Analyse von Existenzgründungen von Freiberuflern im besonderen Hinblick auf die Finanzierungsmöglichkeiten
Zusammenfassung
Jahr für Jahr wechseln viele Arztpraxen den Besitzer. Hauptgrund ist das Alter des vorher in der Praxis praktizierenden Arztes. Viele junge Ärzte haben den Wunsch sich in einer Praxis niederzulassen, um bessere Arbeitszeiten zu bekommen. So sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, im Rahmen einer Veranstaltung zum Rheinischen Ärztetag am 15. September 2007, dass etwas im deutschen Gesundheitswesen nicht stimmen könne, wenn jeder zweite Arzt nicht mehr in einer Klinik arbeiten möchte oder mit dem Gedanken spielt ins Ausland zu gehen. Aber auch in den anderen Berufszweigen der so genannten Katalogberufe gibt es eine immer größere Zahl von Selbstständigen in Freien Berufen und eine konstant hohe Zahl von Existenzgründungen. Doch die Zeiten, in denen sich z.B. ein Arzt ohne eine gründliche Vorbereitung und ohne größere Prüfungen durch die Banken einfach Finanzierungen sichern konnte, sind vorbei. Somit ist die Hauptfrage, die sich allen Existenzgründern stellt, die der Finanzierbarkeit. Den Wenigsten der Existenzgründer sind dabei alle Finanzierungsmöglichkeiten bekannt. Auch werden sie nicht immer optimal beraten. So bieten nicht alle Banken den Existenzgründern zinsgünstige Darlehen aus öffentlichen Mitteln an. Eine gute und vor allem auch bezahlbare Finanzierung beeinflusst aber ganz entscheidend den späteren Erfolg der Existenzgründung. Diese Arbeit soll verschiedene Finanzierungsansätze aufzeigen.
Mit dieser Arbeit soll ein Überblick über die verschiedenen möglichen Finanzierungsformen und die Kapitalgeber gegeben werden. Eine empirische Umfrage soll zeigen, inwieweit der Wunsch nach einer freiberuflichen Existenzgründung vorhanden ist und Kenntnisse über Finanzierungsformen gegeben sind.
Gang der Untersuchung:
Diese Arbeit geht von den Grundüberlegungen aus, die sich jeder Existenzgründer vor dem Schritt in die Selbstständigkeit stellt. Welche Chancen und Risiken bietet die Existenzgründung, welche Formen der freiberuflichen Selbstständigkeit gibt es und welche Voraussetzungen sind zu erfüllen. Da das Spektrum der Freien Berufe sehr groß ist, konzentriert sich die Arbeit auf die Gruppe der medizinischen Berufe, da diese im Bereich der Freien Berufe die zahlenmäßig größte Gruppe bilden. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die wirtschaftstheoretischen Hintergründe einer Existenzgründung und die Anwendung der Prinzipal-Agent-Theorie und Property-Rights-Theorie auf eine […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Aktualität des Themas
1.2 Ziele der Arbeit
1.3 Methodischer Aufbau der Arbeit und Vorgehensweise
2 Formen und Voraussetzungen der Existenzgründung von Freiberuflern
2.1 Begriffsabgrenzung
2.1.1 Freiberufler
2.1.2 Existenzgründung
2.1.3 Fremd- und Eigenfinanzierung
2.1.4 Basel II und Rating
2.2 Chancen und Risiken einer Existenzgründung
2.3 Formen der Existenzgründung
2.3.1 Neugründung einer Praxis
2.3.2 Übernahme und Fortführung einer Praxis
2.3.2.1 Gegen Einmalzahlung
2.3.2.2 Gegen Ratenzahlungen
2.3.2.3 Gegen wiederkehrende Zahlungen (Leibrente)
2.3.2.4 Tätige Beteiligung mit einer folgenden schrittweisen Übernahme
2.4 Persönliche Voraussetzungen
2.5 Wirtschaftliche Voraussetzungen
2.6 Rechtliche Voraussetzungen
2.6.1 Mögliche Rechtsformen
2.6.2 Haftungsfragen bei Freiberuflern
2.6.3 Fortführung und Übernahme von bestehenden Vertragsverhältnissen
2.7 Wirtschaftstheoretische Hintergründe
2.7.1 Grundlagen der Prinzipal-Agent-Theorie
2.7.2 Anwendung der Prinzipal-Agent-Theorie
2.7.3 Grundlagen der Theorie der Verfügungsrechte
2.7.4 Anwendung der Theorie der Verfügungsrechte
3 Ablauf der Finanzierung
3.1 Kapitalgeber von Existenzgründungen
3.1.1 Kreditinstitute
3.1.1.1 Anteilseigner
3.1.1.2 Kapitalherkunft
3.1.1.3 Kreditgrundsätze und Ziele
3.1.2 Öffentliche Stellen (KfW Bank, NRW.BANK)
3.1.2.1 Anteilseigner
3.1.2.2 Kapitalherkunft
3.1.2.3 Kreditgrundsätze und Ziele
3.1.2.4 Produkte der KfW für Freiberufler
3.1.2.4.1 KfW-StartGeld
3.1.2.4.2 ERP-Kapital für Gründung
3.1.2.4.3 KfW-Unternehmerkredit
3.1.2.4.4 ERP-Regionalförderprogramm
3.1.2.5 Produkte der NRW.BANK für Existenzgründer
3.1.2.5.1 NRW.BANK.Mittelstandskredit
3.1.2.5.2 NRW.BANK.Universalkredit
3.1.3 Business Angels
3.1.3.1 Anteilseigner
3.1.3.2 Kapitalherkunft
3.1.3.3 Kreditgrundsätze und Ziele
3.1.4 Stiftungen
3.1.4.1 Anteilseigner
3.1.4.2 Kapitalherkunft
3.1.4.3 Kreditgrundsätze und Ziele
3.2 Unterlagen für eine Finanzierungsanfrage bei Kreditinstituten
3.2.1 Der Businessplan
3.2.1.1 Zweck des Businessplanes
3.2.1.2 Inhalt des Businessplanes
3.2.1.3 Muster-Businessplan
3.2.2 Selbstauskunft
3.2.3 SCHUFA-Auskunft
3.2.4 Einkommensteuerbescheide
3.2.5 Eigenkapitalnachweise
3.2.6 Qualifikationsnachweise
3.2.6.1 Abschlusszeugnisse
3.2.6.2 Approbationsurkunden
3.2.6.3 Zusatzqualifikationen
3.2.7 Nachweis über Kreditsicherheiten
3.2.7.1 Abtretung einer Kapitallebensversicherung
3.2.7.2 Abtretung einer Risiko-Lebensversicherung
3.2.7.3 Abtretung der Honoraransprüche
3.2.7.4 Sicherungsübereignung
3.2.7.5 Bürgschaft
3.2.7.6 Grundpfandrechte
3.3 Kreditentscheidungsprozess
3.3.1 Kontaktaufnahme
3.3.2 Erstgespräch
3.3.3 Prüfung der Unterlagen
3.3.4 Rating
3.3.5 Beiziehung von Kreditsicherheiten
3.3.6 Votum
3.3.7 Marktfolge
3.4 Kreditzusage
3.5 Abruf der Mittel
3.6 Zins- und Tilgungsphase
4 Empirische Studie über die Existenzgründung von Freiberuflern
4.1 Wahl der Testpersonen
4.2 Testverfahren
4.3 Fragenkatalog
4.4 Auswertung
4.5 Wertung der Testergebnisse
5 Zusammenfassung der Ergebnisse
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zahlenmäßige Struktur der Selbstständigen in Freien Berufen
Abbildung 2: Das Grundkonzept von Basel II
Abbildung 3: Entwicklung der Selbstständigen in Freien Berufen in Deutschland
Abbildung 4: Entwicklung der Existenzgründungen 1997 - 2006
Abbildung 5: GRW-Fördergebiete 2007-2013
Abbildung 6: Eskalationsverfahren – Einzel-Eskalation a)
Abbildung 7: Eskalationsverfahren – Einzel-Eskalation b)
Abbildung 8: Eskalationsverfahren – Parallel-Eskalation a)
Abbildung 9: Eskalationsverfahren – Parallel-Eskalation b)
Abbildung 10: Geschlecht der Teilnehmer
Abbildung 11: Alter der Teilnehmer
Abbildung 12: Bildungsabschlüsse der Teilnehmer
Abbildung 13: Berufe der Teilnehmer
Abbildung 14: Möglichkeit der freiberuflichen Selbstständigkeit
Abbildung 15: Bekanntheit der Institutionen
Abbildung 16: Bekanntheit von Förderprogrammen der KfW
Abbildung 17: Bekanntheit von Stiftungen
Abbildung 18: Möglichkeit der Selbstständigkeit
Abbildung 19: Businessplan erstellt?
Abbildung 20: Zukunftsaussichten von Freiberuflern
Abbildung 21: Bekanntheit der KfW-Förderprogramme
Abbildung 22: Bekanntheit der KfW bei möglichen Existenzgründern
Abbildung 23: Stiftungen bei Existenzgründern bekannt
Abbildung 24: Potentielle Selbstständigkeit und bereits Businessplan erstellt
Abbildung 25: Zukunftsaussichten bei Existenzgründern
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Aktualität des Themas
Jahr für Jahr wechseln viele Arztpraxen den Besitzer. Hauptgrund ist das Alter des vorher in der Praxis praktizierenden Arztes. Viele junge Ärzte haben den Wunsch sich in einer Praxis niederzulassen, um bessere Arbeitszeiten zu bekommen. So sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, im Rahmen einer Veranstaltung zum Rheinischen Ärztetag am 15. September 2007, dass etwas im deutschen Gesundheitswesen nicht stimmen könne, wenn jeder zweite Arzt nicht mehr in einer Klinik arbeiten möchte oder mit dem Gedanken spielt ins Ausland zu gehen.[1]Aber auch in den anderen Berufszweigen der so genannten Katalogberufe gibt es eine immer größere Zahl von Selbstständigen in Freien Berufen und eine konstant hohe Zahl von Existenzgründungen. Doch die Zeiten, in denen sich z.B. ein Arzt ohne eine gründliche Vorbereitung und ohne größere Prüfungen durch die Banken einfach Finanzierungen sichern konnte, sind vorbei.[2]Somit ist die Hauptfrage, die sich allen Existenzgründern stellt, die der Finanzierbarkeit. Den Wenigsten der Existenzgründer sind dabei alle Finanzierungsmöglichkeiten bekannt. Auch werden sie nicht immer optimal beraten. So bieten nicht alle Banken den Existenzgründern zinsgünstige Darlehen aus öffentlichen Mitteln an. Eine gute und vor allem auch bezahlbare Finanzierung beeinflusst aber ganz entscheidend den späteren Erfolg der Existenzgründung. Diese Arbeit soll verschiedene Finanzierungsansätze aufzeigen.
1.2 Ziele der Arbeit
Mit dieser Arbeit soll ein Überblick über die verschiedenen möglichen Finanzierungsformen und die Kapitalgeber gegeben werden. Eine empirische Umfrage soll zeigen, inwieweit der Wunsch nach einer freiberuflichen Existenzgründung vorhanden ist und Kenntnisse über Finanzierungsformen gegeben sind.
1.3 Methodischer Aufbau der Arbeit und Vorgehensweise
Diese Arbeit geht von den Grundüberlegungen aus, die sich jeder Existenzgründer vor dem Schritt in die Selbstständigkeit stellt. Welche Chancen und Risiken bietet die Existenzgründung, welche Formen der freiberuflichen Selbstständigkeit gibt es und welche Voraussetzungen sind zu erfüllen. Da das Spektrum der Freien Berufe sehr groß ist, konzentriert sich die Arbeit auf die Gruppe der medizinischen Berufe, da diese im Bereich der Freien Berufe die zahlenmäßig größte Gruppe bilden.[3]Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die wirtschaftstheoretischen Hintergründe einer Existenzgründung und die Anwendung der Prinzipal-Agent-Theorie und Property-Rights-Theorie auf eine Existenzgründung untersucht. Im dritten Teil wird der komplette Ablauf einer Finanzierung einer Existenzgründung dargestellt. Die Wahl des Fremdkapitalgebers, die Form der verschiedenen Darlehen und die benötigten Unterlagen. Der vierte Teil der Arbeit ist eine empirische Studie über mögliche Existenzgründer und die Bekanntheit der Fremdkapitalgeber. Diese Studie wurde unter Zuhilfenahme der Software „WebTourCreator“ angefertigt und die Umfrage per Email verteilt.[4]Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick erstellt.
2 Formen und Voraussetzungen der Existenzgründung von Freiberuflern
2.1 Begriffsabgrenzung
2.1.1 Freiberufler
Es gibt keine eindeutige Definition von Freiberuflern. Im Gewerberecht ist es als Ausübung „freier wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Tätigkeiten höherer Art sowie persönlicher Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern“ beschrieben. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) definiert die freien Berufe folgendermaßen: „Selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit.“ Zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehören folgende Berufe:
- Ärzte
- Zahnärzte
- Rechtsanwälte
- Notare
- Patentanwälte
- Vermessungsingenieure
- Ingenieure
- Architekten
- Handelschemiker
- Wirtschaftsprüfer
- Steuerberater
- beratende Volks- und Betriebswirte
- vereidigte Buchprüfer (vereidigte Bücherrevisoren)
- Steuerbevollmächtigte
- Heilpraktiker
- Dentisten
- Krankengymnasten
- Journalisten
- Bildberichterstatter
- Dolmetscher
- Übersetzer
- Lotsen
- und ähnliche Berufe.[5]
Eine eindeutige gesetzliche Definition gibt das Partnerschaftsgesetz (PartGG). „Die freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt“. Eine gute Übersicht über die Freien Berufe und die Anzahl der Berufsangehörigen gibt die folgende Tabelle. Die in dieser Arbeit näher betrachtete Gruppe der freiberuflichen Ärzte stellt nach den Freien Kulturberufen die größte Gruppe unter den Freiberuflern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: IFB (2006a), o.S.
Abbildung 1: Zahlenmäßige Struktur der Selbstständigen in Freien Berufen
2.1.2 Existenzgründung
Eine Existenzgründung ist die Aufnahme einer beruflich selbstständigen Tätigkeit durch eine natürliche Person. Per Definition erfolgt sie durch eine Neugründung, einer Betriebsübernahme oder auch durch Franchising.[6]Oftmals wird in der Literatur auch der Begriff Unternehmensgründung gleichartig verwendet. Des Weiteren findet man häufiger den Be-griff „sich selbstständig machen“. Eine Existenzgründung erfordert eine Planung (der Beschaffung, der Leistungserstellung, des Absatzes, der Finanzierung und der Organisation), Beschaffung der Erstausstattung an Kapital, an Personal, an Betriebsmitteln und ggf. Waren oder Stoffen, Aufbau der inneren und äußeren Organisation.[7]
2.1.3 Fremd- und Eigenfinanzierung
Nach der Entscheidung der Gründung einer Existenz muss die Frage der Finanzierung geklärt werden. Vor allem die Frage was überhaupt finanziert werden muss. Zu finanzieren ist im Falle einer Praxisübernahme der Praxiskaufpreis. Des Weiteren sind Umbau- und Einrichtungskosten sowie die Betriebsmittel für den Beginn zu finanzieren. Bei der Wahl der Finanzierung gibt es dann nur zwei Möglichkeiten, Eigen- oder Fremdfinanzierung. Von Eigenfinanzierung spricht man, wenn das Geld oder geldäquivalente Güter vom Existenzgründer zugeführt werden. Bei der Fremdfinanzierung werden diese von Fremdkapitalgebern zugeführt.[8]Wenn kein oder nur teilweise Eigenkapital eingesetzt wird muss Fremdkapital aufgenommen werden. Bei der Aufnahme von Fremdkapital fallen in der Regel Zins- und Tilgungsleistungen an. Die verschiedenen Finanzierungsformen werden in Kapital 3 genauer beleuchtet.
2.1.4 Basel II und Rating
Im Juni 2004 wurde eine Neuregelung des Bankenaufsichtsrechts vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht entwickelt und ist mit den EU-Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG seit dem 01. Januar 2007 in allen EU-Mitgliedsstaaten für alle Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute bindend. Die Umsetzung ins deutsche Recht erfolgte mit dem Kreditwesengesetz, den „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk) und mit der Solvabilitätsverordnung (SolvV). Basel II modifiziert die Regeln der Eigenkapitalverordnung Basel I von 1988 und beruht auf drei Säulen. Diese sollen als Hauptziel die Solvenz der Banken und Sparkassen gewährleisten. Die folgende Darstellung beschreibt die drei Säulen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Entnommen aus: Bundesbank (2007a), o.S.
Abbildung 2: Das Grundkonzept von Basel II
Die in Säule eins genannte Mindestkapitalanforderung nimmt Bezug auf das bilanziell auszuweisende Eigenkapital der Kreditinstitute. Beeinflusst wird die Größe der Anforderung durch das Produkt aus der Kreditsumme, dem veranschlagten Zinssatz und des jeweiligen Risikofaktors. Die Ermittlung des Risikofaktors wird mit Hilfe eines internen oder externen Ratings durchgeführt. Dieses Rating ist eine stichtagsbezogene Bonitätsanalyse des jeweiligen Kreditnehmers.[9]Der in der Säule zwei dargestellte „Bankaufsichtliche Überprüfungsprozess“ meint eine Verschärfung dieses Prozesses, durch den folgende Ziele erreicht werden sollen:
- Verbesserung der internen Verfahren zur Beurteilung der institutsspezifischen Risikosituation
- Verbesserung einer angemessen Kapitalstruktur
- Anpassung und Weiterentwicklung neuerer Methoden des Risikomanagements und der internen Kontrollen.
Die Bankenaufsicht soll somit in die Lage versetzt werden über die Mindestkapitalanfor-derung hinaus Maßnahmen ergreifen zu können wenn eine Gesamtbeurteilung der Lage dies angemessen erscheinen lässt. Bei dieser Gesamtbeurteilung spielen dann auch externe Einflüsse, wie die Konjunkturentwicklung eine ernstzunehmende Rolle. Diese externen Faktoren würden allein bei der Mindestkapitalanforderung völlig außer Acht gelassen.[10]Die in Säule drei gezeigte Regelung zur erweiterten Offenlegung hat eine höhere Transparenz zum Ziel. Allerdings sind die Formulierungen teils als Empfehlung gestaltet. Als Annahme wird für diese Regelung angenommen, dass „gut informierte Marktteilnehmer“ risikobewusste Unternehmen belohnen werden. Sobald die Regelungen die Offenlegung von Ratingprozessen oder die Berechnung der Mindestkapitalanforderung betreffen, sind sie als Vorschrift anzusehen.[11]Eine zunehmend zu beobachtende Folge von Basel II ist, dass die Kreditaufnahme für kleinere und mittlere Unternehmen erschwert wird. Dies ist vor allem aufgrund der oftmals schlechten Ausstattung mit Eigenkapital der Fall. Dies führt zu einem schlechteren Rating und damit zur Verteuerung der Kredite bzw. kann zu deren Ablehnung führen.[12]
2.2 Chancen und Risiken einer Existenzgründung
Gründe für eine Existenzgründung gibt es viele. Wichtig für den Existenzgründer ist, dass er im Vorfeld der Existenzgründung Chancen und Risiken der Existenzgründung abwägt. Die größte Chance die ein Existenzgründer sieht, ist die der Eigenverantwortung und Unabhängigkeit. Des Weiteren ist die Chance der Erhöhung des eigenen Einkommens eine attraktive Chance. Ebenfalls attraktiv ist die Chance eigene Ideen verwirklichen zu können.[13]Das höchste aller Risiken ist das finanzielle Risiko. 86 % aller Existenzgründungen scheitern an einer unzureichenden Finanzierung, ergab eine Untersuchung der Deutschen Ausgleichsbank.[14]Ein weiteres hohes Risiko ist die unternehmerische Unerfahrenheit zu Beginn der Selbstständigkeit.[15]Allerdings wagen gerade im Bereich der Freien Berufe immer mehr Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Zahl der Selbstständigen steigt stetig an. Ein entgegengesetzter Trend ist bei den Existenzgründungen in Deutschland in allen Berufsgruppen zu beobachten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: IFB (2006b), o.S.
Abbildung 3: Entwicklung der Selbstständigen in Freien Berufen in Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: IFM (2007), S. 34 ff.
Abbildung 4: Entwicklung der Existenzgründungen 1997 - 2006
Es ist zu erkennen, dass die Zahl der neuen Existenzgründungen in den letzten Jahren stetig abnimmt und fast auf den Stand von 2002 zurückgefallen ist. Somit ist festzustellen, dass die Freiberufler eine immer wichtigere Position in der deutschen Landschaft der Selbstständigen einnehmen.
2.3 Formen der Existenzgründung
Nach dem der Entschluss gefasst ist, dass eine Existenzgründung angegangen werden soll, stellt sich die Frage der Form. Auf der einen Seite gibt es die Möglichkeit des kompletten Neubeginns. Eine Form der Existenzgründung von Grund auf. Wesentlich häufiger wird bei den Freiberuflern jedoch der Weg der Übernahme einer bestehenden Praxis, Kanzlei oder eines Büros gewählt. Doch es gibt auch gute Gründe den Weg einer kompletten Neugründung zu wählen.
2.3.1 Neugründung einer Praxis
Wird eine Praxis neu gegründet stellt sich zunächst die Frage der richtigen Standortwahl. Denn meist ist es so, dass die Entscheidung für einen Standort, eine Entscheidung für das gesamte Berufsleben ist.[16]Denn ein späterer Wechsel des Praxisstandortes führt oftmals zu einem Verlust des Patientenstammes und zu erheblichen Kosten. Somit hat die Wahl des Praxisstandortes essentielle Bedeutung. Auch ist der Standort ein wichtiger Gesichtpunkt bei der Ermittlung des Risikopotentials bei den möglichen Gebern von Fremdkapital. Es stellt sich die Frage, ob eine Einzelpraxis oder eine Praxissozietät gegründet wird. Die Entscheidung in diesem Punkt wird häufig durch die Facharztrichtung und den damit vorhandenen Kapitalbedarf bestimmt. Sowohl gibt es in rechtlicher als auch in betriebswirtschaftlicher Sicht Vor- und Nachteile einer Praxissozietät, die vor der Neugründung abgewogen werden sollten. So können etwa die Kosten für die Räumlichkeiten und das Personal auf mehrere Personen verteilt werden, Kundenstämme vergrößert werden, die Vertretungsregelungen sind leichter zu handhaben, eine qualitativ hochwertige Ausstattung mit Geräten ist besser zu finanzieren.[17]Nachteile treten auf, wenn zwischen den Partner kein vertrauensvolles Verhältnis mehr herrscht und möglicherweise eine Auflösung der Gemeinschaft durchgeführt werden muss.
2.3.2 Übernahme und Fortführung einer Praxis
Heutzutage ist es grundsätzlich möglich eine Praxis zu veräußern. Dies war ursprünglich als standes- und sittenwidrig angesehen worden. Gemäß § 138 BGB waren trotzdem geschlossene Verträge über die Veräußerung einer Praxis sogar rechtsunwirksam. Aus Gründen der sozialen Absicherung hat aber ein Wandel dieser Ansicht, vor allem nach dem zweiten Weltkrieg, stattgefunden. Allerdings müssen die Bedingungen des Praxisverkaufs beispielsweise bei den Rechtsanwälten angemessen sein (§ 80 Abs. 2 RichtlRA). Dies wird sogar vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer des zuständigen Bezirks überprüft. Nur wenn wirtschaftliche Sachzwänge fachliche oder sittliche Grundsätze des Standes überlagern, liegt noch eine Sittenwidrigkeit vor.[18]Fällt die Entscheidung, eine bereits existierende Praxis, Kanzlei oder ein Büro zu übernehmen, gilt es, die richtige Entscheidung für die Zukunft zu treffen. Eine gute Auswahl des Finanzierungsobjektes kann das Risiko der Investition erheblich schmälern. Das Übernahmeobjekt sollte wirtschaftlich gesund sein und vor allem noch Potential zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung besitzen. Zu diesem Zweck ist eine fundierte Marktanalyse unerlässlich. So muss etwa untersucht werden, wie die Entwicklung der Einwohnerzahlen, der Haushalte und des Durchschnittseinkommens in der Region ist.[19]Und vor allem inwieweit der Markt bereits durchsättigt ist. Daraus kann dann auch der realistisch zu erzielende Umsatz abgeleitet werden. Bei der Erstellung einer Marktanalyse können die örtlichen Kammern behilflich sein. Zu beachten ist, dass bei der Finanzierung die Kapitaldecke nicht zu dünn ist, um auf erste Krisen vorbereitet zu sein. Auch sollte die Finanzierung nicht zu teuer sein, da darunter die Rentabilität zu Beginn leidet.[20]Unerlässlich ist auch der Einsatz von Eigenkapital, den die meisten Banken ohnehin voraussetzen. Dieser sollte wenigstens 20 % betragen. Eine gute Bonität wird meist bei 30 % Eigenmitteln attestiert. Der dann vereinbarte Kaufpreis sollte dann einmal als Gesamtsumme, aber auch als einzelne Teilsummen ausgewiesen werden. Somit ist der Überblick über die für das Inventar, die Verbrauchsmaterialien, die Patientenkartei und für den „Goodwill“ anfallenden Summen ersichtlich. Als „Goodwill“ wird der innere Wert der Praxis bezeichnet. Dazu zählt z.B. die „Stellung am Markt“ oder der Einzugsbereich.[21]Dies ist deshalb sinnvoll, um bei eventuell anfallenden gerichtlichen Auseinandersetzungen besser die Streitsumme abgrenzen zu können. Aber auch aus steuerlichen Gesichtspunkten sind die Teilsummen, etwa für Abschreibungen, interessant.[22]Nun steht die Frage an, wie die Zahlung des Kaufpreises für die Übernahme vertraglich gestaltet wird. Es gibt mehrere gängige Möglichkeiten, wie dies geregelt werden kann.
2.3.2.1 Gegen Einmalzahlung
Die Kaufpreissumme wird zu einem bestimmten Stichtag in einer Summe fällig.
2.3.2.2 Gegen Ratenzahlungen
Grundsätzlich ist es auch möglich den Kaufpreis in mehrere Raten aufzuteilen Für den Erwerber ist dies unter Umständen günstiger als eine Kreditaufnahme. Allerdings sollte sich der Veräußerer genau über die Gründe für den Wunsch nach einer Ratenzahlung informieren. Denn erscheint der mögliche Erwerber einem Kreditinstitut nicht als kreditwürdig, sollte er das dem Veräußerer auch nicht sein. In jedem Falle sollte eine Absicherung der Zahlungen vereinbart werden. Nachfolgend aufgeführt sind mögliche, sinnvolle Absicherungen der Kaufpreisraten:
- Abschluss einer Risiko-Lebensversicherung und Abtretung der Ansprüche an den Veräußerer
- Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts auf das Inventar und Vereinbarung der Reihenfolge der Zahlungen, zuerst „Goodwill“, dann Inventar
- Verzinsung des Restkaufpreises
- Ausschluss der Weiterveräußerung vor vollständiger Zahlung
- Rücktrittsrecht des Veräußerers bei Rückstand mehrerer Raten
- Sofortige Fälligkeit bei Zahlungsverzug
- Unterwerfung des Erwerbers unter die sofortige Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen[23]
2.3.2.3 Gegen wiederkehrende Zahlungen (Leibrente)
Eine weitere Möglichkeit der Zahlung des gesamten Kaufpreises oder eines Teilbetrages ist die Vereinbarung einer so genannten Leibrente. Dies ist eine regelmäßig wiederkehrende Zahlung an den Veräußerer. Von dieser Vereinbarung ist jedoch abzuraten. Denn nach einiger Zeit ist der Erwerber daran interessiert den Profit an der Praxis für sich zu vereinnahmen, vor allem dann, wenn er die Praxis zu neuen Erfolgen geführt hat und der Veräußerer mit diesem Erfolg eigentlich nichts mehr zu tun hat. Sollte dennoch eine Leibrente vereinbart werden, ist auch auf eine ordentliche Absicherung der Zahlungen äquivalent der Vorgehensweise bei Ratenzahlungen zu achten.[24]
2.3.2.4 Tätige Beteiligung mit einer folgenden schrittweisen Übernahme
Meist ist es ideal, wenn der Erwerber schon einige Zeit vor der Übernahme in der Praxis gearbeitet hat. Beide Parteien, der Veräußerer und der Erwerber der Praxis, können sich über eine längere Zeit kennen ernen. Als größten Vorteil für den Erwerber ist anzusehen, dass er den Patientenstamm kennen lernen kann und die Patienten andersherum auch den Erwerber. So kann der Erwerber die Patienten besser an sich binden. Denn Schätzungen gehen davon aus, dass 20 % - 40 % der Patienten abwandern, falls die Patienten den Erwerber der Praxis nicht kennen. Diese Zahl variiert zwar je nach Fachrichtung des Arztes und Zusammensetzung des Patientenstammes, darf aber keinesfalls unterschätzt werden. Ebenfalls hat der Erwerber die Möglichkeit den Zustand und die Schwachstellen der Praxis zu erkennen.[25]Auch der Veräußerer kann sich oftmals leichter von seinem „Lebenswerk“ trennen, wenn er das Gefühl hat, dass er die Praxis in „gute Hände“ gibt.
2.4 Persönliche Voraussetzungen
Bei einer Übernahme eines Unternehmens im gewerblichen Bereich gibt es kaum Beschränkungen. Dies ist bei der Übernahme einer Praxis nicht der Fall. Allein das Aufbringen des nötigen Kapitals oder das höchste Gebot reichen nicht aus. Die wichtigste Voraussetzung für den Erwerb oder die Neugründung einer Praxis ist, dass derjenige das Recht besitzt diesen Freien Beruf ausüben zu dürfen. Die Zulassung für den speziellen Katalogberuf muss also schon vorliegen oder aber alle Voraussetzungen dazu müssen schon erfüllt sein.[26]Das allein reicht allerdings nicht mehr aus. Vielmehr muss der Existenzgründer viele Erfahrungen mitbringen. Er muss das Marketing beherrschen, den Umgang mit den Patienten bzw. Kunden, mit Geschäftspartnern und mit seinen Angestellten. Er muss sich selbst eingestehen können, persönliche Grenzen erreicht zu haben, um dann eine kluge Auswahl von Beratern einzubeziehen. Vor allem bei betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Fragen. Auch die Auswahl des richtigen Personals ist entscheidend und muss gelernt werden. Und nicht zuletzt ist es entscheidend einen „unternehmerischen Weitblick“ zu gewinnen, der es ermöglicht mit dem richtigen Konzept auf geänderte Voraussetzungen des Umfeldes und des Marktes reagieren zu können.[27]Als ganz wichtig ist darüber hinaus noch die Risikobereitschaft des Existenzgründers zu nennen. Er muss das Risiko erkennen, einschätzen, minimieren und eingehen. Dies sollte durch eine umfassende Unternehmensplanung ermöglicht werden.[28]
2.5 Wirtschaftliche Voraussetzungen
In der Regel muss der Existenzgründer größere finanzielle Mittel beschaffen, um anfängliche Investitionen tätigen zu können. Und dabei ist im Vorhinein im Rahmen einer Finanzplanungsrechnung darauf zu achten, dass zukünftig der Gewinn alle entstehenden Kosten inklusive des Kapitaldienstes und der Lebenshaltungskosten abdeckt. Eine ausreichende Höhe des „return of investment“ muss von Beginn an angestrebt werden, d.h. jede Anschaffung muss sich mittel- bis langfristig amortisieren.[29]
2.6 Rechtliche Voraussetzungen
Wichtig für einen Existenzgründer ist der rechtliche Rahmen in welchem er sich bewegt.
2.6.1 Mögliche Rechtsformen
Die Entscheidung, ob eine Existenzgründung als Einzelpraxis oder aber als Gemeinschaftspraxis, also als Praxissozietät erfolgt, hängt oftmals vom Kapitalbedarf ab. Bestimmte Facharztrichtungen haben einen so hohen Kapitalbedarf, bedingt durch die hochtechnisierten Maschinen, dass sich nur eine Gemeinschaftspraxis rechnet.[30]
2.6.2 Haftungsfragen bei Freiberuflern
Im Außenverhältnis haften die Inhaber von Einzel- und Gemeinschaftspraxen sowie von Praxisgemeinschaften in Form der „Gesellschaft des bürgerlichen Rechts“ (GbR) unbeschränkt mit Ihrem betrieblichen und mit Ihrem privaten Vermögen. Im Innenverhältnis können die Haftungsfragen anders geregelt werden. Ehepartner oder auch dritte Personen haften im Rahmen einer möglichen Bürgschaft oder auch einer gesamtschuldnerischen Mithaftung für die Rückführung der Verbindlichkeiten.[31]Bei der Übernahme einer Praxis sollte sich der Erwerber davon überzeugen, dass keine steuerlichen Verbindlichkeiten, wie etwa Betriebssteuern, bestehen. Im Zweifel muss er sich von diesen freistellen lassen.[32]
2.6.3 Fortführung und Übernahme von bestehenden Vertragsverhältnissen
Interessant für die Haftung sind aber auch bestehenden Vertragsverhältnisse zum Zeitpunkt einer möglichen Übernahme einer Praxis. So bestehen in aller Regel laufende Miet- und Arbeitsverträge, sowie diverse weitere Verträge. Als Beispiel zu nennen sind hier:
- Belegarztverträge
- Entsorgungsverträge
- Kommunikationsverträge (Telefon, DSL etc.)
- Leasingverträge
- Wartungsverträge
- u.v.m.
Ein besonderes Augenmerk sollte hier auf die Miet- und vor allem die Arbeitsverträge gelegt werden. Nach § 613 a BGB gehen alle Arbeitsverhältnisse auf den Käufer über, die zum Zeitpunkt der Übergabe bestehen. Auch alle so genannten „sozialen Besitzstände“ bleiben für die einzelnen Arbeitnehmer erhalten. Dennoch sollten einige Punkte geregelt werden. Der Erwerber sollte überprüfen, ob schriftliche Arbeitsverträge bestehen. Wenn nicht, sollte dies nachgeholt werden. Auch ist es sinnvoll ausreichend Erkundigungen über mögliche Zusatzvereinbarungen, wie etwa Urlaubsgeld oder Gratifikationen einzuholen. Auch Mitarbeiter im Mutterschutz oder solche die Krankengeld beziehen, sollten nicht vergessen werden. Der Erwerber haftet für noch bestehende, also zurückliegende Ansprüche auf Lohn. Dies schließt auch vereinbarte Zusatzzahlungen, wie etwa das Weihnachtsgeld mit ein. Nicht dazu zählen Zahlungen, die an Dritte zu leisten sind. Dazu zählen etwa rückständige Beiträge zur Sozialversicherung. Neben dem Erwerber haftet der Veräußerer allerdings nach § 613 a Abs. 2 BGB bedingt weiter, wenn die Ansprüche vor der Übergabe entstanden sind und vor Ablauf eines Jahres nach Übergabe fällig werden. Daher sollte eine genaue Abgrenzung von Ansprüchen zum Zeitpunkt der Übergabe erfolgen, da Veräußerer und Erwerber sonst anteilig haften. Um „Überraschungen“ zu vermeiden sollte darüber hinaus vereinbart werden, dass Änderungen an den Arbeitsverträgen nach Abschluss des Übernahmevertrages nur noch einvernehmlich zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmer getroffen werden können. Bei Mietverträgen muss geregelt werden, wer für die Übernahme des bestehenden Mietverhältnisses verantwortlich ist. Der Veräußerer oder der Erwerber. Bei allen anderen vertraglichen Fragen, die für das Bestehen und den Betrieb der Praxis nicht essentiell sind, sollte wenn möglich eine Kündigung der Verträge erfolgen. Für alle übrigen Verträge sollte genau festgehalten werden, welche der Erwerber übernimmt. Diese sind dann in einer gesonderten Anlage dem Übernahmevertrag beizufügen. Eine Abgrenzung über bereits geleistete Zahlungen oder noch bestehende Verpflichtungen ist dann anzufertigen. Einen weiteren Sonderfall stellen Versicherungsverträge dar. Personenbezogene Versicherungen gehen nicht auf den Erwerber über. Sachbezogene Versicherungen dagegen sehr wohl. Dies ist in § 69 VVG gesetzlich geregelt.[33]
2.7 Wirtschaftstheoretische Hintergründe
Im folgenden Abschnitt werden zwei klassische Wirtschaftstheorien auf deren Anwendbarkeit auf das Thema untersucht.
2.7.1 Grundlagen der Prinzipal-Agent-Theorie
Die Prinzipal-Agent-Theorie beschreibt die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung im Bezug auf die Arbeitsteilung. Sie ist ähnlich der Transaktionskostentheorie.[34]Sie wurde 1976 zuerst von Jensen und Meckling erörtert.[35]In ihren Grundzügen geht sie zurück auf die Theorie unvollständiger Verträge von 1960.[36]Kennzeichnend ist dabei die asymmetrische Informationsverteilung.[37]Des Weiteren ist kennzeichnend, dass alle Entscheidungen, die der Agent trifft, nicht nur sein eigenes sondern auch das Befinden und Nutzenniveau des Prinzipals beeinflussen. Die Informationsfülle des Prinzipals ist jedoch nicht ausreichend, um hinreichend beurteilen zu können, ob das Ergebnis der Arbeit des Agenten aus deren eigener Tätigkeit oder aber aus Umwelteinflüssen entstanden ist. Somit hat der Agent eine Bewegungsfreiheit für opportunistisches Verhalten. Es ist durchaus möglich, dass ein und dieselbe Person gleichzeitig die Rolle des Agenten und die Rolle des Prinzipals einnimmt. Bei einem Arzt wäre dies zum Beispiel der Fall. Gegenüber seinem Patienten ist er der Agent, gegenüber seiner angestellten Sprechstundenhilfe allerdings der Prinzipal. Bei einem Unternehmen kann man deshalb auch von einem Geflecht verschiedener ineinander verworrener Prinzipal-Agent-Beziehungen sprechen. Die Prinzipal-Agent-Theorie beschreibt die Sicht des Prinzipals.[38]
2.7.2 Anwendung der Prinzipal-Agent-Theorie
Zwischen dem Kreditgeber und dem Kreditnehmer herrscht eine Prinzipal-Agent-Beziehung. Wer die Rolle des Prinzipals und die Rolle des Agenten besetzt kann in diesem Verhältnis variieren. In der Beziehung zwischen dem Fremdkapitalgeber und dem Fremdkapitalnehmer kann es auch leicht zu Interessenskonflikten kommen. Es ist zwar so, dass i.d.R. ein erfolgsunabhängiger Zahlungsanspruch vereinbart wird, jedoch treten im Insolvenzfall trotzdem entsprechende Konsequenzen für den Kapitalgeber, in diesem Fall den Prinzipalen auf. Und die Folgen können den Agenten durchaus zu Fehlanreizen veranlassen, die der Prinzipal auf Grund asymmetrischer Informationsverteilung nicht zwingend erkennt. Durch die vereinbarte erfolgsunabhängige Zahlungsanwartschaft kann der Agent verleitet werden das Risiko seiner Unternehmenspolitik zu erhöhen, um den Wert des Unternehmens zu steigern. Dies erfolgt aus dem Grunde, dass ein erhöhter Unternehmenswert nur dem Kapitalnehmer zu Gute kommt, das Risiko eines Kapitalausfalls allerdings zum großen Teil der Fremdkapitalgeber trägt. Dies geschieht unter der Annahme einer beschränkten Haftung des Kapitalnehmers. Häufig ist es aber der Fall, dass eine Mischung von Fremdkapitalgebern, Eigenkapitalgebern und Unternehmensleitung vorzufinden ist, und so eine „Dreiecksbeziehung“ mit ungleichen Informationsverteilungen vorliegt. Das Interesse aller Parteien liegt darin die möglichen Fehlanreize zu minimieren. Der schlechter Informierte befürchtet eine Kapitalumverteilung zu seinen Lasten. Deshalb ergreift er Maßnahmen, um dies zu verhindern und seinen Informationsstand zu verbessern. Dies erhöht die Transaktionskosten und kann manche Transaktion ganz verhindern.[39]Alle Parteien sollten also Interesse daran haben einen effizienten Finanzierungsvertrag zu minimalen Transaktionskosten zu vereinbaren. Banken regeln dies häufig durch Auflagen zum regelmäßigen Reporting, wie etwa die Verpflichtung zur Einreichung von Jahresabschlüssen, Bürgschaften der Geschäftsführung oder regelmäßige Berichte von Informationsstellen wie etwa der Creditreform. Ein Schritt zur Minderung der Transaktionskosten kann die Hausbank-Beziehung sein. Eine Hausbank hat i.d.R. einen besseren Informationszugang und Überblick über die Unternehmensverhältnisse.[40]
2.7.3 Grundlagen der Theorie der Verfügungsrechte
Die Theorie der Verfügungsrechte wird im Englischen auch Property Rights Theory genannt. Sie untersucht Handlungs- und Verfügungsrechte an Gütern. Verfügungsrechte können unerwünschte Auswirkungen externer Effekte durch Internalisierung verhindern. So werden Property Right als Dies stellt Harold Demsetz 1967 in einem Beispiel aus der US-Kolonialzeit, in dem es um das Recht des „Biber-Jagens“ geht und der Bestand an Bibern durch Zuteilung von Territorien an einzelne Familien gesichert wird, sehr gut dar.[41]Unterschieden wird dabei zwischen verschiedenen Verfügungsrechten. Das erste Verfügungsrecht ist „usus“ und bedeutet das Recht ein Gut zu benutzen. Das zweite Verfügungsrecht ist „usus fructus“. Dies beinhaltet das Recht die Erträge aus der Benutzung des Gutes zu behalten, aber auch die Verluste, die aus der Benutzung des Gutes entstehen zu tragen (Fruchtziehungsrecht). Das dritte Verfügungsrecht ist „abusus“. Form und Substanz des Gutes dürfen verändert werden. Das vierte Verfügungsrecht ist „ius abutendi“. Die Sache kann ganz oder auch nur teilweise verkauft werden. Der erzielte Veräußerungsgewinn kann einbehalten werden.[42]Der Wert eines Gutes hängt aus ökonomischer Sicht ganz entscheidend von den Verfügungsrechten ab. Ein Grundstück kann z.B. einen wesentlich geringeren Wert besitzen als ein vergleichbares Grundstück, wenn ein Bebauungsverbot vorliegt. Liegt eine Einschränkung der Handlungs- und Verfügungsrechte an einem Gut vor wird von der Verdünnung der Handlungs- und Verfügungsrechte gesprochen. Es ist also wichtig das eine Übertragbarkeit des Gutes gewährleistet ist. Alchian und Allen nennen dies „Transferability of Rights“.[43]Es liegt bei der Property Rights Theorie also eine so genannte Verhaltensbeschränkung der Marktteilnehmer vor.[44]Somit ist festzustellen, dass rechtliche und ökonomische Fragestellungen nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, da eine Änderung der einen Seite immer auch Auswirkungen auf die andere Seite hat. Verträge dienen aus Sicht der Property-Rights-Theorie dazu, Handlungs- und Verfügungsrechte an Gütern zu übertragen. Innerhalb von Unternehmungen werden Handlungsrechte durch Verordnungen übertragen. Es ist häufig der Fall, dass Verfügungsrechte durch staatliche Institutionen geregelt und durchgesetzt werden. Regelbrecher müssen mit Sanktionen rechnen.[45]Somit legen die Property Rights auch die Grenzen des wirtschaftlichen Handelns der Marktteilnehmer untereinander fest. Sie regeln die Beziehung der Marktteilnehmer untereinander, vor allem in rechtlicher Hinsicht. Die Sanktionen muss jeder Marktteilnehmer beachten oder die Kosten des Nichteinhaltens der Normen tragen.[46]
2.7.4 Anwendung der Theorie der Verfügungsrechte
Nach der Definition von Property Rights ist es möglich, Finanzierungen als die Übertragung oder Einrichtung von Property Rights zu sehen. Im Besonderen kann die Property-Rights-Theorie im Rahmen einer Beteiligungsfinanzierung angewandt werden. Bei der Gründung eines Unternehmens ist es i.d.R. so, dass der Unternehmer alle Verfügungsrechte auf sich vereint. Er hat die gesamten Unternehmensressourcen unter seiner Leitung und Kontrolle. Dies ändert sich in der Regel im Laufe des Lebenszyklus eines Unternehmens.[47]Die Kontrolle über die Verfügungsrechte wird in meist durch Verträge beschränkt. Es ist aber auch möglich, dass die Kontrolle über die Verfügungsrechte über das Handeln der beteiligten Personen beschränkt wird. So kann es vorkommen, dass bei der Veräußerung der Beteiligung die übrigen Beteiligten nicht unbedingt das höchste abgegebene Gebot für die Beteiligung akzeptieren.[48]In den neueren wissenschaftlichen Untersuchungen ist festgestellt worden, dass die Ansammlung und Konzentration von Property Rights in kleinen und überschaubaren Organisationseinheiten besonders effektiv und innovativ ist.[49]Dies ist auf Grund der dadurch gegebenen Flexibilität und Selbstständigkeit der kleinen Teams erklärbar. Schwierig wird es aber im Fall der bei Existenzgründungen oft vorkommenden Minderheitenbeteiligungen durch Venture-Capital. Es müssen enorme Kontrollaufwendungen von den Venture-Capital-Gebern geleistet zu werden um zu gewährleisten, dass der Existenzgründer im Einklang mit den eigenen Zielen handelt. Somit ist auch festzustellen, dass je mehr Beteiligte an einer Existenzgründung mitwirken und Eigen- oder Fremdkapital geben, je mehr verteilen sich auch die Handlungs- und Verfügungsrechte. Die vorhandenen Property-Rights werden also ausgedünnt. Die Gefahr von Wohlfahrtsverlusten steigt. Aus diesem Grunde sollten vorab mögliche Nutzenausgleiche vereinbart werden. Nachträgliche Transaktionskosten können so vermieden werden.[50]Bei der Beteiligung von mehreren Kapitalgebern ist eine Aufweichung der Property Rights also nicht zu verhindern. Mögliche Folgen sollten aber im Vorfeld durch Verträge abgesichert werden. Auch ist bei der Wahl der Partner bei der Finanzierung durch den Existenzgründer auf das entsprechende Know-how des Kapitalgebers zu achten. Er kann den Einsatz seiner Property Rights damit unter Umständen verbessern. Etwa im Bereich der Patentanmeldung und –verwertung.[51]Ein Beispiel für eine Regelung im Vorfeld sind Kreditverträge. Diese regeln im Vertrag die Kontrollfunktionen und die Beteiligung des Fremdkapitalgebers. Nachträgliche Diskussionen über die Verfügungsrechte und die Kontrollrechte erhöhen die Kosten.
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[1]Vgl. Brenn, J., Schlingensiepen, J. (2007), S. 11.
[2]Vgl. Oberborbeck, W. (1994), S. V.
[3]Vgl. IFB (2007), o.S.
[4]Vgl. Innoway Limited (2007), o.S.
[5]Vgl. IHK Magdeburg (2007), o.S.
[6]Vgl. NRW.BANK (2006a), o.S.
[7]Vgl. Hofert, S. (2004), S. 239 f.; Schlembach, C., Schlembach, H. (2003), S. 48 ff.
[8]Vgl. Spremann, K. (1990), S. 184.
[9]Vgl. Akademie.de (2007), o.S.; Broda, B. (2003) S. 465 f.
[10]Vgl. Bundesbank (2007b), o.S.
[11]Vgl. Bundesbank (2007c), o.S.
[12]Vgl. Engel, D. et al. (2007), S. 15.
[13]Vgl. Ackermann, D. (2004), S. 33.
[14]Vgl. SOG Saarland (2007), o.S.
[15]Vgl. VDE (2005), o.S.
[16]Vgl. Schlechtweg, K. (1984), S. 13.
[17]Vgl. Aerzteblatt.de (2004), o.S.
[18]Vgl. Wollny, P. (1990), S. 378 f.
[19]Vgl. Merkl, J. (1993), S. 18.
[20]Vgl. ebd.
[21]Vgl. Stellpflug, M. (2002), S. 15.
[22]Vgl. Klapp, E. (2006), S. 99 f.
[23]Vgl. ebd., S. 100 f.
[24]Vgl. Klapp, E. (2006), S. 100.
[25]Vgl. ebd., S. 14.
[26]Vgl. Wollny, P. (1990), S. 379.
[27]Vgl. Oberborbeck, W. (1994), S. 72.
[28]Vgl. Ghafour, A. et al. (1997), S. 14.
[29]Vgl. Oberborbeck, W. (1994), S. 72 ff.
[30]Vgl. Zitzmann, A. (1990), S. 21.
[31]Vgl. Oberborbeck, W. (1994), S. 274.
[32]Vgl. Klapp, E. (2006), S. 109.
[33]Vgl. Klapp, E. (2006), S. 103 ff.
[34]Vgl. Picot, A. et al. (2005), S. 72.
[35]Vgl. Jensen, M., Meckling, W. (1976), S. 305 ff.
[36]Vgl. Coase, R. (1960), S. 1 ff.
[37]Vgl. Picot, A. et al. (2003), S. 55 .
[38]Vgl. ebd., S. 56.
[39]Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2000), S. 14 ff.
[40]Vgl. ebd, S. 17 ff.
[41]Vgl. Demsetz, H. (1967), S. 347 ff.
[42]Vgl. Picot, A. et al. (2005), S. 46; Picot, A. (1981), S. 4 f.
[43]Vgl. Alchian, A., Allen, W. (1972), S. 142.
[44]Vgl. Buchanan, J. (1984), S. 11 ff.
[45]Vgl. Erlei, M. et al. (1999), S. 272.
[46]Vgl. Furubotn, E., Pejovich, S. (1974), S. 3.
[47]Vgl. Fischer, B. (2004), S. 136.
[48]Vgl. Bindseil, U. (1994), S. 50 f.
[49]Vgl. Picot, A., Schneider, D. (1988), S. 103 f. und S. 111 f.
[50]Vgl. Fischer, B. (2004), S. 137.
[51]Vgl. ebd., S. 138.