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Software, Werkzeug zur Arbeitsgestaltung

Die Bedeutung des "Benutzerbildes" der Software-Entwickler für die Software-Herstellung im Kontext neuer, flexibler Arbeitsorganisationskonzepte

©1999 Diplomarbeit 93 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Das Ziel meiner Arbeit bestand darin, die implizit vorherrschenden „Benutzerbilder“ in den „Köpfen“ der Softwareentwickler zu identifizieren und deren konkrete Bedeutung für die Softwareentwicklung herauszuarbeiten. Bezüglich der Untersuchungsmethode habe ich mich für eine qualitativ-empirische Befragung mit explorativer Ausrichtung entschieden, da es mir vor allem darum ging „erste richtungsweisende Befunde“ zu dieser Fragestellung zu bekommen, die dann in einer nachfolgenden, umfassenderen Forschungsarbeit zu erweitern und zu vertiefen wären.
In diesem zunächst inhaltlich und zeitlich begrenzten Rahmen habe ich meine Befragung auf den Bereich der Softwareentwickler begrenzt. Die Auswahl der Softwareentwickler erfolgte nicht zufällig, sondern beruhte auf persönlichen Kontakten zu dieser Branche, was mir im explorativen Kontext meiner Fragestellung als hinreichend erscheint. Weiterführende Untersuchungen wären dann auf einer größeren, quantitativ repräsentativeren Auswahlbasis sinnvoll.
Um dann umfassendere Antworten zu meiner Fragestellung zu gewinnen, wäre es sicherlich interessant auch die Benutzerseite zu befragen, um zu eruieren, inwieweit bestimmte „Benutzerbilder“ der Softwareentwickler Auswirkungen auf den konkreten Umgang der Benutzer mit Software in der betrieblichen Praxis haben. Desweiteren hätte man dadurch möglicherweise eine bessere Datenbasis um zu beurteilen, inwieweit eine bestimmte Form der Softwarenutzung (impliziert durch die Benutzerbilder der Entwickler) mit bestehenden und neuen Arbeitsorganisationskonzepten kollidiert bzw. in Zukunft kollidieren könnte.
Zum Zweck der Identifikation der „Benutzerbilder“ der Softwareentwickler habe ich nun im Konzeptionsschritt drei Benutzertypen „konstruiert“, die dann als Zuordnungsbasis für die Auswertung und Interpretation der Antworten dienten.
Die gewonnenen Ergebnisse wurden dann in einem abschließenden theoretischen Schritt in den Kontext neuer flexibler und ganzheitlicher Arbeitsorganisationskonzepte gestellt, da diese in Verbindung mit einer fortgeschrittenen
Informationstechnologie (z.B. was die Anbindung von betrieblichen Arbeits- und Informationsstrukturen via Intranet/Internet-lösungen und E-mail angeht) gerade in letzter Zeit auf euphorische Weise propagiert werden.
Meine Absicht war es dabei festzustellen, ob sich zwischen den von mir identifizierten „Benutzerbildern“ der Softwareentwickler und den neuen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 2965
Adam, Roland: Software, Werkzeug zur Arbeitsgestaltung: Die Bedeutung des "Benutzerbildes"
der Software-Entwickler für die Software-Herstellung im Kontext neuer, flexibler
Arbeitsorganisationskonzepte / Roland Adam -
Hamburg: Diplomarbeiten Agentur, 2000
Zugl.: München, Universität, Diplom, 1999
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Dipl. Kfm. Dipl. Hdl. Björn Bedey, Dipl. Wi.-Ing. Martin Haschke & Guido Meyer GbR
Diplomarbeiten Agentur, http://www.diplom.de, Hamburg 2000
Printed in Germany


- 2 -
Gliederung
1 EINLEITUNG
5
2 HAUPTTEIL
7
2.1 Eine empirische Untersuchung mittels explorativer Interviews
zur Identifikation der vorherrschenden ,,Bilder und
Vorstellungen" der Softwareentwickler vom Benutzer
7
2.1.1 Theoretische Relevanz der empirischen Untersuchung
7
2.1.1.1 Die Bedeutung technischer Leitbilder
7
2.1.1.2 Das Leitbild der ,,systemischen Repräsentation"
9
2.1.1.3 ,,Systemische Repräsentation" - ein impliziter
Kontrollmechanismus ?
12
2.1.1.4 Zusammenfassung:
12
2.1.2 Zur Konzeption der Interview-Fragen (Fragen s. Anhang)
13
2.1.3 Konstruktion und Verwendung von ,,Benutzertypen" und
,,Computermetaphern" zur Fragenauswertung des
Hauptbereichs
15
2.1.3.1 Der ,,rationale Benutzertyp" und die Maschinenmetapher
19
2.1.3.2 Der ,,intelligente Benutzertyp" und die Werkzeugmetapher
22
2.1.3.3 Der ,,intuitive Benutzertyp" und die Mediummetapher
26

- 3 -
2.1.4 Auswertung:
33
2.1.4.1 Allgemeine Situation
33
2.1.4.2 Identifikation von ,,Benutzerbildern"
33
2.1.5 Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse
61
2.2 Theoretische Einordnung der Ergebnisse:
62
2.2.1 Software - eine Technik im Spannungsfeld von
Objektivierungs- und Subjektivierungsmöglichkeiten und
ihre Bedeutung für die Arbeitsorganisaton
63
2.2.1.1 Grundlagen und Bedingungen der
Objektivierungsmöglichkeiten für die Softwarenutzung: Die
,,Verwissenschaftlichung" der Software -Technik als
Medium
64
2.2.1.2 Grundlagen und Bedingungen der
Subjektivierungsmöglichkeiten für die Softwarenutzung:
Enttraditionalisierung und Individualisierung als
Kennzeichen eines gesellschaftlichen Umbruchs in eine
Chancen-Risiken- Dichotomie
69
2.2.2 Der Stellenwert moderner Softwaretechnologie für die
Objektivierungs- und Subjektivierungspotentiale ihrer
Nutzung im Arbeitsprozeß
73
2.2.2.1 Das Objektivierungspotential als komplexitätsreduziernde
Basis der Softwaretechnologie - Dekontextualiserung von
Information als notwendige Bedingung
73
2.2.2.2 Das Subjektivierungspotential - Subjektivität und Intuition
als notwendige menschliche Fähigkeiten zur
Rekontextualiserung von Information
75

- 4 -
2.2.2.3 Die Bedeutung moderner Informations- und
Softwaretechnologien für das arbeitende Subjekt im
Kontext neuer Arbeitsorganisationskonzepte
77
2.2.2.4 Das Problem der Kontingenz des Marktes
79
2.2.2.5 Die Chancen-Risiko-Dichotomie
80
3 BEWERTENDER AUSBLICK
83
4 LITERATUR
85
5 ANHANG
88

- 5 -
1 Einleitung
Das Ziel meiner Arbeit bestand darin, die implizit vorherrschenden ,,Benutzer-
bilder"
in den ,,Köpfen" der Softwareentwickler zu identifizieren und deren kon-
krete Bedeutung für die Softwareentwicklung herauszuarbeiten. Bezüglich der
Untersuchungsmethode habe ich mich für eine qualitativ-empirische Befragung
mit explorativer Ausrichtung entschieden, da es mir vor allem darum ging ,,erste
richtungsweisende Befunde" zu dieser Fragestellung zu bekommen, die dann in
einer nachfolgenden, umfassenderen Forschungsarbeit zu erweitern und zu vertie-
fen wären.
In diesem zunächst inhaltlich und zeitlich begrentzen Rahmen habe ich meine
Befragung auf den Bereich der Softwareentwickler begrenzt. Die Auswahl der
Softwareentwickler erfolgte nicht zufällig, sondern beruhte auf persönlichen Kon-
takten zu dieser Branche, was mir im explorativen Kontext meiner Fragestellung
als hinreichend erscheint. Weiterführende Untersuchungen wären dann auf einer
größeren, quantitativ repräsentativeren Auswahlbasis sinnvoll.
Um dann umfassendere Antworten zu meiner Fragestellung zu gewinnen, wäre es
sicherlich interessant auch die Benutzerseite zu befragen, um zu eruieren, inwie-
weit bestimmte ,,Benutzerbilder" der Softwareentwickler Auswirkungen auf den
konkreten Umgang der Benutzer mit Software in der betrieblichen Praxis haben.
Desweiteren hätte man dadurch möglicherweise eine bessere Datenbasis um zu
beurteilen, inwieweit eine bestimmte Form der Softwarenutzung (impliziert durch
die Benutzerbilder der Entwickler) mit bestehenden und neuen Arbeitsorganisati-
onskonzepten kollidiert bzw. in Zukunft kollidieren könnte.
Zum Zweck der Identifikation der ,,Benutzerbilder" der Softwareentwickler habe
ich nun im Konzeptionsschritt drei Benutzertypen ,,konstruiert", die dann als
Zuordnungsbasis für die Auswertung und Interpretation der Antworten dienten.
Die gewonnenen Ergebnisse wurden dann in einem abschließenden theoretischen
Schritt
in den Kontext neuer flexibler und ganzheitlicher Arbeitsorganisations-
konzepte gestellt, da diese in Verbindung mit einer fortgeschrittenen

- 6 -
Informationstechnologie (z.B. was die Anbindung von betrieblichen Arbeits- und
Informationsstrukturen via Intranet/Internet-lösungen und E-mail angeht) gerade
in letzter Zeit auf euphorische Weise propagiert werden.
Meine Absicht war es dabei festzustellen, ob sich zwischen den von mir identifi-
zierten ,,Benutzerbildern" der Softwareentwickler und den neuen Arbeitsorganisa-
tionskonzepten ein möglicher Widerspruch abzeichnet bzw. abzeichnen wird, d.h.
ob die neuen Arbeitsorganisationskonzepte der Unternehmen, die mehr Flexibili-
tät und Ganzheitlichkeit der Arbeit verlangen und versprechen und somit von den
Individuen mehr Selbststeuerung, Eigenverantwortung und Kreativität verlangen,
informationstechnisch unterstützt werden, oder ob durch die ,,Hintertür" der Ent-
wicklung wissenschaftlich formalisierter, restriktiver Softwareprodukte und ­ar-
chitekturen eventuell ein impliziter, ,,systemischer" Kontrollmechanismus reali-
siert wird, der im tayloristischen Sinne die Ausweitung individueller Handlungs-
spielräume wieder beschränkt.
Die Beantwortung der Frage, ,,inwiefern" bestimmte ,,Benutzerbilder" mit neue-
ren Arbeitsorganisationskonzepten im konkreten Anwendungskontext von Soft-
waretechnik ,,brechen", wäre wie oben bereits erwähnt dann die Aufgabe einer
weitergehenden systematischen Studie, welche insbesondere auch die Anwender-
seite bzw. die Interaktionskontexte zwischen Hersteller- und Anwenderunterneh-
men in ihre Analysen mit einbezieht
1
.
1
vgl. Manz, T., Bergstermann, J. (1996), S.1

- 7 -
2 Hauptteil
2.1 Eine empirische Untersuchung mittels explorativer In-
terviews zur Identifikation der vorherrschenden ,,Bilder und
Vorstellungen" der Softwareentwickler vom Benutzer
2.1.1 Theoretische Relevanz der empirischen Untersuchung
2.1.1.1 Die Bedeutung technischer Leitbilder
In der tagtäglichen Praxis der Softwarehersteller wird oft behauptet, daß die Soft-
waregestaltung und -entwicklung im Kern vor allem durch die Vorgaben der Auf-
traggeber eines Unternehmens geprägt ist. In Form von gegenseitigen Informati-
ons- und Aushandlungsprozessen, in der Regel zwischen Software-Hersteller und
EDV-Fachbereich des Auftraggebers, werden die Vorgaben und ,,Wünsche" des
Kunden mit technischen Machbarkeitskriterien (der Hersteller) abgeglichen. So
ein Abgleich wird laut Dierkes aber überwiegend durch existierende Leitbilder
realisiert, deren drei Teilfunktionen er in der ,,kollektiven Projektion", der ,,syn-
chronen Voradaption" und dem ,,funktionalen Äquivalent" sieht.
,,Sie (die Leitbilder, Anm. d. Verf) bündeln zum einen die Intentionen und das
(Erfahrungs-) Wissen der Menschen darüber, was ihnen einerseits machbar und
andererseits als wünschbar erscheint..."
2
Für den Softwareentwickler dient dabei das Leitbild als die entscheidende Gestal-
tungsgrundlage einer Software. Eine Tatsache ist dabei jedoch, daß der Einsatz
einer neuen Software (gerade einer stark an objektiven Leitbildern orientierten
Software) in der Regel die individuelle Arbeitsweise der Benutzer
sowie die komplexen Funktionen und Aufgaben eines Unternehmens nicht 1:1
abbilden (kann). Nachträgliche Anpassungen auf seiten der Arbeitsorganisation,
2
Dierkes, M. (1993), S.41/42

- 8 -
der Arbeitsweise der Benutzer oder der Software (falls die bestehenden Verhält-
nisse beibehalten werden) stehen somit oft zwangsläufig auf der Tagesordnung.
Laut Weltz/Ortmann kann Softwareentwicklung im allgemeinen auch als ein
Doppelprozeß von Technik- und Arbeitsgestaltung gesehen werden
3
. Es handelt
sich hierbei jedoch nicht um einen eigengesetzlichen, nur technikdeterminierten
Prozeß, also einen rein technischen Einfuß von Software auf die Form und Orga-
nisation von Arbeit. Auch handelt es sich nicht um lediglich ökonomisch orien-
tierte Entscheidungen des Managements bezüglich des EDV-Einsatzes. Vor allem
letzteres wurde vor nicht allzu langer Zeit in der industriesoziologischen For-
schung noch so gesehen.
4
Denn im Gegensatz dazu...
,,...billigen Teile der neueren industriesoziologischen Forschung - welche ja eher
ihr Forschungsfeld im Anwenderbereich definiert - der Systemanalyse in den An-
wenderbetrieben die entscheidende Rolle bei der Auswahl und Festlegung der
spezifischen Techniknutzungsformen zu."
5
Neben den konkreten ,,hard facts", also den Vorstellungen und Wünschen der
Auftraggeber, ob sie nun humaner, technologischer und/oder organisatorischer,
eher konservierender oder progressiver Natur sind, stellen , wie schon erwähnt,
vor allem bereits etablierte Leitbilder eine der entscheidenden Einflußgrößen auf
die Softwaregestaltung und damit auch hinsichtlich der Arbeitsorganisation und
der Arbeitsweise der Benutzer dar.
Dierkes etwa behauptet, daß Leitbilder, speziell in der Informatik, zum ,,Ent-
wurfsmuster von Computersystemen" weitverbreitet sind. Im engeren Sinn han-
dele es sich um ,,Verständnismodelle der Computeranwendung", die den Ent-
wicklern als ein Modell der Orientierung dienen:
3
vgl. Weltz F., Ortmann G. (1992), S.13
4
Rolf, A. et.al. (1990), S.19
5
Rolf, A. et.al. (1990), S.23

- 9 -
,,Systemfunktionen werden in Analogie zu Abläufen und Kategorien modelliert,
von denen erwartet wird, daß sie den Benutzern vertraut sind."
6
Im weiteren Sinn handele es sich bei Leitbildern um unterschiedliche und oft ge-
gensätzliche Gestaltungsansätze wie z.B. der Computer als Partner, Assistent,
Werkzeug, Maschine, Medium etc.
7
2.1.1.2 Das Leitbild der ,,systemischen Repräsentation"
So behaupten Rolf et.al. (1990) etwa, daß durch technische und organisatorische
Vorprägungen der Software auf Herstellerseite bereits ein grundlegender Einfluß
auf die Software-Nutzung und die Arbeitsgestaltung in den Anwender-Unterneh-
men stattfindet.
8
Sie vertreten weiterhin die These, daß der wichtigste und umfas-
sendste Einflußfaktor in einer übergeordneten ,,vernunftorientierten" Leitbild-
Prägung besteht:
,,Herstellerorganisationen, politische Institutionen, Verbände, wissenschaftliche
Institute usw. generieren und verbreiten Leitbilder über Technikgenese und `ver-
nünftige` Techniknutzung, die nicht zuletzt die betrieblichen Akteure in ihrem
Handeln und Denken beeinflussen und so letztlich auch den Entscheidungsprozeß
im Anwenderbetrieb hinsichtlich der Gestaltung von Arbeit und Technik prägen."
9
So sieht Rolf gerade in dem Leitbild der ,,systemischen Repräsentation" eine Fest-
legung der Unternehmensführung im ,,Geiste des Taylorismus", die davon aus-
geht, daß es eine objektive betriebliche Realität gibt, wonach dann die Entwick-
lung eines EDV-Systems die wertfreie Repräsentation der betrieblichen Realität
widerspiegelt, d.h. deren Einzelbereiche mit EDV abbildgetreu und effizient sys-
temisch integriert werden können
10
.
6
Dierkes, M. (1993), S.21
7
vgl. ebd, S.21
8
vgl. Rolf, A. et.al. (1990), S.20
9
Rolf, A. et.al. (1990), S. 23
10
vgl. Rolf A. et al. (1990), S. 32/36

- 10 -
Dieses Leitbild, das damit auch die Arbeitsorganisation konkret mitbestimmt, ist
im übertragenen Sinn für Urbanek ,,mit einem Rationalisierungsverständnis ver-
bunden, das durch eine technische und organisatorische Sichtweise geprägt ist."
11
Für ihn beruht dieses Verständnis auf einem instrumentellen Menschenbild der
,,Entscheidungsträger" (Hersteller- und Kundenunternehmen), nach dem das Ver-
halten des Menschen an dem Zielbild des ,,idealen" Mitarbeiters (Systembedie-
ners) beurteilt wird, das er folgendermaßen charakterisiert:
,,Er ist vernünftig, d.h. er spricht auf Anreize und Regelungen, mit denen man ihn
konfrontiert auf berechenbare Weise an; er ist einsichtig...; er ist um-
gänglich...Eigeninitiative oder Phantasie sind nur in engen Grenzen gefragt- nur
dort, wo Lücken des betrieblichen Regelwerks zu füllen und wo Fehler zu korri-
gieren sind. Motivation ist wichtig, nicht Selbständigkeit."
12
Das Unternehmen und die darin ablaufenden Prozesse können nach dem Leitbild
der sogenannten ,,systemischen Repräsentation" als eine objektivierbare, bere-
chenbare und mittels EDV systematisch und effizient steuerbare ,,Maschinerie"
betrachtet werden. Das Menschenbild, das Urbanek beschrieben hat, entspricht
dieser Perspektive.
Als Grundlage dafür kann der Wahrheitsanspruch bzw. die Universalisierung (na-
tur-) wissenschaftlicher Erkenntnis gesehen werden, die im Rahmen einer Ver-
wissenschaftlichung
der (Software-) Technikentwicklung gleichzeitig zu deren
Entkopplung gegenüber der ,,konkreten", individuellen und gesellschaftlichen
(Software-) Technik-Anwendung geführt hat, und damit auch aufgrund
ihres ultimativen Wahrheitsanspruchs ,,andere" Entwicklungs- und Anwendungs-
möglichkeiten systematisch eliminiert hat.
,,...zentral wird vielmehr die Frage, ob und in welcher Weise durch die Ver-
wissenschaftlichung die gesellschaftliche Organisation ebenso wie die Inhalte und
11
Urbanek, W. (1991), S.79
12
ebd., S.78

- 11 -
Ziele technischer Entwicklungen in spezifischer Weise gesteuert werden. In dieser
Sicht wäre Verwissenschaftlichung nicht nur eine Voraussetzung für technische
Entwicklungen schlechthin, sondern ein Medium der gesellschaftlichen Steuerung,
durch das maßgeblich die Richtung technischer Entwicklungen beeinflußt
und...andere mögliche Alternativen, deren Leistungen und Tragfähigkeit nicht a
priori geringer sind, verhindert oder zumindest eingeschränkt werden."
13
Eng verbunden aber trotzdem prinzipiell getrennt von dem übergeordneten Leit-
bild der ,,systemischen Repräsentation" sieht Rolf die Rolle von konkreten Nut-
zungsperspektiven, wie etwa der ,,Systemperspektive"
14
, die in der jeweiligen
Software schon implementiert ist, und eine rationale, logische Nutzung impliziert.
,,Die Perspektive kann dagegen deutlich machen, daß mit der Nutzung der IuK-
Techniken die Festlegung einer bestimmten betrieblichen Nutzung einhergeht und
darüber entschieden werden muß."
15
Rolf et.al. sehen in der Orientierung der Softwareherstellung (z.B. speziell für den
Bürobereich) am Leitbild der ,,systemischen Repräsentation" gerade nicht den
Prozeß einer wertfreien ,,Verwissenschaftlichung" der Technik, sondern ...
,,Technikentwicklung, Techniknutzung und Techniknutzungspfad...stellen sich als
ein Kampf mächtiger Akteure, z.B. von Herstellern, Forschungsfraktionen, Opini-
on leaders, um die Durchsetzung von Leitbildern, die Besetzung von Perspektiven
und die Stabilisierung von Positionen dar. Im Laufe dieser Auseinandersetzung
etablieren sich vorherrschende Orientierungen und eine vermeintliche Nutzungs-
logik...sie sind Vorgaben der Methoden- und Modellentwicklung der Informatik,
und sie sozialisieren Systemgestalter und Informatiknachwuchs."
16
Leitbilder und die damit implizierte Nutzungslogik prägen also auch die Ideen,
Vorstellungen und Bilder vom Benutzer in den ,,Köpfen" der Entwickler und be-
13
Böhle, F. (1997), S:155/156
14
vgl. Floyd et.al. (1993), S.237
15
Rolf, A. et.al.(1990,) S. 37
16
ebd., S. 38

- 12 -
einflussen damit laut Rolf in normativer Weise die Konstruktion und Entwicklung
der Mensch-Computer-Schnittstelle.
Darüberhinaus identifiziert Dierkes noch einen weiteren Verwendungszweck von
Leitbildern, bei dem es um verschiedene Sichtweisen des Softwareentwicklungs-
prozesses, um das Selbstverständnis der Entwickler und um das Verhältnis zu den
Benutzern geht.
17
Dieser Aspekt wird in dieser Arbeit nicht weiter verfolgt.
2.1.1.3 ,,Systemische Repräsentation" - ein impliziter Kontrollme-
chanismus ?
Ortmann umschreibt die mögliche Form der Kontrolle der Arbeitenden durch eine
,,systemische Repräsentation" des Arbeitssystems
18
auch mit dem von Schumann
19
entliehenen Begriff der ,,Prozeßbeherrschung" :
,,Implizite Kontrolle zielt also stärker als auf die direkte Überwachung von Per-
sonen auf die Überwachung und Steuerung von ganzen Prozessen."
20
Folgt man der Argumentation von Ortmann, so könnte gerade die gegenwärtige
Tendenz zu einer größeren Ausweitung von Kompetenz- und Handlungsspiel-
räumen auf der Basis neuer Informationstechnologien die Grundlage einer ,,detail-
lierten Ergebnis- und Prozeßkontrolle" darstellen, die man als ,,Konzepte der kon-
trollierten Autonomie"
21
bezeichnen kann.
2.1.1.4 Zusammenfassung:
Der Einsatz von EDV ist in fast alle Bereiche unserer Arbeitswelt vorgedrungen
und hat in vielen Unternehmen eine Rationalisierung, Umstrukturierung und Ver-
änderung in Arbeitsweisen und Arbeitsabläufen mit sich gebracht. Wenn man also
von der Annahme ausgeht, daß die Gestaltung der Software-Technik einen we-
17
vgl. Dierkes, M. (1993), S.21
18
vgl. Ortmann,G. et. al. (1990), S.517
19
vgl. Schumann et al. (1982), S.182
20
ebd., S. 517
21
ebd. S. 518

- 13 -
sentlichen Einfluß auf die Gestalt und Organisation der Arbeit der Softwarebenut-
zer im jeweiligen Einsatzbereich ausübt, dann wäre es von großer Bedeutung die
,,Kräfte und Prozesse" zu identifizieren, welche die spezifische Herausbildung,
Etablierung und Manifestierung bestimmter Software-Leitbilder bedingen.
Die Legitimation einer einzigen ,,idealen" und ,,objektiven" Entwicklungsrichtung
als bedingter ,,Systemzwang" auf Herstellerseite bzw. bedingter ,,Sachzwang" auf
Anwenderseite greift als Erklärung für bestimmte Software-Realisierungen, wie
wir bereits gesehen haben, zu kurz.
Interessant erscheint mir deshalb die Frage nach den ,,impliziten" Vorstellungen
bzw. Bildern der Softwareentwickler vom Benutzer, ob und in welcher Weise sie
von bestimmten Leitbildern und Perspektiven der Softwarenutzung geprägt wer-
den.
In diesem Kontext halte ich auch die Bedeutung bestimmter Leitbilder für den
konkreten Softwareentwicklungsprozeß für wichtig, da es in einem solchen Pro-
zeß auch um die (Nicht-)Existenz und Intensität von Entwickler-Benutzer-
Beziehungen geht, und dies insgesamt auch auf die Entstehung und Veränderung
von Benutzerbildern Auswirkungen hat. Dieser Frage kann hier jedoch nicht
nachgegangen werden.
2.1.2 Zur Konzeption der Interview-Fragen (Fragen s. Anhang)
Bei meiner empirischen Untersuchung handelt es sich, wie bereits erwähnt, um
ein exploratives Interview. Das Interview besteht aus sechs ,,offenen" Fragen, die
auf eine rein inhaltliche Beantwortung abzielen. Es wurden von mir keine Hypo-
thesen erstellt, aus denen die Fragen zu operationalisieren sind. Die Interviews
fanden in Form eines Gesprächs statt, das durch den Ablauf der Fragen vorstruk-
turiert wurde. Im Hinblick auf das oben beschriebene Ziel meiner Arbeit, ist die
Konzeption der Fragen auf zwei Bereiche ausgelegt:

- 14 -
Allgemeine Situation:
Einleitend stellte ich den Entwicklern eine Frage zum
Einsatzbereich, der ,,Art" der von ihnen entwickelten Software und deren Funkti-
on.
Identifikation von ,,Benutzerbildern":
Ich habe für diesen Bereich fünf Fragen
konzipiert, die sich auf Aspekte und Metaphern im Umgang mit dem Computer,
der Softwareentwicklung, sowie auf Erfahrungen mit Benutzern und deren Eigen-
schaften und Fähigkeiten beziehen.
Diese Fragen dienten dabei dem Zweck, die Vorstellungen und das Wissen der
Entwickler über den Benutzer und über dessen Umgang mit Software zu aktivie-
ren und dieses Wissen damit für eine grobe Zuordnung zu bestimmten Typen zu-
gänglich zu machen. Um bestimmte ,,Benutzerbilder" identifizieren zu können,
war es aufgrund der ,,offenen" Fragenkonstruktion und der deshalb zu erwarten-
den Heterogenität der Antworten sinnvoll, im Vorfeld eine Benutzertypologie zu
erstellen.
Es handelt sich dabei um die Typen des ,,rationalen", ,,intelligenten" und ,,intu-
itiven"
Benutzers. Dazu ergänzend habe ich die in der Literatur bereits einschlä-
gig beschriebenen Metaphern für den Computer - ,,Maschine", ,,Werkzeug"
und ,,Medium"
- in eine Beziehung zu den Benutzertypen gesetzt. Auf die Kon-
struktion und Begründung der Benutzertypen und die Verbindung mit den Com-
putermetaphern wird im nächsten Punkt eingegangen.
Die ,,direkte" Erfragung der jeweiligen Benutzertypen habe ich bewußt vermieden
(mit Ausnahme des ,,intuitiven" Benutzertyps, da er von den Befragten kaum
thematisiert wurde, war eine direkte Nachbefragung erforderlich). Zur direkten
Erfragung der Benutzertypen wäre es einerseits nötig gewesen, das jeweils indivi-
duelle und alltagsgeprägte Verständnis der Begrifflichkeiten (rational, intelligent,
intuitiv) jedes Entwicklers zu klären und zu berücksichtigen, was letztlich die Ty-
penfestlegung jedoch gesprengt hätte.
Anderseits kam die Vorlage, einer von mir festgelegten Definition zu einer di-
rekten Frage auch nicht in Betracht, da trotz einer definitorisch-begrifflichen Fest-

- 15 -
legung die mitschwingenden Konnotationen der definierten Alltagsbegriffe nicht
vernachlässigbar sind und damit eine Interpretation und Typenzuordnung ver-
fälscht hätten. Desweiteren besteht bei einer vorab mitgegebenen Begriffsdefiniti-
on die Gefahr einer Filterwirkung, die zu einer ungewollten Vorselektion bzw. zu
einer Verzerrung der Antworten führen kann und damit deren Informationswert
senkt. Die Konstruktion und Ausrichtung der Fragen zielt deshalb überwiegend
auf einen ,,indirekten" Zugang zu den Bildern und Vorstellungen der Entwickler
ab.
2.1.3 Konstruktion und Verwendung von ,,Benutzertypen" und
,,Computermetaphern" zur Fragenauswertung des Hauptbe-
reichs
Damit aus den Antworten der explorativen Studie aussagekräftige Einsichten in
die Vorstellungen und Bilder der Softwareentwickler vom Benutzer zu gewinnen
sind, habe ich im Vorfeld versucht drei Benutzertypen zu konstruieren: den rati-
onalen, den intelligenten und den intuitiven Benutzertyp.
Gleichzeitig erschien
es mir sinnvoll die in der Literatur einschlägig beschriebenen Perspektiven des
Computers, als typisierte Metaphern, mit den Benutzertypen versuchsweise zu
kombinieren, um beide Seiten der ,,Mensch-Computer-Interaktion" besser zu fas-
sen.
Denn geht man mit Einschränkung von einer bidirektionalen ,,Mensch-Compu-
ter-Interaktion"
aus, so beschreibt der Benutzertyp, welche Interaktionsweisen,
-möglichkeiten und -fähigkeiten aus der Sicht des Benutzers sinnvoll sind. Im
Gegensatz zur ,,handwerklichen Arbeit", die durch einen nicht-interaktiven, di-
rektmanipulativen und monologischen Gegenstandsbezug gekennzeichnet ist,
macht der Computer, um es metaphorisch auszudrücken, nur das, was man ihm
explizit in der Interaktion (also im Dialog) mitteilt.
,,Vom Handlungszweck zum Handlungseffekt verläuft keine gerade Linie mehr;
zwischen subjektiver Zielsetzung und und Resultat ist der simulierte Handlungs-
kontext des Programms geschoben. Die realen Wirkungen entspringen dann eher

- 16 -
aus einer Interaktion zwischen Programm und Benutzer, als aus einer `monologi-
schen' Handlungsintention."
22
Mit dem Blick auf den Computer (die Software) als Interaktionspartner, beschrei-
ben die Computermetaphern Maschine, Werkzeug und Medium, wie sie von Heidi
Schelhowe vorgeschlagen und charakterisiert wurden
23
, hier eher die Art und Wei-
se wie der Computer dem Menschen in Form eines irgendwie ,,definierten" Pro-
gramms ,,entgegentritt", durch das gewissermaßen festgelegt wird, was an Interak-
tion möglich, erlaubt oder nicht erlaubt, ,,sinnvoll" oder ,,unsinnig" ist.
,,An die Stelle der Gegenständlichkeit des Materials tritt so die Regelstruktur des
Programms... Ein Programm ist für das handelnde Subjekt ein fremder und u.U.
hochkomplexer Wirkmechanismus, der sich in einer Eigengesetzlichkeit dem Sub-
jekt aufzwingt und ihm nur einen mittelbaren Zugriff erlaubt. Damit wird die Tä-
tigkeit des Benutzers kontingent in Bezug auf die Systemlogik des Programms."
24
Sowohl die Benutzertypen als auch die Computermetaphern stellen dabei keine
klar getrennten Kategorien dar, mit denen eine eindeutige Zuordnung des mensch-
lichen Umgangs mit dem Computer (der Mensch-Computer-Interaktion) möglich
wäre. Vielmehr müssen sowohl die Benutzertypen als auch die Metaphern immer
in einem funktional-aufgabenspezifischen und individuellen Mischverhältnis ge-
sehen werden, das je nach sozialem Kontext der Verwendung der Computertech-
nik in der Arbeitssituation unterschiedlich ausgeprägt bzw. gewichtet sein kann.
Heidi Schelhowe sieht im Computer als Medium ebenso immer auch gleichzeitig
die Maschine und das Werkzeug:
,, Aus der Entwicklungsgeschichte des Computers stellt sich eine Herausbildung
zum Medium keineswegs als eine Negation des Instrumentalen dar. Vielmehr sind
die Entwickeltheit der Maschine und die Handhabbarkeit in der Art eines Werk-
zeuges gerade Voraussetzung dafür, daß aus dem Computer das (post)moderne
22
Hartmann, Christian (1992),S.136
23
vgl. Schelhowe, H. (1997)

- 17 -
Medium werden kann. Maschine und Werkzeug sind in diesem Medium aufgeho-
ben, das kennzeichnet den Computer als `instrumentales Medium'."
25
Aufgrund der Neuartigkeit des Computers als Artefakt und der vielfältigen Mög-
lichkeiten, was seine Verwendung und Entwicklung angeht, ist für Schelhowe die
eindeutige (entwicklungsgeschichtliche) Zuordnung zu einer bestimmten Meta-
pher nicht möglich, da es sich u.a. um einzelne Aspekte der technischen Verwen-
dung und Möglichkeiten des Computers handelt:
,,Der Computer ist keine Maschine, wie wir sie bisher kennen, weil er für die Ver-
arbeitung von Zeichen gedacht ist...Aus dem gleichen Grund ist der Computer
kein Werkzeug, auch verbieten die komplexen Algorithmen, die Grundlage seines
Funktionierens sind und als Automaten wirken, eine Gleichsetzung mit dem Werk-
zeug. Auch ist der Computer kein technisches Medium. Technische Medien verar-
beiten ihre Nachrichten nicht, sie wirken nicht `aktiv' verändernd, sondern spei-
chern bloß oder leiten weiter."
26
Auch Winfried Hacker, dessen Konzepte der psychischen und intellektuellen Re-
gulation ich im folgenden für die Charakterisierung der Benutzertypen verwenden
werde, betont, daß für das Denken in Arbeitstätigkeiten psychische und intellektu-
elle Mischanforderungen bedeutsam sind und diese oft nicht in einer Reinform
anzutreffen sind. Ein Grundmerkmal von Denkanforderungen sieht er im ,,Fakul-
tativen", d.h. ,,ob und wann warum gedacht wird oder nicht".
27
,,Das zweite Grundmerkmal von Denkanforderungen in Arbeitstätigkeiten ist, daß
intellektuelle und nichtintellektuelle psychische Regulationsvorgänge nebenein-
ander und aufeinander abgestimmt auftreten...Die Ausführungsregulation von
Arbeitstätigkeiten erschöpft sich nicht in Denkvorgängen. Arbeitstätigkeiten un-
terliegen gleichzeitig mehreren heterarchisch bzw. hierarchisch geordneten Regu-
lationsebenen. Diese Ebenen - vergröbernd also die sensumotorische, die perzep-
24
Hartmann, Christian (1992), S.135.
25
Schelhowe, Heidi (1996), S.10
26
ebd., S. 79
27
Hacker, Winfried (1986), S.277

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tiv-begriffliche und weiter zu unterteilende intellektuelle - sind zwar eng mitein-
ander verflochten, sie beziehen sich jedoch im gleichen Moment auf Verschiede-
nes."
28
Hacker betrachtet sowohl die sensumotorische als auch perzeptiv-begriffliche
Regulation auf das ,,aktuelle Handeln" bezogen. Das intellektuelle Denken (z.B.
das Planen) geht für ihn dem aktuellen Handeln voraus. Er betrachtet die sensu-
motorischen Vorgänge letztlich als abhängige Bestandteile der intellektuellen wie
perzeptiv-begrifflichen Regulation.
29
Die sensumotorischen Vorgänge sieht er aber unterhalb der Ebene des Denkens
angesiedelt , so daß perzeptiv-begriffliche und sensumotorische Regulation an
ihrer ,,Schnittstelle" enger verkoppelt sind, als es bei der intellektuellen Regulati-
on der Fall ist. Denn beide sind laut Hacker durch nicht bewußtseinspflichtige
Vorgänge charakterisiert, wobei die perzeptiv-begriffliche Regulation jedoch be-
wußtseinsfähig ist.
30
So gesehen beschreibt die engere Kopplung der perzeptiv-
begrifflichen und sensumotorischen Regulation nach meiner Interpretation die
Vorgehensweise eines ,,intuitiven Benutzertyps", die von der Ebene einer ,,intel-
ligenten, geplanten Arbeitsweise" gewissermaßen unabhängig ist.
Um Hackers Regulationskonzept für eine Kategorisierung des ,,rationalen" und
des ,,intelligenten" Benutzertyps verwenden zu können, ist es notwendig die von
Hacker beschriebene intellektuelle Regulationsebene geistiger Tätigkeiten ,,auf-
zubrechen". Er differenziert hier zwischen Merkmalen ,,geistiger Routinetätigkei-
ten", die ich dem ,,rationalen Benutzertyp" zuordnen will, und ,,produktiven
geistigen Tätigkeiten", deren Merkmale dem ,,intelligenten Benutzertyp" zure-
chenbar sind.
31
28
ebd., S.278
29
ebd., S.359
30
ebd., S. 157-160
31
vgl. ebd., S. 288-290

- 19 -
Im folgenden versuche ich Benutzertypen (nach Hacker W. (1986)) und Compu-
termetaphern (nach Schelhowe, H. (1996)) zu kombinieren und deren Merkmale
für die spätere Auswertung meiner Studie zu charakterisieren.
2.1.3.1 Der ,,rationale Benutzertyp" und die Maschinenmetapher
2.1.3.1.1 Der rationale Benutzer
Das Meyers-Lexikon versteht unter Rationalität ,,die Vernunftmäßigkeit einer
Sache (z.B. eines Programms)";
in der Psychologie ist es ein Begriff ,,zur Kenn-
zeichnung eines in Bezug auf eine gegebene Situation `stimmigen', angemessenen,
sinnvollen Verhaltens, das auf Einsicht gegründet ist."
32
Das Gegenstück ,,irrational" definiert der Duden folgendermaßen: ,,mit der Ra-
tio, dem Verstand nicht faßbar, dem logischen Denken nicht zugänglich; ver-
nunftwidrig."
33
Rationalität in der Interaktion mit dem Computer oder dessen Software beruht
demnach auf Vernunft und Einsicht in die Logik einer Sache (hier in meiner Ar-
beit: der Software). Diese Einsicht impliziert ein entsprechend formales, sinnvol-
les und regelkonformes Verhalten des Benutzers.
Nach Hacker sind ,,geistige Routinetätigkeiten" im wesentlichen auf die Informa-
tionsübertragung und die Informationsverarbeitung nach vollständigen und
teilweise unvollständigen Algorithmen (feste oder variierende sich wiederholende
Regelschemata) beschränkt.
34
Als Beispiele nennt Hacker die ,,Textverarbeitung
an Schreibautomaten, Registratur- , Buchungs- oder einfache Sachbearbeiterauf-
32
Meyers Grosses Taschenlexikon (1995b), S.91
33
Duden-Fremdwörterbuch (1974), S.342.
34
vgl. Hacker, Winfried (1986), S. 288

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832429652
ISBN (Paperback)
9783838629650
Dateigröße
787 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München – Sozialwissenschaften
Note
3,3
Schlagworte
softwareentwicklung arbeitsorganisation benutzerbilder
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Titel: Software, Werkzeug zur Arbeitsgestaltung
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