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Parteien im Netz

Politische Werbung im Internet

©1998 Magisterarbeit 115 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die Parteien-Website als Teil der politischen Werbung. Ausgehend von der Prämisse, daß jedes Medium seine eigene Form der Kommunikation schafft, soll eben diese Form beschrieben und in ihren Besonderheiten erforscht werden. Da es sich hierbei noch weitgehend um wissenschaftliches Neuland handelt, kommt der Grundlagenarbeit große Bedeutung zu. So soll der deskriptive Teil dieser Arbeit vorab in die Besonderheiten des Medium Internet einführen. Auf dieser Basis wird, unter besonderer Berücksichtigung regionaler Gliederungen, auf die Websites der sechs im Bundestag vertretenen Parteien eingegangen. Im ersten Schritt wurden Parteigliederungen unterhalb der Bundesebene per E-Mail zu ihren Websites befragt. Themen dieser Befragung waren die Gestaltung der Website, ihr Erfolg bei den Internet-Nutzern sowie die Zukunft der Website. Im zweiten Schritt wurden die Bundesebenen dieser sechs Parteien in ausführlichen Interviews zum selben Thema befragt. Ziel der beiden Umfragen war es, die Rezeption der Parteien-Websites durch Internet-Nutzer sowie die Antwort der Parteien auf diese Rezeption zu erforschen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Abbildungsverzeichnise
Tabellenverzeichnise
Abkürzungsverzeichnisf
1.Einleitung1
1.1Thematik1
1.2Untersuchungsgegenstand3
1.3Leitfragen4
1.4Aufbau der Arbeit5
1.5Lesehinweise5
2.Das Internet6
2.1Historie6
2.2Technische Möglichkeiten9
2.3Recht im Internet12
2.4Politik im Internet16
2.4.1Vorbild USA?16
2.4.2Deutschland als Cyberdemokratie?18
2.4.3Deutsche Abgeordnete im Internet19
2.5Das Internet als Marktplatz20
2.6Typologie der Internet-Nutzer22
2.6.1Soziodemographische Struktur22
2.6.2Internet-Präferenzen23
2.6.3Symbiose unterschiedlicher Nutzergruppen24
3.Untersuchung deutscher Parteien-Homepages26
3.1Untersuchungsschritte26
3.2Methodik von Umfrage 127
3.3Ergebnisse von Umfrage 129
3.3.1Rücklaufquote29
3.3.2Bestandsdauer der Website30
3.3.3Besucherzahlen31
3.3.4E-Mail-Aufkommen32
3.3.5Erstellung und Pflege der Website33
3.3.6Ziele der Website34
3.3.7Vorteile des Internet35
3.3.8Angebote auf der Website36
3.3.9Zufriedenheit mit dem World Wide Web37
3.3.10Wirkung des Internet37
3.3.11Auswirkungen auf die Öffentlichkeitsarbeit38
3.4Auswertung von Umfrage 139
3.4.1Repräsentationsgrad der Parteien im Internet39
3.4.2Technische Qualität der Websites40
3.4.3Besucherzahlen und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 1880
Steinke, Lorenz: Parteien im Netz: Politische Werbung im Internet / Lorenz Steinke - Hamburg:
Diplomarbeiten Agentur, 1999
Zugl.: Münster, Universität, Magister, 1998
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Dipl. Kfm. Dipl. Hdl. Björn Bedey, Dipl. Wi.-Ing. Martin Haschke & Guido Meyer GbR
Diplomarbeiten Agentur, http://www.diplom.de, Hamburg 2000
Printed in Germany


Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
b
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
e
Tabellenverzeichnis
e
Abkürzungsverzeichnis
f
1
Einleitung
1
1.1
Thematik
1
1.2
Untersuchungsgegenstand
3
1.3
Leitfragen
3
1.4
Aufbau der Arbeit
4
1.5
Lesehinweise
5
2
Das Internet
6
2.1
Historie
6
2.2
Technische Möglichkeiten
8
2.3
Recht im Internet
11
2.4
Politik im Internet
14
2.4.1 Vorbild USA?
14
2.4.2 Deutschland als Cyberdemokratie?
16
2.4.3 Deutsche Abgeordnete im Internet
17
2.5
Das Internet als Marktplatz
18
2.6
Typologie der Internet-Nutzer
19
2.6.1 Soziodemographische Struktur
19
2.6.2 Internet-Präferenzen
20
2.6.3 Symbiose unterschiedlicher Nutzergruppen
21
3
Untersuchung deutscher Parteien-Homepages
23
3.1
Untersuchungsschritte
23
3.2
Methodik von Umfrage 1
23
3.3
Ergebnisse von Umfrage 1
24
3.3.1 Rücklaufquote
24
3.3.2 Bestandsdauer der Website
25
3.3.3 Besucherzahlen
26
3.3.4 E-Mail-Aufkommen
27
3.3.5 Erstellung und Pflege der Website
28
3.3.6 Ziele der Website
29
3.3.7 Vorteile des Internet
29
3.3.8 Angebote auf der Website
30
3.3.9 Zufriedenheit mit dem World Wide Web
31
3.3.10
Wirkung des Internet
31
3.3.11
Auswirkungen auf die Öffentlichkeitsarbeit
31
3.4
Auswertung von Umfrage 1
32
3.4.1 Repräsentationsgrad der Parteien im Internet
32
3.4.2 Technische Qualität der Websites
33
3.4.3 Besucherzahlen und E-Mail-Aufkommen
33
3.4.4 Erstellung der Websites
34
3.4.5 Ziele und Inhalte der Websites
35
3.4.6 Zufriedenheit und Prognose
36

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
c
3.5
Die Websites der ,,Großen Sechs"
38
3.5.1 CDU
38
3.5.1.1 Inhalte
38
3.5.1.2 Technik
38
3.5.2 CSU
39
3.5.2.1 Inhalte
39
3.5.2.2 Technik
39
3.5.3 SPD
40
3.5.3.1 Inhalte
40
3.5.3.2 Technik
40
3.5.4 F.D.P.
41
3.5.4.1 Inhalte
41
3.5.4.2 Technik
41
3.5.5 Bündnis 90 / Die Grünen
42
3.5.5.1 Inhalte
42
3.5.5.2 Technik
42
3.5.6 PDS
43
3.5.6.1 Inhalte
43
3.5.6.2 Technik
43
3.6
Methodik von Umfrage 2
44
3.7
Ergebnisse von Umfrage 2
44
3.7.1 Start der Website
44
3.7.2 Besucherzahlen und E-Mail-Aufkommen
45
3.7.3 Anteil des Internet an der Öffentlichkeitsarbeit
46
3.7.4 Wichtigste Ziele der Website
47
3.7.5 Hauptvorteile des Internet
48
3.7.6 Demographie der Bürger im Internet
49
3.7.7 Selbstdarstellung im und außerhalb des Internet
49
3.7.8 Auswirkungen auf die Öffentlichkeitsarbeit
50
3.7.9 Unterstützung nachgeordneter Parteiebenen
50
3.7.10
Zufriedenheit mit dem Internet
51
3.7.11
Einschätzung des Internet
51
3.8
Auswertung von Umfrage 2
52
3.8.1 Technische Qualität der Websites
52
3.8.2 Repräsentationsgrad im Internet
54
3.8.3 Besucherzahlen und E-Mail-Aufkommen
54
3.8.4 Bedeutung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
55
3.8.5 Internet-Strategien der Parteien
55
3.8.6 Einschätzung des Internet und seiner Nutzer
56
3.9
Sonstige Parteien im Internet
56
4
Resümee
58
4.1
Parteien-Websites: Inhalt und Aufmachung
58
4.2
Ziele der Parteien im Internet
59
4.3
Akzeptanz von Parteien-Websites
60
4.4
Auswirkungen des Internet
62
4.5
Fazit
63

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
d
5
Glossar
i
6
Material zu den Umfragen
viii
6.1
Fragebogen zu Umfrage 1
viii
6.2
Befragte Parteiengliederungen ­ Umfrage 1
x
6.3
Umfrage 2: Gesprächsprotokolle
xv
6.3.1 CDU
xv
6.3.2 CSU
xvii
6.3.3 SPD
xx
6.3.4 F.D.P.
xxiv
6.3.5 Bündnis 90/Die Grünen
xxvii
6.3.6 PDS
xxx
7
Literatur
xxxv

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
e
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Netz mit Zentralrechner
6
Abbildung 2: Topologie des Internet
7
Abbildung 3: Aufbau des Internet
10
Abbildung 4: Eröffnungszeitpunkt der Websites
26
Abbildung 5: Homepage der CDU
39
Abbildung 6: Homepage der CSU
40
Abbildung 7: Homepage der SPD
41
Abbildung 8: Homepage der F.D.P.
42
Abbildung 9: Homepage von Bündnis 90/Die Grünen
43
Abbildung 10: Homepage der PDS
44
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Preisvergleich Printmedien und Internet
19
Tabelle 2: Nutzungsformen des Internet
21
Tabelle 3: Rücklaufquote
25
Tabelle 4: Eröffnungszeitpunkt der Websites (nach Parteien sortiert)
25
Tabelle 5: Besucher der Website
27
Tabelle 6: E-Mails pro Monat
28
Tabelle 7: Erstellung und Pflege der Website
29
Tabelle 8: Zieldefinitionen der Parteien für Ihre Websites
29
Tabelle 9: Vorteile des Internet
30
Tabelle 10: Angebote der Website
31
Tabelle 11: Zufriedenheit mit den Möglichkeiten des Internet
31
Tabelle 12: Einschätzung des Internet
31
Tabelle 13: Präsenz im Internet
32
Tabelle 14: Startdatum der Website
45
Tabelle 15: Besucher- und E-Mail-Aufkommen
46
Tabelle 16: Einschätzung des Internet
52
Tabelle 17: ,,Klassische" Inhalte der Websites
53
Tabelle 18: ,,Neue" Inhalte der Websites
53
Tabelle 19: Besucherzahlen großer deutscher Websites
54

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
f
Abkürzungsverzeichnis
Abs
Absatz
ADSL
Asymmetric Digital Subscriber Line
AG
Aktiengesellschaft
ARPA
Advanced Research Projects Agency
AOL
America Online
Az
Aktenzeichen
B90/Grüne
Bündnis 90/ Die Grünen
BMBF
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie
bzw.
beziehungsweise
CDU
Christdemokratische Union
CERN
Conseil Europeenne pour la Recherche Nucleaire/
European Laboratory for Particle Physics
CSA
Christlich-Soziale Arbeitnehmerschaft
CSU
Christlich-Soziale Union
DE-NIC
Deutsches-Network Information Center
d.h.
das heißt
E-Mail
Electronic Mail
et al.
et alii
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
F.D.P.
Freie Demokratische Partei
f
und folgende Seite
ff
und folgende Seiten
FTP
File Transfer Protocol
Hrsg.
Herausgeber
HTML
Hypertext Markup Language
HTTP
Hypertext Transfer Protocol
IDC
International Data Corporation
IP
Internet Protocol
Inc. Incorporated
IuKDG
Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz
IVW
Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von
Werbeträgern e.V.
k.A.
keine Angaben
LDAP
Lightwight Directory Access Protocol
max.
maximal
MdB
Mitglied des Bundestages
NIC Network
Information
Center
Nr.
Nummer
PC
Personal Computer
PDS
Partei des Demokratischen Sozialismus
PGP
Pretty Good Privacy
PKK
Kurdische Arbeiter Partei
Q
Quartal

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
g
S.
Seite
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
SMS
Short Messaging System
StGB
Strafgesetzbuch
TCP/IP
Transmission Control Protocol/Internet Protocol
TDG
Teledienste-Gesetz
URL
Uniform Ressource Locator
USA
United States of America
Vgl.
Vergleiche
WELL
Whole Earth 'Lectronic Net
WWW
World Wide Web
z.B.
zum Beispiel

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
1
1 Einleitung
1.1 Thematik
Das Internet ist das jüngste, aber auch das am schnellsten wachsende Massenmedium
unserer Informationsgesellschaft
1
. Schon jetzt haben mehr als 100 Millionen Menschen
auf der ganzen Welt einen eigenen Zugang zum ,,Netz der Netze"
2
. Als Internauten
3
kön-
nen sie sich täglich die neuesten Börsendaten
4
, die Satellitenfotos zum Wetterbericht
5
oder die Fußballergebnisse ihres Lieblingsvereins
6
auf den Bildschirm holen. Damit ist das
grenzüberschreitende Medium Internet zu einem wirkungsvollen Multiplikator für Informa-
tionen jedweder Art geworden ­ gleichzeitig ist es in seinem Themenspektrum und der
Vielfalt der vertretenen Meinungen und Weltanschauungen gegenwärtig wohl jedem an-
deren Medium überlegen. Dr. Mark Wössner, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG,
spricht von einer medialen Revolution, ,,die sich als ähnlich folgenreich erweisen könnte,
wie die Erfindung des Buchdrucks"
7
und damit das zeitliche Ende der von Marshall McLu-
han postulierten ,,Gutenberg Galaxis"
8
markiert. Ähnlich sieht es Hubert Burda vom
gleichnamigen Medien-Konzern: ,,Hier gärt eine Revolution. Sie wird die Welt verändern
wie vor ihr nur Gutenberg."
9
Besonders das World Wide Web als populärstes Teilsystem des Internet
10
ist längst über
seine ursprüngliche Aufgabe, die anschauliche Darstellung wissenschaftlicher Themen,
hinausgewachsen und innerhalb des ,,globalen Dorfes"
11
zum Katalysator und Marktplatz
geworden. Hierbei ist der Begriff Marktplatz in seiner klassischen Bedeutung als Ort des
Handels, aber auch der gesellschaftlichen und politischen Diskussion zu verstehen.
In seiner Schnellebigkeit und der Fülle der zur Verfügung gestellten Daten ist das Internet
kennzeichnend für das Informationszeitalter. Im Unterschied zu anderen modernen Medi-
en wie dem Rundfunk erlaubt es dem Konsumenten allerdings ein viel höheres Maß an
Interaktion: ,,Technik- und kulturhistorisch betrachtet, ist es eine multimediale Komposit-
Technologie, die bestehende Kommunikationsformen und -träger evolutionär fortschreibt,
modernisiert und zugleich synthetisiert."
12
So kann der neudeutsch als ,,User" bezeichnete Internet-Nutzer nicht nur selbst bestim-
men, welchen Informations-Pfad er durch das Internet wählt. Er hat auch jederzeit die
Möglichkeit, sich beispielsweise in Form von E-Mails, Newsgroup- und Gästebuch-
1
Zur Bedeutung des Begriffs ,,Informationsgesellschaft" vgl. Flusser 1995, S. 15
2
Spiegel Netzwelt 1998
3
Internauten: Raumfahrer im Cyberspace, vgl. auch Kreisel/Tabbert 1996, S. 158
4
http://www.br-online.de/geld/boerse/index.html
5
http://www.meteofax.de
6
http://www.informatik.uni-oldenburg.de/~bernd/soccer.html
7
Vgl.
Wössner
1995
8
Vgl. McLuhan 1968
9
Vgl.
Burda
1997
10
Vgl. Endler/Bayanifar 1998
11
Vgl. McLuhan/Powers 1995
12
Vgl. Leggewie 1996

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
2
Beiträgen oder einer eigenen Homepage mitzuteilen.
13
Aus diesem hohen Maß an (mögli-
cher) Interaktion zwischen Informations-Anbietern und -Nutzern resultieren Besonderhei-
ten die das Internet deutlich von anderen Medien unterscheiden. So wird das Internet
auch als ein Viele-an-Viele-Medium bezeichnet, in dem Informationen nicht nur einmalig
von einem Sender zu vielen Empfängern transportiert werden, sondern sich Schritt für
Schritt sternförmig ausbreiten, wobei jeder Empfänger wiederum zum Sender werden
kann und seinerseits Informationen breit streut.
Kommerzielle Anbieter schätzen das schnelle Feedback, anhand dessen sie schon nach
kürzester Zeit abschätzen können, wie ihr Angebot von potentiellen Kunden angenommen
wird. Auch wenn im Internet andere Regeln und Werbekodizes
14
gelten, als im Leben au-
ßerhalb des Netzes: Hobbyisten und gesellschaftliche Gruppen nutzen das Internet be-
reits vielfach, um Gleichgesinnte zu finden und Diskussionsforen aufzubauen.
15
Interes-
sengruppen, die in Ihrem Heimatland keinen Zugang zu Massenmedien haben, verschaf-
fen sich über das Internet Gehör. Als Beispiel seien hier ein Aufruf der PKK
16
(Kurdische
Arbeiter Partei) oder die Homepage des Dalai Lama
17
genannt.
18
Wer im eigenen Land
gegen geltende Gesetze verstößt oder Probleme mit der Justiz befürchtet, geht, wie die
linksextreme Zeitschrift Radikal
19
, mit seiner Website in das Ausland.
20
Hieraus ergibt sich eine weitere Eigenart des Internet: Da es nicht an Ländergrenzen Halt
macht, ist es derzeit noch weitgehend unzensierbar: ,,Das einzige, was die Regierungen
weltweit in Zensurfragen einigt, ist ein grundsätzlicher Wunsch nach Zensur."
21
Viele In-
halte verstoßen gegen nationale Gesetze sowie moralische oder journalistische Grund-
sätze, etwa die Verpflichtung zur sorgfältigen Recherche und unabhängigen Berichter-
stattung. Andere Webseiten verletzen Persönlichkeitsrechte oder schädigen Dritte durch
Verbreitung von Paßwörtern oder die unerlaubte Vervielfältigung geistigen Eigentums.
Diese Aspekte tragen ebenso wie das große Angebot sogenannter Erwachsenen-Seiten
maßgeblich zum Schmuddel-Image des Internet bei.
Für die Wissenschaft ergeben sich ganz neue Fragenkomplexe. So wird nicht nur zu un-
tersuchen sein, welche Kommunikations- und Präsentationsformen im und durch das In-
ternet entstehen. Exemplarisch seien hier nur die sogenannte Netiquette genannt, die
Grundregeln für die Diskussion im Usenet festlegt sowie die Hyperlink-Lesegewohnheit
vieler Surfer, die dem Querlesen von Büchern ähnlich ist. Von besonderem Interesse wird
auch sein, wie sich diese Phänomene auf die Gesellschaft außerhalb des Internet auswir-
ken. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf einen Teil der gesellschaftlichen Kommu-
nikation ­ die Behandlung politischer Themen durch die etablierten Parteien im Internet
und die von ihnen zu diesem Zweck gewählten Darstellungs- und Diskussionsformen.
13
Vgl. Debatin 1996, S.23
14
Ein Beispiel für verfehlte Werbung im Internet: Die Anwaltskanzlei Canter & Siege aus Arizona
versandte am 18. April 1994 Werbung an 8.000 Newsgroups. Die Internet-Gemeinde rächte
sich mit tausenden wütenden E-Mail-Antworten, hunderten Faxen und unzähligen unbestellten
Zeitschriften-Abonnements an die Adresse der Werbetreibenden. Vgl. Stoll 1998, S. 159f
15
Vgl. Die Woche Extra, Beilage der Woche Nr. 52/53 vom 19.12.1997, S.14 und Pizza ­ Pro-
grammzeitschrift für Onliner, Nr. 11/1996, S.68
16
http://www.ozgurluk.org/dhkc/german/protoc.html
17
http://www.tibet.org
18
Bork 1996
19
http://connix.com/~harry/radikal/index.htm
20
Wenning 1997, Abs.11
21
Coy 1996

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
3
1.2 Untersuchungsgegenstand
Seitdem das Internet keine Domäne von Militär und Wissenschaft mehr ist, engagieren
sich dort zunehmend kommerzielle Anbieter, staatliche und halbstaatliche Institutionen
und gesellschaftliche Interessengruppen. Auch für politische Parteien ist das Internet eine
vielversprechende Plattform. So sind in Deutschland bereits alle sechs im Bundestag ver-
tretenen sowie zahlreiche kleinere Parteien online. Bei der deutschen Ausgabe der
Suchmaschine Yahoo waren 40 Parteien
22
zu Beginn des Jahres 1998 mit eigenen
WWW-Einträgen verzeichnet.
Über 300 Websites wurden Ende 1997 von den einzelnen Bundes-, Landes- und sonsti-
gen Regionalgliederungen dieser deutschen Parteien betrieben. Hinzu kommen weitere
Websites von Gruppen innerhalb der Parteien wie dem Virtuellen Ortsverein der SPD, von
Jugendorganisationen, Fraktionen, Parteistiftungen und den Parteien nahestehenden Or-
ganisationen.
Für die politische Wissenschaft ergibt sich hieraus folgendes: Zum einen legt das große
Interesse der Parteien am Internet den Schluß nahe, daß das Netz der Netze von ihnen
aufgrund seiner technischen Möglichkeiten als ein wichtiges Medium der politischen
(Selbst)darstellung begriffen wird: ,,Die oft hervorgehobenen exquisiten Eigenschaften der
computervermittelten Netzkommunikation sind demokratiepolitisch relevant."
23
In dieser
Arbeit soll untersucht werden, inwieweit das Internet nicht mehr nur Versuchsobjekt, son-
dern bereits Teil der politischen Alltagsarbeit geworden ist.
Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die Parteien-Website als Teil der politischen
Werbung. Ausgehend von der Prämisse, daß jedes Medium seine eigene Form der
Kommunikation schafft, soll eben diese Form beschrieben und in ihren Besonderheiten
erforscht werden. Da es sich hierbei noch weitgehend um wissenschaftliches Neuland
handelt, kommt der Grundlagenarbeit große Bedeutung zu. So soll der deskriptive Teil
dieser Arbeit vorab in die Besonderheiten des Medium Internet einführen.
Auf dieser Basis wird, unter besonderer Berücksichtigung regionaler Gliederungen, auf
die Websites der sechs im Bundestag vertretenen Parteien eingegangen. Im ersten
Schritt wurden Parteigliederungen unterhalb der Bundesebene per E-Mail zu ihren
Websites befragt. Themen dieser Befragung waren die Gestaltung der Website, ihr Erfolg
bei den Internet-Nutzern sowie die Zukunft der Website. Im zweiten Schritt wurden die
Bundesebenen dieser sechs Parteien in ausführlichen Interviews zum selben Thema be-
fragt. Ziel der beiden Umfragen war es, die Rezeption der Parteien-Websites durch Inter-
net-Nutzer sowie die Antwort der Parteien auf diese Rezeption zu erforschen.
1.3 Leitfragen
These dieser Arbeit ist die Annahme, daß das Internet in Deutschland als neues Mas-
senmedium für politische Parteien-Werbung gesehen und verwendet wird. Vor dem Hin-
tergrund dieser Annahme sollen folgende Fragen untersucht werden:
1. Wie gestalten die Parteien ihren Internet-Auftritt? Welche Inhalte haben ihre Websites
und welcher Techniken bedienen sich die Betreiber um Besucher zu informieren und
22
Dabei ist zu berücksichtigen, daß die hier eingetragenen Parteien nicht nach deutschem Recht
als Parteien konstituiert sein müssen. Eine entsprechende Prüfung seitens Yahoo findet nicht
statt.

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
4
um mit ihnen Kontakt aufzunehmen? Unterschieden wird hierbei zwischen klassischen
Werbemitteln wie Selbstdarstellung in Textform (die auch außerhalb des Internet ver-
wendet werden) und neuen elektronischen Werbemitteln wie Chat-Rooms, News-
groups oder Live-Sprechstunden (wie sie erst durch das Internet möglich wurden).
2. Welche Ziele verfolgen die Parteien mit ihrem Internet-Auftritt? Verwenden sie das
Internet nur als ein weiteres Forum der Selbstdarstellung neben anderen Massenme-
dien? Oder bemühen Sie sich um eigene Interpretationen von Teledemocracy und
virtueller Öffentlichkeit, indem Sie neue Formen politischer Kommunikation und Parti-
zipation anbieten?
3. Wie wird das WWW-Angebot der Parteien vom Internet-Nutzer angenommen? Mittels
verschiedener Meßmethoden lassen sich Besucherzahlen, Abrufquoten und E-Mail-
Resonanz qualitativ und quantitativ erfassen.
4. Wie wirkt sich das Internet-Engagement auf die Parteien-Werbung außerhalb des In-
ternet aus? Immer wieder werden die sehr direkte Kommunikation, die Möglichkeit
zum gezielten Abrufen von Informationen und damit einhergehende neuartige Kom-
munikationsformen (Stichwort: Hypertext) als Vorteile des Internet genannt.
24
Hier soll
untersucht werden, ob Parteien unter dem Einfluß des Internet neue Formen der
Selbstdarstellung wählen.
Die Beantwortung dieser Fragen soll das zur Überprüfung der Arbeitsthese notwendige
Wissen über die Wahrnehmung von Parteien-Websites durch Internet-Nutzer und durch
die Parteien selbst liefern.
1.4 Aufbau der Arbeit
Wie eingangs erwähnt, ist das Thema Parteien und Internet noch kaum erforscht. Das
Kapitel ,,Einführung in das Internet" beschäftigt sich daher ausführlich mit Historie, techni-
schen Besonderheiten und der rechtlichen Situation des Internet. Dieses Wissen ist not-
wendig, um die ,,Spielregeln" im Netz der Netze zu verstehen. Ein weiteres Unterkapitel
beschäftigt sich mit der Typologie des Internet-Users: Wie unterscheidet er sich von den
Konsumenten anderer Medien? Woher kommt das jugendliche Image des Internet? Wel-
che Angebote nutzt der klassische User, welche Angebote wünscht er sich für die Zu-
kunft? Kapitel 2 schließt mit einem Überblick über Politik im Internet und leitet damit zum
Kapitel 3 über.
In Kapitel 3 folgt eine Analyse der Websites deutscher Parteigliederungen auf Basis zwei-
er Umfragen und eigener Untersuchungen der entsprechenden Websites. Kapitel 4 bringt
die Ergebnisse des dritten Kapitels in Relation zur oben genannten These dieser Arbeit. In
diesem Resümee sollen ein Fazit der Arbeit und Vorschläge für die weitere politikwissen-
schaftliche Untersuchung des Internet geliefert werden.
23
Vgl. Rilling 1996
24
Zittel
1997,
S.27

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
5
1.5 Lesehinweise
Das Glossar erläutert technische Fachbegriffe rund um das Internet. Alle hier erklärten
Begriffe werden bei ihrer ersten Erwähnung im Hauptteil der Arbeit kursiv hervorgehoben.
Zitate von mehr als einer Zeile Länge werden ebenfalls kursiv vom übrigen Text abgeho-
ben.
Sogenannte Uniform Ressource Locator (URL) wie http://www.uni-muenster.de,
umgangssprachlich auch als Internet-Adressen bezeichnet, werden im Text durch Ver-
wendung der Courier-Schrift kenntlich gemacht.
Das Literaturverzeichnis enthält neben einer Aufstellung der verwendeten Bücher sowie
Zeitungs- und Zeitschriftenartikel eine Liste von Internet-Referenzen. Hier werden die
Websites deutscher und internationaler Parteien aufgelistet sowie Webseiten mit Material
und Links zum Thema dieser Arbeit. Die Zitation erfolgt durch Angabe des URL der ent-
sprechenden Webseite. Aus Gründen der Lesbarkeit werden URL im Hauptteil der Arbeit
in Fußnoten unter den Fließtext gesetzt.
Referenzen ohne Seitenangaben beziehen sich auf Veröffentlichungen im Internet, E-
Mail-Korrespondenz mit Partei-Vertretern oder Vorträge.

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
6
2 Das Internet
2.1 Historie
Seinen Ursprung hat das Internet im Jahr 1957, als die kalifornischen Firma RAND im
Auftrag der US-Regierung ein Konzept für ein militärisches Computernetzwerk erarbeite-
te. Zwölf Jahre später startete die staatliche ARPA (Advanced Research Projects Agency)
den Versuchsbetrieb des ARPAnet.
25
Dessen Aufgabe war es, den Informationsaustausch
zwischen militärischen Einrichtungen auch im Falle eines Atomkrieges zu gewährleisten:
,,that highly survivable system structures can be built, even in the thermonuclear era."
26
Zu
diesem Zweck wurde das ARPAnet so angelegt, daß es selbst nach der Zerstörung eines
großen Teils der angeschlossenen Computer noch voll funktionsfähig gewesen wäre.
Damit unterschied sich das ARPAnet von den zu dieser Zeit üblichen Netzen mit einem
Zentralcomputer und sternförmig daran angeschlossenen Eingabeterminals. Diese hierar-
chische Netztopologie trug den damals außerordentlich hohen Computer-Preisen Rech-
nung. Üblicherweise wurden von Rechenzentren nur wenige Großrechner angeschafft,
die ihre kostbare Rechenzeit im Wechsel den angeschlossenen Terminals zur Verfügung
stellten. Nachteil dieses stark hierarischen Netzaufbaus war aus militärischer Sicht seine
große Verwundbarkeit. Die Ausschaltung des Zentralrechners legte in jedem Fall das ge-
samte Netz lahm.
Abbildung 1: Netz mit Zentralrechner
Anders beim ARPAnet: Die hierin zusammengeschalteten Rechner (Server) mit eigenem
Mikroprozessor und Hauptspeicher waren gleichberechtigt. Selbst beim Ausfall weiter
Teile des ARPAnet hätten die verbleibenden Server weiterarbeiten und über das restliche
Netz kommunizieren können.
27
Ihre Datenleitungen waren zu diesem Zweck nicht linear
von Rechner zu Rechner gelegt (vergleichbar einer Lichterkette am Weihnachtsbaum, bei
der der Defekt einer Lampe zum Ausfall der gesamten Kette führen kann), sondern ma-
schenartig wie das Straßennetz einer Großstadt geschaltet. Fiel eine einzelne Leitung
aus, konnten die Daten über andere Verbindungen umgeleitet werden.
28
Hierzu wurden
25
Vgl. Jäger/Knotzer 1997
26
Paul Baran, Mitentwickler dieses Netzwerktyps, zitiert nach Coy 1996
27
Vgl. Schwarte 1995, S.31
28
Vgl. Leiner/Cerf/Clark 1997
Zentralrechner
Terminal
Terminal
Terminal
Terminal
Terminal
Terminal
Terminal
Terminal

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
7
Übertragungsprotokolle entwickelt, bei denen Informationen immer als Daten-Paket mit
einer vorangestellten Kennung versendet werden (packet-switching-networking). Eine
Paket-Kennung enthält die Adressen von Empfänger- und Absender-Computer. Internet-
Computer (auch als Netz-Knoten bezeichnet), die zwischen diesen beiden Rechnern lie-
gen, lesen die Paket-Kennung und reichen das zugehörige Paket an einen benachbarten
Rechner in Richtung des Empfängers weiter.
Die Betreiber von ARPAnet-Servern richteten eigene Haus- oder Firmennetze ein. Ihre
Mitarbeiter konnten so über Terminals oder Arbeitsplatz-Computer (Clients) auf den je-
weiligen Server zugreifen und über diesen in das ARPAnet gelangen.
Abbildung 2: Topologie des Internet
Im Jahre 1973 wurde das militärische ARPAnet mit mehreren zivilen Netzen zusammen-
geschaltet,
29
der militärische Teil des ARPAnet dann zu Beginn der 80er Jahre in das neu
geschaffene Milnet ausgelagert. Gleichzeitig wurden immer mehr zivile Einrichtungen an
das ARPAnet angeschlossen. 1983 wurde ein einheitliches Übertragungsprotokoll verein-
bart, das TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol). Fortan hieß das AR-
PAnet allgemein nur noch Internet. Der Begriff Internet (Zwischen-Netz) bezieht sich da-
bei auf die Funktion des Netzes als übergeordnetes Bindeglied zwischen mehreren tau-
send verschiedenartigen Subnetzen, die durch besonders leistungsfähige Datenleitungen
(backbones) verbunden sind.
Bedingt durch die packet-switching-Topologie des Internet gehen Informationen ,,durch
viele Hände" bevor sie ihren Adressaten erreichen. Für ein großes internationales Netz-
werk mit vielen unbekannten Teilnehmern, wie es das Internet mittlerweile geworden ist,
bedeutet diese Form der Datenweitergabe allerdings ein nicht zu unterschätzendes Spio-
nagerisiko. Den großen Erfolg des Netzes der Netze konnte dieses sicherheitstechnische
Defizit jedoch nicht stoppen.
Meilensteine in der Entwicklung des Internet waren sein Sprung über die nationalen
Grenzen der USA Mitte der 80er Jahre sowie die Einbindung weiterer Subnetze wie dem
Usenet mit seinen mittlerweile mehreren zehntausend Diskussionsforen, Newsgroups
genannt (ebenfalls Mitte der 80er). 1989 entstand am Schweizer Kernforschungszentrum
CERN
30
(Conseil Europeenne pour la Recherche Nucleaire) und anderen Forschungsein-
29
Vgl. Schwarte 1995, S.31
30
http://www.cern.ch
Server
Server
Server
Server
Server
Server
Server

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
8
richtungen schließlich das World Wide Web (WWW) mit seiner grafischen Oberfläche. Im
Unterschied zu den meisten anderen Subsystemen des Internet, die wegen ihrer krypti-
schen Befehlssprachen fast nur von Fachleuten verstanden werden, erlaubt das WWW
eine relativ einfache Bedienerführung per sogenannter Browser-Software. Auch Laien
können im WWW surfen oder eine eigene Homepage veröffentlichen. Dank dieser Be-
dienerfreundlichkeit
31
des WWW ist das Internet über seine Funktion als Wissenschafts-
Netz hinausgewachsen.
32
Zur Zeit verdoppelt sich der Datenverkehr im Internet alle 100
Tage. ,,Online-Services sind das am schnellsten wachsende Kommunikationsmedium der
letzten Jahrzehnte."
33
Schon jetzt verfügen mehr als 100 Millionen Menschen über einen
eigenen Internet-Zugang. In Deutschland nutzen nach Schätzungen rund 6 Millionen
Menschen über 14 Jahre das Internet regelmäßig. Im Jahr 2000 sollen es 15 Millionen
sein.
34
"Würde die Anzahl der Internet Nutzer weiter so schnell zunehmen, hätten wir im
Jahr 2003 mehr Internet Nutzer als Menschen auf der Erde."
35
Zum Vergleich: Beim Radio
dauerte es 38 Jahre, bis es 50 Millionen Zuhörer hatte, beim Fernsehen 13 Jahre und
beim Internet vier Jahre.
36
2.2 Technische Möglichkeiten
Wie andere Massenmedien vor ihm bietet auch das Internet neue Möglichkeiten, die sei-
nen Erfolg begründen und sich in seinen Inhalten und Strukturen wiederspiegeln. Im ein-
zelnen sind dies:
1. Interaktion: Per Chat kommunizieren Teilnehmer im Internet miteinander. Zeitversetzt
tauschen sie per Newsgroup-Posting, E-Mail, WWW oder FTP (Herunterladen von
Dateien) Information aus. Damit unterscheidet sich das Internet von unidirektionalen
Massenmedien wie Rundfunk und Printmedien, wo Konsumenten nur in Ausnahme-
fällen (Leserbriefe, Hörer-, Zuschaueranrufe, Talkshows) zu Wort kommen.
2. Automatisierung: Mit speziellen Internet-Programmen wie Robots, Spidern, Worms,
Spam-Filtern oder Auto-Replys werden komplexe Aufgaben wie Themen-Recherche
und Beantwortung von Standard-Briefanfragen automatisiert.
3. Digitalisierung und Multi-Mediatisierung: Durch Digitalisierung werden textuelle, opti-
sche oder akustische Informationen duplizierbar und transportierbar. Während andere
bidirektionale Kommunikationsmittel (Telefon, Brief, Fax) sich auf einen menschlichen
Sinn beschränken, integriert das Internet Text, Bild und Ton und erlaubt deren welt-
weite Übertragung innerhalb kurzer Zeit.
31
Vgl. Wetzstein/Dahm/Steinmetz 1995, S. 28
32
In der Literatur wird die Geschichte des Internet in drei Epochen eingeteilt. In der Frühzeit
wurde das Netz ausschließlich militärisch genutzt, es folgte die wissenschaftliche Ära des In-
ternet. Seit einigen Jahren befinden wir uns in der dritten Phase: Der kommerziellen Epoche
des Internet. Vgl. Berres, S. 8
33
Middelhoff 1998, S.114
34
Mrazek
1998,
S.32
35
Negroponte 1995, S. 6
36
Spiegel Netzwelt 1998

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
9
4. Globalisierung: Die große Reichweite des Internet bei verhältnismäßig geringen
Transmissions-Kosten macht das Medium für den internationalen Datenaustausch in-
teressant und eröffnet einem wachsenden Teil der Bevölkerung in den Industrielän-
dern die Möglichkeit, mit weit entfernten Personen und Institutionen zu für sie akzep-
tablen Kosten zu kommunizieren.
2.3 Ordnungsprinzipien
Kein anderes Massenmedium ist so schnellen qualitativen und quantitativen Veränderun-
gen unterworfen wie das Internet. Konnte das gesamte ARPAnet 1969 mit seinen weni-
gen Kilobyte Datenspeicher gerade einmal so viele Informationen verarbeiten wie ein mo-
derner programmierbarer Taschenrechner, wird die verfügbare Datenmenge des Internet
heute in Giga- und Terabyte
37
gemessen. Auch die Anzahl der angeschlossenen Compu-
ter (Internet-Hosts) hat in diesen dreißig Jahren stark zugenommen: Von einer Handvoll
Rechnern zu Beginn der ARPAnet-Historie auf mehr als 10 Millionen unmittelbar ange-
schlossene Computer Anfang 1998 ­ nicht gerechnet die vielen hiermit verbundenen Ar-
beitsplatz-PCs ohne ständige IP-Adresse, die zahlenmäßig nicht genau erfaßt werden
können.
Eine oberste Instanz oder Regulierungsbehörde fehlt im Internet: "Das Internet hat keinen
Betreiber. Es gehört niemandem. Eine Internet Inc. Die verantwortlich für all das wäre,
was im Internet geschieht, gibt es nicht."
38
Als Säulen des Internet treten drei Organisati-
onsformen auf. Auf Seiten der Wissenschaft sind dies Universitäten und Forschungsein-
richtungen, die das Internet vor allem in seiner zweiten Bestandsphase maßgeblich präg-
ten. Sie eröffnen ihren Angehörigen den Zugang zum Internet. Im kommerziellen und ad-
ministrativen Bereich sind es Firmen und Behörden, die sich mit ihren Intranets an das
Internet angeschlossen haben. Auch sie eröffnen ihren Mitarbeitern den Zugang zum In-
ternet.
37
Ein Kilobyte entspricht 2
10
= 1.024 Byte, ein Megabyte 2
20
= 1.048.576 Bytes,
ein Gigabyte 2
30
= 1.073.741.824 Bytes, ein Terabyte 2
40
= 1.099.511.627.776 Bytes. Ein Byte kann beispiels-
weise ein alphanumerisches Zeichen, bis zu acht Bildpunkte (Pixel) einer digitalen Grafik oder
einen Befehl der Programmiersprache Assembler repräsentieren. Zum Vergleich: Eine
Schreibmaschinenseite enthält ein bis zwei Kilobyte Text, die Bibel wird mit etwa 5 Megabyte
angegeben.
38
Schwarz
1996,
S.14

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
10
Abbildung 3: Aufbau des Internet
Privatpersonen und kleinere Unternehmen gelangen vor allem über die dritte Säule, die
Internet-Provider, in das Internet. Das Network Information Center (NIC), das für die Ver-
gabe von URL-Adressen zuständig ist, und verschiedene Standardisierungs-Gremien für
Internet-Sprachen und -Protokolle sorgen schließlich für ein Minimum an Vereinheitli-
chung und Struktur im Internet. Für die Gemeinde der Internet-User ergeben sich hieraus
große Probleme: Das Internet mit seinen 87.000
39
Subnetzen (Firmennetze, Wissen-
schaftsnetze, etc.) und seiner nicht-hierarchischen Topologie kennt nur wenige Ord-
nungsprinzipien: Auf technischer Seite sind dies im wesentlichen Übertragungs-Protokolle
wie TCP/IP und die Vergabe von eindeutigen Host-Namen sowie speziell im World Wide
Web die Seitenbeschreibungssprache HTML.
Auf logisch-struktureller Seite fehlen derartige Prinzipien fast völlig. So wird bereits die
Suche nach Informationen im Internet zum Abenteuer, an dem viele Neueinsteiger schei-
tern. Es gibt weder ein globales E-Mail-Adreßbuch
40
noch eine Bibliographie, mit deren
Hilfe themenbezogene Webseiten ermittelt werden könnten. Lediglich ein spezielles Such-
Protokoll für Datenbanken soll zukünftig Anfragen an Bibliotheken mit Internet-Zugang
vereinheitlichen. Bisher hängt der Sucherfolg im Internet allerdings im wesentlichen vom
Geschick der Informations-Anbieter ab, ihre Webseiten durch Anmeldung bei möglichst
vielen Suchmaschinen auffindbar zu machen. In der Praxis funktioniert dies nur selten.
Nur ein Bruchteil der im Internet verfügbaren Informationen ist bei Suchmaschinen bisher
registriert.
Für Verwirrung sorgt auch die geringe Persistenz von Internet-Adressen. Websites wer-
den regelmäßig aus dem Netz genommen oder unter einer anderen Anschrift neu eröff-
net. Die Gründe dafür sind vielfältig. Hobbyisten und Unternehmen werden durch die nied-
39
Jung
1996
40
Lediglich der Zugriff auf E-Mail-Verzeichnisse wie Bigfoot und Four11, die nur einen kleinen
Teil der weltweiten E-Mail-Adressen enthalten, wird durch das einheitliche LDAP (Lightwight
Directory Access Protocol) vereinfacht und kann dadurch automatisisert werden.
. . .
Internet
Universitäten,
Forschungs-
einrichtungen
Internet-Provider
Intranets
Anwender
Wissenschaftler
und
Studierende
Mitarbeiter
Privatpersonen
und kleinere
Unternehmen
Gopher
E-Mail
WWW
Telnet
Usenet
Firmen, Behörden

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
11
rigen Einstiegskosten
41
in das Netz gelockt und von unerwartet hohen Folgekosten zur
Aufgabe ihrer Website gezwungen. Andere Internet-User betreiben Account-Hopping. Sie
sammeln befristete kostenlose Probe-Accounts (Internet-Zugänge) von Providern. Nach
Ablauf eines solchen Accounts melden sie sich sofort unter einem neuen Account wieder
an: Mit geänderter E-Mail- und Homepage-Adresse. Andere wechseln zusammen mit Ar-
beitgeber oder Wohnort auch den Internet-Provider. Informations-Anbieter mit illegalen
Seiteninhalten verwischen aus Angst vor Strafverfolgung ihre Spuren. Einen besonderen
Wildwuchs gibt es bei E-Mail-Adressen. Mittels sogenannter Anonymizer
42
im WWW kön-
nen Internet-Nutzer die Absender-Adressen in Ihren E-Mails verfälschen. Folge: Es ist
kaum feststellbar, ob der Absender einer E-Mail wirklich der ist, als der er sich ausgibt.
2.4 Recht im Internet
Zwei Faktoren sorgten lange Zeit dafür, daß das Internet ein weitgehend rechtsfreier, zu-
mindest aber ein rechtsunsicherer Raum war. Zum einen ist dies der internationale Cha-
rakter des Mediums. Zum anderen ist es die schnelle technische Entwicklung des Inter-
net, die seine gesetzliche Erfassung erschwert.
In Deutschland schafft das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informa-
tions- und Kommunikationsdienste (IuKDG oder Multimediagesetz) vom 1. August 1997
die rechtliche Grundlage für den Umgang mit dem Internet und seinen Inhalten. Insbe-
sondere soll das Multimediagesetz die Verantwortung der Online-Dienste für die Verbrei-
tung gesetzeswidriger Inhalte über ihre Computer und Datenleitungen regeln. Von großer
Bedeutung sind hier außerdem: Grundgesetz Artikel 5 (Freie Meinungsäußerung, Pres-
sefreiheit), Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsge-
setz), Gesetz über die Verbreitung Jugendgefährdender Schriften (GJS), Strafgesetzbuch
§86 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen, §86a Ver-
wenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen, §130 Volksverhetzung,
§131 Gewaltdarstellung; Aufstachelung zum Rassenhaß, §184 Verbreitung pornographi-
scher Schriften.
43
In der Vergangenheit hat sich allerdings immer wieder gezeigt, daß gesetzliche Regelun-
gen in der Praxis nur schwer umzusetzen sind. Beispielsweise werden Informationen, die
in einem Land verboten sind und dort von Internet-Hosts gelöscht wurden, über Server in
anderen Ländern erneut veröffentlicht: ,,Der Zugriff eines Nutzers auf fremde News-Server
(unter Umgehung des News-Servers seines Providers) ist im Internet ein systemkonfor-
mes Verhalten, weil dieses Computernetz den weltweiten freien Datenaustausch ermögli-
chen will. Der Newsdienst gibt dem Nutzer deswegen die Möglichkeit des Zugriffs auf
Server mit Newsgroups, die z.B. auf einem lokalen Server nicht enthalten sind."
44
Ein Bei-
41
Kosten bei Deutschlands größtem Provider T-Online (mehr als 2 Millionen Kunden): 8 DM
Grundgebühr, 3 DM pro Stunde Nutzung (Quelle: Computerbild 11/98, S.108)
42
Als größter Anonymizer im Netz wird allgemein der Provider AOL bezeichnet, dessen Nutzer
bis zu fünf verschiedene E-Mail-Adressen einrichten können ­ in Kombination mit AOL-Probe-
Accounts, bei denen der Provider in der Regel nicht einmal die postalische Anschrift des Nut-
zers kennt, eine gute Möglichkeit sich zu verstecken.
43
Aufzählung
gemäß
http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/CIP/Seminar/recht.htm
44
Sieber
1997

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
12
spiel hierfür ist die Homepage der linksetremen Zeitschrift Radikal.
45
Nach einem Verbot in
Deutschland wurde sie auf zahlreichen amerikanischen und niederländischen Internet-
Servern erneut veröffentlicht (,,gespiegelt") und so dem unmittelbaren Zugriff der deut-
schen Justiz entzogen.
46
Vergeblich versuchte die deutsche Staatsanwaltschaft, alle Ver-
bindungen zu diesen Spiegelungen durch deutsche Internet-Provider sperren zu lassen:
,,Technisch sind Zensurmaßnahmen auf breiter Front nicht realisierbar."
47
Bundesweit be-
kannt wurde die Zeitschrift Radikal durch einen Link auf der Homepage der ehemaligen
stellvertretenden PDS-Bundesvorsitzenden Angela Marquardt.
48
Im Internet gibt es die weitverbreitete Forderung nach absoluter Redefreiheit.
49
Vertreten
wird sie beispielsweise von der Blue Ribbon Campaign
50
, die sich insbesondere gegen
repressive Gesetzesinitiativen im US-Kongreß sowie die Redefreiheit betreffende Urteile
des obersten US-Gerichtes Supreme Court wendet. Nach Ansicht vieler Internet-Nutzer
soll keine Regierung, sondern jeder einzelne User entscheiden, welche Informationen er
auf seinen Computer herunterladen kann und will. In Deutschland war bis zur Verab-
schiedung des Multimediagesetzes umstritten, ob Netz-Provider für die Online-
Gesetzesverstöße ihrer Kunden verantwortlich gemacht werden können. So sperrte der
Online-Dienst CompuServe am 27. Dezember 1995 nach Aufforderung durch die Staats-
anwaltschaft München seinen Kunden den Zugriff auf 200 Newsgroups, deren Namen die
Wörter ,,sex" oder ,,gay" enthielten. Dem damaligen CompuServe-Geschäftsführer Felix
Somm nutzte dies wenig. Das Amtsgericht München verurteilte ihn am 28.5.1998
51
zu
zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen Verstoßes gegen §184 III (Verbreitung von Kin-
derpornographie). Von vielen Fachleuten
52
wurde dieses Urteil kritisiert, da es dem zwi-
schenzeitlich erlassenen IuKDG nach ihrer Ansicht widerspricht.
Auch gegen den Online-Dienst AOL wurde bereits wegen E-Mails mit kinderpornographi-
schem Inhalt ermittelt. ,,Die Ende 1995 eingeleiteten und weltweit beachteten deutschen
Ermittlungsverfahren gegen verschiedene Service-Provider im Internet wegen der Ver-
breitung von Pornographie und nationalsozialistischer Propaganda zeigten einer breiten
Öffentlichkeit neue technische Mißbrauchsmöglichkeiten und ungeklärte Rechtsfragen."
53
Artikel 1, §5 des IuKDG regelt nun die Verantwortlichkeit von Online-Diensten für die über
sie verbreiteten Informationen. ,,Im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stehen ... nicht
die unmittelbar verantwortlichen Täter, die pornographische Daten, rufschädigende In-
halte oder urheberrechtsverletzende Werke durch aktives Tun selbst verbreiten. Da diese
Personen häufig im Ausland agieren, oftmals nicht zu identifizieren sind und ­ im Fall von
zivilrechtlichen Klagen ­ häufig über keine Haftungsmasse verfügen, konzentriert sich der
45
Einige Beispiele sogenannter Spiegelungen der Radikal-Seiten: http://www.xs4all.nl/~radikal,
http://www.flashback.se/radikalmirror.html, http://www.meaning.com/library/radikal/en,
http://www.nyct.net/~malba/radikal, http://www.lab.net/radikal
46
Vgl. COM! 11/1996
47
Coy
1996
48
Zu erreichen unter: http://yi.com/home/MarquardtAngela/index.htm
49
Spiegel Special 3/98, S. 27
50
http://www.eff.org/blueribbon.html.
51
Az. 8340 Ds 465 Js 173158/95
52
Vgl. Homepage des Chaos Computer Club, Hamburg, unter http://www.ccc.de sowie Interview
in RTL Aktuell vom 13. Mail 1998 mit Matthias Matting, Online-Redakteur der Zeitung Com-
puterbild, Hamburg.
53
Sieber
1996

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
13
Blick auf die Betreiber von elektronischen Kommunikationsdiensten und Netzwerken, de-
ren technische Systeme zur Tatbegehung mißbraucht werden."
54
Das IuKDG unterscheidet dabei zwischen drei Formen der Verantwortlichkeit des Provi-
ders für Inhalte, die seine Kunden über den von ihm gebotenen Zugang aus dem Internet
oder direkt von den Servern des Providers herunterladen:
1. Die Dienste sind für ,,eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allge-
meinen Gesetzen verantwortlich."
55
Hierunter fallen beispielsweise eigene Informati-
onsangebote der Provider, etwa die Homepage des Providers oder seine Kundenin-
formationen.
2. Für fremde Inhalte sind sie nur dann verantwortlich, ,,wenn sie von diesen Inhalten
Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu
verhindern"
56
. Hierzu gehören beispielsweise Homepages von Kunden, die auf den
Servern des Internet-Providers gespeichert sind.
3. Für fremde Inhalte, zu denen die Provider ,,lediglich den Zugang zur Nutzung vermit-
teln, [sind sie] nicht verantwortlich"
57
. (Dies betrifft beispielsweise Informationen, die
von fremden Internet-Servern über den Rechner des Providers auf den Computer ei-
nes Kunden heruntergeladen werden.): ,,Die Verpflichtung zur Sperrung der Nutzung
rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, wenn der
Diensteanbieter [ ...] von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung tech-
nisch möglich und zumutbar ist."
Nationale Regelungen allein reichen allerdings nicht aus, um die Veröffentlichung derarti-
ger Inhalte im Internet zu unterbinden: ,,Um die Verbreitung rechtswidriger Inhalte in Com-
puternetzen tatsächlich einzuschränken, muß im Rahmen einer internationalen Harmoni-
sierung des Rechts in der Zukunft erreicht werden, daß für bestimmte Inhalte (die im Be-
reich des Pornographiestrafrechts insbesondere die Verbreitung von Kinderpornographie
erfassen) weltweite Mindestregeln über Löschungsverpflichtungen geschaffen werden."
58
Zwei weitere Straftatbestände im Internet machen Gesetzeshütern Sorgen: Zum einen ist
dies der Diebstahl geistigen Eigentums. Dies geschieht durch nicht lizenzierte Weitergabe
von Texten, also Copyright-Verstöße.
59
Aber auch durch das Verbreiten sogenannter ge-
crackter, also nicht vom Hersteller zertifizierter Software, ferner durch Weitergabe von
Programm-Paßwörtern, mit denen Test-Versionen von Programmen in Vollversionen um-
gewandelt werden können.
Der zweite Straftatbestand ist eine neue Form von Kreditbetrug oder ,,Cybergeld-
Diebstahl". Der zunehmende Geldverkehr im Internet, wird nach Ansicht von Fachleuten
auch die Begehrlichkeit von Online-Dieben wecken.
60
Immerhin gibt es gegenwärtig noch
54
Sieber
1997
55
IuKDG, Art.1, §5 (1)
56
IuKDG, Art.1, §5 (2)
57
IuKDG, Art.1, §5 (3)
58
Sieber
1997
59
Schwarz
1996,
S.19ff
60
Vgl. Vitt 1997, S.246 und Steinke/Lindenau 1997, S.160-162

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
14
keine sichere Form des Geldtransfers im Internet
61
: ,,Eines der Haupthindernisse für eine
verstärkte kommerzielle Nutzung des Internets ist heute die Tatsache, daß es ­ im Ge-
gensatz zu einigen Online-Diensten, wie z.B. T-online (BTX) ­ nicht möglich ist, kosten-
pflichtige Dienste in der Weise anzubieten, daß die Gebühren direkt über den Betreiber
des Dienstes beim Kunden eingezogen werden."
62
So bedingt das Internet mit seinen
spezifischen Kommunikationsformen und seinen technischen Besonderheiten nach An-
sicht von Meyer auch neue Formen von Recht und Rechtsprechung: ,,Aufgrund der be-
sonderen Struktur des Cyberspace ... genügen herkömmliche Rechtsstrukturen den Er-
fordernissen eines Rechts des Cyberspace nicht mehr ... Lösungsansätze könnten sich
einmal darauf richten, Cyberspace als eigenständigen Rechtsraum zu begreifen und, da-
von ausgehend, die rechtliche Autonomie im Cyberspace zu fördern, in deren Rahmen
sich Regeln eigenständig ausbilden könnten und die durch schiedsgerichtliche
Streitschlichtungsmechanismen zu ergänzen wäre."
63
Anders sieht dies Tauss: ,,Entgegen
einer aufgeregten Berichterstattung ist das Internet kein ´rechtsfreier Raum´, in dem Un-
recht begangen werden könnte, ohne daß sich der Täter strafbar macht. Im Gegenteil:
Das deutsche Strafrecht würde - bei wörtlicher Auslegung des §9 StGB
64
- sogar so weit
reichen, daß dadurch die Souveränität anderer Völker verletzt würde. Daher besteht in
strafrechtlicher Hinsicht kein besonderer legislativer Handlungsbedarf."
65
2.5 Politik im Internet
2.5.1 Vorbild USA?
Als Ursprungsland des Internet kommt den USA eine Schlüsselrolle bei der technischen
Entwicklung dieses neuen Mediums, aber auch bei der Entstehung neuer Trends zu.
Fachleute sprechen von einem Vorsprung der USA gegenüber Westeuropa von minde-
stens einem Jahr, bezogen auf die Verbreitung des Internet und seine Integration in Ge-
sellschaft, Wirtschaft und Politik.
66
Eine Betrachtung des Ist-Zustandes in den USA kann
daher wichtige Aufschlüsse über die mögliche Entwicklung des Internet in Deutschland
geben.
Nach einer Erhebung des amerikanischen Marktforschungsinstituts FIND/SVP sind 48
Prozent der männlichen und 43 Prozent der weiblichen Internet-User an politischen The-
men im Internet interessiert.
67
Zwölf Prozent
68
der amerikanischen Wahlberechtigten ha-
61
Aktuelle Informationen zum Thema Recht im Internet gibt es unter der Adressen
http://www.internet-shop.de/inetrecht/inhalt.html, http://www.tu-bs.de/www/recht,
http://www.pconline.de/netlaw/nlawmenu.htm
62
Reich 1997, Abs.1
63
Meyer
1996
64
§ 9 StGB ,,Ort der Tat."
(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens
hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der
Vorstellung des Täters eintreten sollte.
(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem
Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an
dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat
im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem
Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.
65
Tauss
1998
66
Schwarz 1996, S. 13
67
http://etrg.findsvp.com/internet/overview.html

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
15
ben 1996 politische Nachrichten im Internet abgefragt.
69
,,Am Abend der amerikanischen
Präsidentschafts- und Kongresswahlen von 1996 vermeldete der Nachrichtensender CNN
50 Millionen ´Zugriffe´ (Hits) auf ´Online-Informationen´ des Senders."
70
Die beliebteste politische Website in den USA ist die Homepage des Weißen Hauses
71
mit
2,3 Millionen empfangenen E-Mails seit ihrer Eröffnung im Juni 1993.
72
Sie bietet Informa-
tionen über den US-Präsidenten, die ,,First Lady" und den Vizepräsidenten. Der Besucher
kann aktuelle Reden des Staatsoberhauptes abrufen, sich die Kunstsammlung des Präsi-
dentensitzes online ansehen, die Geschichte des Hauses nachlesen oder über Links zu
den Websites weiterer staatlicher Institutionen wechseln. Mit speziell abgestimmten An-
geboten wendet sich die Website des Weißen Hauses an Kinder und Behinderte. Wer will,
kann dort sogar eine Klangdatei mit dem Schnurren der Clinton-Katze Socks herunterla-
den.
73
Im April 1998 verzeichnete die Internet-Suchmaschine Yahoo.com neben den beiden
großen Parteien der Demokraten
74
und Republikaner
75
noch 21 weitere Websites von
Parteien. Das politische Spektrum reichte dabei von der Communist Party
76
bis zur Natio-
nal Socialist White People´s Party
77
. Ferner gibt es in den USA eine große Anzahl online
vertretener Parteigliederungen, einzelner Abgeordneter sowie Interessengruppen inner-
halb der beiden US-amerikanischen Großparteien
78
: ,,Eine Zählung der California Voter
Foundation errmittelte 300 von Kandidaten [für die Kongresswahlen 1996] betriebene
Websites allein im Staat Kalifornien".
79
Nach Ansicht von Zittel ,,ist in den USA das Aus-
maß an Informationen, das dem Bürger aus der Politik zufließt, durch das Internet enorm
gestiegen."
80
So informiert die Library of Congress
81
mit ihrer Datenbank Thomas
82
über
neue Gesetze. Das Government Printing Office
83
(vergleichbar dem deutschen Bundes-
anzeiger
84
) veröffentlicht seit 1994 alle Parlamentsprotokolle und Gesetzesblätter elektro-
nisch. Viele Abgeordnete und Kongressausschüsse sind mit eigenen Websites im Internet
vertreten.
85
Dennoch bemängelt Zittel aber die Qualität zahlreicher politischer Websites:
,,Die Websites vieler Abgeordneter sind von biographischen Details und Serviceangeboten
bestimmt. Den Bürgern wird z.B. die Möglichkeit geboten, amerikanische Flaggen verbil-
ligt zu beziehen oder die Lieblingsrezepte ihres Repräsentanten zu erfahren. Nach Infor-
68
ca. 25 Millionen Menschen lt. CIA-Factbook, http://www.odci.gov/cia/publications/factbook
69
http://etrg.findsvp.com/internet/overview.html
70
Zittel
1997,
S.23
71
http://www.whitehouse.gov
72
Quelle: Reply-Mail auf eine entsprechende E-Mail-Anfrage an das Weiße Haus
73
Ritschl
1998
74
http://www.democratic-party.org
75
http://www.republicanweb.com
76
http://www.hartford-hwp.com/cp-usa
77
http://www.nswpp.org
78
http://www.politics1.com
79
Zittel
1997,
S.23
80
Zittel
1997,
S.26
81
http://lcweb.loc.gov
82
http://thomas.loc.gov
83
http://www.access.gpo.gov
84
http://www.bundesanzeiger.de
85
Zittel
1997,
S.26

Die Parteien im Netz - Politische Werbung im Internet
16
mationen zu dessen politischen Positionen sucht man hingegen nicht selten vergebens."
86
Zudem werden die technischen Möglichkeiten des Internet oft nicht genutzt: ,,Die Bear-
beitung einer E-Mail durch amerikanische Abgeordnetenbüros unterscheidet sich größ-
tenteils nicht von deren Umgang mit Briefpost".
87
Rilling weist außerdem darauf hin, daß ein großer Teil der Zugriffe auf politische Angebote
in den USA nicht von Seiten organisierter Bürger, sondern aus dem politischen System
selbst kommt, dieses somit stark autoreferenziell arbeitet: ,,Die Server-Statistik von
´Thomas´ vermerkt, daß mehr als die Hälfte des erfaßten Datentransfers in 1996 aus den
.com- [Industrie und Handel], .gov- [Regierung], .mil- [Militär] und .edu- [Erzie-
hung/Wissenschaft] Domänen kam - und gerade mal 2,56 % aus dem .org-Bereich [Orga-
nisationen], der ... noch am ehesten als Organisationsfeld der ´Bürgerschaft´ gelten
könnte."
88
Unter dem Stichwort ,,Teledemocracy" wird derzeit das Wählen per E-Mail diskutiert.
89
Beispielsweise planen Florida und Costa Rica, die Stimmabgabe über das Internet zuzu-
lassen.
90
Ähnliche Vorschläge gibt es auch in der Schweiz, wo der Nationalrat Jean-Nils
de Dardel 1996 einen entsprechenden Antrag im Parlament einbrachte. Dieser wurde
allerdings von Bundesrat und Nationalrat abgelehnt.
91
Begründung: ,,Ein solches Verfah-
ren wäre nicht imstande, gewisse Missbräuche zu verhindern."
92
2.5.2 Deutschland als Cyberdemokratie?
Lange Zeit war das Internet ein weitgehend politikfreier Raum. Während andere elektroni-
sche Medien in der Bundesrepublik unter der Kontrolle und nach Maßgabe der Politik ent-
standen (Privater Rundfunk, Btx), ist das Internet ein anfangs von der Politik kaum be-
achteter Technik-Import aus den USA. Versteckt im Trojanischen Pferd des wissenschaft-
lichen Datenaustausches
93
startete das Internet in Deutschland seinen Siegeszug von den
Universitäten aus. Erst sein rasantes Wachstum, maßgeblich initiiert von Online-Diensten
wie CompuServe und AOL weckte das Interesse der Politik am Internet. Das Bundesmini-
sterium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie erklärte 1995: ,,Die mo-
dernen Informations- und Kommunikationstechniken lösen nach Auffassung vieler Analy-
sen einen gesellschaftlichen Umbruch (´5. industrielle Revolution´) aus, der dem vor-
herigen Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft vergleichbar ist."
94
Eine der Folgen der schnell wachsenden Popularität des Internet war das IuKDG
95
. Eine
andere war die Einrichtung eigener Websites durch die verschiedenen Parteien, sowie
durch Parlament
96
, Regierung
97
und Behörden
98
vom Arbeitsamt
99
bis zur Zentralstelle für
86
Zittel 1997, S. 26
87
Zittel 1997, S. 27
88
Rilling
1996
89
Beispielsweise in der Internet-Newsgroup alt.politics.datahighway
90
Cybertimes ­ The New York Times on the web vom 22.10.1997 und vom 1.11.1997,
http://www.nytimes.com
91
The Blue Windows News vom 19.9.1996, http://www.bluewin.ch
92
http://www.volksrechte.ch/postulat.htm
93
Vgl. Jung 1996
94
BMBF
1995
95
Vgl. Unterkapitel ,,2.3 Rechtliche Situation" auf S. 11
96
http://www.bundestag.de
97
http://www.bundeskanzler.de,
http://www.bundesregierung.de

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1998
ISBN (eBook)
9783832418809
ISBN (Paperback)
9783838618807
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Philosophische Fakultät, Politikwissenschaft
Note
1,0
Schlagworte
parteienwerbung
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Titel: Parteien im Netz
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