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Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche

Eine Untersuchung zur Kongruenz im Denken beider Autoren

©1997 Magisterarbeit 128 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Parallelen oder sogar Kongruenz im Denken von Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche? Mutet das zunächst nicht paradox an...?!
Heine, der furchtlose Kämpfer mit der spitzen Feder, der sich für Werte wie soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Revolution stark gemacht hat - er, der "linke Dichter", soll etwas gemein haben mit dem "Gottesmörder", dem "Wertezertrümmerer" Nietzsche, der in elitärer Weise den "Untergang" der Menschen und die Heraufkunft eines "Übermenschen" verkündete? Worin sollen sie denn bestehen, diese Gemeinsamkeiten zwischen Heine, dem revolutionären Geist, dem schwärmerischen Dichter der Liebe, der von seinen Freunden geliebt wurde, bei seinen Feinden und Neidern hingegen verhaßt war ob seines scharfzüngigen Spottes über die Menschen und die Gesellschaft seiner Zeit...? Und auf der anderen Seite Nietzsche, dem Dekonstrukteur des gesellschaftlich Überkommenen, mit seinen zum Teil nur schwer verdaulichen "Tiraden", die den "strikten Egoismus" verkündend die "Härte" gegen sich selbst ebenso einforderten wie die "Härte" gegen Andere...?
Die vorliegende Untersuchung hat sich zum Ziel gesetzt, durch eine schwerpunktorientierte Analyse ausgewählter Denkinhalte beider Autoren dieser in Frage stehenden und in der literaturwissenschaftlichen Forschung m. E. bis dato allenfalls unbefriedigt beantworteten "Problematik" nachzugehen. Zwar hat die literaturwissenschaftliche Forschung eine Unmenge an Material über die hier zur Diskussion stehenden Autoren zusammengetragen und viele Winkel ihres Denkens eingehend "durchleuchtet". Aber der "blinde Fleck" ist nicht zu leugnen: In der Auseinandersetzung um den ideengeschichtlichen Kontext des 19. Jahrhunderts werden Heine und Nietzsche nur selten in einem Atemzug genannt. Wo doch - wie später zu zeigen sein wird - Nietzsche in einigen charakteristischen Bereichen in Heine eine Art unmittelbaren Vorläufer, wenn nicht gar ein "Vorbild" seines Denkens gefunden zu haben scheint... Klar ist hierbei nur, daß sich Nietzsche in seinem Werk allein da explizit auf Heine bezieht, wo es sich um die Würdigung der Heineschen Dichtkunst handelt. Lediglich dort, was im ersten Kapitel der Arbeit aufgewiesen wird, ist von einer direkten "Vorbildwirkung" die Rede. Ansonsten schweigt sich Nietzsche über Heine aus. Um so augenfälliger sind die punktuellen Übereinstimmungen zwischen beiden Autoren, insofern sich doch so manches, was Nietzsche später für sich reklamiert, bereits bei Heine in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 646
Knispel, Karl: Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche: Eine Untersuchung zur Kongruenz im Denken
beider Autoren / Karl Knispel - Hamburg: Diplomarbeiten Agentur, 1998
Zugl.: Duisburg, Universität - Gesamthochschule, Magister, 1997
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Dipl. Kfm. Dipl. Hdl. Björn Bedey, Dipl. Wi.-Ing. Martin Haschke & Guido Meyer GbR
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Printed in Germany


1
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG 3
KAPITEL I AFFINITÄT IN SPRACHE, AUSDRUCK UND STIL 7
I. 1.
D
IE APHORISTISCHE
A
USDRUCKSFORM
8
I. 2.
D
IE ESSAYISTISCHE
A
USDRUCKSFORM
14
I. 3.
T
ECHNIKEN DES
A
PHORISMUS
16
I. 3. 1.
W
ITZ UND
P
ARADOX
16
I. 4.
M
ETAPHORISCHE UND PARABOLISCHE
G
RUNDZÜGE DER
S
PRACHE
19
I .4. 1.
P
HILOSOPHISCHE
A
NALYSE DES
S
PRACHPROBLEMS
20
I. 4. 2.
B
EISPIEL
:
DAS PARABOLISCHE
G
LEICHNIS BEI
F
RIEDRICH
N
IETZSCHE
24
I. 4. 3.
B
EISPIEL
:
DIE METAPHORISCHE
T
IERFABEL BEI
H
EINRICH
H
EINE
27
KAPITEL II KRITIK AM CHRISTENTUM 33
II. 1.
D
IE
D
EKONSTRUKTION DER
G
OTTESVORSTELLUNG
33
II. 1. 1.
D
AS
M
OTIV VOM
T
OD
G
OTTES
33
II. 1. 2.
G
RÜNDE FÜR DEN
T
OD
G
OTTES
37
II. 2.
K
ONSEQUENZEN AUS DER
T
HESE VOM
T
OD
G
OTTES
42
II. 2. 1.
S
CHLUßFOLGERUNGEN BEI
H
EINRICH
H
EINE
42
II. 2. 2.
D
IE RELIGIÖSE
W
ENDE BEI
H
EINE
47
II. 2. 3.
S
CHLUßFOLGERUNGEN BEI
F
RIEDRICH
N
IETZSCHE
49
II. 3.
G
RUNDPROBLEME DER
D
EKONSTRUKTIONSPHILOSOPHIE
54
II. 4.
K
RITIK DER CHRISTLICHEN
M
ORAL
56
KAPITEL III ANTITHETISCHE PRINZIPIEN UND
SYNTHESISVERSUCHE 67
III. 1.
D
ER
D
UALISMUS VON
S
PIRITUALISMUS UND
S
ENSUALISMUS
67

2
III. 1. 1.
S
YNTHESE
: S
ENSUALISTISCHER
P
ANTHEISMUS
70
III. 1. 2.
D
IE
R
OLLE DER
P
HANTASIE
74
III. 2.
D
ER
L
EIB
-G
EIST
-D
UALISMUS
76
III. 2. 1.
D
IE
Z
ERRISSENHEIT DER
W
ELT
76
III. 2. 2.
S
YNTHESIS IM
P
OSTULAT DES
Ü
BERMENSCHEN
81
III. 2. 2. 1.
Die Leiblichkeit des Ich
81
III. 2. 2. 2.
Das Projekt des Selbst
84
III. 3.
N
AZARENER UND
H
ELLENEN
88
KAPITEL IV DIE EWIGE WIEDERKUNFT DES GLEICHEN 94
IV. 1.
H
EINRICH
H
EINE
: Z
YKLISCHE
G
ESCHICHTSVORSTELLUNG UND
TROSTLOSES
W
IEDERHOLUNGSSPIEL
94
IV.1. 1.
D
AS ZYKLISCHE
G
ESCHICHTSMODELL
94
IV.1. 2.
W
IEDERKUNFT ALS
M
ETEMPSYCHOSE UND
W
IEDERHOLUNGSSPIEL
97
IV.2.
F
RIEDRICH
N
IETZSCHE
: D
ER
W
IEDERKUNFTSGEDANKE ALS
ERKÄMPFTE
E
INSICHT
100
IV. 2. 1.
D
AS
V
ERHÄLTNIS DES
M
ACHTWILLENS ZUR
Z
EIT
100
IV.2. 2.
Z
EITIMMANENZ
: D
ER
A
UGENBLICK ALS
J
ETZTPUNKT
103
IV. 2. 3.
Z
EITTRANSZENDENZ
: D
ER ZEITLOS KREATIVE
A
UGENBLICK
105
SCHLUSSBEMERKUNGEN 110
ABBILDUNGEN 111
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 113
BIBLIOGRAPHIE 114
ERKLÄRUNG 122
GUTACHTEN 123

3
EINLEITUNG
Parallelen oder sogar Kongruenz im Denken von Heinrich Heine und Fried-
rich Nietzsche? Mutet das zunächst nicht paradox an...?!
Heine, der furchtlose Kämpfer mit der spitzen Feder, der sich für Werte wie
soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Revolution stark gemacht hat - er, der ,,linke
Dichter", soll etwas gemein haben mit dem ,,Gottesmörder", dem ,,Wertezer-
trümmerer" Nietzsche, der in elitärer Weise den ,,Untergang" der Menschen und
die Heraufkunft eines ,,Übermenschen" verkündete? Worin sollen sie denn beste-
hen, diese Gemeinsamkeiten zwischen Heine, dem revolutionären Geist, dem
schwärmerischen Dichter der Liebe, der von seinen Freunden geliebt wurde, bei
seinen Feinden und Neidern hingegen verhaßt war ob seines scharfzüngigen
Spottes über die Menschen und die Gesellschaft seiner Zeit...? Und auf der ande-
ren Seite Nietzsche, dem Dekonstrukteur des gesellschaftlich Überkommenen, mit
seinen zum Teil nur schwer verdaulichen ,,Tiraden", die den ,,strikten Egoismus"
verkündend die ,,Härte" gegen sich selbst ebenso einforderten wie die ,,Härte" ge-
gen Andere...?
Die vorliegende Untersuchung hat sich zum Ziel gesetzt, durch eine schwer-
punktorientierte Analyse ausgewählter Denkinhalte beider Autoren dieser in Frage
stehenden und in der literaturwissenschaftlichen Forschung m. E. bis dato allen-
falls unbefriedigt beantworteten ,,Problematik" nachzugehen. Zwar hat die litera-
turwissenschaftliche Forschung eine Unmenge an Material über die hier zur Dis-
kussion stehenden Autoren zusammengetragen und viele Winkel ihres Denkens
eingehend ,,durchleuchtet". Aber der ,,blinde Fleck" ist nicht zu leugnen: In der
Auseinandersetzung um den ideengeschichtlichen Kontext des 19. Jahrhunderts
werden Heine und Nietzsche nur selten in einem Atemzug genannt. Wo doch -
wie später zu zeigen sein wird - Nietzsche in einigen charakteristischen Bereichen
in Heine eine Art unmittelbaren Vorläufer, wenn nicht gar ein ,,Vorbild" seines
Denkens gefunden zu haben scheint... Klar ist hierbei nur, daß sich Nietzsche in
seinem Werk allein da explizit auf Heine bezieht, wo es sich um die Würdigung
der Heineschen Dichtkunst handelt. Lediglich dort, was im ersten Kapitel der Ar-
beit aufgewiesen wird, ist von einer direkten ,,Vorbildwirkung" die Rede. Anson-
sten schweigt sich Nietzsche über Heine aus. Um so augenfälliger sind die

4
punktuellen Übereinstimmungen zwischen beiden Autoren, insofern sich doch so
manches, was Nietzsche später für sich reklamiert, bereits bei Heine in nahezu
wortgetreuer und gedanklicher ,,Vorfertigung" aufspüren läßt.
Die literaturwissenschaftliche Forschungsrichtung hat diesen ,,Anhalts-
punkten" m. E. bisher nur ansatzweise Rechnung getragen: Zwar erschien im Jah-
re 1972 ein Aufsatz von Hanna Spencer, der viele einander entsprechende Ele-
mente im Werk der beiden deutschen Literaten aufzählt.
1
Aber eben nur aufzählt!
Es folgt keine tiefergehende Analyse nach. - Fast 20 Jahre später, anläßlich der
Benennung der Düsseldorfer Universität nach Heinrich Heine, erinnerte Prof. Dr.
Herwig Friedl an die geistige Nähe im Schaffen beider Dichter und Denker.
2
Die
rar gesäten Aufsätze des englischsprachigen Raumes hingegen sind ihrer Intention
nach vor allem den Gemeinsamkeiten in der Lyrik Heines und Nietzsches gewid-
met.
3
Leider kann die folgende Untersuchung nur die ,,wichtigsten" verwandten
Elemente im Gesamtwerk Heines und Nietzsches vergleichend in den Blick neh-
men. Eine Überblicksdarstellung ist demgemäß also nicht beabsichtigt, würde
doch die Fülle des zur Verfügung stehenden Materials den durch die Aufgaben-
stellung notwendigerweise knapp gesteckten Rahmen dieser Arbeit sprengen. So
müssen zentrale Aspekte wie beispielsweise die Funktion von ,,Ironie" und ,,La-
chen", das Deutschlandbild beider Autoren, die Bedeutung des ,,Tanzes" und
Elemente der Lyrik unberücksichtigt bleiben.
Vielmehr ist daran gelegen, die sinnfälligen und essentiellen Momente der
Kongruenz zwischen Heine und Nietzsche aufzugreifen und dann eingehender zu
analysieren, um so die Hauptlinien der stilistischen bis kulturkritischen-
1
vgl. Spencer, Hanna: Heine und Nietzsche? In: dies.: Dichter, Denker, Journalist. Studien zum
Werk Heinrich Heines. Bern, Frankfurt/M., Las Vergas 1977, S. 65-100
2 vgl. Friedl, Herwig: Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche. In: Heinrich Heine im
Spannungsfeld von Literatur und Wissenschaft. Symposium anläßlich der Bennenung
der Universität Düsseldorf nach Heinrich Heine, hg. von Wilhelm Gössmann und
Manfred Windfuhr. Hagen 1990 (Kultur und Erkenntnis. Schriften der Philosophi-
schen Fakultät der Universität zu Düsseldorf, Bd. 7), S. 195-214
3 vgl. Grimm, Reinhold: Antiquity as echo and disguise: Nietzsche's `Lied eines theo-
kritischen Ziegenhirten', Heinrich Heine, and the crucified Dionysus. In: Nietzsche
Studien 14 (1985), S. 201-249 und Gilman, Sander L.: Parody and Parallel: Heine,
Nietzsche, and the Classical World. In: Studies in the German languages and literatu-
res, hg. von James O. Flaherty, University of North Carolina 85 (1979), S. 199-213

5
philosophischen Affinitäten im Denken und Schaffen der beiden deutschen Auto-
ren explizieren zu können. Die hier getroffene Auswahl trägt m. E. diesem Anlie-
gen Rechnung.
Am Anfang der Arbeit steht die Analyse der Gemeinsamkeiten im sprachli-
chen Stil. Es wird dargestellt, daß sich Sprachform und Gedankeninhalt gegensei-
tig bedingen, daß aphoristischem Ausdruck sowie metaphorischer Verschlüsse-
lung von beiden Dichtern ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Beide sehen in
einem ,,prä-rationalen", vorbegrifflichen Bereich die eigentliche und kreative Er-
kenntnisleistung schöpferischer Menschen angesiedelt. An dieser Stelle wird auch
die philosophische Herleitung des Sprachproblems durch Nietzsche ihre Berück-
sichtigung finden.
Das zweite Kapitel ist dem zentralen Moment der ,,Kritik am Christentum"
gewidmet, wobei Heines und Nietzsches jeweilige Versionen vom ,,Tode Gottes"
im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Diese These wird im landläufigen Sinne
beständig Nietzsches Urheberschaft zugeschrieben, und er selbst beanspruchte
dies ja auch für sich! Anhand fast wortgetreuer Entsprechungen, wie sie bei Heine
bereits ein halbes Jahrhundert zuvor zu finden sind, wird jedoch die Bedenklich-
keit dieser Zuschreibung aus wissenschaftlicher Perspektive ersichtlich. Weiterhin
werden die sich aus dieser These für beide Autoren ergebenden Konsequenzen er-
örtert, wobei abermals dargelegt werden kann, daß Heine wie Nietzsche auch in
dieser Hinsicht durchaus ,,in eine Richtung" weitergedacht haben. Da sich aus
Nietzsches radikalerem Denken aber sehr wohl auch deutliche Unterschiede zu
Heine ergeben, wird die These vom ,,Tode Gottes" abschließend noch im ideenge-
schichtlichen Kontext betrachtet.
Aus methodischen Gründen erfolgt im dritten Kapitel ein Wechsel der Be-
trachtungsperspektive. Untersucht wird hier das Denken beider Autoren anhand
einander adversativer Prinzipien. Jedoch kann dabei nicht nur eine formale, son-
dern in Zusammenhang mit der engen inhaltlichen Verknüpfung mit dem Gegen-
stand des zweiten Kapitels eine substantielle Kongruenz gerade da aufgezeigt
werden, wo Heines und Nietzsches Reflexionen um die ,,Lebensfeindlichkeit des
Christentums" kreisen. Beide versuchen, antithetische Prinzipien in einer höheren
Einheit aufzulösen. Das klingt zunächst nach dialektischem Denken, meint aber
eine Synthesis mit Übergewicht eines determinierenden Momentes, welches bei

6
ihnen beiden im ,,Primat des Lebens" zu finden ist: Hier treffen sich Nietzsches
,,Übermensch" und Heines ,,göttlicher Mensch".
Im vierten Teil der Abhandlung schließlich wird der Gesichtspunkt der
,,Wiederkunftslehre" im Denken dieser beiden Dichter in den Fokus der Untersu-
chung gerückt. Diesem Gedanken fällt im Schaffen Heines und Nietzsches jeweils
unterschiedliche Gewichtung zu. Während bei Heine die Wiederkunftslehre eher
,,am Rande" behandelt wird und dem ,,zweifelnden Denken" zuzuordnen ist, stellt
sie bei Nietzsche das zentrale und wichtigste Moment seiner Philosophie dar. Die-
sem Umstand den angebrachten wissenschaftlichen Respekt zollend, endet die
vorliegende Untersuchung auch mit der philosophischen Herleitung und Erörte-
rung dieser ,,Universalfrage".
Philosophische, kulturkritische und gesellschaftsgenealogische Überlegun-
gen sind vor allem beim ,,Philosophen" Nietzsche, aber auch beim ,,Dichter" Hei-
ne grundsätzlich über das gesamte Werk verteilt. Jedoch sind an dieser Stelle zwei
zentrale Aufsätze Heines zu nennen, in welchen er sich - expliziter als in seinen
übrigen Schriften - in theoretischer Ausformung gezielt diesen Themen zuwendet:
einmal ,,Die Romantische Schule" von 1833, zum anderen ,,Zur Geschichte der
Religion und Philosophie in Deutschland" von 1834.
4
Abschließend sei noch betont, daß mit - oder besser: trotz der thematischen
Zusammenführung in dieser wissenschaftlichen Arbeit keinesfalls die Intention
verfolgt werden soll, die Dichter und Denker Heinrich Heine und Friedrich Nietz-
sche in ihrem Schaffen etwa ,,gleichzuschalten"! In ihren Werken überwiegen zu-
letzt die divergenten Töne. Nur steht die Behandlung dieser Frage hier nicht zur
Aufgabe.
Vielmehr liegt es im Bestreben dieser Arbeit, durch die analytische Heraus-
arbeitung der vielfältigen Affinitäten im Denken Heines und Nietzsches auch ei-
nen Beitrag zu leisten zur Relativierung der üblichen Kategorisierungen, welche
durch die unselige Inanspruchnahme von Schriftstellern durch die verschiedensten
ideologischen Richtungen hervorgerufen wurden.
4 Heine, Heinrich: RS. In: ders.: Werke und Briefe in zehn Bänden, hg. von Hans
Kaufmann. Berlin, Weimar
2
1972, Bd. 5, S. 7ff und ders.: GRuPD. Werke und Brie-
fe, Bd. 5, S. 167ff

7
KAPITEL I
AFFINITÄT IN SPRACHE, AUSDRUCK UND STIL
Der Untersuchung stelle ich zwei Zitate von Heine und Nietzsche voran, die
ihre jeweilige Selbsteinschätzung bezüglich des sprachlichen Stils angeben. In ei-
nem Brief an August Lewald schreibt Heinrich Heine:
,,Ich bin kompetent in Beurteilung des Stils. Nur, beileibe, vernachlässigen
Sie sich nicht und studieren Sie immerfort die Sprachwendungen und Wort-
bildungen von Lessing, Luther, Goethe, Varnhagen und H. Heine; Gott er-
halte diesen letzten Klassiker!"
5
Trotz der selbstironischen Wendung kommt Heines selbstbewußte Einschätzung
über die sprachliche Qualität seiner Schriften deutlich zum Ausdruck, stellt er sich
doch unmittelbar in die Reihe der besten deutschen Dichter. Bei Nietzsche fehlt
die Selbstironie, auch gibt es bei ihm nur noch ein stilistisches Vorbild, wie er in
,,Ecce homo" explizit ausführt.
,,Den höchsten Begriff vom Lyriker hat mir Heinrich Heine gegeben. Ich su-
che umsonst in allen Reichen der Jahrtausende nach einer gleich süßen und
leidenschaftlichen Musik. Er besaß jene göttliche Bosheit, ohne die ich mir
das Vollkommne nicht zu denken vermag - [...] Und wie er das Deutsche
handhabt! Man wird einmal sagen, daß Heine und ich bei weitem die ersten
Artisten der deutschen Sprache gewesen sind - in einer unausrechenbaren Ent-
fernung von allem, was bloße Deutsche mit ihr gemacht haben."
6
Heinrich Heine ist der einzige deutsche Autor, mit dem sich Nietzsche qualitativ
auf eine Ebene stellt. Die Höhe, auf der beide Dichter stehen sollen, wird im ty-
pisch nietzscheanischen Sinne als eine Über-Höhe dargestellt. Wie kommt nun
dieses auffallend ähnliche Verhältnis von Ausdrucksweise und Ausdrucksform zu-
stande? Bei Heine wie bei Nietzsche sind Ideen und gedanklicher Inhalt gleichbe-
deutend mit ihrem dichterischen Ausdruck. Die ,,poetische Sprache", also die
5
Heine, Heinrich: Werke und Briefe, Bd. 8, S. 522
6
Nietzsche, Friedrich: EH. In: ders.: Werke in drei Bänden, hg. von Karl Schlechta.
München
6
1969, Bd. 2, S. 1088f

8
Dichtkunst, ist gleichzeitig Übermittler und Inhalt. Die hochstilisierte Form und
Darstellungsweise - Heines oft umgangssprachlicher und volkstümlicher Ton darf
hier nicht täuschen! - sind nicht Mittel zum Zweck der Inhaltsvermittlung, sondern
Selbstzweck. Der künstlerische Genuß als Resultat hervorragender Dichtkunst ist
bei beiden Autoren ein hervorstechendes Merkmal ihrer Dichtung. Das heißt auf
Nietzsche bezogen, seine philosophischen Auffassungen sind nicht primär vorgän-
gig und werden lediglich durch die dichterische Darstellungsform verständlich
gemacht, sondern sie sind gar nicht vom dichterischen Ausdruck zu trennen, ohne
ihnen Abbruch zu tun und sie in ein System zu zwängen. Seine Gedanken bestim-
men die Denkform, d.h. die Art und Weise seines Denkens, und die Ergebnisse
fordern eine bestimmte Sprachform. Ich versuche nun, durch eine detaillierte Un-
tersuchung die Berechtigung dieser Einschätzungen zu erweisen.
I. 1. Die aphoristische Ausdrucksform
Friedrich Nietzsche gilt als Vollender und Perfektionist der aphoristischen
Ausdrucksform. Eine eindeutige Definition des Aphorismus anzugeben ist natur-
gemäß unmöglich, und eine diesbezügliche Untersuchung steht hier auch nicht zur
Aufgabe.
7
Allgemein aufgefaßt sind Aphorismen sinnstiftende, prägnante Pro-
sasätze, die Werturteile, Erkenntnisse, Lebensweisheiten etc. zum Inhalt haben.
Oft sind es Gedankensplitter, die vom Leser eine eigene gedankliche Aus-
einandersetzung mit den meist überspitzt dargestellten, nicht logisch verbundenen
Inhalten erfordern. Die aphoristische Form verschließt sich dem Systemdenken
und bezweifelt objektive Werte.
8
Somit gilt für beide Dichter, daß theoretische
Systemkonstruktionen - wie zum Beispiel in der idealistischen Philosophie - abge-
lehnt werden, was sich formal und inhaltlich durch den aphoristisch-essayistischen
Sprachgebrauch manifestiert. Peter L. Oesterreich definiert Nietzsches Stil als
,,aphoristisch-fragmentarischen Auflösungsstil": ,,Nach dem Zerfall des philoso-
7
zu näheren Ausführungen vgl. Fricke, Harald: Aphorismus. Stuttgart 1984 (Samm-
lung Metzler; M 208: Abt. E, Poetik) und Fedler, Stephan: Der Aphorismus. Be-
griffsspiel zwischen Philosophie und Poesie. Stuttgart 1992 (M&P Schriftenreihe für
Wissenschaft und Forschung)
8
vgl. von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart
7
1989, S.41f

9
phischen Systems und seiner übergreifenden logischen Disposition, werden die
Bruchstücke und literarischen Kleinformen autonom und sollen jeweils die Ge-
samtaussage ersetzen. Das Ergebnis ist Nietzsches aphoristischer Auflösungsstil."
9
Nun ist das heinesche OEvre nicht so durchgehend aphoristisch wie das nietzsche-
anische, doch lassen sich auch bei ihm jede Menge pointierte und brillant zuge-
spitzte Maximen nachweisen. Einige Beispiele aus ,,Die Romantische Schule"
sollen dies verdeutlichen:
,,Jede Zeit ist eine Sphinx, die sich in den Abgrund stürzt, sobald man ihr Rät-
sel gelöst hat."
10
,,Oder ist die Poesie vielleicht eine Krankheit des Menschen, wie die Perle ei-
gentlich nur der Krankheitsstoff ist, woran das arme Austertier leidet?"
11
,,Als man den Geist hier in Frankreich leugnete, da emigrierte er gleichsam
nach Deutschland und leugnete dort die Materie."
12
Die aphoristisch-essayistische Ausdrucksweise ist gekennzeichnet durch eine lok-
kere Aneinanderreihung der Gedanken. Als Bindeglied fungiert hier ausschließlich
die Assoziation, die vom Rezipienten geleistet werden muß. Daraus wird ersicht-
lich, daß bei beiden Dichtern eine große Affinität zur künstlerischen Ausdrucks-
weise, damit Wahrnehmung von Welt und ihre geistig-kreative Verarbeitung ge-
geben ist. Steht doch das Aphoristische wenn nicht im Gegensatz, so doch in gro-
ßer Entfernung zu logischen Gedankenfolgen und damit einem Systemdenken, wie
es beispielsweise in der Wissenschaft und in einigen philosophischen Denk-
kategorien innerhalb des oben erwähnten Idealismus vorherrschend ist. Heinrich
Heine schreibt:
9
Oesterreich, Peter L.: Der große Stil? Nietzsches Ästhetik der Macht-Beredsamkeit
und ihre ethische Fragwürdigkeit. In: Nietzsche oder »Die Sprache ist Rhetorik«, hg.
von Josef Kopperschmidt und Helmut Schanze. München 1994 (Figuren, Bd.1), S.
165
10
Heine, Heinrich: RS, S. 16
11
ebd., S. 98
12
ebd., S. 89. Eine Zusammenstellung von Aphorismen findet sich in: Heine, Heinrich:
Werke und Briefe, Bd. 7, S. 361ff

10
,,Nur verlangen Sie von mir keine Systematie; das ist der Würgengel aller
Korrespondenz. [...] Assoziation der Ideen soll immer vorwalten."
13
Betrachtet man die große Ansammlung von epigrammatischen Sentenzen sowie
den essayistischen Stil beider Autoren, auf den noch einzugehen ist, fällt eine ad-
äquate Wirkungsabsicht im Schaffen beider Autoren auf: Der Modus der Verar-
beitung und Bewältigung des künstlerischen ,,Materials" im kreativen Schaf-
fensprozeß soll eine (anscheinend) lockere assoziative Reihung von Gedan-
kengliedern und separaten Gedankensprüngen suggerieren. Bei Heine wird diese
Art des Schreibens der ,,feuilletonistische Stil" genannt, der ihm lange Zeit viel
Kritik eingebracht hatte.
14
Neben der erwähnten Vorbildwirkung von Heinrich
Heine stellt sich Friedrich Nietzsche diesbezüglich ausdrücklich in die Traditions-
linie der französischen Moralisten, die ihn formal und inhaltlich beeinflußten, der
letzte Aspekt zielt auf die Themenwahl der menschlichen Psyche ab - Gedanken,
die auch für Nietzsche ein fesselndes Faszinosum darstellen:
,,Europäische Bücher. - Man ist beim Lesen von Montaigne, Laroche-
foucauld, La Bruyère, Fontenelle [...] Vauvenargues, Chamfort dem Altertum
näher als bei irgendwelcher Gruppe von sechs Autoren anderer Völker. Durch
jene sechs ist der Geist der letzten Jahrhunderte der alten Zeitrechnung wie-
der erstanden - sie zusammen bilden ein wichtiges Glied in der großen noch
fortlaufenden Kette der Renaissance. Ihre Bücher erheben sich über den
Wechsel des nationalen Geschmacks und der philosophischen Färbungen, [...]
sie enthalten mehr wirkliche Gedanken als alle Bücher deutscher Philosophen
zusammengenommen: [...] Dagegen, welche Helligkeit und zierliche Be-
stimmtheit bei jenen Franzosen! Diese Kunst hätten auch die feinohrigsten
Griechen gutheißen müssen, und eines würden sie sogar bewundert und ange-
betet haben, den französischen Witz des Ausdrucks: so etwas liebten sie sehr,
ohne gerade darin besonders stark zu sein."
15
Die Problematik der Behauptung einer unmittelbaren Affinität im Denken und ei-
ner eventuellen gleichartigen Sprachsensibilität zwischen Antike und Renaissance,
die in einer unhistorischen Auffassung gründet, lasse ich einmal dahingestellt.
Wichtig ist Nietzsches Hervorhebung und Schätzung der besonderen Eigenart des
13
ders.: Werke und Briefe, Bd. 3, S. 496
14
vgl. Spencer, Hanna: Dichter, Denker, Journalist, S. 71
15
Nietzsche, Friedrich: MA II. Werke, Bd 1, S. 960f

11
,,leichten Stiles", des lockeren Gedankenfluges bei Heine, den er in seiner Lyrik
findet und dem französischen ,,Esprit" zuordnet.
,,Gar nicht zu reden von Heinrich Heine - l`adorable Heine sagt man in Paris
-, der den tieferen und seelenvolleren Lyrikern Frankreichs längst in Fleisch
und Blut übergegangen ist. Was wüßte deutsches Hornvieh mit den délica-
tesses einer solchen Natur anzufangen !"
16
,,Auch jetzt noch ist Frankreich der Sitz der geistigsten und raffiniertesten
Kultur Europas und die hohe Schule des Geschmacks: [...] nicht zu reden von
Heinrich Heine, der den feineren und anspruchsvolleren Lyrikern von Paris
lange schon in Fleisch und Blut übergegangen ist."
17
In Deutschland reicht die aphoristische Tradition über Schopenhauer bis zu
den Frühromantikern Novalis und Schlegel zurück, zu denken wäre hier an die
Bedeutung von Spiel und Zufall in der Poesie sowie die fragmentarische Ver-
fahrensweise. Wichtig zu erwähnen ist, daß bei aller Ablehnung von Vereinfa-
chung und Systematisierung keine losen und unzusammenhängenden Einfälle und
unlogischen Verstreutheiten dominieren. Im Gegenteil: Die aphoristische Aus-
drucksform steht der Kunst zwar näher als der Wissenschaft, dies entbindet sie je-
doch nicht einer Stringenz in der ästhetischen Form und präziser Genauigkeit in
den Formulierungen. Der Aphorismus arbeitet mit starken Kontrasten und
Überpointierungen. Er negiert den logischen Satz vom Widerspruch, baut keine
klaren Definitionen auf und versucht, mit Sprache gegen die Abstrahie-
rungstendenz innerhalb der Sprache anzugehen, d.h. Begriffe werden in Wider-
sprüche verwickelt und der Schein ihrer vordergründigen Absolutheit, der durch
die Konvention entstanden ist, wird dadurch zerstört. So entstehen neue und un-
konventionelle Perspektiven und Sichtweisen. ,,Indem der Aphorismus die Wahr-
heit manipuliert, deckt er viele Wahrheiten auf und zeigt deutlich, daß mit Logik
und Sprache alles bewiesen werden kann und ebenso von allem auch das Gegen-
teil und gibt sich damit als - durchaus ernstes - intellektuelles Spiel zu erken-
nen."
18
Stilmittel der aphoristischen Form sind bspw. die Zusammenführung von
16
ders.: NcW. Werke, Bd. 2, S. 1049
17
Nietzsche, Friedrich: JGB. Werke, Bd. 2, S. 721
18
Häntzschel-Schlotke, Hiltrud: Der Aphorismus als Stilform bei Nietzsche. Augsburg
1967, S. 47

12
Gegensätzlichkeiten; der Aphorismus hat also sehr oft eine antithetische Struktur.
Weiterhin fallen überraschende Gedankensprünge und frappierende Wendungen
auf. Hiltrud Häntzschel-Schlotke hat die wesentlichen Momente des Aphorismus
zusammengefaßt und auf das Prinzip des Gegensatzes zurückgeführt:
1. Die Kürze der Formulierung steht im Gegensatz zur Länge des Gedankens.
2. Die Geschlossenheit der Sprachform steht im Gegensatz zur Offenheit der
Denkform.
3. Das im Aphorismus Gesagte (wenn es wörtlich genommen wird) steht im Ge-
gensatz zum eigentlich Gemeinten.
4. Die scheinbare Leichtigkeit und Spontaneität der Formulierung steht im Gegen-
satz zu ihrer wahren Entstehung.
5. Der Anspruch des Denkergebnisses steht im Gegensatz zu seinem häufig bloß
experimentellen Charakter.
6. Die Sprachvirtuosität steht im Gegensatz zur Sprachskepsis des Aphoristikers.
7. Das Denken im Aphorismus steht im Gegensatz zum Denken im System.
8. Die im Aphorismus vertretene Meinung über einen Sachverhalt steht im Ge-
gensatz zur herrschenden, herkömmlichen, gewöhnlichen.
19
Die folgenden Aphorismen, die sozusagen ihre Eigenproblematik reflektieren,
sollen den Selbstanspruch Nietzsches an dieses literarische Phänomen verdeutli-
chen:
,,Der Aphorismus, die Sentenz, in denen ich als der erste unter Deutschen
Meister bin, sind die Formen der »Ewigkeit«; mein Ehrgeiz ist, in zehn Sätzen
zu sagen, was jeder andre in einem Buche sagt - was jeder andre in einem Bu-
che nicht sagt..."
20
,,...so ist mitunter die reliefartig unvollständige Darstellung eines Gedankens,
einer ganzen Philosophie wirksamer als die erschöpfende Ausführung: man
überläßt der Arbeit des Beschauers mehr, er wird aufgeregt, das, was in so
starkem Licht und Dunkel vor ihm sich abhebt, fortzubilden, zu Ende zu den-
ken und jenes Hemmnis selber zu überwinden, welches ihrem völligen Her-
austreten bis dahin hinderlich war."
21
19
vgl. Häntzschel-Schlotke, Hiltrud: Aphorismus, S. 40
20
Nietzsche, Friedrich: GD. Werke, Bd. 2, S. 1026
21
ders.: MA I. Werke, Bd. 1, S. 562

13
In diesen Aphorismen finden wir alle geschilderten Elemente vereint: Das pa-
radoxe Überraschungsmoment, welches durch die beiden doppelten Zusam-
menführungen der Gegensätzlichkeiten entsteht. Zehn Sätze reichen für die Ewig-
keit, d.h. grundsätzliche Aussagen können laut Nietzsche nur in kurzer aphoristi-
scher Form prägnant ausgedrückt werden, so daß ihr ideeller Bestand für eine
,,Ewigkeit" gesichert scheint. Es ist eine subjektive Ewigkeit, als ewig wird gerade
das wandelbare, bewegende, das verändernde und fließende Element angesehen.
Hierbei ist die Vorbildwirkung Heraklits für Nietzsche augenfällig. Gleichzeitig
tritt der typische Anspruch Nietzsches hervor, als original und einzigartig zu gel-
ten. Eine objektive Erkenntnisform wird negiert, da jeder Rezipient aus der Fülle
der Beziehungen und aus dem originellen Denken, welches nur richtungsweisend
ist, seine ,,Wahrheit" selbst ,,er-denken" muß. Der Rezipient wird aktiv an einem
Sinnerarbeitungsprozeß beteiligt, in welchem er eigenständig eine Leistung er-
bringt, Bedeutungen bekommen hiermit ganz klar subjektive Konnotationen. Freie
Assoziationen und die Möglichkeit der unterschiedlichen Kombinationen befreien
so die ,,interpretative Subjektivität" und fördern den Zug zur Dekonstruktion von
formal logischer Systemphilosophie.
22
Die Forschungssituation in der Literaturwissenschaft hinsichtlich des Phä-
nomens des Aphorismus ist durch eine eigentümliche ,,Unsicherheit" gekenn-
zeichnet: ,,der wissenschaftliche Anspruch auf Intersubjektivität und der aphori-
stisch-essayistische Ausgang vom Subjekt widersprechen sich. [...] Das aphori-
stisch-essayistische Denken gerät zwar durch seine Bündigkeit, formelhafte Kür-
ze, durch seinen Erkenntniswillen und die Verwendung von Begriffen in die Nähe
der Wissenschaft, ist aber doch in der Tiefe ein Gegenmodell zur szientifischen
Ratio."
23
22
vgl.: Oesterreich, Peter L.: Der große Stil?, S. 167. Der Autor stellt im übrigen die in-
teressante Frage, inwieweit der aphoristische Stil eine Vorbildwirkung für die
massendemokratische Postmoderne ausübe.
23
Sünner, Rüdiger: Ästhetische Szientismuskritik. Zum Verhältnis von Kunst und Wis-
senschaft bei Nietzsche und Adorno. Frankfurt/M., Bern, New York 1986 (Berliner
Beiträge zur neueren deutschen Literaturgeschichte, Bd. 10), S. 184. Sünner liefert
einen Überblick über den heutigen Stand der Forschung.

14
I. 2. Die essayistische Ausdrucksform
Die grundsätzlichen Ausführungen zum aphoristischen Stil gelten analog
auch für die essayistische Form. Die Vorliebe, Abhandlungen in Form von Essays
zu präsentieren, die lockere Gedankenführung bzw. die Leichtigkeit des Aus-
drucks zeichnen den schon erwähnten ,,feuilletonistischen Stil" Heinrich Heines
aus. Die Abhandlungen Heines und Nietzsches sind hauptsächlich geprägt durch
die Form des Essays, wobei hier Nietzsche wie auch beim Aphorismus der Aus-
schließlichkeitscharakter zukommt, wird einmal vom ,,Zarathustra" abgesehen.
Der Essay wird als kürzere Abhandlung über einen wissenschaftlichen Gegen-
stand, eine aktuelle Frage des geistigen, kulturellen oder sozialen Lebens aufge-
faßt, die durch eine bewußte Subjektivität der Auffassung gekennzeichnet ist.
24
Eine genaue Definition ist wie beim Aphorismus nicht möglich, reicht doch die
Bandbreite des Essays vom ,,längeren Aphorismus" (besonders bei Nietzsche) von
verknüpften Sentenzen, Thesen mit stark rhetorischer Gedankenführung und va-
riablen philosophischen Positionen über die Bereiche Lyrik und Prosa bis hin zur
selbststilisierenden Fiktion und Satire. Die Grenzen der ohnehin offenen Gat-
tungsstrenge sind sehr variabel. Beide Autoren verbindet hier weniger die Gat-
tungstreue als vielmehr ihre Sprachkunst. Gedanken werden entweder umschrie-
ben und durch Bilder und Vergleiche mit vielen bereichernden Assoziationsanre-
gungen versehen, oder es erfolgt eine schrittweise Intensivierung des Leitgedan-
kens. Die Formen sind hier unerschöpflich. Das essayistische Werk Heinrich Hei-
nes reicht dabei vom politischen Essay über journalistische Korrespondenzen,
Prosasammlungen und literaturgeschichtlichen Schriften bis hin zu Reisebeschrei-
bungen, historischen Abhandlungen und autobiographischen Schriften.
Charakteristisch für den Essay ist der ,,bewußte Verzicht auf systematische und er-
schöpfende Analyse des Sachwertes zugunsten mosaikhaft lockerer, das Thema
von verschiedenen Seiten fast willkürlich, sprunghaft-assoziativ belichtender Ge-
dankenfügung."
25
Es gelten also die unter I. 1. angesprochenen Ausführungen zum
Aphorismus, da dieser eng verwandt mit dem Essay ist. Definitorische Eingren-
zungen, lückenloser Begriffsaufbau sowie umfassende Übersicht in einem stren-
gen und systematischen Zusammenhang bleiben ausgeklammert. Im Essay
24
vgl. von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch, S. 267
25
ebd., S. 268

15
herrscht eine offene Gedankenführung vor. Analog zum Aphorismus ist im Essay
die Art und Weise des sprachlichen Ausdrucks sehr wichtig, Sprache und Dar-
stellung werden nicht von der zu behandelnden Problematik getrennt. Dies und die
Bedeutung und Sinngebung von Worten und Begriffen innerhalb ihres Gefüges,
ihrer Konstellation zueinander, unterscheidet ihn wesentlich von einer wissen-
schaftlichen Abhandlung. Somit wird die Mittelstellung des essayistisch-
aphoristischen Stiles zwischen Wissenschaft und Kunst deutlich. In diesem Span-
nungsfeld herrscht keine Hierarchie der Begriffe, kein Automatismus von Metho-
de und Logik, sondern eine Offenheit innerhalb des semantischen Spielraumes, ein
Bedeutungsreichtum, der neue Sinngebungen eröffnet, ermöglicht durch den offe-
nen, dynamischen Charakter des Essays: ,,Aphorismus und Essay gehen daher mit
Begriffen nicht logisch-diskursiv um, wie die Wissenschaft, sondern eher wie die
Kunst: durch metaphorische, analogische und gleichnishafte Konstellationen und
blitzhaftes Kombinieren von unverhofften Ähnlichkeiten wird der Verstehenszu-
sammenhang aufgesprengt und erweitert."
26
Durch diesen neuen, aufgelockerten
Stil hat Heine viel für die Erneuerung der deutschen Sprache geleistet.
27
Sie hat
eine größere Beweglichkeit, Vielschichtigkeit und Transparenz bekommen, ist an-
schaulicher und unmittelbarer geworden. Gleichzeitig ist durch ihn eine neue Le-
bendigkeit des Stils und eine sinnliche Bildlichkeit geschaffen worden. Diese Ent-
wicklung ist durch Nietzsches Einfluß weitergeführt und intensiviert worden.
Auch ist eine starke Tendenz zur Annäherung an einen natürlichen Sprachton bei
beiden Dichtern zu beobachten. Besonders Heine hat zum ersten Mal in großem
Umfang den sogenannten ,,niederen Stil", den Trivialwortschatz, die Umgangs-
sprache und spezielle Jargons (bspw. die Studentensprache) in sein Werk inte-
griert.
28
So ist die stilistische Spannweite in Prosa und der Lyrik enorm erweitert
worden. ,,Gleichzeitig haben beide Autoren dabei ihre Sprache mit einem gewis-
sen Appellgehalt erfüllt, einem raffinierten Innuendo, das auf den Leser mächtig
oder subtil einwirkt und das neben dem lockernd heilsamen Effekt auch ein heim-
26
Sünner, Rüdiger: Szientismuskritik, S. 186
27
vgl. Steinecke, Hartmut: Heinrich Heine - der ,,erste Artist der deutschen Sprache".
Paderborn 1987 (Paderborner Universitätsreden Nr. 8)
28
über die vielfältige Integration des verschiedenen Sprachgebrauchs bei Heine vgl.
Roth, Klaus-Hinrich: Sprachreflexion bei Heinrich Heine. In: Heinrich Heine im
Spannungsfeld von Literatur und Wissenschaft, hg. von Wilhelm Gössmann und
Manfred Windfuhr. Hagen 1990 (Kultur und Erkenntnis, Bd.7), S.159-172

16
liche Überzeugungskraft und gefährliche Möglichkeiten der Beeinflussung und
Verführung birgt."
29
I. 3. Techniken des Aphorismus
I. 3. 1. Witz und Paradox
Als Beispiele der aphoristischen Technik werden im folgenden einige, die
beiden Autoren verbindende, typische Ausdrucksarten, vorgestellt. Eine ausführ-
liche Untersuchung aller unterschiedlichen und speziellen aphoristischen Tech-
niken soll hier unterbleiben.
30
Als spezielle technische Elemente von Aphorismus und Essay fungieren u.a. der
Witz und das Paradox. Diese beiden Elemente bilden ein weiteres Verbindungs-
glied im sprachlichen Ausdruck beider Autoren: Heinrich Heine ist sehr berühmt
für seinen Witz und den beißenden Spott in seinen satirischen Schriften, dem
nichts heilig scheint, der vor nichts halt macht und mit Eleganz andere - und sich
selber - dem befreienden Lachen überantwortet. So tilgt er durch seinen Witz kei-
nesfalls den tiefen Ernst aus der behandelten Angelegenheit, sondern durch seine
Virtuosität wird alles Schwere und Überladene gleichsam durch das Lachen elimi-
niert. Der Witz verbirgt also nur seine tiefe Ernsthaftigkeit. Nietzsches Urteil lau-
tet:
,,Die besten Scherze. - Der Scherz ist mir am willkommensten, der an Stelle
eines schweren, nicht unbedenklichen Gedankens steht, zugleich als Wink mit
dem Finger und Blinzeln des Auges."
31
Bei Heine sieht beispielsweise ein solch schwerer, nicht unbedenklicher Gedanke,
der trotzdem wie im Plauderton vermittelt wird, folgendermaßen aus: In seiner
Charakterisierung der Idee des Christentums heißt es über den Bau des Petersdo-
mes in Rom:
29
Spencer, Hanna: Dichter, Denker, Journalist, S. 70
30
Eine detaillierte Systematik aphoristischer Techniken liefern u.a. Fricke, Hans:
Aphorismus, S. 140ff und Häntzschel-Schlotke, Hiltrud: Aphorismus, S. 49ff
31
Nietzsche, Friedrich: MA II, S. 945

17
,,Er (Leo von Medici - Anm. d. Verf.) hat vielleicht gar nicht gemerkt, was
Luther wollte, indem er damals viel zu sehr beschäftigt war mit dem Bau der
Peterskirche, dessen Kosten eben mit den Ablaßgeldern bestritten wurden, so
daß die Sünde ganz eigentlich das Geld hergab zum Bau dieser Kirche, die
dadurch gleichsam ein Monument sinnlicher Lust wurde, wie jene Pyramide,
die ein ägyptisches Freudenmädchen für das Geld erbaute, das sie durch Pro-
stitution erworben."
32
In dieser Bekundung sind Witz und Paradox aufs engste verbunden und fungieren
als Träger des eigentlich tiefen Gedankens, der zum Nachdenken anregen soll. Der
tiefe Gedanke, der hinter dem witzigen Aphorismus steht, handelt von der Tren-
nung spiritualistischer und sensualistischer Elementen, auf die ich noch zu spre-
chen komme. Heine treibt diesen Gedanken noch weiter:
,,Persönlichkeit Gottes als Geist ist ebenso absurd wie der rohe Anthropomor-
phismus. Denn die geistigen Attribute bedeuten nichts und sind lächerlich oh-
ne die körperlichen. Zum Beispiel Gott ist die Liebe (er hat ja keine Galle),
Gott ist gerecht (er hat keinen Magen, der ihn zwingt, um gefüttert zu werden,
Ungerechtigkeiten zu begehen), er ist weise (kein Schnupfen hindert ihn am
Nachdenken), er ist die Tugend selbst (er hat ja keine Geschlechtsteile)"
33
Etwas anders ist die Sachlage bei Nietzsche. Als Korrelat zum heineschen
Witz fungiert bei ihm das Paradox. Sein Stil ist ebenso leichtfüßig, jedoch die be-
grifflichen Inhalte sind oftmals andere als bei Heine. Nietzsche ist nicht daran ge-
legen, den Ernst aus einem behandelten Element zu nehmen, bei ihm dominieren
Appellgehalt, Parabel-Gleichnis und Paradoxien. Dennoch haben Witz und Para-
dox wie bei Heine die Aufgabe, den Rezipienten zu überraschen und zu verblüf-
fen. Dies geschieht durch eine Verknüpfung von kontrapunktischen Gedanken-
inhalten; antagonistische beim Paradox und weit auseinanderliegende beim Witz.
Ein Unterschied ist darin zu sehen, daß der heinesche Witz den vorher erzeugten
Schock im befreienden Lachen auflösen soll, während das Paradox bei Nietzsche
verwirren, beängstigen und schockieren will. Durch dieses Stutzig- und Nach-
denklichmachen des Lesers erfüllen beide eine Erkenntnisfunktion.
34
Diese ist
32
Heine, Heinrich: GRuPD, S. 194
33
Heine, Heinrich: Werke und Briefe, Bd. 7, S. 402
34
vgl. Spencer, Hanna: Dichter, Denker, Journalist, S. 71

18
vom wissenschaftlichen System insofern verschieden, daß sie, besonders beim Pa-
radox, den Regeln der Logik nicht gehorcht und eher die Grenzen von Erkenntnis
aufweist, also zu einer anderen Art von Denkprinzipien gehört. Der Effekt ist in
jedem Fall große Überraschung des Lesers. Bei Heine erkennendes Lachen, bei
Nietzsche der beunruhigende Schock, denn für ihn ist das Fernste das Nächste und
,,der Witz [...] das Epigramm auf den Tod eines Gefühls."
35
Parallel hierzu verdeutlicht Heines hohe Wertschätzung des Witzes, den er ähnlich
wie Nietzsche als Vereinigung des harmlosen Scherzes mit dem tiefen und ernsten
Gedanken sieht und der dadurch zur Waffe werden kann, die enge Analogie in der
literarisch-künstlerischen Auffassung beider Autoren. Die Charakterisierung des
Witzes durch Heine im folgenden Zitat bezieht sich auf das von Heine rezensierte
Buch ,,Die Deutsche Literatur" von Wolfgang Menzel:
,,...der Ideenwitz, [...] diese Witzart, eine Verknüpfung von Gedanken, die
sich noch nie in einem Menschenkopfe begegnet, eine wilde Ehe zwischen
Scherz und Weisheit, ist vorherrschend in dem Menzelschen Werke. Nochmal
rühmen wir des Verfassers Witz, um so mehr, da es viele trockene Leute in
der Welt gibt, die den Witz gern proskribieren möchten, und man täglich hö-
ren kann, wie Pantalon sich gegen diese niedrigste Seelenkraft, den Witz, zu
ereifern weiß und als guter Staatsbürger und Hausvater die Polizei auffordert,
ihn zu verbieten. Mag immerhin der Witz zu den niedrigsten Seelenkräften
gehören, so glauben wir doch, daß er sein Gutes hat. Wir wenigstens möchten
ihn nicht entbehren. Seitdem es nicht mehr Sitte ist, einen Degen an der Seite
zu tragen, ist es durchaus nötig, daß man Witz im Kopfe habe. Und sollte man
auch so überlaunig sein, den Witz nicht als notwendige Wehr, sondern sogar
als Angriffswaffe zu gebrauchen, so werdet darüber nicht allzusehr aufge-
bracht, ihr edlen Pantalone des deutschen Vaterlandes! Jener Angriffswitz,
den ihr Satire nennt, hat seinen guten Nutzen in dieser schlechten, nichtsnut-
zigen Zeit. [...] vor dem Übermut des Reichtums und der Gewalt schützt euch
nichts - als der Tod und die Satire."
36
35
Nietzsche, Friedrich: MA II, S. 814
36
Heine, Heinrich: Werke und Briefe, Bd. 4, S. 239

19
I. 4. Metaphorische und parabolische Grundzüge der Sprache
Heines und Nietzsches Sprache ist durch eine weitere Gemeinsamkeit ge-
kennzeichnet, beide haben einen sinnlichen, bild- und gleichnishaften Ausdrucks-
stil. Wie schon erwähnt wurde, kann man nicht zwischen Ausdruck und Inhalt
trennen, damit verbunden ist eine enge Verschmelzung von Gedanke und Bild.
Heine und Nietzsche besitzen beide die Fähigkeit, abstrakte Begriffe in sinnlich
anschauliche Bilder zu verwandeln.
,,Die Metapher ist für den echten Dichter nicht eine rhetorische Figur, sondern
ein stellvertretendes Bild, das ihm wirklich, anstelle eines Begriffes, vor-
schwebt."
37
Dies ist eine Besonderheit im Umgang mit Sprache, die wesentlich und ursprüng-
licher ist als bspw. der theorisierende Sprachgebrauch im Gefolge der positivisti-
schen Wissenschaften.
38
Das Denken in Metaphern, in anschaulichen Bildern, ist
der Grundstock der Erinnerung, in ihm liegt eine Art Sicherheit, die eine Quelle
für alle theoretische Vorstellung birgt. Auch wird eine ,,Vergewaltigung" der
Sprache durch das enge Begriffskorsett vermieden, dessen Entsprechung wir zum
Beispiel in den Gesellschaftstheorien im Gegensatz von Mensch und abstrakter
sozialer Kategorisierung beobachten. Die Sprache bekommt so eine Mittelrolle
zwischen Kunst und Wissenschaft, ist weder explizit dem einen, noch dem ande-
ren Bereich eindeutig zuzuordnen. Sie ist Ausdruck von Phantasie. Als solche
kann sie nur durch Inspiration hervorgebracht werden. Nietzsche beschreibt das
Unmittelbare im Erlebnis seines dichterischen Schöpfungsaktes, die Beziehung
von Bild und erkennendem Wort, folgendermaßen:
,,Alles geschieht im höchsten Grade unfreiwillig, aber wie in einem Sturme
von Freiheits-Gefühl, von Unbedingtsein, von Macht, von Göttlichkeit... Die
Unfreiwilligkeit des Bildes, des Gleichnisses ist das Merkwürdigste; man hat
keinen Begriff mehr, was Bild, was Gleichnis ist, alles bietet sich als der
37
Nietzsche, Friedrich: GdT. Werke, Bd. 1, S. 51
38
Im übrigen kommt die positivistische Wissenschaft auch nicht an dem ursprünglich
anschaulichen Gebrauch von Bildern/Metaphern vorbei, zu denken ist hier vor allem
an die verschiedensten bildhaften Modellvorstellungen (Bsp. analoges Atommodell),
um Inhalte zu veranschaulichen.

20
nächste, der richtigste, der einfachste Ausdruck. Es scheint wirklich, um an
ein Wort Zarathustras zu erinnern, als ob die Dinge selber herankämen und
sich zum Gleichnis anböten (- »hier kommen alle Dinge liebkosend zu deiner
Rede und schmeicheln dir: denn sie wollen auf deinem Rücken reiten. Auf je-
dem Gleichnis reitest du hier zu jeder Wahrheit. Hier springen dir alles Seins
Worte und Wort-Schreine auf; alles Sein will hier Wort werden, alles Werden
will von dir reden lernen -«)."
39
I .4. 1. Philosophische Analyse des Sprachproblems
Die angesprochene Problematik von metaphorischer und begrifflicher Spra-
che hat Nietzsche in einem eigenständigen Aufsatz untersucht. Er trägt den Titel:
,,Über Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinn".
40
In ihm beschäftigt Nietz-
sche sich mit der Wahrheitsproblematik, die untrennbar mit Sprache verknüpft
sein soll, und stellt die These auf, daß der Intellekt als Mittel zur Erhaltung des In-
dividuums selbst eine Lüge darstelle, bedingt durch den Wahrheitsanspruch seiner
selbst.
41
Die Darstellung des komplexen Wahrheitsproblems muß hier aus Platz-
gründen unterbleiben.
42
Für diese Untersuchung ist es ausreichend festzustellen,
daß Nietzsches Zweifel am traditionellen Wahrheitsbegriff den Grund für seine
Sprachanalyse darstellt, da er der Ansicht ist, daß die Wahrheit vollständig der
Sprache ausgeliefert sei. Der oben charakterisierte und beschriebene sprachliche
Ausdrucksstil ist keine zufällige, sondern u.a. durch diesen Aufsatz nachzuvollzie-
hende notwendige Schlußfolgerung Nietzsches, fundamentale Einsichten nur in
dieser essayistischen sprachlichen Form adäquat darstellbar machen zu können.
Die zugrundeliegende Basis dieses Erkenntnisphänomens sieht folgendermaßen
aus:
,,aus dem Gegensatz des Lügners, dem niemand traut, den alle ausschließen,
demonstriert sich der Mensch das Ehrwürdige, Zutrauliche und Nützliche der
Wahrheit. Er stellt jetzt sein Handeln als »vernünftiges« Wesen unter die
39
Nietzsche, Friedrich: EH, S. 1132
40
ders.: Werke, Bd. 3, S. 309ff
41
vgl. ebd., S. 310f
42
Zur Erörterung des Wahrheitsproblems bei Nietzsche vgl. Jaspers, Karl: Nietzsche.
Einführung in das Verständnis seines Philosophierens. Berlin
3
1950, S. 170ff; Steg-
maier, Werner: Nietzsches Neubestimmung der Wahrheit. In: Nietzsche Studien 14
(1985), S. 69-95 und Sloterdijk, Peter: Der Denker auf der Bühne. Nietzsches Mate-
rialismus. Frankfurt/M. 1986 (edition suhrkamp 1353; Neue Folge, Bd. 353), S. 72ff

21
Herrschaft der Abstraktionen; er leidet es nicht mehr, durch die plötzlichen
Eindrücke, durch die Anschauungen fortgerissen zu werden (Verhaltung des
künstlerisch-kreativen Menschen - Anm. d. Verf.), er verallgemeinert alle die-
se Eindrücke erst zu entfärbteren, kühleren Begriffen, um an sie das Fahrzeug
seines Lebens und Handelns anzuknüpfen. Alles, was den Menschen gegen
das Tier abhebt, hängt von dieser Fähigkeit ab, die anschaulichen Metaphern
zu einem Schema zu verflüchtigen, also ein Bild in einen Begriff aufzulösen.
Im Bereich jener Schemata nämlich ist etwas möglich, was niemals unter den
anschaulichen ersten Eindrücken gelingen möchte: eine pyramidale Ordnung
nach Kasten und Graden aufzubauen, eine neue Welt von Gesetzen, Privilegi-
en, Unterordnungen, Grenzbestimmungen zu schaffen, die nun der andern an-
schaulichen Welt der ersten Eindrücke gegenübertritt als das Festere, Allge-
meinere, Bekanntere, Menschlichere und daher als das Regulierende und Im-
perativische."
43
Nietzsche stellt einer positivistischen, vermeintlich die Wahrheit vertretenden
Welt der Vernunft und der begrifflichen Schemata, der Welt des logos (zweite
Welt)
44
eine Welt voran, die vorrational ist. Das ist die Welt der Metaphern (erste
Welt). Diese ist vorgängig, in ihr hat die sinnliche Anschauung ihren Platz. Nur in
dieser ursprünglichen und vorrationalen Welt kann man Sprachschöpfung beob-
achten, also das eigentlich ästhetische und künstlerische Verhalten der Menschen.
Nur in ihr kann der Mensch ,,Subjekt" sein, und zwar ein künstlerisch-
schaffendes. Nur in dieser Welt kann im Gegensatz zum kausalen ein ästhetisches
Verhältnis zu den Dingen Bestand haben, also ist dies auch der Ort für den Dich-
ter, die höhere Sphäre der Kunst. In diesen willkürlichen Akten der schöpferischen
und metaphorischen Sprachfindung findet die Synthesis der Apprehension statt,
entsteht die eigentliche Sprache. Dadurch, daß den originalen Anschau-
ungsmetaphern, die zunächst rätselhaft erscheinen, durch Sprache ein meta-
phorischer Sinn gegeben wird, offenbart sich das künstlerisch-ästhetische Fun-
dament dieses Prozesses. ,,Aufgrund des Wirkens der Ähnlichkeit in der Metapher
bringt die Phantasie den ,,Einfall" hervor, der nach Nietzsche den Ursprung jedes
positiven Wissens bildet, das in der anschließenden Reflexion formuliert, d.h. be-
grifflich fixiert wird. In diesem Interpretationsprozeß geht es darum, die Mehr-
43
Nietzsche, Friedrich: Werke, Bd. 3, S. 314f
44
Der Begriff logos wird verstanden als das alte griechische Prinzip der Einheit von
Vernunft und Sprache, in der Grundangabe und das ,,Rechnen" des Verstandes ihren
Platz haben.

22
deutigkeit der Metapher in die Eindeutigkeit der Begriffe zu überführen."
45
Genau
hier liegt das Problem. Die zweite, sekundäre Welt der Begriffe ist lediglich auf-
bauend auf jener ersten Welt. Sie ist unkünstlerisch, rational und ein sekundärer
Akt der Verbegrifflichung. In ihr findet die Synthesis der Apperzeption statt. Mil-
lionenfach wird die ,,Urmetapher" wiederholt, Wahrheit wird so zur Folgeerschei-
nung von Konvention, eine Art ,,metaphysischer Rettungsring", da laut Nietzsche
zwischen Sinneseindrücken, Nervenreizen, Bildern/Metaphern und Begriffen
überhaupt kein logischer Zusammenhang besteht, sondern sich kreative, subjekti-
ve und vorrationale Akte in einer Welt der Mythen und Anschauungen manifestie-
ren:
,,Das »Ding an sich« (das würde eben die reine folgenlose Wahrheit sein) ist
auch dem Sprachbildner ganz unfaßlich und ganz und gar nicht erstrebens-
wert. Er bezeichnet nur die Relationen der Dinge zu den Menschen und
nimmt zu deren Ausdruck die kühnsten Metaphern zu Hilfe. Ein Nervenreiz,
zuerst übertragen in ein Bild! Erste Metapher. Das Bild wird nachgeformt in
einem Laut! Zweite Metapher. Und jedesmal vollständiges Überspringen der
Sphäre, mitten hinein in eine ganz andre und neue. [...] Wir glauben etwas
von den Dingen selbst zu wissen, wenn wir von Bäumen, Farben, Schnee und
Blumen reden, und besitzen doch nichts als Metaphern (d.h. Bezeichnungen -
Anm. d. Verf.) der Dinge, die den ursprünglichen Wesenheiten ganz und gar
nicht entsprechen."
46
Begriffe beruhen auf Anschauungen, Anschauungen beruhen auf kreativen sprach-
lichen Akten; Begriffe sind der Tod der ursprünglich anschaulichen und mythi-
schen Welt. Begriffe sind willkürlich und damit unzulässige Abstraktionen (ge-
messen am positivistischen Wahrheitsanspruch). Sie entstehen durch ,,Gleichset-
zung des Nichtgleichen" und würden so zu Hypostasierungen und Verdinglichun-
gen (bspw. wird das ,,Blatt" zur ,,Blattheit") und sind somit die Begräbnisstätte der
Anschauung, also der Phantasie, also der Dichtkunst.
47
Die Analyse der Begriffs-
45
Tebartz-van Elst, Anne: Ästhetischer Weltbezug und metaphysische Rationalität. Zur
epistemischen Funktion der Metapher bei Nietzsche. In: Sprache ist Rhetorik, S. 124
46
Nietzsche, Friedrich: Werke, Bd. 3, S. 312f
47
Ein Grundproblem liegt darin, daß über solche prozessuale Phänomene wiederum nur
in der Sphäre der begrifflichen Sprache reflektiert werden kann, die ihren eigenen Ur-
sprung vergessen hat. Die Problematik der künstlerischen und kreativen Sprach-
schöpfung aus lebendigen Anschauungsmetaphern ist nur in einer begrifflichen, ,,po-
sitivistischen" Sprache beschreibbar. Diese ist selbst inkompetent, da sie ihren Ent-

23
bildung hat übrigens eine fundamentale Kritik an der Wissenschaft mit ihrem
Selbstanspruch der Objektivität zur Folge.
48
Der Absolutheitsanspruch der Wis-
senschaft ist eine Illusion, da sie von der vorrationalen Welt abhängig ist. Für
Nietzsche sind deshalb Vernunftsetzungen in letzter Konsequenz und aus künstle-
rischer Sicht nur mögliche Äußerungen des Lebens. Der Mensch aber, der diese
rationalen Strukturen hervorgebracht hat, verliert sich in ihnen und hat ihren Ur-
sprung vergessen. Das hat zur Konsequenz für die Sprache, daß eine Differen-
zierung zwischen Denken und Dichtung, d.h. zwischen Gehalt und Ausdruck nicht
mehr möglich ist, es führt zu einer Art ,,permanentem Essayismus". Die oben er-
wähnte Einheit zwischen Inhalt und Form ist auch eine Einheit von Dichten und
Denken, wie sie bereits bei Hölderlin auftritt. Diese Sprachkritik ist nicht Nietz-
sches eigene Erfindung, sondern kann ihrerseits auf eine Tradition verweisen.
Nietzsche kommt zu seiner eigenen Ausformulierung u.a. in Auseinandersetzung
mit Schopenhauer, der seinerseits schon die vorgängige Anschauungswelt als den
Ort der eigentlichen Erkenntnis festgestellt und auf ihren subjektiven Charakter
hingewiesen hat: ,,Allein Begriffe liefern nicht das eigentlich Wesentliche: viel-
mehr liegt dieses, also der Fonds und echte Gehalt aller unserer Erkenntnisse, in
der anschaulichen Auffassung der Welt. Diese aber kann nur von uns selbst ge-
wonnen, nicht auf irgendeine Weise uns beigebracht werden. [...] Tiefe Wahrhei-
ten nämlich lassen sich nur erschauen, nicht errechnen, d.h. ihre erste Erkenntnis
ist eine unmittelbare und wird durch den momentanen Eindruck hervorgerufen."
49
stehungszusammenhang vergaß und mit Absolutheitsanspruch auftritt, die alleinigen
Mittel der ,,objektiven" Wahrheitsbeschreibung zu besitzen, obwohl ,,Wahrheit" erst
durch sie entsteht. - Eine interessante These vertritt Peter Sloterdijk, der den logos als
,,Parasit einer älteren Sprachlichkeit" bezeichnet, der im sekundären Zuge auf die
Gewalt eines zivilisatorischen Prozesses geantwortet hat, indem er die älteren leibli-
chen Grundlagen des Lebens zugunsten des Geistes überwindet. Was vorgängig ist,
sei die ,,Sprachwerdung der physis" als ein sich vollziehendes ,,Tieferwerden der
Subjektivität im Hellerwerden, Sprechender-Werden und Welthaltiger-Werden des
Leibes". Das alte griechische Prinzip der physis wird als ,,Leibgrund der (dionysi-
schen) Ekstase", als vorgängiger Modus des ,,Bewußtseins einer hermetischen Gnosis
des Leibes", das sich zur Sprache bringt, verstanden. Vgl. Sloterdijk, Peter: Der Den-
ker, S. 123ff. Zur Problematik der Leiblichkeit vgl. die Ausführungen unter III. 2. 1.
48
zur Wissenschaftskritik vgl. Nietzsche, Friedrich: FW. Werke, Bd. 2
49
Schopenhauer, Arthur: Parerga und Paralipomena I. In: ders.: Werke in fünf Bänden.
Bd IV, hg. von Ludger Lütkehaus, Zürich 1988, S. 468ff. Auch Schopenhauer kon-
statiert hinter der Maske des heineschen Scherzes einen tiefen Ernst: vgl. ders.: Die
Welt als Wille und Vorstellung. Werke, Bd.II, S. 119

24
Auch Heinrich Heine ist sich dieses Phänomens bewußt, und er zieht ganz
ähnliche Schlüsse. In ,,Shakespeares Mädchen und Frauen" heißt es am Beispiel
von Shakespeare:
,,In dem Dichtergeiste spiegelt sich nicht die Natur, sondern ein Bild dersel-
ben, das dem getreuesten Spiegelbilde ähnlich, ist dem Geiste des Dichters
eingeboren; er bringt gleichsam die Welt mit zur Welt, und wenn er, aus dem
träumenden Kindesalter erwachend, zum Bewußtsein seiner selbst gelangt, ist
ihm jeder Teil der äußern Erscheinungswelt gleich in seinem ganzen Zusam-
menhang begreifbar: denn er trägt ja ein Gleichbild des Ganzen in seinem
Geiste, er kennt die letzten Gründe aller Phänomene, die dem gewöhnlichen
Geiste rätselhaft dünken und auf dem Wege der gewöhnlichen Forschung nur
mühsam oder auch gar nicht begriffen werden... Und wie der Mathematiker,
wenn man ihm nur das kleinste Fragment eines Kreises gibt, unverzüglich den
ganzen Kreis und den Mittelpunkt desselben angeben kann, so auch der
Dichter, wenn seiner Anschauung nur das kleinste Bruchstück der Erschei-
nungswelt von außen geboten wird, offenbart sich ihm gleich der ganze uni-
verselle Zusammenhang dieses Bruchstückes; er kennt gleichsam Zirkulatur
und Zentrum aller Dinge; er begreift die Dinge in ihrem weitesten Umfang
und tiefsten Mittelpunkt."
50
Diese Wendung Heines, die einen starken Bezug zur platonischen Ideenlehre auf-
weist, zeigt ganz klar, daß nur im vorbegrifflichen anschaulichen Bereich die Bil-
der/Metaphern für den Dichter, - d.h. den künstlerisch schaffenden und kreativen
Menschen - einen Einblick in das Wesen der Dinge gestatten lassen. Hier vollzieht
sich die unmittelbare anschauliche Erkenntnisleistung, eine Art Wesensschau jen-
seits der Berechenbarkeitssphäre der wissenschaftlichen Forschung. Auch ist diese
Leistung eine individuell verschiedene, d.h. sie ist unerlernbar, sozusagen von Ge-
burt an dem künstlerisch empfindenden Individuum mitgegeben.
I. 4. 2. Beispiel: das parabolische Gleichnis bei Friedrich Nietzsche
Nietzsches philosophische Einsichten werden in hohem Maße durch Para-
beln vermittelt. Hier ist vor allem an ,,Also sprach Zarathustra"
51
zu denken. Para-
beln sind im entferntesten Sinne Gleichnisse, in denen Erkenntnis durch Analogie-
50
Heine, Heinrich: Werke und Briefe, Bd. 5, S. 469f
51
Nietzsche, Friedrich: AsZ. Werke, Bd. 2, S. 275ff

25
schlüsse und Vergleiche möglich wird. Sie repräsentieren nicht die allgemein-
gültige Regel, sondern lassen das Beziehungsfeld entstehen, bspw. durch eine
selbständige Erzählung in bildhafter Anschaulichkeit.
52
Die enorm parabolische
Sprache ist u.a. eine der Ursachen für die Schwierigkeiten einer Interpretation der
meist verschlüsselten, maskierten und hermetischen Texte Nietzsches. Auch ent-
zieht er sich einer eindeutigen und definierten Standpunktzuweisung durch ständi-
ge werkimmanente Widersprüche. Das ist eine Folge der Entwicklung innerhalb
seines Gesamtwerkes, die neben einer Weiterentfaltung und Herauskristallisierung
der wesentlichen Kerngedanken (zum Beispiel ,,Übermensch-Postulat" und ,,ewi-
ge Wiederkehr des Gleichen") vor allem eine ständige Überwindung der einzelnen
Teilschritte darstellt. Die Parabel ist Träger der philosophischen Einsichten Nietz-
sches. Sie dient - analog zur Paradoxie - zum ,,Aufrütteln", zum Innehalten und
Nachdenken. Sehr oft ist sie bei Nietzsche vom Appellgehalt dominiert. Doch
selbst auf die Interpretationsmöglichkeit der im Gleichnis ausgesprochenen und
erschaubaren Wahrheiten kann man sich bei Nietzsche nicht immer verlassen. Ist
er doch selbst von der Notwendigkeit einer ins Extrem gehenden Verschleierung
und Hermetisierung durch die Sprache überzeugt:
,,Alles, was tief ist, liebt die Maske; die allertiefsten Dinge haben sogar einen
Haß auf Bild und Gleichnis."
53
Von hier ist der Bezug zum Zitat über den Schöpfungsakt bei Nietzsche zu sehen,
in dem es heißt, daß das Sein selber Wort werden will, daß ein Gleichnis sozusa-
gen nur die Brücke zu etwas tief Verborgenem darstellt, welches sich letztendlich
durch die Verschleierung des Wortes dem Begreifen entzieht.
54
Aus der Überfülle der Parabeln im Zarathustra greife ich die Parabel in der
ersten Rede Zarathustras heraus: In ihr ist von drei Verwandlungen die Rede, die
der Geist erleidet. Er verwandelt sich vom Kamel zum Löwen und vom Löwen
zum Kind.
55
Das Gleichnis im Verhältnis von Kamel, Löwe und Kind ist das
52
vgl. von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch, S. 655
53
Nietzsche, Friedrich: JGB, S. 603
54
siehe Anm. 39. Zu weiterführenden Untersuchungen zum Motiv der Maske bei Nietz-
sche vgl. u.a. Behler, Ernst: Nietzsches Auffassung der Ironie. In: Nietzsche Studien
4 (1975), S.17ff
55
vgl. Nietzsche, Friedrich: AsZ, S. 293ff

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1997
ISBN (eBook)
9783832406462
ISBN (Paperback)
9783838606460
Dateigröße
805 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Unbekannt
Erscheinungsdatum
2014 (Juni)
Note
1,0
Schlagworte
christentum dualismus wiederkunft sprache gottes
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Titel: Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche
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