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Bewertung der Planung und Umsetzung der Lokalen Agenda 21 Initiative der Verbraucher - Zentrale NRW

Unter der Berücksichtigung ihrer Einbindung in kommunale Agenda 21-Prozesse

©2000 Diplomarbeit 95 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Veränderungen der globalen Umwelt bedrohen die Zukunft der Menschheit. Ohne entscheidende Gegenmaßnahmen werden sich diese Veränderungen weiterhin verschärfen. Zwar führte der technische Fortschritt sowie Bewußtseinsänderungen in der Bevölkerung in den letzten Jahren zu einem effizienteren Umgang mit natürlichen Ressourcen, für das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, wie es das Dokument der Agenda 21 fordert, reichen diese Fortschritte allein aber noch nicht aus. Allmählich entwickelt sich die Einsicht, daß die Endlichkeit natürlicher Ressourcen und die Belastung der Umwelt sowohl lokal als auch global zu sehen sind. Ohne eine umweltverträgliche Ausrichtung der Kommunen wird eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft nicht möglich sein. Das Leitbild beschreibt dabei nicht in erster Linie eine Umkehr oder Weiterentwicklung im kommunalen Umweltschutz, sondern erfordert die Abkehr von der isolierten Betrachtung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte.
Gang der Untersuchung:
In methodischer Hinsicht ist hierzu ein Verfahren notwendig, welches die Integration aller gesellschaftlichen Gruppen ermöglicht. Sowohl im Hinblick auf die angestrebte Zielfindung als auch bei der Durchführung der damit verbundenen Maßnahmen muß dieses dazu geeignet sein, alle örtlichen Akteure einzubeziehen. Mit den politischen Vorgaben sowie den sich daraus ergebenden Rahmenbedingungen, die dem lokalen Agenda 21-Prozeß zugrunde liegen, befaßt sich infolgedessen das Kapitel 2 dieser Arbeit. In Kapitel 3 sollen anschließend geeignete Schritte zur Erstellung und Umsetzung einer Lokalen Agenda 21 aufgezeigt werden. Das Hauptanliegen besteht dabei in der Erörterung geeigneter Kommunikations- und Beteiligungsverfahren sowie deren Organisation.
Die dargestellten Aspekte basieren auf einer vorausgehenden Betrachtung der Ansatzpunkte die einer Beteiligung der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalens an einer Lokalen Agenda 21 zugrunde liegen. Diese ergeben sich vor allem durch das Kapitel 4 der Agenda 21, „Änderung der Konsumgewohnheiten”.
Hier stellt sich die im politischen Selbstverständnis der Einrichtung verankerte Frage nach den Möglichkeiten und Chancen der Mitarbeit an einer zukunftsbeständigen Stadtentwicklung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Zielgruppe der Verbraucher. Aber auch dem produzierenden Gewerbe und dem Handel gilt es, zukunftsfähigen Konsum bewußt zu machen. In diesem Sinne wird zunächst nach dem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 2684
Spiekermann, Markus: Bewertung der Planung und Umsetzung der Lokalen Agenda 21 Initiative der
Verbraucher - Zentrale NRW- unter der Berücksichtigung ihrer Einbindung in kommunale Agenda 21-
Prozesse / Markus Spiekermann -
Hamburg: Diplomarbeiten Agentur, 2000
Zugl.: Diplom, 2000
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Dipl. Kfm. Dipl. Hdl. Björn Bedey, Dipl. Wi.-Ing. Martin Haschke & Guido Meyer GbR
Diplomarbeiten Agentur, http://www.diplom.de, Hamburg 2000
Printed in Germany


Inhaltsverzeichnis
0
VORWORT
3
1. EINLEITUNG
4
2. THEORETISCHE GRUNDLEGUNG
6
2.1
Das Prinzip ,,sustainable development" als Fundament von Agenda 21- Prozessen
7
2.2
Die Agenda 21 - als vorläufiges Ergebnis eines langjährigen Diskussionsprozesses
um Umwelt und Entwicklung
8
2.3
Lokale Agenda 21 - Die Rolle der Städte und Gemeinden bei der Umsetzung der Agenda 21
10
2.4
Die Rolle der örtlichen Akteure bei der Erstellung einer Lokalen Agenda 21
13
2.5
Mögliche Probleme bei der Umsetzung der Lokalen Agenda 21
15
3.
LOKALE AGENDA 21 KONKRET ­ DIE UMSETZUNG DER
AGENDA 21 AUF KOMMUNALER EBENE
16
3.1
Fördernde Aspekte im Hinblick auf die praktische Umsetzung der Lokalen Agenda 21
17
3.2
Bewußtsein als Voraussetzung zum Handeln ­ Die Rolle der Bildung bei der Umsetzung
der Agenda 21 in die Praxis
19
3.3
Die Verbraucher-Zentrale als Träger von Verbraucherbildung und potentieller Akteur
im Rahmen der Lokalen Agenda 21
20
3.4
Voraussetzungen für die Umsetzung eines Konzepts zur nachhaltigen Entwicklung auf
regionaler Ebene
28
3.5
Organisation der Kommunikation und Beteiligung in lokalen Agenda 21-Prozessen
31
3.6
Organisationstypologien von Kommunikations- und Entscheidungsprozessen
in lokalen Agenda 21-Prozessen
36
3.7
Zusammfassende Beurteilung im Hinblick auf den Erfolg einer Lokalen Agenda 21-Initiative 39
4.
BESTANDSAUFNAHME DER LOKALEN AGENDA 21-INITIATIVE
DER VERBRAUCHER-ZENTRALE NORDRHEIN-WESTFALEN
41
4.1 Allgemeine Voraussetzungen des Untersuchungsrahmens
41
4.2
Methodisches Vorgehen
42
4.3
Der Fragebogen
44
4.4
Auswertung des Datenmaterials
48
5. BEWERTUNG DER PLANUNG UND UMSETZUNG UNTER
BERÜCKSICHTIGUNG DER PROZESSUALEN EINBINDUNG
73

2
5.1
Methodisches Vorgehen
73
5.2
Vergleichende Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der Bestandsaufnahme 02/1998 der
Geschäftsstelle der Verbraucher-Zentrale
74
5.3
Ergebnisdiskussion
76
6. SCHLUßBETRACHTUNG
84
LITERATURVERZEICHNIS
86

3
0
Vorwort
Die vorliegende Diplomarbeit ist in Zusammenarbeit mit der Verbraucher-Zentrale
Nordrhein-Westfalen entstanden und soll in deren Sinne ihre Lokale Agenda 21-Ini-
tiative, unter Berücksichtigung der Einbindung in kommunale Agenda 21-Prozesse,
darstellen und bewerten.
Zuerst gilt mein Dank Frau Petra Niesbach von der ,,Gruppe Umwelt" der Verbrau-
cher-Zentrale sowie den hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ver-
braucherberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen. Ohne ihre freundliche Unterstüt-
zung, kritischen Anregungen und Hilfestellungen wäre diese Studie nicht möglich
gewesen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Jan Jarre, der als Erstgutachter
mit wertvollen Anregungen und konstruktiver Kritik zum Zustandekommen dieser Ar-
beit beitrug. Ebenso möchte ich Frau Prof. Irmhild Kettschau für die Übernahme des
Zweitgutachtens danken.
Und schließlich gilt mein persönlicher Dank all jenen in meinem privaten Umfeld, die
mir zur Seite standen.
Münster, im Mai 2000 Markus Spiekermann

4
1.
Einleitung
Die Veränderungen der globalen Umwelt bedrohen die Zukunft der Menschheit. Oh-
ne entscheidende Gegenmaßnahmen werden sich diese Veränderungen weiterhin
verschärfen. Zwar führte der technische Fortschritt sowie Bewußtseinsänderungen in
der Bevölkerung in den letzten Jahren zu einem effizienteren Umgang mit natürlichen
Ressourcen, für das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, wie es das Dokument
der Agenda 21 fordert, reichen diese Fortschritte allein aber noch nicht aus.
Allmählich entwickelt sich die Einsicht, daß die Endlichkeit natürlicher Ressourcen
und die Belastung der Umwelt sowohl lokal als auch global zu sehen sind. Ohne eine
umweltverträgliche Ausrichtung der Kommunen wird eine nachhaltige Entwicklung
der Gesellschaft nicht möglich sein.
Das Leitbild beschreibt dabei nicht in erster Linie eine Umkehr oder Weiterentwick-
lung im kommunalen Umweltschutz, sondern erfordert die Abkehr von der isolierten
Betrachtung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte.
In methodischer Hinsicht ist hierzu ein Verfahren notwendig, welches die Integration
aller gesellschaftlichen Gruppen ermöglicht. Sowohl im Hinblick auf die angestrebte
Zielfindung als auch bei der Durchführung der damit verbundenen Maßnahmen muß
dieses dazu geeignet sein, alle örtlichen Akteure einzubeziehen.
Mit den politischen Vorgaben sowie den sich daraus ergebenden Rahmenbedingun-
gen, die dem lokalen Agenda 21-Prozeß zugrunde liegen, befaßt sich infolgedessen
das Kapitel 2 dieser Arbeit.
In Kapitel 3 sollen anschließend geeignete Schritte zur Erstellung und Umsetzung ei-
ner Lokalen Agenda 21 aufgezeigt werden. Das Hauptanliegen besteht dabei in der
Erörterung geeigneter Kommunikations- und Beteiligungsverfahren sowie deren Or-
ganisation.
Die dargestellten Aspekte basieren auf einer vorausgehenden Betrachtung der An-
satzpunkte die einer Beteiligung der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalens an
einer Lokalen Agenda 21 zugrunde liegen. Diese ergeben sich vor allem durch das
Kapitel 4 der Agenda 21, ,,Änderung der Konsumgewohnheiten".

5
Hier stellt sich die im politischen Selbstverständnis der Einrichtung verankerte Frage
nach den Möglichkeiten und Chancen der Mitarbeit an einer zukunftsbeständigen
Stadtentwicklung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Zielgruppe der Ver-
braucher. Aber auch dem produzierenden Gewerbe und dem Handel gilt es, zu-
kunftsfähigen Konsum bewußt zu machen. In diesem Sinne wird zunächst nach dem
Beziehungsverhältnis ,,Bildung als Voraussetzung zum Handeln" gefragt, welches vor
allem in Bezug auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen eine bedeutende
Rolle spielt.
Im Anschluß daran werden sowohl die Zielsetzungen und Arbeitsinhalte der eigentli-
chen Verbraucherarbeit als auch der Agenda 21-Arbeit der Verbraucher-Zentrale
dargelegt.
Insbesondere letztere Ausführung stützt sich dabei auf eine von der Verbraucher-
Zentrale im Februar 1998 durchgeführte Bestandsaufnahme zum damaligen Stand
der Beiträge zu einer Lokalen Agenda 21. Diese Untersuchung dient bei der späteren
Auswertung zudem als Vergleichswert hinsichtlich meiner eigenen Erhebung. So läßt
sich beispielsweise ermitteln, was aus geplanten Aktionen und Vorhaben geworden
ist.
Im Zentrum dieser beiden Kapitel stehen dabei folgende Fragen:
- Was sind die notwendigen Voraussetzungen zum Entstehen lokaler Initiativen?
- Welche Leitbilder sind bei den verschiedenen Akteuren vorhanden?
- Welche Hemmnisse und welche fördernden Aspekte lassen sich bislang feststel-
len?
- Welche Kommunikations- und Partizipationsprozesse wurden initiiert?
- Welche Strukturen von lokalen Umsetzungsmodellen sind entstanden?
- Lassen sich unterschiedliche Umsetzungsmodelle identifizieren?
Das anschließende Kapitel beschäftigt sich auf der Basis einer empirischen Erhe-
bung, mit der Beteiligung der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen an lokalen
Agenda 21-Prozessen. Als Erhebungsmethode wurde eine schriftliche Befragung
mittels eines standardisierten Fragebogens gewählt.

6
Ziel der Untersuchung ist, unter Berücksichtigung der theoretischen Überlegungen
zur Erstellung lokaler Agenda 21-Prozesse, eine systematische Erhebung der Agen-
da 21-Initative der Verbraucher-Zentrale.
An dieser Stelle sei darauf verwiesen, daß unter der Begrifflichkeit ,,Agenda 21-
Initiative" die Gesamtheit aller Aktivitäten und Maßnahmen bei der Beteiligung an
Agenda 21-Prozessen auf kommu-
naler Ebene zu fassen sind. Folgende Fragen gilt es zu klären:
-
Wie und mit welchem Erfolg wird die Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt?
-
Wird das Thema mit der Verbraucher-Zentrale in Verbindung gebracht?
-
Wie wird die Diskussion um neue Konsummuster und Lebensstile in Gang ge-
bracht?
-
Wie und mit welchem Erfolg werden die verschiedenen Akteursgruppen bei der
Erstellung einer Lokalen Agenda 21 miteinander vernetzt?
-
Wie und mit welchem Erfolg geschieht die Informationsvermittlung zwischen
den Akteuren?
-
Welche Fortbildungsveranstaltungen werden angeregt?
Dieser Untersuchungsschwerpunkt beinhaltet somit einen quantitativen Blick auf die
Agenda-Arbeit der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen, unter Berücksichti-
gung ihrer Einbindung in den kommunalen Gesamtprozeß.
Auf Grundlage der theoretischen und empirischen Erkenntnisse wird abschließend in
Kapitel 5 im Sinne einer Bewertung, die Planung, Umsetzung und Einbindung der
Lokalen Agenda 21-Initiative der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalens in
kommunale Agenda 21-Prozesse diskutiert.
2. Theoretische Grundlegung
Das vorliegende Kapitel befaßt sich, ausgehend vom Prinzip des ,,sustainable deve-
lopment", sowohl mit der Entstehung wie auch der inhaltlichen und methodischen
Ausrichtung der Agenda 21.

7
Ein Schwerpunkt bildet Kapitel 28 der Agenda 21 ,,Initiativen der Kommunen zur Un-
terstützung der Agenda 21". In diesem Zusammenhang wird als eine der wesentli-
chen europäischen Vereinbarungen im Hinblick auf eine zukunftsbeständige Ent-
wicklung der Städte und Gemeinden die ,,Charta von Aalborg" zusammenfassend
wiedergegeben.
Aufgrund der Verfahrenskultur der Agenda 21 wird abschließend die Rolle der örtli-
chen Akteure hervorgehoben.
2.1
Das Prinzip ,,sustainable development" als Fundament von Agenda 21-
Prozessen
Agenda 21 heißt das auf der UN-Umweltkonferenz für Umwelt und Entwicklung
(UNCED) 1992 in Rio verabschiedete Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert. Das
Dokument legt als Leitbild die Orientierung an einer nachhaltigen Entwicklung (,,su-
stainable development") fest.
1
Im Abschlußbericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, dem soge-
nannten ,,Brundtland-Report" von 1987, wird der Leitbegriff des ,,sustainable deve-
lopment" zum ersten Mal wie folgt beschrieben:
,,Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen
Generationen entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefähr-
den, ihre eigenen Bedürfnisse und ihren Lebensstil zu wählen."
2
Der Begriff des ,,sustainable development" wird ins Deutsche mit ,,dauerhafte-",
"nachhaltige-", ,,zukunftsfähige-", "zukunftsbeständige-" oder auch ,,dauerhaft-umwelt-
gerechte Entwicklung" übertragen. Wörtlich übersetzt bedeutet er soviel wie ,,auf-
rechterhaltbare Entwicklung". Wohl am etabliertesten ist die Übersetzung ,,nachhalti-
ge Entwicklung".
3
Auf der ,,Brundtland-Definition" fußend gibt es unterschiedliche Definitionen von ,,su-
stainable development", die je nach Interessenlage verschieden sind, aber alle die
Aussage beinhalten, daß mittel- bis langfristige Perspektiven mehr als bisher für das
1
Vgl. Huber, J.: Nachhaltige Entwicklung, 1995, S.10
2
Hauf, V.: Unsere gemeinsame Zukunft, 1987, S. XV
3
Vgl. Bund/Misereor: Zukunftsfähiges Deutschland, 1996, S.24

8
Handeln mitberücksichtigt werden müssen. Ursprünglich entstammt der Begriff
,,Nachhaltigkeit" dem Vokabular der deutschen Forstwirtschaft des 18.Jahrhunderts
und beschreibt die Wirtschaftsweise, bei der dem Wald nur soviel entnommen wird,
wie insgesamt wieder nachwachsen kann.
4
Das Leitbild einer nachhaltigen oder auch zukunftsfähigen Entwicklung ist also kei-
nesfalls eine neue Idee. Breitere öffentliche Aufmerksamkeit wurde der Idee der
nachhaltigen Entwicklung jedoch erst in den 90er Jahren zuteil.
2.2
Die Agenda 21 - als vorläufiges Ergebnis eines langjährigen Diskussi-
onsprozesses um Umwelt und Entwicklung
Der Startpunkt für den Prozeß war 1992, als sich in Rio de Janeiro Staatsoberhäup-
ter aus 178 Nationen zur UN-Konferenz für Umwelt
und Entwicklung (UNCED) trafen.
5
Ziel des Treffens waren Verhandlungen darüber,
wie es zu einer Orientierung des weltweiten Handelns am Leitbild der nachhaltigen
Entwicklung kommen kann.
Im Rahmen der Konferenz wurden neben der Agenda 21 vier weitere Dokumente
verabschiedet:
- Klimakonvention
- Konvention über Biologische Vielfalt
- Rio-Deklaration
- Walderklärung
6
Die rechtliche Verbindlichkeit dieser Papiere ist unterschiedlich.
So schafft beispielsweise die Klimakonvention eine völkerrechtlich verbindliche
Grundlage für die internationale Zusammenarbeit zur Verhinderung gefährlicher Kli-
maänderungen und ihrer möglichen Auswirkungen und die Konvention über Biologi-
4
Vgl. Heimvolkshochschule Stephansstift: Agenda 21, 1997, S.34
5
Vgl. Reichel, N.: Von der Umweltbildung zur Bildung für nachhaltige Entwicklung -Politische Öko-
logie, 1997, S.27
6
Bundesministerium, für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Umweltpolitik. Bericht der
Bundesregierung über die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni
1992 in Rio de Janeiro 1992, S. 7f.

9
sche Vielfalt die völkerrechtlich verbindliche Grundlage (...).
7
Demgegenüber ist die
Walderklärung kein völkerrechtlich verbindliches Instrument.
8
Die Rio-Deklaration legt die wesentlichen Grundsätze fest, die in den Bereichen
Umwelt und Entwicklung für das künftige Verhalten der Staaten untereinander und
von Staaten zu ihren BürgerInnen von Bedeutung sind. ,,Die Bundesregierung setzt
darauf, daß die Rio-Deklaration die praktische Politik mittel- und langfristig beeinflus-
sen wird (...)".
9
Die Agenda 21 ist völkerrechtlich zwar nicht verbindlich, besitzt aber, bedingt durch
die große Anzahl der unterzeichneten Länder, ein hohes Maß an politischer Selbst-
verpflichtung. Sie ist ,,(...) Ausdruck eines globalen Konsens und politischer Ver-
pflichtung auf höchster Ebene zur Zusammenarbeit im Bereich von Umwelt und Ent-
wicklung".
10
Die Agenda 21 ist in diesem Sinne ein umfassendes entwicklungs- und umweltpoliti-
sches Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert.
Aus dem Lateinischen übersetzt heißt ,,Agenda" wörtlich, ,,das was getan werden
soll". Sie besteht aus 40 Kapiteln auf knapp 300 Seiten und gliedert sich in folgende
vier Teile:
- Teil 1: Soziale und wirtschaftliche Dimension
- Teil 2: Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für
die Entwicklung
- Teil 3: Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen
- Teil 4: Möglichkeiten der Umsetzung
11
Grundlage ist ein ganzheitlicher Ansatz, der auf eine Verknüpfung der Bereiche Öko-
nomie, Ökologie und Soziales abzielt.
Nachhaltigkeit bedeutet also nicht nur Umweltverträglichkeit, sondern setzt eine
ganzheitliche Betrachtungsweise voraus, die ökologische, ökonomische, soziale,
7
Vgl. ebd., S. 8
8
Vgl.
ebd.,
S.16
9
Ebd.,
S.15
10
Ebd.,
S.18
11
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Konferenz der Vereinten Na-
tionen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro, 1994, S.5ff.

10
kulturelle und ethische Aspekte umfaßt. Die Vision bzw. das Leitbild sind eine intakte
Umwelt, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit.
Aufgrund seines dynamischen Charakters orientieren sich die Ziele des Agenda 21-
Prozesses weder an Richt-, Grenz- oder Sollwerten, sondern beschreiben sehr diffe-
renzierte Leitbilder, die sich im Laufe der Zeit verändern können.
2.3
Lokale Agenda 21 - Die Rolle der Städte und Gemeinden bei der Umset-
zung der Agenda 21
Auf einen Satz reduziert bezeichnet Lokale Agenda 21 einen Prozeß, der weltweit in
allen Kommunen stattfinden soll und darauf abzielt, die zukünftige Entwicklung auf
dem Planeten Erde in Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln.
Da die Kommunen die Politik- und Verwaltungsebene darstellen, die den BürgerIn-
nen am nächsten ist, wird ihnen eine entscheidende Rolle bei der Information und
Mobilisierung der Öffentlichkeit und ihrer Sensibilisierung für eine nachhaltige Ent-
wicklung zuteil.
,,Weil viele in der Agenda 21 angesprochenen Probleme und Lösungen auf Aktivitä-
ten auf der örtlichen Ebene zurückzuführen sind, ist die Beteiligung und Mitwirkung
der Kommunen ein entscheidender Faktor bei der Verwirklichung der in der Agenda
enthaltenen Ziele."
12
Hiermit kommt eine Art Verursacherprinzip zur Geltung, welches verdeutlicht, daß die
Ursachen für die vielfältigen globalen Auswirkungen von Umweltzerstörung und Ent-
wicklungshemmnissen dort zu suchen und zu beheben sind, wo Menschen leben
und wirtschaften. Zudem ist auf regionaler Ebene die Chance groß, daß die Betrof-
fenheit über Umweltzerstörung oder andere Problemfelder nicht folgenlos bleibt.
Denn zum einen ist es möglich, die VerursacherInnen direkt anzusprechen, da auf-
grund überschaubarer Verhältnisse Ursache und Wirkung meist zugeordnet werden
können. Zum anderen eröffnen überschaubare Verhältnisse und vorhandene ,,regio-
nale Identität" Möglichkeiten für ein veranwortungsbewußtes und kooperatives
12
Ebd.,
S.231

11
Handeln.
13
Städte und Gemeinden sind nicht nur Verursacher von lokalen, regionalen und glo-
balen Fehlentwicklungen, sondern können vor allem über ihr Verwaltungshandeln
und ihre politischen Entscheidungsprozesse diesen Fehlentwicklungen entgegenwir-
ken.
Der Auftrag des Kapitels 28 wendet sich also vordergründig an die politischen und
administrativen Organe einer Kommune, die Umsetzung der Agenda 21 auf lokaler
Ebene zu initiieren. Dazu soll jede Kommunalverwaltung in einen Dialog mit ihren
BürgerInnen, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine
Lokale Agenda 21 beschließen.
14
Ziel des Konsultationsprozesses muß es sein, einen Konsens zwischen allen gesell-
schaftlichen Gruppen zu finden, wie die Lokale Agenda 21 gestaltet werden soll. Eine
Konsensfindung trägt in entscheidendem Maß dazu bei, daß sich der Prozeß einer
breiten Unterstützung über einen längeren Zeitraum gewiß sein kann.
Weiterhin wird den Kommunen hierdurch die Chance eingeräumt, von ihren Bürge-
rInnen und von örtlichen Organisationen, wie beispielsweise Wirtschafts- und Ge-
werbeorganisationen, zu lernen, und so für die Formulierung der am besten geeig-
neten Strategien die erforderlichen Informationen zu erhalten.
15
Inhaltlich stellt die Lokale Agenda 21 damit im wesentlichen einen langfristigen kom-
munalen Aktionsplan dar, der auf Grundlage der internationalen Vereinbarungen der
Agenda 21 das Ziel einer nachhaltigen, zukunftsbeständigen Entwicklung einer
Kommune verfolgt, die kumulative kommunale Effekte mit globalen Auswirkungen
erzeugt. Auch hier kann das Ziel nur über das Zusammentreffen der drei großen
Problembereiche
- Reduzierung sozialer Mißstände
- Minderung der Arbeitslosigkeit
- Verhinderung der Verschwendung natürlicher Ressourcen
13
Vgl. Hönig, J./ Schäffler, H.: Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.85
14
Vgl. Bundesministerium für Umweltschutz, Naturschutz und Reaktorsicherheit: a.a.O., 1994, S.231
15
Vgl.
ebd.,
S.231

12
erreicht werden.
2.3.1 Die ,,Charta von Aalborg" ­ Europäische Vereinbarung für eine zu-
kunftsbeständige Entwicklung der Städte und Gemeinden
Zu den wesentlichen Aktivitäten in Europa für eine nachhaltige Entwicklung, die sich
auf die Lokale Agenda 21 beziehen, gehört sicherlich die ,,Europäische Konferenz
über zukunftsbeständige Städte und Gemeinden in Aalborg", Dänemark. Diese wur-
de vom ICLEI (Internationaler Rat für Kommunale Umweltinitiativen) inhaltlich ausge-
richtet und führte zur Erstellung der ,,Charta von Aalborg" (Charta der Europäischen
Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit) im Mai 1994.
16
Die ,,Charta von Aalborg" besteht aus drei Teilen, die im folgenden kurz wiedergege-
ben werden:
Teil I: Durch Konsens angenommene Erklärung: Europäische
Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbestän-
digkeit
Durch diesen Teil der ,,Charta" erklären sich die unterzeichnenden
Städte bereit, die Grundsätze der Zukunftsbeständigkeit in sämtli-
che Politikfelder einzubeziehen. Es wird sich um soziale Gerechtigkeit, zukunftsbe-
ständige Wirtschaftssysteme und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Umwelt
bemüht. In das knappe natürliche Kapital, wie beispielsweise Grundwasserbestände,
Boden und Lebensräume für seltene Arten, muß investiert werden. Dieses erfordert
in einer Prioritätenreihenfolge die Bewahrung dieses natürlichen Kapitals bis hin zur
Erhöhung der Effizienz von Produkten.
16
Vgl. Die Europäische Kampagne zukunftsbeständiger Städte und Gemeinden, S.1-8

13
Teil II: Die Europäische Kampagne zukunftsbeständiger Städte
und Gemeinden
Diese Kampagne soll eine gegenseitige Unterstützung der Städte mit dem Ziel der
Zukunftsbeständigkeit erleichtern. Hierzu gehört u.a. die Sammlung und Verbreitung
von Informationen erfolgreicher kommunaler Beispiele.
Teil III: In lokale Agenda 21-Prozesse eintreten:
Kommunale Handlungsprogramme für Zukunftsbestän-
digkeit
Dieser Teil verpflichtet die unterzeichnenden Städte zur Suche nach einem Konsens
über eine Lokale Agenda 21 bis Ende 1996. Es werden acht Schritte vorgeschlagen,
die bei der Ausarbeitung der kommunalen Handlungsprogramme zu berücksichtigen
sind. Hierzu gehören u.a. die Bestimmung von Problemen unter gründlicher Öffent-
lichkeitsbefragung und Aufstellung eines Leitbildes für eine zukunftsbeständige
Kommune unter Beteiligung aller Bereiche der örtlichen Gemeinschaft.
Wie auch diese komprimierte Darstellung der ,,Charta von Aalborg" zeigt, konfrontiert
das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung die Städte und Gemeinden mit einer Viel-
zahl von Veränderungsaufgaben. Es müssen Zielsetzungen für eine sozial gerechte,
umweltverträgliche und wirtschaftlich tragfähige Entwicklung sowie Umsetzungs-
maßnahmen und konkrete Zeitpläne formuliert werden. Und es bedarf an Menschen,
die daran mitarbeiten.
2.4
Die Rolle der örtlichen Akteure bei der Erstellung einer Lokalen
Agenda 21
Die Entwicklung der Lokalen Agenda 21 wird einerseits von der örtlichen Problemla-
ge, andererseits von den Interessenlagen, Einflußmöglichkeiten und Handlungen der
Akteure bestimmt, die auf der örtlichen Ebene tätig sind.
Zu den handelnden Gruppen in Kommunen gehören nach Auffassung des ICLEI
(Internationaler Rat für Kommunale Umweltinitiativen) die BürgerInnen, die Wirt-

14
schaft, Interessengruppen, nationale Behörden und die kommunalen Autoritäten
bzw. Regierungen. Die verschiedenen Akteure übernehmen unterschiedliche Rollen
in der Gemeinschaft und bei der Umsetzung einer Lokalen Agenda 21.
Die lokale Umsetzung der Agenda 21 betrifft einerseits die klassischen Sektoren
kommunaler Verwaltung, deren zukunftsfähige Gestaltung Gegenstand eines Kon-
sultationsprozesses mit den Nicht-regierungsorganisationen und den BürgerInnen
sein soll. Als Nichtregierungsorganisationen sind Gruppen und Institutionen zu be-
zeichnen, die keinen staatlichen Auftrag haben bzw. nicht durch zwischenstaatliche
Übereinkunft zustande gekommen sind. Zu ihnen zählen Umweltgruppen, Bürgerin-
itiativen, Frauengruppen etc.
17
Andererseits steht auch in einem direkten Sinne das Umweltverhalten der Individuen
zur Debatte. Es geht um die Entwicklung von ,,nachhaltigen Konsummustern und Le-
bensstilen".
18
Die Agenda 21 fordert deshalb die Entwicklung einer nationalen Politik und nationaler
Strategien, die insbesondere in den Industrieländern ein nachhaltiges Konsumver-
halten herbeiführen können.
19
Für diesen Prozeß, der auch die rationale und spar-
same Nutzung der natürlichen Ressourcen beinhaltet, ist ein Wertewandel Voraus-
setzung. Neue Maßstäbe und Leitbilder sind notwendig. Als Grundlage dafür soll ein
besseres Verständnis des Zusammenhangs zwischen Produktion, Verbrauch, tech-
nischer Innovation, Wirtschaftswachstum und Bevölkerungsentwicklung gefördert
werden.
20
Die VerbaucherInnen spielen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Sie
sollen durch Aufklärung, Produktinformationen und -kennzeichnungen informiert
werden, um dann einen eigenen Beitrag leisten zu können. Im Zentrum stehen dabei
die kommunalen Regierungen, die in Zusammenarbeit mit der Industrie, Nichtregie-
rungsorganisationen und der Wirtschaft durch die verstärkte Einführung umweltbe-
zogener Produktkennzeichnung sowie sonstiger umweltbezogener Produktinforma-
17
Vgl.
http://www.lokale
agenda.org/glossar.html
18
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: a.a.O., 1994, S.22
19
Vgl.
ebd.
S.23
20
Vgl.
ebd.
S.23

15
tionen die VerbraucherInnnen bei umweltverträglichen Kaufentscheidungen unter-
stützen müssen.
21
2.5
Mögliche Probleme bei der Umsetzung der Lokalen Agenda 21
Was sich anhand der theoretischen Vorgaben so einleuchtend und effektiv darstellt,
bereitet bei der praktischen Umsetzung eine Vielzahl von Schwierigkeiten. Zahlreiche
strukturelle Schwierigkeiten sowie Konflikte auf Ebene der Akteure führen bisweilen
zum Erliegen jeglicher Aktivitäten. Die Probleme vollziehen sich dabei gleichermaßen
auf Verwaltungs- wie auch auf politischer Ebene. Auch hinsichtlich des Verantwor-
tungsbereiches und des Verhaltens der BürgerInnen lassen sich Unwägbarkeiten
ausmachen. Im folgenden sollen die Hemmnisse erörtert werden, die sich vor allem
aufgrund der Verfahrenskultur der Agenda 21 ergeben können.
Bei der Umsetzung der Lokalen Agenda 21 trifft ein integrativer Ansatz oftmals auf
starre und ressortorientierte Verwaltungsstrukturen.
22
Deshalb erfordert die Agenda
21 insbesondere aus Sicht der kommunalen Verwaltung ein Umdenken, was jedoch
aufgrund der bisher eher hierarchischen Verwaltungsstrukturen nicht ohne weiteres
möglich ist. Zudem ist der integrative Ansatz gekennzeichnet durch ein hohes Maß
an Komplexität. Dieses führt vielfach zu Unklarheiten im Hinblick auf die Prozeß-
struktur.
Da jede Kommune ihre eigenen spezifischen Voraussetzungen mit sich bringt, gibt
es keine idealtypischen Lösungsansätze. Die Konsequenz ist, daß jede Kommune
den gesamten Prozeß durchmachen muß und nur eingeschränkt auf andernorts ge-
machte Erfahrungen zurückgreifen kann.
Die hohe Komplexität der Thematik führt nicht zuletzt dazu, daß die Inhalte der
Agenda 21 sowie ihre Verfahrensweise keineswegs leicht zu vermitteln sind. Das
bedingt oftmals, daß niemand so recht weiß, welches Vorgehen richtig oder falsch
ist.
Darüber hinaus sind für einen Konsultationsprozeß, wie ihn die Agenda 21 fordert,
sowohl im Hinblick auf dessen Initiierung als auch hinsichtlich seiner Langfristigkeit
21
Vgl.
ebd.
S.22
22
Vgl. Häusler, R./ Berker, R./ Bahr, B./ Brückmann, S.: Lokale Agenda 21. Zukunft braucht Beteili-
gung, 1998, S.106

16
finanzielle Investitionen erforderlich. Diese Notwendigkeit kollidiert jedoch erheblich
mit der angespannten wirtschaftlichen Lage der Kommunen.
Auch die Betrachtung der zeitlichen Dimension läßt einen Konflikt
erkennen. Zum einen drängt die Zeit, sich der globalen Probleme anzunehmen, zum
anderen ist der Prozeß als solcher sehr zeitintensiv.
Zum Schluß sei noch die vielerorts erkennbare Reduzierung der Lokalen Agenda 21
auf Umweltthemen erwähnt. Dies spiegelt sich nicht zuletzt darin wieder, daß die Ko-
ordination des Prozesses in einem Großteil der Kommunen Aufgabe der Umwel-
tämter ist. Dieses entspricht einerseits nicht der Idee der Agenda 21 und verhindert
andererseits unter Umständen eine breite Beteiligung.
23
3. Lokale Agenda 21 konkret ­ Die Umsetzung der Agenda 21 auf
kommunaler Ebene
Der Prozeß der Umsetzung der Agenda 21 auf kommunaler Ebene ist ein dynami-
scher. Da jede Kommune entsprechend ihrer Wirtschafts- und Sozialstruktur sowie
ihrer Umweltfaktoren andere Voraussetzungen mitbringt, muß eine individuelle, an
die jeweilige Situation angepaßte Organisation und Struktur gefunden werden.
Daß dieses nicht so einfach ist, belegen die in Abschnitt 2.5 charakterisierten
Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der Agenda 21 auf kommunaler
Ebene.
Doch wo sich aufgrund praktischer Erfahrung Hemmnisse herausarbeiten lassen, ist
auch die Definition bestimmter fördernder Aspekte gegeben. Hiermit befaßt sich der
Abschnitt 3.1.
Im Anschluß daran werden, unter Berücksichtigung des Beziehungsverhältnisses
,,Bildung als Voraussetzung zum Handeln", Ansatzpunkte und Inhalte der Verbrau-
cherarbeit dargelegt. Unter dem Aspekt ,,Förderung nachhaltiger Konsummuster" er-
folgt daraufhin eine Herleitung der Inhalte und Maßnahmen der Verbraucher-Zentrale
im Hinblick auf die Lokale Agenda 21.
Das Hauptanliegen dieses Kapitels besteht in der abschließenden Erörterung geeig-
neter Kommunikations- und Beteiligungsverfahren sowie deren Organisation.
23
Vgl. Matthäus, S. In: Umwelt & Beratung, 01/1998, S.7

17
3.1
Fördernde Aspekte im Hinblick auf die praktische Umsetzung der
Lokalen Agenda 21
Anregungen, die zur Orientierung bei der Umsetzung der Agenda 21 dienen können,
liefern zum Beispiel das ,,Local Agenda 21 Model" des ICLEI
24
oder die von Agenda-
Transfer/CAF Nordrhein-
Westfalen erarbeiteten Schritte zur Umsetzung der Agenda 21.
25
Im folgenden sollen in Anlehnung hieran zusammenfassend einige Schritte zur Um-
setzung der Agenda 21 auf kommunaler Ebene vorgestellt werden.
Wie in Abschnitt 2.3 unterstrichen wurde, erweist es sich für den Erfolg einer Lokalen
Agenda 21 als förderlich, wenn der Prozeß von der Entwicklung bis hin zur Umset-
zung der erarbeiteten Maßnahmen, im Einklang mit der Kommunalpolitik abläuft. Ei-
ne Verbindung zwischen lokalen Aktivitäten und dem Kommunalrat ist für die Ge-
währleistung einer effektiven Umsetzung notwendig.
Die Erwirkung eines Ratsbeschlusses schafft Vertrauen bei der Bevölkerung in den
politischen Willen zur Erarbeitung einer Lokalen Agenda 21. Darüber hinaus sollte,
zur Bekräftigung des Ratsbeschlusses, die ,,Charta von Aalborg" unterzeichnet wer-
den.
Als nächsten Schritt erweist es sich als sinnvoll, den Beginn des lokalen Agenda-
Prozesses durch eine Auftaktveranstaltung einzuleiten. Diese dient der Information,
der Darstellung bisheriger Arbeitsergebnisse sowie der Unterrichtung über das weite-
re Verfahren und die zu bearbeitenden Inhalte. Die TeilnehmerInnen haben so die
Möglichkeit eigene Vorschläge zu unterbreiten.
Um die BürgerInnen zur Teilnahme zu motivieren, ihre Meinung zu erfragen und für
einzelne Themen zu gewinnen, ist eine Vielzahl gut aufbereiteter Informationen nötig.
Denn der Erfolg der Auftaktveranstaltung und nicht zuletzt der des gesamten Kon-
sultationsprozesses, ist in entscheidendem Maße abhängig von der Qualität der be-
reitgestellten Informationsmaterialien. Hier gilt, soll eine rationale Diskussion entste-
hen, daß alle Beteiligten eine annähernd gleiche Informationsbasis besitzen.
26
24
Vgl. Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Lokale
Agenda 21. Schrif-
tenreihe ,,Forschung", Heft-Nr. 499, 1996
25
Vgl. Hoffmann, A.: Lokale Agenda, 1997, S.5ff.
26
Vgl. Faulstich, M./Lorber, E.K.: Ganzheitlicher Umweltschutz, 1990, S.148

18
Auf geeignete Verfahrensweisen im Hinblick auf die Bürgerbeiteiligung wird in die-
sem Zusammenhang in Abschnitt 3.5.1 ausführlich eingegangen. An dieser Stelle
soll lediglich, im Sinne der Darstellung förderlicher Aspekte, unterstrichen werden,
daß es für den Erfolg einer Lokalen Agenda 21 unerläßlich ist, durch eine breite Be-
teiligung und Konsensbildung hinsichtlich der Leitbilder und örtlichen Problemlage,
geeignete Strukturen für die Agenda-Arbeit herbeizuführen. Als grundlegende In-
strumente für den örtlichen Konsensbildungsprozeß bieten sich beispielsweise Ar-
beitsgruppen und Foren an. Um Ziel und Richtung des lokalen Agenda-Prozesses zu
bestimmen, ist es auch in den Arbeitsgruppen, Foren etc. entscheidend, ein Leitbild
zu entwickeln.
Zusammen mit dem Leitbild ist die anschließende Ermittlung der drängendsten Pro-
bleme vor Ort im sozialen, ökologischen und ökonomischen Bereich, einer der vor-
dringlichen Arbeitsschwerpunkte der Arbeitsgruppen und Foren.
Wenn die Probleme erkannt sind, ist der zu verändernde ,,Ist-Zustand" anhand von
Indikatoren zu messen und zu dokumentieren. Dieses ist vor allem im Hinblick auf
die spätere Umsetzung der Lokalen Agenda 21 notwendig, um so Fortschritte oder
eventuelle Rückschläge zu deuten.
Die Dokumentation des gesamten Umsetzungsprozesses sollte öffentlich zugänglich
sein, z.B. in Rathaus, Schulen oder Bücherei- en, so daß alle BürgerInnen sich über
den Verlauf informieren und bei Interesse beteiligen können.
Nach der Festlegung von Indikatoren für die wichtigsten Aspekte einer nachhaltigen
Entwicklung stellt sich die Frage, welche zahlenmäßigen Richtwerte für diese Größen
angestrebt werden sollen. Übergeordnete Richtwerte sind der Erhalt der natürlichen
Lebensgrundlagen und der globalen Gerechtigkeit.
In einem Agenda-Prozeß werden dabei eine Vielzahl von verschiedenen Zielvorstel-
lungen formuliert. Insbesondere die Arbeit mit der Bevölkerung liefert eine Vielfalt
von Ideen. Aufgrund von in der Regel vorherrschenden knappen Mitteln, die für den
Prozeß zur Verfügung stehen, sollten die Zielvorstellungen und Ideen in eine Priori-
tätenreihenfolge gebracht werden. Um Prioritäten festzulegen, bedarf es einem Be-
wußtsein über die Zusammenhänge von Ursache, Wirkung und Möglichkeiten der
Beseitigung. Dieses gilt es, wie auch im Artikel 36 der Agenda 21 zum Ausdruck ge-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832426842
ISBN (Paperback)
9783838626840
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Münster – Oecotrophologie
Note
2,0
Schlagworte
umwelt beratung agenda
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Titel: Bewertung der Planung und Umsetzung der Lokalen Agenda 21 Initiative der Verbraucher - Zentrale NRW
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