Lade Inhalt...

Organisationale Strategien und Maßnahmen zur Motivierung abhängig Beschäftigter in Deutschland im 20. Jahrhundert

©1996 Diplomarbeit 102 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen Darstellung und Interpretation betrieblicher Maßnahmen zur Motiverung der Mitarbeiterschaft - im Verlauf des 20. Jahrhunderts.
Zur Verdeutlichung der Entwicklungslinie von einem eher restriktiven zu einem eher partizipativen (Personal-)Management werden die in der Literatur vorgefundenen, vielfältigen Maßnahmen in zwei Maßnahmenbündel gefaßt, so als Strategie" prägnant benannt und zwei zeitlichen Abschnitten klar zugeordnet.
Der entscheidende Hintergrund der beiden Strategien ist die historisch spezifische, allgemein geteilte theoretische Auffassung der dispositiven Ebene von der "Funktionsweise" einer Organisation - also dem Ausmaß der "Gestaltbarkeit" betrieblicher Strukturen und Abläufe. Dies schließt eine entsprechende Auffassung vom Grad der betrieblichen Einflußnahme auf die Motivation der Mitarbeiter ein.
Die Strategie "Paternalismus", die für die erste Hälfte des Jahrhunderts steht, folgt der aus dem vorausgegangenen Jahrhundert überkommenen technizistischen Auffassung von der uneingeschränkten Gestaltbarkeit organistionaler Abläufe, die besonders deutlich in Taylors "Scientific Management" zum Ausdruck kam. Betriebliche Motivierung ist restriktiv (und teilweise sogar repressiv) geprägt. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Motivierung durch Geld und Kontrolle: die Akkordarbeit.
Die Strategie "Gewinnung" entwickelt sich seit Ende der 60er Jahre und findet in diversen theoretischen Ansätzen ihre Vertiefung, welche die Organisation nicht mehr hauptsächlich als technisches, sondern zunehmend als soziales System begreifen. Hierin rücken die individuelle Subjektivität des Menschen und autopoietische Aspekte in das Zentrum der Diskussion, die das Ausmaß der Gestaltbarkeit als sehr eingeschränkt erkennbar werden lassen. Die entsprechenden Maßnahmen, von Job Rotation bis zur Unternehmenskultur-Diskussion haben zum Ziel, Motivierung durch Berücksichtigung menschlicher und organisationaler Eigenheiten zu erreichen.
Bei genauer Betrachtung der betrieblichen Umsetzung neuerer Maßnahmen und Konzepte der 90er Jahre zeigt sich allerdings, daß ihre Anwendung der traditionellen Gestaltbarkeits-"Logik" folgt, was ihrer Natur widerspricht. Aus diesem Grunde sind Stimmen, die in neueren Maßnahmen nicht den Anspruch der Motivierung, sondern den Versuch einer "Manipulation" des Menschen sehen, durchaus berechtigt. Neue ganzheitliche Ansätze haben unter der alten Logik keine […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Pöppel, Karin: Organisationale Strategien und Maßnahmen zur Motivierung abhängig
Beschäftigter in Deutschland im 20. Jahrhundert / Karin Pöppel - Hamburg: Diplomarbeiten
Agentur, 1999
Zugl.: Wuppertal, Universität - Gesamthochschule, Diplom, 1996
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrech-
tes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Na-
men im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären
und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder Über-
setzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebe-
ne fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Dipl. Kfm. Dipl. Hdl. Björn Bedey, Dipl. Wi.-Ing. Martin Haschke & Guido Meyer GbR
Diplomarbeiten Agentur, http://www.diplom.de, Hamburg 1999
Printed in Germany


Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in Thematik und Aufbau der Arbeit ... 5
1.1 Problemaufriß ... 5
1.2 Die Entfaltung der Fragestellung ... 8
1.3 Die Klärung wichtiger Begriffe... 9
1.3.1 Der Schlüsselbegriff ,,Motivierung" ... 9
1.3.2 Organisation... 10
1.3.3 "Stellenwert"... 11
1.3.4 "Strategie" ... 11
1.3.5 ,,Paternalismus" und ,,Gewinnung"... 11
1.4 Zur methodischen Vorgehensweise... 12
2. Betrachtungen zur historischen Entwicklung in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts ... 16
2.1 Die Beeinflussung der ,,Arbeitswilligkeit" vor dem
Ersten Weltkrieg ... 16
2.2 Die dominierende Organisationstheorie:
Die ,,wissenschaftliche Betriebsführung" und die Maschinen-
Metapher... 18
2.2.1 Grundzüge der ,,wissenschaftlichen Betriebsführung"
nach Frederick W. Taylor... 18
2.2.2 Zur Einführung der ,,wissenschaftlichen Betriebsführung"
in Deutschland ... 21
2.2.3 Auffassungen zur Funktionsweise einer Organisation... 23
2.2.3.1 Die ,,Gestaltbarkeit" der Organisation... 23
2.2.3.2 Die Führung der Mitarbeiter ... 26
2.2.3.3 Motivierung in der wissenschaftlich geführten
Organisation ... 28
2.3 Das Problem der Entfremdung ... 33
3. Die Skizzierung des Umbruchs in Theorie und Praxis ... 36
3.1 Der initiierende Faktor des Veränderungsprozesses:
Die zunehmende Ineffizienz der traditionellen Motivierungs-
Strategie und ihre Hintergründe ... 36
3.1.1 Die Verschiebung von Werten... 37

Inhaltsverzeichnis
3.1.2 Die technologische Entwicklung ... 40
3.1.3 Der wirtschaftliche Wettbewerb... 42
3.2 Elemente neuerer Theorien und Ansätze in der
Organisationsforschung ... 44
3.2.1 Das Merkmal ,,Autopoiesis" in der neueren
Systemtheorie... 45
3.2.2 Revision des Strukturbegriffs, Rehumanisierung,
Politisierung und (A-)Rationalität oder: das neue
Verhältnis von Individuum und Organisation ... 46
3.3 Die Folge mangelnder Anpassung der organisationalen
Motivierungs-Strategie an die Anforderungen der Zeit:
,,innere Kündigung" ... 50
3.4 Hinweise auf eine "menschenorientierte" Rationalisierung: die
Motivierungs-Strategie ,,Gewinnung" ... 52
3.4.1 Motivierung durch Gestaltung der Arbeit, Mitbestimmung
und Mitwirkung... 52
3.4.2 Motivierung durch Gestaltung der Beziehung zwischen
Vorgesetzten und unterstellten Mitarbeitern... 59
3.4.3 Motivierung durch Entlohnung... 63
3.4.4 Motivierung durch Förderung der Verbundenheit des
Mitarbeiters mit der Organisation ... 66
3.4.4.1 Das Entgelt ... 67
3.4.4.2 Kapitalbeteiligungen... 69
3.4.4.3 Die Laufbahngestaltung ... 70
3.4.4.4 Die Betonung der Gemeinschaft ... 73
3.4.4.4.1 ,,Corporate Identity" (CI) ... 73
3.4.4.4.2 ,,Organisationskultur" (OK) ... 75
3.4.5 Motivierung oder Manipulation?... 79
4. Schlußbetrachtungen... 81
Literaturverzeichnis ... 88

Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichis
Abt...Abteilung
Anm. d. Verf. ...Anmerkung der Verfasserin
Aufl...Auflage
Bd...Band
bzw...beziehungsweise
ders. ...derselbe
d.h. ...das heißt
Ebd...ebenda
ect. ...et cetera
f. ...folgende Seite
ff...folgende Seiten
H. ...Heft
Hbd. ...Halbband
hg. ...herausgegeben
Hg. ...Herausgeber
i.S.v. ...im Sinne von
Jg. ...Jahrgang
Kap...Kapitel
o.S...ohne Seitenangabe
u.a. ...unter anderen/anderem
u.v.m. .. ...und vieles mehr
Vol...Volume, engl. für Jahrgang
vgl. ...vergleiche
z.B...zum Beispiel

5
1.
E
INFÜHRUNG IN
T
HEMATIK UND
A
UFBAU DER
A
RBEIT
1.1
Problemaufriß
Sofern von ,,dem Ziel" einer Organisation überhaupt gesprochen werden kann,
dürfte dies das Ziel des Überlebens sein
1
, dessen Erreichung nur einer auf Dauer
effizienten, also leistungsfähigen, u.a. zur Anpassung an externe Erfordernisse
fähigen Organisation gelingt.
2
Diese Leistungsfähigkeit ist über den Nutzen der
einzelnen Organisation hinaus für den Lebensstandard einer ganzen Industrie-
gesellschaft in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem von Bedeutung.
In der Betriebswirtschaftslehre sind unterschiedliche Faktoren innerhalb einer
Organisation (z.B. die angewendete Technologie) für die Effizienzerhaltung bzw.
-steigerung verantwortlich. Ein Faktor, der im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit
steht, ist das ,,Menschliche", der Mitarbeiter
3
, durch den sich jede Organisation
konstituiert. Er trägt mittels individueller Leistung in entscheidendem Maß zur
Leistungsfähigkeit einer Organisation bei.
4
Er ,,verkörpert" den Produktionsfaktor ,,Arbeit", welcher neben den Faktoren ,,Bo-
den" und ,,Kapital" der problematischere ist, da er nicht im selben Maß ,,Sache"
und dadurch nicht gänzlich determinierbar ist. Der Mensch trägt ein Arbeitspo-
tential in sich, das er in konkrete Arbeit umsetzen, also transformieren kann. Die
Unterstützung dieser Transformation ist spätestens seit Beginn der industriellen
Produktionsweise in Großorganisationen eine zentrale Aufgabe des Manage-
ments, für deren Bewältigung - neben der Ausbildung von Fähigkeiten beim Mit-
arbeiter - Möglichkeiten seiner ,,Motivierung" gesucht werden. Das Produkt der
beiden Komponenten (im mathematischen Sinne) ,,Fähigkeit" und ,,Motivation",
ist eine bestimmte, vom Mitarbeiter zu erbringende Leistung.
5
Das bedeutet, daß
weder ein motivierter Mensch ohne die nötigen Fähigkeiten eine bestimmte Lei-
stung vollbringen kann noch umgekehrt ein fähiger Mensch mit eingeschränkter
Motivation. Diese zweite Kombinationsmöglichkeit, die das Nachdenken über die
Motivierung eines fähigen Mitarbeiters zur Folge hat, ist die Grundlage der Be-
trachtungen in der vorliegenden Arbeit.
Zunächst ist der Begriff ,,Leistung" genauer zu spezifizieren.
_________________________
1
Aanalog zur Systemtheorie, siehe hierzu: Neuberger 1989, 218.
2
Die Begriffe ,,Effizienz" und ,,Leistungsfähigkeit" sollen hier synonym gebraucht werden. Es geht im
vorliegenden Kontext lediglich um jene Leistung, die im Resultat effizient ist. Effizienz heißt also,
nicht nur etwas zu tun, sondern ,,...die Dinge richtig tun...". Bohr, 855.
3
In der vorliegenden Arbeit sollen gleichermaßen Mitarbeiterinnen gemeint sein. Aus Gründen der
besseren Lesbarkeit wird lediglich die maskuline Form verwendet. Dies gilt ebenso für die Bezeich-
nungen Arbeiter, Arbeitnehmer, Beschäftigter und Beamter.
4
Siehe hierzu: Lawler, 17.
5
Ebd., 29f.

6
,,Leistung" kann zweierlei bedeuten. Zum einen kann sie die Erfüllung des aufer-
legten Solls darstellen, das für den Mitarbeiter den Zweck erfüllt, den Arbeitsplatz
zu erhalten, Sanktionen zu vermeiden und Einkommen zu erzielen. Bei Bammé
trifft dies vor allem auf Mitarbeiter unterer Hierarchieebenen zu, auf denen weder
Aufstiegsmöglichkeiten noch andere Formen der Identifikation mit der Arbeit be-
stehen. Hier reiche es deshalb aus, ,,...nicht negativ aufzufallen."
6
Zum anderen erfaßt ,,Leistung" den über das reine Nicht-auffallen-wollen hinaus-
gehenden Beitrag eines Mitarbeiters. Hier sollen wiederum zwei Lei-
stungsaspekte unterschieden werden.
Das ,,Mehr" an Leistung beim Mitarbeiter herauszufordern, bezieht sich sowohl
auf einen quantitativen Arbeitsinhalt als auch auf einen qualitativen, z.B. Kreati-
vität, Service, Qualität. Beide Aspekte stehen im Mittelpunkt jeglicher organisa-
tionaler Überlegungen zur Entwicklung von Motivierungs-Maßnahmen.
Böckmann, ein Vertreter der Humanistischen Psychologie
7
, verbindet mit Lei-
stung ,,...Interesse, Lust, Überlegung, Konzentration, Einsatz ,,aller Kräfte", Frei-
Willigkeit. Etwas, das in der Person des Betreffenden liegt und das man weder
von außen in ihn hineinzwingen noch aus ihm herauszwingen kann."
8
In diesem Sinne meint Lawler: ,,Wenn unsere Organisationen leistungsfähig sein
sollen, müssen wir fähig sein, den einzelnen zu hohen Leistungen zu ermuti-
gen".
9
10
Wie aus einschlägiger Literatur hervorgeht, gestalte(te)n sich konkrete Maßnah-
men der Motivierung im Betrachtungszeitraum des 20. Jahrhunderts, der durch
Rationalisierung in der Industrie (Produktion und Verwaltung) geprägt ist, epo-
chenspezifisch unterschiedlich. Dies hängt mit den Entwicklungsstadien des
fortlaufenden organisationalen Rationalisierungsprozesses und den jeweiligen
Erfordernissen an den Mitarbeiter zusammen, was wiederum in Organisations-
theorien Ausdruck findet.
Der organisationalen Rationalisierung
11
wird im Zusammenhang mit dem Überle-
bensziel einer Organisation große Bedeutung beigemessen, da mit ihrer Hilfe ei-
ne Anpassung zur Sicherung der wirtschaftlichen Leistungs- und Wettbewerbs-
_________________________
6
Siehe hierzu: Bammé, 70, Hervorhebung des Autors.
7
Eine Denk-Richtung der Psychologie, die in Abhebung zur modernen Psycholanalyse die individu-
ellen Gründe der Verfolgung von Lebenszielen und Werten nicht im Bedürfnis nach Homöostase
sieht, sondern im Streben nach Selbstverwirklichung, -aktualisierung und -erfüllung. Siehe hierzu:
Bühler, 915 f.
8
Böckmann, 15. Der Autor distanziert sich allerdings grundsätzlich von der allgemeinen Auffassung
des auf Quantität beruhenden Leitungsbegriffs. Dem kann hier nicht gefolgt werden.
9
Lawler, 17.
10
Ermutigung ist i.S.v. Anregung zu verstehen. Im eigentlichen Sinne des Wortes ist diese Wortwahl
dann treffend, wenn es um die erstmalige Ausübung bislang nicht eingesetzter Fähigkeiten geht,
z.B. Risikofreude.
11
Rationalisierung im wirtschaftlichen Sinne meint die Ablösung überkommener Verfahren zur zweck-
mäßigeren Gestaltung des Zusammenwirkens der Produktionsfaktoren, siehe hierzu: Wissen-
schaftlicher Rat der Duden-Redaktion, 662.

7
fähigkeit erreicht werden soll
12
. Sie ist also ein Charakteristikum industrieller Ar-
beit. Der wirtschaftshistorischen Entwicklung entsprechend wird dieser Begriff
zunächst neben Bürokratisierung hauptsächlich mit Maschineneinsatz, industri-
eller Massenproduktion, extensiver Arbeitszerlegung und damit mit ,,Vergeistung"
und ,,Entseelung" der Arbeitswelt im Sinne Sombarts
13
in Zusammenhang ge-
bracht.
14
Eine bereits frühe Beobachtung war, daß eine derartige Arbeitsgestaltung eine
mentale ,,Entfremdung" des Arbeiters nach sich zog. Karl Marx, der sich einge-
hend mit dem Problem der Entfremdung in der kapitalistischen Gesellschafts-
ordnung beschäftigte, sah eine Entfremdung einmal von der Arbeit als solcher,
dann vom Produkt der Arbeit und schließlich vom Arbeitsprozeß, innerhalb des-
sen der Arbeiter zum funktionierenden Teilchen degradiert werde.
15
Entfrem-
dungsprozesse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die die individuelle und
folglich auch eine organisationale Leistungssteigerung behinderten und weder
durch monetäre noch andere extrinsische Reize aufzulösen waren, führten lang-
sam zu einer Sensibilisierung innerhalb von Motivierungs-Praxis und -Forschung
.
In den 70er Jahren der Industrie- und Organisationsforschung und -praxis nimmt,
beeinflußt durch äußere Einflüsse der Organisationsumwelt, in den Bereichen
Wirtschaft, Technologien und gesellschaftliche Werte, weiterhin durch politische
Forderungen des DGB nach der ,,Humanisierung der Arbeit", d.h. dem Streben
nach ,,Vermenschlichung" mit der Kerntendenz, Arbeit an den Menschen anzu-
passen
16
und durch ein sich ständig erweiterndes Erkenntnisarsenal der (Organi-
sations-)psychologie eine Entwicklung manifeste Züge an, bei der Rationalisie-
rung neben der klassischen Betonung des Technik-Aspekts zunehmend den
Menschen als überaus wertvollen Part im Produktionsprozeß hervorhebt, d.h. die
Technikorientierung um die Menschenorientierung ergänzt. Es wird versucht,
seine Individualität in den Arbeitsprozeß zu integrieren um im Zuge dessen ent-
fremdungsfördernde Aspekte abzuschwächen oder sogar zu beseitigen und da-
durch motivierend auf ihn einzuwirken.
Hinzu kommt, daß neuere Theorien und Ansätze, allen voran die neuere System-
theorie und der populäre und bis in die Gegenwart aktuelle ,,Organisationskultur"-
Ansatz
17
, komplexere Wirkungszusammenhänge diskutieren, die individuelle Lei-
stung beeinflussen können. Demnach befindet sich der Mensch in einem Netz
von Interaktionen, das, neben der im Einzelfall angewendeten Motivierungs-
_________________________
12
Siehe hierzu: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 18, 81ff.
13
Siehe hierzu: Sombart, 17.
14
Zum Wesensgegensatz von Geist und Seele siehe L. Klages.
15
Siehe hierzu: Marx 1974, 510 ff.
16
Siehe hierzu: Kreikebaum, 1675.
17
Die ausführliche Darstellung beider Inhalte siehe Seite 45 ff.

8
Maßnahme, die Summe seines für die Organisation relevanten Verhaltens und
damit seine individuelle Leistung beeinflußt.
Die Herausforderung für eine Organisation, diese Situation zu beeinflussen, ist
die kontinuierliche Suche nach adäquaten, d.h. der Zeit angepaßten Vorgehens-
weisen, den Mitarbeiter zu motivieren. Im günstigsten Fall in dem Maße, daß das
Ergebnis für die Organisation "optimal"
18
ist, d.h. daß das Individuum sein Poten-
tial über die Soll-Grenzen hinaus ausschöpft.
1.2
Die Entfaltung der Fragestellung
Der Ausgangspunkt der Motivierungs-Überlegungen in der Literatur der 80er
und 90er Jahre ist der Mitarbeiter als das "souveräne Individuum"
19
.
Die Bemühungen und Maßnahmen der Unternehmensführung zur Motivierung
kreisen um die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, die für die Leistungs-
steigerung relevant sind. Hier setzten diverse Autoren überwiegend bei der
Maslowschen Bedürfnispyramide an und weisen in ihrer Summe auf eine neue
Strategie des Managements hin. Abraham Maslow (1908-1970), ein Begründer
der Humanistischen Psychologie, setzte menschliche Bedürfnisse in eine Hierar-
chie, die pyramidenförmig aufgebaut ist. Von der Basis bis zur Spitze sind dies in
aufsteigender Reihenfolge von unten begonnen physische Bedürfnisse, das Be-
dürfnis nach Sicherheit und Schutz, nach Zugehörigkeit und gesellschaftlicher
Anerkennung, nach Status und schließlich nach Selbstverwirklichung.
So trifft man in neuerer Literatur auf Schlagwörter wie "Persönlichkeitsent-
faltung"
20
, "Identifikation mit dem Unternehmen"
21
, "Sinnerfüllung"
22
, um nur einige
Beispiele zu nennen.
Maßnahmen zur Motivierung der Mitarbeiter müssen zunehmend dazu geeignet
sein, einerseits vergleichsweise sensibel individuelle Ansprüche befriedigen zu
helfen. Andererseits sehen sie sich zum Teil mit der Frage konfrontiert, ob ge-
zielte Motivierung überhaupt möglich ist.
Der Zweck der vorliegenden Arbeit ist es aufzuzeigen, wie im 20. Jahrhundert
das Ziel der Effizienzerhaltung bzw. -steigerung im Hinblick auf den Mitarbeiter,
d.h. seine Motivierung, zu erfüllen versucht wurde und wird und mit welchen
Hintergründen die entsprechenden Motivierungs-Strategien in Zusammenhang
standen und stehen.
_________________________
18
,,Optimal" steht hier gleichbedeutend mit ,,bestmöglich". Siehe hierzu: Wissenschaftlicher Rat der
Duden-Redaktion, 553.
19
Siehe hierzu: Hollers Erläuterungen zum Menschenbild in der Diskussion um die Humanisierung
der Arbeitswelt, 110.
20
Siehe hierzu: Becker, 246 ff.
21
Siehe hierzu: Neubauer.
22
Siehe hierzu: Steger.

9
Aus diesem sozialwissenschaftlichen Interesse heraus ergeben sich folgende
Fragen:
-
Welche Maßnahmen zur Motivierung dominierten die organisationale
Praxis bis in die 70er Jahre und weshalb war dies so?
-
Wie wirkten sich welche historischen Veränderungen auf die Gestal-
tung von Motivierungs-Maßnahmen seit Mitte der 70er Jahre aus?
-
Welche Bedeutung hat die neue Strategie mit ihren entsprechenden
Maßnahmen heute?
Ideenleitend für die Themenstellung dieser Arbeit war die eingehende Auseinan-
dersetzung mit neueren Ansätzen aus der Organistionsforschung, insbesondere
dem ,,Organisationskultur"-Ansatz.
23
Es zeigt besonders deutlich einige Gründe
für die Probleme gegenwärtiger Motivierungs-Maßnahmen auf
24
und gibt gleich-
zeitig Impulse für einen zeitgemäßen Umgang mit den neuen Motivierungs-
Maßnahmen.
1.3
Die Klärung wichtiger Begriffe
Nachstehend werden einige wichtige Begriffe für ihre Anwendung in der vorlie-
genden Arbeit definiert.
1.3.1
Der Schlüsselbegriff ,,Motivierung"
Der Begriff ,,Motivierung" steht in direktem Zusammenhang mit dem Begriff ,,Mo-
tivation". Die Erforschung der Hintergründe menschlicher Motivation hat sich vor
allem die Motivationspsychologie zur Aufgabe gemacht. Ihre Erkenntnisse stellen
im Bereich der Planung und Steuerung von Arbeitsabläufen die Grundlage für
Maßnahmen dar, die das Ziel der Steigerung der Arbeitsmotivation verwirklichen
helfen sollen.
25
Motivation ist eine ,,...hypothetische Bezeichnung, um die Gesamtheit der in einer
Handlung wirksamen ... Motive ... zu erklären, die das individuelle Verhalten akti-
vieren, richten und regulieren."
26
Der Begriff ,,Motivation" beinhaltet eine Wech-
selwirkung zwischen Person und Situation. Der Begriff ,,Motiv" dient dabei ,,...zur
Erklärung der Regelhaftigkeit menschlichen Handelns mit Blick auf individuelle
Unterschiede", stellt also die ,,personale Grundlage" dar. Die dem gegenüberste-
_________________________
23
I.S.v. "culture" verwendet, siehe hierzu: Dülfer, 2, auch die Erläuterung auf Seite 76 der vorliegen-
den Arbeit.
24
Einen guten Überblick gibt Kasper, insbesondere auf den Seiten 109-114 und 118-126.
25
Siehe hierzu auch Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 15, 141.
26
Ebd., 140.

10
hende ,,situative Grundlage" ist der Anreiz, der auf Motive wirken und sie anre-
gen soll.
27
Damit läßt sich sagen, daß mit dem Begriff ,,Motivation" ein umfassender intra-
psychischer Prozeß gekennzeichnet ist. Mit dem Begriff ,,Motivierung" hingegen
ist der Versuch gemeint, von außen, d.h. auf den situativen Faktor, Einfluß zu
nehmen, dadurch ,,...zu etwas an(zu)regen, (etwas zu) veranlassen".
28
Folglich
können Motivierungs-Maßnahmen als Leistungs-Anreize betrachtet werden, über
deren Wirkung sich im individuellen Einzelfall keine sicheren Prognosen erstellen
lassen.
1.3.2
Organisation
Der Organisations-Begriff ist vielfältig. Gemeinhin versteht man darunter den
"...arbeitsteilige(n) Zusammenschluß von Menschen...".
29
Türk benennt insgesamt neun unterschiedliche Varianten.
30
Im folgenden werden
zwei davon, die zur Bearbeitung des Themas relevant sind, erläutert.
Mit ,,Organisation" kann zum einen der Prozeß des ,,Organisierens" innerhalb ei-
ner Organisation gemeint sein, wie dies besonders in der Betriebswirtschaftsleh-
re durchgängig der Fall ist. Zum anderen, und dies ist mit dem Begriff ,,Organi-
sation" im Kontext der vorliegenden Arbeit durchgängig gemeint, ist das ,,Sozial-
gebilde" als solches bzw. als Gebilde im Sinne eines Gebäudes zu sehen.
31
Die Organisation als Gebilde kann neben dem Element des Organisierens weite-
re Elemente beinhalten, organisierte ebenso wie nicht-organisierte, was in neue-
ren Organisationstheorien deutlich wird. Damit sind Organisations-Typen unter-
schiedlichster Art denkbar, exemplarisch können dies Behörden, Vereine, Uni-
versitäten oder (kapitalistische) Arbeitsorganisationen sein. In der vorliegenden
Arbeit soll unter ,,Organisation" die Arbeitsorganisation verstanden werden, wo-
durch eine Einschränkung auf einen Typus von Organisation erfolgt und die
Gleichsetzung mit den Begriffen "Betrieb" und ,,Unternehmen" möglich wird.
Weiterhin sind lediglich solche Organisationen gemeint sind, die aufgrund einer
größeren Mitarbeiterzahl jeweils eine eigene Abteilung unterhalten, welche u.a.
mit Fragen des Personaleinsatzes und der -entwicklung beschäftigt ist.
_________________________
27
Siehe hierzu: Nerdinger, 11 f.
28
Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 15, 141.
29
Siehe hierzu: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 16, 252.
30
Zum intensiveren Studium siehe Türk 1990, 21 ff.
31
Ebd., 22.

11
1.3.3
"Stellenwert"
"Stellenwert" soll das Synonym für ein Mehr oder Weniger an Unentbehrlichkeit
des Mitarbeiters für den Arbeitgeber sein.
Steigt die Unentbehrlichkeit, also die Wichtigkeit des Mitarbeiters hinsichtlich
seines Beitrags zur Effizienzsteigerung, beispielsweise durch den Einsatz von
speziellem Wissen oder anderen Fähigkeiten, steigt damit auch sein Wert für
den Arbeitgeber und sein Stellenwert in der Organisation.
1.3.4
"Strategie"
Der Begriff ,,Strategie" wurde ursprünglich militärisch gebraucht. Erst nach dem
Zweiten Weltkrieg fand eine Ausweitung im Sprachgebrauch statt, die einen we-
niger eng gefaßten Wortgebrauch nach sich zog.
In der Betriebswirtschaftslehre ist darunter ein "...rational geplantes, in sich
stimmiges, komplexes Maßnahmenbündel eines Unternehmens..." zu verstehen.
Dies bezieht sich auf die "...Erreichung der grundsätzlichen Unternehmenszie-
le...".
32
Auf das Thema der vorliegenden Arbeit übertragen ist die Motivierung der Mitar-
beiter eines dieser Unternehmensziele, das es mittels vielfältiger, unterschiedli-
cher Maßnahmen zu erreichen gilt. Die Darstellung von Maßnahmen soll dann
die jeweilige Strategie ausfüllen und verdeutlichen. Die Zusammenfassung der
Maßnahmen zu einer Strategie des Managements soll helfen, eine Tendenz im
Bereich der Motivierung deutlicher zu erkennen.
Der Begriff ,,Strategie" wird inhaltlich in unterschiedlicher Weise gebraucht. In der
verwendeten Literatur wird häufig von "Strategien" gesprochen, die in der vorlie-
genden Arbeit jedoch als "Maßnahmen" verwendet und als solche der Strategie
des ,,Paternalismus" oder der ,,Gewinnung" zugeordnet werden.
1.3.5
,,Paternalismus" und ,,Gewinnung"
Der Begriff ,,Paternalismus", der aus dem Lateinischen ,,Pater" kommend mit
,,Vater" übersetzt wird, deutet, vom natürlichen Rahmen der Familie auf die Or-
ganisation übertragen, auf ein ebenso als ,,natürlich" empfundenes Gefälle vom
Management zum untergeordneten Mitarbeiter hin.
Paternalismus beinhaltet damit neben umfassenden sozialisatorischen Absich-
ten, daß Vorgesetzte als ,,funktionale Autorität" klar herausgestellt werden.
33
Herrschafts- oder Machtausübung in Form der gesamten Organisationsgestal-
tung als quasi ,,sichtbares" Element organisationalen Alltags, die der untergeord-
_________________________
32
Siehe hierzu: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 21, 306.
33
Siehe hierzu: Deutschmanns Anmerkungen zum ,,Unternehmenspaternalismus", 384.

12
nete Mitarbeiter bewußt als solche erlebt und der er sich entweder gehorchend
fügt oder sie zumindest - wenn auch gegen Widerstreben - hinnimmt, soll als
dominierendes Charakteristikum der Arbeitswelt bis in die 70er Jahre dieses
Jahrhunderts betrachtet werden. In Anlehnung an Weber meint ,,Herrschaft" den
Gehorsam einer angebbaren Gruppe von Menschen durch Befehl, während
,,Macht" den Gehorsam durch die grundsätzliche Chance der Durchsetzung,
gleichwohl worauf diese beruht, meint.
34
,,Paternalismus" soll im Kontext dieser Arbeit also das ,,...Bestreben ..., andere ..
zu bevormunden ..."
35
, in der angedeuteten ,,offenen" Weise und den Glauben
des Managements an den uneingeschränkten Erfolg paternalistisch geprägten
Organisationsgestaltung ausdrücken. Das zugrundegelegte Menschenbild war
das des ,,tugendlosen", ,,dummen" Arbeiters, der aus der Sicht des Managements
belehrt und geführt werden mußte
36
und geführt werden wollte
37
.
Die entsprechenden Motivierungs-Maßnahmen unterscheiden sich von denjeni-
gen, die sich der Strategie der ,,Gewinnung" zuordnen lassen insofern, als sie
Zwangselemente gezielt integrieren.
Der Begriff ,,Gewinnung" soll eine Strategie der Motivierung bezeichnen, deren
beginnende Umsetzung etwa in den 70er Jahren anzusetzen ist und der Maß-
nahmen zuzuordnen sind, die den Bedürfnissen und veränderten Erwartungen
des ,,souveränen" Individuums gegenüber der Organisation entsprechen. Im
Kern geht es hierbei um das Bedürfnis, sich selbst als Person am Arbeitsplatz
einbringen zu können. Zwangselemente sollen beseitig werden, um der Freiwil-
ligkeit, die jeglicher Leistungssteigerung zugrundeliegt, eingehender Rechnung
zu tragen.
1.4
Zur methodischen Vorgehensweise
Die Darstellung organisationaler Motivierungs-Maßnahmen im 20. Jahrhundert
hat zunächst das Ziel, historisch gewachsene Veränderungen zu beschreiben.
Zu diesem Zweck erscheint die Zuordnung zu den Strategie-Kategorien ,,Pater-
nalismus" oder ,,Gewinnung" sinnvoll, um das Erkennen einer Entwicklungsten-
denz zu erleichtern. Dabei werden zentrale Maßnahmen dargestellt, die für die
beiden zeitlichen Betrachtungs-Abschnitte, von etwa 1900 bis 1970 und von etwa
1970 bis zur Gegenwart, prägend waren bzw. sind.
Um die Erscheinungsformen der Motivierungs-Maßnahmen nicht nur zu be-
schreiben, sondern darüber hinaus zu verstehen, ist es erforderlich aufzuzeigen,
aus welchen Gründen sie in einer bestimmten Form existier(t)en.
_________________________
34
Siehe hierzu: Weber 1972, 1. Hbd., 1. Teil, Kap. I, 28 f.
35
Siehe hierzu: Wissenschaftlicher Rat der Duden-Redaktion, 581.
36
Siehe hierzu: Bendix, 382.
37
Siehe hierzu: Neuberger 1990, 8.

13
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wählte ich, alternativ zur empirisch-
analytischen Vorgehensweise eine Methode der Geisteswissenschaften, die be-
sonders seit dem Einsatz des philosophischen Historikers Wilhelm Dilthey im 19.
Jahrhundert als eigenständige Methode der Geisteswissenschaften gilt: die
Hermeneutik.
Der aus dem Griechischen stammende Begriff, der u.a. mit "auslegen" übersetzt
wird, bedeutete ursprünglich ,,...die Kunst der Interpretation von Texten". Ihr Be-
ginn als ,,eigentliche Disziplin" wird in der frühen Kirche gesehen. Dort trat sie
,,...als die selbständige Kunst der Kommentierung der Bibel" in Erscheinung.
Heute bedeutet Hermeneutik in einem allgemeineren, erweiterten Sinn "...das
Verstehen von Sinnzusammenhängen in Lebensäußerungen aller Art (z.B. in ...
Handlungen und geschichtlichen Ereignissen)."
38
Dilthey unterscheidet in allen wissenschaftlichen Arbeiten zwei ,,große Tenden-
zen". Die erste Tendenz liegt im Wahrnehmen und Erkennen der physischen
Welt, dem ,,...abstrakten Auffassen derselben..." und dem Bedürfnis, sie ,,...als
eine Ordnung nach Gesetzen zu kontruieren." Hier sind die Methoden der Na-
turwissenschaften geeignet. Diese ,,Menschenwelt" kann ,,konstruiert", nicht je-
doch ,,verstanden" werden, weil es sich bei dem Beschreibbaren, das das ,,Äuße-
re" darstellt, lediglich um eine Manifestation dessen handelt, was die ,,Einheit"
des Konstruierten tatsächlich ausmacht.
Um zu ,,verstehen", wodurch diese ,,äußeren Sinneserscheinungen des Lebens"
hervorgebracht werden, ist der ,,...Rückgang des Menschen in das Erlebnis,
durch welches für ihn erst die Natur da ist, in das Leben, in dem allein Bedeu-
tung, Wert und Zweck auftritt, ..." notwendig. Diese zweite ist die ,,andere große
Tendenz, welche die wissenschaftliche Arbeit bestimmt".
39
Für die Darstellung des jeweils historisch spezifischen Hintergrundes der An-
wendung bestimmter Motivierungs-Maßnahmen ist die Verwendung von Organi-
sationstheorien hilfreich.
Die Auswahl aus den Organisationstheorien beschränkt sich auf die m.E. wich-
tigsten im Sinne des Themas: Theorien, aus denen das historisch spezifische
wissenschaftliche und praktische Verständnis vom Funktionieren einer Organi-
sation hervorgeht. Dies leisten nicht alle Theorien in gleichem Maße. Abhängig
vom Erkenntnisinteresse dominieren unterschiedliche Aspekte. Anzutreffen ist
beispielsweise die Frage nach der Umwelt-Determiniertheit der Organisation
(Kontingenztheorie) oder Überlegungen zu Entscheidungsprozessen innerhalb
der Organisation (Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie) u.v.m.
_________________________
38
Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 9, 709.
39
Dilthey, 252.

14
Kieser weist auf die Notwendigkeit innerhalb der Theoriebildung hin, aufgrund
der Komplexität von Organisationen ,,...bestimmte Eigenschaften und Zusam-
menhänge hervorzuheben und andere auszublenden."
40
Die ausgewählten Organisationstheorien geben Einblick in die hier interessieren-
den Auffassungen. Das bedeutet auch, daß durch sie (bzw. im Fall der neueren
Theorie unter Zuhilfenahme weiterer theoretischer Ansätze) hervorgeht, welche
Bedeutung dem Mitarbeiter im Arbeitsprozeß von seiten des Managements ein-
geräumt wird oder anders gesagt, welcher Stellenwert ihm zukommt.
Die konkreten Maßnahmen der Mitarbeiter-Motivierung werden dann als Folgen
der entsprechenden Auffassungen gesehen und verstanden.
Die zeitlich chronologische Abhandlung von Theorien, die jeweils historischen
Phasen zugeordnet sind, soll nicht andeuten, daß eine Theorie, sobald sie durch
eine andere, zeitgemäßer erscheinende abgelöst bzw. überlagert wird, sie in
sämtlichen Teilen obsolet geworden ist. Es geht vielmehr darum, Akzentver-
schiebungen darzustellen.
Einen weiteren Hintergrund der organisationalen Motivierungs-Maßnahmen bie-
tet der Einfluß von Politik bzw. Gesetzgebung, sofern diese wegweisende Impul-
se für betriebliche Leistungs-Motivierung setzten. Über ihre Schilderung hinaus
ist es ein besonderes Anliegen der vorliegenden Arbeit, auf die über gesetzliche
Vorgaben hinausgehenden, in wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Literatur
dikutierten, aus ökonomischen Erwägungen ohne rechtlichen Zwang eingesetz-
ten Maßnahmen einzugehen.
Unbestritten ist auch, daß die Bedeutung psychologischer Theorien in diesem
Zusammenhang groß ist. Sie können jedoch angesichts der sozialwissenschaftli-
chen Fragestellung nicht in aller Ausführlichkeit, sondern lediglich ausschnitthaft
dargestellt werden.
Die verwendete Literatur setzt sich zusammen aus Büchern und Artikeln in Zei-
tungen und Zeitschriften, die unter Zuhilfenahme zweier Registrier-Systeme aus-
gewählt wurden: das Opac-System der Universitätsbilbliothek Wuppertal und die
ebenfalls dort zugänglichen CD-ROM Fachdatenbanken ,,Solis" (Sozialwissen-
schaftliches Literaturinformationssystem) und ,,Foris" (Forschungsinfor-
mationssystem Sozialwissenschaften), die Informationen zu sozialwissenschaftli-
cher Literatur und Forschungsprojekten enthalten.
Die Arbeit gründet auf der Verwendung von Primär- und Sekundärliteratur, die
ich "willkürlich" auswählte, d.h. die Auswahl unterliegt keiner Systematik, sondern
richtet sich meiner persönlichen Einschätzung folgend nach der Verwendbarkeit,
die ich durch Herausarbeitung der zentralen Aussagen beurteilte. Dabei gehe ich
von der Korrektheit der Inhalte und der Zuverlässigkeit der Autoren aus, da eine
_________________________
40
Kieser, 1.

15
empirische Arbeit zum vorliegenden Thema den zeitlichen Rahmen überschrei-
ten würde.
Die Festlegung der Erläuterungen auf den Zeitraum des 20. Jahrhunderts orien-
tiert sich daran, daß einerseits der ,,...Anfang der Geschichte der Organisations-
theorie ... meist auf den Beginn dieses Jahrhunderts datiert (wird)"
41
, daß erst zu
Beginn dieses Jahrhunderts die ersten modernen Motivationstheorien
42
und die
ersten Managementleitfäden in Deutschland gegen Ende des 19. Jahrhunderts
entstanden sind.
43
Andererseits ist zu beobachten, daß sich an der Aktualität dieses Themas bis in
die Gegenwart nichts geändert hat, sondern seit den 70er Jahren, begünstigt
durch grundlegende Veränderungen in Theorie und Praxis, Maßnahmen zur Mo-
tivierung der Mitarbeiter intensiv diskutiert werden.
_________________________
41
Neuberger 1989, 208.
42
Siehe hierzu: Eunson, 40.
43
Siehe hierzu: Kieser, 61.

16
2.
B
ETRACHTUNGEN ZUR HISTORISCHEN
E
NTWICKLUNG
IN DER ERSTEN
H
ÄLFTE DES
20. J
AHRHUNDERTS
2.1
Die Beeinflussung der ,,Arbeitswilligkeit" vor dem
Ersten Weltkrieg
Der traditionell subjektive, durch die Person des Arbeitgebers auf den Arbeiter
ausgeübte Zwang entstand in der Frühzeit der Industrialisierung. Voraussetzung
für reibungslose Arbeit in der Fabrik war die Gewöhnung der dringend benötigten
und überwiegend aus der Landwirtschaft abgewanderten Arbeiter an die Ar-
beitsweise in der Industrie, die z.B. durch das vom Wetter unabhängige Einhal-
ten vorgegebner Arbeitszeiten gekennzeichnet war. In deutschen Fabriken
herrschte eine völlig vom Arbeitgeberwillen abhängige, autoritäre ,,Betriebsjustiz",
die sowohl positive Anreize als auch negative Sanktionen beinhaltete. Das
Spektrum sozialisatorischer Maßnahmen war breit, es umfaßte Anreize zur Lei-
stungssteigerung und Betriebsbindung einerseits und Maßnahmen zur Diszipli-
nierung andererseits. Hierzu gehörten u.a. Geldbußen bei Nichtbeachtung von
Regeln, einseitiges (Arbeitgeber-)Kündigungsrecht, Treueprämien, Fabrikskas-
sen für Krankheits- und Todesfälle, Werkswohnungen oder die Ernennung von
Fabrikssprechern.
44
Diese Beispiele sind nur einige der umfassenden Maßnahmen betrieblicher So-
zialpolitik, der damals sogenannten ,,Wohlfahrtspflege", d.h. der Leistungen in
Form von Gütern und Dienstleistungen, die über den Lohn hinausgingen. Diese
betriebliche Sozialpolitik, die in ihrer ,,Konstitutionsphase" in der Zeit von 1850 bis
1870 eine ,,Pionierrolle" für die spätere staatliche Sozialpolitik spielte, umfaßte
gegen 1874/76 in größeren Gewerbebetrieben in Preußen darüber hinaus die
Unfallversicherung, Krankenunterstützungskassen, Gesundheitspflege, Fürsorge
für Kleidung und Ernährung, und zu kleinen Anteilen auch eine Beteiligung am
Reingewinn, billige Beschaffung von Nahrungsmitteln, Erziehung und Unterricht,
Sparkasseneinrichtung, die geistige und sittliche Ausbildung, Kapitalbeteiligung
und Seelsorge.
45
In der daran anschließenden ,,Konkurrenzphase" der betrieblichen Sozialpolitik,
die bis etwa 1890 andauerte, bildeten viele Betriebe ein geschlossenes System
sozialer Sicherung aus mit dem Ziel, einen Belegschaftsstamm zu festigen.
46
Al-
lerdings kamen nun weitere Mitbewerber um die Gunst des Arbeiters hinzu: Hier-
zu zählten die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften, die in betrieblicher So-
zialpolitik die Vereinnahmung der Arbeiter sahen, und der Staat, der mit Hilfe so-
_________________________
44
Siehe hierzu: Mikl-Horke, 28 ff.
45
Siehe hierzu: Schulz , 137 ff.
46
Siehe hierzu: Schulz, 153.

17
zialer Sicherung sich und die Gesellschaft vor revolutionären Umstürzen schüt-
zen wollte.
47
Der Einfluß des Staates erweiterte sich durch die Sozialversicherungsgesetzge-
bung in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entscheidend. Unter
dem Einfluß der Gewerkschaften und der Arbeiterparteien kam es zur Verab-
schiedung der Arbeiterschutzgesetze und zur Institutionalisierung der Arbeits-
ordnungen im Jahr 1881.
48
Die Reichsgewerbeordnung von 1891 stärkte den
staatlichen Arbeiterschutz, darauf folgend sind die Reichsversicherungsordnung
von 1911, die Verordnung über Tarifverträge, Arbeiter- und Angestelltenaus-
schüsse und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten vom 23. Dezember 1918 und
das Betriebsrätegesetz vom 4. Februar 1920 bedeutende Stationen. In seiner
Summe führte der staatliche Einsatz für die Sozialversicherung, den Arbeiter-
schutz, das Arbeits- und Arbeitsvertragsrecht, das Tarifvertragswesen und die
Rechtsprechung, zu einer Zurückdrängung, jedoch nicht Verdrängung des Für-
sorgeprinzips, das den Arbeitnehmer als rein betriebsbestimmtes Objekt nicht
nur innerhalb der Arbeitszeit, sondern auch auf das Privatleben ausgedehnt,
wahrnahm.
49
Lange bevor Gewerkschaften dies forderten, führten vereinzelte
Unternehmen soziale Reformen ein, wie dies das Beispiel der Carl-Zeiss-Werke
in Jena zeigt. Ernst Abbé, der Teilhaber und spätere Inhaber der Werke, grün-
dete 1889 die Carl-Zeiss-Stiftung, die dem Arbeiter verbriefte Rechte und neuar-
tige Leistungen u.a. im Kündigungsschutz, in der Arbeitzeitregelung (8-Stunden-
Tag) und dem Urlaubsanspruch zusicherte, in der Erwartung eines wirtschaft-
lichen Nutzens.
50
Darüber hinaus enthielt das Stiftungsstatut umfangreiche Pen-
sionsrechte, Abgangsentschädigung und Lohn- und Urlaubsregelungen.
51
Die genannten, freiwilligen betrieblichen Maßnahmen sind im Kontext der vor-
liegenden Arbeit als Maßnahmen der Motivierung zu verstehen, bezieht man die
Möglichkeit ein, daß betriebliche Sozialleistungen die Leistungsbereitschaft der
Mitarbeiter fördern.
52
Weber sah 1920/21 die Gründe der ,,Arbeitswilligkeit" vielmehr entweder in einem
starken eigenen Interesse am Erfolg (was eher auf den Unternehmer zutraf) oder
in unmittelbarem oder mittelbarem Zwang. Zwang bestand demnach ,,...in un-
mittelbarer Androhung von physischer Gewaltsamkeit oder anderen Nachtei-
len..." oder ,,...in der Chance der Erwerbslosigkeit im Falle ungenügender Lei-
stung". Weiterhin sah er in der Gewährung einer Akkordlohnchance, die den tra-
ditionellen ,,Zeitlohn" - d.h. die fixe Bezahlung nach Arbeitszeit und nicht nach
_________________________
47
Ebd., 161 f.
48
Siehe hierzu: Mikl-Horke, 29.
49
Siehe hierzu: Schulz, 164 ff.
50
Siehe hierzu: Schulz, 147 f.
51
Siehe hierzu: Galling, Spalte 4 f.
52
Von dieser Annahme gehen exemplarisch Wagner und Grawert aus.

18
konkreter Leistung - langsam ablösen sollte, eine zusätzliche Möglichkeit zur Er-
höhung der Leistung. Vorbild hierfür war der amerikanische ,,Stück- und Prämi-
enlohn", der durch Bezahlung nach Leistung gekennzeichnet war. Darüber hin-
aus unterschied Weber mehrere Typen der ,,Arbeitswilligkeit". Die Chance zu
,,affektueller" Arbeitswilligkeit trifft demnach eher bei Leistungsspezifizierung als
bei Leistungsspezialisierung zu, die ,,traditionale" bezieht sich eher auf Haus- und
Landwirtschaft und betont die Wirkung der patriarchalen Beziehung zum Besit-
zer, und die ,,wertrationale" ist religiös unterlegt oder folgt aus einer spezifisch
hohen Wertung der Arbeit als solcher.
53
Das Leben des Lohnarbeiters war damit vorwiegend gekennzeichnet von öko-
nomischer Abhängigkeit, von dem Zwang, Gehorsam zu leisten, und von der
Angst vor Bestrafung oder Verlust des Arbeitsplatzes bei Leistungsrückgang.
Sogar bei Verausgabung der Arbeitskraft, dem Erfüllen der Akkordsätze, war die
indirekte Bestrafung möglich, denkt man an das Herabsetzen des Stücklohnes.
54
Die unter dem Zeitlohnsystem übliche Leistungskontrolle per Augenschein ver-
schärfte sich durch den Leistungs-Zwang vorgegebener Stückzahlen und Ak-
kordzeiten. Eine Entwicklung, die sich nach dem Krieg, durch die Installierung
der ,,wissenschaftlichen Betriebsführung", die im nachfolgenden Punkt dargestellt
ist, verstärken sollte.
2.2
Die dominierende Organisationstheorie:
Die ,,wissenschaftliche Betriebsführung" und die
Maschinen-Metapher
Die Theorie der ,,wissenschaftlichen Betriebsführung" stand, wie sich nachste-
hend zeigen wird, in engem Zusammenhang mit der zeitgemäßen Auffassung
vom Funktionieren einer Organisation.
2.2.1
Grundzüge der ,,wissenschaftlichen Betriebsführung" nach
Frederick W. Taylor
Die im folgenden aufgeführte ,,erste" Organisationstheorie des 20. Jahrhunderts
55
wurde um die Jahrhundertwende von dem amerikanischen Ingenieur Frederik W.
Taylor (1856-1915) in der Stahlindustrie Philadelphias entwickelt.
Taylors Absicht läßt sich mit der Formel ,,Optimierung der Organisation" zusam-
menfassen. Gemeint war hiermit die effizienteste Gestaltung der in einer Organi-
sation anfallenden menschlichen Arbeit sowohl auf der Fertigungs- als auch auf
_________________________
53
Weber 1972, 1. Hbd., 1. Teil, Kap. II, 86 f.
54
Siehe hierzu: Taylor 1977, 23.
55
Zur Willkür dieser zeitlichen Festlegung siehe Neuberger 1989, 208.

19
der Verwaltungsebene. Allerdings blieben seine Schilderungen weitgehend auf
die unterste Ebene, die Fertigung, beschränkt.
Im einzelnen bedeutete das die wirtschaftlichste Ausnutzung der Arbeitsmittel,
beste Verfahren (Betriebsnormung, Arbeitsteilung), straffe zwangsläufige Orga-
nisation und weitgehende Spezialisierung mit dem Ziel der höchsten Ausnutzung
der Produktionsfaktoren und des Arbeitsmaterials.
56
Das von Taylor vorgefundene dominierende Fabriksystem, das ,,Initiativesystem",
war das Ergebnis einer langen Entwicklung seit Beginn der Industrialisierung. In
der frühen Fabrik war die auf den Arbeiter entfallende Aufgabe selbst an Ma-
schinen oft so gestaltet, daß er einen Arbeitsablauf unter Anwendung seines
Erfahrungswissens bewältigen mußte, was sowohl Kopf- als auch Handarbeit
beinhaltete. Arbeitsgänge wie Planung, Auswahl der Werkzeuge sowie Bedie-
nung der Maschinen, waren damit vom Arbeiter allein auszuführen.
57
Um dies ,,optimal" im Sinne der Organisation zu tun, d.h. täglich gleichmäßig, von
äußeren Einflüssen unbeeindruckt ein hohes Maß an Leistung zu erbringen, be-
durfte es der ,,Initiative" des Arbeiters, die der Arbeitgeber voraussetzte.
Der Begriff ,,Initiative" bedeutete ,,...alle guten Eigenschaften, die man bei einem
Arbeiter erwarten kann, seinen guten Willen, seine Kenntnisse und Fähigkeiten
voll und ganz in den Dienst seines Arbeitgebers zu stellen...". Unter dieser Vor-
aussetzung überließen unmittelbar Vorgesetzte ,,...gern ihren Arbeitern die Lö-
sung des Problems."
58
Da die Ausprägung dieser Eigenschaften nicht in vollem
Umfang beobachtbar und deshalb durch Vorgesetzte nur teilweise überprüfbar
war, war der ,,freie" Wille des Arbeiters bedeutend. Die freiwillige Initiative des
Arbeiters stellte jedoch eine problematische Größe dar, da sie je nach Tages-
form oder anderen Einflüssen, wie der Tendenz des ,,Sich-drücken-von-der-
Arbeit"
59
, schwankte und auf die Effizienz einer Tagesleistung wirkte. Der Betrieb
war somit vom Arbeiter abhängig. Dies bildete für Taylor die Grundlage der
nachfolgenden Überlegungen.
Die Auflösung der betrieblichen Abhängigkeit aus der unberechenbaren ,,Initiati-
ve" des Arbeiters vollzog Taylor auf dem Wege der Neugestaltung der Arbeits-
prozesse im Sinne eines ,,Kraftsparsystems". Dieses neue System enthielt die
strikte Trennung von Kopf- und Handarbeit und die damit einhergehende Spezia-
lisierung des Arbeiters auf wenige Handgriffe bzw. die rigorose Zerlegung eines
Arbeitsprozesses oder eines bereits geteilten Arbeitsvorgangs in kleinste Einzel-
handgriffe. Der betriebliche Vorteil lag darin, daß Arbeit grundsätzlich durch den
_________________________
56
Siehe hierzu: Söllheim, 226 f.
57
Siehe hierzu: Kieser, 68 f.
58
Taylor, 1977, 34.
59
Siehe hierzu: Ebd., 18 f.

20
Wegfall der Denk-Arbeit ,,vereinfacht", also leichter kontrollierbar wurde.
60
Die
physiologische Ausrichtung der Werkzeuge sorgte zusätzlich für Erleichterung.
Hinzu kam die Eliminierung überflüssiger Bewegungen und Handgriffe. Dies
führte insgesamt zur Beschleunigung des Arbeitsprozesses, zur Intensivierung
der Arbeit in quantitativer Hinsicht, jedoch zur Monotonisierung der Arbeit. In der
Praxis hatte sich der Arbeiter an detaillierte schriftliche Anleitungen des Arbeits-
büros, das nunmehr Planung und Vorbereitung erledigte, zu halten. Dadurch
war der Arbeiter in der von Maschinen dominierten Fabrik nicht mehr der Betreu-
er einer Maschine, sondern herabgestuft und dequalifiziert als ergänzender Arm,
der jene Handgriffe verrichtete, die Maschinen (noch) nicht erledigen konnten.
Um für die derart gestaltete Arbeit optimales Werkzeug konstruieren und opti-
male, also zeit- und kraftsparende Bewegungsabläufe errechnen zu können, be-
durfte es der akribischen, systematischen Erfassung menschlicher Arbeit.
61
Zu
diesem Zweck wandte Taylor die naturwissenschaftliche Methode des Experi-
ments an, die seiner Betriebsführung das Attribut der Wissenschaftlichkeit ver-
lieh.
62
Die durch das Kraftsparsystem ermöglichte Kontrolle über die individuelle Lei-
stung, d.h. die damit einhergehende Ablösung der Arbeit in Gruppen, erlaubte
mithilfe eines neuen Lohnsystems eine ,,gerechtere", d.h. auf individuelle Lei-
stung beruhende Belohnung.
63
Der traditionell gezahlte Zeitlohn, der unabhängig
von individuellem Fleiß gezahlt wurde, wurde durch Taylors ,,Pensumidee" ab-
gelöst. Zu dem neuen, von Taylor als gerecht empfundenen Lohn gehörten der
Stück- und Prämienlohn, wobei letzterer für eine über ein bestimmtes Mindest-
Pensum hinausgehende Leistung als Zusatzprämie gezahlt wurde. Außerdem
sah er in der Aussicht auf rasche Beförderung, kürzeren Arbeitsstunden, besse-
ren Lebens- und Arbeitsbedingungen und dem Ausdruck persönlicher Wert-
schätzung (!) einen ,,besonderen Ansporn"
64
Die Strafen allerdings, die bei Nicht-Erreichen des Pensums verhängt wurden,
waren nicht unwesentlich. Hierfür schlug Taylor, für den Fall, daß Ermahnungen
keinerlei Abhilfe brächten, Lohnabzüge, Aussperrungen und Geldstrafen vor.
65
_________________________
60
Von ,,Vereinfachung" der Arbeit unter diesen Bedingungen konnte nur gesprochen werden, weil die
seelisch und körperlich wirkenden Erschwernisse der Monotonisierung nicht umfassend berück-
sichtigt wurden. Sie mehr dazu auf Seite 33 ff.
61
Siehe hierzu: Volpert, XXV.
62
Siehe hierzu: Kieser, 67. Zu Zweifeln an der Wissenschaftlichkeit aufgrund inhaltlicher und metho-
discher Kritik siehe Seite 81 ff.
63
Siehe hierzu: Taylor 1977, 72 f.
64
Siehe hierzu: Ebd., 35 f.
65
Siehe hierzu: Taylor 1919, 116.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1996
ISBN (eBook)
9783832419943
ISBN (Paperback)
9783838619941
Dateigröße
609 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bergische Universität Wuppertal – Gesellschaftswissenschaften
Note
1,8
Schlagworte
motivierung organisation personal management human resources
Zurück

Titel: Organisationale Strategien und Maßnahmen zur Motivierung abhängig Beschäftigter in Deutschland im 20. Jahrhundert
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
102 Seiten
Cookie-Einstellungen