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Zur Professionalität pädagogischen Handelns

Eine empirische Studie zur Gesprächsführung in der außerschulischen Jugendarbeit

©1999 Diplomarbeit 152 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Seit Erziehung von staatlichen Institutionen und berufsmäßigen Erziehern und Erzieherinnen betrieben wird, stellt sich die Frage nach Professionalität und Professionalisierbarkeit pädagogischer Tätigkeiten. Der Stellenwert der sog. Professionalisierungsdebatte kann für die Pädagogik nicht hoch genug eingeschätzt werden, da es letztlich um die Legitimation und das Selbstverständnis einer wissenschaftlichen und praktischen Disziplin geht: Ist pädagogisches Handeln professionell (gemessen an welchen Standards?), professionalisierungsbedürftig bzw. ist es überhaupt professionalisierbar? Insbesondere in diffus institutionalisierten Bereichen mit relativ offener Aufgabenstruktur scheinen Konzepte der klassischen Professionen (wie etwa Klientenautonomie, wissenschaftlich fundierte Diagnoseverfahren, etc.) und die daran geknüpfte Ausbildung von Handlungsparadoxien nicht zu greifen.
Die vorliegende Arbeit wird sich auf den Bereich der Offenen Jugendprojektarbeit konzentrieren, die - anders als die klassischen Professionen oder auch klarer strukturiertere Felder in der Pädagogik selbst (wie etwa die Schule) - ein klares Tätigkeits- und Aufgabenprofil vermissen lässt. „Wofür wirst du eigentlich bezahlt?“ - eine Frage, die Sozial- und Jugendarbeiter häufig zu hören zu bekommen, reflektiert den Umstand, dass ihre Tätigkeit sich nicht an klaren Zielen und Maßnahmen orientiert und sich häufig in der Lebenswelt des Klientels verliert. Pädagogisch tätig zu werden, kapriziert sich in solchen Zusammenhängen oft auf ‘natürliches’ Interagieren ohne klar umrissene und institutionell verbürgte Beteiligungsrollen. Um Kriterien für eine pädagogische Professionalität gerade in diesen Bereichen spezifizieren zu können, ist es deshalb nötig, die zwangsläufig auftretenden Paradoxien und deren Bewältigungsformen an empirischem Material zu beschreiben, d.h. mit dem Blick auf die konkrete pädagogische Alltagspraxis.
Aus diesem Grund steht die Analyse pädagogischer Interaktionsprozesse im Vordergrund, die darüber Aufschluss geben soll, in welchen Widersprüchen sich Jugend(sozial)arbeiterinnen notwendigerweise bewegen und welche Ressourcen zur Verfügung stehen, diesen Problemen zu begegnen. Den Kern der vorliegenden Arbeit bilden somit detaillierte Analysen pädagogischer Gesprächsprozesse, deren Ziel es ist, die Entstehung, die Aushandlung, die Lösung oder Nicht - Lösung pädagogischer Probleme als intertaktive Leistung der Beteiligten zu begreifen. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I Professionalität
1. Klassische Professionalisierungstheorien
2. Strukturtheoretische und interaktionistische Konzepte pädagogischer Professionalität
3. Jugendarbeit und Professionalsierung

II. Methodische Herangehensweise: Gesprächsanalyse als interpretatives Forschungsprogramm
1. Gespräch als Analysegegenstand
2. Konstruktions- und Analyse prinzipien
3. Prozeduren der Analyse von Gesprächen: Ebenen der Interaktionskonstitution und formale methodische Heuristiken

III Analyse pädagogischer Interaktionen
1. Kontext und Vorgehensweise
2. Gesprächsanalytische Rekonstruktion ausgewählter Passagen
a) „Was wolln wer machen?“ (T1)
b) „Also ich mein, ein Thema wär jetzt“ (T2)
c) „Ihr müßt euch auf acht Lieder einigen“ (T3)
d) „Nur, was ich fragen wollte?“ (T4)
3. Ergebnisdarstellung: Paradoxien, Bewältigungsstrategien und kommunikative Ressourcen in jugend(sozial)arbeiterischer Interaktion
a) Paradoxien und Bewältigungsoptionen/ -kontinua (was kann prinzipiell wie bewältigt werden?)
b) Empirische Befunde: Ressourcen der Paradoxienbewältigung (wie wurden die Paradoxien im vorliegenden Fall konkret bewältigt?)

Resümee

Anhang A: Transkriptionssymbole

Anhang B: Transkriptionen

Literaturverzeichnis

Einleitung

Seit Erziehung von staatlichen Institutionen und berufsmäßigen Erziehern und Erzieherinnen[1] betrieben wird, stellt sich die Frage nach Professionalität und Professionalisierbarkeit pädagogischer Tätigkeiten. Der Stellenwert der sog. Professionalisierungsdebatte kann für die Pädagogik nicht hoch genug eingeschätzt werden, da es letztlich um die Legitimation und das Selbstverständnis einer wissenschaftlichen und praktischen Disziplin geht: Ist pädagogisches Handeln professionell (gemessen an welchen Standards?), professionalisierungsbedürftig bzw. ist es überhaupt professionalisierbar? Insbesondere in diffus institutionalisierten Bereichen mit relativ offener Aufgabenstruktur scheinen Konzepte der klassischen Professionen (wie etwa Klientenautonomie, wissenschaftlich fundierte Diagnoseverfahren, etc.) und die daran geknüpfte Ausbildung von Handlungsparadoxien nicht zu greifen. Die vorliegende Arbeit wird sich auf den Bereich der Offenen Jugendprojektarbeit konzentrieren, die - anders als die klassischen Professionen oder auch klarer strukturiertere Felder in der Pädagogik selbst (wie etwa die Schule) - ein klares Tätigkeits- und Aufgabenprofil vermissen läßt. „Wofür wirst du eigentlich bezahlt?“[2] - eine Frage, die Sozial- und Jugendarbeiter häufig zu hören zu bekommen, reflektiert den Umstand, daß ihre Tätigkeit sich nicht an klaren Zielen und Maßnahmen orientiert und sich häufig in der Lebenswelt des Klientels verliert. Pädagogisch tätig zu werden, kapriziert sich in solchen Zusammenhängen oft auf ‘natürliches’[3] Interagieren ohne klar umrissene und institutionell verbürgte Beteiligungsrollen. Um Kriterien für eine pädagogische Professionalität gerade in diesen Bereichen spezifizieren zu können, ist es deshalb nötig, die zwangsläufig auftretenden Paradoxien und deren Bewältigungsformen an empirischem Material zu beschreiben, d.h. mit dem Blick auf die konkrete pädagogische Alltagspraxis. Aus diesem Grund steht die Analyse pädagogischer Interaktionsprozesse im Vordergrund, die darüber Aufschluß geben soll, in welchen Widersprüchen sich Jugend(sozial)arbeiterinnen notwendigerweise bewegen und welche Ressourcen zur Verfügung stehen, diesen Problemen zu begegnen. Den Kern der vorliegenden Arbeit bilden somit detaillierte Analysen pädagogischer Gesprächsprozesse, deren Ziel es ist, die Entstehung, die Aushandlung, die Lösung oder Nicht - Lösung pädagogischer Probleme als intertaktive Leistung der Beteiligten zu begreifen. Pädagogisches Handeln als das tagtägliche Aushalten und Bewältigen unauflösbarer Paradoxien ist kriterial nur dann zu erfassen - so die These der vorliegenden Arbeit -, wenn genau diese Prozesse in ihrer Komplexität zur Bestimmungsgrundlage pädagogischer Professionalität gemacht werden.

Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: Der erste Teil dient dazu, die verschiedenen Diskussionslinien der Professionalisierungsdebatte zu erörtern, wobei eine schrittweise Engführung dadurch erfolgt, daß die Probleme, die mit einer spezifisch pädagogischen Professionalität (Abschn. 2) zusammenhängen, aus der klassisch - soziologischen Professionstheorie (Abschn. 1) entwickelt werden, um dann schließlich in Abschnitt 3 die besonderen Schwierigkeiten einer Professionalität im Bereich der (offenen) Jugendarbeit herauszuarbeiten. Der zweite Teil führt in das methodische Instrumentarium ‘Gesprächsanalyse’ ein, indem auf der Basis einer gegenstandstheoretischen Betrachtung Analyseprinzipien und -heuristiken formuliert werden. Im dritten Teil sollen die gegenstands- und methodenbezogenen Erörterungen dadurch miteinander verbunden werden, daß konkretes Datenmaterial aus dem Bereich der Jugend(sozial)arbeit einer gesprächsanalytischen Betrachtung unterzogen wird. Vier im Modus der Registrierung konservierte[4] Ausschnitte pädagogischer Interaktion, verstanden als natürliche Dokumente pädagogischer Praxis, repräsentieren dabei die empirische Datenbasis der vorliegenden Arbeit. Im Fokus der Analyse steht zweierlei: Zunächst ist zu fragen, ob und wenn ja welche Paradoxien das pädagogische Handeln im vorliegenden Fall begleiten und welche Indizien im Gesprächsmaterial auf einen solchen Umstand verweisen. Darüber hinaus soll geklärt werden, wie Paradoxien im vorliegenden Fall vom handelnden Pädagogen bewältigt werden. Diesen Fragen wird in Abschnitt 1 und 2 des dritten Teils nachgegangen, wobei zunächst kurz erläutert wird, wie der vorliegende Korpus zustande kam, nach welchen Kriterien die Auswahl der Ausschnitte erfolgte und welchen kontextuellen Bedingungen das Gespräch unterlag (Sprecher/innen; Gesprächsanlaß, etc.) (Abschn. 1). Die anschließenden Analysen der ausgewählten Ausschnitte (Abschn. 2) stellen den breitesten und wichtigsten Teil der vorliegenden Arbeit dar; insgesamt wurden vier Ausschnitte verschriftet (s. Anhang B) und bearbeitet, wobei sich die erste Analyse aus Demonstrations- und heuristischen Zwecken am Ausführlichsten gestalten wird (Abschn. 2a). Die folgenden Analyse (Abschn. 2b-d) werden dagegen fokussierter vorgehen. Im Abschnitt 3 soll schließlich versucht werden, die Ergebnisse der vorgängigen Analyse auf einem höheren Abstraktionsniveau zu systematisieren: (Rück)gefragt werden soll, welche Paradoxien, welche Bewältigungsmöglichkeiten und welche kommunikativen Ressourcen sich auf der Basis der Analysen konstatieren lassen. Hierzu wird es notwendig sein, auf die theoretischen Erörterungen des ersten Teils und insbesondere die dortige Diskussion der Jugendarbeit zurückzugreifen. Im Resümee sollen abschließend die folgenden, drei allgemeineren Thesen, die sich aus der vorliegenden Arbeit ergaben bzw. durch sie vertreten werden sollen, ausblickartig vorgestellt und plausibilisiert werden: Erstens bringt es das Setting außerschulischer pädagogischer Interaktion mit sich, daß der Pädagoge sich vorwiegend im Modus des ‘verdeckten Arrangierens’ bewegt. Zweitens weist das Setting der außerschulischen Jugendarbeit (insbes. wenn es sich um offene Arbeit mit Jugendlichen handelt) spezifische Rahmenbedingungen auf, die weder mit pädagogischem Handeln im schulischen Rahmen noch gar mit klassischen Professionen verglichen werden können. Die Ausbildung von Paradoxien und Bewältigungsformen gestaltet sich - so die These - in diesem Bereich nach einer eigenen Logik und muß - so die Konsequenz - sytematisch von anderen pädagogischen Bereichen abgegrenzt werden. Aus der Spezifität des Settings bzw. seinen besonderen Handlungsanforderungen (‘verdecktes Arrangieren’) folgt drittens, daß sich pädagogische Professionalität im Wesentlichen auf kommunikative (interaktionale) Kompetenz erstreckt.

I Professionalität

Unter ‘professionell’ versteht die Alltagssprache üblicherweise die Fähigkeit, ein bestimmtes Aufgabenfeld souverän zu bewältigen, ohne sich persönlich übergebühr involvieren zu lassen. Ist vom ‘Profi’ die Rede, so hat man jemanden vor Augen, der sein (Spezial-)gebiet einzigartig beherrscht, trotzdem aber in der Lage ist, die nötige Distanz aufrecht zu erhalten. Die bereits im Alltagssprachgebrauch aufscheinenden Bedeutungsdimensionen finden sich in der sog. Professionalisierungsdebatte der Pädagogik in verschärfter Form wieder: Taugt das Bild des distanzierten Fachmanns für ein pädagogisches Professionalitätskonzept oder wird nicht vielmehr die pädagogische Beziehung durch zunehmende Verberuflichung zerstört[5] ? Professionalisierung - ursprünglich ein ehrgeiziges, berufsstrategisches Projekt, die erziehenden und helfenden Berufe mit den klassischen Professionen gleichzustellen - geriet in den 70er Jahren zunehmend in die Kritik: Professionalisierung - schlichtweg gleichgesetzt mit den negativen Auswüchsen der Moderne[6] - wurde eine Tendenz zur Kolonialisierung der Lebenswelt (Habermas) unterstellt. Rufe nach De- und Entprofessionalisierung, nach Laienhelfern und alltagsweltlich verwurzelten Erzieherinnen wurden laut. An dieser auf mehreren Ebenen stattfindenden Diskussion offenbart sich die spezifische Problematik pädagogischer Professionalität: So geht es nicht nur darum, wie die Pädagogik als Beruf und als Handlungswissenschaft zu professionalisieren ist, sondern zunächst darum, ob und welche Professionalität für die Pädagogik überhaupt angemessen und wünschenswert ist. Die damit zusammenhängende Abkehr von den lange Zeit vorherrschenden merkmalstheoretischen Defizitkonzepten und die Hinwendung zu strukturtheoretischen und interaktionistischen Zugängen bedeutete zumindest zweierlei: Neubestimmung pädagogischer Professionalität auf der Basis einer dem pädagogischen Handeln eigenen Strukturlogik sowie empirische Untersuchungen zur faktischen Handlungsproblematizität in (sozial)pädagogischen Arbeitsfeldern[7].

Diese insbesondere von Ulrich Oevermann und Fritz Schütze vertretenen Zugänge[8] bilden den heutigen Stand und den Kern der professionstheoretischen Diskussion in den Erziehungswissenschaften[9]. Ihre Entstehung aus klassischen Professionskonzepten sowie ihre heutige Gestalt soll im Folgenden skizziert werden, um eine theoretische Ausgangsbasis für die empirische Rekonstruktion pädagogischen Handelns, seiner Probleme und Lösungen zu schaffen.

1. Klassische Professionalisierungstheorien

Die Professionen werden innerhalb professionssoziologischer Betrachtungen als typische Phänomene der Moderne verstanden. Im Zentrum der Betrachtungen stehen zum einen strukturelle zum anderen handlungstheoretische Bestimmungen[10]. Beide Zugänge müssen als Ableitungsbasis und Grundlage für die Auseinandersetzung mit einer pädagogischen Professionalität begriffen werden.

Innerhalb struktureller Zugänge sind es vor allem machttheoretische[11] und funktionalistische[12] Konzepte, die Professionen als Sonderform der Berufe in einer funktional hoch differenzierten Gesellschaft begreifen. Der Übergang von einer vormodernen zu einer modernen Gesellschaft und die damit einhergehenden Konsequenzen[13] schufen den Bedarf für die Institutionalisierung zentralwertbezogener Berufsgruppen. Diese bearbeiten auf der Basis wissenschaftlich fundierten Wissens und staatlicher Lizensierung zentrale Probleme menschlichen Zusammenlebens. Die so verstandenen klassischen Professionen (Medizin, Jura, Theologie) wiesen typische Merkmale auf, die lange Zeit als notwendige Bedingungen erachtet wurden, damit von einer Profession die Rede sein kann. Dazu zählten vor allem Berufsautonomie (verbunden mit einer einheitlichen Interessensvertretung durch Berufsverbände), Verwissenschaftlichung (verbunden mit einer Spezialisierung des Wissens, einer Höherqualifizierung der Berufsausbildung durch die Einrichtung formalisierter Studiengänge und einer Kontrolle der Ausbildung und des Zugangs) und Selbstkontrolle durch die Kodifizierung berufsethischer Normen.

Der handlungstheoretische Zugang schreibt den Professionen in Anlehnung an Talcott Parsons eine sozialintegrative Funktion zu, was auf der Interaktionsebene die Ausbildung einer besonderen Handlungslogik bewirkt[14]. Ausgangspunkt dieser Argumentation ist das von Parsons am ärztlichen Handeln exemplifizierte Konzept der höherstufigen, universellen Solidarität. Hierbei handelt es sich um eine aus den sog. pattern variables[15] abgeleitete, besondere Art der Handlungsorientierung. Der Autoritäts- und Rationalitätstypus professioneller Handlungsorientierung wird dabei als sich in grundlegender Weise von anderen, im Modernisierungsprozeß hervorgebrachten Handlungsformen verschieden begriffen. Zunächst bedeutet die Umstellung von traditionaler auf Fachautorität keinen expertokratischen Irrweg, sondern zuallererst eine Bindung professionellen Wissens an die konsensuelle Logik theoretischer Diskurse. Die Autorität des Professionellen, machtvolle Entscheidungen zu treffen, erwächst somit nicht willkürlichen Zuschreibungen, sondern hat sich idealerweise über die Logik des besseren Argumentes zu rechtfertigen. Auf der Basis eines angeeigneten Wissens einer Sache verpflichtet zu sein, konstituiert die von Parsons immer wieder betonte eigentümliche Wertbindung des Professionellen: Im Unterschied zum bürokratisch - administrativen oder ökonomisch - marktkonformen Handeln[16] ist der professionell Handelnde einerseits einer irgendwie gearteten moralischen Dimension verpflichtet (Orientierung an der Gemeinschaft/ Werten) und andererseits genötigt, Handlungsgrundlagen deutend hervorzubringen (Orientierung am Einzelnen). Grundlage für beides sind institutionalisierte Wissensbestände, die als allgemein anerkannte Entscheidungsgrundlagen gelten. An dieser Stelle entfalten die Professionen ihre sozialintegrative Kraft: Die partikularistische Form gewachsener Gemeinschaftssolidarität (Freund - Feind - Moral) wird zerstört und die moralische Dimension naturwüchsiger Praxis durch institutionelle Isolierung in auf Fachautorität gegründeten professionellen Rollen aufgehoben[17]. Aus einer partikularen Gruppensolidarität ist eine universelle, höherstufige geworden, eine Wertgeneralisierung hat stattgefunden. Die kollektiven Funktionen der Professionen als Mechanismen sozialer Integration und Kontrolle bewegen sich somit im Spannungsfeld von Individuum und Gesellschaft und - auch das hat bereits Parsons gesehen - bilden aufgrund dessen typische Handlungsparadoxien aus: Auf der Interaktionsebene kommt es zwischen Professionellem und Klient zur Etablierung einer widernatürlichen ‘Als - Ob - Beziehung’[18], die als Manifestation des professionellen Spagats zwischen Einzel- und Kollektivitätsorientierung zu begreifen ist. Beide - Professioneller und Klient - vollführen in einer solchen Beziehung eine Gradwanderung zwischen spezifischer bzw. instrumenteller und diffuser bzw. lebensweltlicher Orientierung. Um das Arbeitsbündnis zwischen Professionellem und Klient erfolgreich etablieren zu können, müssen beide hinreichenden Abstand zu sowohl rein marktförmigen (instrumentellen) als auch rein lebensweltlich - privatistischen Handlungsformen wahren. Die Distanz zum Markt drückt sich aufseiten des Professionellen durch eine ‘Verschleierung’ der instrumentellen Aspekte der Berufsrolle und aufseiten des Klienten durch ein Eingeständnis der eigenen Hilfsbedürftigkeit aus. Obwohl also in (berufs-) rollenförmigen, asymmetrischen Konstellationen interagiert wird und ein warenförmiger Austausch stattfindet, simulieren beide Parteien eine ganzheitliche, symmetrische Sozialbeziehung[19]. Driftet diese Beziehung jedoch ins Private, Lebensweltliche ab, kann der Professionelle die ihm aufgrund seines Wissensvorsprungs übertragene Aufgabe der Problemlösung nicht angemessen wahrnehmen. Obwohl also der Professionelle sich auf die Lebenswelt des Klienten durchaus einlassen muß, muß er umgekehrt doch klientenautonom bleiben, um das Problem des Klienten transzendieren und auf diese Weise alternativ lösen zu können. Für den Klienten heißt das, für die Dauer des Arbeitsbündnisses seine Lebenswelt zu verlassen und sich auf das höhersymbolische Wissen[20] des Professionellen einzulassen. Doppelte Distanz zu Markt und Lebenswelt als Voraussetzung eines fruchtbaren Verhältnisses zwischen Professionellen und ihren Klienten birgt mannigfaltige Gefahren und macht deren Beziehung äußerst störanfällig[21]. Die sich hieraus ergebenden, nicht aufzulösenden Paradoxien stehen im Zentrum der im folgenden zu betrachtenden Konzepte.

2. Strukturtheoretische und interaktionistische Konzepte pädagogischer Professionalität

Wird das klassische Professionenkonzept auf die Pädagogik übertragen[22], so wird schnell deutlich, daß pädagogisches Handeln weder empirisch noch normativ in dieser Form professionell bzw. professionalisierbar ist.

Erstens wird bezweifelt, ob Erziehungstätigkeiten und damit pädagogisches Handeln überhaupt der Professionalisierung bedürfen oder ob nicht vielmehr eine Verberuflichung der Erziehung ihre Depädagogisierung zur Folge hätte. Obwohl diese an einem Ganzheitlichkeitsideal der Erziehung orientierte Kritik einem Todesurteil jeglicher berufsförmiger erzieherischen Tätigkeit gleichkommt, verweist sie doch auf die Wurzeln jeder pädagogischen Handlung, die in der Primärsozialisation der Familie liegen. Dem spannungsvollen Verhältnis zwischen berufsförmigen Erziehungstätigkeiten und laienhaften, familialen Sozialisationsprozessen widmet sich insbesondere Oevermann mit seinem Versuch einer strukturtheoretischen Neubestimmung pädagogischen Handelns (s.u.).

Zweitens sind die Berufe des Erziehungs- und Sozialwesens - im Unterschied zu den klassischen Professionen - in hoheitsstaatliche Herrschaftsstrukturen und damit in Steuerungs- und Verwaltungsabläufe großer bürokratischer Organisationen eingebunden[23]. Dies widerspricht der Idee der Staats- und Klientenautonomie in der klassischen Professionslogik: Anders als bspw. Ärzte oder Juristinnen nehmen Lehrer und Sozialarbeiterinnen Positionen in einer Verwaltungshierarchie ein, die ihnen gegenüber weisungsbefugt ist und haben es mit Klienten zu tun, die ihre Hilfe nur mehr oder weniger freiwillig in Anspruch nehmen[24]. Aufgrund dessen bilden pädagogische Berufe ein spezifisches Handlungsdilemma aus, was sich im Aufeinandertreffen zweier diskrepanter Handlungslogiken (administrativ - rechtspflegerisches vs. therapeutisch - beratendes Handeln) und daraus resultierenden Zielbestimmungen (soziale Kontrolle/ Normensicherung vs. Wiederherstellung der Autonomie der Lebenspraxis des Einzelnen) manifestiert[25].

Drittens erfährt das pädagogische Handeln eine enorme Komplexierung dadurch, daß nicht im Rahmen isolierter Arbeitsbündnisse klar umrissene Probleme behandelt werden, sondern ein diffuser, zeitlich ausgedehnter Erziehungsprozeß stattfindet, der in vielen Fällen weniger einer retrospektiv - problemorientierten als vielmehr einer prospektiv - prophylaktischen Logik folgt[26]. Anders als in den klassischen Professionen entfernt sich der pädagogisch Handelnde somit von einer strikten Einzelfallproblematik: Er hat es meist mit zwangsverpflichteten Gruppen (z.B. einer Schulklasse) zu tun, die mit keiner spezifischen Problematik aufwarten, sondern ihm zum Zwecke einer sekundären Sozialisation anempfohlen wurden.

Viertens wird darüber hinaus insbesondere der Sozialarbeit ein Professionenstatus abgesprochen, da sie - neben den oben angeführten Einwänden - die folgenden Defizite aufwiese: Fehlen spezifischer Diagnose- und Bearbeitungsverfahren, die in einer oder mehreren eigenkontrollierten wissenschaftlichen Fachdisziplin(en) fußen und damit das Fehlen einer eigenen höhersymbolischen Sinnwelt[27].

Nichtsdestotrotz zeichnet sich in der aktuellen Debatte um die Professionalisierung ein Konsens ab, der als Mittelweg zwischen einer gänzlichen Nichtprofessionalisierbarkeit erziehender und helfender Berufe und einer nicht- bzw. semiprofessionellen Bestimmung als einer Abkehr von merkmalstheoretischen Vergleichskonzepten zu begreifen ist[28]. Pädagogisches Handeln - so der Minimalkonsens - folgt eigenen professionslogischen Mustern, die zum einen der spezifischen Strukturlogik erzieherischen Handelns und zum anderen seiner besonderen Form der institutionellen Einbettung geschuldet sind. Konsequenterweise wird die Notwendigkeit einer spezifischen Neubestimmung pädagogisch - professionellen Handelns gefordert[29]. Dieser Aufgabe widmen sich strukturtheoretische und interaktionistische Ansätze, wobei erstere den Weg der Begriffsexplikation und letztere den der empirischen Erfassung faktischer Handlungsparadoxien wählen.

Der von Ulrich Oevermann vertretene strukturtheoretische Ansatz versucht professionelles und schließlich pädagogisches Handeln aus einer allgemeinen Gesellschafts- und Sozialisationstheorie abzuleiten[30]. Im Übergang von Natur zu Kultur, so die Oevermannsche Argumentation, kommt es zu einer Dialektik von autonomer Lebenspraxis und Begründungsverpflichtung. Erstere äußert sich prinzipiell darin, daß Handlungen zukunftsoffen sind (Entscheidungsfreiheit) und letztere darin, daß erstere durch Ziel- und Mittelbeschränkungen limitiert werden (Realitätsbindung). Der praktisch Handelnde hat also fortwährend mehr oder weniger gut begründbare Handlungsentscheidungen zu fällen (Bewährungsdynamik), wobei Oevermann idealtypisch zwischen Situationen unterscheidet, die einer relativ dauerhaften und verläßlichen Lösung zugeführt wurden (Routine) und Situationen, in denen bewährte Lösungen scheitern (Krise). Die Autonomie der Lebenspraxis besteht nun gerade darin, daß der praktisch Handelnde - trotz mangelhafter oder fehlender Lösungen - eine praktische Entscheidung, ob er will oder nicht, treffen muß. Die Ebene der Theorie ist nun jene, auf der befreit vom praktischen Handlungsdruck Lösungen systematisch durch die Rekonstruktion praktischer Situationen erzeugt werden können. Die Dialektik von Theorie und Praxis, die darin besteht, daß erstere zwar Lösungen systematischer Art bereitstellt, diese Lösungen jedoch letzterer nie ohne Zerstörung der Autonomie derselben vorschreiben kann, ist für Oevermann zugleich eine allgemeinste Ableitungsbasis für professionstheoretische Überlegungen:

„Damit haben wir eine erste Bestimmung professionalisierten Handelns zur Hand. Professionalisiertes Handeln ist wesentlich der gesellschaftliche Ort der Vermittlung von Theorie und Praxis unter Bedingungen der verwissenschaftlichten Rationalität, das heißt unter Bedingungen der wissenschaftlich zu begründenden Problemlösung in der Praxis“ (Oevermann 1996, 80).

Die dieser Idee zugrundeliegende Differenz von Routineexekution (standardisierte Problemlösung) und Krisenbewältigung (systematisch neue Problemlösung) korrespondiert mit den in der Moderne sich ausprägenden Handlungsmodi des politischen und bürokratischen Typs. Der strukturell scharfe Gegensatz besteht nun darin, daß ersteres sich grundsätzlich an Krisensituationen und deren Bewältigung und letzteres an Routinesituationen als jeweiligem Normalfall orientiert. Auf dieser Ableitungsstufe fallen politisches/ interlektuelles, unternehmerisches und professionalisiertes im Gegensatz zu bürokratischem Handeln noch in eins und werden dem „Komplex der systematischen Erneuerung durch Krisenbewältigung“ (a.a.O., 82) zugerechnet. Erst das Auseinandertreten von spontan-praktischer, auf Charismatisierung beruhender Problemlösung einerseits und praxisenthobener, deshalb rekonstruierender und verunpersönlichter Problemlösung andererseits innerhalb der Krisenbewältigung läßt die Struktur des professionalisierten Handelns deutlich werden: Richtet sich ersterer Typus (politisches/ unternehmerisches Handeln) auf die Durchsetzung und Verantwortung einer praktisch folgenreichen Entscheidung, so steht bei letzterem (dem professionalisierten Handeln) die problematisierende Bearbeitung von Geltungsfragen im Mittelpunkt. „ Auf einer dritten Ableitungsstufe sind also Professionen und ist die Logik professionalisierten Handelns dieser verselbständigten Funktion der Bearbeitung von Geltungsfragen zuzurechnen und in dieser Verselbständigung durch methodische Explizitheit der personalen Charismatisierung bzw. der Charismatisierung des Personals entzogen “ (Herv. i. Org.) (a.a.O. 86). Oevermann unterscheidet nun zwei materiale Lebensbereiche, auf die sich die Bearbeitung von Geltungsfragen beziehen können sowie eine dritte Dimension, die sich mit der Kritik der diesbezüglichen Geltungsfragen beschäftigt (funktionale Foki der Logik professionalisierten Handelns): Die ersten beiden beinhalten die Aufrechterhaltung und Gewährleistung einer kollektiven Praxis von Recht und Gerechtigkeit und von leiblicher und psychosozialer Gesundheit des Einzelnen. Hierzu wird auf jeweils geltende Entwürfe konkreter Vergemeinschaftung bzw. der Würde des Menschen rekurriert. Letzterer liefert die methodische Sicherung dessen, was in den ersten beiden Bereichen als Wahrheit gilt und bezieht sich somit auf die regulative Idee der Wahrheit. Oevermann betont nun, daß jede Art professionalisierten Handelns sich an allen drei Foki notwendigerweise orientiert, es jedoch zu folgender Schwerpunktbildung kommt: Juristisches oder rechtspflegerisches Handeln orientiert sich überwiegend am Fokus der Gerechtigkeit, ärztliches und therapeutisches Handeln an dem der Gesundheit und beide sowie wissenschaftliches Handeln an dem der Wahrheit. Zentral für die Oevermannsche Position ist damit das Ideal der Erfahrungswissenschaft, anhand dessen er die Professionalisierungsbedürftigkeit des professionalisierten Habitus expliziert:

„Der Forscher handelt auf der einen Seite unpersönlich gemäß dem Prinzip der Sachhaltigkeit und Methodisierung. In dieser Hinsicht ist er vollständig austauschbar, exekutiert also eine soziale Rolle, die durch die wissenschaftliche Methodologie und die Professionsethik festgelegt und bestimmt ist. Aber er kann diese nur spielen bzw. es gehört konstitutiv zu ihr, in vollständiger, ausschließlicher Hingabe an die Sache zu arbeiten. Also ist der Forscher habituell geprägt durch die widersprüchliche Einheit von Rollenhandeln und Handeln als ganzer Person, von Elementen einer spezifischen und einer diffusen Sozialbeziehung“ (a.a.O. 105).

Als Zwischenbilanz der bisherigen Diskussion läßt sich professionalisiertes Handeln also als praxisenthobener, gleichzeitig aber praxisrelevanter und eigenlogischer Bereich der Bearbeitung von Geltungsfragen im Spannungsfeld von Theorie und Praxis einerseits sowie diffuser und spezifischer Rollenbeziehung andererseits begreifen.

Die Spezifität pädagogischer Professionalität bestimmt Oevermann nun durch deren Ableitung aus und Verortung innerhalb des Fokusses der Therapie. Grundlegend für das pädagogische Handeln ist die spezifische Strukturlogik der therapeutischen Konstellation, die darin besteht, daß Therapeut und Patient eine Beziehungspraxis zur Wiederherstellung lebenspraktischer Autonomie des Patienten (vs. soziale Kontrolle) konstituieren, die Oevermann das Arbeitsbündnis nennt. Entscheidend für das Arbeitsbündnis ist nun, daß zum Erreichen der Zielsetzung (Autonomie) eine widersprüchliche Einheit aus Autonomie und Abhängigkeit des Patienten einerseits sowie diffuser und spezifischer Sozialbeziehung andererseits konstituiert und aufrechterhalten werden muß. Der Patient begibt sich also autonom handelnd in eine befristete Abhängigkeit, die gerade darin besteht, seine beschädigte Autonomie wiederherzustellen. Hierzu ist es notwendig, die Offenheit einer diffusen Sozialbeziehung zu simulieren, ohne tatsächlich eine solche zu konstituieren. Das Therapeut - Klient - Verhältnis bleibt auf diese Weise eine spezifische Rollenbeziehung, innerhalb derer das therapeutische Potential einer diffusen Sozialbeziehung genutzt wird, den Autonomisierungs- und Beschädigungsprozeß des Patienten durch Simulation einer echten Beziehungspraxis zu (re)inszenieren und damit dessen Autonomie wiederherzustellen. Die Gleichzeitigkeit von diffuser und spezifischer Sozialbeziehung führt also zu einer dialektischen Einheit von Autonomie/ Freiwilligkeit und Abhängigkeit/ Angewiesensein aufseiten des Patienten sowie Asymmetrie und Symmetrie hinsichtlich des Arbeitsbündnisses. Auf die Fähigkeit, diese paradoxen Anforderungen durchzuhalten, gründet Oevermann nun die Professionalität des Therapeuten: Im Zentrum steht die Vermittlung der Grundpolarität von erfahrungswissenschaftlichem Wissen und alltagspraktischer Handlungskompetenz. Der Therapeut bewegt sich so im Modus der stellvertretenden Deutung, da er wissenschaftliches Wissen explizit dazu verwendet, die je konkrete Lebenspraxis des Patienten - gewissermaßen stellvertretend für diesen - aufzuschlüsseln, um ihm auf diese Weise alternative Problemlösungen an die Hand zu geben. Dies erfordert zu jeder Zeit universalisierte Regelanwendung auf der Basis hermeneutischen Fallverstehens, so die kondensierte Formel Oevermanns[31]. Auf dieser Basis bestimmt Oevermann die Struktur pädagogischen Handelns nun dahingehend, daß er dieses im Spannungsfeld von naturwüchsiger sozialisatorischer Praxis einerseits und therapeutischem Handeln andererseits verortet: Pädagogisches Handeln wurzelt in der naturwüchsigen Erziehungspraxis, überhöht diese jedoch durch Rollenspezifizierung, Expertisierung und Bewußtmachung sowie Explizitheit des Erziehungsprozesses. An dieser Stelle nähert sich pädagogisches Handeln der therapeutischen Konstellation: Verstanden als ein die Sozialisation und Autonomwerdung des Subjekts tiefgreifend beeinflussender Prozeß, bestimmt pädagogisches Handeln und die darin gelebten Beziehungen (z.B. Lehrer - Schüler) die Persönlichkeitsentwicklung des ‘Klienten’ in ‘therapeutischer Manier’. In Abgrenzung zur therapeutischen Praxis orientiert sich pädagogisches Handeln jedoch nicht an manifesten Pathologien, sondern an antizipierten pathogenen Entwicklungen. „ Pädagogisches Handeln ist also unter dem Aspekt seiner objektiv gegebenen therapeutischen Dimension ein prophylaktisches Handeln im Hinblick auf sein Potential der Weichenstellung der Biographie von Schülern in Richtung auf psychosoziale Normalität oder Patologie “ (Herv. i. Org.) (a.a.O. 149). Die grundsätzliche Konzeptualisierung pädagogischen Handelns als prophylaktisches läßt dieses im klassischen Sinne erst professionalisierungsbedürftig werden: Pädagogen bearbeiten einen zentralen materialen Lebensbereich (Erziehung; psychosoziale Gesundheit) durch die Konstitution eines spezifisch widersprüchlichen Arbeitsbündnisses (s.o.) und auf der Basis einer Verwendung wissenschaftlich fundierten Wissens in der je konkreten Praxis.Die abschließend zu erörternde Frage besteht nun darin, wie man sich ein pädagogisches Arbeitsbündnis konkret vorzustellen hat. Oeverman nennt die folgenden konstitutiven Merkmale:

- Struktureller Ausgangspunkt bleibt die Figur der Hilfe zur Selbsthilfe[32], die innerhalb pädagogischer Konstellationen besonders heikel ist, da der Erziehungsbedürftige - anders als der Patient - über die Möglichkeiten einer vollendeten personalen Autonomisierung noch gar nicht verfügt; ihm diese an die Hand zu geben ist ja gerade Aufgabe der Erziehung.
- Ist es im Falle der Therapie der Leidensdruck, der die freiwillige Konstitution der therapeutischen Situation initiiert, so ist es im pädagogischen Arbeitsbündnis die Neugierde und der Wissensdrang des Kindes, der die Selbstverpflichtung des Kindes als Wissensbedürftiges und damit auch die soziale Rolle des Schülers als Unterweisungsbedürftiger konstituiert.
- Die widersprüchliche Einheit diffuser und spezifischer Sozialbeziehung manifestiert sich im pädagogischen Arbeitsbündnis zum einen dadurch, daß der Pädagoge den Lernwilligen zunächst als ganze Person gegenübertreten muß, da deren Anliegen, sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen, den - zumindest simulierten - Rahmen einer diffusen Sozialbeziehung verlangt. Zum anderen jedoch handelt die Pädagogin - ähnlich wie die Therapeutin - im Rahmen einer beruflich institutionaliserten Rolle und auf der Basis wissenschaftlich fundierten Wissens. In der Handlungspraxis nun werden diffuse und spezifische Anteile dergestalt miteinander kombiniert, daß die Autonomisierungsbestrebungen der Pädagogisierten eine Unterstützung erfahren; dies ist nach Oevermann dann gewährleistet, wenn die Lernenden weder als Kinder behandelt und dadurch ein Lernen verunmöglicht wird (Überbetonung diffuser Komponenten) noch als Erwachsene behandelt werden, indem ihnen die Rollenkompetenzen einer spezifischen Sozialbeziehung abverlangt werden (Überbetonung der spezifischen Komponente).

Auf dieser Basis plädiert Oevermann für eine mäeutische Pädagogik als strukturlogische Konsequenz aus der Konstellation des pädagogischen Arbeitsbündnisses:

„Dieses Prinzip der Verknüpfung von deutender und rekonstruierender Beobachtung und indirekter Problemexposition in einer mäeutischen Pädagogik lebt natürlich davon, daß der Schüler als konkreter Fall und als ganze Person für den Lehrer thematisch ist, und ist deshalb in seiner Realisierung auf das Funktionieren eines pädagogischen Arbeitsbündnisses angewiesen“ (a.a.O. 158).

Obwohl die Oevermannsche Position immer wieder als radikal und vereinseitigend kritisiert wurde, hilft sie doch das in den Griff zu bekommen, was Dewe/ Ferchhoff und Radtke als „die Selbstdeklarierung der Situation als einer pädagogischen“ (1992, 15) bezeichnen. Anzuerkennen wäre damit - als Unterschied zur naturwüchsigen Erziehung in der Familie -, daß sich berufsförmiges pädagogisches Handeln immer selbst schon als solches begreift und auf diese Weise ein pädagogisches Setting schafft, das bestimmten Implikationen unterliegt. Um die Explikation solcher a priorischen Bestimmungen pädagogischer Interaktion - so eine mögliche Lesart - geht es Oevermann in seiner theoretischen Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns.

Der von Fritz Schütze vertretene interaktionistische Ansatz versucht in Anlehung an die Arbeiten der Chicago Schule und des symbolischen Interaktionismus[33] pädagogische Professionalität durch die Analyse faktischer Handlungssituationen empirisch zu bestimmen. Zunächst entwickelt Schütze in Anlehnung an die empirischen Studien E. Hughes’ eine Definition des Begriffs ‘Profession’:

„Eine Profession ist ein (…) relativ abgegrenzter Orientierungs- und Handlungsbereich, in welchem sowohl wissenschaftlich als auch praktisch ausgebildete Berufsexperten gesellschaftlich lizensierte Dienstleistungen für ihnen per gesellschaftlichem Mandat anbefohlenen Klienten bzw. Abnehmer vollbringen. (…). Das ‘Anbefohlensein’ impliziert stets, daß der Berufsexperte das Wohl des Klienten im Auge hat“ (Schütze 1992, 135).

Als weitere zentrale Merkmale nennt Schütze[34] die Verwendung eines speziellen, exklusiven Wissenskorpus, auf Basis dessen der Fall des Klienten interpretiert wird sowie die Konstitution eines Vertrauenskontrakts, der prekär bleibt, da die Klientin sich darauf verlassen muß, daß der Professionelle ihren Fall ernst nimmt und nach bestem Wissen zu ihrem Wohle handelt. Das Wohl der Klientin wird dabei idealerweise in diskursiver Kommunikation bestimmt und nicht - trotz des Wissensvorsprungs des Professionellen - von diesem vorgegeben oder als sowieso geteilt unterstellt. Das bedeutet darüber hinaus, daß der Professionelle stets eine Vermittlungsarbeit zu leisten hat, d.h., „allgemeine Gesichtspunkte aus der wissenschaftlich fundierten höhersymbolischen Sinnwelt der Profession in die singulären, ‘existenzweltlichen’ Lebenssituationen des Klienten [zu übersetzen]“ (a.a.O. 136). Die Probleme der Klienten weisen dabei Fallcharakter auf, d.h. sie nehmen die Gestalt von Verlaufskurven als einer Verschränkung von individualbiographischen und allgemeinen Aspekten an. Diese Erleidensgeschichte, die sich häufig als Kette von widerfahrenen Umständen präsentiert, welche ein intentionales Handeln aufseiten des Klienten dauerhaft verhinderten, gilt es interaktiv zu rekonstruieren, um das Problematische des Falls herauszuarbeiten. Die Hilfe des Professionellen besteht nun darin, daß er die alltagsweltliche Rationalität der Klientin mit einer diese transzendierenden Sinnwelt, der wissenschaftlichen nämlich, konfrontiert, um auf diese Weise ‘festgefahrene’ Probleme alternativ zu lösen. Da jedoch wissenschaftliches Wissen bzw. die auf dieser Basis gewonnenen Problemlösungen nicht reibungslos in die Praxis übertragen werden können[35], kommt es zur Ausbildung hartnäckiger Orientierungdilemmata, die sich im Berufsalltag als nicht aufhebbare Handlungsparadoxien niederschlagen. Angesichts der nur losen und teilweise diffusen wissenschaftlichen Fundierung der Sozialpädagogik/ Sozialarbeit (Sp/ Sa), dem Fehlen regelmäßiger, institutionalisierter Selbstvergewisserungs- und Selbstkontrollprozesse sowie der teilweise rigiden Einbindung in bürokratische Organisationen[36] spricht Schütze von der Sp/ Sa als einer ‘bescheidenen Profession’. Damit ist keiner Degradierung der Sa/ Sp zur Semiprofession das Wort geredet, sondern ein Konzept vorgeschlagen, daß die Sa/ Sp auf der Handlungsebene als vollwertige Profession begreift, trotz bzw. gerade wegen ihrer Noch-Unvollständigkeit (bzw. Bescheidenheit) und ihrer daraus resultierenden, besonders hartnäckigen und schmerzlichen Paradoxien. Schütze begreift damit die Sp/Sa als eine ‘Profession in Kinderschuhen’, in der die professionstypische Ausbildung von Handlungsparadoxien besonders prägnant hervortritt. Auf dem Hintergrund dieser Idee und zahlreicher empirischer Studien arbeitet Schütze die folgenden zentralen Paradoxien heraus, mit denen sich Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiter in der Berufspraxis dauerhaft konfrontiert sehen:

- Allgemeine Typenkategorien vs. Situierung: wissenschaftliches Wissen als Wissen von allgemeinen Erscheinungen (Typen, Kategorien) gerät in Konflikt mit konkreten, einzelnen Erscheinungen; Diagnosen verlaufen anhand allgemeingültiger Indikatoren und vereinfachen dadurch den Prozeß der Fallbestimmung, laufen aber gleichzeitig dadurch Gefahr, übersimplifizierte Kategoriesierungen und damit Stigmatisierungen zu (re)produzieren.
- Prognosen auf schwankender empirischer Basis: idealtypische wissenschaftliche Modelle sozialer und biographischer Prozesse (Fallentwicklung, Verlaufskurven) dienen als Basiswissen zur Beurteilung und Prognostizierung konkreter Fälle, welche jedoch aufgrund einer prinzipiell unendlichen Anzahl möglicher Randbedingungen einer Kontingenz unterliegen, die wissenschaftlich nicht eingeholt werden kann; Prognosen in der Sp/ Sa (verstanden als Handlungsgrundlage) sind somit immer tentativ, vereinfachend und unvollständig.
- Geduldiges Zuwarten vs. sofortiges Intervenieren: Durch Interventionen soll die Problemlösung unterstützt werden bzw. der Klient angeleitet werden, eine Sache irgendwann in anderer Form und eigenständig zu bewältigen. Interventionen haben auf diese Weise eine doppelte Struktur, da sie sowohl Lernprozesse initiieren als auch unterdrücken können. Das Problem besteht darin, einen günstigen Zeitpunkt (Wann ist ein Fall ‘reif’ für welche Form der Intervention?) und eine angemessene Intensität (Wieviel bzw. wie wenig soll geholfen werden, um die Eigeninitiative des Klienten nicht zu unterdrücken bzw. diese zu stärken?) der Intervention zu finden. Das erfordert die Fähigkeit eines genauen Beobachtens des und Einfühlens in den Fall, gleichsam eine geduldige Begleitung, in der immer wieder neu herausgefunden werden muß, wann und wie stark interveniert werden sollte. Die Gefahr der Überforderung durch die Unübersichtlichkeit und Vielschichtigkeit der Kriterien (anhand welcher Merkmale erkennt die Sozialarbeiterin, wann welche Intervention in welcher Dosis erfolgreich ist?) führt zu Strategien der vereinfachenden Vereinseitigung eines der beiden Extreme: Zu-Lange-Warten (mit der Folge einer eigendynamischen Entwicklung der Verlaufskurve, in der dann nur noch ad-hoc-Reaktionen aufseiten der Sozialarbeiterin möglich sind) oder zu schnelles und massives Intervenieren (wodurch die Eigeninitiative des Klienten unterdrückt wird und neue biographische und soziale Probleme entfacht werden).
- prekärer Umgang mit struktureller Wissensasymmetrie: Das Grunddilemma besteht darin, einen angemessenen Grad dafür zu finden, inwieweit es möglich ist, den Klienten in die Problembearbeitung miteinzubeziehen. Die Einbeziehung des Klienten kann sich grundsätzlich in einem Kontinuum von offen bis verdeckt bewegen. Fachwissen kann so einerseits dazu benutzt werden, Klienten aufzuklären und andererseits dergestalt, Klienten schlichtweg zu behandeln, ohne sie über Sinn und Zweck der Behandlungsschritte aufzuklären. Beides birgt Probleme: Zu offener Umgang mit Fachwissen kann bedrohlich sein[37] und zu verdeckter Umgang unterläuft die notwendige Voraussetzung einer Vertrauensbeziehung (durch das Vorenthalten wichtiger Informationen werden Kommunikationsbarrieren und damit auch Argwohn und Mißtrauen aufseiten des Klienten geschaffen). Die latente Gefahr, die dieses Problem mit sich bringt, ist der heimliche Versuch aufseiten des Sozialarbeiters, sich durch einen ‘Rückzug in die Verwaltung’ von den konkreten Verlaufskurvenproblemen der Klienten abzusetzen. Dies führt dazu, daß die Einweihung oder Mitwirkung der Klientel als Unsicherheitsfaktor gewertet wird (bewährte Maßnahmen und Verfahren müßten abgestimmt werden mit ‘unprofessionellen’ Deutungen der Klienten) und stattdessen eine Ausblendung der Überlegungen und Perspektiven der Klienten und eine Beschränkung auf das ‘sicher Machbare’ stattfindet.
- biographische Fallentfaltung (eröffnet neue Perspektiven, ist arbeitsaufwendiger) vs. Expertenspezialisierung (garantiert die nötige analytsiche Distanz und den Blick fürs Wesentliche): Das Grunddilemma läßt sich auf die nicht beantwortbare Frage bringen, wann ein Einzelfall hinreichend[38] detailliert ausgelegt ist, um auf der Basis dieses Wissens handeln zu können. In der Tendenz führt das in der Berufspraxis dazu, biographische Details auszublenden, um stattdessen allgemeinere Verfahren bei Analyseaktivitäten und Problembearbeitungen zum Einsatz gelangen zu lassen. Die Angemessenheit der jeweiligen Maßnahme stützt sich auf diese Weise weniger auf die Spezifität des je konkreten Falls als vielmehr auf eine indikatorengestützte und damit abgekürzte Diagnose.
- pädagogisches Grunddilemma: exemplarisches Vormachen (Hilfe) vs. ‘Alleine-Machen-Lassen’ (Selbsthilfe): Ausgehend von der Grundüberzeugung der Lernfähigkeit des Klienten (sozialpädagogische Prozesse haben das Ziel, einen Klienten nicht zu pflegen oder zu versorgen und ihn damit in Abhängigkeit zu halten, sondern sind versucht, Lernprozesse zu initiieren, die den Klienten in die Lage versetzen, etwas, was er zuvor nur mit fremder Hilfe bewältigen konnte, nun alleine zu bewältigen) entfaltete sich ein allgegenwärtiges Dosierungproblem: Infrage steht, wieviel Hilfe ‘gesund’ ist, wann Hilfe zur Selbsthilfe zur Dauerhilfe wird und dann dazu beiträgt, daß sich gerade die Zustände durch die auf Dauer gestellte Hilfe veralltäglichen, die eigentlich verändert werden sollten.

Diese Dilemmata, so betont Schütze wiederholt, sind in der professionellen Berufsarbeit fortlaufend in Rechnung zu stellen und können weder gelöst noch gar beseitigt, sondern nur bewältigt werden.

Beide Ansätze zeigen, daß pädagogisches Handeln mit unauflösbaren Paradoxien verbunden ist, die sich auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus bewegen. Oevermanns Konzept der ‘stellvertretenden Deutung’ verortet den pädagogisch Handelnden im universellen Spannungsfeld von universalisierter Regelanwendung und spezifischem Fallverstehen, wogegen Schützes Konzept der ‘bescheidenen Profession’ konkretere Paradoxien herausarbeitet, mit denen Pädagoginnen im Berufsalltag konfrontiert werden. Pädagogisches Handeln als tagtägliche Bewältigung konkreter und abstrakter Paradoxien zu begreifen, bringt es nun jedoch mit sich, daß eine konkretere Bestimmung der inhaltlichen Aspekte pädagogischer Professionalität nicht umhin kommt, das pädagogische Setting einerseits sowie die darin eingebetteten Interaktionsprozesse andererseits zu beleuchten und aufeinander zu beziehen. Mit anderen Worten: Da pädagogisches Handeln a priori nie zweckfrei ist und damit immer strategische Züge trägt, gleichsam einen pädagogischen Rahmen mit all seinen widersprüchlichen Handlungslogiken unweigerlich konstituiert, müssen sowohl Ziele, Aufgaben etc. des pädagogischen Settings als auch die darin faktisch vollzogenen Interaktionen/ Äußerungen in Rechnung gestellt werden. Interaktionsanalytisch zieht das die Konsequenz nach sich, daß Text- und Kontextanalyse komplementär erfolgen müssen, d.h., daß weder die Textanalyse kontextfrei noch die Kontextanalyse a priori erfolgen kann. Auf pädagogische Konstellationen bezogen, bedeutet das die Notwendigkeit, in der Analyse immer eine Soll- und Ist-Ebene zu berücksichtigen, wobei dies jedoch nicht in der Weise geschehen kann, daß vorab definierte Ziele (Soll-Ebene) am empirischen Material (Ist-Ebene) abgetragen werden[39]. Soll pädagogische Professionalität inhaltlich konkretisiert werden, so geht es zunächst vielmehr darum, welche konkreten Handlungsprobleme und -aufgaben ein bestimmtes pädagogisches Setting hervorbringt und wie pädagogisch Handelnde mit dieser Rollen- und Aufgabenstruktur faktisch umgehen. Pädagogische Professionalität wird auf dieser Stufe also als Handlungskompetenz begriffen, praktisch widersprüchliche Handlungsanforderungen innerhalb institutionalisierter pädagogischer Settings zu bewältigen und weniger als Technologie, mit bestimmten Methoden und Maßnahmen bestimmte (Erziehungs-) Ziele zu erreichen. Die offene Fragestellung, die aus der professionstheoretischen Diskussion für die weitere Untersuchung abzuleiten wäre, ist also eine zweifache: Mit welchen durch das pädagogische Setting implizierten Ziele, Voreinstellungen, Rollen etc. begeben sich Pädagogen und Pädagogisierte in ein pädagogisches Setting und wie gestaltet sich der faktische Umgang mit dieser Situation. Beides muß am Material belegt werden. Insbesondere die Implikationen des Settings bedürfen einer materialen Substantiierung, um die Relevanz solcher scheinbaren Vorabdefinitionen aufzuzeigen. Der Logik der hermeneutischen Spirale analog, begegnet also der Analytiker dem empirischen Material mit einem aus theoretischen Konzepten und bereichsspezifischem Wissen abgeleiteten, tentativen Kontextbegriff, evaluiert diesen am Material, um die erweiterte und substantiellere Fassung einer neuerlichen Analyse zugänglich zu machen.

Das folgende Kapitel ist in diesem Sinne als weitere Kontextexplikation für die Analyse in Teil III. zu verstehen. Herausgearbeitet werden soll, welchen Strukturen und Dynamiken das Feld der außerschulischen Jugendarbeit unterliegt, um auf dieser Basis eine Vorstellung davon zu entwickeln, welche spezifischen Ziele, Diskussionen und Widersprüche dieser Bereich hervorbringt.

3. Jugendarbeit und Professionalsierung

In keinem Bereich gestaltet sich die Frage der Professionalität strittiger als in der Jugendarbeit. Soll die Frage beantwortet werden, welche Qualifikationen Jugendarbeiterinnen aufweisen sollten, so hängt das untrennbar mit den Fragen nach Zielen und Ansprüchen der Arbeit selbst sowie den Bedürfnissen des Klientels zusammen. Die Antworten auf solche Fragen sind in der Geschichte der Jugendarbeit höchst verschieden ausgefallen und unterlagen überdies einem an gesellschaftlichen Strukturveränderungen insbesondere der Jugendphase ausgerichteten Wandlungsprozeß. Bis heute ist ‘die Jugendfrage’ ein Politikum geblieben, das an Brisanz kaum zu überbieten ist, ein Terrain gleichsam, in dem Wünsche und Ängste gesellschaftlicher Zukunft kulminieren[40]. Gesellschaftspolitisch derart aufgeladen, erreichen die Diskussionen um die Ziele und Ansprüche der Jugendarbeit selten ein Niveau, das dem, was Jugendarbeit in der pädagogischen Praxis bedeutet, gerecht würde. Jugendarbeit heute ist ein marginaler, diffus institutionalisierter und heterogener Bereich, der von vielen Jugendlichen entweder gar nicht oder peripher und hoch aspektuell genutzt wird, so daß die imaginierte Indienstnahme der Jugendarbeit zur Verwirklichung von Vorstellungen gesellschaftlicher Veränderung oder Stabilität Wunschdenken bleiben muß und mit den Möglichkeiten und der Praxis konkreter Jugendarbeit oft wenig zu tun hat.

Im folgenden soll deshalb versucht werden, eine realistische Einschätzung von Jugendarbeit vorzunehmen, indem die Wurzeln heutiger Jugendarbeit, Struktur und Wandel ihrer Ansprüche und Ziele sowie die daraus resultierenden Konflikte und Diskussionen kurz skizziert werden. Auf der Basis dieses kurzen Abrisses sollen im Anschluß daran die Begriffe der ‘Offenen Jugendarbeit’, des ‘Jugendhauses’ und der ‘Projektarbeit’ kurz erläutert werden, die gewissermaßen die kontextuellen Eckdaten für die Analyse in Teil III. der vorliegenden Arbeit abgeben.

Die Wurzeln der Jugendarbeit liegen - wie die der Sozialpädagogik, der die Jugendarbeit als Teilbereich zugeordnet ist - im Bereich der staatlichen Wohlfahrtspflege, die sich um die Jahrhundertwende im Zuge der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Funktionsverlust traditioneller Erziehungsinstitutionen (insbesondere der Familie) zu etablieren begann[41]. Die Jugendarbeit unterliegt somit von Anbeginn gesellschaftlichen Interessen und besitzt in ihrer Anfangszeit vor allem ordnungs- und sozialpolitische Funktion. Maßgebliches Ziel war es, von gesellschaftlichen Normen abweichende Jugendliche zu reintegrieren. Neben diesen Anspruch der sozialen Kontrolle trat nach dem Ende des 2. Weltkriegs ein bildungspolitischer, der sich schrittweise verstärkte und diverse Jugendbilder, Utopien und daraus abzuleitende Funktionsbestimmungen von Jugendarbeit entwarf und miteinander verquickte[42]. In Konflikt gerieten auf diese Weise sozialplanerische und aufklärerische Funktionsbestimmungen[43], die zumindest in den 60er und 70er Jahren noch dem rechten bzw. linken politischen Lager zugerechnet werden konnten. Beiden Perspektiven war es gemeinsam, Jugendarbeit als Instrument zu betrachten, gesellschaftliche Ordnung bzw. Veränderung herbeizuführen. Erst die Rede von der Bedürfnisorientierung[44], die als logische Implikation aus einem bildungspolitischen Anspruch - gesetzt der Fall, man denkt diesen zu Ende - folgt, öffnete den Blick für das Klientel der Jugendarbeit: die Jugendlichen. Begreift man jugendliche Bedürfnisse nicht bloß als Motivationszusammenhang und damit das Konzept der Bedürfnisorientierung gleichsam als ‘pädagogische Trickkiste’, so gerät man in ein doppeltes Dilemma: Auf der einen Seite würde die bedingungslose Akzeptanz der jugendlichen Bedürfnisse, eine Zerstörung des professionslogisch - pädagogischen Rahmens und damit eine Transformation pädagogischen Handelns in die Erbringung von Dienstleistungen bedeuten[45]. Soll dies vermieden werden, begibt sich eine bedürfnisorientierte Jugendarbeit auf der anderen Seite in das Dilemma, erstens bestimmen zu müssen, was für die Jugendlichen ‘das Beste’ ist und zweitens in der Lage sein zu müssen, die Jugendlichen bei der Erreichung dieses Ziels auch maßgeblich zu unterstützen. Beides birgt Probleme: Ersteres erfordert die Balance eines strukturellen Widerspruchs, da Erziehung, die an Persönlichkeitsentwicklung und nicht an sozialer Kontrolle orientiert ist, die Bedürfnisse immer besser kennt (bzw. zu kennen glaubt) als die Bedürftigen selbst[46]. Diese Erfahrungs- und Wissensassymmetrie als Voraussetzung für pädagogische Professionalität, die z.T. auch als Zielkompetenz bezeichnet wird, ist nun nicht offen und apodiktisch einzusetzen, sondern soll Jugendlichen Alternativen einsichtig vermitteln[47]. Mit der Frage nach der Einlösbarkeit vorhandener oder geweckter Bedürfnisse ist das letztere Dilemma angesprochen, das gewissermaßen quer zum oben beschriebenen Handlungsdilemma liegt und dieses durch die Bindung an gesellschaftliche Realität entscheidend modifiziert bzw. limitiert. Bedeutet das heute in der Jugendarbeit propagierte Konzept der Bedürfnisorientierung eine emanzipatorische Orientierung am Subjekt auf der Basis einer betreuten Selbstorganisation[48], so stellt sich unweigerlich die Frage, welchen faktischen Einfluß die Jugendarbeit auf gesellschaftliche Strukturen, die das Leben heutiger Jugendlicher prägen, auszuüben vermag. Der theoretische Boden für solche auf Gegenwartsdiagnosen beruhenden Grenz- bzw. Machbarkeitsdefinitionen von Jugendarbeit ist in Studien zum Strukturwandel der Jugend[49] zu suchen. Diese vor allem innerhalb jugendsoziologischer Ansätze vertretene und sich auf allgemeinere schicht- und kultursoziologische Studien[50] gründende These konstatiert einen umfassenden gesellschaftlichen Erosionsprozeß. Die mit diesen Entwicklungen (Entraditionalisierung, Pluralisierung, Brüchig werden von Normalbiographien, etc.) einhergehenden Konsequenzen für identitäts- und gemeinschaftsbildende Prozesse haben immense Folgen, für das, was als Lebensphase ‘Jugend’ bezeichnet wird: Zum einen wird Jugend nicht länger als Moratorium, sondern als eigenständiger Lebensbereich begriffen[51]. Dies wird mit dem Aufweichen der Altersgrenzen sowie mit der fortschreitenden Zerstörung des Bildungsoptimismus aufgrund unsicherer gewordener Zukunftperspektiven begründet. Damit in Zusammenhang steht zum anderen eine zunehmende Eigendynamisierung und Diversifizierung jugendlicher Lebenswelten, was sich in einer enormen Wertepluralisierung sowie der Zersplitterung eines gesellschaftskonstituierenden Konsens ausdrückt[52]. Auf dem Hintergrund dieser neuen Unübersichtlichkeit (Habermas) ist die Frage, ob heutige Jugendarbeit in der Lage ist, die Probleme von Jugendlichen zu lösen, in zweierlei Hinsicht zu verneinen: Jugendarbeit ist weder in der Lage Problemlagen von Jugendlichen individualbiographisch aufzugreifen und quasi-therapeutisch zu betreuen, noch ist sie in der Lage, objektiv gegebene gesellschaftliche Strukturen, die bestimmte psychosoziale Konsequenzen (Folgekosten) sowie deren spezifische Bewältigungsstrategien hevorbringen, zu verändern. Das bedeutet, daß der Anspruch einer an Emanzipation ausgerichteten Jugendarbeit und ihr tatsächlicher Einfluß bzw. institutioneller Auftrag, einen solchen Prozeß zu initiieren, zu unterstützen oder zu fördern, derart weit auseinanderliegen, daß es fraglich wird, ob ein solcher Anspruch noch aufrechterhalten werden kann[53]. Damit Jugendarbeit angesichts der Tatsache diversifizierter Lebenslagen und ihres marginalen Einflusses nicht gänzlich zur sozialpolitischen und wohlfahrtsstaatlichen Feuerwehr mutiert, setzen neuere Ideen auf sozialökologische Ansätze[54]. Damit soll grob gesagt zumindest zweierlei erreicht werden: Ein verstehender bzw. akzeptierender[55] Zugang zu jugendlichen Lebenswelten und Kulturen auf der Basis von Freiwilligkeit verbunden mit dem Angebot einer weitestgehend auf Selbstorganisation beruhenden Freizeitgestaltung im Herkunftsmilieu. Dieser Ansatz hat Kompromißcharakter, da auf ein umfassendes Konzept der Persönlichkeitsentwicklung verzichtet wird und stattdessen ein Raum als Lebensraum zur alternativen Lebensgestaltung und -bewältigung zur Verfügung gestellt wird. Die Paradoxie, die man sich mit diesem Kompromiß einkauft, entsteht an der Schnittstelle von Individuum und Gesellschaft: Jugendliche Lebensentwürfe erfahren entscheidende Einschränkungen durch gesellschaftliche Strukturen. Aufgabe von Jugendarbeit in diesem Sinne kann es daher nur sein, Jugendlichen alle Illusionen zu nehmen, was solche objektiven und kurzfristig nicht veränderbaren Bedingungen anbelangt[56], gleichzeitig jedoch bemüht zu sein, Strategien aufzuzeigen, diese Situationen alternativ zu bewältigen. Jugendarbeit unterstützt auf diese Weise unterschwellig die tagtägliche Lebensbewältigung, hilft neue Strategien zu finden und erhält so eine alltagsbegleitende und -beratende Funktion[57]. Das Zur-Verfügung-Stellen von Raum als Lebensraum für Jugendliche bedeutet also aktuell die Möglichkeit, Freizeit repressionsfrei zu gestalten und zukunftsbezogen die Möglichkeit, Nischen aufgezeigt zu bekommen, mit denen objektive Bedingungen ‘gesünder’ bewältigt werden können[58].

Diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist das Ziel offener, projektorientierter Jugendhausarbeit[59]. das Schlagwort ‘Offen’ bezieht sich dabei sowohl auf die Teilnehmerstruktur als auch auf die Rahmung oder den Inhalt des pädagogischen Settings. Offene Jugendarbeit bedeutet damit zunächst, offen zu sein für alle Jugendlichen (es gibt also kein festgelegtes Klientel, keine festen Gruppen o.ä.) und darüber hinaus ein Angebot bereitzustellen, daß freizeit- bzw. bedürfnisorientiert, nicht inhalts- oder themengebunden und nicht curricularisiert ist. Dieses Angebot findet zu regelmäßigen Zeiten in dafür vorgesehenen Räumen (Jugendhaus) statt und wird idealerweise durch eine jugendpädagogische Kraft kontinuierlich betreut. Dieser ‘Offene Betrieb’ wird als Ausgangsbasis für pädagogische Maßnahmen und Interventionen aller Art genutzt, unter anderem eben auch dafür, Projekte durchzuführen, die an die Interessen und aktuellen Themen der Jugendlichen gebunden sind[60]. Solche Projekte haben den Vorteil, daß sie einerseits an die Bedürfnisse der Jugendlichen angepaßt sind und auf freiwilliger Basis stattfinden, andererseits ihnen jedoch eine gewisse Ernsthaftigkeit - sind sie erst einmal am Laufen - zukommt, da sie die notorische ‘Als-Ob-Situation’, in der sich pädagogisches Handeln oft befindet, überwinden[61]. Anders als in der Schule, in der das Lernen oft keinen direkten Handlungsbezug hat (sei denn es ist Projektunterricht), heißt bspw. die Durchführung eines Radioprojekts, sich dem Risiko des Scheiterns in einer ‘realen Erwachsenenwelt’ aussetzen zu müssen.

Dieser kurze Abriß hat deutlich gezeigt, daß außerschulische Jugendarbeit weit davon entfernt ist, klare Ziele mit dafür vorgesehenen Maßnahmen erreichen zu können bzw. zu wollen, sondern vielmehr ein Bereich ist, in dem oft spontan und intuitiv innerhalb nicht antizipierbarer Situationen und Ereignisse gehandelt werden muß. Darüber hinaus sind die Settings, innerhalb derer Jugendarbeit stattfindet, oft nur diffus gerahmt, so daß weder den Jugendlichen noch den Jugendarbeitern definitiv klar ist, welchen Zwecken bestimmte pädagogische Situationen und Maßnahmen überhaupt dienlich sein sollen.

Insgesamt folgt daraus eine für die jugendarbeiterische Praxis extrem hartnäckige und prägnante Ausbildung pädagogischer Handlungsparadoxien bzw. die zusätzliche Belastung der klassischen Paradoxien (Kollektiv- vs. Einzelorientierung Õ doppeltes Mandat; Eingreifen vs. Alleine-Machen-Lassen Õ Hilfe zur Selbsthilfe) durch eine entwicklungsbedingte Widerständigkeit des Klientels[62], das Fehlen eines dem Leidensdruck adäquaten Moments[63] und die Fremdheit und Eigendynamik jugendlicher Lebenswelten[64]. Kurz: Die Jugendarbeit hat in der heutigen Praxis immer damit zu kämpfen, daß die Jugendlichen auf Jugendarbeit nicht direkt angewiesen sind, z.T. in ‘ihrer eigenen Welt’ leben und dort in Ruhe gelassen werden wollen und schließlich auf nichts mißtrauischer reagieren als auf versteckte Vereinnahmungs- und Anbiederungsversuche[65].

Diese problematische Situation haben Jugendarbeiter und -arbeiterinnen in der Praxis - und das heißt in direkter Kommunikation mit den Jugendlichen - zu bewältigen. Dabei wird oft die Person des Jugendarbeiters ins Zentrum professionstheoretischer Überlegungen gerückt[66], da die Unmittelbarkeit des täglichen Kontakts mit den Jugendlichen und die Eigenart der pädagogischen Situation es mit sich bringen, daß Jugendarbeiter und -arbeiterinnen - obgleich Exekutanten einer spezifischen Berufsrolle - vom jugendlichen Klientel als ganze Personen vereinnahmt werden. Das hat zur Folge, daß - und hierin liegt ein entscheidender Unterschied der pädagogischen zu anderen berufsförmigen Interaktionssituationen - die spezifisch berufliche Ebene immer von einer persönlichen (Beziehungs)Ebene zwischen Jugendlichen und Jugendarbeitern überlagert wird. Die Bewältigung dieser Paradoxien und Probleme vollzieht sich dabei selten offen oder metakommunikativ, sondern prägt stattdessen nahezu unbemerkt die Struktur des Kommunikationsprozesses. Empirisch zu fragen ist also, wie Pädagogen und Pädagogisierte im Rahmen ihrer Beteiligungsrollen[67] agieren, welche Paradoxien durch die spezifische Gestaltung und Aufeinanderbezogenheit der Äußerungen durchschimmern und welche kommunikativen Ressourcen zur Verfügung stehen, diese zu bearbeiten. Kurz: Welche Relevanz besitzen die konstatierten Paradoxien für die praktisch Handelnden überhaupt und in welcher Weise werden sie behandelt. Nach einer Einführung in die Methodik der Gesprächsanalyse (Teil II.) soll deshalb im folgenden ein pädagogisch gerahmtes Gespräch, das im Bereich der offenen, projektorientierten Jugendhausarbeit zustande kam, unter diesen Gesichtspunkten betrachtet werden.

II. Methodische Herangehensweise: Gesprächsanalyse als interpretatives Forschungsprogramm

Von der Gesprächsanalyse als kanonisiertes Analyseverfahren oder Forschungsprogramm kann nicht gesprochen werden, da es sich - faßt man den Begriff weit - um untereinander äußerst heterogene, sozialwissenschaftliche und linguistische Versuche handelt, wissenschaftliche Gesprächsforschung zu betreiben[68]. Im Rahmen dieser Arbeit soll unter dem Begriff der Gesprächsanalyse ein anwendungsbezogener Umgang mit Gesprächen verstanden werden, der grundlegenden Einsichten interpretativer Konzeptionen Rechnung trägt[69]. Grob charakterisiert ließe sich eine solche Form der Gesprächsanalyse zunächst in weiterem Sinne als ein Forschungsansatz bezeichnen, der a) sich auf ethnomethodologische und symbolisch - interaktionistische Gegenstandstheorien beruft[70], b) sich einer qualitativ - rekonstruktiven und ethnographisch verfahrenden Methodologie verpflichtet fühlt[71], c) sich hinsichtlich des Forschungsdesigns an Vorstellungen der Grounded Theory orientiert, d) auf eine natürliche bzw. passiv registrierende Datenbasis[72] wertlegt sowie e) sich hinsichtlich der Datenauswertung an Konzepte und Prozeduren der linguistischen Pragmatik, der Ethnografie des Sprechens, der Kontextualisierungstheorie, der objektiven Hermeneutik und v.a. der ethnomethodologischen Konversationsanalyse[73] anlehnt[74].

[...]


[1] Die männliche und weibliche Form wechselt nach dem Zufallsprinzip.

[2] Vgl. Münchmeier 1980.

[3] Der Natürlichkeitsbegriff bezieht sich in diesem Zusammenhang zunächst auf die jederman zugängliche Erfahrung, daß Interaktionssituationen einer mehr oder weniger rigiden institutionellen Einbettung unterliegen und auf den Umstand, daß dies Struktur und Verlauf der Interaktionen prägt (vgl. bspw. Dittmann 1979b oder Drew/ Heritage 1992).

[4] Vgl. Bergmann 1985.

[5] Diese These wurde bereits 1921 von A. Fischer vertreten (vgl. Dewe/ Ferchhoff/ Radtke 1992, 8).

[6] Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang auf die Schrift ‘Dialektik der Aufklärung’ (Horkheimer/ Adorno 1997 [1947]) sowie auf Max Webers These der ‘Entzauberung der Welt’ verwiesen (Weber 1991). Vgl. auch die zusammenfassende Darstellung dieses Themenkomplexes aus Sicht der Erziehungswissenschaft in Dewe/ Otto 1984.

[7] Vgl. Ferchhoff 1993, 707.

[8] Zur strukturtheoretischen Bestimmung pädagogischen Handelns vgl. Oevermann 1996. Einen interaktionistischen Zugang stellt Schütze (1992) vor.

[9] Vgl. Ferchhoff 1993; Dewe/ Ferchhoff/ Radtke 1992.

[10] Schütze (1996) ordnet beide Konzepte dem Strukturfunktionalismus zu, um seine eigene, interaktionistische Betrachtungsweise davon abzugrenzen (185 f.). Wenn hier also von ‘handlungstheoretisch’ die Rede ist, so geschieht das im Sinne Talcott Parsons’ allgemeiner Handlungstheorie. Obwohl also Parsons’ Theorie professionellen Handelns in einer strukturfunktionalen Gesellschaftstheorie verwurzelt ist, gilt sie als Urmodell und Ableitungsbasis der Auseinandersetzung mit der Logik professionellen Handelns (vgl. Parsons 1951, Kap. 10; Brunkhorst 1992).

[11] Vgl. Daheim 1992.

[12] Vgl. Stichweh 1992 u. 1996.

[13] Solche Konsequenzen beschreibt bspw. Beck (1986). Er spricht von Enttraditionalisierung, Pluralisierung, Individualisierung, dem Brüchigwerden von Normalbiographien etc., kurz: von einer Freisetzung des Individuums aus traditionellen Lebenszusammenhängen.

[14] Vgl. Brunkhorst 1992.

[15] Parsons nennt fünf solcher pattern variables, die mögliche Orientierungen individuellen Handelns beschreiben: 1. Affektivität - affektive Neutralität 2. Selbstorientierung - Kollektivorientierung 3. Universalismus - Partikularismus 4. Zuweisung - Leistungsorientierung 5. diffuses Verhalten - spezifisches Verhalten (vgl. Korte 1995, 179). Mit Hilfe dieser an Ferdinand Tönnies (Gemeinschaft - Gesellschaft) und Max Weber (zweckrationales, wertrationales, traditionales und affektuelles Handeln) angelehnten Handlungstypen soll es möglich sein, das Profil spezifischer Gesellschaften bzw. ihrer Subsysteme zu beschreiben.

[16] Dieser handlungstypologische Ansatz ist grundlegend für professionssoziologische Zugänge. Kerngedanke ist, eine idealtypische Abgrenzung des professionellen Handelns vorzunehmen, um auf dieser Basis eine Typikalität zu entwerfen. Besondere Beachtung wird dabei der jeweils besonderen Form des Verhältnisses von Berufspositionsinhaber und Empfänger der jeweiligen Leistung geschenkt. So unterscheidet sich das Verhältnis ‘Professioneller-Klient/ Patient’ grundlegend vom Verhältnis ‘Verkäufer-Kunde’ oder ‘Verwaltungsbeamter-Empfänger einer administrativen Dienstleistung’. Obwohl in allen drei Fällen spezifische Rollenbeziehungen etabliert sind, zeichnet sich das professionelle Handeln dadurch aus, daß trotzdem die ‘ganze Person’ zur Grundlage des Handelns gemacht wird. Kunde und Dienstleistungsempfänger dagegen erreichen keinen Personenstatus, sondern bleiben auf die zur Etablierung der Beziehung notwendigen Aspekte beschränkt (daß das empirisch gesehen in vielen Fällen nicht so ist, ändert nichts an der idealtypischen Bestimmung der Handlungslogik und hat Gründe, die für die momentane Betrachtung irrelevant sind).

[17] In der Sprache der pattern variables: • Attribution/ Leistungsorientierung (an die Stelle zugeschriebener, traditionaler Autorität tritt die Fachautorität, welche sich über die Logik des besseren Arguments zu legitimieren hat) • Partikularismus/ Universalismus (an die Stelle einzelner, tradierter Ordnungen tritt die Allgemeingültigkeit der wissenschaftlichen Erkenntnis) • Diffusität/ Spezifität (funktionale (Rollen-) Spezifizierung zerreißt die ursprüngliche Ganzheitlichkeit) • Affektivität/ Neutralität (emotionale Involviertheit weicht einer affektiven Neutralität/ Distanziertheit) • Selbst-/ Kollektivitätsorientierung (naturwüchsige Praxis ‘verdampft’; zurück bleibt deren moralische Potenz, die sich innerhalb der Professionen in deren Kollektivitätsorientierung ausdrückt).

[18] Vgl. Brunkhorst 1992, 53 ff.

[19] Dies wird im Falle der Therapie sogar reflektiert eingesetzt (vgl. Oevermann 1996, 109 ff.).

[20] In Anlehnung an Alfred Schütz ist eine Sinnwelt dann höhersymbolisch, wenn sie Sinnquellen beinhaltet, die Sphären entstammen, welche die natürliche Einstellung und damit die Alltagswelt transzendieren. Da Professionen sich in der Regel auf abstraktes wissenschaftliches Wissen gründen und im Kern mit daraus abgeleiteten, generellen Kategorien arbeiten, bilden Professionen eine besondere, die Vielfältigkeit des Alltags abstrahierende, eben höhersymbolische Sinnwelt aus (vgl. Schütze 1996, 190 f.).

[21] Vgl. Brunkhorst (1992), der diesen möglichen Störungen nachgeht und eine Gefährdung der Professionslogik durch Bürokratie, Markt und Lebenswelt erörtert.

[22] Die einschlägige Literatur unterscheidet bei pädagogisch Handelnden häufig zwischen Lehrerinnen, Sozialpädagogen/ -arbeitern und Erwachsenenbildnerinnen. Je nach Tätigkeit bilden sich unterschiedliche Problemlagen und Handlungsmuster heraus, die jedoch hier im Einzelnen nicht besprochen werden können. Vielmehr geht es hier zunächst darum, das spezifisch Gemeinsame einer pädagogischen Professionalität zu bestimmen. Zur Differenzierung einzelner Handlungsformen s. Combe 1996; Helsper 1996; Rumpf 1996; Terhart 1992; ders. 1996 (zum Lehrerhandeln), Ferchhoff 1993; Hörster/ Müller 1996; Merten/ Olk 1996; Nölke 1996; Schütze 1992; ders. 1996 (zur Sozialpädagogik/ -arbeit), Dewe 1996; Harney 1996; Gieseke 1996; Koring 1992b (zur Erwachsenen- und Weiterbildung) und Achenbach/ Winkler-Calaminus 1992 (zur Beratungstätigkeit). Mit dem Grenzfall ‘Therapie’ setzen sich Körner 1996; Müller 1996 und Schaeffer 1992 auseinander.

[23] Die Folgen der Verwaltungsabhängigkeit für das pädagogische Handeln wurden vielfach thematisiert. Eine aktuelle, umfassende Diskussion für die Sozialpädagogik/ Sozialarbeit liefert Schütze 1996.

[24] Im Falle des Lehrerberufs beispielsweise, der oft als Musterbeispiel pädagogischer Professionen herangezogen wird, kann von Klientenautonomie aufgrund der Schulpflicht überhaupt keine Rede sein.

[25] Vgl. Dewe/ Otto 1984, 786 f.

[26] Im Falle der Lehrerin oder des Sozialpädagogen in der Offenen Jugendarbeit bspw. ist das Ziel des pädagogischen Handelns nicht etwa die Lösung bereits aufgetretener Probleme, sondern im weitesten Sinne die Vermeidung möglicher Probleme in einer antizipierten Zukunft durch eine angemessene Wissens- und Normenvermittlung (vgl. Dewe/ Ferchhoff/ Radtke 1992, 15).

[27] Vgl. Schütze 1992, 141 ff.

[28] Dewe/ Ferchhoff und Radtke (1992) verorten in ihrer Einleitung pädagogisches Handeln sowohl in der Erziehungs- als auch in der Professionslogik. Ihrer Auffasung zufolge ist pädagogisches Handeln in spezifischer Weise professionell und erzieherisch, so daß eine kriteriale Abgrenzung von den Sphären der klassischen Profession und der privaten Erziehung nötig ist (14 f.). Kurz: Die Autoren begreifen oben angeführte Einwände nicht als Argumente gegen eine pädagogische Professionalität, sondern als Spezifika einer solchen.

[29] Vgl. Dewe/ Ferchhoff/ Radtke 1992; Dewe/ Otto 1984; Ferchhoff 1993; Hornstein/ Lüders 1989.

[30] Vgl. Oevermann 1996, 71-80 u. 109 ff. Die Oevermannsche Position soll hier skizzenhaft eingeführt werden, um das vielzitierte und weiterentwickelte Konzept der ‘stellvertretenden Deutung’ in seiner Ableitungslogik zu verstehen. Oevermann gründet seine Argumentation zunächst nicht auf empirische Daten, sondern leitet die Strukturlogik pädagogischen Handelns aus allgemeinsten Erkenntnissen über Sozialität ab. Die Probleme die eine solch allgemeingültigkeitbeanspruchende Position mit sich bringt, müssen hier zunächst ausgeklammert bleiben, da sie unweigerlich in eine Diskussion um gegenstands­theoretische und methodologische Voraussetzung des Programms einer objektiven Hermeneutik münden würde (s. bspw. die Beiträge in Garz 1994).

[31] Für eine umfassende Plausibilisierung dieses zentralen Gedankens s. Oevermann 1996, 123-134.

[32] Eine fundierte Begründung hierfür findet sich in den Ausführungen über eine spezifisch soziologische Sozialisationstheorie (vgl. a.a.O. 109 ff.).

[33] S. dazu zusammenfassend Schütze 1987.

[34] Vgl. Schütze 1992, 135 ff. sowie Schütze 1996, 183 ff.

[35] Hierfür gibt es mehrere Gründe: Oberflächlich betrachtet, scheint es auf der Hand zu liegen, daß die Ratio der Wissenschaft und die des Alltags nicht zusammenpassen, da erstere die Handlungsentlastung sucht (bzw. dieser konstituiv bedarf) und letztere immer durch praktischen Handlungsdruck limitiert bleibt bzw. Handlungssituationen immer nur für praktische Zwecke hinreichend auszulegen imstande ist. Subjekt- bzw. identitätstheoretisch gewendet jedoch - und das scheint der gewichtigste Grund für das Mißtrauen der Alltagswelt gegenüber der Wissenschaft - können problematisch gewordene Lebenskonstellationen (verbunden mit Routinen, Überzeugungen etc.) nicht einfach durch Aufklärung ‘abgeschafft’ werden, da sie ihrerseits funktional in die Lebenssituation als Ganzes eingebunden sind. Die Bereitstellung von alternativen Lösungen auf der Basis eines das Alltagsleben transzendierenden Wissens bedeutet also immer auch die Zerstörung ‘eingefahrener’ und bequemer Deutungsmuster und Verhaltensweisen, deren Verlust schmerzhafter sein kann, als das anfängliche Problem.

[36] Diesem Problem - das eines der vielbesprochensten und zentralsten der Sp/Sa zu sein scheint - widmet sich Schütze in einem gesonderten und umfassenden Artikel (vgl. Schütze 1996).

[37] Im Sinne einer Überforderung des Klienten, die prinzipiell zur Resignation führen kann.

[38] Der Gedanke, daß die Weltauslegung prinzipiell unendlich fortgetrieben werden kann und somit immer unfertig bleibt, stammt von Edmund Husserl und wurde von Alfred Schütz in die Sozialwissenschaften eingeführt. So betont Schütz, daß praktisches Handlungswissen immer nur hinreichend detailliert ist bzw. sein kann und auf diese Weise immer an die Relevanzen der Handelnden gebunden bleibt. Das heißt ein Wissen ist immer dann hinreichend detailliert, wenn es zur Erlangung der je spezifisch relevanten Handlungszwecke ausreicht.

[39] Hornstein und Lüders (1989) sprechen in Anlehnung an A. Fischer bspw. von einem deduktiv - abstrakten im Gegensatz zu einem induktiv - additiven Zugang pädagogische Professionalität zu bestimmen (762 ff.).

[40] Ein wahrer Fundus für solche Projektionen ist das Werbematerial der deutschen Polizei zur Kriminalitätsprävention (vgl. Innenministerium Baden-Würtemberg 1997).

[41] Eine umfassende Rekonstruktion der Sozialarbeit als moderner Dienstleistungsberuf liefern Merten/ Olk (1996).

[42] Vgl. Münchmeier 1991a.

[43] Vgl. Bida-Winter 1990, 18 ff.; Böhnisch 1980; Böhnisch, Münchmeier/ Sander 1984; Ferchhoff 1993; Koring 1992a, 89; Lange, Müller/ Ortmann 1980, 31 f.; Münchmeier 1991a, 172 f.

[44] Vgl. Bauer 1991, 38; Böhnisch, Münchmeier/ Sander 1984, 539 ff.; Damm 1991; Lange, Müller/ Ortmann 1980; Schilling 1982, 84 ff.

[45] Vgl. Lange/ Müller/ Ortmann 1980, 68; Schilling 1982, 84 ff.

[46] Die in diesem Zusammenhang oft gebrauchten Stichworte der ‘Aufklärung’ und ‘Emanzipation’ verweisen auf die von Oevermann hingewiesene Nähe der pädagogischen und therapeutischen Konstellation. Beide - der Pädagoge sowie der Therapeut - nutzen ihr Mehrwissen, um dem Patient/ Klient alternative Problemlösungspotentiale an die Hand zu geben.

[47] Dieses pädagogische Grunddilemma hat vielfältige Bezeichnungen geprägt. So u.a. ‘Hilfe zur Selbsthilfe’, ‘angeleitete Selbstorganisation’ etc.

[48] Vgl. Damm 1991. Diese widersprüchliche Figur - um es nochmals zu betonen - ist im Rahmen von Jugendarbeit das entscheidende Kriterium, damit überhaupt von pädagogischer Arbeit gesprochen werden kann, d.h. Voraussetzung für Jugendarbeit ist immer die Pädagogisierung von Räumen und Situationen, die prinzipiell auch ohne pädagogische Unterstützung vorhanden sein könnten (vgl. Münchmeier 1992). Besonders deutlich wird dies im Falle der sogenannten ‘aufsuchenden Jugendarbeit’.

[49] Vgl. Baacke 1993; Böhnisch 1991; Ferchhoff 1990a; ders. 1990b; Ferchhoff/ Neubauer 1997; Ferchhoff, Sander/ Vollbrecht 1995; Jugendwerk der Deutschen Shell 1997; Münchmeier 1997a; ders. 1997b; Zinnecker 1990.

[50] Zentral für diesen Argumentationszusammenhang sind die Schriften Risiko- (Beck 1986) und Erlebnisgesellschaft (Schulze 1995) geworden.

[51] Vgl. insbes. Böhnisch/ Münchmeier 1987, Kap. III. sowie Böhnisch/ Schefold 1980.

[52] Diese Debatte wurde v.a. in der soziologischen Stratifikations- und Schichtenforschung geführt und erreichte eine Breite, die im Rahmen dieser Arbeit nicht eingeholt werden kann. Prinzipiell geht es um die Frage, inwieweit in einer Gesellschaft wie der bundesrepublikanischen noch die Rede davon sein kann, daß größeren Einheiten wie Schichten, Klassen oder Ständen eine über statistische Aggregate hinausgehende Relevanz zukommt. Zum zentralen Paradigma moderner Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung avancierte dabei die Kategorie des Lebensstils, mit der es eher möglich war, feinere und differenziertere Dinstinktionsprozesse in modernen Wohlstandsgesellschaften zu erfassen (s. dazu einführend Beck 1986, Kap. 3; Habermas 1985, Kap. 5, Hörning/ Michailow 1990 sowie Müller 1992. Desweiteren sei auf die Schrift ‘Die feinen Unterschiede’ von Pierre Bourdieu verwiesen, der dort einen umfassenden Rahmen für eine Theorie der kulturellen Vergesellschaftung entwirft (vgl. Bourdieu 1996 [1982]; S. auch Müller 1986)).

[53] Vgl. dazu die problematisierenden Sammelbände Böhnisch, Münchmeier/ Sander 1980; Böhnisch/ Münchmeier1987; Kiesel/ Volz 1991.

[54] Vgl. Böhnisch/ Münchmeier 1987, Kap IV.; Böhnisch/ Münchmeier 1990; Huttanus/ Maykus 1998; Münchmeier 1991b; Pfeiffer 1987.

[55] Vgl. bspw. Krafeld 1996.

[56] Bspw. ist es nahezu unmöglich, ohne Abitur Pilot zu werden oder ohne Hauptschulabschluß eine Lehrstelle zu finden.

[57] Vgl. Ferchhoffs Konzept des ‘stellvertretenden Lebenswelthermeneuten’ (Ferchhoff 1993).

[58] In diesem Zusammenhang wird m.E. die Oevermannsche Position klar, daß pädagogisches Handeln immer untrennbar mit einer strukturellen Wissensasymmetrie und einer prophylaktischen Handlungslogik verknüpft ist. Denn zur Präsentation ‘gesünderer’ Alternativen gehört zumindest ein Wissensvorsprung sowie ein in die längerfristige Zukunft gerichtetes, antizipativ-kausales Denken.

[59] Zu den Stichworten ‘Offene Jugendarbeit’, ‘Jugendhaus’ und ‘Projektarbeit’ s. Bauer 1991; Becker-Lettow/ Kozicki 1995; Black 1995; Böhnisch/ Münchmeier 1987, Kap. XI.; Lenzen 1995 Stichwort ‘Projekt’; Schilling 1982; Schön 1980; Schröder 1991, 143 ff.; Strack 1987.

[60] Vgl. Bauer 1991, 6.

[61] Vgl. Damm 1991, 207 f.

[62] Insbesondere die Entwicklungspsychologie aber auch sozialwissenschaftliche Ansätze konzeptualisieren das Jugendalter als Problemphase (vgl. Hurrelmann 1995; Lenzen 1995, Stichwort ‘Jugend’; Oerter/ Montada 1987, Kap. 5).

[63] Oevermann führt in diesem Zusammenhang den Wissensdrang oder die Neugierde des Kindes an. Bezogen auf die Jugendphase ist dieses dem therapeutischen ‘Leidensdruck’ analoge Moment jedoch recht schwach. Für Jugendliche, die sich und ihre Umwelt als ‘normal’ definieren und sich als Personen verstehen, die keine Probleme haben, ist es oft überhaupt nicht nachvollziehbar, daß ihnen eine regelmäßige freizeitpädagogische Betreuung zugedacht wird. Mangels besserer Erklärungen verstehen viele Jugendliche deshalb Jugenhäuser und die dortigen Arbeitskräfte als kostenlose Dienstleistungseinrichtungen.

[64] Eine programmatische Schrift, diese Problematik in der pädagogischen Arbeit systematisch aufzugreifen, legt Zinnecker (1995) vor.

[65] Vgl. bspw. Gaiser, Hübner-Funk/ Müller 1980; Schwitalla/ Streeck 1989.

[66] Münchmeier spricht in diesem Zusammenhang bspw. vom ‘strategischen Authentisch-Sein’ (1991b, 196 f.).

[67] Hiermit sind keine statischen, ein für alle mal festgelegten Rollen gemeint, sondern von den Interaktanten auszufüllende, mit idealtypischen Beteiligungsrollen verbundene Normalformerwartungen. Auf die Flexibilität und Subtilität des alltäglichen Rollenspiels hat insbesondere Goffman hingewiesen (s. v.a. Goffman 1969 und 1973). Für die Interaktionsbeteiligung bzw. den Status, den Interaktanten gegenüber ihren Redebeiträgen einnehmen, was sich häufig durch die Art und Weise des Umgangs mit Beteiligungsrollen ausdrückt, hat Goffman den Begriff ‘ Footing ’ geprägt (vgl. Goffman 1981, Kap. 3). Dies wird dem Umstand gerecht, daß in Alltagskonversationen „der ‘Standardfall’, ‘eine Sprecherin spricht für sich selbst mit ihren eigenen Worten, von deren Geltung sie selbst überzeugt ist, für eine Adressatin, für die diese Mitteilung ausschließlich bestimmt ist’ allzuoft nicht gilt“ (Deppermann 1995, 43).

[68] Vgl. Henne & Rehbock 1995, Kap. 1.

[69] Die Konzeptualisierung eines gesprächsanalytischen Forschungsprogramms findet sich im Forschungsbericht ‘Praxis der Gesprächsanalyse’ von Arnulf Deppermann (1995), auf die die folgende Darstellung im wesentlichen zurückgreift. Vgl. auch Deppermann (1997a, b) für Anwendungen gesprächsanalytischer Prozeduren sowie Deppermann (1997c) für eine Entwicklung methodologischer Grundorientierungen gesprächsanalytischer Forschung.

[70] Vgl. Deppermann 1995, Kap. 1 u. 2.

[71] Vgl. Deppermann 1995, Kap. 3.

[72] Vgl. v.a. Bergmann 1985 sowie Deppermann 1995, Kap. 4.

[73] Überblickartige Einführungen zur amerikanischen ‘ conversational analysis’ finden sich in Bergmann 1981a u. 1994; Dittmann 1979a; Heritage 1984, Kap. 8; Kallmeyer 1988; Kallmeyer & Schütze 1976; Levinson 1990, Kap. 6; Streeck 1983.

[74] Vgl. Deppermann 1995, 6. Henne & Rehbock betonen in ihrer Einleitung: „Was sich unter wechselndem Namen kundgibt, stellt eine Rezeption der amerikanischen ‘conversational analysis’ dar oder ist doch wesentlich durch diese angeregt“ (Henne & Rehbock 1995, 7).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832431181
ISBN (Paperback)
9783838631189
DOI
10.3239/9783832431181
Dateigröße
961 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Gesellschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2001 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
jugendarbeit professionalität interaktion gesprächsanalyse medienpädagogik
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Titel: Zur Professionalität pädagogischen Handelns
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