBILDUNG UND
I
NTEGRATION VON
N
ACHWUCHSSPIELERN
... 43
6. EMPIRISCHE ANALYSE ... 46
6.1 Z
IEL DER
U
NTERSUCHUNG
... 46
6.2 M
ETHODISCHE
V
ORGEHENSWEISE
... 47
6.3 D
ARSTELLUNG UND
D
ISKUSSION DER
E
RGEBNISSE
... 49

II
7. FAZIT ... 55
LITERATURVERZEICHNIS ... 57
ANHANG ... 67

III
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. BL ... 1. Bundesliga
2. BL ... 2. Bundesliga
c.p. ... ceteris paribus
DFB ... Deutscher Fußball Bund
EM ... Europameisterschaft
f(x
i
) ... relative Häufigkeitsverteilung
Hg. ... Herausgeber
IOP ... inverse order picking
JK ... Jugendkoordinator
k.A. ... keine Angabe
MLB ... Major League Baseball
MLS ... Major League Soccer
n ... Stichprobengröße
NBA ... National Basketball Association
NFL ... National Football League
NHL ... National Hockey League
o.V. ... ohne Verfasser
r ... Korrelationskoeffizient
RL ... Regionalliga
s ... Standardabweichung
s
2
... Varianz
TR ... Trainer
UEFA ... United European Football Association
vs ... versus
WM ... Weltmeisterschaft
x
...
arithmetisches Mittel
x
med
... Median
x
mod
... Modalwert

IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Gesamtzahl eingesetzter Spieler sowie U21-Junioren in
Bundesligaspielen
Abbildung 2: Phasenmodell einer spieltaktischen Handlung
Abbildung 3: Struktur der Fußballtaktik
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Entwicklung des Humankapitals
eines Spielers im Laufe seiner Karriere
Abbildung 5: Die Beziehung zwischen Trainerwechsel und Effektivität der
Mannschaft

1
1. Einleitung
Seit dem enttäuschenden Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der
Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich und dem Ausscheiden in der Vorrunde bei der
Europameisterschaft 2000 in den Niederlande und Belgien ist die Diskussion über
die Ursachen dafür bislang nicht zur Ruhe gekommen. Den damaligen National-
trainern Vogts und Ribbeck wurden im nachhinein viele Fehler unterstellt, aber auf
deren Frage, welchen leistungsstarken Spieler sie bei der Nominierung des Kaders
für das Turnier vergessen hätten, wussten selbst die jeweils anwesenden Sportjour-
nalisten keine Antwort.
Abbildung 1: Gesamtzahl eingesetzter Spieler sowie U21-Junioren
1
in Bundesliga-
spielen
311
36
68
3
342
84
44
13
344
123
31
17
0
50
100
150
200
250
300
350
Saison 87/88
Saison 95/96
Saison 97/98
Gesamtzahl
eingesetzter
Spieler
ausländische
Spieler
Gesamtzahl
eingesetzter
Junioren (U21)
davon
ausländische
Junioren
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Brüggemann 1998: 25
Als Grund für das schlechte Abschneiden der Nationalmannschaft in den letzten
Jahren kamen sowohl Journalisten als auch Sportfunktionäre einhellig zu dem
1
Als U21-Junioren werden Spieler bezeichnet, die zu Beginn der jeweiligen Saison 21 Jahre oder
jünger waren.

2
Schluss, dass der deutsche Fußball nicht genügend Talente hervorbringt bzw. die
vorhandenen Talente nicht genügend Spielpraxis bekommen. Hannes Löhr, der
Trainer der U21-Juniorennationalmannschaft hat exemplarisch errechnet, dass in der
Saison 1996/97 jeder U21-Nationalspieler durchschnittlich nur 71 Sekunden pro
Bundesligaspiel zum Einsatz kam (vgl. Draf/Streck 1997: 180). Winfried Joch hat,
nachdem das schlechte Abschneiden der Nationalmannschaft bei der WM 1998 u.a.
mit der angeblichen Überalterung der Mannschaft erklärt wurde, die Karrieren der
Spieler des WM-Kaders analysiert und kommt zu dem Schluss, dass das entschei-
dende Manko des deutschen Fußballs in den zu späten Einsätzen der Talente in
Bundesliga und Nationalmannschaft liegt (vgl. Joch 2000: 26). Abbildung 1 zeigt,
dass sich die Zahl der eingesetzten U21-Juniorenspieler in Bundesligaspielen in dem
betrachteten Zeitraum von elf Jahren mehr als halbiert hat, obwohl die Gesamtzahl
der eingesetzten Spieler angestiegen ist. Dies deutet darauf hin, dass entweder im-
mer weniger talentierte, junge Spieler vorhanden sind oder die Nachwuchsspieler
nicht bzw. erst im fortgeschrittenen Alter zum Einsatz in der Bundesliga kommen,
wodurch es ihnen zwangsläufig an Spielpraxis mangelt.
An der herrschenden Debatte, dass die starke Zunahme ausländischer Spieler in der
Bundesliga eine Verdrängung deutscher Talente und damit eine Schwächung der
Nationalmannschaft zur Folge hat, möchte ich mich aus folgendem Grund nicht
beteiligen: Jeder ausländische Spieler, der in die Bundesliga wechselt, macht in sei-
nem Heimatverein einen Platz frei, der u.a. von einem deutschen Spieler besetzt
werden kann. Der Sieg der Weltmeisterschaft 1998 und der Europameisterschaft
2000 durch die französische Nationalmannschaft, deren Spieler fast ausschließlich
bei ausländischen Vereinen unter Vertrag stehen, belegt, dass der sportliche Erfolg
unabhängig davon ist, in welcher nationalen Liga die jeweiligen Nationalspieler
spielen (vgl. Frick/Wagner 1996: 613f.).
Die Konsequenzen dieser sportlichen Entwicklung sind, dass vielerorts ­ sowohl in
den Vereinen als auch beim Deutschen Fußball-Bund ­ über Konzepte der Talent-
förderung, d.h. der Ausbildung von Nachwuchsspielern nachgedacht wird. Franz
Beckenbauer betont, dass der Übergang aus der Jugend in den aktiven Bereich die
schwierigste Phase ist (vgl. Klankert 1999: 10). Diese Problematik wird in den nach-
folgenden Ausführungen aus unterschiedlichem Blickwinkel aufgegriffen. Im Vor-
dergrund der Studie steht die Ausbildung von talentierten Nachwuchsspielern und
die Rekrutierung von Spielern für den professionellen Fußball unter Berücksichti-
gung der Besonderheiten des Sportspiels Fußball aus sportwissenschaftlicher Sicht
und der Besonderheiten des Marktes Berufsfußball aus ökonomischer Sicht.
Im anschließenden Kapitel wird das seit Jahrzehnten erfolgreiche Ausbildungs-
system von Ajax Amsterdam vorgestellt. Dieses System wird von den Verantwort-
lichen vieler Vereine als Vorbild genannt und versucht zu kopieren. Bei Ajax
Amsterdam sind die Ausbildungsinhalte genau auf die Anforderungen der eigenen

3
Profimannschaft, d.h. auf den späteren Arbeitsmarkt abgestimmt. Die Jugendlichen
werden spezifisch auf bestimmte Positionen in dem taktischen Spielsystem der
Profis ausgebildet, um ihnen den Einstieg in den Profifußball zu erleichtern.
Im dritten Kapitel werden die Leistungsfaktoren im Fußball aus sportwissenschaft-
licher Sicht dargestellt, wobei das Hauptaugenmerk der Taktik und dem praktizier-
ten Spielsystem einer Mannschaft gilt. Diesen Faktoren wird deshalb besondere
Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie das Zusammenspiel der Teammitglieder, von
dem letztlich der Mannschaftserfolg abhängig ist, bestimmen. Da sich jede Mann-
schaft diesbezüglich unterscheidet, muss eine zielgerichtete Ausbildung diese
Aspekte berücksichtigen. Anschließend werden die Inhalte und Bedeutungen des
taktischen Spielsystems in einen sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Kontext
übertragen. Danach wird die Struktur des Wirtschaftszweiges bezahlter Fußball
herausgearbeitet, und zwar insbesondere die Probleme, die sich aus der Eigenart der
Produktion ergeben.
Sowohl aus sportwissenschaftlicher als auch aus ökonomischer Sicht beschreibt die
Ausbildung einen langwierigen, zielgerichteten Prozess, dessen Inhalte von einem
Ausbilder bzw. Trainer bestimmt werden. Ist die Ausbildung in einem Verein ziel-
gerichtet auf die Anforderungen der Profimannschaft abgestimmt, kommt es zu
Problemen, wenn der Trainer der Profimannschaft wechselt und damit eine Än-
derung des taktischen Spielsystems verbunden ist. Diese Situation wird in Kapitel 5
bedacht. Dort wird der Frage nachgegangen, welchen Einfluss ein Trainer- aber
auch ein Spielerwechsel auf den sportlichen Erfolg einer Mannschaft hat.
Die Studie schließt mit einer empirischen Untersuchung in Form einer standardi-
sierten Expertenbefragung ab. Deren Ziel ist es herauszufinden, wie die Ausbildung
von Nachwuchsspielern gestaltet sein muss, damit möglichst viele das Berufsziel
Berufsfußballspieler erreichen. Die Analyse besteht aus zwei Teilen: der Befragung
sowohl der Trainer als auch der Jugendkoordinatoren aller Vereine der 1. und 2.
Bundesliga sowie ausgewählter Vereine der Regionalliga. Durch die Befragung der
Trainer soll herausgefunden werden, welche Anforderungen der Arbeitsmarkt
Berufsfußball an die Spieler stellt. In einem zweiten Schritt wird verglichen, inwie-
weit die Ausbildung von talentierten Nachwuchsspielern auf die Ansprüche des
zukünftigen Arbeitsmarktes abgestimmt ist. Neben dieser Charakterisierung des
Arbeitsmarktes Berufsfußball werden noch interessante Einzelbefunde erhoben, die
sich aus den nachfolgenden Ausführungen ableiten.

4
2. Das Ausbildungssystem von Ajax Amsterdam
Die Erfolgsliste des niederländischen Traditionsvereins Ajax Amsterdam weist eine
Vielzahl von nationalen und internationalen Titeln
2
auf. Neben dieser beeindrucken-
den Titelsammlung kommt bei Ajax noch ein einzigartiges Erfolgsmerkmal hinzu:
Der niederländische Erfolgsmeister leitet ein nicht unerhebliches Maß seines inter-
nationalen Renommees aus seinem Ruf als die Talentschmiede des internationalen
Fußballs ab. Kein anderer europäischer Spitzenverein schafft es, so viele Talente für
die eigene Profimannschaft hervorzubringen (vgl. Kormelink/Seeverens/Adriaanse
1993: 3). Nachfolgend wird das Ausbildungssystem von Ajax Amsterdam vorge-
stellt, wobei das Hauptaugenmerk auf der inhaltlichen Ausgestaltung, d.h. der Trai-
nings- bzw. Spielphilosophie, und nicht den institutionellen Rahmenbedingungen
und organisatorischen Umsetzung liegt.
Das vermutete Erfolgsgeheimnis der Nachwuchsarbeit ist die mannschaftsüber-
greifende Vereins-, Spiel- und Trainingskonzeption. ,,Diese unverwechselbare Ajax-
Kultur schafft so die wichtigen Verbindungslinien zwischen Jugend-, Amateur- und
Profibereich" (Hüring 1994a: 3). Man hat eine eigene unverwechselbare Spielkultur
entwickelt, die vor allem durch Offensivfußball geprägt ist. Schon Johan Cruyff lies
alle Jugendmannschaften im gleichen System wie seine Profimannschaft spielen,
dem traditionellen Ajax-System
3
,
4
(vgl. Brüggemann 1989: 15; Lambert 1992: 66).
Dieses taktische Spielsystem wurde von Louis van Gaal, der von 1991 bis 1997
Trainer bei Ajax Amsterdam war, beibehalten und weiterentwickelt. Der Cheftrainer
der Profimannschaft gibt das taktische Konzept vor, das auf alle Jugendmann-
schaften übertragen wird. Dieses Konzept hat sich der Verein zu eigen gemacht. So
wurde u.a. der Nachfolger von Louis van Gaal danach ausgesucht, dass er zu diesem
System passt, genauso wie nur Spieler verpflichtet werden, die in dieses taktische
Spielkonzept passen. Um innerhalb aller Jugendmannschaften und der Amateur-
bzw. Profimannschaft ein einheitliches und übergreifendes Konzept zu verwirk-
2
27-facher niederländischer Meister, 14-facher niederländischer Amstel Cup-Sieger, 4-facher
Champions-League-Gewinner (ehemals Europapokal der Landesmeister), einmal UEFA-Cup-
Sieger, einmal Europapokalsieger der Pokalsieger, 3-facher europäischer Supercup-Sieger so-
wie zweimaliger Worldcup-Sieger.
3
Ajax Amsterdam spielt ein 3-4-3-System, wobei die drei Abwehrspieler auf einer Linie spielen,
d.h. ohne Libero. Die Offensive ist geprägt durch einen zentralen Mittelstürmer und zwei An-
greifern, die konsequent an der Außenlinie spielen. Für detailliertere Einblicke in das Ajax-
Spielsystem vergleiche Hüring (1994a: 4), Kormelink/Seeverens/Adriaanse (1993: 8), Vieth
(1995: 24ff.) und Kormelink/Seeverens (1998: 15ff.).
4
Dieses Spielsystem setzte Cruyff auch bei seinem nächsten Verein, dem CF Barcelona, konse-
quent und erfolgreich um (vgl. Hüring 1994b, 1994c).

5
lichen ist in erster Linie ein funktionierender Informationsfluss und ­austausch zwi-
schen den einzelnen Verantwortlichen von Nöten.
Wie wird nun ein Talent bei Ajax bestimmt? Jeder der 160 Nachwuchsspieler hat
sich durch typische Stärken und Anlagen ausgezeichnet, die im weiteren Ausbil-
dungsprozess gezielt gefördert werden. Jeder Spieler wird nach folgenden Kriterien
bewertet: Technik, Intelligenz, Persönlichkeit und Schnelligkeit (vgl. Korme-
link/Seeverens/Adriaanse 1993: 4; Lambert 1992: 63; sid 1998: 13). Die genannten
grundsätzlichen Leistungskriterien werden innerhalb des laufenden Ausbildungs-
prozesses regelmäßig reflektiert und überprüft. Jeder Spieler muss sich von Saison
zu Saison neu für eins der Nachwuchsteams qualifizieren. Von den 160 Jugend-
spielern scheiden von Saison zu Saison durchschnittlich 30 aus.
,,Jedes Jugendteam setzt sich aus einem Kader von 16 Spielern zusammen, wobei
die Nachwuchsspieler von vornherein bei der Kaderzusammenstellung anteilsmäßig
für bestimmte Positionsgruppen ausgesucht werden" (Hüring 1994a: 7). Das
taktische Spielsystem unterscheidet fünf Positionsgruppen: Torwarte, Spieler für die
rechte Seite, Spieler für die zentrale Abwehr, Spieler für die linke Seite und Spieler
für die zentrale Offensive (vgl. Hüring 1994a: 7). Jeder Spieler muss in dem offen-
siv ausgerichteten 3-4-3-Konzept funktionieren. Die Anforderungen, die an seine
Positionsgruppe gestellt werden, erfüllen und wie van Gaal sagt, ,,in Demut und
Disziplin kreativen Dienst im Kollektiv tun" (o.V. 1996: 180). ,,Innerhalb des
Ausbildungsprozesses spielen die Nachwuchsspieler dann auf zwei der Positionen,
für die sie ausgesucht wurden" (Kormelink/Seeverens/Adriaanse 1993: 6). Sowohl
unter dem Trainer Cruyff als auch unter van Gaal ist jede Position an eine feste
Rückennummer gekoppelt. So wird z.B. die Nummer neun der E-Jugend exakt so
trainiert, dass sie in zehn Jahren die Nummer neun der Profis ersetzen kann (vgl.
o.V. 1996: 180). ,,Zu jeder Nummer gehören bestimmte Basisaufgaben, sowohl bei
Ballbesitz als auch bei Ballverlust" (Kormelink/Seeverens 1998: 16). D.h. die Spiel-
positionen, die im Spiel immer besetzt sein müssen, werden nur als Aufgabenbe-
reiche gesehen. Wer dort gerade spielt, ist dabei völlig gleich (vgl. Brüggemann
1989: 15). Die Nummern machen den einzelnen austauschbar. Im Vordergrund steht
nicht der einzelne Spieler, sondern alleine die Mannschaft. Der B- und A-Jugend
werden auch andere Spielsysteme vermittelt, so dass sie mit neuem Raumverhalten
der Mit- und Gegenspieler konfrontiert werden und nach neuen Spiellösungen
suchen müssen (vgl. Kormelink/Seeverens 1998: 63).
Für die Jugendtrainer bei Ajax Amsterdam hat dies zur Konsequenz, dass sie nur
eine begrenzte Handlungsfreiheit haben. Sowohl Spieler als auch Trainer wissen von
Anfang an, wie das Resultat aussehen soll, denn das vom Verein bzw. Cheftrainer
gewünschte Spielsystem ist bekannt. Endsprechend müssen die Trainer Trainings-
programme erstellen, die sich an dem Konzept und den zugehörigen Positionen aus-
richten. Dabei werden einheitliche trainingsmethodische Leitlinien und systematisch

6
aufeinander abgestimmte Ausbildungsabschnitte vorgegeben. ,,Denn der Schulungs-
prozess kann nur dann optimal ablaufen, wenn sich alle Jugendtrainer an einem
einheitlichen Ausbildungskonzept orientieren, das aber gleichzeitig so viele
Freiräume lässt, dass jeder dennoch seine eigene Kreativität entwickeln und ein-
bringen kann" (Kormelink/Seeverens/Adriaanse 1993: 7). Ziel der Ajax-Ausbilder
ist es, alle zwei Jahre drei neue Jugendspieler in die erste Mannschaft einzubinden
(vgl. Kormelink/Seeverens 1998: 59). Diese hohe Zielsetzung scheint durchaus
erreicht zu werden. Nach einer Berechnung des Sport-Informations-Dienstes (1998:
13) produziert Ajax alle zwei Jahre 1,5 Nationalspieler für Hollands Bondscoach.
Ein weiteres deutliches Zeichen dafür, dass dieses Ausbildungskonzept aufgeht,
sieht man an der Mannschaft, die 1995 die Champions-League gewann. Mit einem
Durchschnittsalter von knapp 24 Jahren stellte Ajax den bis dahin jüngsten Titel-
träger aller Zeiten (vgl. Vieth 1995: 23).
Probleme können bei diesem eng aufeinander abgestimmten Ausbildungskonzept
u.a. dann auftreten, wenn Nachwuchsspieler für Spiele der verschiedenen Jugend-
Nationalmannschaften nominiert werden. Diese stellen zwar eine wertvolle Ergän-
zung zur Ausbildung auf der Vereinsebene dar, jedoch werden oftmals Spieler in
Auswahlmannschaften auf anderen Positionen eingesetzt und geschult als im Verein.
Dass dieser Spieler dann nicht dieselbe Leistung bringen kann wie auf einer Position
in einem taktischen Konzept, das ihm seit Jahren bekannt ist, scheint verständlich.
Weiterhin setzt eine auf eigene Nachwuchsspieler ausgerichtete Vereinsphilosophie
voraus, dass das Umfeld, die Sponsoren und Fans damit konform gehen. Ajax hat
eine Kultur, mit der Superstars nur schwer zurechtkommen, da deren Identität sich
kaum mehr ändern lässt. Im Gegensatz zu vielen anderen Spitzenvereinen wird aber
in Amsterdam ein konsequenter und risikofreudiger Einbau von Nachwuchsspielern
von der Öffentlichkeit erwartet. Außerdem minimiert die spezielle Situation des
niederländischen Fußballs mit nur wenigen absoluten Top-Vereinen das sportliche
Risiko unerfahrenere Spieler einzusetzen.
Entgegen diesen kaum nennenswerten Problemen liegen die Vorteile dieses Ausbil-
dungskonzeptes auf der Hand. Die Abstimmung des taktischen Spielsystems der
Profimannschaft mit allen Jugendmannschaften schafft Sicherheit und erleichtert die
Integration der Nachwuchsspieler in die Profimannschaft. Jedem Jugendspieler ist
die Taktik bekannt. Er muss sich beim Eintritt in den Profibereich nicht in ein neues
taktisches Konzept integrieren. Er kennt die Anforderungen, die an seine Position
und die seiner Mitspieler gestellt werden. Da diese Aufgaben an die Spielpositionen
geknüpft und somit unabhängig von der Person, die diese Position gerade besetzt,
sind, funktioniert das Zusammenspiel wie automatisiert, wobei natürlich ein Rest
Individualität nicht auszuschließen ist, im Gegenteil sogar gewollt ist. Gerade am
Anfang einer jeden Saison wird vielerorts das mangelnde Zusammenspiel und die
noch nicht befriedigende Integration der Neuzugänge beklagt. Diese Kosten, die bei

7
der sportlichen Integration der Neuzugänge in das Mannschaftsgefüge entstehen,
können durch ein effektives Ausbildungskonzept verringert werden.
5
3. Taktik und Strategie im Fußball
Da die Darstellung des Profifußballs aus ökonomischer Perspektive auf den
Begriffen Taktik und Spielsystem aufbaut, werden diese Begriffe nachfolgend aus
sportwissenschaftlicher Sicht detailliert erklärt. Der Fußball ist eine Mannschafts-
sportart, die sowohl körperliche als auch geistige Anforderungen an den einzelnen
Spieler aber auch an die Mannschaft als Kollektiv stellt. Die Spielidee und die
Regeln des Fußballs sind einfach und klar strukturiert. Fußball ist eine offene Sport-
art, in der sich die situativen Bedingungen ständig ändern, wodurch komplexe
Anforderungen an die Spieler gestellt werden. Neben den sich ändernden äußeren
Einflüssen ist vor allem ein Reichtum an Spielsituationen charakteristisch für diesen
Teamsport (vgl. Veit 1971: 12). Jeder Spieler strebt in der Folge eine rasche, präzise
und effektive Handlungslösung in ständiger Kooperation mit den Mitspielern und
unter gegnerischen Störeinflüssen im Wettkampf an.
5
Inzwischen haben sich auch deutsche Vereine das Ausbildungssystem von Ajax Amsterdam
zum Vorbild gemacht. Während Gerland, der damalige Jugendkoordinator des FC Bayern, 1993
noch berichtete, dass taktische Anordnungen für das Spielkonzept der Nachwuchsmannschaften
nicht von oben obligatorisch vorgegeben werden und die Nachwuchsspieler somit vom Spiel in
unterschiedlichen Systemen mit einer Vielfalt von Aufgaben profitieren (vgl. Ger-
land/Brüggemann 1993: 15), hat sich dies grundlegend geändert. Man hat beim FC Bayern ein
Spielsystem entwickelt, das von den A- bis herunter zu den D-Junioren praktiziert wird. Somit
sollen die Junioren ein größeres Spielverständnis für das System der Profis entwickeln. Außer-
dem wird jeder der rund 180 Nachwuchsspieler strikt für eine, höchstens für zwei Positionen
ausgebildet (vgl. Schuhmann 1997: 4, 10). Ähnlich wird dies beim VFB Stuttgart und bei Bo-
russia Mönchengladbach gehandhabt. Auch dort werden die Jugendmannschaften nach einen
einheitlichen Spielkonzept ausgebildet, um eine optimale Entwicklung der Jugendfußballer zu
gewährleisten (vgl. Vossen 1999: 17f.; Geiger 1995: 24). Bei Bayer 04 Leverkusen gibt es hin-
sichtlich des Spielsystems keine festgeschriebenen Vorgaben für die einzelnen Nachwuchs-
mannschaften. Dort werden den Jugendtrainern nur gewisse Grundausrichtungen wie z.B.
Raumdeckung und Pressing von oben diktiert (vgl. Diekmann 1998: 7; Bayer 04 Leverkusen
2000: 14).

8
3.1 Leistungsfaktoren im Fußball
Die Leistungsfähigkeit eines Spielers wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Das
Leistungsstrukturmodell von Hohmann und Brack (1983: 9) zeigt in Form einer
Pyramide sehr deutlich die Einflussfaktoren der komplexen Sportspielleistung und
ist leicht auf den Fußball übertragbar.
6
Elemente, die die Leistungsfähigkeit eines
Spielers bestimmen, sind neben Koordination/Technik, Kondition und psycho-
sozialen Fähigkeiten vor allem die taktische Handlungsfähigkeit oder Spielfähigkeit
(vgl. Bisanz/Gerisch 1994: 46; Gerisch/Rutemöller 1989: 278; Barth 1994: 6). Diese
Führungsfunktion der taktischen Handlungsfähigkeit besteht darin, ,,über den effek-
tiven und optimalen Einsatz konditioneller Fähigkeiten und technomotorischer
Fertigkeiten zu bestimmen und diese in den jeweiligen Spielkontext einzubinden"
(Lottermann 1994: 61). Technik und Kondition besitzen keinen Selbstzweck
sondern erhalten ihren Sinn erst vor dem Hintergrund von übergreifenden taktischen
Plänen und Konzeptionen. ,,Im Konzept der sportlichen Leistung kommt der Taktik
als hierarchisch wichtigste Leistungsvoraussetzung die entscheidende Bedeutung zu.
Da bei Mannschaften auf höchstem Leistungsniveau die Leistungsfaktoren Technik
und vor allem die Kondition annähernd gleich ausgebildet oder zumindest kompen-
sierbar sind, entscheidet häufig die Taktik über Sieg oder Niederlage" (Hohmann:
1996: 64).
Auf der Grundlage des antrainierten taktischen Wissens trifft ein Spieler in den
einzelnen Spielsituationen seine Entscheidungen. Gerade dem Entscheidungsprozess
kommt im Fußball große Bedeutung zu, da Fußballspieler viele Variablen in ihren
Entscheidungsprozess einbeziehen müssen, um situationsgerechte und erfolgver-
sprechende Handlungslösungen zu finden (vgl. Schock 1984: 5). Betrachtet man den
Handlungsablauf sportmotorischer Spielaktionen stark vereinfacht, so lassen sich
vier Teilprozesse innerhalb einer Handlung unterscheiden (vgl. Mahlo 1965: 813;
Mahlo 1974: 551; Barth 1980: 133, 198):
Wahrnehmung ! Entscheidung ! Ausführung ! Interpretation.
Technik und Kondition der Spieler bilden die Voraussetzung für die Ausführungs-
prozesse. Wahrnehmungs-, Entscheidungs- und Interpretationsvorgänge sind größ-
tenteils dem taktischen Bereich zuzuordnen und werden in der taktischen Ausbil-
dung geschult. Auch diese Sichtweise verdeutlicht die herausragende Stellung der
Taktik speziell im Profifußball.
6
Vergleiche Anhang 1: Bedingungsgefüge der komplexen Spielleistung.

9
3.2 Taktische Handlungsfähigkeit
Bevor auf das der Taktik übergeordnete Spielsystem eingegangen wird, gilt es, den
Begriff Taktik aus sportwissenschaftlicher Sicht zu definieren, um weiter mit ihm
arbeiten zu können. Barth definiert Taktik allgemein wie folgt: ,,Taktik umfasst die
Gesamtheit der individuellen und kollektiven Verhaltensweisen, Handlungen und
Operationen von Sportlern und Mannschaften, die unter Beachtung der Wettkampf-
regeln, des Partner- und Gegenerverhaltens sowie der äusseren Bedingungen auf die
volle Nutzung der eigenen Leistungsvoraussetzungen im Sinne eines bestmöglichen
Wettkampfergebnisses oder einer optimalen Leistung gerichtet sind" (Barth 1994:
5). Taktik steht für bewusst geplante und realisierte Handlungen. Solche plan-
mäßigen Handlungen finden sich im Fußball nicht nur im Spielfluss sondern auch
bei den verschiedenen sogenannten Standardsituationen, wie z.B. Eckball, Einwurf,
Freistoß. Dabei ,,sind taktische Komponenten notwendig, um vorhandene moto-
rische Fähigkeiten und Fertigkeiten optimal einzusetzen und zu nutzen"
(Uhlig/Uhlig 2000: 18). Das primäre Ziel der taktischen Ausbildung im Fußball ist
die akzentuierte Entwicklung, Verbesserung und Stabilisierung der taktischen
Handlungsfähigkeit. Die taktische Handlungsfähigkeit charakterisiert eine komplexe
Fähigkeit: ,,Ein Spieler hat für eine Anzahl von Spielen oder für ein bestimmtes
Spiel allgemeine und detaillierte Pläne und Programme, die von äußeren (z.B.
Trainer) und inneren Faktoren (individuelle Leistungsfaktoren) bestimmt werden. In
der aktuellen Spielsituation werden seine Entscheidungen quasi nach einer groben
hierarchischen Ordnung ablaufen: nach allgemeinen, grundlegenden Plänen, nach
speziellen Plänen für eine bestimmte Gruppe von Spielsituationen und nach Plänen
bzw. Programmen für bestimmte Handlungen oder Handlungsfolgen" (Schock 1984:
5). In diese Entscheidungen gehen sowohl seine taktischen Fähigkeiten als auch
seine taktischen Kenntnisse und Fertigkeiten ein (vgl. Harre 1979: 223).
3.2.1 Taktische
Kenntnisse
Im Bereich der taktischen Kenntnisse geht es um das Wissen über Spielregeln und
ihre optimale Ausnutzung, Wettkampforganisation, Spielsysteme und deren Vari-
anten, um Kenntnisse der taktischen Regeln und um Kenntnisse der Wechselbe-
ziehung zwischen Kondition, Technik, Taktik und Willenseigenschaften. Außerdem
werden darunter theoretische Kenntnisse über die Prozesse der Wahrnehmung, über
die Analyse der Spielsituation und über gedankliche Lösungen verstanden (vgl. Roth
1989: 23; Bisanz 1985: 8; Harre 1979: 223f.). Der Fußballspieler soll sich intensiv
mit dem Spiel als solches, dem der eigenen Mannschaft und dem des Gegners
beschäftigen. Er soll lernen, dass Spiel zu lesen, um in jeder Situation schnell
richtige Entscheidungen zu treffen und zu realisieren.

10
3.2.2 Taktische
Fertigkeiten
Weitgehend automatisierte Bewegungen werden als Fertigkeiten bezeichnet. ,,Die
sportmotorischen Fertigkeiten repräsentieren das Repertoire der sportartspezifischen
Techniken" (Joch 1997: 117). Sie werden in einem Lernprozess antrainiert, wobei
das Bewusstsein beim Beherrschen der Bewegung nicht notwendigerweise als
Steuerungsmechanismus eingreifen muss (vgl. Röthig 1987: 133). Roth (1989: 25)
versteht unter taktischen Fertigkeiten ,,praktisch ausgebildete, automatisierte Ant-
worthandlungen auf typische Situationskonstellationen." Die ganze Mannschaft
betreffend könnte dies z.B. ein einstudierter Spielzug sein. Gleichermaßen gehören
hierzu jedoch auch individuelle Lösungsformen. Durch ständiges Training laufen
diese einstudierten Handlungen technisch sicher, präzise und automatisiert ab. D.h.
in bestimmten Situationen im Spiel werden beherrschte Techniken automatisch
abgerufen. Das Bewusstsein wird zum Gelingen der Technik nicht benötigt sondern
konzentriert sich auf den situativen Einsatz der Fertigkeit entsprechend der vom
Trainer vorgeschriebenen taktischen Aufgabe.
3.2.3 Taktische
Fähigkeiten
Taktische Fähigkeiten unterscheiden sich von den taktischen Fertigkeiten dadurch,
dass sie nicht nur in bestimmten Situationen automatisiert abgerufen werden sondern
situationsübergreifend wirksam sind. ,,Sie erhalten dann eine große Bedeutung,
wenn nicht direkt auf vorgefertigte Antwortmuster zurückgegriffen werden kann
und damit das allgemeine Vermögen der Sportler gefordert wird, der jeweiligen
Situation entsprechend die eigenen konditionellen Fähigkeiten, technisch-taktische
Fertigkeiten usw. ökonomisch und zweckmäßig einzusetzen" (Roth 1989: 25f.).
Taktische Fähigkeiten beziehen sich im allgemeinen auf das Vermögen eines
Spielers, sich Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen und unter Wettkampfbe-
dingungen für die Lösung individueller und kollektiver taktischer Aufgaben anzu-
wenden (vgl. Harre 1979: 225; Bisanz 1985: 8). Das Ziel der Fußballausbildung in
diesem Bereich ist es, den Spieler zu befähigen, die unterschiedlichen Situationen
im Wettkampf schnell, angemessen wahrzunehmen und auf Grundlage des antrai-
nierten Könnens Entscheidungen zu treffen, die im Sinne der mannschaftstaktischen
Ausrichtung bzw. erfolgversprechend sind. D.h. der diesbezügliche Schwerpunkt im
Training sollte im Bereich der Handlungsschnelligkeit auf der Grundlage der mann-
schaftstaktischen Marschrichtung liegen.

11
3.3 Taktische Handlungen
Sieht man sich den Verlauf einer Spielaktion an, so lassen sich vereinfacht die
bereits erwähnten vier Teilprozesse Wahrnehmung, Entscheidung, Ausführung und
Interpretation unterscheiden. Die folgende Abbildung zeigt den Handlungsablauf in
vereinfachter Form sowie die Einflussfaktoren, die auf die einzelnen Teilprozesse
einwirken. Dabei wurde das Hauptaugenmerk auf von der Taktik bzw. dem Taktik-
training bestimmte Einflussfaktoren gelegt.
7
Abbildung 2: Phasenmodell einer spieltaktischen Handlung
praktischer
Lösungsversuch
= taktische
Handlung
Entscheidung
für eine best.
Ausführung
Neue
Spielsituation
Spielsituation
Wahrnehmung/
Analyse der
Situation
gedankliche
Lösung der
Spielsituation
Prozess
der taktischen
Handlung
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bauer/Ueberle 1984: 64
7
Auf motivationale und sensorische Fähigkeiten sowie psychische Qualitäten, die ebenfalls auf
die taktische Handlung Einfluss nehmen, wird der Vollständigkeit halber hingewiesen.
im Training ausgebildete
taktische Kenntnisse,
taktische Fertigkeiten,
taktische Fähigkeiten
auf Grundlage, der vom
Trainer vorgegebenen
mannschaftstaktischen
Ausrichtung

12
Die Qualität der praktischen Handlung ist überwiegend bestimmt durch das tech-
nische und konditionelle Niveau, auf dem sich der einzelne Spieler befindet. Die
Wahrnehmungs-, gedankliche Lösungs- und Entscheidungsphasen sind eher dem
taktischen Bereich zuzuordnen. Anzumerken bleibt, dass die Teilprozesse im Fuß-
ball unter großem Zeitdruck ablaufen müssen. ,,Es ist in der Folge eine rasche,
präzise und effektive Handlungslösung in ständiger Kooperation mit den Mitspielern
und unter gegnerischen Störeinflüssen im Wettspiel anzustreben" (Uhlig/Uhlig
1996: 50). Die Spieler taktisch auszubilden und die Taktik für die Spiele vorzugeben
ist Sache des Trainers und des regelmäßigen Trainings. Dabei stehen im Taktik-
training drei Hauptaufgaben jedes Spielers im Vordergrund, die in jedem Spiel
unregelmäßig oft auftreten und die im Spiel aufeinander folgen bzw. sich einander
abwechseln: das offensive, positionsspezifische Spiel bei Ballbesitz der eigenen
Mannschaft, das defensive, positionsspezifische Spiel bei Ballbesitz der geg-
nerischen Mannschaft sowie das Umschalten von der Defensive zur Offensive und
umgekehrt. In diesen Spielphasen ist die Qualität der taktischen Handlungsfähigkeit
des Spielers aus individual-, gruppen- und mannschaftstaktischer Sicht für die
Effektivität des Teams von großer Bedeutung (vgl. Uhlig/Uhlig 1996: 51).
3.4 Systematik der Taktik
Die Taktik im Fußball lässt sich nach unterschiedlichen Kriterien strukturieren: nach
Abwehr- und Angriffsphase, nach allgemeinen und positionsspezifischen Hand-
lungen sowie nach individuellen und kollektiven Aktivitäten im gesamtmannschaft-
lichen Rahmen (vgl. Winkler 1984: 5). Wie umfangreich und vielfältig das Hand-
lungsfeld im Fußball gestaltet ist, lässt sich aus der Abbildung 3 entnehmen.

13
Abbildung 3: Struktur der Fußballtaktik
Fußballtaktik
Angriff Abwehr
Allgemeine taktische Handlungen
Allgemeine individualtaktische
Möglichkeiten
Allgemeine
gruppentaktische
Möglichkeiten
Mannschaftstaktische Handlungen
Spezielle individualtaktische
Möglichkeiten
Positions-
aufgabengebundenes
individualtaktisches Handeln
Spezielle
gruppentaktische
Möglichkeiten
Spezielle
Handlungsmöglichkeiten
a) innerhalb der
Positionsgruppen
b) zwischen Spielern
verschiedener Positionen
Spezielle
mannschafts-
taktische Möglichkeiten
Geplantes Handeln aller
Spieler einer Mannschaft
Quelle: Bisanz/Gerisch 1994: 197
Der Begriff Individualtaktik wird zur Einordnung jener Aktionen verwendet, in
denen ein Spieler ohne direkte Einbeziehung seiner Mitspieler versucht, ein ange-
strebtes Ziel zu erreichen. Dieses Ziel besteht - vereinfacht ausgedrückt - darin, Tore
in der gegnerischen Spielhälfte zu erzielen und in der eigenen zu verhindern. Das
Beherrschen individualtaktischer Maßnahmen bildet die Grundlage für eine effek-
tive Gruppen- und Mannschaftstaktik. Bei gruppen- sowie bei mannschafts-
taktischen Maßnahmen muss jeder Spieler in seinen Entscheidungs- und Auswahl-
prozessen immer die Handlungen seiner Mitspieler mit einbeziehen, d.h. es wird im
Vergleich zu Einzelhandlungen eine vielfältigere Abstimmung der Spielaktionen
unter räumlichen und zeitlichen Gesichtspunkten notwendig. Unter gruppen-
taktischen Handlungen versteht man in diesem Zusammenhang, z.B. dass die
Stürmer oder auch die Spieler auf der Außenbahn ihre positionsbedingten Spiel-
handlungen wie die Laufwege oder Pässe aufeinander abstimmen, koordinieren. Bei
mannschaftstaktischen Maßnahmen erfolgen alle Einzelhandlungen vor dem Hinter-
grund eines gemeinsamen Konzepts des gesamten Teams (vgl. Wagner 1995: 8f.;

14
Roth 1989: 9; Gerisch 1988b: 40f.; Gerisch 1988c: 38ff.; Bisanz/Gerisch 1994:
195f., 292; Bauer 1999: 17).
3.5 Strategische Konzepte und Spielsysteme im Fußball
Eine Strategie bezeichnet im Sport ein geregeltes System von Handlungsplänen und
Entscheidungsalternativen, das unter der sportlichen Zielvorstellung einen Hand-
lungszusammenhang so zu regeln gestattet, dass ein optimaler Erfolg möglich ist
(vgl. Hahn 1984: 13). Eine Strategie wird dadurch funktionsfähig, dass alle Spieler
im Wettkampf einmütig nach einer vom Trainer ausgegebenen und trainierten Parole
reagieren, ohne dass sie sich darüber während des Geschehens verständigen müssen
(vgl. Hahn 1984: 14). Zusätzlich wird von mehreren Autoren der mittel- bis lang-
fristige Zeithorizont einer Strategie betont. In dem Zusammenhang definiert Röthig
ein System ,,als Menge von Elementen, die in Wechselwirkung miteinander stehen"
(Röthig 1987: 492). Der Begriff System zielt somit eher auf das Interagieren der
Spieler ab, wohingegen die Strategie mehr die mit den Spielern verbundenen
positionsspezifischen taktischen Handlungspläne im Vordergrund sieht. Spricht man
davon, dass ein Spieler eine bestimmte Position im Mannschaftsgefüge bekleidet, so
denkt man damit auch implizit an die mit seiner Position verbundenen positions-
spezifischen taktischen Aufgaben. Somit werden im Fußball beide Begriffe ­ Strate-
gie und System ­ oftmals synonym verwendet. Spielsysteme bilden den Rahmen für
die Spielordnung von Mannschaftsformationen auf dem Spielfeld und den Rahmen
für die Spieltaktik (vgl. Gerisch 1988a: 15). Sie legen die Besetzung der einzelnen
Spielpositionen fest, aus denen sich die Aufgabenbereiche der einzelnen Spieler im
Angriffs- und Abwehrverhalten und die positionsspezifischen Spielräume ableiten.
Innerhalb dieser vorgegebenen Aufgaben bleibt den Spielern ein mehr oder weniger
großer Entscheidungsspielraum zur Verwirklichung der Spielidee (vgl.
Bisanz/Gerisch 1994: 196). Zusätzlich zu den grundlegenden Aufgaben werden dem
einen oder anderen Spieler in der Vorbesprechung zum jeweiligen Spiel erwei-
ternde, einengende oder verändernde Aufgaben vom Trainer zugewiesen (vgl. Brüg-
gemann/Albrecht 1991: 156). Die strategische Idealvorstellung ist es, für jede
mögliche Situation die richtige Entscheidung im voraus zu planen. Dies wird umso
schwieriger, je mehr Freiheitsgrade der Entscheidung möglich sind. Zusätzlich
besteht speziell in Teamsportarten die Gefahr des Auftretens unkontrollierbarer und
nicht kalkulierbarer zufälliger Züge, z.B. individuelle Technikfehler der Mitspieler
aber auch des Gegners (vgl. Barth 1994: 8). Dadurch wird deutlich, dass die Stra-
tegie bzw. das Spielsystem nur das Fundament für mannschaftlich geschlossenes
Handeln darstellt. Auf unvorhergesehene Spielsituationen werden die Spieler

15
weiterhin individuell reagieren, um danach wieder zum vorgegebenen Spielsystem
zurückzufinden.
Eine Strategie ist in erster Linie auf die eigenen Fähigkeiten und die eigene Mann-
schaft bezogen. Alle Spieler sollten die wahrscheinlichen Handlungen ihrer Mit-
spieler kennen und mitdenken können, um sich mannschaftskonform zu verhalten
(vgl. Hahn 1984: 13). Die Taktik baut auf dieser langfristig geplanten Strategie und
dem Spielsystem auf. Das Spielsystem bildet somit die Basis für taktisches Handeln.
Bei der Planung taktischer Handlungen wird normalerweise im Gegensatz zum
Spielsystem vom Trainer auf den jeweiligen Gegner und die konkrete Wettkampf-
situation Bezug genommen. So ist die Taktik eher der mittel- und kurzfristigen
Vorbereitung zuzuordnen (vgl. Barth 1994: 5).
Ein System bildet das Grundkonzept, in das die konditionelle und technische Schu-
lung einzupassen ist. ,,Die Entwicklung einer Strategie setzt eine sorgsame Analyse
der Einflussgrößen und ihrer wechselseitigen Abhängigkeiten voraus" (Röthig 1987:
486). Will ein Coach für ein Team ein Spielsystem erarbeiten, ist es wichtig für ihn,
die unterschiedlichen Fähigkeiten der Spieler, die ihm zur Verfügung stehen, genau
zu kennen. ,,Für den Trainer gilt es herauszufinden, mit welchen Aufgaben und
Mitspielern der einzelne Spieler seine besonderen Eigenheiten und Vorzüge am
wirkungsvollsten dauerhaft zur Entfaltung bringt. Die Entscheidung für ein
bestimmtes Spielsystem als vorgeplante Ordnung von Positionen und Aufgaben
bildet sich erst aus jener gründlichen Analyse der zur Verfügung stehenden Spieler
heraus" (Brüggemann/Albrecht 1991: 157). Zu Beginn einer Trainertätigkeit wird
dieser versuchen, das System umzusetzen, in dem die Spieler, die aktuell dem Kader
angehören, die optimale Leistung bringen können. Im Laufe der Zeit kann er dann
durch das tägliche Training, die Ausbildung von Nachwuchsspielern und den Ein-
kauf neuer Spieler das System umsetzen, das er selbst favorisiert.
3.6 Taktik und Spielsystem aus dem Blickwinkel der Kleingruppen-
forschung
Ballspielmannschaften werden aus der Sicht der Wissenschaften, die sich mit dem
menschlichen Verhalten befassen ­ in diesem Zusammenhang sei vor allem die
Soziologie und Psychologie genannt -, als Kleingruppen bezeichnet und in diesem
Kontext analysiert (vgl. Veit 1971: 11). Der Kader einer Fußballmannschaft besteht
aus ca. 25 Spielern, wobei in jedem Spiel inklusive der Auswechselspieler maximal
14 Spieler zum Einsatz kommen. Die Analyse der Strukturen einer Fußball-
mannschaft auf die Stammformation zu beschränken, wäre aus mehreren Gründen
zu kurzsichtig: Zum einen verändert sich die Aufstellung aufgrund von Verlet-
zungen, Sperren und Formschwankungen sowie in Abhängigkeit des jeweiligen

16
Gegners meist von Spiel zu Spiel und zum anderen wird das Zusammenspiel im
Training mit dem gesamten Spielerkader geschult. Eine Fußballmannschaft kann als
soziale Gruppe bezeichnet werden, die wie folgt definiert wird: Eine soziale Gruppe
umfasst eine bestimmte Zahl von Mitgliedern, die zur Erreichung eines gemein-
samen Ziels über längere Zeit in einem relativ kontinuierlichen Kommunikations-
und Interaktionsprozess stehen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickeln
(vgl. Weiß 1999: 110). Zur Erreichung des gemeinsamen Gruppenziels ist ein
System gemeinschaftlicher Regeln und eine Verteilung der Aufgaben über ein
gruppenspezifisches Rollendifferential erforderlich. ,,Die Größe der Gruppe und ihre
Aufgabenorientierung bewirken die Herausbildung eines Systems von Positionen
und damit verbundenen Rollen" (Meding 1985: 16). Ein solches System von Positi-
onen und Rollen ist von seiner Bedeutung her mit dem taktischen Spielsystem einer
Fußballmannschaft vergleichbar. Die Aufstellung des Teams, die der Trainer auf der
Grundlage des taktischen Spielsystems festlegt, weist den Spielern bestimmte Posi-
tionen bzw. Rollen in der Mannschaft zu. Daraus ergeben sich mehr oder weniger
standardisierte Beziehungen unter den Teammitgliedern (vgl. Essing 1970: 349).
,,Eine Fußballmannschaft ist durch ein differenziertes Positions- und Rollengefüge
gekennzeichnet, d.h. die Spieler haben ­ entsprechend der taktischen Systeme, die
verwendet werden ­ unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen" (Cachay/Fritsch 1983:
519). Jede Position im Spielsystem einer Mannschaft ist mit einer Vielzahl von
Normen und Erwartungen verbunden. Dieser Erwartungskomplex bestimmt die
Verhaltensweise, die der Positionsinhaber gegenüber seinen Mitspielern in anderen
Positionen zeigen sollte, und umgekehrt (vgl. Morton/Krauss 1997: 180). Den Posi-
tionen im Team entsprechen im Verhalten die Rollen. Fußballmannschaften beste-
hen aus sozialen Rollen. ,,In einem verhaltensrelevanten Sinn versteht man darunter
den Komplex von Handlungen, der wiederholt von einzelnen sozial Handelnden
ausgeführt wird, die sich in einzelnen Positionen in einem Netz von Beziehungen
und Handlungen befinden" (Schafer 1966: 110). Für ein Fußballteam ,,bedeutet dies,
eine mitgliederspezifische, an der Spielstruktur orientierte arbeitsteilige Organisa-
tion in den formellen Rollen
8
, so dass sich die Formalstruktur des Teams in der
durch die Taktik festgelegten räumlichen Positionierung der Spieler im Angriff und
in der Verteidigung widerspiegelt" (Meding 1985: 16).
Innerhalb der Sportspiele unterscheidet man interagierende und koagierende Sport-
spielmannschaften. Bei koagierenden Mannschaften hängt der Erfolg im wesent-
lichen von den Individualleistungen der Mannschaftsmitglieder ab. Die Gruppen-
8
In jeder Gruppe existieren zwei allgemeine Kategorien von Rollen: Informelle Rollen ergeben
sich meist spontan aus dem Training oder Spielgeschehen heraus; formelle Rollen werden direkt
vom Trainer durch Zuweisung von Positionen und den damit verbundenen Aufgaben vorgege-
ben.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832442095
ISBN (Paperback)
9783838642093
Dateigröße
691 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Trier – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Note
1,7
Schlagworte
humankapital sportwissenschaften expertenbefragung fußball personalwirtschaft
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Titel: Die Ausbildung talentierter Nachwuchsspieler und ihre Integration in den professionellen Fußball
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